Wir bedanken uns bei Rainer Diesem (Geschäftsführer, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mit beschränkter Haftung) für ein einstündiges Gespräch (1.12.2011, 13.20 bis 14.20 Uhr). Viel Zeit nahm unsere Vorstellung in Anspruch (er fragte ausführlich nach, obwohl wir ja alles auch schon zweimal schriftlich mitgeteilt hatten). Viel Zeit wurde auch verbraucht für seine grundsätzliche Erläuterungen zum Verfahren, das uns ja inzwischen bestens bekannt ist, weil wir uns ausführlichst damit befassen mussten (worauf wir ihn mehrmals hingewiesen haben).
Nur wenige unserer Fragen konnten dann gestellt werden und wurden folgendermaßen beantwortet:
1)
Rainer Diesem begrüßt freiwillige Maßnahmen zu mehr
Kundenfreundlichkeit. Wenn Unterlagen offensichtlich unvollständig eingereicht
sind, informiert er inzwischen die betroffenen Unternehmen
freiwillig (per Email) und gibt Zeit für Nachbesserung, bevor der Verlag dem
Bundesamt für Justiz die Fehlermeldung übermittelt, die zu dem automatisierten
Ordnungsgeldverfahren führt. (Insbesondere bei größeren Unternehmen führt das
dann praktisch auch zu einer sehr viel längeren Wartezeit bis zur
Veröffentlichung).
2) Möglichen Klagen gegen die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft gibt er Null-Chance. Die Zeit des Telefongespräches reichte allerdings nur, um ihm allein von zwei Beispielen zu erzählen (Fall Rudi und Fall Ernst, beides Codenamen), wo nach unserer Information kleine GmbHs eine Klage beabsichtigen.
3) Das Problem einer Imageschädigung durch Klagen – auch dann, wenn von vornherein offensichtlich ist, dass sie nicht zum gewünschten Erfolg führen werden – konnten wir ihm nicht vermitteln.
4)
Wir bitten ihn, die Eigenkapitalquote von gut 5% in der Bilanz der
Bundesanzeiger Verlags GmbH für 2010 zu erläutern (in absoluten Zahlen: etwa 4
Millionen). Er verweist auf Geschäftsgeheimnisse und erläutert, dass zum
Beispiel bei einem
Gewinnabführungsvertrag die Eigenkapitalquote sinkt.
5)
Wir schlagen ihm vor, den kleinsten Unternehmen die Möglichkeit
zu geben z.B. in seinen eigenen Büroräumen die Unterlagen zur
Jahresrechnung online stellen zu können – so dass Geschäftsführer
direkt jemanden fragen könnten, wenn es Probleme mit der Nutzung des
Internetportals gibt. Auch würde dann der Verlag unmittelbarer erfahren, welche
praktischen Probleme es immer noch gibt - bei der Nutzung der
Internetanwendung. Diesen Vorschlag lehnt er ab. Er begründet dies damit, dass
das nicht praktikabel sei. Denn die Abgrenzung zur Steuer- und Rechtsberatung,
die viele Unternehmen brauchen, sei zu schwierig.(Steuer- und Rechtsberatung
für einzelne Firmeninterna bedarf spezieller Qualifikationen -darüber sind wir
uns einig.)
6) Wir fragen ihn nach grundsätzlicher Unterstützung unserer wichtigsten politischen Forderung an die Bundesregierung, an das Bundesministerium der Justiz und an das Bundesamt für Justiz:
nach der Unterstützung für eine Kulanz-Lösung bei Anfangsproblemen kurz nach Inkrafttreten des EHUG (ähnlich http://www.christine-scheel.de/aktuell/presse/2009924.html)
Er lehnt dies ab. Er wiederholt die immer wieder zitierte Aussage: „Die Veröffentlichungspflicht ist der Preis für die Haftungsbeschränkung.“ Wenn ein Geschäftsführer es nicht schafft, sich selbst über Gesetzesänderungen zu informieren, und sich unverzüglich neuen Pflichten unter zu ordnen, sei eine GmbH die falsche Firmenform für ihn. „Deshalb ist die Hauptverantwortung für einen Offenlegungsverstoß bei dem betroffenen Unternehmen selbst zu suchen.“ (Zitat R. Diesem)
Dass all dies in dieser Verkürzung nach unserer Auffassung nicht korrekt ist - dies zum wiederholten Mal zu erläutern - dafür reichte dann die Zeit nicht mehr, die für uns zur Verfügung stand.
Nachfolgend der Link zur ersten Pressemitteilung von Christine Scheel und Jerzy Monatag vom 10.12. 2008, in der schon eine Kulanzlösung gefordert wurde: „Die Bundesregierung muss eine Kulanzregelung für die Umstellung vorlegen, da fast eine halbe Million Firmen mit dem neuen Recht nicht klar kommen.“ In diesem Satz steht das Wesentliche, das Christine Scheel als Bundestagsabgeordnete später oft noch wiederholt hat. (Auf eine angemessene Antwort warten wir bis heute!)
http://www.gruene-bundestag.de/?id=261558