Hartes Urteil gegen Seismologen: Dreieinhalb Jahre nach dem schweren Beben in den Abruzzen, bei dem 308 Menschen ums Leben kamen, sind sieben Experten in L'Aquila wegen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten die Anwohner eher beruhigt als gewarnt.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Studio Rom
Bei dem Erdbeben im April 2009 wurde die Innenstadt von L'Aquila zerstört.
Es ist der 31. März 2009: Genau eine Woche vor dem großen Beben
trafen sich in L’Aquila sieben Mitglieder der Risikokommission des
italienischen Zivilschutzes. Wissenschaftler, Techniker, Experten für
Erdbeben und andere Naturgefahren. Der Ort dieser Sitzung war bewusst
gewählt, denn seit Monaten bebte die Erde in den Abruzzen. Die
Bevölkerung war beunruhigt. Und die Wissenschaftler wollten vor allem
beruhigen.
Ein starkes Beben sei wenig wahrscheinlich, hieß es nach dem Treffen. Bernardo de Bernardinis vom italienischen Zivilschutz sagte damals einem örtlichen Fernsehsender: "Die Wissenschaftler haben mir nochmals versichert: Es ist eher eine günstige Situation, weil beständig Energie freigesetzt wird, es gibt ziemlich intensive Stöße, aber nicht superintensiv. Und wir haben nur wenige Schäden gesehen, wenn man die lange Sequenz der Stöße betrachtet."
Die Natur belehrte Bernardo de Bernardinis um 3.32 Uhr am Morgen des 6. April 2009 eines Besseren. Bei dem Erdbeben in und um L’Aquila starben 308 Menschen.