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[Geschichte] Die Militaereisenbahnen und das k.u.k. Ruestungskombinat auf dem Steinfeld

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Michael Suda

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May 27, 2001, 4:59:00 PM5/27/01
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Ein kurzes und fast vergessenes Kapitel der österreichischen
Eisenbahngeschichte sind die Militäreisenbahnen auf dem Steinfeld
zwischen Tattendorf, Ebenfurth, Wiener Neustadt und Wöllersdorf.

Steinfeld, der Name sagt eigentlich alles. Die Ebene zwischen
Leithagebirge, Rosaliengebirge und den niederösterreichischen
Kalkvoralpen ist trocken und ziemlich unfruchtbar. Es fiel in dieser
Gegend daher nicht schwer, große Bodenflächen für militärische und
industrielle Zwecke zu erwerben und freizumachen. In einigen Orten des
Steinfelds bestanden schon vor dem 18. Jahrhundert Pulvermühlen für die
Schießpulvererzeugung. Durch die Gründung der Theresianischen
Militärakademie in Wiener Neustadt wurde die Stadt nach 1740 zu einem
militärischen Zentrum ersten Ranges.

Um 1780 wurde mitten im nördlichen Steinfeld in Großmittel an der
Straße zwischen Felixdorf und Ebenfurth, weitab von jeder Siedlung, ein
militärisches Pulvermagazin errichtet, aus dem die heute noch bestehende
Munitionsanstalt ("Muna") des Österreichischen Bundesheers hervorging.

Um 1815 begann die k.k. Armee bei Wöllersdorf mit der Erprobung und
Produktion einer damaligen Modewaffe nach britischem Vorbild, der
Congreveschen Rakete. Da sich das kurzfristig aufgestellte Raketenkorps
der Artillerie militärisch nicht bewährte, wurde die
"Feuerwerksanstalt", wie sie im Volksmund hieß und noch heute als solche
im Stationsverzeichnis der ÖBB verewigt ist, um 1860 endgültig auf die
Produktion von Artilleriemunition umgestellt. 1897 erhielt die
Munitionsfabrik durch die Zweigstrecke Bad Fischau-Brunn - Wöllersdorf
der Schneebergbahn (SchBB) an der bereits erwähnten Station
Feuerwerksanstalt
Bahnanschluss, nach Übernahme der SchBB durch die Eisenbahn Wien -
Aspang (EWA) zwei Jahre später wurde eine direkte Verbindungslinie
Sollenau EWA - Steinabrückl - Feuerwerksanstalt und damit weitere
Verbindung nach Wien (über Leobersdorf nach Wien Südbf oder über
Sollenau EWA nach Wien Aspangbf) hergestellt. 1901 erhielt die
Munitionsfabrik nach dem Bau eines eigenen Kraftwerks eine elektrische
Schleppbahn, die bis 1915 als technische Besonderheit mit Drehstrom
betrieben wurde.

Um 1890 verlangte der k.u.k. Generalstab von der Munitionsindustrie die
Errichtung von zusätzlichen Produktionsanlagen für rauchschwaches
Schießpulver, das als verbesserte Treibladung in den Patronen der
neu eingeführten Repetiergewehre Verwendung fand. Nach Verhandlungen mit
verschiedenen Privatunternehmen entschied das Militär, selber eine große
Pulverfabrik für den Eigenbedarf zu bauen. Für diesen Zweck wurden
mehrere landwirtschaftliche Güter nördlich von Großmittel am
Piestingfluss angekauft und auf diesen Gründen die militärärarische
Pulverfabrik Blumau errichtet. Bereits 1890 wurde eine normalspurige
Militärschleppbahn mit Pferdebetrieb vom Bahnhof Felixdorf der Südbahn
zu den Gründen der im Bau befindlichen Pulverfabrik angelegt, die später
als permanente Militärbahn mit Lokomotivbetrieb die Stammlinie des
Militäreisenbahnnetzes bildete und als einzige Strecke noch heute
besteht (Felixdorf - Blumau-Neurißhof). In Blumau begann auch der Aufbau
von Arbeiterwohnsiedlungen und Militärkasernen, sodass in den folgenden
30 Jahren einen richtige planmäßig angelegte Kleinstadt, die heutige
Gemeinde Blumau-Neurißhof, entstand.

Bei Ausbruch des ersten Weltkriegs bestanden auf dem Steinfeld also drei
militärisch-industrielle Zentren:
1.Großmittel mit den Munitionsdepots des Heeres, dem
Artillerieschießplatz und den militärtechnischen Versuchsanlagen
(allgemein und auch auf alten Landkarten als "Laboratorium" bekannt,
heute Prüf- und Versuchsanstalt für Waffen und Munition (PVWM) des
Bundesministeriums für Landesverteidigung).
2. Die Pulverfabrik Blumau samt einigen angelagerten Betrieben (z.B.
Munitionsfabrik Böhler, Zelluloidfabrik)
3. Die Artilleriemunitionsfabrik Wöllersdorf ("Feuerwerksanstalt", alias
"Wöllersdorfer Werke")

Der Krieg führte zu einer heute kaum mehr vorstellbaren Expansion der
Rüstungsbetriebe. Diese erfolgte rein nach militärischen Vorgaben des
Heeres, ohne Rücksichtnahme auf spätere Nützlichkeit und wirtschaftliche
Vernunft. Einziges Ziel war es, die k.u.k. Armee mit ausreichenden
Quantitäten modernster Tötungsinstrumente zu versorgen. Da die
Heeresbetriebe von Vornherein unter militärischer Leitung arbeiteten und
auch die zivilen Arbeiter - im Laufe des Krieges zunehmend Frauen -
dadurch, ohne dass die Fabriken erst nach dem Militärleistungsrecht
unter Heeresaufsicht gestellt werden mussten, strenger Disziplin
unterworfen waren, wurden sie beim Ausbau bevorzugt. In wilder und fast
planloser Folge wurden zusätzliche Betriebe aufgezogen wie
Sprengstofferzeugungsanlagen und militärchemische Fabriken (allerdings
wurden dort meines Wissens nur Ausgangsmaterialien für Schieß- und
Sprengmittel gebraut, kein Giftgas, dieses Gerücht stammt wohl vielmehr
daher, dass im militärischen Sperrgebiet um die Muna bei Großmittel noch
heute größere Quantitäten chemischer Kampfstoffe aus Beständen der
Deutschen Wehrmacht in Beton gegossen vergraben sein sollen). Dabei kam
es auch zu einer Vielzahl schwerer Unfälle und Explosionskatastrophen,
die zumeist von den Militärbehörden vertuscht wurden. Die in Blumau
errichtete Fabrik für Tritol, einen militärischen Sprengstoff, der heute
besser als Trinitrotoluol oder TNT bekannt ist, flog beispielsweise bald
nach der Fertigstellung in die Luft und wurde 1917 an anderer Stelle,
fernab von jeder damaligen Siedlung, am Wiener Neustädter Kanal zwischen
Theresienfeld und Obereggendorf nochmals neu errichtet. Die ärarischen
Rüstungsbetriebe auf dem Steinfeld sollen am Höhepunkt ihres Ausstoßes
während des Krieges an die 70.000 Arbeiter beschäftigt haben, eine
schier unvorstellbare Zahl. Allein in den Wöllersdorfer Werken sollen
1917 täglich bis zu 160 Waggons mit Rüstungsgütern abgefertigt worden
sein. Für die Unterbringung der Arbeiter, die in allen Ländern der
Monarchie rekrutiert wurden, müssen riesige Barackensiedlungen errichtet
worden sein, von denen sich heute natürlich keine Spur mehr findet.

Mit der vorhandenen Eisenbahninfrastruktur konnte diese Masse an
Menschen und Material jedenfalls nicht mehr bewältigt werden. Der
Betrieb der "k.u.k. (Militär-)Schleppbahnen auf dem Steinfeld"
expandierte daher fast ebenso rasch wie die Produktion der Fabriken.
Hauptziel war es, den Wagenübergang auf die öffentlichen Eisenbahnen
(bis 1914 in Feuerwerksanstalt, Sollenau EWA und Felixdorf) auf noch
mehr Bahnhöfe zu verteilen und die Rüstungsfabriken und das
Munitionsdepot Großmittel direkt und unabhängig vom öffentlichen
Eisenbahnnetz miteinander zu verbinden.

Bei Kriegsende bestanden folgende normalspurige Militärschleppbahnen:

Felixdorf (Anschluss Südbahn) - Laboratorium - Böhlerwerke -
Blumau-Neurißhof - Tattendorf (zweiter Anschluss zur EWA)
Sollenau EWA (erster Anschluss zur EWA) - Laboratorium
Laboratorium - Großmittel - Ebenfurth (zweiter Anschluss zur Südbahn und
zur Gysev)
Abzw. Petrifeld - Pulverfabrik Roth - Rangierstation Wöllersdorf
(Anschluss zur Schleppbahn der Wöllersdorfer Werke und damit indirekt
dritter Anschluss zur EWA in Feuerwerksanstalt) - Flugplatz Wiener
Neustadt
Abzw. Petrifeld - Tritolfabrik

Im Bereich der Fabriksstadt Blumau-Neurißhof und der Wöllersdorfer Werke
bestanden weiters umfangreiche werksinterne Gleisanlagen, in Blumau
sogar eine Umfahrungslinie um die Fabriksanlagen, in Wöllersdorf die
schon erwähnte werkseigene elektrische Schleppbahn.

Zusätzlich gab es innerhalb einiger Betriebe noch schmalspurige
Rollbahnen verschiedenen Zuschnitts und auf dem Artillerieschießplatz
eine Motorfeldbahn in 700 mm-Spur für den Transport von Geschützen und
Munition.

Einige Ausbaupläne, wie die Elektrifizierung der Militärschleppbahnen
oder ein teilweiser zweigleisiger Ausbau (Strecken- und Rangiergleis)
der Hauptstrecke Felixdorf - Tattendorf, konnten vor Kriegsende nicht
mehr verwirklicht werden.

Über die Betriebsführung der Militäreisenbahnen ist mir wenig bekannt.
So kann ich etwa die Frage nicht beantworten, wo die Lokomotiven der
Militäreisenbahn stationiert waren. Lokomotivschuppen soll es in
Tattendorf, Ebenfurth und Felixdorf, eventuell auch in Sollenau, Blumau
und Wöllersdorf gegeben haben. 1916 sollen beim Betrieb der Bahnen 350
Militäreisenbahner beschäftigt gewesen sein. Der Lokomotivpark muss
während des Weltkriegs eine bunte Mischung aus heereseigenen und bei
fremden Bahnen requirierten Maschinen gewesen sein, überliefert ist der
Einsatz von Zwei-, Drei- und Vierkupplern, mit und ohne Schlepptender.
Es soll auch Lokomotiven mit Rauchverminderungseinrichtungen und
abschaltbarem Blasrohr gegeben haben, die die Gefahren durch Funkenflug
beim Verschub in der Nähe explosionsgefährdeter Anlagen vermindern
helfen sollten.

Mit Kriegsende kam der Betrieb der Rüstungsfabriken fast schlagartig zum
Stillstand. Das gewaltige Arbeiterheer verlief sich. Im Zuge der
Sachdemobilisierung wurde ein Teil der Anlagen verkauft, für den Rest
suchte man Käufer oder fand eine Verwendung durch staatliche Nachfolger.
So übernahm das Bundesheer das Munitionsdepot von Großmittel und den
Artillerieschießplatz und führte dort in sehr bescheidenem Umfang den
Militärbetrieb weiter. Eine Weiterführung der Munitions- und
Sprengstoffproduktion auch nur annähernd im selben Umfang wie vor 1914
wurde sehr bald als sinn- und aussichtslos erkannt. Lediglich in Blumau
arbeitete die vom Bund und privaten Interessenten gegründete
gemischtwirtschaftliche Sprengstoff-Werke Blumau AG weiter, die
Wöllersdorfer Werke wurden dagegen komplett zugesperrt, das Areal fand
keinen Nachfolgebetrieb als Nutzer und wurde vom autoritären
österreichischen Regime ab 1933 teilweise zur Errichtung eines
Anhaltelagers für politische Gefangene benutzt. Insassen: Kommunisten,
Sozialdemokraten, Nationalsozialisten, die Nazis durften aber
mehrheitlich schon 1936 wieder raus, was sie aber nicht daran hinderte,
das Lager 1938 in einer von der Parteipropaganda genutzten Zeremonie
feierlich niederzubrennen und Wöllersdorf in Wöllersdorf-Trutzdorf
umzubenennen.

Einige der Militäreisenbahnen wurden schon zwischen 1921 und 1924 wieder
stillgelegt und
abgetragen. Als erste Strecke dürfte es wohl den Abschnitt
Rangierstation Wöllersdorf (diese befand sich an der Stelle der heutigen
"Siedlung Feuerwerksanstalt" nördlich des ehemaligen Werksareals) -
Flugplatz Wiener Neustadt erwischt haben, Abtragung 1921 nach Einebnung
der Anlagen des Flugplatzes. Es folgten die Strecken Großmittel -
Ebenfurth und Rangierstation Wöllersdorf - Abzw. Petrifeld. Die Strecke
zur Tritolfabrik wurde an die öffentliche Eisenbahn Sollenau EWA -
Ebenfurth ("Schöllerbahn") angeschlossen, der Rest abgetragen.
Interessant ist, dass sich die Betonwiderlager der Brücke, auf der die
Strecke Abzw. Petrifeld - Wöllersdorf die Südbahn zwischen den Stationen
Felixdorf und Theresienfeld überquerte, sich bis heute erhalten haben,
obwohl hier nur knapp sieben Jahre lang, von 1916 bis 1923, Gleise
lagen. Die anschließenden Dämme sind dafür schon längst verschwunden.
Auf der Strecke Felixdorf - Tattendorf wurde dagegen 1928 der
öffentliche Eisenbahnverkehr durch die BBÖ bewilligt. Doch 1932 wurde
der Abschnitt Blumau-Neurißhof - Tattendorf bereits wieder eingestellt
und anschließend abgetragen. Ob auf der Gesamtstrecke jemals
fahrplanmäßiger öffentlicher Personenverkehr bestand, ist mir nicht
bekannt. 1933 folgte die Abtragung der Strecke Sollenau EWA -
Laboratorium.

Naziherrschaft und zweiter Weltkrieg brachten den ehemaligen
Militäreisenbahnen keinen mit dem ersten Krieg vergleichbaren
Aufschwung. Das dritte Reich erbaute in Wiener Neustadt und zwischen
Wiener Neudorf und Guntramsdorf zwar neue und ähnlich hypertrophe
Rüstungskombinate - nunmehr für die Flugzeugindustrie -, die Wehrmacht
beschränkte sich aber mehr oder weniger darauf, die bestehenden, an das
Schienennetz der alten Militäreisenbahnen angeschlossenen
Heereseinrichtungen auszubauen und zu erweitern. Neue Gleisanlagen
wurden nicht mehr geplant und auch alte nicht mehr wiederhergestellt.

Nach 1945 wurde mit der Sprengstofffabrik in Blumau der letzte Rest des
ehemaligen Rüstungskombinats der k.u.k. Armee stillgelegt. In den
Nachkriegsjahren verschwanden auch die Gleise auf der Strecke
Laboratorium - Großmittel samt dem weitverzweigten Gleisnetz zu den
Munitionsdepots sowie die Anschlussbahn zur Tritolfabrik.

Heute besteht noch die Strecke Felixdorf - Blumau-Neurißhof, die sich im
Eigentum der ÖBB befindet und bedarfsweise im Güterverkehr bedient wird.
Sie dürfte aber höchst einstellungsgefährdet sein, da der lange Zeit
größte Kunde, das ehemalige Metallschmelzwerk Almeta auf den Gründen der
früheren Böhler-Munitionswerke, inzwischen keinen sehr lebendigen
Eindruck mehr macht. In den Sechzigerjahren war die Almeta bei
Eisenbahnfreunden übrigens insoweit "berüchtigt", als sie ÖBB-Dampfloks
en masse zum Schrottpreis kaufte, zerlegte und einschmolz. Bei einer
Besichtigung vor zwei Wochen habe ich auf der ganzen Strecke keinen
einzigen Güterwagen wahrgenommen, die Gleise sehen auch nur ganz minimal
befahren aus. Vom heute unbesetzten Bahnhof Feuerwerksanstalt besteht
noch eine Anschlussbahn ins Gelände der ehemaligen Wöllersdorfer Werke,
der Rest der ehemals elektrifizierten Schleppbahn. Bedienung wohl durch
die ÖBB, Auslastungsgrad (es befindet sich dort wohl heute ein Baustoff-
oder Betonwerk) unbekannt.

Die Bahnstrecke Felixdorf - Blumau-Neurißhof bildet heute noch großteils
die nördliche Grenze des militärischen Sperrgebiets rund um Großmittel,
das nur auf einer einzigen öffentlichen Straße durchquert werden darf,
und in dem Fotografieren verboten ist. Blumau-Neurißhof ist heute eine
weitgehend deindustrialisierte Gartenstadt. Zwischen den alten und neuen
Wohnhäusern erstrecken sich noch immer riesige Flächen mit überwucherten
Grundmauern und Ruinen ehemaliger Fabriksanlagen, und das trockene
Flussbett der Piesting erinnert daran, dass das Wasser des Flusses bei
Sollenau abgezapft wird, um durch eine mehrere Kilometer lange
unterirdische Leitung zum heute noch betriebenen Kraftwerk Neurißhof
geleitet zu werden. Drei noch stehende Wassertürme weisen darauf hin,
dass die Wasserversorgung der Industrieanlagen in dieser relativ
trockenen Schotterebene die Anlage von Tiefbrunnen, Pumpwerken und
Vorratsbehältern erforderlich machte. Auch zwischen den Ortsteilen
Blumau und Neurißhof liegt übrigens ein gruseliges Übungsgelände des
Bundesheers, das man an bestimmten Tagen, vor allem am Wochenende, zu
Fuß auf bestimmten Schotterstraßen durchqueren darf, um dabei weitere
pittoreske Fabriksruinen zu bestaunen, denen man nicht so genau ansieht,
ob sie Bombenangriffen im zweiten Weltkrieg oder Sprengübungen danach
zum Opfer gefallen sind.

Quellen:
Witz, Die Militärschleppbahnen auf dem Steinfeld, Neuabruck eines
Artikels aus "Eisenbahn" (Ausgabe unbekannt) in: Ebenfurth und die
Eisenbahn, Broschüre herausgegeben von der GdE, Ortgruppe Pottendorf,
1993
Slezak, Wiener Neustädter Kanal und Aspangbahn, 1981
Mulley, Der militärisch-industrielle Komplex rund um Wr.Neustadt,
Webartikel, URL:
http://www.user.xpoint.at/k.lehner/gwn/texte/ruestung_wn.htm
eigene Recherchen

--
Michael Suda
A-1150 Wien, Oesterreich/Austria/Autriche
mailto:michae...@blackbox.net


Michael Knapp

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May 27, 2001, 6:42:41 PM5/27/01
to
Michael Suda wrote:
> Heute besteht noch die Strecke Felixdorf - Blumau-Neurißhof, die sich im
> Eigentum der ÖBB befindet und bedarfsweise im Güterverkehr bedient wird.
[...]

> Bei einer
> Besichtigung vor zwei Wochen habe ich auf der ganzen Strecke keinen
> einzigen Güterwagen wahrgenommen, die Gleise sehen auch nur ganz minimal
> befahren aus.

Die Strecke wird eigentlich nur noch vom Bundesheer verwendet zwecks
Truppentransport - Ich habe meinen Präsenzdienst ebendort abgeleistet.
Wir haben damals Strecke für Truppenverlegungen zu Übungen benützt
wahrscheinlich um den Felixdorfern eine Panzerkolonne zum Bahnhof zu
ersparen :-)

MfG, Michael

--
// Michael A. Knapp * Mauerbach-Niederösterreich-Austria-Europe //
// E-Mail: mkn...@gmx.at ICQ: 36542787 //
// ============== G r a p h i X for Freepascal ================ //
// The Graphics Library for http://www.graphix4pascal.de.vu //
// DOS, Win32, Linux http://programmierer.freepage.de/graphix //

Johannes Heger

unread,
May 28, 2001, 3:21:37 AM5/28/01
to
On Sun, 27 May 2001 22:59:00 +0200, "Michael Suda"
<michae...@nextra.at> wrote:

>Ein kurzes und fast vergessenes Kapitel der österreichischen
>Eisenbahngeschichte sind die Militäreisenbahnen auf dem Steinfeld
>zwischen Tattendorf, Ebenfurth, Wiener Neustadt und Wöllersdorf.

Danke fuer dieses interessante Posting!

>Sollenau EWA nach Wien Aspangbf) hergestellt. 1901 erhielt die
>Munitionsfabrik nach dem Bau eines eigenen Kraftwerks eine elektrische
>Schleppbahn, die bis 1915 als technische Besonderheit mit Drehstrom
>betrieben wurde.

Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass zumindest eine der dort
verwendeten Lokomotiven spaeter auf die Pressburgerbahn kam (wobei
natuerlich die elektrische Ausruestung umgebaut wurde). Eventuell gibt
es die heute noch irgendwo bei Stern&Hafferl. Wer weiss mehr?

>Der Krieg führte zu einer heute kaum mehr vorstellbaren Expansion der
>Rüstungsbetriebe. Diese erfolgte rein nach militärischen Vorgaben des
>Heeres, ohne Rücksichtnahme auf spätere Nützlichkeit und wirtschaftliche
>Vernunft. Einziges Ziel war es, die k.u.k. Armee mit ausreichenden
>Quantitäten modernster Tötungsinstrumente zu versorgen.

[OT] sollte man sich anderes vom Krieg und seiner Lobby erwarten?
[/OT]

Gruesse aus Italien

Johannes Heger

visit the unofficial homepage of Iranian Railways
http://www.msedv.com/rai/

Bernhard Mecl

unread,
May 28, 2001, 1:09:30 PM5/28/01
to
"Michael Suda" <michae...@nextra.at> wrote:

>Heute besteht noch die Strecke Felixdorf - Blumau-Neurißhof, die sich im
>Eigentum der ÖBB befindet und bedarfsweise im Güterverkehr bedient wird.

>Bei einer Besichtigung vor zwei Wochen habe ich auf der ganzen Strecke
>keinen einzigen Güterwagen wahrgenommen, die Gleise sehen auch nur ganz
>minimal befahren aus.

Wer könnte wohl über den Zustand und den Betrieb dieser Strecke besser
Auskunft geben, als ein Einwohner von Blumau-Neurißhof?

Die Hauptaufgabe der Strecke besteht wie schon erwähnt darin,
Truppentransporte direkt von und zur Kaserne Großmittel zu
ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde vor einigen Jahren am Ortsende von
Blumau neben dem Soldatenfriedhof eine Panzerverladerampe errichte
(durch die übrigens die Grenze zwischend den Bezirken Baden und Wr.
Neustadt Bezirk verläuft).

Die vier Gleisanschlüsse in das Firmengelände der "Almetta" werden
zwar sehr selten aber doch bedient, jedoch einzig und allein zum
Zwecke, ausgediente Waggons für immer abzustellen (bevorzugt die
allerletzten achttürigen Eilzugwagen deutscher Bauart). Die ehemaligen
Bürogebäude der Firma sind zur Heimat einer Gastarbeiterfamilie
geworden.

Das Tragwerk der Brücke über die Piesting (bzw. den Kalten Gang, der
übrigens nicht ganzjährig ausgetrocknet ist) im Ortsgebiet von
Neurißhof wurde erst vor kurzem erneuert, außerdem wurde vor ca. zwei
Jahren eine etwa 300m lange Anschlußbahn zu einer Firma am Gelände des
einzig noch betriebenen Wasserturms der Triestingtaler
(Wasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden)
errichtet, die allerdings an der Grundstücksgrenze im Nichts endet und
auf der anderen Seite durch einen meterhohen Erdwall blockiert ist.

Auch eine weitere metallverarbeitende Firma im Gemeindegebiet von
Neurißhof besitzt einen Gleisanschluß, auf deren Grundstück wurden
sogar recht neue Warntafeln "Auf dem gesamten Firmengelände haben
Schienenfahrzeuge V o r r a n g" angebracht. Wie oft dieser
Gleisanschluß allerdings frequentiert wird, entzieht sich meiner
Kenntnis.

Der ehemalige Bahnhof Blumau-Neurißhof übernimmt schon seit langer
Zeit die Funktion des Bauhofs.

Genauere Recherche jederzeit möglich.

Eine weitere Verwendung der Strecke will ich Euch allerdings nicht
vorenthalten: Die Veranstaltung von Sonderfahrten organisiert durch
hiesige Kommunalpolitiker :-) Bilder des letztjährigen Sonderzuges im
Bahnhof Blumau-Neurißhof und zwischen Neurißhof und Blumau auf Anfrage
erhältlich.

--
http://bernhard.wox.org
UIN 6479215

Michael Suda

unread,
May 28, 2001, 5:49:38 PM5/28/01
to

Johannes Heger <zen...@aconet.it> schrieb in im Newsbeitrag:
3b11fa67...@newsflat.aconet.it...

[hier gekürzt, über die Elektrolokomotiven der Schleppbahn der
Wöllersdorfer Munitionsfabrik]

> Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass zumindest eine der dort
> verwendeten Lokomotiven spaeter auf die Pressburgerbahn kam (wobei
> natuerlich die elektrische Ausruestung umgebaut wurde). Eventuell gibt
> es die heute noch irgendwo bei Stern&Hafferl. Wer weiss mehr?

[hier auch]

Laut Horn, Die Pressburgerbahn, 1974, Seite 78f, lieferte Ganz,
Budapest, 1913 und 1916 vier Bo'Bo - Elektrolokomotiven für die
Wöllersdorfer Schleppbahn. Die 1913 gelieferte Lok Nummer I wurde laut
Horn "mit Sicherheit" als Drehstromlok geliefert, muss also nach 1915
umgebaut worden sein, die übrigen (Nummer II-IV) schon dem neuen System
angepasst für 800 V= ausgerüstet. Nach dem Weltkrieg und der Stillegung
der Wöllersdorfer Schleppbahn wurden alle vier Lokomotiven nach 1930
verkauft, I, III und IV erwarben schon damals Stern & Hafferl bzw die
Linzer Lokalbahn AG, Nummer II ging an die BBÖ, die sie als 1479.001
einreihten und nach einem größeren Umbau auf der Wiener Stadtstrecke der
Pressburgerbahn einsetzten. Sie überlebte den Krieg, und nachdem sich St
& H schon 1941 bei der Liquidierung des ehemaligen Lokomotivparks der
POHEV in Petrzalka bedient hatte, kauften die Gmundner 1956 auch noch
diese, nach dem endgültigen Ende des Gleichstrombetriebs bei den ÖBB
obsolet gewordene Lok. Sie war schon vorher seit 1947 an Stern & Hafferl
vermietet, konnte aber erst nach 1955 verkauft werden, weil sie die Rote
Armee 1945 als Beutegut der UdSSR inventarisiert hatte. Sie wurde bei St
& H als 20.005 eingereiht und auf der Linzer Lokalbahn eingesetzt.
Zwirchmayr, 75 Jahre Linzer Lokalbahn, 1987, Seite 78, gibt für sie wie
für alle Wöllersdorfer Loks als Baujahr übrigens 1915 an. Zum
Erscheinungszeitpunkt dieses Buches war die Lok noch in Betrieb.
Hier endet dann mein Wissensstand, wer kann die letzten 14 Jahre
nachtragen?
Noch kurz zu den übrigen drei Lokomotiven: Wöllersdorf I wurde 1936 St &
H 20.001 und war 1987 noch vorhanden, Wöllersdorf III ging ins Eigentum
der Linzer Lokalbahn AG über, war ab 1935 als 22.001 im Einsatz und 1987
ebenfalls noch vorhanden. Wöllersdorf IV wurde St & H 22.002; diese Lok
fiel 1944 einem Brand in der Remise Eferding zum Opfer.

Clemens Chiba

unread,
May 31, 2001, 6:59:15 PM5/31/01
to
Hallo Bernhard!

> Eine weitere Verwendung der Strecke will ich Euch allerdings nicht
> vorenthalten: Die Veranstaltung von Sonderfahrten organisiert durch
> hiesige Kommunalpolitiker :-) Bilder des letztjährigen Sonderzuges im
> Bahnhof Blumau-Neurißhof und zwischen Neurißhof und Blumau auf Anfrage
> erhältlich.

Hast du auch eine Informationsquelle, wann solche Fahrten
stattfinden, am besten auf dem ganzen Ast bis zur Suedbahn?

Bin naemlich "Streckensammler", und diese fehlt mir unter
anderem noch. ;-)

Und ich habe fuer sowas bisher kaum eine g'scheite Info-Page
gefunden - im Schienenverkehr stehen die meisten Sachen
nachher - also zu spaet - drinnen (also was gewesen ist). ;-(

Wenn ich Zeit hab, mach ich eine Webpage, auf der ich die
Fahrplaene aller fuer den normalen Personverkehr eingestellten
Strecken sammeln will - sowohl regelmaessige bekannte (die man
eh ueberall findet, also z.B. Steyrtalbahn), als auch weniger
bekannte und seltene / spontane (wie z.B. Bahn am Rheindamm,
inkl. seltene Leckerbissen wie seltene Fahrten nach Koblach
und Rheinufer linksseitig).

Aber das dauert noch, bis ich die Musze finde. ;-(
Bin zudem kein Webdesigner...

Ciao and bye,
(:Clemens:)

Bernhard Mecl

unread,
Jun 1, 2001, 7:10:37 AM6/1/01
to
Clemens Chiba <clemen...@inode.at> wrote:

>Hast du auch eine Informationsquelle, wann solche Fahrten
>stattfinden, am besten auf dem ganzen Ast bis zur Suedbahn?

Derartige Fahrten werden meist mehrere Wochen bis Monate vorher in den
"Amtlichen Nachrichten der Gemeinde Blumau-Neurißhof" und
selbstverständlich auch entsprechend umfangreicher im Blatt der
veranstaltenden Partei angekündigt.

Die nächste Fahrt findet am 24. Juni 2001 statt, "Mit Bahn & Schiff
durch die Wachau". Abfahrt Neurißhof 6:30 (dadurch vermutlich nur sehr
eingeschränkte Fotomöglichkeiten), Ankunft ca. 21:00 Uhr.
Zusteigemöglichkeiten sind Böhler (Blumau), Felixdorf und Wien
Meidling. Inwieweit diese Fahrt mit der Fahrt O5 der ÖBB vereinigt
wird oder ob der Zug ab Neurißhof nur als Zubringerdienst fungiert,
ist mir nicht bekannt. Als Triebfahrzeug kommt vermutlich (wie letztes
Jahr 2143.013-7) eine 2143 des Traktionstandortes Wr. Neustadt zum
Einsatz.

>im Schienenverkehr stehen die meisten Sachen nachher -
>also zu spaet - drinnen (also was gewesen ist). ;-(

Da hast Du leider recht :-( Der einzige Pluspunkt dabei ist, daß man
bei bebilderten Artikeln Anregungen für Fotostandpunkte sammeln kann.

>Wenn ich Zeit hab, mach ich eine Webpage, auf der ich die
>Fahrplaene aller fuer den normalen Personverkehr eingestellten

>Strecken sammeln will [...]

Das hört sich nach einem sehr ehrgeizigen und hochinteressanten
Projekt an. Wollen wir hoffen, daß Du es verwirklichen kannst.

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