Das Bundesamt für Justiz listet auf seiner Seite
nur die Gerichtsurteile auf (mit Zitaten), die die eigene Auffassung der rigorosesten Auslegung der gesetzlichen Vorschriften wiedergeben. Diese Darstellung ist einseitig. Nachfolgend eine Zusammenstellung der Urteile und Kernsätze, die ebenso wichtig sind (veröffentlicht ist die Information über solche Urteile auch auf http://www.facebook.com/EHUG335HGB ):
Urteil des Landgerichtes Bonn vom 13.9.2011 mit dem Aktenzeichen 33 T 284/11:
Der Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes in Höhe von 2500 € wird stattgegeben. Es wird einschließlich der Festsetzung von Zustellkosten aufgehoben. Auch die außergerichtlichen Kosten werden der Staatskasse auferlegt. Der Steuerberater hatte die Erstellung und Einreichung des Jahresabschlusses mit dem Stichtag 31.12.2007 noch innerhalb der 6-Wochenfrist nach Zugang der Androhungsverfügung veranlasst. Das Bundesamt für Justiz hatte das Ordnungsgeld aber trotzdem vollautomatisiert festgesetzt.
Quelle: Information der GmbH-Intern-Redaktion und von Thomas A. Zahn (StB/vBP/RB, Zahn & Zahn Steuerberatungsgesellschaft)
Urteil des
Landgerichtes Bonn vom 20.10.2011 mit dem Aktenzeichen 16 T434/09:
Gegen die am 15.5. 2009 zugestellte Ordnungsgeldentscheidung wurde am 3.6 2009 Beschwerde eingelegt. Das Ordnungsgeld in Höhe von 5000 € wird einschließlich der Zustellkosten aufgehoben. „Zwar erfolgte keine Offenlegung innerhalb der Jahresfrist des § 325 HGB. Aber die Androhungsverfügung war nicht wirksam, weil der Beginn der sechswöchigen Nachfrist – entgegen § 135 Abs 3 FGG bzw § 340 Abs 5 FamFG mit dem Zeitpunkt der Zustellung bezeichnet wird. Ausgelöst wird die Nachfrist nach Einspruchseinlegung aber erst mit Eintritt der Rechtskraft der den Einspruch zurückweisenden Entscheidung.“
Quelle: Peter Vogt, Chefredakteur Markt Intern
Quellentext mit vollständiger Urteilsbegründung: http://openjur.de/u/131269.html
Urteil des Landgericht Bonn 28.04.2008 mit Az 11 T 47/07, Richter Dr. Joswig (insgesamt 9 Seiten)
Einige Kernsätze aus dem Urteil, die auch auf andere Situationen übertragbar sein sollten:
…„Ausgehend
von dem strafähnlichen Charakter des Ordnungsgelds ist das Verschulden positiv
festzustellen, eine Vermutung wie in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB greift nicht
ein“….„Die Möglichkeit, sich vor Gericht gegen die Festsetzung von Ordnungsgeld
zu verteidigen, hängt davon ab, dass der Betroffene zuvor ordnungsgemäß am
Verfahren beteiligt worden und die Zustellung der anfechtbaren Entscheidung so
erfolgt ist, dass er die Anfechtungsmöglichkeit wahrnehmen kann.“ „Die nicht
ordnungsgemäße Beteiligung der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs
der Kapitalgesellschaft an dem Ordnungsgeldverfahren zwingt zur Aufhebung des
angefochtenen Ordnungsgeldentscheidung und der zugleich erfolgten Verwerfung
des Einspruchs.“
Quelle: http://www.krieg-rechtsanwalt.de/docs/ehug/beschluss_11_t_47_07.pdf
Urteil des Landgerichtes Bonn vom 8. Februar 2011 –mit Az. 31 T 791/10
Auf die sofortige Beschwerde vom 15.05.2010 wird die Ordnungsgeldentscheidung vom 10.05.2010 einschließlich der darin f ... Auf die sofortige Beschwerde vom 15.05.2010 wird die Ordnungsgeldentscheidung (10.000 €) vom 10.05.2010 einschließlich der darin festgesetzten Gebühren und Auslagen aufgehoben.
Hier
einige
wörtliche zitierte Kernsätze aus der Urteilsbegründung, die auch für viele
andere (nicht insolvente) Firmen wichtig sein sollten:
….“ Die Beschwerdeführerin hat zwar keine
relevanten Einwendungen vorgetragen. Nach den Vorschriften der freiwilligen
Gerichtsbarkeit überprüft das Gericht jedoch von Amts wegen die Rechtmäßigkeit
der Ordnungsgeldfestsetzung.“…“ Der Akte des Bundesamtes für Justiz lässt sich
entnehmen, dass die erste Ordnungsgeldfestsetzung vom 22.09.2008 mit einer
fehlerhaften Androhung eines weiteren Ordnungsgeldes verbunden war.“…“ Dadurch,
dass das Bundesamt eine fehlerhafte Frist setzte, war auch die Androhung eines
weiteren Ordnungsgeldes für den Fall des fruchtlosen Ablaufs dieser Frist
rechtswidrig.“…“ Auf eine solche rechtswidrige Verfügung durfte ein weiteres
Ordnungsgeld nicht gestützt werden. Die Bestandskraft der Verfügung vom
03.03.2009 steht dem nicht entgegen.“…“ Vielmehr geht es um ein weitergehendes
Verwaltungshandeln der Behörde, das auf der rechtswidrigen Verfügung fußt und
hierauf aufbaut. Ein solches Vorgehen ist dem Bundesamt jedoch verwehrt. Es ist
an Recht und Gesetz gebunden und darf daher seinem Verwaltungshandeln nur -
selbst geschaffene - Umstände zugrunde legen, die sich materiell als rechtmäßig
erweisen. Der Einwand der Bestandskraft ist insoweit unerheblich.“…
Quellentext mit vollständiger Urteilbegründung: http://openjur.de/u/149279.html
Nachfolgend noch Links zu Urteilen des Landgerichtes Bonn, die auf der Seite www.nrwe.de veröffentlicht sind (der Datenbank des Justizministeriums Nordrhein-Westfalen), und zu denen Leitsätze veröffentlicht wurden. Diese Urteile können Betroffenen dabei helfen, die Systematik der Rechtssprechung besser zu verstehen zum Thema „Ordnungsgeld des Bundesamtes für Justiz.“
Urteil des Landgerichtes Bonn vom 2.3.2012, Aktenzeichen 35 T 1121/11
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/lg_bonn/j2012/35_T_1121_11beschluss20120302.html
Leitsätze: „Das Ordnungsgeld ist nach erfolgter Veröffentlichung in der Regel auf 2.500,00 € herabzusetzten, unabhängig davon, ob vor oder nach Ordnungsgeldentscheidung veröffentlicht wurde.Bei Abschluss eines Vollstreckungsvergleichs gilt dies erst recht.“
Zitate aus der Urteilsbegründung:
„…Zu berücksichtigen sind deshalb bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln im Rahmen von § 890 ZPO insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzens aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten – es ist also mit anderen Worten auch zu berücksichtigen, ob die Duldungspflicht inzwischen erfüllt worden sein sollte. Dieser Aspekt rechtfertigt in der Regel eine Herabsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes bzw. der Dauer der Ordnungshaft, weil die Beugefunktion bis zum bzw. während des Beschwerdeverfahrens entfallen ist und nunmehr lediglich nach dem Ermessen des Beschwerdegerichts eine der Straffunktion gerecht werdende (und damit verhältnismäßige) Festsetzung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft zu erfolgen hat…Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nach der gerichtsbekannten derzeitigen Arbeitsweise des Bundesamts für Justiz praktisch vom Zufall abhängt bzw. abhängen kann, ob die Veröffentlichung in vergleichbaren Fällen vor oder nach der Ordnungsgeldentscheidung passiert – je nachdem, ob die Ordnungsgeldentscheidung vergleichsweise schnell nach Ablauf der Nachfrist ergeht oder nicht…“
Urteil des Landgerichtes Bonn vom 11.2.2011, Aktenzeichen 31 T 951/10
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/lg_bonn/j2011/31_T_951_10beschluss20110211.html
Leitsätze: „Auch nach Einlegung eines unzulässigen Einspruchs muss bei der Androhung eines weiteren Ordnungsgeldes; jedenfalls dann § 135 Abs. 3 FGG ( § 390 Abs. 5 FamFG) beachtet werden, wenn der Einspruch nicht offensichtlich unzulässig war.“
Zitate aus der Urteilsbegründung: „…Das Bundesamt kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass der Einspruch verspätet und damit unzulässig gewesen sei. Zwar war der Einspruch erst am 22.04.2008 und damit eine Woche nach Ablauf der Einspruchsfrist eingegangen, sodass er - vorbehaltlich einer Wiedereinsetzung in die versäumte Frist - unzulässig war. § 135 Abs. 3 Satz 2 FGG bestimmt jedoch nicht, dass der dort angeordnete Suspensiveffekt hinsichtlich des Laufs der weiteren Nachfrist nur für zulässige Einsprüche gilt. Vielmehr lautet die Vorschrift: "Die in dieser Verfügung bestimmte Frist beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft der Verwerfung des Einspruchs". Davon, dass der Einspruch zulässig gewesen sein müsse, ist darin keine Rede. Das ist auch in der Sache richtig, denn die Entscheidung, ob ein Einspruch zulässig ist, liegt nicht in der endgültigen Entscheidungskompetenz des Bundesamtes. Vielmehr entscheidet letztlich das Gericht im Rahmen der statthaften sofortigen Beschwerde gegen die Einspruchsverwerfung, ob ein Einspruch zulässig oder unzulässig gewesen ist. Wenn aber die Frage, ob der Einspruch zulässig war, zum Zeitpunkt der erneuten Androhung noch gar nicht endgültig feststeht, kann das Bundesamt an die vermeintliche Unzulässigkeit auch nicht eine kürzere Frist knüpfen. Im Übrigen würde das auch unzumutbar zu Lasten der Gesellschaft gehen, da diese entweder, um Risiken zu vermeiden, trotz ihrer abweichenden Auffassung hinsichtlich der Zulässigkeit des Einspruchs die kurze Frist beachten oder aber zunächst sehenden Auges eine weitere Festsetzung riskieren müsste in der Hoffnung, dass das Gericht später in einem Beschwerdeverfahren gegen das zweite Ordnungsgeld ihrer Rechtsauffassung folgen und das Ordnungsgeld daher wegen falscher Fristsetzung aufheben werde….Auch in anderen Rechtsgebieten können Rechtsbehelfe einen Suspensiveffekt auslösen, selbst wenn sie unzulässig sind, z.B. …“
Urteil des Landgerichtes Bonn vom 2.10.2011, Aktenzeichen 16 T 434/09
Die am 13.05.2009 getroffene Ordnungsgeldentscheidung (5000 €) wird hier einschließlich der Festsetzung von Zustellungskosten und die Verwerfung des Einspruchs aufgehoben. Einzige Begründung: Der Ordnungsgeldfestsetzung von Mai 2009 sei keine wirksame Ordnungsgeldandrohung vorausgegangen. Denn in der Androhungsverfügung vom Februar.2009 wird der Beginn der sechswöchigen Nachfrist - entgegen § 135 Abs. 3 FGG bzw. § 390 Abs. 5 FamFG - mit dem Zeitpunkt ihrer Zustellung bezeichnet wird. Ausgelöst werde die Nachfrist nach Einspruchseinlegung im Androhungverfahren jedoch erst mit Eintritt der Rechtskraft der den Einspruch zurückweisenden Entscheidung.
Hier noch ein weiteres wichtiges Urteil im Sinne von betroffenen Unternehmen (den Hinweis kam von Markt-Intern, die Verlinkung ermöglichst uns das Justizportal von NRW):
Beschluss des Landegerichtes Bonn vom 6.5.2008 Az. 11 T 12/07:
Auf die sofortige Beschwerde wird die Festsetzung von 1000 € Ordnungsgeld einschließlich der Zustellungskosten aufgehoben. Der erste Versuch einer Veröffentlichung im Bundesanzeiger war hier innerhalb der 6-Wochen-Frist erfolgt - aber nach dieser Frist vom Bundesanzeiger storniert worden. Die Firma hat dann die Beanstandung kurzfristig behoben. Der Richter zeigt in diesem Urteil Verständnis für die vielen Firmen bekannten Übermittlungsprobleme.
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/lg_bonn/j2008/11_T_12_07beschluss20080506.html
In der GmbH-Rundschau, Heft 2 vom 15.1.2013 finden wir eine exzellente ausführliche
fachjuristische Arbeit zu unserem Thema Ordnungsgeld- und Offenlegung-Verfahren
mit dem Titel
(V)Ermessen - trotz MicroBilG anhaltender Reparaturstau beim
EHUG.
Sie ist geschrieben von Dr. Gregor Kuntze-Kaufhold - zeigt
die rechtssystematischen Schwächen sowie Widersprüche der derzeitigen Praxis
auf und unterbreitet Lösungsvorschläge für die Beschlüsse, die kurzfristig noch
im Bundestag zu verabschieden sind.
In den 121 Fußnoten finden auch wir noch neue Hinweise. Ausführliche Erläuterungen gibt es zur Unverhältnismäßigkeit und zur fehlerhaften, nicht einheitlichen Anwendungspraxis. Ursachen und Hintergründe werden aufgezeigt. Sogar konkrete Verbesserungsvorschläge sind angegeben. Pflichtlektüre sollte die Arbeit sein für jeden Abgeordneten, der bald mit entscheiden wird über die Neuregelungen! Lange überfällig sei zunächst, dass die Abgeordneten klarer formulieren, was sie erreichen möchten. Auch die „hidden private public partnership“ zwischen dem Bundesamt für Justiz und der privaten Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH wird erläutert.
Herzlichen Dank an die GmbHR und den Autor! Der
vollständige Beitrag kann nicht kostenlos im Internet, aber zum Beispiel in
Hochschulbibliotheken gelesen werden. http://www.gmbhr.de/29808.htm