„Mit der langen Dünung Downwind segeln hat riesigen Spaß gemacht“
- Die 505er Weltmeister Claas Lehmann und Leon Oehme im Interview Der Hamburger Claas
Lehmann und Leon Oehme aus Kiel sind von der SAP 505 World Championship auf Barbados
zurück und haben den Weltmeister-Titel im Gepäck. Beide haben sie als Kinder auf den Dickschiffen
ihrer Väter das Segeln gelernt und Opti gesegelt. Lehmann erlangte zahlreiche
Regattaerfolge in der Europe und im 470er, Oehme wechselte in den Piraten, wo
er unter anderem Vizeeuropameister wurde. Seit 2008 segeln Lehmann und Oehme
zusammen im 505er. Die
beiden Weltmeister im Interview mit Iris Feldmann - verantwortlich für die PR
der deutschen 505er Klasse: Wie seid Ihr auf den 505er
gekommen? Claas
Lehmann:
„Auf den 505er bin ich nur durch das Drängen eines
Segelkumpels gekommen. Sein Steuermann hatte wegen Familienzuwachs aufgehört
und er suchte nun Ersatz, ich wollte aber eigentlich gar nicht mehr Regatta Segeln.
Er hatte mich nach einem gemütlichen Abendessen und einer Flasche Rotwein dann
doch so weit, dass ich ihm drei Regatten in der anstehenden Saison versprach.
Nach der ersten Regatta war ich vom 505er so begeistert, dass ich ihn fragte,
was wir noch segeln müssten, um zur Deutschen Meisterschaft auf Helgoland
melden zu können.“ Leon Oehme:
„Nach 6 Jahren Pirat habe ich mich mal umgeschaut, welche Bootklassen es noch
so gibt. Doch die Frage war immer, wie stellt man einen Klassenwechsel, am
liebsten in den 505er, am Besten an? Dann hat Claas mich angerufen, der zunächst meinen Bruder gefragt hatte, ob er bei ihm Vorschoten wolle. Mein
Bruder hatte damals aber andere Segelpläne und verwies Claas an mich weiter.
Claas lud mich zum „Casting“ ein. Ich muss wohl keine so schlechte Figur
gemacht haben.“ Was fasziniert Euch an diesem
Boot? Leon Oehme:
„Die Geschwindigkeit, die Trimmmöglichkeiten, dass man das Boot bei fast allen
Bedingungen so einstellen kann, dass man wenig Druck im Segel hat. Das
angespitzte Segeln mit Spi. Und die Konkurrenz.“ Claas
Lehmann:
„Das Faszinierende an diesem Boot ist das
Geschwindigkeitspotenzial, insbesondere seit der Umrüstung auf den großen Spi.
In San Francisco sind wir 20 Knoten downwind gesegelt! Und die Tatsache, dass
man mit einem durchschnittlichen Gewichtsmuster keinerlei Druckprobleme hat, im
Gegensatz z.B. zum 470er. Hinzu kommen nette Leute und tolle Events, wie die
vielen vergangene WM's an super Orten.“ Wie hättet Ihr Euch vor der WM
eingeschätzt? Claas
Lehmann:
„Im 505er ist die Leistungsdichte vorne sehr groß.
Trotz des 5. Platzes bei der WM im vergangenen Jahr, mochte ich an einen Platz
auf dem Treppchen nicht so recht glauben, da wir im Herbst zuletzt im Schiff
gesessen hatten.“ Leon Oehme: „
Wir hatten auf die Top 10 gehofft, alles ab Platz 15 wäre eine Enttäuschung
gewesen.“ Es stimmt also, dass Ihr dieses
Jahr zusammen noch keine Stunde trainiert hattet? Leon Oehme:
„Ja, das stimmt. Wir haben unser Boot bei Schneetreiben in Eckernförde verpackt
und die Zeit zwischen der Schneeschmelze und dem Abflug nach Barbados war
knapp.“ Wer waren für Euch die härtesten
Gegner? Leon Oehme: „Böhm/Roos und Hunger/Jess und der Schlafmangel.“ Claas
Lehmann: „Stefan Böhm und Gerald Roos waren meist sehr schnell am Wind. Von der
Performance der Amerikaner waren wir ein wenig enttäuscht, da sie zuvor auf dem
WM-Revier trainiert hatten und natürlich auch den Winter durch gesegelt sind.“ Was sind Eure Tipps für
Klassen-Neulinge? Leon Oehme:
„Fragen, segeln, fragen, segeln, fragen, segeln…und natürlich trainieren.
Denn das Training sind die Hausaufgaben, die gemacht werden müssen. Dabei lernt
man das Schiff erst richtig kennen.“ Claas
Lehmann: Außerdem würde ich raten, auf bewährtes Material
zurückzugreifen und mit den alten Hasen zu schnacken, alle geben bereitwillig Tipps
und so lernt man stetig dazu. Körperliche Fitness ist natürlich auch sehr
wichtig, also Kondition schinden und auch Kraftausdauer, in diesem Winter war
ich in mancher Woche täglich im Fitnesscenter. Unfit und untrainiert an den
Start zu gehen, ist absolut hoffnungslos bei einer solchen Regatta.“ Wie fandet Ihr das WM Revier? Was war besonders
schwierig? Was lag Euch gerade besonders? Claas
Lehmann:
„Das WM Revier war recht anspruchsvoll, da es zum Einen
eine recht hohe Welle auf der rechten Seite des Kurse gab und zum Anderen
Strom, der in der Stärke variierte. So war manchmal die zumeist benachteiligte
rechte Seite doch bevorteilt. Dadurch war die Gatestartprozedur nicht einfach,
denn man wurde auf der linken Seite schnell mal vom Strom unter die Tonne
geschoben, und das Starterfeld schob sich sehr dicht zusammen, wodurch auch wir
manchmal beim Start nicht gut aussahen. Gerade das mit dem Strom hat uns aber auch
gelegen, da wir die Bedeutung und den Wechsel vielleicht auch ein bisschen
früher als manch anderer erkannten. Mit der langen Dünung Downwind segeln hat
riesigen Spaß gemacht und wir sind damit sehr gut zurecht gekommen. Wenn man so
eine lange Welle runtersurft, kann man enormen Weg nach Lee gewinnen, wenn der
Vorschoter richtig mitarbeitet, sprich weit reinkommt. Toll waren natürlich
auch die Wasser- und Lufttemperaturen, segeln ohne zu frösteln, herrlich! Wie sind Eure weiteren Pläne für
diese Saison? Welche Highlights plant Ihr? Leon Oehme:
„Ich hatte letzten Mittwoch meinen ersten Arbeitstag auf einer Werft und möchte
nun meinen Schwerpunkt auf den Beruf legen. Wenn es beruflich passt, wollen wir
aber die Kieler Woche, die EM und die Internationale Deutsche Meisterschaft in
Berlin segeln. Iris
Feldmann: „Herzlichen Dank für das Interview!“ Jetzt
kommen erst einmal die Container zurück von Barbados. Das nächste große Event bei
den 505ern in Europa ist dann die Europameisterschaft, ausgerichtet vom
Düsseldorfer Yachtclub, die vor der eigenen Haustür in Medemblik am Ijsselmeer
statt finden wird. Und
das absolute Großereignis 2014 kündigt sich bereits an: im August nächsten
Jahres hat die deutsche 505er Klassenvereinigung es geschafft, die Weltmeisterschaft
der 505er nach Kiel zu holen. Alle Informationen findet man hierzu unter
www.worlds505.de.