Gibt es einen Unterschied in der Bedeutung bzw. Verwendung zwischen DENNOCH
und TROTZDEM und zwischen FREILICH und ALLERDINGS? In der Literatur zum Thema
werden sie als gleichbedeutend behandelt. Ich habe aber ein vages Gefühl,
dies trifft so nicht zu. Ich interessiere mich wohlgemerkt nicht für die
Verwendung von freilich und allerdings als Antwort-Partikeln, sondern für
ihren Gebrauch als Satz- /textinterne Inhaltsverknüpfer.
Also: Allerdings vs. freilich? Dennoch vs. trotzdem?
Ich bin für jeden HInweis dankbar. Es müssen keine fertigen Erklärungen sein,
"typische" Verwendungen oder Beispiele, wo das eine angebrachter als das
andere erscheint, sind schon außerordentlich willkommen.
Im voraus Dank
Hannah
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hannah...@my-dejanews.com schrieb:
>
> Zur Zeit versuche ich im Rahmen einer größeren sprachwissenschaftlichen Arbeit
> die Bedeutungen verschiedener sog. Konnektoren herauszuarbeiten. Als nicht-
> deutsche Muttersprachlerin darf ich mir prinzipiell kein Urteil über solche
> Dinge erlauben, zumindest wenn es in die Feinheiten geht.
> Dabei bin ich über folgende Fragestellung gestolpert:
>
> Gibt es einen Unterschied in der Bedeutung bzw. Verwendung zwischen DENNOCH
> und TROTZDEM und zwischen FREILICH und ALLERDINGS? In der Literatur zum Thema
> werden sie als gleichbedeutend behandelt. Ich habe aber ein vages Gefühl,
> dies trifft so nicht zu. Ich interessiere mich wohlgemerkt nicht für die
> Verwendung von freilich und allerdings als Antwort-Partikeln, sondern für
> ihren Gebrauch als Satz- /textinterne Inhaltsverknüpfer.
>
> Also: Allerdings vs. freilich? Dennoch vs. trotzdem?
>
> Ich bin für jeden HInweis dankbar. Es müssen keine fertigen Erklärungen sein,
> "typische" Verwendungen oder Beispiele, wo das eine angebrachter als das
> andere erscheint, sind schon außerordentlich willkommen.
>
Füpr mich persönlich - (österreichisches Deutsch sprechend) -
gibt es keinen Unterschied zwischen allerdings/freilich bzw.
dennoch/trotzdem. In der hiesigen Umgangssprache (Wien) ist
allerdings "allerdings" üblicher als "freilich", bzw. auch
"trotzdem" häufiger und üblicher als "Dennoch".
Gruß,
Hans
:> Gibt es einen Unterschied in der Bedeutung bzw. Verwendung zwischen
:> DENNOCH und TROTZDEM und zwischen FREILICH und ALLERDINGS?
: Füpr mich persönlich - (österreichisches Deutsch sprechend) -
: gibt es keinen Unterschied zwischen allerdings/freilich bzw.
: dennoch/trotzdem. In der hiesigen Umgangssprache (Wien) ist
: allerdings "allerdings" üblicher als "freilich", bzw. auch
: "trotzdem" häufiger und üblicher als "Dennoch".
Mein persoenlicher Eindruck: 'Trotzdem' und 'dennoch' sind fuer mich
im Prinzip gleichwertig. Allerdings wuerde ich 'dennoch' eher
beim Schreiben verwenden als beim Sprechen. Damit ist 'dennoch'
(wenn man so will) ein wenig 'literarischer'.
'Freilich' klingt fuer mich altertuemlich oder nach (suedlichem)
Sprachraum. Hier (Raum Frankfurt) wuerde ich es von selbst nicht
verwenden, und habe es auch nicht gehoert. In anderen Regionen
Deutschlands oder in Oesterreich ist es aber durchaus ueblich.
- Dirk
>:> Gibt es einen Unterschied in der Bedeutung bzw. Verwendung zwischen
>:> DENNOCH und TROTZDEM und zwischen FREILICH und ALLERDINGS?
>Mein persoenlicher Eindruck: 'Trotzdem' und 'dennoch' sind fuer mich
>im Prinzip gleichwertig. Allerdings wuerde ich 'dennoch' eher
>beim Schreiben verwenden als beim Sprechen. Damit ist 'dennoch'
>(wenn man so will) ein wenig 'literarischer'.
Ich stimme damit ueberein, dass die Woerter dasselbe bedeuten.
"Dennoch" ist fuer mich (ich lebe in Bayern) eindeutig mittel- und
norddeutsch. Aus Gruenden, die ich hier schon diskutiert habe,
betrachten viele die norddeutschen Eigenheiten als richtigeres oder
formaleres Deutsch. Ich wuerde das als die Erklaerung dafuer nehmen,
dass Dirk Thierbach "dennoch" als "literarischer" empfindet.
>'Freilich' klingt fuer mich altertuemlich oder nach (suedlichem)
>Sprachraum. Hier (Raum Frankfurt) wuerde ich es von selbst nicht
>verwenden, und habe es auch nicht gehoert. In anderen Regionen
>Deutschlands oder in Oesterreich ist es aber durchaus ueblich.
Ich verwende "freilich" durchaus, und ohne es als altertuemlich oder
sprachraumbezogen zu verwenden. Beispiel aus einem Bericht, den ich
vor ein paar Tagen, also vor dieser Diskussion, geschrieben habe:
Stattdessen sollen die beiden Anliegen [...] erst einmal unabhaengig
voneinander weiterbetrieben werden, freilich mit dem Ziel, sie zu
einem spaeteren Zeitpunkt wieder zu vereinen.
Ich halte "freilich" nicht fuer synonym mit "allerdings". Es drueckt
fuer mich keinen so deutlichen Gegensatz aus, dafuer drueckt es einen
gewissen Konsens mit dem Leser aus. Ich wuerde die Stufung so
vornehmen:
selbstverstaendlich : Konsens mit dem Leser
freilich / ja : Konsens mit dem Leser (leicht im Gegensatz zum
zuvor Gesagten)
allerdings / durchaus : im Gegensatz zum zuvor Gesagten
wenn auch / aber : im deutlichen Gegensatz zum zuvor Gesagten
Ich habe dabei nicht darauf geachtet, dass alle diese Ausdrueck auf
die gleiche Weise syntaktisch in den Satz gebaut werden.
Helmut Richter
> "Dennoch" ist fuer mich (ich lebe in Bayern) eindeutig mittel- und
> norddeutsch.
Da komme ich her, trotzdem halte ich `dennoch' für eher
ungebräuchlich. Aus dieser Seltenheit stammt m.E. auch der
literarische oder gehobene Charakter.
> Ich verwende "freilich" durchaus, und ohne es als altertuemlich oder
> sprachraumbezogen zu verwenden.
Nördlich von Bayern wird `freilich' aber nicht verwendet, und es ist
auch für mich ein bayerischer Regionalismus.
Also zusammengefasst meine Meinung: `dennoch' und `trotzdem' sind
gleich, aber `dennoch' ist eher ungebräuchlich, veraltet, gehobener.
Zur Bedeutung von `freilich' kann ich wie die Autorin des
Ursprungsartikels keine genaue Aussage machen, da für mich `freilich'
auch ein Wort aus einer `Fremdsprache' ist.
Jörn
[snip]
> 1: Jimmy bestellte sich im Restaurant das teuerste Menü. Freilich hatte er
> nicht genügend Geld, um die Rechnung zu begleichen.
> 2: Jimmy bestellte sich im Restaurant das teuerste Menü. Allerdings hatte
> er nicht genügend Geld, um die Rechnung zu begleichen.
>
> In Satz 1 drückt "freilich" für mein Verständnis aus, daß dies eine bereits
> bekannte, häufiger vorkommende Eigenschaft dieser Person ist oder dies aus
> den sonstigen Umständen zu erwarten war - etwa in dem Sinne: "Natürlich
> hatte er nicht genügend Geld ...".
> Bei Satz 2 wird es durch "allerdings" als neues, mehr oder weniger
> unerwartetes Faktum vorgestellt.
>
ACH, wie ist das toll, dass ihr alle so nett antwortet, es sind nämlich Dinge,
die mich seit längerer Zeit bewegen
(glaubt mir, das tun auch andere Dinge, man hat ja schliesslich auch ein Leben
nebenbei)
aber ich finde es WUNDERVOLL, wenn eure Beispiele auch noch meine Intuitionen
zu bestätigen scheinen.
Wie funktionieren ALLERDINGS und FREILICH im Dialog? Was hält ihr von den
folgenden Beispielen:
1. Jaja, schon gut, wir laden auch Deine Verwandten zu Weihnachten ein!
Allerdings: müssen Tante Petra und Onkel Willi wirklich auch dabei sein?
2. Jaja, schon gut, wir laden auch Deine Verwandten zu Weihnachten ein!
Freilich: müssen Tante Petra und Onkel Willi wirklich auch dabei sein?
Nach meinem Empfinden ist Beispiel 2 nicht so gut wie Beispiel 1. Was sagt ihr
dazu?
Das Sonderbare ist aber, dass "dennoch" in drei ausgewerteten Zeitungen
häufiger als "trotzdem" auftritt, die Relation ist ungefähr 60:40. Aber dies
könnte gerade belegen, dass der Unterschied zwischen beiden stilistisch ist
und "dennoch" eindeutig schriftsprachlich ist? Warum kommt denn "trotzdem"
dennoch (!) so relativ häufig vor? Aus Gründen der Variation?
hannah
: Aber dies
: könnte gerade belegen, dass der Unterschied zwischen beiden stilistisch ist
: und "dennoch" eindeutig schriftsprachlich ist? Warum kommt denn "trotzdem"
: dennoch (!) so relativ häufig vor? Aus Gründen der Variation?
Waere fuer mich ein guter Grund.
- Dirk
: Stattdessen sollen die beiden Anliegen [...] erst einmal unabhaengig
: voneinander weiterbetrieben werden, freilich mit dem Ziel, sie zu
: einem spaeteren Zeitpunkt wieder zu vereinen.
Wobei ich in diesem Satz 'freilich' durch 'aber' ersetzen wuerde,
wenn ich ihn geschrieben haette :-)
Um nicht missverstanden zu werden: Ich moechte den Sprachgebrauch
von anderen nicht diskriminieren. Der Punkt ist nur, dass
'freilich' in meinem Sprachgebrauch einfach nicht vorkommt. Und
wenn Helmut ihn auch nicht "sprachraumbezogen" gebraucht,
so gebraucht er ihn doch "sprecherbezogen", da er fuer ihn
gewohnt ist. Es ist immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich
der Sprachgebrauch in verschiedenen Gegenden ist, und wie schnell
man als aus einer bestimmten Gegend stammend erkannt wird, auch
wenn alle Beteiligten (vermeintlich) nur Hochdeutsch sprechen :-)
: Ich halte "freilich" nicht fuer synonym mit "allerdings". Es drueckt
: fuer mich keinen so deutlichen Gegensatz aus, dafuer drueckt es einen
: gewissen Konsens mit dem Leser aus.
Da wuerde ich zustimmen. "Ja freilich" ist wohl eine haeufige
Kombination.
- Dirk
> freilich / ja : Konsens mit dem Leser (leicht im Gegensatz zum
> zuvor Gesagten)
> allerdings / durchaus : im Gegensatz zum zuvor Gesagten
Allerdings (hier: in gewissem Gegensatz zu dem was Helmut hier sagt)
kann man "allerdings", ebenso wie "freilich", als zustimmende
Bekräftigung verwenden:
"Es wird Zeit, dass endlich mal die Steuern sinken."
"Allerdings!" bzw. "Ja freilich!".
Diedrich
--
sig still under construction
> Wie funktionieren ALLERDINGS und FREILICH im Dialog? Was hält ihr von den
> folgenden Beispielen:
> 1. Jaja, schon gut, wir laden auch Deine Verwandten zu Weihnachten ein!
> Allerdings: müssen Tante Petra und Onkel Willi wirklich auch dabei sein?
> 2. Jaja, schon gut, wir laden auch Deine Verwandten zu Weihnachten ein!
> Freilich: müssen Tante Petra und Onkel Willi wirklich auch dabei sein?
> Nach meinem Empfinden ist Beispiel 2 nicht so gut wie Beispiel 1. Was sagt ihr
> dazu?
Da stimme ich zu. Hier würde ich "freilich" nicht verwenden.
Vom der Warte des Wienerischen schaut das so aus:
1. Müssen Tante P. und Onkel W. aber wirklich auch dabei sein?
Die einfachste, natürlichste Variante.
2. Müssen allerdings Tante P. und Onkel W. wirklich auch dabei sein?
Die Kommunikation in der Familie stockt, man kann einen Rückzug auf einen
literarischen Sprachregister beobachten.
3. Allerdings: müssen Tante P. und Onkel W. wirklich auch dabei sein?
Bühnensprache! Große Gesten begleiten den Dialog. Ein Konflikt wird ausagiert, die
Beteiligten haben die Ebene des Alltäglichen verlassen.
Bei "freilich" fällt mir meine Großtante ein: Sie hat noch "na freilich" gesagt,
wo wir heute "na sicher" sagen. (Deutschland-Deutsch: "na klar") "Freilich" ist
leicht antiquiert scheint mir, außer in Bayern, wo es den Status einer dialektalen
Besonderheit hat und die Leute zum "freilich" eine besondere Zuneigung haben.
(Vorsicht, Amateurdialektologenaussage, bedarf vielleicht der Korrekturen und
Ergänzungen)
aber
Freilich: müssen Tante P und Onkel W. wirklich auch dabei sein?
Auch in einem Bühnendialog nahezu unmöglich! In dieser Funktion gehört das
freilich ganz der Schriftsprache an, etwa so:
(Erzählung über Tante P. und Onkel W.)
Mußten freilich Tante P. und Onkel W. wirklich auch dabei sein?
hannah...@my-dejanews.com wrote:
>
> Kann man über einen eventuellen Unterschied zwischen "allerdings" und
> "freilich" (als textinterne Inhaltskonnektoren) folgende Thesen wagen:
> Sätze, die "allerdings" und "freilich" (im Folgenden: a und f) enthalten,
> folgen auf Behauptungen. Mit einer Behauptung geht im unmarkierten Falle
> einher, dass man meint, was man sagt, dass man sich auf den Inhalt und auf
> dessen Äußerung verpflichtet. Mit a/f-Sätzen gibt man eine weitere
> Information, die diese Sicherheit, die Reichweite, die Gültigkeit der
> ersteren Information wieder relativiert.
"Relativierung der Reichweite der ersten Aussage" ist nur eine
Möglichkeit. Es kann auch eine Präzisierung sein. Oder hypothetische
falsche Folgerungen können bestritten werden.
> Der Unterschied liegt nun je nachdem, ob a oder f verwendet wird, darin,
> dass a angibt, dass die relativierende Information als Neuigkeit präsentiert
> wird, als bisher Unbedachtes, etwas, was der Sprecher jetzt erst einführt.
So in etwa, wenn auch nicht unbedingt "relativierend".
> Dahingegen gibt f an, dass die relativierende Information schon im
> Hintergrund lag, dass die erstere Information ein wenig naiv vorgelegt
> wurde, dass die f-Information womöglich von anderer Seite als Einwand
> vorgelegt werden könnte. Daher kann f u.U. konziliant wirken, da der
> Sprecher implizit zugibt, dass seine erste Information nicht vollständig/
> ausreichend war.
Das klingt mir zu sehr nach vorauseilender Entschuldigung. Es ist
freilich eine Möglichkeit. (So wie hier.) In ironischer Epik ist es
auch das Mittel, mit dem der Autor sich dem Leser als wissend und
überlegen gegenüber den Ereignissen zu erkennen gibt. Der Leser wird
damit in diese Überlegenheit hineingezogen. "Freilich" heißt da soviel
wie: "aber wie wir beide wissen".
> Die Information vor dem a/f-Satz verliert somit nachträglich mehr an
> Glaubwürdigkeit, sie verdient es weniger, ernst genommen zu werden, wenn auf
> sie ein Satz mit freilich folgt.
Diese Interpretation geht m. E. zu weit.
>
[SPIEGEL-Beispiele: Kästner:]
> "Er erhielt ein Schreibverbot, das freilich nicht konsequent vollstreckt
> wurde."
= ,daß aber bekanntlich nicht konsequent vollstreckt wurde.
[der abgeblitzte Prinz]
> "Ana Gajic freilich offenbarte freimütig, daß sie mehr an seinem Sohn
> interessiert sei"
Der Sache nach ist auch "allerdings" möglich. Der Autor dieser Zeilen
stellt sich mit "freilich" aber als überlegen dar, so daß die
Darstellung spöttisch wird.
>
> Zugegeben, die Beispiele sind vielleicht blöd, aber lässt sich an ihnen
> erkennen / bestätigen, worauf ich hinaus will?
Die Beispiele sind nicht blöd. Vor allem sind sie ja echt. Daran muß
sich eine Theorie bewähren.
>
> Seid ihr sicher, dass dennoch und trotzdem synonym sind?
Ich für meinen Teil würde so etwas nie behaupten.
[der Charme des humorlosen Holter]
> "Dennoch entwickelt der neue Minister manchmal, im kleinen Kreis, ungeahnten
> Charme."
Im Gegensatz zu einer menschlich schwachen Seite hat Holter auch eine
starke Seite. So stellt es sich dem distanzierten Betrachter dar. Aber
der Gegensatz wird nicht zwischen den beiden Seiten direkt
ausgetragen. Daher heißt es "dennoch" und nicht "trotzdem".
>
[Holters Zugeständnis]
> Aber Holter will nicht, daß ein zu spät
> entdeckter Ex- Spitzel die neue Regierung irgendwann sprengen könnte, und so
> hat er Ringstorff trotzdem versprochen, daß immerhin die hohen politischen
> Beamten - Staatssekretäre, Abteilungsleiter, Sprecher - überprüft werden
> können."
Holter selbst hat abgewägt und den einen Interessen zum Trotz den
anderen Geltung verschafft.
("Immerhin" ist auch so eine Partikel, die gleichzeitig verbinden und
modal einfärben kann. Im vorliegenden Fall müßte man aus dem daß-Satz
einen Hauptsatz machen, es zu verdeutlichen.)
>
> Nicht, dass ich es nicht akzeptieren kann, wenn es nicht zutrifft; aber
> irgendwie kommt es mir doch so vor, als könnte es einen Unterschied geben.
Es gibt mehrere
> Dennoch: Man sollte es nicht glauben, wenn man das Vorherige weiß, es ist
> aber so
So ist es im Falle des charmanten Holter.
Hypothese: Allgemeiner könnte man vielleicht sagen: "Dennoch" leitet
die Beschränkung des zuvor Gesagten ein, das damit kein Prinzip ist,
aus dem alles über den betreffenden Gegenstand gefolgert werden könnte.
Dennoch scheint mir zu einem distanzierten Urteil zu gehören.
> Trotzdem: Das Vorherige sollte genau das verhindern, was jetzt nun doch der
> Fall ist.
Für Holters Zugeständis könnte man das cum grano salis sagen.
"Verhindern" und "nun doch der Fall sein" ist aber nur das Extrem. Mit
"trotzdem" werden zwei gegenläufige Bestrebungen verknüpft.
Die entsprechenden Sachverhalte lassen sich auch in einem konzessiven
Satzgefüge darstellen.
Obwohl ich mir den Fuß verstaucht habe, gehe ich einkaufen.
Ich habe mir den Fuß verstaucht. Trotzdem gehe ich einkaufen.
"Trotzdem" wählt man, wenn eine Hyptaxe unübersichtlich zu werden
droht oder wenn der Gegensatz betont werden soll.
Trotzdem steht in solchen Fällen statt "dennoch", um die Beteiligung
am Geschehen zu betonen.
Ralf
--
Wer mal drinsitzt - ob mit oder ohne Schuld -
kommt nicht wieder 'raus.
Theodor Fontane
hannah...@my-dejanews.com wrote:
>
> In article <3652B6D0...@uni-koeln.de>,
> "Jürgen Amrhein" <juergen...@uni-koeln.de> wrote:
>
> > Eines noch: es gibt ein standarddeutsches Gegenstück zum süddeutschen
> > "freilich", das genau die selbe Funktion erfüllt, nämlich: "aber
> > natürlich"! Probier das mal mit Deinen Beispielen aus. Was meinen die
> > andern dazu?
"Aber natürlich" sagt dasselbe wie "ja, freilich" aus, nämlich: "Das
ist nicht zu bezweifeln". Mit einem solchen Ausruf wird ein
unausgesprochener hypothetischer Zweifel ausgeräumt.
Aus meiner eher norddeutschen Sicht besteht der Unterschied darin, daß
"freilich" in dieser Funktion geradezu formelhaft und für
Süddeutschland typisch ist, während es für den Norden keine solche
_Formel_ gibt. Da kann eine Vielzahl von Ausdrücken gebraucht werden
(auch "allerdings"). Auf welche Möglichkeiten reduziert worden ist,
hat die Gewohnheit der Einzelnen bestimmt.
Ich bin mir nicht sicher, meine aber, daß "freilich" typisch bayrisch
ist und schon in den fränkischen, schwäbischen, schweizerdeutschen und
österreichischen Umgangssprachen seltener vorkommt.
> >
> Ich habe jetzt noch nicht im Detail überprüft, ob "aber natürlich" in allen
> Zusammenhängen gleichwertig mit "freilich" funktionieren kann. Aber ich würde
> auf Anhieb meinen, es passt am besten, wenn es um die Verwendungen von
> "freilich" als Antwortpartikel geht. Wenn "freilich" als Textverknüpfer
> verwendet wird, könnte es in gewissen Zusammenhängen durch "zwar" ersetzt
> werden, da beide Partikel gemeinsam haben, dass sie den damit versehenen
> Satz als "empfängergewandt" markieren (und nicht als Standpunkt des
> Sprechers allein).
Das bezweifle ich. Es geht schon syntaktisch nicht. "Zwar" fordert
zudem ein "aber" oder dergleichen: "Zwar arbeitet er viel, doch
erreicht er nichts."
Formuliert man das in eine ähnliche Aussage mit "freilich" um, heißt
es: "Er arbeitet viel, freilich erreicht er nichts." "Freilich" steht
auf der Seite des "doch" und nicht des "zwar".
Aus der Perspektive des Sprechers, die nicht unbedingt sachgereicht
sein muß, schließt "freilich" die Aussage ein, daß es auch nicht
anders zu erwarten sei.
Nimmt er "allerdings", zeigt der Sprecher, daß er weniger von seiner
Sicht der Dinge redet und stärker auf den Sachverhalt abhebt.
> ---WORTART VON ALLERDINGS UND FREILICH; GRAMMATISCHE FUNKTION---
> Das führt mich außerdem in weitere Überlegungen, wie diese Wörter alle
> grammatisch zu kategorisieren sind. Am einfachsten ist es, sie als "Adverbien"
> zu bestimmen. Wenn wir erst beginnen, darüber nachzudenken, welcher
> Partikelkategorie sie zuzuschlagen sind, wird es kompliziert, zumal diese
> Kategorien (Modal-, Konnektor-, Grad-) theoretisch nicht ganz abgesichert
> scheinen, an den Rändern ziemlich fransig sind und überhaupt ein großes
> Wirrwarr bilden.
Daß sie ein Wirrwarr bilden, wenn man sie scharf voneinander abgrenzen
will, ist logisch. Denn die Kategorien schließen sich nicht
gegenseitig aus. "Freilich" hat neben der Funktion, zwei Aussagen
miteinander zu verbinden, in meinem Gebrauch besonders die Funktion,
die zweite der beiden Aussagen modal einzufärben. Das Wort benutze ich
fast nur schriftlich, und dabei ersetzt es die fehlende Intonation.
Auf diese Weise läßt sich m. E. auch die häufige Verwendung in der
Presse erklären.
> Ich finde, es ist in der dt. Linguistik ein Problem, dass generell
> viel Gerede von diesen Partikeln ist, aber man schaut zuwenig auf die
> Tatsachen, bevor man sich gleich ans große In-Schubladen-Einordnen macht.
>
> Ich habe lange überlegt, ob allerdings und freilich als Satzadverbien
> einzustufen sind. Satzadverbien sind sonst Wörter wie "wahrscheinlich",
> "leider", "bedauerlicherweise", mit denen der Sprecher seine Einstellung zum
> Wahrheitsgehalt oder zur Qualität des durch den Satz mitgeteilten
> Sachverhaltes anzeigt.
Diese Funktion haben die beiden Wörter _auch_. (s. o.)
> Diese These würde flachfallen, wenn "allerdings" und
> "freilich" mit z.B. "wahrscheinlich" (als typischem und idiotensicherem
> Vertreter dieser Kategorie) kombinieren ließen.
Wieso? Es sind wohl nicht alle Kombinationen möglich, ansonsten zeigt
ein Sprecher mit der Kombination solcher Satzadverbien, wie
kompliziert oder unausgegoren seine Einstellung zum Sachverhalt ist.
> Oder würde sie? Sind also die folgenden Sätze möglich?
>
> Peter hat die Lockenwickler seiner Mutter abgebrannt, allerdings/freilich
> wird er es wahrscheinlich nicht mit Absicht getan haben.
Möglich wäre:
..., allerdings wahrscheinlich nicht mit Absicht.
Oder besser:
..., allerdings wohl nicht mit Absicht.
>
> ---REGIONALE AKZEPTABILITÄT---
> Eines kann man m.E. aus euren Antworten schließen: Es gibt regionale
> Unterschiede, was die Akzeptabilität von "freilich" angeht. "Freilich"
> scheint generell nur von Süddeutschen akzeptiert zu werden. Als
> Antwortpartikel kommt es in der Umgangssprache vor, als Konnektor ist es auf
> die Schriftsprache beschränkt.
Da aber nicht selten, evt. mit der Zusatzfunktion einer Modalpartikel.
> Eine Differenzierung zwischen "allerdings" und "freilich" wird somit nur von
> Süddeutschen wahrgenommen und aktiv genutzt.
Einspruch! Ich habe nur drei Jahre in Süddeutschland zugebracht und
differenziere trotzdem. Das Problem betrifft aber nur die Schriftsprache.
> Dies entspricht einer generellen Tendenz der Pragmatik: Wenn zwei Wörter
> synonym sind, z.B. wenn Wortschatz aus einer Sprachvariante in die andere
> Sprachvariante eingeht, gibt es zwei Entwicklungsmöglichkeiten: Entweder
> verschwindet das eine Wort zugunsten des anderen oder es entwickeln sich
> feine Bedeutungsunterschiede zwischen den beiden Wörtern, was sie beide am
> Leben erhält (ich habe leider vergessen, von wem diese These stammt).
Bei mir, "allerdings" und "freilich" ist das auch so.
> Dass "freilich" aus der norddeutschen Standardsprache verschwunden ist,
> hinterlässt keine funktionale Lücke, da es auch andere Möglichkeiten gibt,
> diese Färbung des Inhaltes bzw. der Präsentation auszudrücken - z.B. mit
> "aber natürlich", "selbstverständlich" o.a.
Das gilt zuerst für die Bekräftigungsformel, dann für gesprochene
Sprache. Man kann aber m. E. für die geschriebene Sprache diese
Behauptung vom Ersatz zur aufstellen, wenn die Alternativen, wie
"natürlich", "selbstverständlich", im Süden nicht oder nur selten
gebraucht werden. Andernfalls wird "freilich", "allerdings",
"natürlich" etc. im Norden wie im Süden gleichermaßen verwendet.
>
> Eigentlich finde ich es ganz komisch: ich selbst habe diese Arbeit
> angefangen, weil ich die Erklärungen in der Literatur, "a" und "f"
> seien synonym, intuitiv als nicht richtig empfunden habe.
Wörter sind in vollem Sinne nie synonym. Die Unterschiede zwischen
zwei Wörtern können aber in bezug auf die jeweilige Aussage irrelevant
sein, so daß sie ausgetauscht werden können.
> Wenn ich jetzt eure Antworten wie oben zusammenfasse, stimmt das gut
> damit überein, dass sich mein letzter und längster Deutschlandaufenthalt
> (2 Jahre) in Nürnberg abspielte, was mein Deutsch entscheidend geprägt
> hat, - anscheinend nicht nur, was Aussprache und Satzmelodie angeht.
Tja, das ist der Sinn der Sache.
>
> Dennoch vs. trotzdem: hier scheint dennoch auf die Schriftsprache beschränkt
> zu sein, wo dann auch eine Unterscheidung gegenüber trotzdem möglich ist -
> in der Richtung wie schon von mehreren angedeutet, dass trotzdem den damit
> verbundenen Satzinhalt "trotziger", aktiver gegenüber dem Vorangehenden
> erscheinen lässt.
Einverstanden.
> In der mündlichen Sprache wird trotzdem bevorzugt.
> Vielleicht - was zugegebenermaßen weit hergeholt ist, - weil man in der
> spontanen mündlichen Sprache einfach andere Themen wählt und mehr dazu
> neigt, konkret zu sprechen, über Personen und nicht abstrakte Verhältnisse
> zu reden, und wenn man über Abstraktes redet, werden die Gegensätze eher als
> eigenmächtige Kräfte dargestellt?
An den Glauben an die eigenmächtigen Kräfte glaube ich in diesem
Zusammenhang nicht. "Trotzdem" gehört zum einen in den Bereich des
erlebnisbetonten Erzählens. (So waren die Verhältnisse. "Trotzdem
haben wir wir es gemacht.")
Zum andern gehört es in solche Dialoge, die die Absichten der
Gesprächspartner betreffen. Diese Intentionen können gegeneinander
gerichtet sein. ("Ich habe keine Lust." -- "Ich will aber trotzdem,
daß du es machst.") Oder wenigstens eine der beiden Interessen ist
gegen äußere Verhältnisse gerichtet. ("Ich habe eigentlich keine Zeit.
Mein Terminkalender ist voll." -- "Aber du kommst doch trotzdem?") Der
Trotz kann durchaus gegen Verhältnisse gerichtet sein, aber eben gegen konkrete.
[zum Sprecher und seiner Rolle]
Diese Frage verkompliziert das Problem. Man müßte nicht nur den
Rollenbegriff klären, sondern auch noch die Fälle unterscheiden, in
denen jemand sich seiner Rolle als Sprecher bewußt oder nicht bewußt
ist. Und für den Fall, daß er bewußt eine Rolle einnimmt, fragt sich,
ob er /sich/ spielt oder ob er sich verstellt.