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Wie schlecht geht es Deutschland ?

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Hermann Behrens

unread,
Apr 25, 1991, 4:13:04 PM4/25/91
to
Wohin geht es in unser Gesellschaft?

Diese Frage habe ich mir vorhin wieder einmal gestellt, nachdem ich
einige Stunden vor dem Fernseher verbracht habe. Ich musste an mir
fesstellen, wie weit ich schon amerikanische Normen akzeptiere und
nicht mehr innerlich rebelliere. Vor etlichen Jahren konnte ich es
mir nicht vorstellen, dass es Menschen in Amerika gibt, die in einem
Studio sitzen und auf Befehl(please applause) klatschen. Dieser
Gedankengang war mir einfach zu laecherlich, _ich_ wuerde es
jedenfalls nicht machen. Dies war unter anderem fuer mich ein Ausdruck
dafuer, wie 'schlecht' es Amerika gehen muss, wenn der
Fernsehzuschauer indirekt belogen wird(der Applaus kommt ja nicht vom
Herzen). Heute ist es zumindesten in Fernsehshows zur Normalitaet
geworden.
Tele 5 bringt etliche Fernsehshows zur Abendzeit und ich hoere meine
Schwester sagen: "So ein Mist, zwischen 18:00 Uhr und X fehlt noch
eine Show, dann koennte ich von 17:00 Uhr an fernsehen." Ich nehme mal
an, dass meine Schwester kein Extrembeispiel ist, meine Cousine hat
schon aehnliches gesagt. Und gerade in diesen Shows wird der
Fernsehzuschauer doch wirklich belogen. Ich habe den Eindruck, eine
Fernsehsendung ist als Unterhaltung zwischen den Werbungen gedacht.
Die Werbung nimmt mittlerweile einen unglaublich grossen Teil der
Fernsehzeit ein, nicht die Werbebloecke sind gemeint, sondern die
unterschwellige Werbung. Aber wenn es das nur waere: Gerade RTL zeigt
deutlich, wo der Trend hingeht: Niveauloses Fernsehen, Fastfood fuer den
Fernsehkonsumenten. Lockere Episoden mit einem offenen Ende. Spiegel
TV dient da doch nur als Alibifunktion. Wird es eines Tages soweit
sein, dass kein Platz mehr fuer anspruchsvolle Sendungen existiert,
weil die Einschaltquoten zu gering sind und dadurch Werbung nicht
plaziert werden kann? Der krasse Unterschied zwischen ARD+ZDF und
RTL+SAT 1 scheint langsam zu gunsten der privaten Sender zu
verschwinden. Noch sehen wir Produktionen ueber Drogen, Tierquaelerei
zu besten Sendezeiten in den oeffentlichen fenrsehanstalten, aber wird
dies bald alles durch Produktionen a la "Der heisse Stuhl" ersetzt? In
diesen Sendungen geht es weniger um den Inhalt, sondern mehr um das
aggressive, emotionale Verhalten der Diskussionsteilnehmer.
Diskussionen werden oberflaechlich, 'siegen' wird der Teilnehmer, der
die Zuschauermengen am staerksten emotional beeinflussen kann. Logik
ist fehl am Platze. Ich erinnere mich an A.T.(Andere Talkshow oder
so), die Samstags gesendet wurde, in der in einem Kreis diskutiert
wurde. Dieser KReis wurde umzaeunt und ausserhalb dieser Umzaeunung
gab es die Studiogaeste, die lauthals herumschrieen. Leibwaehcter
sollten dafuer sorgen, dass es nicht zu Gewalttaten kommt. Dabei war
dies wahrscheinlich der Wunsch der Produzenten ...

Aber noch schlimmer: Objektive Nachrichtenshows(sie sollten objektiv
sein) werden zu "Bild" und "Morgenpost". Die Nachrichten werden
kuerzer, dem Voyorismus wird die meiste Zeit geschenkt.

Oder heute lese ich im Stern(auch nicht der objektivste), dass die
Schulkriminalitaet immer schlimmer wird. Da wird mit 'echten' Waffen
auf andere Schueler zugegangen. Schueler tragen Waffen, weil sie Angst
haben. Ich habe dies zwar nicht erlebt(erst reines Gymnasium, spaeter
dann Schulzentrum, es gab dann leider Konflikte). Diese Aggressivitaet
spiegelt, meiner Meinung nach, den Status eines Staates wieder. In
diesem Fall scheinen die sozialen Differenzen groesser zu werden,
Schichten treffen aufeinander und es resultiert in Gewalt. Gewalt ist
in diesen Faellen reines Profilierungsgehabe. Ich glaube, dass auch
dies ein Resultat der Gealt im Fernsehen ist. RTL ist hier am
aggresivsten, denn selbst Zeichentrickfilme strotzen nur so vor Gewalt.
Und RTL tut sich dadurch hervor, dass gerade die Serien im Programm
zu finden sind, die durch gewalttaetige Aktionen die Sensationslust
des Zuschauers befriedigen. Selbst Sledge Hammer(den ich selber sehr
gerne schaue) sorgt doch dafuer, dass eine Hemmschwelle zur Waffe
verschwindet, Waffen werden verharmlost und zum normalen
Gebrauchsgegenstand.

Ich schildere diese Eindruecke, weil ich die Angst habe, dass wir in
einigen Jahren Amerika in nichts nachstehen. Die Menschen werden immer
aggressiver(wenn sie auf normalen Wege nicht das erreichen, was die
Werbung als Ideal darstellt, so greifen gewisse Krise wohl eher zur
Gewalt), wir werden mit Drogenproblemen ueberhaeuft, Gewalt wird zur
Normalitaet(wenn es sie nicht sogar schon ist), der IQ sinkt auf das
Mass eines Knaeckebrotes(liegt so bei 7 :-)). Kapitalismus pur.

Ich hoffe, dass ich durch dieses Schreiben zu einer konstruktiven
Diskussion aufrufen kann. _Mir_ fehlt naemlich _die_ Loesung, mit der
man diesen Problemen(wenn sie denn stimmen) entgegentreten kann.
Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.

Mein Loesungsansatz: Verteidigungsetat in die Bildung, keine Gewalt vor
20:00 Uhr. Schoener, aber viel fiktiver, waere: Kein Fernsehen am
Vormittag(am besten noch wie in Amerika: Fernseher in der Kueche).

Ok, ich bin ein Idealist, Traeumer(auch wenn obiges sehr pessimistisch
ist).

Eins noch: Ich schildere das Fernsehen, weil das Fernsehen am meisten
beeinflussen kann. Meiner Meinung nach. Das Fernsehen ist das
Spiegelbild eines Landes .. und momentan tendiert das Fernsehen zu
amerikanischen Normen.

ciao, Hermann Behrens


--
Hermann Behrens|Bremerstr. 323|2870 Delmenhorst|04221/71931(DATA)71932(VOICE)

Bernd Hennig

unread,
Apr 27, 1991, 7:46:06 AM4/27/91
to
ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) writes:
>Wohin geht es in unser Gesellschaft?

ABWAERTS !

>Diese Frage....
>... Produzenten

Um deine Frage bez. dieser Spiel-Shows (um die geht's ja wohl in erster
Linie & schlechte amerik. Serien) ganz "einfach" zu beantworten:

Jeder normale Mensch, der sich diesen Mist laenger anschaut (1ne Woche ?),
hat nach einer gewissen "Saettigung" GENUG davon ! Ich hab's mir auch
angeschaut (Der Preis ist heiss etc. pp.), am Anfang fand ich's noch ganz
originell (oder neu ?), aber nach ca. 3 Tagen habe ich den Mist AUSGEMACHT.
Aehnlich geht's mir bei Serien wie A-Team oder Airwolf oder ... (ich kann
mir die ganzen Namen nicht merken). Mist am laufenden Band. Das soll jetzt
aber nicht bedeuten, das die oeffentlich-rechtlosen BESSER sind, man
schaue nur, was das ZDF in seinen Vorabend-Flachheimer-Serien fuer einen
absoluten M I S T produziert ! DAS IST NOCH SCHLIMMER !! Ob das die
"Wiecherts von nebenan" (?) oder das "Forsthaus wasweisichwo" ist,
LALL LALL LALL (=Resultat aus diesen Sendungen). Und jetzt schau dir
mal die Einschaltquoten an !

Glaubst du, das HEUTE noch eine Serie wie z.B. mit Ekel Alfred (wie
war gleich nochmal der Titel) beim Zuschauer ankommen wuerde ? Wen
interessieren denn die Probleme anderer, die eigenen sind ja so
aehnlich - da will man dann doch nicht daran erinnert werden.


>Aber noch schlimmer: Objektive Nachrichtenshows(sie sollten objektiv
>sein) werden zu "Bild" und "Morgenpost". Die Nachrichten werden
>kuerzer, dem Voyorismus wird die meiste Zeit geschenkt.

Mein (Lieblings-Goezte bitte einsetzen), WARUM gehen Leute denn zu
Formel-1 Rennen oder zu Flugtagen ? DIE WOLLEN DAS DOCH !!!! Versuch
doch mal jemanden in der S-Bahn oder U-Bahn davon zu ueberzeugen,
das die BILD-Zeitung absoluter Muell ist !


>Oder heute lese ich im Stern(auch nicht der objektivste), dass die

>Schulkriminalitaet immer schlimmer wird....
>... . Selbst Sledge Hammer(den ich selber sehr


>gerne schaue) sorgt doch dafuer, dass eine Hemmschwelle zur Waffe
>verschwindet, Waffen werden verharmlost und zum normalen
>Gebrauchsgegenstand.

1.) Auch DU bekommst deine Informationen abgepackt und gestempelt,
ob vom "Stern" oder aus dem Fernsehen ! Was ist objektiv ?

Der Stern will VERKAUFEN, und wenn da ein "Aufreisser-Thema"
wie "Knarre in der Pause" (oder wie auch immer) die Auflage
steigert, weil die Leser so etwas lesen wollen (lechz gier),
dann wird das GEBRACHT !

Querverweise mit "Brutalo-Sendungen" sind schnell gemacht,
nur sind das auch die Gruende ???

2.) "Kult" Sendungen wie "Sledge-Hammer" haben einen Nachteil: Man
sollte soviel im Kopf haben, um sie NICHT ernst zu nehmen.

Das Fernsehen zu verteufeln ist leicht, schwerer ist's, sich um die
Erziehung seiner Kinder zu bemuehen.

- Bei uns daheim stehen genug Fernsehr (angeschlossen) rum, um mit
jeder amerik. Durchschnittsfamilie in Konkurenz zu gehen.
- Meine Kinder (2 Maedchen, 3 und 6 Jahre alt) duerfen JEDERZEIT
an die Glotze !
- Andererseits spielen & basteln wir regelmaeszig, machen Ausfluege,
gehen zusammen in die Buecherei..

Resultat: max. 1/2 Fernsehen am Tag (Schluempfe und Familie Robinson
zur Zeit), FREIWILLIG ! Die Kinder gehen viel lieber in
den Garten oder auf den Spielplatz oder hoeren Maerchen-
kassetten oder schauen sich Buecher an !

Ich wuerde sagen, das die beruehmt-beruechtigte Erziehung hier mehr
kaputt machen kann, als das Fernsehen !


>Ich schildere diese Eindruecke, weil ich die Angst habe, dass wir in
>einigen Jahren Amerika in nichts nachstehen. Die Menschen werden immer
>aggressiver(wenn sie auf normalen Wege nicht das erreichen, was die
>Werbung als Ideal darstellt, so greifen gewisse Krise wohl eher zur
>Gewalt), wir werden mit Drogenproblemen ueberhaeuft, Gewalt wird zur
>Normalitaet(wenn es sie nicht sogar schon ist), der IQ sinkt auf das
>Mass eines Knaeckebrotes(liegt so bei 7 :-)). Kapitalismus pur.

Oh diese Klisches (richtig geschrieben ?). Ich kenne genuegend amerik.
Familien, die

a.) nicht aggresiver sind als Deutsche
b.) nicht die Werbung als Ideal nehmen (sonder auch darueber lachen & fluchen)
c.) keine Drogenprobleme haben
d.) einen IQ von einem Schwarzbrot haben (mindestens !) :-)

>Ich hoffe, dass ich durch dieses Schreiben zu einer konstruktiven
>Diskussion aufrufen kann. _Mir_ fehlt naemlich _die_ Loesung, mit der
>man diesen Problemen(wenn sie denn stimmen) entgegentreten kann.
>Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
>Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.


Welt-Problem-Loesung mit Diskussion ? Goil ! ICH LASS MICH NICHT UEBER-
SCHWEMMEN ! (ich sitz' ja immer vor meiner UNIX-Glotze :-) !)

>Mein Loesungsansatz: Verteidigungsetat in die Bildung, keine Gewalt vor
>20:00 Uhr. Schoener, aber viel fiktiver, waere: Kein Fernsehen am
>Vormittag(am besten noch wie in Amerika: Fernseher in der Kueche).

Und nach 20:00 darf dann gemetzelt werden ? DAS soll 'ne Loesung sein ?


--
Bernd Hennig | Eibenweg 4| 6500 Mainz | 06131/366721 | be...@pfm.rmt.sub.org
Man sollte seinen Feinden verzeihen - aber nicht, bevor sie am Galgen haengen
Heinrich Heine 1797 - 1856

Peter Bruells

unread,
Apr 27, 1991, 1:54:08 PM4/27/91
to
ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) writes:

>Wohin geht es in unser Gesellschaft?

[.. viel viel Zeug, aber ich loesch es trotzdem...]


>Aber noch schlimmer: Objektive Nachrichtenshows(sie sollten objektiv
>sein) werden zu "Bild" und "Morgenpost". Die Nachrichten werden
>kuerzer, dem Voyorismus wird die meiste Zeit geschenkt.

Es gibt keine objektiven Nachrichten, Nachrichtensendungen werden nur
produziert um den Zuschauern einen Service zu bieten, der sie an das
Programm bindet, damit Geld verdient werden kann. JEDES
Nachrichtenmedium orientiert sich an seinem Publikum.


[... un wieder schlucg Ctrl-K zu...]


ss eines Knaeckebrotes(liegt so bei 7 :-)). Kapitalismus pur.

>Ich hoffe, dass ich durch dieses Schreiben zu einer konstruktiven
>Diskussion aufrufen kann. _Mir_ fehlt naemlich _die_ Loesung, mit der
>man diesen Problemen(wenn sie denn stimmen) entgegentreten kann.
>Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
>Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.

>Mein Loesungsansatz: Verteidigungsetat in die Bildung, keine Gewalt vor
>20:00 Uhr. Schoener, aber viel fiktiver, waere: Kein Fernsehen am
>Vormittag(am besten noch wie in Amerika: Fernseher in der Kueche).

Ta-daaaa... und da haben wir den Hauptgrund meines Schreibens, der fuer
mich persoenlich die ganze Diskussion beendet. Mal abgesehen von der
Idee mit dem Vereteidigungsetat, auf den ich hier nicht eingehen werde,
moechte ich doch zu gerne wissen, wie Fernsehen am Vormittag oder Gewalt
(-darstellung im Fernsehen, nehme ich doch an) vor 20:00 verhindert
werdern soll. Ich sehe naemlich absolut keine Moeglichkeit da
einzuwirken ohne ueber mehrere Grundrechte wegzutrampeln.

[... Die Feder ist maechtiger als das Schwert, doch Mohammed kannte den
emacs nicht...]

pb

Framstag

unread,
Apr 28, 1991, 3:15:52 PM4/28/91
to
In <1991Apr25.2...@nicedel.north.de> ny...@nicedel.north.de writes:

(klagt ueber Ami-Niwoh in der Glotze)

> Mein Loesungsansatz: Verteidigungsetat in die Bildung, keine Gewalt vor
> 20:00 Uhr. Schoener, aber viel fiktiver, waere: Kein Fernsehen am
> Vormittag(am besten noch wie in Amerika: Fernseher in der Kueche).


Ich hab eine andere Loesung (zumindest fuer mich) gefunden:

Ich hab vor 4 Jahren meine Glotze wegen erwiesener Kulturschaendung
rausgeschmissen. Zugegeben, etwas radikal, aber sehr effektiv.

Seither hab ich viel mehr Zeit fuer sinnvolles, wie zb News-lesen ;-)


/---Ulli Horlacher---Rechenzentrum Uni Ulm---Oberer Eselsberg---7900 Ulm---\
\ ora...@dulruu51.bitnet | ora...@rz.uni-ulm.de | fram...@uni-ulm.de /
\------------------------------------------------------------------------/
| "Zoelibat ist Mord am ungezeugten Leben" - Martin Buchholz |

Lutz Mueller

unread,
Apr 28, 1991, 6:45:09 PM4/28/91
to

hilalie,

ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) writes:

>Wohin geht es in unser Gesellschaft?

wieso GEHEN ? die miesten bundesbuerger, ja sogar die ehemaligen osis haben
doch fast alle ein auto ? wohin fahren sie ?

>Diese Frage habe ich mir vorhin wieder einmal gestellt, nachdem ich
>einige Stunden vor dem Fernseher verbracht habe. Ich musste an mir
>fesstellen, wie weit ich schon amerikanische Normen akzeptiere und
>nicht mehr innerlich rebelliere. Vor etlichen Jahren konnte ich es

mir geht es genauso, akzeptiert habe ich diese normen nicht aber man hat sich
halt daran gewoehnt. unsere gesellschaft ist m.e. auf besitz von guetern und
kapital aufgebaut. die leute die geld haben versuchen es zu mehren die habe-
nichtse versuchen geld zu verdienen und alle muessen sie das geld wieder aus-
geben damit die marktwirtschaft funktioniert. geistiges ist weil man es
schlecht kaufen oder verkaufen kann nicht so gefragt.


>Fernsehzuschauer indirekt belogen wird(der Applaus kommt ja nicht vom

zum luegen gehoeren m.e. zwei, die einen beluegen die anderen wollen sich
beluegen lassen. ich habe manchmal den eindruck das dieser kuenstliche applaus
eine soziale funktion hat. alle die da auf befehl klatschen koennen ja nicht
verbloedet sein.

>Die Werbung nimmt mittlerweile einen unglaublich grossen Teil der

>unterschwellige Werbung. Aber wenn es das nur waere: Gerade RTL zeigt

[cut aussage zu fehrnsehen]
es gibt m.e. sehr gute sendungen, z.b. "monitor" "die heilige kuh (wdr3)"
"weltspiegel" usw., und natuerlich jede menge schrott. wobei der anteil von
schrott-sendungen bei den privaten grosser ist als bei den oeffentlichen
sendern. (das mag daran liegen das ard/zdf verpflichtet sind zu einem gwissen
meinungs-bildung-kultur-anteil)
ABER, und das sagte schon meine oma, man/frau kann ja die fehrnsehkiste ab-
schalten. solange ich nicht rtl sehen MUSS koennen die von mir aus senden
was sie wollen. die abendlaendische kultur wird hoffentlich auch rtl& co.
verkraften. ich meine sogar das irgendwann die leute dahinter kommen das sie
verar.... werden. m.e. gilt: "man kann einige alle zeit, alle einige zeit,
aber nicht alle alle zeit fuer bloede verkaufen".
im uebrigen leben wir in einer demokratie und wer fuer aenderungen ist sollte
versuchen leute zu ueberzeugen. verbieten von "sex and crime + werbung" kann
m.e. nichts bringen weil mensch gerade das haben will das verboten ist.

die heute kommtech ist doch fuer die meinugsmacher + manipulierer eine
zweischneidige sache. zum einem koennen die grossen verlage besser und gezielter
meinung machen aber zum anderen trifft diese "medienmeinung" heute schon auf
starke gegenkraefte wie z.b. die privaten computernetze.
ich glaube auf lange sicht haben die informations-verwalter und medienpaepste
gegen eine offene medienlandschaft, jeder kann lesen und schreiben was ihm
passt, keine chance.

>Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
>Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.

stimmt stoppen kann man/frau die entwicklung nicht mehr. aber mitgestalten !

bis denne...
byebye lutz

p.s.: subnetz ? find ich gut !
--
Lutz Mueller, D- 5276 Wiehl, hae...@uuchip.obb.sub.org, hae...@uuchip.UUCP

Robert Strehlow

unread,
Apr 28, 1991, 11:49:46 AM4/28/91
to
ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) writes:

>Wohin geht es in unser Gesellschaft?

[...]


|Normalitaet(wenn es sie nicht sogar schon ist), der IQ sinkt auf das
|Mass eines Knaeckebrotes(liegt so bei 7 :-)). Kapitalismus pur.

^^^ eher Konsumsucht

|Ich hoffe, dass ich durch dieses Schreiben zu einer konstruktiven
|Diskussion aufrufen kann. _Mir_ fehlt naemlich _die_ Loesung, mit der
|man diesen Problemen(wenn sie denn stimmen) entgegentreten kann.
|Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
|Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.

Eben, Du sagst es ja selbst: Dieser Zug kann nicht gestoppt werden.
Ganz einfach, weil alles, was dagegen spricht, unpopulaer ist.
Und man via Fernsehen an die Leute nur noch mit Riesenaufwand ran-
kommt, weil staendig immer mehr und perfektere Werbung laeuft.

Das duerfte auch das wesentliche Problem von Greenpeace und Co. sein:
Ein "normaler" informativer Film erreicht viel zu wenig Menschen.
Da muss es schon edelster Werbe-High-Tech-Bildschirm-Schmaus sein,
um etwas zu erreichen!

|Eins noch: Ich schildere das Fernsehen, weil das Fernsehen am meisten
|beeinflussen kann. Meiner Meinung nach. Das Fernsehen ist das
|Spiegelbild eines Landes .. und momentan tendiert das Fernsehen zu
|amerikanischen Normen.

...und wird sie auch locker erreichen, wie es jetzt aussieht! Leider.

Robert
--
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Michael Niermann

unread,
Apr 30, 1991, 11:27:59 AM4/30/91
to
Peter....@arbi.informatik.uni-oldenburg.de (Peter Bruells) writes:

>ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) writes:
>[.. viel viel Zeug, aber ich loesch es trotzdem...]
>[... un wieder schlucg Ctrl-K zu...]
Ich benutz da Ctrl-D, entspricht zwei Ctrl-K :-)

>>Mein Loesungsansatz: Verteidigungsetat in die Bildung, keine Gewalt vor
>>20:00 Uhr. Schoener, aber viel fiktiver, waere: Kein Fernsehen am
>>Vormittag(am besten noch wie in Amerika: Fernseher in der Kueche).
>Ta-daaaa... und da haben wir den Hauptgrund meines Schreibens, der fuer
>mich persoenlich die ganze Diskussion beendet. Mal abgesehen von der
>Idee mit dem Vereteidigungsetat, auf den ich hier nicht eingehen werde,
>moechte ich doch zu gerne wissen, wie Fernsehen am Vormittag oder Gewalt
>(-darstellung im Fernsehen, nehme ich doch an) vor 20:00 verhindert
>werdern soll. Ich sehe naemlich absolut keine Moeglichkeit da
>einzuwirken ohne ueber mehrere Grundrechte wegzutrampeln.

Irgendwo gibt es da halb vergessen das Jugendschutzgesetz, dass verbietet,
Filme mit FSK ab 16 Jahren vor 22 Uhr zu zeigen. Dies fuehrt dazu, dass
RTL und SAT1 wild schnipseln, um schon ab 21 Uhr senden zu koennen
(nachzulesen in der aktuellen TV-Spielfilm). Dass dieses auch eingehalten
wird, dafuer sorgen die Sender schon selber, indem sie den anderen anzeigen.
Das Grundrecht der freien Meinungsaeusserung und das Recht der Information
aus frei zugaenglichen Quellen findet dort seine Grenzen, wo andere
geschaedigt/beleidigt/etc werden.

Michael
--
=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=
Murray: Michael Niermann/D-2810 Verden/Weitzmuehlener Str. 11/FRG-4231-64388
Internet etc.: Michael....@arbi.informatik.uni-oldenburg.de
Bitnet: 148059@DOLUNI1 (has been:MNIE0054@DHIURZ1). CS Student (cand. Inf.)
Remember: Some people make the world more special just by being it!

Joachim Astel

unread,
Apr 30, 1991, 11:53:20 PM4/30/91
to
ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) schreibt:

> Ich schildere diese Eindruecke, weil ich die Angst habe, dass wir in
> einigen Jahren Amerika in nichts nachstehen. [...]

Deine Angst ist nicht unbegruendet. Du kannst Dir sicher sein, dass wir
den USA grundsaetzlich (nur?) um zehn Jahre hinterherhinken. Das war mit
der Attraktivitaet von TV-Spielshows so, bei den Oeffner-Laschen von Cola-
Dosen ebenso; nur Coca-Cola Classic fehlt uns noch. 1/2 :-) :-(

-Achim
--
Joachim Astel (J.A.T.), E-MAIL: dowj...@jattmp.imp.com

Andreas Baess

unread,
May 3, 1991, 9:26:45 PM5/3/91
to
>|Eins noch: Ich schildere das Fernsehen, weil das Fernsehen am meisten
>|beeinflussen kann. Meiner Meinung nach. Das Fernsehen ist das
>|Spiegelbild eines Landes .. und momentan tendiert das Fernsehen zu
>|amerikanischen Normen.
>...und wird sie auch locker erreichen, wie es jetzt aussieht! Leider.

Da kann ich noch eine klasse Anekdote erzaehlen die ich heute gehoert habe:
Eine Austauschschuelerin aus Amiland hat von ihrer Mutter Toilettenpapier
mitgegeben bekommen weil sie sich nicht sicher war ob es soetwas hier gibt...
(Nein kein crossposting nach sub.jokes sondern bittere Realitaet)

--
Andreas Baess <and...@easix.GUN.de> {tmpmbx,mcshh,smurf,unido}!easix!andreas
Snail-Mail: Fontanestr. 12, D-4044 Kaarst1 Tel.: +49 2101 605652

Gerald Malitz

unread,
May 3, 1991, 11:37:28 PM5/3/91
to
In article <1991Apr27....@pfm.rmt.sub.org>, Bernd Hennig writes:

> Jeder normale Mensch, der sich diesen Mist laenger anschaut (1ne Woche ?),
> hat nach einer gewissen "Saettigung" GENUG davon ! Ich hab's mir auch
> angeschaut (Der Preis ist heiss etc. pp.), am Anfang fand ich's noch ganz
> originell (oder neu ?), aber nach ca. 3 Tagen habe ich den Mist AUSGEMACHT.

Entsetzlich, `Der Preis ist heiss' ganz originell? Ich finde diese Sendung
(von Anfang an) einfach nur abstossend! Da geht es ja nur noch und
ganz unverhohlen um Geld bzw. Werbung. Selbst `Tutti Frutti' hat mehr
Niwo (nein, kein Niveau), Hugo-Egon Balder fragt wenigstens mal nach
der Hauptstadt von Afrika, dem Trainer vom Fc Plattling oder so.

Was Deine Einschaetzung `normaler Menschen' angeht, so ist das
doch wohl eine erste unzulaessige Verallgemeinerung von Dir auf
den Rest :-) (einen halben wenigstens).

Ich ringe ja noch heftig mit mir, die Glotze endgueltig rauszuschmeissen
(nur was mache ich dann am Freitag zwischen 22 und 24 Uhr?). Aber ich
schaetze mal, spaetestens wenn ARD und ZDF ihre Werbezeiten uber 20 Uhr
hinaus ausdehnen, werde ich gegen mich und diese Kiste siegreich sein.

Gerald.
--
// Gerald Malitz, Bolchentwete 4, 3300 Braunschweig, Voice: +49 531 796832
\X/ g...@germal.han.de Gute Nacht da draussen, was immer Ihr sein moegt.

Helge Oldach

unread,
May 4, 1991, 11:11:05 AM5/4/91
to
ny...@nicedel.north.de (Hermann Behrens) writes:

| [sehr viel richtiges Lamentieren ueber Informationsueberfluting an sich
| und durch das Fernsehen im besonderen]

und schliesst:

| Ich hoffe, dass ich durch dieses Schreiben zu einer konstruktiven
| Diskussion aufrufen kann. _Mir_ fehlt naemlich _die_ Loesung, mit der
| man diesen Problemen(wenn sie denn stimmen) entgegentreten kann.
| Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
| Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.

Tja. Ich habe bereits vor vielen Jahren beschlossen (so '79 muss das gewesen
sein) *keinen* Fernseher zu besitzen. So ist das bis heute und ich hege
nicht die geringste Absicht, das zu aendern. Ok, ich lese hin und wieder
Subnetz - aber das macht schliesslich nicht suechtig. :-)

Empfehlenswerte Literatur dazu: Neil Postman: "Informing ourselves to
death". Gibt's auch auf Deutsch.

| Ok, ich bin ein Idealist, Traeumer(auch wenn obiges sehr pessimistisch
| ist).

Noe. Geh' doch selbst voran und schaff' das Teil ab! Das ist *hoechst*
realistisch!

--
Helge Oldach h...@sephh.hanse.de h...@stollmann.de

Martin Goebel

unread,
May 5, 1991, 10:27:41 PM5/5/91
to
In article <3...@sephh.hanse.de> h...@sephh.hanse.de (Helge Oldach) writes:

>Empfehlenswerte Literatur dazu: Neil Postman: "Informing ourselves to
>death". Gibt's auch auf Deutsch.
>

Ich habe hier ein kleines Beispiel, von dem was er wohl auch seinen
Buechern vertritt:

Neil Postman

Die Technik frisst ihre Kinder

======================================


Kaum von den Medien beachtet, war der bekannteste Medienforscher Amerikas
der Stargast der vergangenen Photokina (1989). Neil Postman, Professor an
der Universitdt New York und auch hierzulande durch seine Publikationen
bekannt, ist es gewohnt, gro_e Sdhle zu f|llen. Vor dem Bundesgremium f|r
Schulfotographie hielt er am Pddagogentag einen kritischen Vortrag zur
Technickhvrigkeit der Menschen, der das Spannendste war, was die Photokina
seit Jahren geboten hatte.

Ich wurde gebeten zur Frage Stellung zu nehmen, ob die neuen
Kommunikationsmedien bei der Erziehung unserer Jugend eine gro_e Gefahr
darstellen. Damit sie nicht glauben, da_ ich meiner Aufgabe ausweiche, hier
meine Antwort: "Ja". Wenn sie meine B|cher kennen, vor allem "The
Disappearance of Childhood" und "Amusing Ourselves to death" werden sie
wissen, da_ ich der Meinung bin, das Beispielsweise das Fernsehen sowohl
die Kindheit untergrdbt, als auch die Voraussetzungen f|r eine geistige
Entwicklung verhindert. Diese Tatsache stellt nat|rlich Erzieher vor grosse
Probleme und ich habe nicht die Absicht, hier eine Zeile von dem, was ich
geschrieben habe zur|ckzunehmen.
Aber ich glaube, da_ die Entwicklung inzwischen an einem Punkt angekommen
ist, wo es nicht mehr damit getan ist auf die kulturellen Auswirkungen des
einen oder anderen Mediums hinzuweisen, um die Probleme zu verdeutlichen,
mit denen Erzieher konfrontiert sind. Das wdre, als ob wir die Zerstvrung
der Ozonschicht in unserer Atmosphdre lediglich dem Haarspray anlasten
w|rden. Haarsprays tragen zur Zerstvrung bei, aber, wenn sie morgen vom
Markt verschwdnden, w|rde das die Gefdrdung unsrer Umwelt kaum verringern.
Haarsprays sind eher ein Symtom als die Ursache. Und genauso ist es mit den
Medien. Wogegen die Erzieher anzukdmpfen haben, ist nicht ein Medium,
sondern sein gesamtes Umfeld. Fernsehen spielt dabei eine ebenso gro_e
Rolle, wie Computer, D|senjdger, Intelligenztests, Sozialwissenschaften,
McDonald`s Cheeseburger, Werbung und Kliniken, in denen Hunde, Katzen
und andere Haustiere psychologisch betreut werden - ein gro_es Geschdft in
Amerika. Sie werden also sicher verstehen, das ich mehr |ber diese
gefdhrlichen Entwicklungen reden will, als |ber die Massenmedien. Dabei
werde ich jedoch das Problem, |ber das ich referieren soll nicht aus den
Augen verlieren. Ich werde es nur neu definieren.
lassen sie mich also zundchst einmal dieser Entwicklung einen Namen geben.
Ich nenne sie "Technopoly", die - wie sie sich denken kvnnen - in den USA am
weitesten fortgeschritten ist. Deutschland ist - soweit ich es beurteilen
kann - noch kein "Technopolis", jedoch auf dem besten Weg dazu. Und mit
Hilfe von Sozialwissenschaften, Werbeagenturen, kommerziellem Fernsehen,
Hunde- und Katzenpsychiatern und Computertechnologie wird ihr Land es bald
geschafft haben. Mit dem Begriff "Technopoly" will ich eine
Gesellschaftsstruktur definieren, die auf unreflektierten und gefaehrlichen
Anschauungen basiert. Um den Begriff zu erlaetern, muss ich "Technopoly"
anderen Kulturen gegenueber stellen. Die erste kann man vereinfacht
"Werkzeug-Anwender-Kultur" nennen. Bis zum 18.Jahrhundert basierte jede
Gesellschaftsstruktur auf der Benutzung von Werkzeugen, woraus sich je nach
Entwicklungsstand unterschiedliche Kulturen ergaben. Waehrend einige Vvlker
nur Speere und Kochutensilien kannten, hatten andere bereits Armbrust,
Wassermuehlen und Augenglaeser. Aber das Grundprinzip aller Strukturen war,
Technologie zur Erleichterung und Sicherung ihrer Existenz zu entwickeln.
Technologien, die dem Zusammenleben der Menschen dienten und im Einklang
mit ihren Wertvorstellungen von Kunst, Mythos und Religion standen. Gleich
welche neue Erfindung, welcher Fortschritt erzielt wurde, Tradition,
Religion, Politik, Erziehung und soziale Ordnung wurden dadurch nicht
veraendert. Diese Grundordnung bestimmte und beschraenkte die
Entwicklung der Technologien. In diesen Werkzeug-Anwender-Gesellschaften
stellt Technologie also keine Bedrohung bestehender Wertvorstellungen dar.
Sie besteht in friedlicher Koexistenz mit den herschenden Traitionen - den
praegenden Elementen einer Kultur.
Auch heute noch gibt es auf unserer Erde noch einige dieser
Werkzeug-Anwender-Gesellschaften, die wir primitive Kulturen nennen. Als
primitiv bezeichnen wir sie einerseits, wiel sie einfachste Werkzeuge
benutzen, und andererseits, weil sie von einer technokratischen Kultur
ueberwaeltigt werden, sobald sie damit in Beruehrung kommen. In einer
technokratischen Zivilisation - einer zweiten und juengeren Kulturform -
spielten Werkzeuge bereits eine zentralere Rolle. Technokratie, fuer die
Deutschland ein gutes Beispiel abgiebt, entwickelte sich im 18.Jahrhundert
und gelangte im 19. und 20.Jahrhundert zur Bluete. Aber die Entwicklung
vollzog sich langsam, denn ihr Ursprung basierte auf drei grossen
Erfindungen des Mittelalters, die schliesslich die moderne Welt
einlaeteten.
Die erste war die mechanische Uhr, die im 12. und 13. Jahrhundert in den
Benediktinerkloestern erfunden wurde. Es galt ein Grunsatzproblem im Rahmen
der Klosterroutine zu loesen, naehmlich, sieben regelmaessige
Andachtszeiten waehrend des Tages festzulegen. Um den Klosterglocken, die
aus diesem Anlass gelaetet wurden, Praezision zu verleihen, wurde die
mechanische Uhr erfunden. Soweit so gut. Aber was die Moenche nicht
vorraussehen konnten, war, dass die Uhr nicht lediglich ueber die Tageszeit
informierte, sondern es darueber hinaus ermoeglichte, die Leistungen der
Menschen zu vergleichen und zu ueberwachen. Und schon im 14. Jahrhundert
hatte die Uhr die Klostermauern uebersprungen und eine neue und praezise
Regelmaessigkeit in das Leben des Arbeiters und Haendlers gebracht.
Die Zweite grosse technologische Veraenderung brachte die Druckpresse mit
beweglichen Lettern, in der Mitte des 15. Jahrhunderts erfunden, und die
dritte das Teleskop, vor allem das von Galillei entwickelte, zu Beginn des
17. Jahrhunderts. Die Druckerpresse veraenderte die Form, in der
Informationen dargestellt, wiedergegeben, aufbewahrt und weitergeleitet
wurden. Dies machte neue Lehr- und Lernmethoden erforderlich. Neue Formen
der Literatur enstanden, einschliesslich dessen, was wir als Prosa
bezeichnen. Und es entstand der Beginn einer konsequenten
wissenschaftlichen Foschung. Mit anderen Worten, die Druckpresse ersetzte
muendliche Ueberliefrung, eine Tradition verschwand.
Das Teleskop erschuetterte die fundamentalen Vorstellungen der juedisch-
christlichen Theologie. Bis zu seiner Erfindung konnnte man daran glauben,
dass die Erde das statische Zentrum des Universums sei, weshalb die
Menschheit fuer Gott von hoechstem Interesse sein musste. Indem Galillei
bewies, dass sich die Erde drehte, haben er und seine Nachfolger die Erde
unwiederbringlich in ein obskure Galaxie in irgendeiner dunkelen Ecke des
Universums verbannt und die westliche Welt der Ueberlegung ausgeliefert, ob
Gott an ihr ueberhaupt Interesse haben koennte.
Wie Alfred North Whitehead bemerkte, war die groesste Erfindung des 19.
Jahrhunderts die Idee der Erfindung selbst. Und diese Idee liess wenig Raum
fuer die Lebens- und Glaubensart frueherer Zeiten. Wir hatten gelernt, wie
man Erfindungen machte, und die Frage, warum man Erfindungen machte wurde
irrelevant. Der Gedanke, dass, falls etwas machbar war, es auch realisiert
werden muesse, wurde im 19. Jahrhundert geboren. Aber dies war nicht der
einzige ausschlaggebende Grundgedanke der - wie ich sie nenne -
technokratischen Kultur. Es entwickelte sich auch ein tiefer Glaube an die
Prinzipien, die den Erfindungen zugrundeliegen: Versachlichung,
Leistungsfaehigkeit, Expertentum, Vereinheitlichung, Fortschritt,
Bemessung. Und selbstverstaendlich entwickelte sich daraus die Folgerung,
dass der Motor des technischen Fortschritts am besten funktioniert, wenn
die Menschen nicht als Buerger oder als Kinder Gottes zu betrachten sind,
sondern als Konsumenten, sprich Maerkte.
Wie gesagt, nicht alle Nationen haben den gleichen technokratischen Level
erreicht. China, zum Beispiel, entwickelt sich erst heute - allerdings
rapide - von einer Werkzeug-Benutzer-Gesellschaft zur Technokratie. Auch
ist die Technokratie nicht ueberall Wunschziel der Gesellschaft. Da gibt es
Leute, gewoehnlich mit der "Zurueck-zur-Natur" - Bewegung in Zusammenhang
gebracht, die die romantische Vorstellung einer
Werkzeug-Anwender-Gesellschaft unserer Vergangenheit glorifizieren.
Nat|rlich spricht vieles f|r die Integritdt, Homogenitdt und Zielsetzung
der Werkzeug-Anwender-Kulturen. Aber diese Argumente sind f|r mich nicht
stichhaltig. Technokratien haben in so vielfdltiger Weise unser materielles
Leben verbessert, da_ es unmvglich ist, die Werkzeu-Anwender-Kulturen
dar|ber zu setzen. Au_erdem mu_ man bei der Beurteilung der Technokratien
einrdumen, da_ sie nicht gdnzlich die Traditionen unserer sozialen und
ethischen Werte zerstvren. Sie schmdlern sie, ja sie dem|tigen sie sogar,
aber sie vernichten sie nicht. In der Technokratie ist Platz f|r
Religiositdt und den Glauben an die S|nde. Die Technokratie kann ebenso
traditionelle Formen des Familienlebens tolerieren, Traditionen selbst
respektiern und Raum lassen f|r Sitten und Mythen. Auch in einer
Technokratie kvnnen soziale Verantwortung und individuelle politische
Aktivitdten bestehen. Es ist sogar mvglich, da_ sich der Glaube an den
Gesunden Menschenverstand und die Weisheit des Alters behaupten. Das ist
sicher nicht leicht, aber nicht ausgeschlossen. Heiligkeit und S|nde,
Gro_mutter und Familie, Heimattreue und 2000 Jahre alte Traditionen stehen
im Wiederspruch zu technokratischen Grundsdtzen. Sie reprdsentiern eine
Gedankenwelt, die mit der Technokratie nichts gemeinsam hat, sie im
Gegenteil ablehnt, Ihre Sprache, Ihre Anonymitdt, Ihre Ziele, Ihre Motive,
Ihre gesamten Grundsdtze. Die Technokratie wiederspricht dieser
Gedankenwelt, aber sie mertzt sie nicht aus. Die klug strukturierte
Technokratie fvrdert sogar das Festhalten an diesen Wertvorstellungen, geht
selbst soweit, unbequeme Spaltungen zu tolerieren, wie sie C.P. Snow in
seinem Buch "The two cutures" beklagte. In der Tat kam die von Snow
beschriebene Situation als Definition einer Technokratie schlechthin
gelten. Eine Technokratie ist eine Kultur, in der zwei entgegengesetzte
Weltanschauungen, die technologische und die traditionelle, in einer
unruhigen Spannung nebeneinander bestehen. Die Technologische Ausrichtung
ist stdrker, nat|rlich, aber die traditionelle hat die Mvglichkeit zu
|berleben.
Nicht jedoch in einer "Technopoly". "Technopoly" eliminiert die alternative
Gedankenwelt in exakt jener Weise, die Aldous Huxley in seiner "Brave New
World" aufzeigte. Sie macht die andere Weltanschauung nicht illegal, sie
macht sie nicht unmoralisch, sie macht sie nicht einmal unpopuldr. Sie
macht sie vvllig unsichtbar und damit irrelevant. Und das geschieht durch
Neubestimmung unserer Wertvostellungen von Religion, Kunst, Familie,
Politik, Geschichte, Warheit, Privatleben, Intelligenz, so da_ unsere
Definitionen den Erfordernissen der technologischen Grundsdtze angepa_t
werden. "Technopoly", da_ ist mit anderen Worten die totalitdre
Technokratie.
Das Charakteristischste Beispiel, das ich zur Erlduterung liefern kann, ist
vielleicht die Maschiene Hagoth, die vor einigen Jahren jeder in Amerika
f|r 1500 Dollar kaufen konnte. Hagoth hatte 16 Lampen, acht gr|ne und acht
rote. Wenn sie Hagoth an ihr Telefon anschlie_en, erfahren Sie, ob ihr
Gesprdchspartner am Ende der Leitung die Warheit sagt. Dies geschieht durch
Messung der "Stre_-Inhalte" der menschlichen Sprache durch Registrierung
der Schwingungen. Sie stellen ihrem Gesprdchspartner ein paar
Schl|sselfragen, wie beispielsweise "wohin bist Du am Samstagabend
gegangen?" und Hagoth analysiert die Antwort. Rote Lampen leuchten auf,
wenn die Stimme starken Stress verrdt, gr|ne, wenn sie ruhig bleibt.
Wenn die Werbung f|r Hagoth verk|ndet - ich zitiere "gr|n bedeutet keine
Anspannung, also Ehrlichkeit" Ende des Zitats. Mit anderen Worten, laut
Hagoth ist es unmvglich mit zitternder Stimme die Warheit zu sagen. Eine,
sie werden mir zustimmen, sehr fragw|rdige Methode.
Hagoth ist gl|cklicherweise vom Markt verschwunden, zumindest vorerst.
Sein Prinzp findet jedoch Anwendung in den sogenannten L|gendedektoren, die
in Amerika von der Polizei, den Gerichten und Manageretagen von
Unternehmen, die Ihre Untergebenen in zunehmendem Ma_e solchen Tests
unterziehen, sehr ernst genommen werden. Und was die Intelligenztests
angeht, so haben sie sich nicht nur behaupten kvnnen, sondern werden immer
weiter ausgebaut, durch Tests der Stimmtauglichkeit, der Kreativitdt, der
geistigen Gesundheit, der sexuellen Attraktivitdt und sogar der
Ehetauglichkeit. Nun kvnnten sie meinen, da_ zwei Menschen, die lange Jahre
zusammengelebt haben, inzwischen wissen m|_ten, ob sie miteinander
auskommen oder nicht. Aber in der "Technopolis" zdhlt dieses subjektive
Wissen nicht. Eine individuelle Bewertung ist schliesslich unzuverldssig,
ungewi_ und zweifellos suspekt. Tests und Maschienen sind das nicht.
"Warum", so mvgen sie fragen,"glaubt man an diese Magie?" Die Antwort
lautet, zum Teil, da_ die Maschinen von Experten entwickelt und gesteuert
werden, die als die Hohenpriester der Technologie angesehen werden. Einige
dieser Hohenproiester sind Ingenieure, andere nennen sich Soziologen,
Psychologen oder Sozialpsychologen. Der Gott dem sie dienen, lehrt nicht
Rechtschaffenheit oder G|te oder Erbarmen oder Dank. Ihr Gott fordert
Leistung, Prdzision, Versachlichung und Rentabilitdt. Und deshalb m|ssen
die Begriffe S|nde und \bel aus der Technopoly verbannt werden. Diese
Begriffe entstammen einer Ethik, die in der Theologie der Technopoly keinen
Platz hat. Daher nennen die Priester der Technopoly S|nde "soziale
Fehlentwicklung", passend in ihr statistisches Konzept. Und |bel nennen sie
"Psychopathologie", passend in ihr medizinisches Konzept. S|nde und \bel
verschwinden, da sie nicht vereinheitlicht, versachlicht und me_bar gemacht
werden kvnnen und sich daher der Behandlung durch Experten entziehen.
Expertentum, merken sie sich das gut, denn es bedeutet in der Technopoly
einen bedeutenden Machtfaktor zur Kontrolle der Menschen. In Amerika haben
wir Experten f|r die Kindererziehung , f|r die Liebe, f|r die Kunst,
liebenswert zu sein, f|r die Fdhigkeit, andere zu beeinflussen und
Freundschaften zu schlie_en. Es gibt keine Facette der zwischenmenschlichen
Beziehungen, die nicht technisiert ist und damit der Domdne der Experten
untersteht, die wie die Laien glauben, da_ Ihre Technologie, Ihre Tests und
Ihre Daten dem Wissen und dem gesunden Menschenverstand |berlegen sind. Da
die meisten von ihnen Deutsche und keine Amerikaner sind, vermute ich, da_
Sie wissen, da_ es keine Experten f|r Kindererziehung, Liebe und
Freundschaft gibt, da_ es sie nicht geben kann. Das ist lediglich eine
Fiktion der Technopologen. Aber soweit kommt es, wenn man Technopologen f|r
die hvchste Autoritdt hdlt. Selbstverstdndlich werden die, die an diese
Autoritdt glauben, auch zulassen, da_ alle Produkte dieser Kultur das
vffentliche Leben bestimmen. Zum Beispiel hat die Universitdt an der ich
lehre, vor ungefdhr zehn Jahren Ihre Verwaltung auf Computertechnologie
umgestellt. Bis dahin brauchte die Universitdtsverwaltung 17 Angaben |ber
jeden ihrer Angestellten. Diese Angaben enthielten Name, Adresse, Ehestand,
Sozialversicherungsnummer und einige weitere Informationen, die als
notwendig erachtet wurden. Nach der Computerisierung stieg die Anzahl der
bendtigten Daten rapide an. Heute verlangt die Universitdt mehr als 1200
Informationen |ber jeden ihrer Angestellten. Auf die Frage, weshalb nun so
viele Angaben benvtigt werden, erhdlt man von der Verwaltung die
charakteristische Antwort der Technopoly: "Wir brauchen sie, da der
Computer sie bearbeiten kann." Worin liegt der Sinn eines Computers, der
Milliarden von Bits an Informationen speichern kann, wenn nur 17 Angaben
|ber jede Person eingegeben werden ? Falls diese Antwort ihnen schl|ssig
erscheint, sind Sie auf dem besten Weg ein erstklassiger Technopologe zu
werden.
Eine j|ngere Studie in den USA belegte, da_ fast die Hdlfte aller Patienten
sich einer Bypass-Operation unterzogen, ohne da_ es erforderlich gewesen
wdre. Auf die Frage, warum dies geschieht, lautet die Antwort des
Technopologen: "Welchen Sinn hat die optimale Operationstechnik, wenn sie
nicht benutzt wird ?" Und so wurden aus unseren Krankenhdusern Orte,
Krankheiten notwendigerweise als technisches Problem eingestuft werden. Wir
wenden unsere Technologie nicht f|r Menschen, sondern an Menschen an. Mit
anderen Worten, Menschen sind Diener der Technik, nicht umgekehrt. In
Amerika haben wir unsere Luft vergiftet, unsere Stddte verstopft, die
Schvnheit unserer Landschaft zerstvrt - und das alles im Interesse der
Herrschaft des Verbrennungsmotors. Um noch ein anderes Beispiel zu nennen.
Wir erlauben der Computertechnologie nicht nur, unser Privatleben vvllig
umzugestalten, sondern dar|ber hinaus das menschliche Urteilsvermvgen
herabzumindern. Wir lassen heute den Computer vorschreiben, wer
den Schvnheitswettbewerb gewinnen soll, oder wem die Mvglichkeit gegeben
werden soll, die Universitdt zu besuchen, und gegen wen wir in den Krieg
ziehen sollen. Und was das Fernsehen angeht, nun, so haben wir es ihm
|berlassen, unsere nationale Politik zu gestalten, haben die lobenswerte
Tradition offener und serivser vffentlicher Debatten |ber Bord geworfen.
Ein Amerikanischer Journalist hat neulich festgestellt, da_ John F. Kennedy
der erste President war, der wie ein Filmshauspieler aussah, wdrend Ronald
Reagen der erste Schauspieler war, der wie ein Prdsident aussieht. Was er
damit meinte war, da_ die Telepolitik keine artikulierte Sprache braucht.
Sie braucht nur die angenehme du_ere Erscheinung des Show Business. Falls
Senator Daniel Quayle jemals Prdsident der USA wird, werden Sie daran
denken
m|ssen, da_ er dies nur seiner Dhnlichkeit mit Robert Redford zu verdanken
hat. Aber, was schwerwiegender ist: Wissen Sie, da_ die Worte, die von
unserem Prdsidentschaftskandidaten gesprochen werden, auf die gleiche Weise
vorher getestet werden wie die Reklame f|r Zahncreme? Hohe Summen werden in
Markforschungen gesteckt, um festzustellen, ob die von Mr. Bush und Mr.
Dukakis vorgebrachten Du_erungen positive Reaktionen beim ausgewdhlten
Publikum hervorrufen. Wenn man dazu bedenkt, da_ die Vortrdge von
Medienberatern verfasst werden, erkennt man die groteske Situation, da_ die
Aussagen der Kandidaten nicht das geringste mit den eigenen Ansichten zu
tun haben. Der Fall von Mr. Bush und der Abtreibung ist symptomatisch: Ihm
wurde aufgetragen zu verk|nden, da_ er Abtreibung als kriminelle Handlung
betrachtet, den diese Ansicht wurde in Tests mit rechtsgerichtetem Publikum
begr|_t. Auf die Frage eines Reporters, ob er Frauen, die abtreiben lie_en,
ins Gefdngniss stecken wolle, kam er in Verlegenheit und gestand, da_ er
dar|ber nicht nachgedacht hdtte, was zweifellos stimmte. Spdter werden ihm
einige vorher durchgetestete Antworten auf diese Frage suggeriert,
ndhmlich, da_ diese \berlegungen dahin gingen, die Drtzte ins Gefdngnois zu
bringen, nicht die Frauen. Tatsache ist, da_ wir nicht wissen, wie Mr.
Bush selbst |ber die Frage der Abtreibung denkt. In der Welt des Fernsehens
ist dies ndmlich irrelevant.
Und genauso, wie Politik zum Selbstzweck des Fernsehens degradiert wurde,
ist die Religion als Darstellung auf der Leinwand ihrer Rituale,
Traditionen, Theologie und Kontinuitdt beraubt. In der Rechtfertigung der
Benutzung des Mediums, um Millionen Menschen zu erreichen, meinte der
Referent Billy Graham, da_ Jesus sich sicherlich auch bei seiner
Bergpredigt dieses Mediums bedient hdtte, wenn es dies zu seiner Zeit schon
gegeben hdtte. Referent Graham behauptet dies sogar von einem Mann, der
sich sogar weigerte sich des geschriebenen Wortes zu bedienen, da_ damals
immerhin schon seit 1500 Jahren existierte. Allerdings lebte Jesus, im
Gegensatz zu Referent Graham, nicht in einer Technopoly. Wenn ich mich
recht erinnere, hat Jesus gesagt: "Wo zwei oder drei in meinem Namen
versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." Ich frage sie: Ist es
denkbar, da_ Jesus unter dem Begriff Beisammensein etwas vvllig anderes
meinte, als Referent Graham? Ist es denkbar, da_ man durch das Fernsehen
nicht beisammen sein kann? Ist es denkbar, da_ Jesus keinerlei Reflexion
auf die Zustimmung seiner Zuhvrerschaft hatte? Da_ er letztlich |berhaupt
kein Fernsehen benutzt hdtte? F|r einen Technopologen wie Billy Graham ist
das unvorstellbar, denn in der Technopoly wird jede Meinung zum Me_wert,
und Maschinen und Messungen bilden den Ma_stab f|r das, was getan werden
kann, nicht, was getan werden sollte. Wenn zwei oder drei gut sind, w|rden
dann nicht 2000 oder 3000 besser sein? Und da das Fernsehen zwei oder drei
Millionen erreichen kann, w|rde das dann nicht noch besser sein und 20 oder
30 Millionen das beste? Irgenwann aber werden sie feststellen, da_ etwas
dabei verloren gegangen ist, ndhmlich, der Zweck, warum sich zwei oder drei
versammeln sollen. Das Versammeln selbst ist das Ziel. Technopoly ist also
der Status von Kultur und Denkweise, in dem nur |berleben kann, was die
Technologie vollbringt. Die einzigen Fragen, die zu stellen sich lohnt,
sind Fragen, die die Technologie beantworten kann. Die einzigen Probleme,
die sich zu lvsen lohnt, sind Probleme, die die Technologie und Ihre
Experten lvsen kvnnen. Es ist eine Form des Totalitarismus, die nicht nur
auf Methoden und Maschinen basiert, sondern auf einer Handvoll ungefragter
Vermutungen |ber Menschen und Wissen. Die eine Vermutung ist, da_ Menschen
nichts weiter als Konsumenten sind und Menschengruppen lediglich Mdrkte.
Eine Zweite ist, da_ die Standardisierung von Gerdten und menschlichem
Verhalten in jedem Fall w|nschenswert ist und Individualitdt sich nicht nur
einfach nicht gehvrt, sondern auch eine Bedrohung der Entwicklung und
Vermarktung von Technologien darstellt. Eine dritte, da_ Quantifizierung
und Rationalisierung ein und dasselbe sind und das solche Begriffe wie
Geist, Subjektivitdt, Intuition, Bewertung und Schvnheit vage, unn|tz und
reaktiondr sind. Und viertens, da_ Weisheit geringer einzuschdtzen ist als
Fachwissen und da_ die Welt besser von Experten regiert wird als von
Tradition und gesundem Menschenverstand. Und schlie_lich, da_ mehr besser
ist, als weniger, das neu besser ist, als alt, schneller besser als
langsam, einfach besser als kompliziert. Und wenn das alles niicht stimmt,
m|ssen die Menschen dazu gebracht werden, Ihre Definition des Begriffs
"besser" zu revidieren.
Dies meine Damen und Herren, ist die f|r die Jugend unheilvolle Situation,
die die Erzieher vor nie gekannte Probleme stellt. Unsere Jugend ist
robust. Sie kann der Beeinflussung durch ein einziges Medium oder auch
durch mehrere wiederstehen. Aber kann sie auch den permanenten Druck einer
Kulturform |berleben, in der Meinungen nur fl|chtige und vage Du_erungen
sind, in der intellektuelle \berlegungen als Charakteristik f|r Verlierer,
Spinner und verr|ckte alte Mdnner gilt? Was unserer Jugend schadet, ist
nicht die Tatsache, da_ ihr das Fernsehen Bilder statt Worte liefert.
Nicht, da_ Computer Meinungen bilden. Nicht, da_ Ihre Denken von Tests und
Expertenmeinungen bestimmt wird, die sie nicht versteht. Was unserer Jugend
schadet ist, da_ sie in einem umfassenden und unausweichlichen System
gefangen ist, das sie ins nichts f|hrt, das ihr keine glaubw|rdige und
motivierende Perspektive f|r den Sinn ihres Lebens gibt und auch nicht
geben kann. Eine Weltanschauung, oder, wie es nenne, eine Gedankenwelt, ist
eine Philosophie, die den Menschen eine Identitdt, einen Sinn und Zweck
gibt. Menschen kvnnen ohne eine solch eine Philosophie nicht leben. Daher
fragen die Kinder sobald sie der Sprache mdchtig sind: "Wo komme ich her?",
und kurze Zeit spdter: "Was geschieht wenn ich sterbe?" Sie erwarten eine
Erkldrung, die ihnen den Sinn ihrer Existenz und ihrer Lebensart aufzeigt.
Kulturen, wie auch Menschen brauchen diese Wertvorstellungen. In Amerika
hatten wir fr|her solche Philosophien. 200 Jahre lang beispielsweise lebten
wir in der \berzeugung, da_ Selbstbeherschung Gottes Wille sei. Dadurch
wurden wir in gewissem Ma_ selbstgerecht. Aber insgesamt war es eine
positive Philosophie, aus ihr resultierte im wesentlichen Amerikas
Enthusiasmus und Vitalitdt. Was die Amerikaner angeht, so wei_ ich, da_ sie
nicht an Ihre alten Wertvostellungen glauben. Was ich ihnen darzulegen
versucht habe ist, da_ Amerika im Begriff ist, alle alten Wertvorstellungen
durch die Technopoly zu ersetzen. Aber die Technopoly ist eine herzlose und
totalitdre Weltanschauung ohne geistigen Inhalt. Auf die Frage: "Wo komme
ich her?", antwortet die Technopoly: "Es war ein Zufall". Und auf die
Frage: "Wie wird das enden?" antwortet sie: "Warscheinlich durch einen
Zufall". Und auf die Frage: "Was machen wir zwischen den Zufdllen?" lautet
Ihre Antwort: "Mehr Maschinen, mehr Experten, mehr Waren und mehr
Konsumenten". Auf die Frage "Warum?" schlie_lich antwortet sie: "Um davon
abzulenken, da_ die Technopoly keinen Sinn hat". Und aus diesem Grund wird
die Ablenkung in der Technopoly nicht lediglich zum Nebeneffekt der Medien,
sondern zur verzweifelt gesuchten Notwendigkeit. Unterhaltung ist die
letzte Zuflucht der Menschen, die kein Ziel mehr haben. Oder vielleicht ist
es nur die vorletzte. ich kann nicht f|r Deutschland sprechen, aber in
Amerika kann selbst die Unterhaltung die Jugend nicht mehr von der Leere
der Technopoly ablenken. In ganz Amerika baden Kinder ihre Sinne in Blut:
Blutige Filme, die die Augen abstumpfen, kreischendes Metall, das die Ohren
taub macht. Ihr Ziel ist nicht Unterhaltung, sondern Betdubung. Und wenn
Sony Walkmen und Rambo immer noch nicht reichen, stopfen sich Erwachsene
und Kinder gleicherma_en alle Sinne zu um die Leere und den Schmerz nicht
zu sp|ren. Alkohol und Barbiturate. Heroin und der goldene Schu_. Die
Lvsung, die Technopoly f|r diese Probleme bereithdlt, ist ein Werbeslogan:
"Sag nein zu Drogen". Aber wozu sollen die Kinder "Ja" sagen? Nat|rlich zu
Coca-Cola, Kondomen, Aspirin, McDonald`s Cheeseburger, multinationalen
Konzernen und zur Unaufhaltsamkeit des technischen Fortschritts. Dar|ber
hinaus, so wissen selbst Kinder, gibt es nichts mehr. Vor f|nf Jahren hatte
das populdrste T-Shirt in Amerika die Aufschrift: "Wer mit den meisten
Spielsachen stirbt, ist der Gewinner". Heute sind die Slogans
sarkastischer: Auf T-Shirts und Aufklebern verk|nden die Jugendlichen ihre
bittere Version der technologischen Philosophie: "Das Leben ist Schei_e und
danach bist du tot". Und mehr junge Leute als je zuvor beschlie_en
"Warum warten?"
Die neueste Erscheinung in der Schule ist nicht die verzweifelte Zuflucht zu
Drogen und Alkohol, auch nicht Saver Sex. Es ist das "Selbstmord-Diplom"!
Denken Sie daran, wenn Sie |berlegen, welche Produkte der Technopoly Sie
importieren mvchten. Dieses kommt gratis dazu. Frei Haus. Wie einer der
lautesten Werbespr|che auf der Madison`s Avenue verhei_t: "Ja, du kannst,
ja, du kannst...alles haben"...
H|ten Sie sich vor diesem Weg! Die meisten westlichen Kulturen haben sich
ldngst von der Werkzeug-Anwender-Gesellschaft zur Technokratie entwickelt
und, abgesehen von einer Nuklearkatastrophe, gibt es kaum Chancen zur
R|ckkehr, selbst wenn wir es wollten. Aber nicht zwangsldufig mu_ eine
Technokratie in der Technopoly m|nden - nicht, wenn man die Entwicklung
voraussieht und wei_, wohin sie f|hrt. Sie haben immer noch die Wahl. Keine
leichte zwar, aber die Ablehnung der Technopoly bedeutet Einbu_en an -
Macht, Geld, Komfort und Prestige. In der Technopoly kvnnen sie alles haben
- und zahlen mit dem Leben ihrer Kinder.
Um ihnen zu helfen ihren Standpunkt zu bestimmen, lassen sie mich zum
Schlu_ einige Fragen an sie als diejenigen richten, die der Jugend
gegen|ber die meiste Verantwortung haben. Sie wissen die Antwort besser als
ich. Hat Ihre Jugend schon begonnen ihre Maschinen mehr zu lieben als ihre
Kultur? Lieben sie ihre Maschinen mehr als ihre Kinder? Glaubt Ihre Jugend
schon an Experten und Sozialwissenschaften? Und Sie? Glauben sie schon, da_
Menschen nur Konsumenten sind und das der einzige wirkliche Zweck einer
Kultur darin besteht, die materielle Welt zu erobern? Haben Sie die Jugend
in diesem Glauben bestdrkt? besteht der Zweck ihrer Ausbildung darin,
leistungs- und konsumorientierte B|rger heranzuziehen? Findet Ihre Jugend
ihr Leben nicht mehr lebenswert? Haben Sie in diesem Fall eine Philosophie
entgegenzusetzem? Gibt es bei ihnen Moralvorstellungen oder Mythen, die der
Technopoly standhalten? Gibt es Menschen, die f|r Ihre Religion leben? Sind
die Begriffe S|nde und \bel, Erbarmen und Dank verschwunden? Lebt die gro_e
alte Schvpfungsgeschichte noch? Um es auf einen Nenner zu bringen: Was
antwortet die Deutsche Jugend auf die Frage: "Wo kommen wir her? Wie wird
das enden? Was ist der Sinn des Lebens?" Wenn Ihre Erziehung, Ihre Politik,
Ihre Kirche, Ihre Kunst, Literatur und Ihre Geschichte keine glaubw|rdigen
und lebensbejahenden Antworten geben, dann mu_ die Technopoly siegen und
die Zukunft ihrer Jugend ist am toten Punk angelangt. Das Schl|sselwort ist
nat|rlich die positive Perspektive eines sinnvollen Lebens. Ich brauche
dieses Publikum sicherlich nicht auf die Gefahren hinzuweisen, die durch
Fehllenkung aus dunkelen Machtvostellungen heraus entstehen und Nationen in
Scham und Schuld st|rzen. Aber in einem Volk, das Luther, Goethe, Schiller,
Beethoven, Nietzsche, Marx und Einstein hervorgebracht hat, mu_ es bessere
Philosophien geben, die der Herausforderung der technologischen Macht
standhalten. Wenn sie solche Philosophien und solche Wertvorstellungen
haben, solche Gedankenwelten, dann m|_en Sie sie gehegt und gepflegt und
gefvrdert werden, damit sie f|r jeden erkennbar sind. Es kann nicht meine
Aufgabe als Ausldnder sein, Ihnen zu sagen wie das geschehen kann. Ich sage
nur, das es geschehen mu_, und zwar bald, sonst werden Sie eines Tages
feststellen, da_ es zwischen ihren Maschinen keine Kinder mehr gibt, die
ihnen zuhvren.

Und Maschinen brauchen keine Mdrchen.

Ich bin da wenig optimistisch.

--
Martin Goebel, Am Schwarzen Meer 110, 2800 Bremen, Germany __
__ ///
domain: bo...@ahorn.north.de \\\///
\XX/

Gerald Malitz

unread,
May 7, 1991, 12:50:40 PM5/7/91
to
In article <1991Apr25.2...@nicedel.north.de>, Hermann Behrens writes:

> Wohin geht es in unser Gesellschaft?
>

> [...]


>
> Spiegel TV dient da doch nur als Alibifunktion.

Nicht einmal das: Spiegel TV ist gegen den Willen der Programmacher
von RTL+ ins Programm aufgenommen worden. Sendungen wie `Der heisse
Stuhl' oder `Stern TV' entsprechen da wohl eher den Vorstellungen
von Helmut Thoma, `Spiegel TV' ist noch viel zu sachlich.

> Wird es eines Tages soweit
> sein, dass kein Platz mehr fuer anspruchsvolle Sendungen existiert,
> weil die Einschaltquoten zu gering sind und dadurch Werbung nicht
> plaziert werden kann?

Dass ein Sender in der Machart von RTL ein wirtschaftlicher Erfolg
wird, ist bedenklich. Schlimm ist weniger, dass jemand versucht
so ein Programm zu machen, sondern dass die Zuschauer sich das bieten
lassen. Neu ist dieses Problem aber nur auf dem Gebiet des Fernsehens,
im Bereich der Printmedien ist es mindesten so alt wie BILD. Es
gehoert auch zum Selbstverstaendnis von RTL, quasi eine gesendete
BILD-Zeitung zu sein. Wo wir gerade bei BILD sind: kann mir jemand
sagen, wie hoch die Auflage ist?

> Der krasse Unterschied zwischen ARD+ZDF und
> RTL+SAT 1 scheint langsam zu gunsten der privaten Sender zu
> verschwinden. Noch sehen wir Produktionen ueber Drogen, Tierquaelerei
> zu besten Sendezeiten in den oeffentlichen fenrsehanstalten, aber wird
> dies bald alles durch Produktionen a la "Der heisse Stuhl" ersetzt?

Ich glaube, dass ARD und ZDF sich im Bereich der Nachrichtensendungen
ihr hohes Niveau halten werden, auch die Reportagen werden zumindest
nicht weniger werden, eher wandern sie in unguenstigere Sendezeiten.
Aber im Bereich der Unterhaltung bauen die Oeffentlich-Rechtlichen
stark ab bzw. um. Mit Sendungen wie `Tante Jutta aus Kalkutta' und
mehr Volksmusik (oder war es jetzt volkstuemliche Musik) wird auf
Kosten guter Spielfilme versucht, Einschaltquoten von den Privaten
zurueckzugewinnen. Wenn das Produzieren von leicht zu konsumierender
Massenware ueberhand nimmt, verliert der oeffentlich-rechtliche
Rundfunk seine Existenzberechtigung - naja, zumindest den Anspruch
auf Einnahmen aus Gebuehren. Das sollte den Intendanten gerade
jetzt bewusst sein, wo sie wieder verstaerkt auf eine Ausdehnung der
Werbezeiten draengen.

> In
> diesen Sendungen geht es weniger um den Inhalt, sondern mehr um das
> aggressive, emotionale Verhalten der Diskussionsteilnehmer.
> Diskussionen werden oberflaechlich, 'siegen' wird der Teilnehmer, der
> die Zuschauermengen am staerksten emotional beeinflussen kann. Logik
> ist fehl am Platze. Ich erinnere mich an A.T.(Andere Talkshow oder
> so), die Samstags gesendet wurde, in der in einem Kreis diskutiert

> wurde. Dieser Kreis wurde umzaeunt und ausserhalb dieser Umzaeunung


> gab es die Studiogaeste, die lauthals herumschrieen. Leibwaehcter
> sollten dafuer sorgen, dass es nicht zu Gewalttaten kommt. Dabei war
> dies wahrscheinlich der Wunsch der Produzenten .

`Der heisse Stuhl' ist im Prinzip ja aehnlich: ein Moderator, der
diesen Namen eingentlich nicht verdient, weil er mehr anheizt als
vermittelt, ein voellig abstruses Thema und ein Publikum, das
von den Diskussionsgegnern ausgesucht lautstark bis poebelnd
fuer `Stimmung' sorgt. Das einzige, was da nicht zustande kommt,
ist eine sachliche Diskussion - die sind die meisten der Themen aber
auch nicht wert, sie sind auch nicht danach ausgesucht. Schlimm
finde ich dabei vor allem, dass es Zuschauer gibt, die diese Show
fuer Information halten.

Nebenbei: gute Moderatoren sind auch bei den Oeffentlich-Rechtlichen
rar. Der Mehrzahl gelingt es leider nicht, ihre eigene Meinung
nicht in der Vordergrund zu draengen. Einige koennen sich auch nicht
auf ihren Gespraechspartner einstellen. Besonders oft faellt mir
da Elke Heidenreich (sp?) auf, die alle Gaeste mit dem gleichen
politisch-intellektuellen Anspruch angeht, ob da nun Wolfgang Scheuble,
Liselotte Pulver oder Janosch sitzen.

> Aber noch schlimmer: Objektive Nachrichtenshows(sie sollten objektiv

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
Das halte ich fuer einen Widerspruch in sich. Ich finde es auch
gar nicht noetig, Information und Unterhaltung zu vermischen. Was
nicht heissen soll, dass Nachrichtensendungen trocken sein muessen,
wie Tagesthemen und Heute-Journal zeigen.

> sein) werden zu "Bild" und "Morgenpost". Die Nachrichten werden
> kuerzer, dem Voyorismus wird die meiste Zeit geschenkt.

Das sehe ich auch so. Sensationslust ersetzt ehrliche Anteilnahme,
die durch die Anonymitaet ohnehin nicht moeglicht ist. Die angebotene
Information ist zum groessten Teil ohne Bedeutung.

Merkwuerdig ist, dass man sich nicht weniger auf- oder erregt, nur
leider nicht ueber Waffenhandel mir dem Irak oder Suedafrika und
die nachfolgenden Blackouts, dafuer bringt die Liebe zwischen
Frau von Sinnen und Frau Scheel die Leute auf die Plame.



> Oder heute lese ich im Stern(auch nicht der objektivste), dass die
> Schulkriminalitaet immer schlimmer wird. Da wird mit 'echten' Waffen
> auf andere Schueler zugegangen. Schueler tragen Waffen, weil sie Angst
> haben. Ich habe dies zwar nicht erlebt(erst reines Gymnasium, spaeter
> dann Schulzentrum, es gab dann leider Konflikte). Diese Aggressivitaet
> spiegelt, meiner Meinung nach, den Status eines Staates wieder. In
> diesem Fall scheinen die sozialen Differenzen groesser zu werden,
> Schichten treffen aufeinander und es resultiert in Gewalt. Gewalt ist
> in diesen Faellen reines Profilierungsgehabe.

Die Gewalt an Schulen kenne ich noch aus der eigenen Erfahrung, und
die Situation hat sich inzwischen weiter verschlechtert. Die Existenz
sozialer (genauer waere wohl materieller) Differenzen alleine erklaeren
die Gewalt aber noch nicht. Warum reagieren Menschen auf diese
Unterschiede, die - ohne etwas herunterspielen zu wollen - durchaus
haerter sein koennen und auch schon waren, mit Gewalt, die voellig
sinnlos ist und Unschuldige trifft oder andere, die ebenfalls schwach
oder benachteiligt sind?

Wichtig dafuer ist doch, woraus Menschen ihr Selbstwertgefuehl beziehen.
Da steht bei uns generell das Haben vor dem Sein oder den eigenen
Faehigkeiten und deren Entwicklung.

> Ich glaube, dass auch
> dies ein Resultat der Gewalt im Fernsehen ist. RTL ist hier am


> aggresivsten, denn selbst Zeichentrickfilme strotzen nur so vor Gewalt.
> Und RTL tut sich dadurch hervor, dass gerade die Serien im Programm
> zu finden sind, die durch gewalttaetige Aktionen die Sensationslust
> des Zuschauers befriedigen. Selbst Sledge Hammer(den ich selber sehr
> gerne schaue) sorgt doch dafuer, dass eine Hemmschwelle zur Waffe
> verschwindet, Waffen werden verharmlost und zum normalen
> Gebrauchsgegenstand.

Welche Rolle das Fernsehen dabei spiellt, faellt mir schwer zu
beurteilen. Ich denke, das Fernsehen - gerade das private - greift
nur Stimmungen und Stroemungen auf, die schon vorhanden sind. Es
setzt keine neuen Trends, wenngleich es vorhandene Verstaerken kann.
Dass die negativ sind, ist eine Vorgabe der (restlichen) Gesellschaft.

> Ich schildere diese Eindruecke, weil ich die Angst habe, dass wir in
> einigen Jahren Amerika in nichts nachstehen. Die Menschen werden immer
> aggressiver(wenn sie auf normalen Wege nicht das erreichen, was die
> Werbung als Ideal darstellt, so greifen gewisse Krise wohl eher zur
> Gewalt), wir werden mit Drogenproblemen ueberhaeuft, Gewalt wird zur
> Normalitaet(wenn es sie nicht sogar schon ist), der IQ sinkt auf das
> Mass eines Knaeckebrotes(liegt so bei 7 :-)). Kapitalismus pur.

Wir werden die Amerikaner nicht erreichen. Wenn wir in fuenf oder
zehn Jahren so weit sind wie sie heute, koennen wir uns dort an-
schauen, wie es fuer uns danach weitergeht :-(.

> Ich hoffe, dass ich durch dieses Schreiben zu einer konstruktiven
> Diskussion aufrufen kann. _Mir_ fehlt naemlich _die_ Loesung, mit der
> man diesen Problemen(wenn sie denn stimmen) entgegentreten kann.
> Der Zug der Medienueberschwemmung ist am Rollen und kann mit
> Sicherheit nicht mehr gestoppt werden.
>
> Mein Loesungsansatz: Verteidigungsetat in die Bildung, keine Gewalt vor
> 20:00 Uhr. Schoener, aber viel fiktiver, waere: Kein Fernsehen am

> Vormittag (am besten noch wie in Amerika: Fernseher in der Kueche).

Damit zielst Du doch eher die Symptome, als auf die Ursachen. Fuer
mich liegen die Ursachen doch etwas tiefer in der Kultur und da
unterscheiden sich - weil Du oben den Kapitalismus ansprichst -
Konservative und Sozialdemokraten bei uns nicht. Unter den Sozial-
demokraten treten die Probleme nicht so offen zu Tage, weil eben
materielle Unterschiede verringert werden, aber die sind meiner
Meinung nach nicht das eigentliche Problem (solange sie nicht die
Existenz bedohen, aber das ist die Ausnahme).

> Ok, ich bin ein Idealist, Traeumer(auch wenn obiges sehr pessimistisch
> ist).

Ich auch, aber das macht es nur komplizierter.

> Eins noch: Ich schildere das Fernsehen, weil das Fernsehen am meisten
> beeinflussen kann. Meiner Meinung nach. Das Fernsehen ist das
> Spiegelbild eines Landes .. und momentan tendiert das Fernsehen zu
> amerikanischen Normen.
>
> ciao, Hermann Behrens

Tschuess, Gerald.

Holger Lubitz

unread,
May 9, 1991, 12:18:16 AM5/9/91
to
In article <3...@sephh.hanse.de> h...@sephh.hanse.de (Helge Oldach) writes:
>Empfehlenswerte Literatur dazu: Neil Postman: "Informing ourselves to
>death". Gibt's auch auf Deutsch.

Und heisst dann "Wir amuesieren uns zu Tode". Lesenswert!

Tschau,
Holger

--
Holger Lubitz, Kl. Drakenburger Str. 24, D-W-3070 Nienburg/Weser

Kurt Kayser

unread,
May 18, 1991, 11:17:24 AM5/18/91
to
In article <1915fb88...@germal.han.de> g...@germal.han.de (Gerald Malitz) writes:
> In article <1991Apr27....@pfm.rmt.sub.org>, Bernd Hennig writes:
>
> > Jeder normale Mensch, der sich diesen Mist laenger anschaut (1ne Woche ?),
> > hat nach einer gewissen "Saettigung" GENUG davon ! Ich hab's mir auch
> > angeschaut (Der Preis ist heiss etc. pp.), am Anfang fand ich's noch ganz
> > originell (oder neu ?), aber nach ca. 3 Tagen habe ich den Mist AUSGEMACHT.
>
> Entsetzlich, `Der Preis ist heiss' ganz originell? Ich finde diese Sendung
> (von Anfang an) einfach nur abstossend! Da geht es ja nur noch und
> ganz unverhohlen um Geld bzw. Werbung. Selbst `Tutti Frutti' hat mehr
> Niwo (nein, kein Niveau), Hugo-Egon Balder fragt wenigstens mal nach
> der Hauptstadt von Afrika, dem Trainer vom Fc Plattling oder so.

Tja also ich kann auch diese ganzen Ratespiele, die so am Abend rum alle
so laufen ueberhaupt net leiden! Die sind alle so flach, und soooo
oede.. Da ist ja manchmal Werbung noch unterhaltsamer!

Die einzige Raetselsendung auf den privaten, die wirklich Niveau hat
ist: "Krypton Faktor" !! Die hat wirklich Pep und die Fragen und
Aufgaben sind echt nicht ohne.

Aber zu den oeden Sendungen habe ich gerade was in der Zeitung
(NZ, Pfingstausgabe) gefunden, was ich euch nicht vorenthalten will:

Leif dabei!

Ein mittlerweile uebliches Spektakel am Bildschirm

Meine lieben Zuschauerinnen und Zuschauer, RTLMAA begrueszt Sie herzlich
zum Medienspektakel des Jahres: Sie sind leif dabei, wenn Carsten S. Craut,
der gemeine Chefkoch der staedtischen Freibank, wieder einmal brutal
zuschlaegt. Er kennt keine Nachsicht und kein Erbarmen -- nur nach Stechen
und Stueckeln steht im der grausame Sinn. Und da sehe ich auf dem Kontroll-
monitor auch schon meinen Kollegen Harry Brettvormkopf vor Ort.
Hallo, Harry hoeren Sie mich? Hallo, Harry? Dann machen wir eben etwas
Werbung:

... mit der Pickelcreme im Schmuselook.. greift die neue Generation
der Vollgummireifen ... auf den schokoleichten Knusperschnitten...

Hallo, Harry, du mich jetzt hoeren? Hallo, hallo...

Hier meldet sich Harry Brettvormkopf fuer RTLMAA leif aus dem Kleiderspint
von die Carsten S. Craut. Eigentlich wollte ich Ihnen, meine liebe Zuschauer
und -innen, eine intime Einblick in die Privatleben des unbarmherzigen
Messerstechers geben, aber, verdammtnochmal, ich kann nichts sehen bei die
Dunkelheit...

Das ist ja wahnsinnig spannend, Harry Brettvormkopf, geradezu nervenzer-
fetzend. Aber jetzt zu Ihrer reizenden Assistentin Muschi. Hallo, Kuschi-
Muschi. Sie sind jetzt leif dabei. Sie spielen um das brandheisse Buegel-
eisen. Geben Sie jetzt Ihren Tip ab...

Hier ist wieder Harry Brettvormkopf mit eine weitere Zwischemeldung leif
fuer RTLMAA: Ich habe mein Standort getauscht und melde mich aus die
Spuelstein von staedtische Freibank. Die Ereignisse treten gerade in das
entscheidende Phase. Mit moerderische Gleichmut wetzt Carsten S. Craut
das Messer und wendet nun seine irre Blick direkt in unser RTLMAA Kamera,
um leif zu unsere Zuschauern zu sprechen: Wo ist die Essig? Wer hat die
Schnittlauch? Wo ist die Schuessel?

Leider falsch, Carsten S. Craut! Es muss heissen: Wo ist DER Schuessel oder
die Schluessel? Damit verliert er sein erste Laenderpunkt...

Hallo Harry! Ich muss Sie fuer eine Mitteilung an unsere Ferseher und -innen
kurz unterbrechen: Unser aktueller Bericht von der brutalen Tat des Chef-
kochs wird gesponsert von Malli-Ketchup mit den ueberroten Tomaten!

.. und muss sein total verdreckte Schuerze zur Freude der Tellerwaescherinnen
als letztes Kleidungsstueck ablegen. Unbehemd wird er nun seine ruchlose Tat
mit nackte Koerper begehen. Schon greift er mit seine linke Hand nach die
arme, unschuldige Opfer, mit der rechten hebt er das blitzende Messer und
vollzieht mit roher Gewalt den ersten Schnitt...

... so macht das Windelnwechseln SuperSpass ... mit dem neuen
Diaethundekuchen bei voller Aromagarantie ... in der
Zahnpasta mit praktischem Motorwinder...

Was ist passiert, Harry Brettvormkopf, wir mussten uns leider fuer ein
paar Sekunden von der Leifuebertragung ausblenden?

Hier spricht Harry Brettvormkopf mit traenenerstickte Stimme fuer RTLMAA:
JA, der grausame Chefkoch des Liegeschaftsamtes hat es getan. Mit gnadenlose
harte Griff schnappte er sich sein Opfer und saebelte es in sekundenschnelle
in duenne Scheiben. Sehen Sie selbst das Ergebnis:

Gurkensalat nach Carsten S. Craut -- NUR echt mit der Sonderprise
Knobel - Knoblauch !

Danke, Carsten S. Craut, danke, Harry Brettvormkopf -- lieber Himmel,
wird mir auf einmal schlecht, so unendlich schlecht...

(Guenter J. von Lonski im Pfingst-/spezialteil der NZ vom 18.5.91)


gruesse, Kurt

--
pea...@sunkist.imp.com | Kurt Kayser --> +49 9122 78649
pea...@sunkist.nbg.sub.org | Ringstr. 58 B, 8540 Rednitzhembach

--
pea...@sunkist.imp.com | Kurt Kayser --> +49 9122 78649
pea...@sunkist.nbg.sub.org | Ringstr. 58 B, 8540 Rednitzhembach

Andreas M. Kirchwitz

unread,
May 20, 1991, 5:29:11 PM5/20/91
to
In article <1991May18....@sunkist.imp.com>, Kurt Kayser writes:

> Tja also ich kann auch diese ganzen Ratespiele, die so am Abend rum alle
> so laufen ueberhaupt net leiden! Die sind alle so flach, und soooo
> oede.. Da ist ja manchmal Werbung noch unterhaltsamer!

Ja, Werbung seh ich gern... damit ich auch morgen noch kraftvoll
den Fernseher einschalten kann. Drei Dinge auf einmal? Das geht
nun wirklich nicht ;-)

> Die einzige Raetselsendung auf den privaten, die wirklich Niveau hat
> ist: "Krypton Faktor" !! Die hat wirklich Pep und die Fragen und
> Aufgaben sind echt nicht ohne.

Wie bitte? Krypton Faktor ist fuer mich der Tiefpunkt des ganzen.
Mir gefaellt allerdings diese kurze Melodie, wenn auf der Texttafel
die Ueberschrift fuer die einzelnen Disziplinen erscheint... nun ja,
eher Nebensache ;-)

Der Krypton Faktor ist aus Zuschauersicht irgendwie so uninteressant.
Das Reaktionsspiel (Saetze aufsagen, Farben, Formen und Geraeusche
erkennen ist schlecht in Szene gesetzt (kein Stueck fesselnd), die
Jagd durch diese stillgelegte Fabrik ist immer dieselbe und wirkt
peinlich gestellt. Reine Konditionsfrage, aber kein bisschen ge-
faehrlich oder herausfordernd. Und das Zusammenbauen von geometrischen
Figuren ist vielleicht putzig fuer die Kandidaten, aber tangieren tut
es mich nicht die Bohne...

Die alten Folgen von "Dalli Dalli" find ich weitaus fesselnder!
Da ist wenigstens noch Witz drin.

Fort Boyard war m.E. ebenso dumm wie Krypton Faktor. Alles gestellt.
Ist ja nicht mal live :-(

Frueher, da war alles besser. SPIEL OHNE GRENZEN (die alte Staffel),
das war noch ein Gaudi...

Aber heute? Gaehn... Andreas

--
Andreas M. Kirchwitz, Seesener Str. 69, D-1000 Berlin 31, FRG, +49 30 873376
/ __ Domain: amk@{zikzak.in|opal.cs.tu|methan.chemie.fu}-berlin.de
/___(oo)____________________________ Fortune: "/bin/rm -rf /", IRC-Nick: `bonzo'
" "

Hans-Ch. Eckert

unread,
May 20, 1991, 9:28:36 PM5/20/91
to
In <TW0bp*9...@zikzak.in-berlin.de>, Andreas M. Kirchwitz writes:
] Frueher, da war alles besser. SPIEL OHNE GRENZEN (die alte Staffel),

] das war noch ein Gaudi...
]
] Aber heute? Gaehn... Andreas

Als Abwechslung koennte ich "Le Chevalier du Labyrinth" (orig. Knightmare,
also auch nur geklaut :-) in Antenne2 empfehlen. Ist zwar in franzoesisch,
d.h. man versteht kaum was (das macht das ganze nur reizvoller ;-) und fuer
juengere gemacht, aber hat eine sehr schoene Aufmachung. Auch nach der
6. Sendung finde ich immer noch eine Menge neues. Gibts jeden Samstag
um 18:30. (Sofern die Sportfritzen davor nicht ueberziehen)


Hier eine kurze Zusammenfassung: (Spoiler Warning!)

Ein 4er-Team versucht durchs Labyrinth zu kommen und die Schatzkammer
zu finden. Einer der Truppe geht als Ritter rein. Zur Ausruestung
gehoert ein Sack und ein Helm *ohne* Guckloecher. Der Ritter bekommt
nun von den anderen Anweisungen wie er zu laufen hat. Unterwegs trifft
er auf verschiedene Typen, die Fragen stellen, o.ae. Dabei machen sich
die anderen Notizen, die spaeter wichtig werden. Die Fragen beziehen
sich oft auf Situationen von vorher. Am Ziel angekommen muss der Ritter
auch noch eine Aufgabe erledigen und kann dann ein Schwert aus einem
Fels ziehen und somit die Schatzkammer oeffnen.
Das ganze ist natuerlich nicht so ungefaehrlich wie es erstmal klingt,
denn in den Fussboeden der Raeume sind oft Loecher und aehnliche
Hindernisse. Wird der Ritter fehlgelenkt, ist er tot und der naechste
ist an der Reihe. Das ganze ist zudem unter Zeitdruck, bleibt der
Ritter zu lange in einem Raum....

Grusz,
RIPLEY

--
Hans-Ch. Eckert, Regensbuger Str. 2, W1000 Berlin 30, Germany
rip...@nostromo.uucp, ..!unlisys.in-berlin.de!nostromo!ripley
Also: rip...@opal.cs.tu-berlin.de, ...!fub!tubopal!ripley
27-Apr-91: after 1/2 year offline, nostromo is online again !

Andreas M. Kirchwitz

unread,
May 21, 1991, 2:24:17 PM5/21/91
to
In article <A0b5...@nostromo.UUCP>, Hans-Ch. Eckert writes:

> Als Abwechslung koennte ich "Le Chevalier du Labyrinth" (orig. Knightmare,
> also auch nur geklaut :-) in Antenne2 empfehlen. Ist zwar in franzoesisch,
> d.h. man versteht kaum was (das macht das ganze nur reizvoller ;-) und fuer
> juengere gemacht, aber hat eine sehr schoene Aufmachung.

^^^^^^^^
!!!!!!!!

> Das ganze ist natuerlich nicht so ungefaehrlich wie es erstmal klingt,
> denn in den Fussboeden der Raeume sind oft Loecher und aehnliche

> Hindernisse. Wird der Ritter fehlgelenkt, ist er tot [...]
^^^
!!!

Goil, das ist fuer Kinder - mit Leichen und so?
Die Franzosen haben den Dreh halt raus ;-)


Keine Bange, ich hab's schon kapiert... Andreas

Bernd Hennig

unread,
May 21, 1991, 6:37:31 PM5/21/91
to
rip...@nostromo.UUCP (Hans-Ch. Eckert) writes:
>Als Abwechslung koennte ich "Le Chevalier du Labyrinth" (orig. Knightmare,
>also auch nur geklaut :-) in Antenne2 empfehlen. Ist zwar in franzoesisch,
>d.h. man versteht kaum was (das macht das ganze nur reizvoller ;-) und fuer
>juengere gemacht, aber hat eine sehr schoene Aufmachung. Auch nach der
>6. Sendung finde ich immer noch eine Menge neues. Gibts jeden Samstag
>um 18:30. (Sofern die Sportfritzen davor nicht ueberziehen)

Ach, meine Lieblings-Show ist auf'm Kanal, auf dem

a.) viel englische Reklame kommt (diddi seven - nur Warz-Zeugs...)
b.) japanische Sendungen !

Unter den japanischen kommen einige Shows, die sind einfach tierisch,
alle reden gleichzeitig & schnell, ich blick's keinen Meter UM WAS
es geht, aber trotzdem finde ich's als optimale Spiel-Show (wozu
muss man denn kapieren, UM WAS es geht...)

:-)

--
Bernd Hennig | Eibenweg 4| 6500 Mainz | 06131/362779 | be...@pfm.rmt.sub.org
" Fuellen die das Bier in Faesser ? "
" Ja, aber vorher nehmen sie die Katzen raus !" - ALF

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