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*AN9613* Vom Wehrsport ins StuPa (Hamburg)

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Martin Dietzsch

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Jul 1, 1996, 3:00:00 AM7/1/96
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***************** ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN *****************

Elektronische Ausgabe. Artikelauswahl: M. Dietzsch. Copyright: AN.
Verbreitung nur in CL und FIDO Antifa.ger frei.

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Vom Wehrsport ins Stupa!
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Unter diesem Motto führte die Hochschul-Antifa eine
Informationsveranstaltung über neofaschistische Entwicklungen an
der Hamburger Uni am 21.5.1996 durch.

Der Hamburger Verfassungsschutz schrieb 1993 in einem
vertraulichem Bericht: "Insgesamt sind bislang rund 40 Angehörige
von Burschenschaften namentlich bekannt, über die
rechtsextremistische Erkenntnisse vorliegen." Darüber hinaus gäbe
es in Hamburg Bestrebungen, die "nationalen Fraktionen" der
einzelnen Verbindungen enger zusammenzubinden. Letzteres ist
inzwischen erfolgt, Hamburger Korporierte haben einen Lesekreis
der rechtsextremistischen Zeitung Junge Freiheit (JF) aufgebaut,
Wehrsportübungen abgehalten, einen Ableger ins
Studierendenparlament entsannt und unterhalten beste Verbindungen
zu NeofaschistInnen in Hamburg, der BRD und sogar ins Ausland.

Eine maßgebliche Rolle dabei spielt die Burschenschaft Germania
Hamburg. Die Burschen gründeten am 31. August 1990 den Deutschen
Freundeskreis (DFK) mit einer eigenen Zeitung namens Horizont.
Herausgeber war das NPD-Mitglied Ingo Curdt, ehemaliger
Kreisvorsitzender deren Jugendorganisation Junge
Nationaldemokraten und Rolf Leppert, ein Mitarbeiter der
Nazirechtshilfeorganisation Deutsches Rechtsbüro. Der DFK sah
sich in "der geistigen Tradition unserer Ahnen - von der
reichsstärkenden und dem Deutschtum dienenden Tätigkeit des
deutschen Ritterordens über den Freiheitskampf eines Freicorps
Lützow und dem Wirken der burschenschaftlichen Studentenbünde des
letzten Jahrhunderts bis zum tapferen Eintreten für die gerechte
Sache unseres Volkes durch die Freicorpskämpfer nach dem 1.
Weltkrieg." Der DFK bestand im wesentlichen aus Angehörigen der
Burschenschaften Germania Hamburg, Askania und der
Schülerburschenschaft Teutonia Hamburgia und machte
Veranstaltungen u.a. mit dem berüchtigten Auschwitzleugner David
Irving, getroffen wurde sich im Germanenhaus. Die sich in
Tradition der republikfeindlichen Freicorps stellenden Burschen
aus dem DFK sind zum größten Teil im Besitz von scharfen Waffen
und bildeten 1991 einen militärischen Arm ihrer Organisation das
Komitee für freiwillige Reservistenarbeit - Nord (KON). 1991 und
1992 führte das KON zusammen mit anderen Neofaschisten,
überwiegend studierende Reservisten der Bundeswehr,
Wehrsportübungen in Suroide in Niedersachsen durch. Geübt wurde
mit eigenen Fahrzeugen, auch LKWs, Übungs- und
Leuchtspurmunition, Feuerwerkskörpern und Gotchawaffen. Sogar zu
Söldnerkreisen in Kroatien bestehen Kontakte, 1992 reisten
Hamburger Burschenschafter dorthin um Stahlhelme zu überbringen.

Gleichzeitig zu dieser militant neofaschistischen Entwicklung
bekam die Zeitschrift Junge Freiheit in Hamburg mehr Bedeutung.
JF möchte nicht nur einfach eine rechtsextremistische Zeitschrift
sein, sondern erhofft sich seit Mitte 1991 durch die von ihr
initiierten Leserkreise eine ,rechte Graswurzelrevolution", ohne
direkt Parteipolitik zu betreiben.

Auch die Burschenschaft Germania propagierte bald in der JF: "Der
Bund gehört heute der Zukunft, die Partei der Vergangenheit an -
In diesem Sinne leben und studieren wir. Hamburger Burschenschaft
Germania." Das Motto stammt von Hans Zehrer, einem Vordenker der
sog. Konservativen Revolution in der Weimarer Republik und
Herausgeber der Zeitschrift Tat, um welche sich damals ein
nationalrevolutionärer Leserkreis scharte. Der ständig einen
"deutschen Sozialismus" predigende Zehrer war laut Carl von
Ossietzky bestrebt, in seiner Demagogie Hitler zu überhitlern.

Am 29.4.1993 machte die Germania eine Veranstaltung über den
konservativen Revolutionär Moeller van den Bruck, der in seinem
Buch "Das dritte Reich" für einen völkischen Ständestaat
plädierte. Im gleichen Jahr waren in der JF auch Aufrufe zur
Gründung eines "Konservativen Gesprächkreises" zu lesen, und im
Februar 1994 war es dann endlich soweit, der Hamburger Lesekreis
der Jungen Freiheit hatte sich gegründet und suchte nun über
Chiffre neue Interessenten. Zu diesem Zeitpunkt existierten schon
knapp 50 Leserkreise in der gesamten BRD mit 10 bis 80
TeilnehmerInnen, die Vorträge mit bekannten Theoretikern der
Braunzone mach(t)en und sich selbst als "konservative Revolution,
als bewußte Gegen-68er- Revolution" begreifen. Voller Stolz
erklären sie, daß "scharfe Abgrenzung zwischen CDU-Mitgliedern
und Angehörigen rechtsgerichteter Gruppierungen nur mit einem
Lächeln quittiert wird."

Mitbegründer des sog. Hamburger Kreises (HHer-Kreis) ist Stefan
Wartisch. Er sollte am 20. Januar 1996 in Friedrichsruh bei
Hamburg bei einer Reichsgründungsfeier der rechtsextremistischen
Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) über "Bismarck -
Betrachtung eines deutschen Ereignisses." als Festredner
auftreten. Als jedoch antifaschistische Proteste gegen dieses
nationalistische Spektakel angekündigt wurden, wurde es
Schirmherr Fürst Ferdinand von Bismarck zu heiß, und er sagte die
Feier ab. In einer Selbstdarstellung schreibt der HHher Kreis: er
"bietet ... ein breitgefächertes Angebot an Vorträgen, Seminaren,
ergänzt durch wöchentliche Arbeits- und Diskussionsabende ..."
an. Das theoretische Selbstverständnis wird wie folgt
charakterisiert:"Kultur : Nimmt man einer Nation die Kultur,
bringt man sie um ihr Gedächtnis und ihre Eigenart, so verurteilt
man sie zum Tode ... Politik: ,Demokratie ist die Anteilnahme
eines Volkes an seinem Schicksal.' (Moeller van den Bruck)." Wie
Moeller Demokratie versteht und somit seine Anhänger des HHer
Kreises, schreibt er im Buch "Das dritte Reich": "Im liberalen
Menschen erkennt die deutsche Jugend den Feind." Weiterhin
versteht sich der HHer Kreis als ökologisch und vertritt
"Bioregionalismus (und) die dazugehörige spirituelle Ökologie ...
sowie kommunitäre Lebensgemeinschaft." Die Ökonomie müsse zu
ihrem angebliche natürlichen Gleichgewicht zurückfinden. Als
neurechte Rassisten berufen sie sich auf ,Völkerverständigung/
Ethnopluralismus: Mein Volk über alles'..."

Hanno Borchert, Kontaktperson für den HHer Kreis, ist Mitglied
einer schlagenden Verbindung aus dem Dachverband Coburger
Convent, auch dieser Korporationsverband ist durchsetzt von Alt-
und Neofaschisten und stellt viele Leser der JF, auch in Hamburg.
Daß dieses Hanno Borchert vollkommen egal ist, erklärt Hanno
Borchert in seinem Verbandsblatt CC-Blätter: "es ist letztlich
gleichgültig, welche Partei ein Bundesbruder wählt, von der
Mitgliedschaft ganz zu schweigen, welchem politischen Verein er
angehört, welche Zeitung er liest und empfiehlt, welches Programm
er für richtig hält, wie er über vergangene Geschichtsepochen
denkt und spricht." Die Toleranz endet erst dann, wenn jemand
mithilft, "unsere Gesellschaft ... in eine kollektivistische,
multikulturelle Gesellschaft zu transformieren". Wer im Coburger
Convent Mitglied sein möchte, muß andere Qualitäten haben, "...
mann muß verlangen, daß der deutsche Waffenstudent ein
vaterlandstreuer Bürger ist und gesamtdeutsches
Nationalbewußtsein und Kulturbewußtsein verkörpert." 1995 hat
Hanno Borchert innerhalb des HHer Kreises einen Arbeitskreis
Grüne Trommel aufgebaut. Erste Tat der "konservativen Ökologen"
war die Unterstützung von "mitteldeutschen Öko-Aktivisten" bei
einer Demo gegen das AKW Greifswald.

Der Lesekreis der JF macht wöchentlich Vorträge mit einem
"abwechslungsreichen Vortragsprogramm" unter dem bezeichnenden
Motto "Mit dem Wissen um die Vergangenheit die Zukunft
gestalten." Zwei der historischen Vorträge fanden im
Wintersemester 1994/95 auf dem Hause der B. Germania statt, eine
über Richard Wagner und eine über Friedrich Nietzsche. Referent
war Karl Richter, ehemaliger Redakteur der JF, ehemaliger
Chefredakteur des Republikaner und heute im Vorstand der
Deutschen Liga für Volk und Heimat sowie Schriftleiter der
ältesten neofaschistischen Zeitschrift der BRD Nation und Europa.
Nicht ganz so hochkarätig war der zweite Referent Hermann Thiele,
Gemeindeleiter der rassistischen Sekte Deutsche Unitarier
Religionsgemeinschaft in Bremen und häufiger Redner im
Nazizentrum Hetendorf. Weitere Veranstaltungen, die bekannt
geworden sind, fanden im Wintersemester 1995/96 statt. Zwar sind
sie im Programm der Germania nicht ausdrücklich als
Veranstaltungen des HHer Kreises angekündigt, doch ist davon
auszugehen, daß auch befreundete Waffenstudenten und Kameraden an
solchen Terminen kommen, da die "Germanenabende ... sowohl
politischen als auch geselligen Charakter haben." Am 6.11.95
referierte Manfred Rouhs über "Neue Rechte, Alte Rechte - Versuch
einer Begriffsbestimmung", er ist Herausgeber der Zeitschrift
Europa Vorn. Am 8.1.1996 referierte Robert Steukers mit dem Thema
"Zwischen Zentralismus und Regionalismus - Europabilder in der
Realpolitik", er ist führender Kopf der belgischen "Neuen
Rechten" und JF-Autor. Am 26.1.96 referierte dann, trotz
antifaschistischer Proteste, Stefan Ulbrich, ehemaliger
Horstführer der verbotenen Wiking-Jugend , bis 11/93 Redakteur
der JF und Inhaber des neofaschistischen Arun- Verlages. Im
gleichen Zeitraum 1993-1995 fanden auch bei anderen Hamburger
Verbindungen aus dem Sympathisantenspektrum der JF
Semesterkneipen oder Veranstaltungen statt. Die genannten
Hamburger Korporationen sind das Corps Irminsul aus dem
Dachverband Weinheimer Senioren Convent, die Burschenschhaft
Hansea und die Burschenschaft Germania Königsberg. Die Hansea,
Eigenwerbung "Nationalkonservative und schlagende Burschenschaft,
bietet Zimmer an jungen deutschen Studenten mit Einsatzwillen",
machte schließlich am 6. Februar 1996 noch eine Veranstaltung mit
dem CDU-Rechtsaußen und JF-Autor Heinrich Lummer zu Thema
"Multikulturelle Gesellschaft."

Bei der Germania sind gleich mehrere Nazikader Mitglied. Bis
mindestens Dezember 1992 wohnte der damalige Landesvorsitzende
der inzwischen verbotenen FAP in der Sierichstr. 23. Da die
Burschen stolz auf ihr Lebensbundprinzip sind, dürfte Andre
Goertz auch weiterhin Germane sein. Germane Rolf Leppert,
ehemaliger Beisitzer der REPs, ist außerdem Mitarbeiter in Jürgen
Riegers Deutschem Rechtsbüro, einer Rechtshilfe-Organisation der
Neonazis. Sein Bundesbruder Heiko Pätzmann, ehemaliger
stellvertretender Vorsitzender der REPs, ehemaliger Redakteur der
neofaschistischen Schülerzeitung Freies Volk, ist bis heute
Kontaktperson für die rechtsextremistische Schülerburschenschaft
Teutonia Hamburgia. Und Germane Jens Kropp gewann mit einem
menschenverachtenden Artikel den 3. Nachwuchswettbewerb der JF
1996.

Der Korporiertenkreis, der sich um die JF gebildet hat, verfolgt
nicht nur einen metapolitischen Ansatz, der über
rechtsextremistische Kultur und Diskurse Einfluß gewinnen will,
sondern auch einen hochschulpolitischen, der mit dem Einzug der
Liste Uni-aktiv in das Hamburger Studierenden-Parlament im
Wintersemester 1994/95 seinen bisherigen Höhepunkt erfahren hat.
Die Liste Uni-aktiv besteht aus Burschenschaftern, Korporierten
anderer Verbindungen, CDU-Mitgliedern, Bundeswehrreservisten und
LeserInnen der JF. Inhaltlich hat Uni-aktiv nicht viel zu bieten.
Die "Gruppe konservativer Studenten" betreibt Wahlkampf fast
ausschließlich mit dem Thema "Geldverschwendung" durch den AStA.
Kritisiert wird, daß der AStA für seine eigenen Beschäftigten und
für SekretärInnen fast die Hälfte der Semesterbeiträge verwendet,
die von den Studierenden bezahlt werden. Dieses wird darüber
hinaus noch als Selbstbereicherung dargestellt, da die
WählerInnen der den AStA bildenden Gruppierungen seit Jahren nur
ca. 10% der Studierenden ausmachen. Inhaltlich eingestimmt für
ihre antidemokratische und elitäre Politik wurden Uni-aktivler
durch den Rechtsanwalt F. Engelke. Dieser referierte am
25.10.1995 auf dem Haus der Germania zum Thema "Die verfaßte
Studentenschaft - Aufgabe und Mißbrauch des AStAs."

Explizit rassistisch, frauen- und homosexuellenfeindlich wird
Uni-aktiv durch die Forderung, Gelder für das AusländerInnen-,
das Schwulen- sowie das Frauen- und Lesbenreferat zu streichen.
Die selbsternannte "konservative Opposition" behauptet, die
aufgeführten Gruppen seien gesellschaftliche Minderheiten und
hätten damit keinen besonderen Anspruch auf Gelder der
studentischen Mehrheit, die nicht diesen Gruppen angehört. Viele
Mitglieder von Uni-aktiv sind LeserInnen der JF und Reservisten
der Bundeswehr, was im Wahlkampf extra betont wurde. Auch in der
Wehrsportgruppe KON waren viele burschenschaftliche Reservisten.
Selbst wenn die Kreise um die Germania und die JF in Hamburg
erstmal verstärkt auf Hochschulpolitik und ideologische Schulung
setzen, ist es denkbar, daß in bestimmten Situationen auch wieder
die militant-faschistische Variante Bedeutung bekommt. Momentan
verscherzen sich neofaschistische Intellektuelle damit eher ihre
Karrierechancen, aber die Kontakte zu Stiefelnazis bestehen. Auch
der VS Hamburg schrieb, es sei "keinesfalls mehr auszuschließen,
daß sich auch fanatisch-nationalistische und von einem
elitär-revolutionären Pathos beflügelte Korporationsstudenten -
historische Leitbilder rekurrierend - dazu aufgerufen fühlen, das
,Vaterland' mit Gewalt gegen ,Volksunterdrücker' zu verteidigen."

- (Hochschul-Antifa)

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