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Warum sehe ich mir Horrorfilme an?

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Jens Kaufmann

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to
Hallo,
nach einer Diskussion mit meiner Freundin, warum ich mir Horrorfilme ansehe
(was sie abscheulich findet), stoße ich langsam an die Grenzen meiner
Erklärungsversuche.
Ich sehe mich selbst als ein an spannender Handlung im Film interessierten
Menschen und mache z.B. keinen Unterschied zwischen "Tatort" und "Schweigen
der Lämmer" (als harmloses Beispiel für Horrorfilme) und sehe sog.
Splattereffekte als legitimes filmisches spannungserzeugendes Mittel, ohne
das Horrorfilme nunmal keine Horrorfilme mehr wären (mit Ausnahmen).

Ich bin der Auffassung, dass ich als aufgeklärter Mensch (im philosophischen
Sinne) nur die Möglichkeit wahrnehme, mich mit gesellschaftlichen Tabus
offen auseinanderzusetzen, wozu die intellektuelle Beschäftigung mit
Horrorfilmen beiträgt, indem sie meinen Horizont in Bezug auf Gewalt und Sex
(insbesondere die Verbindung von beiden Dingen) erweitern kann.

Dagegen lässt sich einwenden, dass ich diese Argumentation nur vorschiebe
und in Wirklichkeit nur irgendwelche verborgenen Abartigkeiten durch das
Ansehen von Horrorfilmen kompensiere - was natürlich mein Selbstbild ins
Wanken bringt;-)

Ich würde gerne wissen, warum ich mir Horrorfilme ansehen sollte, wenn ich
selbst nur die Gründe sehe, die ich oben beschrieben habe. Es geht mir jetzt
nicht um die Diskussion, warum sich Jugendliche Gewaltfilme ansehen, sondern
ob Erwachsene Menschen, die sich offensichtlich
intellektuell/philosophisch/filmkritisch mit Gewalt im Film
auseinandersetzen (ohne sie zu verurteilen), nur eine Rechtfertigung für die
Erfüllung niederer Instinkte suchen.
Wer sich etwas in der Horrofilmszene auskennt, dem sind vielleicht Filme wie
"Nekromantik" (Thema: Nekrophilie) oder das Magazin "Splatting Image" ein
Begriff und weiss, was ich mit einer
intellektuellen/philosophischen/filmkritischen Auseinandersetzung meine.

Mich würde Eure Meinung zu diesem Thema interessieren - aber möglichst
objektiv (deshalb wende ich mich an diese NG), da ich bereits weiss, wie
Argumentationen aussehen, die entweder von Horrorfilmgegnern oder
Horrrorfilmfans aussehen, die jegliches Reflexionsvermögen vermissen lassen.

Besten Dank für Eure Beiträge!
--Jens


Oliver Block

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to
Hallo Jens,

habe ich Dich richtig verstanden. Andere sollen Dir sagen warum DU DIR
HORRORFILME ANSCHAUST???

Gruß,

Oliver

Zugvogel

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to
Hallo Jens,

ich kenne das Horrorfilm-Ansehen auch als Phänomen in meinem Leben. Ich habe
mich damals auch immer wieder gefragt, warum ich solche gruseligen Filme
gerne
sehe und meine Umgebung sie ablehnt.
Und ich bin nach reichlichem Überlegen und Lesen von pychologischen Büchern
darauf
gestoßen, daß z. B. eine Erklärung dafür sein könnte, daß man an sehr
starken
Ängsten leidet und diese mit noch größeren Ängsten überwältigen will. D.h.
bei
demjenigen, der diese Filme sehr gern sieht, herrscht eine starke innere
Angst-
dramtik vor, die man mit noch stärkeren,von außen kommenden Ängsten zu
kompensieren sucht.
Bei mir traf diese Erklärung, die ich gelesen habe, wohl zu, denn heute
möchte
ich keine Horrorfilme mehr sehen, weil sie in mir natürlicherweise
Angstträume auslösen. Und prinzipiell hat sich meine Lebenssituation auch
entscheidend geändert
im Gegensatz zu meiner Horrorfilmzeit.

Vielleicht hilft Dir diese Erklärung weiter. Vielleicht trifft bei Dir aber
auch anderes
zu. Dieses Thema wird auf jedenfall in psychologischen Büchern behandelt.

Gruß Ulrike

Wulf Bätje

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to
Hallo Jens,

>Ich bin der Auffassung, dass ich als aufgeklärter Mensch (im
philosophischen
>Sinne) nur die Möglichkeit wahrnehme, mich mit gesellschaftlichen Tabus
>offen auseinanderzusetzen, wozu die intellektuelle Beschäftigung mit
>Horrorfilmen beiträgt, indem sie meinen Horizont in Bezug auf Gewalt und
Sex
>(insbesondere die Verbindung von beiden Dingen) erweitern kann.

Kannst Du evtl. erläutern, welche intelektuelle Bereicherung die
"Horizonterweiterung in Bezug auf Gewalt und Sex" für DICH *konkret*
darstellt? Eventuell also Deine *Motive* und *Erkenntnisse* erklären? Dann
wäre ein Statement sicherlich einfacher.

Wulf

Jens Kaufmann

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to
Oliver Block <obl...@block-gmbh.de> schrieb in im Newsbeitrag:
8ogun0$hrl$13$1...@news.t-online.com...

> habe ich Dich richtig verstanden. Andere sollen Dir sagen warum DU DIR
> HORRORFILME ANSCHAUST???

Ja, ganz richtig. Denn ich wüsste gerne, wie andere das Problem sehen, dass
ich mich für normal halte, während meine Freundin sagt, dass die
reflektierende Auseinandersetzung mit dem Horrorfilm als Kunstwerk nur eine
vorgeschobene Rechtfertigung für einen abartigen Lebenswandel ist.


Jens Kaufmann

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to
Zugvogel <Ulr...@redseven.de> schrieb in im Newsbeitrag:
8ogvr0$qbf$1...@nets3.rz.RWTH-Aachen.DE...

> D.h. bei demjenigen, der diese Filme sehr gern sieht, herrscht eine starke
innere
> Angst-
> dramtik vor, die man mit noch stärkeren,von außen kommenden Ängsten zu
> kompensieren sucht.

Und dies geschieht vollkommen unbewusst? Ich habe zumindest nicht das
Gefühl, dass ich unter Ängsten leide, die ich kompensieren muss. Das soll
jetzt nicht überheblich klingen. Ich frage mich nur, ob ich mich als
angsterfüllter Mensch angstlos fühlen könnte, so dass ich mir
Scheinerklärungen für meine Beschäftigung mit Horrorfilmen suche.

--Jens

Jens Kaufmann

unread,
Aug 29, 2000, 3:00:00 AM8/29/00
to

Wulf Bätje <bae...@terra-magica.de> schrieb in im Newsbeitrag:
8oh0p2$u1p$10$1...@news.t-online.com...

> Kannst Du evtl. erläutern, welche intelektuelle Bereicherung die
> "Horizonterweiterung in Bezug auf Gewalt und Sex" für DICH *konkret*
> darstellt? Eventuell also Deine *Motive* und *Erkenntnisse* erklären?
Dann
> wäre ein Statement sicherlich einfacher.

Die Bereicherung liegt darin, dass mein Weltbild auf eindringliche Weise
geprägt wird, wenn ich durch einen Horrorfilm wie z.B. Nekromantik an
Tabuthemen (Nekrophilie) herangeführt werde und z.B. den wenn auch fiktiven
Alltag psychisch kranker Menschen kennen lerne. Nach einer
Auseinandersetzung mit diesen Tabus, fühle ich mich freier in meiner
Urteilsbildung, da ich nicht mehr durch ein Tabu belastet bin, dass kranke
Menschen zu Irren macht, die man schnellstmöglich wegsperren sollte.

Diese Argumentation trifft wohl nicht auf alle Horrorfilme zu, weshalb für
mich dann interessant wäre, ob Voyeurismus an sich (z.B. bei
Verkehrsunfällen) Voraussetzung für das Entstehen eines eigenen Weltbildes
ist. Ich glaube, soetwas schonmal von einem Psychologen im Fernsehen gehört
zu haben. Es ist ja einzusehen, dass wir nur das verarbeiten können, was wir
auch wahrnehmen, weshalb es legitim wäre, so viele und so verschiedene Dinge
wie möglich sehen zu wollen - ein Bedürfnis, das durch Horrorfilme bedient
würde.

--Jens


j0nas

unread,
Aug 29, 2000, 9:46:10 PM8/29/00
to
hallo,

zu deiner Frage, warum sich Menschen Horrorfilme anschauen (ich wähle jetzt
hier bewußt die Allgemeinform, weil ich über dich im einzelnen wohl wenig
sagen kann), gibt es sehr viele Erklärungsmöglichkeiten innerhalb der
Psychologie. Aus Persönlichkeitspsychologischer Sicht sind solche Menschen
meist extravertiert (Eysenck) bzw. sie zeichnen sich durch das Konstrukt des
sensation seeking (Sensation Seeking Scale, Zuckerman et al.) aus und
meistens sind sie Sensibilisierer (Bruner & Postmann). (Sensation Seeking
korreliert zu 0.3 mit Extraversion)
Die Ursache für solche Konstrukte darin, dass diese Menschen wohl auf
neuronaler Ebene eine höhere Erregung benötigen, um ein optimales
Erregungsniveau zu erreichen. Extraversion ist eigentlich ein sehr
positiver, wenn auch sehr, sehr breiter Faktor (deswegen sagt das nicht viel
aus).

Das Ansehen von Gewalt, gewalttätiger Pornographie führt zu aggressivem
Verhalten. Soweit kann man die Forschung heute zusammenfassen. Es gibt
unzählige Beispiele und Experimente die dies belegen. Und die Metaanalysen
von Feldstudien und Laborexperimenten weisen in die selbe Richtung. Auch
wenn du vorgibst, dass du dich das nur interessiert, du philosophische
aufgeklärt bist etc. kann dich nicht davor bewahren, dass bei dir
aggressives Verhalten "geprimt" wird. D.h. du wirst dich anderen Menschen
gegenüber mit höherer Wahrscheinlichkeit aggressiv verhalten, weil
entsprechende Inhalte in deinen Gedanken eine dominante Rolle spielen.
Insbesondere sexuelle Gewalt in Filmen führt bei Männern zumeist zu einem
negativen Frauenbild und zu Vergewaltigungsphantasien (nicht selten kommt es
dann wirklich zu welchen). Darüberhinaus leidet ihr Respekt gegenüber
Frauen. Sie betrachten sie weniger als gleichberechtigt, als als Objekte und
empfinden bei Vergewaltigungen kein Unrecht. Das ist insofern verständlich,
als das viele gewalttätige Filme mit sexuellem Inhalt häufig zeigen, dass
die Opfer dabei Lust empfinden.

Dieser Mechanismus wird heute zumeist mit der sozialen Lerntheorie von
Albert Bandura (1961) erklärt. Darin postuliert er, dass Modelllernen eine
sehr effiziente Form von Lernen ist und gerade für Verhalten im sozialen
Kontext imminent wichtig ist.

Dieser Hypothese entgegen steht die Frustrations-Aggressionshypothese von
Dollard et al. Diese postuliert, dass Frustration immer zu Aggression führt
und umgekehrt. Zugleich können allerdings Aggression durch aggressives
Verhalten gegenüber einem Ersatzziel abgebaut werden (Katharsis). Das Wort
Katharsis geht auf das alte Griechenland zurück, wo man hoffte durch Theater
Aggressionen abzubauen. Auch Freud glaubte fest daran. Die
Katharsishypothese konnte in vielen Jahren der Forschung nur ein einziges
(!!) Mal belegt werden. In einem Experiment mit TAT-Geschichten von Feshbach
baute das schreiben von TAT-Geschichten Aggression ab.

Die sozialpsychologische Forschung muß also deiner Freundin wohl recht
geben......

gruss

jonas


Alexander Schestag

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo Jens,

Jens Kaufmann schrieb:

> Splattereffekte als legitimes filmisches spannungserzeugendes Mittel, ohne
> das Horrorfilme nunmal keine Horrorfilme mehr wären (mit Ausnahmen).

Definitorisch liegst du da aber daneben. Die besten Horrorfilme kommen
gerade OHNE Splattereffekte aus.

Alex

Alexander Schestag

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo jOnas,

j0nas schrieb:

[Eine Menge über gewaltverherrlichende Filme gelöscht]

> Die sozialpsychologische Forschung muß also deiner Freundin wohl recht
> geben......

Wenn man die Definition von Jens als Grundlage nimmt, so ist das sicher
richtig, wobei natürlich auch das Schauen von Splatter-Movies nicht in
jedem Fall zu aggressivem Verhalten führt, da spielen m.W. schon noch
Moderatorvariablen eine Rolle, z.B. das soziale Umfeld. So weiß man, daß
z.B. bei Jugendlichen keine so große Gefahr besteht, nach Horrorfilmen
gewalttätig zu werden, wenn das familiäre Umfeld stimmt.

Faßt man die Definition dessen, was man unter Horrorfilmen versteht,
jedoch wesentlich weiter, sind deine Ausführungen bezüglich der
negativen Auswirkungen des Horrorfilm-Schauens so pauschal nicht
korrekt. Diese Filme müssen nicht unbedingt gewaltverherrlichend und
auch nicht gewalttätig sein. Das Horrorfilm-Genre ist so vielfältig, daß
davon in vielen Fällen gar nicht die Rede sein kann. Splatter-Movies
gehören natürlich auch dazu, und da sind deine Ausführungen durchaus
richtig. Aber wenn ich mir z.B. die klassischen Horrorfilme wie
"Nosferatu - Symphonie des Grauens" mit Max Schreck oder den "Dracula"
mit Bella Lugosi anschaue, dann sind deine Ausführungen darauf überhaupt
nicht übertragbar. Auch die Poe-Verfilmungen mit Vincent Price sind da
ein Beispiel, für das deine Ausführungen nicht zutreffen.

Gruß,

Alex

Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo Jonas,
zunächst einmal Danke für Dein Posting. Obwohl ich nichtmal Laie in Sachen
Psychologie bin, versuche ich dennoch auf Deine Ausführungen zu antworten:

> zu deiner Frage, warum sich Menschen Horrorfilme anschauen (ich wähle
jetzt
> hier bewußt die Allgemeinform, weil ich über dich im einzelnen wohl wenig
> sagen kann)

Naja, da liegt mein Problem, denn ich sehe mich nicht stellvertretend für
andere Menschen, die Horrorfilme ansehen. Wie die reden, habe ich bei Hans
Meiser gesehen, das hat mir gereicht ("Ist doch geil, wenn das Blut
spritzt!"). Mich interessiert, ob ich wirklich eine Ausnahme bilde, oder ob
das, was ich an Argumenten vorbringe lediglich ein Vorwand für das ist, was
ein anderer Horrorfilmkonsument offen zugibt.

> Aus Persönlichkeitspsychologischer Sicht sind solche Menschen
> meist extravertiert (Eysenck) bzw. sie zeichnen sich durch das Konstrukt
des
> sensation seeking (Sensation Seeking Scale, Zuckerman et al.) aus und
> meistens sind sie Sensibilisierer (Bruner & Postmann).

Ich habe "extravertiert" nachgeschlagen. Nach der Beschreibung Jungs (an den
Eyseneck soweit ich sehen kann anknüpft) gehöre ich nur eingeschränkt zum
extravertierten Typus. Ich würde mich selbst als geistig durchaus
auswärtsgewandt beschreiben - also geistig offen gegenüber allem Neuen.
Körperlich meide ich neue, unbekannte Situationen.
Könnte das ein Grund sein, warum ich mich der Horrorfilme und anderer
medialer Sensationen bediene, um Erfahrungen zu machen ohne mich einer
realen Gefahr auszusetzen?

> Die Ursache für solche Konstrukte darin, dass diese Menschen wohl auf
> neuronaler Ebene eine höhere Erregung benötigen, um ein optimales
> Erregungsniveau zu erreichen.

Splattereffekte in Horrorfilmen lösen bei mir keinen Ekel aus (kann ich
nicht ernst nehmen - ich kann mich auch nicht erinnern, dass das mal so
war). Dagegen finde ich Szenen beklemmend, die Gewalt erfahrbar machen und
dies meist durch Andeutungen und schauspielerische Leistung erreichen.
Vielleicht kennt Ihr die Szene in "Mysery", in der dem Schriftsteller die
Füße gebrochen werden...

> Das Ansehen von Gewalt, gewalttätiger Pornographie führt zu aggressivem
> Verhalten. Soweit kann man die Forschung heute zusammenfassen. Es gibt
> unzählige Beispiele und Experimente die dies belegen. Und die Metaanalysen
> von Feldstudien und Laborexperimenten weisen in die selbe Richtung. Auch
> wenn du vorgibst, dass du dich das nur interessiert, du philosophische
> aufgeklärt bist etc. kann dich nicht davor bewahren, dass bei dir
> aggressives Verhalten "geprimt" wird. D.h. du wirst dich anderen Menschen
> gegenüber mit höherer Wahrscheinlichkeit aggressiv verhalten, weil
> entsprechende Inhalte in deinen Gedanken eine dominante Rolle spielen.

Ich bin der Meinung, dass die Filme, die ich mir ansehe, nicht
pornographisch sind. Das Begründe ich mit meinem Ausschluss der Filme, die
Gewalt oder Sex selbstzweckhaft darstellen.
Filme in denen z.B. eine Vergewaltigung unkommentiert oder gar legitim
erscheint, zähle ich nicht zu den Filmen, die ich mir gerne ansehe. Gerade
in dieser Fähigkeit (nämlich über das Gesehene zu reflektieren) sehe ich
mich nicht als dem Geschehen auf dem Bildschirm ausgelieferter Mensch.

> Insbesondere sexuelle Gewalt in Filmen führt bei Männern zumeist zu einem
> negativen Frauenbild und zu Vergewaltigungsphantasien (nicht selten kommt
es
> dann wirklich zu welchen). Darüberhinaus leidet ihr Respekt gegenüber
> Frauen. Sie betrachten sie weniger als gleichberechtigt, als als Objekte
und
> empfinden bei Vergewaltigungen kein Unrecht. Das ist insofern
verständlich,
> als das viele gewalttätige Filme mit sexuellem Inhalt häufig zeigen, dass
> die Opfer dabei Lust empfinden.

Das klingt einleuchtend, aber ich sehe das eher als ein Problem der
Pornofilme nicht der Horrorfilme an. Horrorfilme sind, abgesehen von den
o.g. Schundfilmen, sehr moralisch:
Das Gute gewinnt (zumindest bis zum 2. Teil), Vergewaltigung (sofern sie
überhaupt in Horrorfilmen auftritt) wird bestraft (Mir fällt kein Beispiel
ein. Vergewaltigung ist wohl eher ein Thema von Nichthorrorfilmen: z.B.
Thelma und Louise - Dort wird auch noch die Selbstjustiz der Opfer
bestraft), Teenager, die unerlaubten Sex haben, sterben als erste (Freitag,
der 13.; Nightmare; Halloween; Scream)
So platt diese Moralvorstellungen auch sind, sie stellen zumindest nicht das
Gegenteil dar.

> Dieser Mechanismus wird heute zumeist mit der sozialen Lerntheorie von
> Albert Bandura (1961) erklärt. Darin postuliert er, dass Modelllernen eine
> sehr effiziente Form von Lernen ist und gerade für Verhalten im sozialen
> Kontext imminent wichtig ist.

Aber kann Modelllernen wirklich unbewusst, vorbei an meiner Reflexion des
Gesehenen erfolgen?

--Jens


Oliver Block

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

Jens Kaufmann schrieb:

> Wulf Bätje schrieb:


>
> > Kannst Du evtl. erläutern, welche intelektuelle Bereicherung die
> > "Horizonterweiterung in Bezug auf Gewalt und Sex" für DICH *konkret*
> > darstellt? Eventuell also Deine *Motive* und *Erkenntnisse* erklären?

>[...] dass mein Weltbild auf eindringliche Weise


> geprägt wird, wenn ich durch einen Horrorfilm wie z.B. Nekromantik an
> Tabuthemen (Nekrophilie) herangeführt werde und z.B. den wenn auch
fiktiven
> Alltag psychisch kranker Menschen kennen lerne.

Du verläßt Dich demnach darauf, daß Horrorfilme authentisch sind?


> Nach einer
> Auseinandersetzung mit diesen Tabus, fühle ich mich freier in meiner
> Urteilsbildung, da ich nicht mehr durch ein Tabu belastet bin, dass kranke
> Menschen zu Irren macht, die man schnellstmöglich wegsperren sollte.

s.o.


> Diese Argumentation trifft wohl nicht auf alle Horrorfilme zu, weshalb für
> mich dann interessant wäre, ob Voyeurismus an sich (z.B. bei
> Verkehrsunfällen) Voraussetzung für das Entstehen eines eigenen Weltbildes
> ist.

Meinst Du in dem Sinne, daß nur Voyeuristen ein eigenes Weltbild haben, bzw.
daß alle Menschen mit eigenem Weltbild mindestens irgendwann einmal
Voyeuristen gewesen sein müssen.???

Gruß,

Oliver

Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

Alexander Schestag <imh...@gmx.de> schrieb in im Newsbeitrag:
39ACD340...@gmx.de...

> Wenn man die Definition von Jens als Grundlage nimmt, so ist das sicher
> richtig, wobei natürlich auch das Schauen von Splatter-Movies nicht in
> jedem Fall zu aggressivem Verhalten führt,

Gerade Splatterfilme stellen für mich eine sehr geringe Gefahr da. Durch
Überzeichnung bis hin zur Groteske (vgl. "Braindead" oder die
"Zombie"-Trilogie, die eher einen Comic-Charakter haben) wird den
Splatterszenen letztendlich die verstörende Wirkung genommen (sofern man
sich nicht davor ekelt). Ich kann dann eher das Argument gelten lassen, dass
ich durch Splatterfilme abstumpfe. Inwiefern das aber negativ ist, bzw.
automatisch zu einer Senkung der Hemmschwelle oder Unsensibilität führt, ist
doch fraglich. Wie sieht es denn mit den Damen/Herren bei der
Bundesprüfstelle oder einem Rettungssanitäter aus? (Das Argument ist zwar
etwas polemisch, soll aber darauf hinweisen, dass ein bestimmter
Personenkreis als gefährdet, andere gesellschaftlich 'nützliche' Gruppen
jedoch als gefestigt gegenüber den möglichen negativen Einflüssen der
Betrachtung von Gewalt gelten.)

> Aber wenn ich mir z.B. die klassischen Horrorfilme wie
> "Nosferatu - Symphonie des Grauens" mit Max Schreck oder den "Dracula"
> mit Bella Lugosi anschaue, dann sind deine Ausführungen darauf überhaupt
> nicht übertragbar. Auch die Poe-Verfilmungen mit Vincent Price sind da
> ein Beispiel, für das deine Ausführungen nicht zutreffen.

Finde ich interessant, aber wie wurden diese sog. Klassiker in ihrer
Entstehungszeit gesehen? Jede Zeit hat wohl ihre eigenen Ekel- oder
Horrorgrenzen, und Splatterfilme sind ein Phänomen, das erst in den 60er
Jahren auftrat (vorbereitet durch jede Menge harmloserer Horrorfilme). Schon
heute wird zumindest in der Horrorfilmszene in Bezug auf das "Texas Chainsaw
Massacre", "Zombie" oder "Tanz der Teufel" von Klassikern geredet. Ich frage
mich, ob es nicht nur eine Frage der Zeit ist, dass diese Filme als
gesellschaftlich akzeptiert gelten. (Ich weiss nicht, ob das Gerücht stimmt,
dass das "Texas Chainsaw Massacre" bereits im Museum of Modern Art steht).
Ich sehe die extremen Horrorfilme als ein Produkt einer Evolution, die
einhergeht mit der allgmeinen Enthemmung (ob das positiv oder negativ ist,
lässt sich wohl nicht beantworten) der Gesellschaft. Natürlich tragen auch
die immer extremeren Horrorfilme zu dieser allgemeinen Entwicklung bei, aber
es ist wohl ein sehr viel weiter greifendes Phänomen, dass die Menschen
immer weitere und extremere Grenzen ihres Geschmacks suchen/brauchen/wollen.
Man vergleiche doch nur die Entwicklung des Musikgeschmacks von den 30er
Jahren -die Zeit Nosferatus- bis heute -die Zeit Aliens (als Beispiel für
einen anerkannten Filmklassiker mit Splattereffekten).

--Jens

j0nas

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

> Faßt man die Definition dessen, was man unter Horrorfilmen versteht,
> jedoch wesentlich weiter, sind deine Ausführungen bezüglich der
> negativen Auswirkungen des Horrorfilm-Schauens so pauschal nicht
> korrekt. Diese Filme müssen nicht unbedingt gewaltverherrlichend und
> auch nicht gewalttätig sein. Das Horrorfilm-Genre ist so vielfältig, daß
> davon in vielen Fällen gar nicht die Rede sein kann. Splatter-Movies
> gehören natürlich auch dazu, und da sind deine Ausführungen durchaus
> richtig. Aber wenn ich mir z.B. die klassischen Horrorfilme wie

> "Nosferatu - Symphonie des Grauens" mit Max Schreck oder den "Dracula"
> mit Bella Lugosi anschaue, dann sind deine Ausführungen darauf überhaupt
> nicht übertragbar. Auch die Poe-Verfilmungen mit Vincent Price sind da
> ein Beispiel, für das deine Ausführungen nicht zutreffen.

Im Einzelfall ist das wohl kaum auszumachen, wo Kunst und Avangarde aufhört
und Gewalt anfängt. Dazu kommt ja dann noch die Interpretation des
Betrachters. Ich habe ja, wie du vielleicht gelesen hast nichts von
Horrorfilmen geschrieben, sondern nur von Gewalt und gewalttätiger
Pornographie.

An dieser Stelle muß man sicher aber sicher auchmal fragen, was ist Horror
eigentlich? Wodurch wird das was man so gemeinhin als Horror bezeichnet
verursacht? Horror ist meistens ja mit Angst verknüpft und auch über diesen
Weg - eine Identifikation mit dem Opfer und nicht mit dem Täter kann ein
subjektiver Eindruck entstehen, man müsse sich vor Gewalt schützen. Es führt
zu "Cultivation", also einer verzerrten Umweltwahrnehmung in Bezug auf die
Gewalttätigkeit des Umfeldes. Mal ehrlich? Hast du noch nie gedacht der
Schatten an der Wand ist ein Gremlin? Oder eine Schnautze eines Aliens hat
gerade über das Fenster geluckt, nachdem du die entsprechenden Werke gesehen
hast?

Es gibt sicher zahlreiche Horrorfilme, die nicht die perfekten Modelle
darstellen. In Amerika wurden beispielsweise einige Raubmorde mit
Screammasken verübt. Der Typ, der das berühmte Highschool-Massaker verübt
hat, hat sich vorher einen netten Leonardo Di Caprio Film angeschaut, wo der
was ähnliches mal. Ob solche Modelle immer auf alle Menschen wirken ist
natürlich absolut in Frage zu stellen. Natürlich tun sie das nicht. Ich
finde auch dieses moralische wettern gegen solche Filme etwas übertrieben.
Wer schaut nicht gern mal Alien oder Terminator. Dennoch senken solche Filme
sicherlich Hemmschwellen, dass würde ich so nicht in Frage stellen.


Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

Alexander Schestag <imh...@gmx.de> schrieb in im Newsbeitrag:
39ACD108...@gmx.de...

> > Splattereffekte als legitimes filmisches spannungserzeugendes Mittel,
ohne
> > das Horrorfilme nunmal keine Horrorfilme mehr wären (mit Ausnahmen).
>
> Definitorisch liegst du da aber daneben. Die besten Horrorfilme kommen
> gerade OHNE Splattereffekte aus.

Ja, Du hast recht. Ich meinte, dass die Mittel legitim sind - das heißt aber
nicht, dass sie notwendiger Bestandteil von guten Horrorfilmen sind.
Ob die besten Horrorfilme diejenigen ohne Splattereffekte sind, ist meiner
Ansicht nach ein Geschmacksfrage.

--Jens

j0nas

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

> Naja, da liegt mein Problem, denn ich sehe mich nicht stellvertretend für
> andere Menschen, die Horrorfilme ansehen. Wie die reden, habe ich bei Hans
> Meiser gesehen, das hat mir gereicht ("Ist doch geil, wenn das Blut
> spritzt!"). Mich interessiert, ob ich wirklich eine Ausnahme bilde, oder
ob
> das, was ich an Argumenten vorbringe lediglich ein Vorwand für das ist,
was
> ein anderer Horrorfilmkonsument offen zugibt.

Das mit der Ausnahme ist eine Vorstellung der Alltagspsychologie. Wirkliche
Ausnahmen gibt es meistens nur in der klinischen Psychologie (das sind dann
aber meistens traurige) oder mal in er Lernforschung.... Aber die
Wahrscheinlichkeit, dass du anders bist als alle anderen ist gering, wenn
nicht gar auszuschließen.

> Ich habe "extravertiert" nachgeschlagen. Nach der Beschreibung Jungs (an
den
> Eyseneck soweit ich sehen kann anknüpft) gehöre ich nur eingeschränkt zum
> extravertierten Typus. Ich würde mich selbst als geistig durchaus
> auswärtsgewandt beschreiben - also geistig offen gegenüber allem Neuen.
> Körperlich meide ich neue, unbekannte Situationen.
> Könnte das ein Grund sein, warum ich mich der Horrorfilme und anderer
> medialer Sensationen bediene, um Erfahrungen zu machen ohne mich einer
> realen Gefahr auszusetzen?

Keine Ahnung...... Du willst wohl dein Erregungsniveau steigern.

> Das klingt einleuchtend, aber ich sehe das eher als ein Problem der
> Pornofilme nicht der Horrorfilme an. Horrorfilme sind, abgesehen von den
> o.g. Schundfilmen, sehr moralisch:
> Das Gute gewinnt (zumindest bis zum 2. Teil), Vergewaltigung (sofern sie
> überhaupt in Horrorfilmen auftritt) wird bestraft (Mir fällt kein Beispiel
> ein. Vergewaltigung ist wohl eher ein Thema von Nichthorrorfilmen: z.B.
> Thelma und Louise - Dort wird auch noch die Selbstjustiz der Opfer
> bestraft), Teenager, die unerlaubten Sex haben, sterben als erste
(Freitag,
> der 13.; Nightmare; Halloween; Scream)
> So platt diese Moralvorstellungen auch sind, sie stellen zumindest nicht
das
> Gegenteil dar.

Das hat wenig zu sagen. Es geht nicht nur um die "Moral" im Sinne von
Modelllernen. Wenn du Gewalt siehst egal welcher Intention führt das zum
Phänomen des "Cultivation" (Gerbner et al., 1986). Du glaubst, auch wenn du
das nicht willst irgendwann in einer anderen gewalttätigeren Umwelt zu leben
und reagierst entsprechend. Egal wie genau dir das auch dein "Verstand"
sagen mag. Darüberhinaus ist in solchen Filmen ja zweifellos akzeptabel und
das senkt wieder Hemmschwellen.

> > Dieser Mechanismus wird heute zumeist mit der sozialen Lerntheorie von
> > Albert Bandura (1961) erklärt. Darin postuliert er, dass Modelllernen
eine
> > sehr effiziente Form von Lernen ist und gerade für Verhalten im sozialen
> > Kontext imminent wichtig ist.
>
> Aber kann Modelllernen wirklich unbewusst, vorbei an meiner Reflexion des
> Gesehenen erfolgen?

Ob du es jetzt Priming, Modelllernen oder wie auch immer klassifizierst. Die
Antwort ist schlicht und einfach ja. Es gibt dazu Experimente, wo Probanden,
die sich sowas angeschaut haben danach beispielsweise auf dem Flur
angerrempelt werden. Sie reagieren dann zumeist weitaus aggressiver bis hin
zu Gewalt, wo die Kontrollgruppe weitaus weniger aggressiv reagiert.


Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

Oliver Block <obl...@block-gmbh.de> schrieb in im Newsbeitrag:
8oipho$q3m$16$1...@news.t-online.com...

> >[...] dass mein Weltbild auf eindringliche Weise
> > geprägt wird, wenn ich durch einen Horrorfilm wie z.B. Nekromantik an
> > Tabuthemen (Nekrophilie) herangeführt werde und z.B. den wenn auch
> fiktiven
> > Alltag psychisch kranker Menschen kennen lerne.
>
> Du verläßt Dich demnach darauf, daß Horrorfilme authentisch sind?

Nein, aber der Film stellt zumindest eine These auf (deshalb habe ich
"fiktiver Alltag" geschrieben), mit der ich mich beschäftigen kann.

> > Diese Argumentation trifft wohl nicht auf alle Horrorfilme zu, weshalb
für
> > mich dann interessant wäre, ob Voyeurismus an sich (z.B. bei
> > Verkehrsunfällen) Voraussetzung für das Entstehen eines eigenen
Weltbildes
> > ist.
>
> Meinst Du in dem Sinne, daß nur Voyeuristen ein eigenes Weltbild haben,
bzw.
> daß alle Menschen mit eigenem Weltbild mindestens irgendwann einmal
> Voyeuristen gewesen sein müssen.???

Nein, ich habe das falsche Wort gewählt: Nicht "Voraussetzung" sondern
"hinreichende Bedingung" (im Gegensatz zu einer notwendigen Bedingung) wäre
wohl angemessener.
Das Weltbild wird *auch* durch Voyeurismus gebildet, allein, weil man sich
dem Voyeurismus kaum entziehen kann (Bild-Zeitung, "Explosiv",
Daily-Talkshows usw.).
Ich glaube kaum, dass irgendjemand an einem Verkehrsunfall vorbeifährt, ohne
wenigstens einen Blick darauf zu werfen. Ich bin mir allerdings jetzt nicht
sicher, ob der Begriff Voyeurismus bereits einen krankhaften Zustand
bezeichnet, oder ob es soetwas wie einen 'gesunden' Voyeurismus gibt. Bei
dem wäre dann die Frage nach den Grenzen des Gesunden zu stellen, womit wir
wieder beim Thema Horrorfilm wären.

--Jens

Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

j0nas <j0...@hotmail.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8oituj$24l$18$1...@news.t-online.com...

> Das mit der Ausnahme ist eine Vorstellung der Alltagspsychologie.
Wirkliche
> Ausnahmen gibt es meistens nur in der klinischen Psychologie (das sind
dann
> aber meistens traurige) oder mal in er Lernforschung.... Aber die
> Wahrscheinlichkeit, dass du anders bist als alle anderen ist gering, wenn
> nicht gar auszuschließen.

:-(


> > Das klingt einleuchtend, aber ich sehe das eher als ein Problem der
> > Pornofilme nicht der Horrorfilme an. Horrorfilme sind, abgesehen von den
> > o.g. Schundfilmen, sehr moralisch:
> > Das Gute gewinnt (zumindest bis zum 2. Teil), Vergewaltigung (sofern sie
> > überhaupt in Horrorfilmen auftritt) wird bestraft (Mir fällt kein
Beispiel
> > ein. Vergewaltigung ist wohl eher ein Thema von Nichthorrorfilmen: z.B.
> > Thelma und Louise - Dort wird auch noch die Selbstjustiz der Opfer
> > bestraft), Teenager, die unerlaubten Sex haben, sterben als erste
> (Freitag,
> > der 13.; Nightmare; Halloween; Scream)
> > So platt diese Moralvorstellungen auch sind, sie stellen zumindest nicht
> das
> > Gegenteil dar.
>

> Das hat wenig zu sagen. Es geht nicht nur um die "Moral" im Sinne von
> Modelllernen. Wenn du Gewalt siehst egal welcher Intention führt das zum
> Phänomen des "Cultivation" (Gerbner et al., 1986). Du glaubst, auch wenn
du
> das nicht willst irgendwann in einer anderen gewalttätigeren Umwelt zu
leben
> und reagierst entsprechend. Egal wie genau dir das auch dein "Verstand"
> sagen mag. Darüberhinaus ist in solchen Filmen ja zweifellos akzeptabel
und
> das senkt wieder Hemmschwellen.

Ich glaube, damit muss ich mich weiter befassen. Es ist natürlich
erschreckend für mich, zu erfahren, dass ich mich selbst nicht unter
Kontrolle haben kann.

Mich würde nun noch interessieren, ob Deine Ausführungen in der Psychologie
von allen konkurrierenden Richtungen (ich kann sie leider als Laie nicht
genauer benennen, aber Freud scheint ja auch nicht unumstritten zu sein)
zumindest ansatzweise unterstützt werden, oder die Möglichkeit des
"Cultivation" bereits Ausdruck einer bestimmten Denkrichtung in der
Psychologie ist (die der dem Unbewussten vielleicht eine größere Rolle
zugeschrieben wird als in anderen Denkrichtungen)

> Ob du es jetzt Priming, Modelllernen oder wie auch immer klassifizierst.
Die
> Antwort ist schlicht und einfach ja. Es gibt dazu Experimente, wo
Probanden,
> die sich sowas angeschaut haben danach beispielsweise auf dem Flur
> angerrempelt werden. Sie reagieren dann zumeist weitaus aggressiver bis
hin
> zu Gewalt, wo die Kontrollgruppe weitaus weniger aggressiv reagiert.

s.o.


--Jens

Doris Hauser

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo

Mal ne Frage von einer Laiin: Was sind Splattereffekte?
Danke für die Aufklärung.

Doris

j0nas

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

> Mich würde nun noch interessieren, ob Deine Ausführungen in der
Psychologie
> von allen konkurrierenden Richtungen (ich kann sie leider als Laie nicht
> genauer benennen, aber Freud scheint ja auch nicht unumstritten zu sein)
> zumindest ansatzweise unterstützt werden, oder die Möglichkeit des
> "Cultivation" bereits Ausdruck einer bestimmten Denkrichtung in der
> Psychologie ist (die der dem Unbewussten vielleicht eine größere Rolle
> zugeschrieben wird als in anderen Denkrichtungen)

Ich denke bist auf wenige Außenseiter kann man das behaupten. Ich habe ja
angemerkt, dass die Gegenhypothese nur ein einziges Mal belegt wurde. Ich
kenne auch niemanden, der das heute noch bezweifelt, mir ist also nichtmal
ein Außenseiter bekannt. Wie sagen die Amis "It is supported by a good deal
of research" ;->
Du kannst das am besten in Brehm, Kassin & Fein - Social Psychology
nachlesen. Wenn du mal in ne Unibib kommst oder so......

Das hat übrigens nichts mit Unterbewußtsein zutun. Diese Vorstellung du
kannst alles selbst beeinflußen/kontrollieren ist wieder so eine Vorstellung
der Alltagspsychologie. Du verhälst dich keineswegs immer strickt und
eindeutig nach irgendwelchen Idealen oder so. Den größten Einfluß auf
Verhalten von Menschen haben situationale Einflüsse und nicht irgendwelche
Persönlichkeitsmerkmale.
Wie sagte der Neuropsychologe Ben Libet einst? "Der Wille ist eine
Vorstellung." Oft handelt man und sucht erst danach nach einer Begründung.
=> Self-Perception Theory (Bem)


Alexander Schestag

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo Jens,

Jens Kaufmann schrieb:

> Alexander Schestag <imh...@gmx.de> schrieb in im Newsbeitrag:
> 39ACD340...@gmx.de...

> > Aber wenn ich mir z.B. die klassischen Horrorfilme wie
> > "Nosferatu - Symphonie des Grauens" mit Max Schreck oder den "Dracula"
> > mit Bella Lugosi anschaue, dann sind deine Ausführungen darauf überhaupt
> > nicht übertragbar. Auch die Poe-Verfilmungen mit Vincent Price sind da
> > ein Beispiel, für das deine Ausführungen nicht zutreffen.

> Finde ich interessant, aber wie wurden diese sog. Klassiker in ihrer
> Entstehungszeit gesehen?

Gute und wichtige Frage. Gerade Nosferatu war in seiner Zeit wohl
ziemlich grauenvoll.

Alex

Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

j0nas <j0...@hotmail.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8oj0c6$35v$18$1...@news.t-online.com...

> Du kannst das am besten in Brehm, Kassin & Fein - Social Psychology
> nachlesen. Wenn du mal in ne Unibib kommst oder so......

Danke für den Tip.

>
> Das hat übrigens nichts mit Unterbewußtsein zutun. Diese Vorstellung du
> kannst alles selbst beeinflußen/kontrollieren ist wieder so eine
Vorstellung
> der Alltagspsychologie. Du verhälst dich keineswegs immer strickt und
> eindeutig nach irgendwelchen Idealen oder so. Den größten Einfluß auf
> Verhalten von Menschen haben situationale Einflüsse und nicht irgendwelche
> Persönlichkeitsmerkmale.
> Wie sagte der Neuropsychologe Ben Libet einst? "Der Wille ist eine
> Vorstellung." Oft handelt man und sucht erst danach nach einer Begründung.
> => Self-Perception Theory (Bem)

Kannst Du mir allgemeinverständliche Literatur zu dem Thema empfehlen, oder
sind die von Dir erwähnten Autoren auch für einen Laien verständlich? Ich
fürchte, wenn ich mich mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien aus
erster Hand informiere, werde ich wohl nicht viel davon begreifen.

--Jens

Alexander Schestag

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo j0nas,

j0nas schrieb:



> An dieser Stelle muß man sicher aber sicher auchmal fragen, was ist Horror
> eigentlich? Wodurch wird das was man so gemeinhin als Horror bezeichnet
> verursacht?

Das kommt auf den Film an. M.E. kann das, wie in "Nosferatu" oder in
"Dracula" von 33, das Unbekannte, Bedrohliche sein, oder wie in
Splatter-Movies der Schockeffekt.

> Horror ist meistens ja mit Angst verknüpft und auch über diesen
> Weg - eine Identifikation mit dem Opfer und nicht mit dem Täter kann ein
> subjektiver Eindruck entstehen, man müsse sich vor Gewalt schützen.

Ich denke, hier kommt es sehr stark auf die Art des Filmes an. Bei
Horror-Filmen, bei denen es um Gewalt und Massaker geht, mag das sein,
aber bei Horrorfilmen, die eine fantastische Komponente haben, wie
"Dracula" würde ich das ganz klar verneinen.

> Es führt zu "Cultivation", also einer verzerrten Umweltwahrnehmung in Bezug auf die
> Gewalttätigkeit des Umfeldes.


> Mal ehrlich? Hast du noch nie gedacht der
> Schatten an der Wand ist ein Gremlin? Oder eine Schnautze eines Aliens hat
> gerade über das Fenster geluckt, nachdem du die entsprechenden Werke gesehen
> hast?

Ja und? Was hat das mit realer Bedrohung zu tun, die in manchen Horror-
oder Gewaltfilmen dargestellt wird. Bei so was kann ich deine
Argumentation mit der verzerrten Umweltwahrnehmung nachvollziehen, aber
bei Filmen mit überwiegend fantastischen Elementen glaube ich nicht an
einen Effekt dieser Art. Die meisten Menschen können Fantasy und
Realität trennen, es sei denn sie bekommen durch den Film
Wahnvorstellungen.

> Es gibt sicher zahlreiche Horrorfilme, die nicht die perfekten Modelle
> darstellen. In Amerika wurden beispielsweise einige Raubmorde mit
> Screammasken verübt. Der Typ, der das berühmte Highschool-Massaker verübt
> hat, hat sich vorher einen netten Leonardo Di Caprio Film angeschaut, wo der
> was ähnliches mal.

Es stellt sich für mich die Frage, ob bei diesen Menschen nicht schon
vorher was nicht gestimmt hat und ob der Film hier nicht mehr oder
weniger nur der Auslöser dafür war, daß das zum Ausbruch kam.

> Ob solche Modelle immer auf alle Menschen wirken ist
> natürlich absolut in Frage zu stellen. Natürlich tun sie das nicht. Ich
> finde auch dieses moralische wettern gegen solche Filme etwas übertrieben.
> Wer schaut nicht gern mal Alien oder Terminator. Dennoch senken solche Filme
> sicherlich Hemmschwellen, dass würde ich so nicht in Frage stellen.

Das möchte ich mal dahingestellt lassen, aber die klassischen
Horrorfilme tun das m.E. auf jeden Fall nicht, dafür ist deren Struktur
ganz anders. Da wird eben nicht auf die typischen Schockeffekte wie bei
Alien oder Freddy Krüger gesetzt, sondern eher auf die Faszination des
Unheimlichen.

Alex

Alexander Schestag

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo j0nas,

j0nas schrieb:

> Das mit der Ausnahme ist eine Vorstellung der Alltagspsychologie. Wirkliche
> Ausnahmen gibt es meistens nur in der klinischen Psychologie (das sind dann
> aber meistens traurige) oder mal in er Lernforschung.... Aber die
> Wahrscheinlichkeit, dass du anders bist als alle anderen ist gering, wenn
> nicht gar auszuschließen.

Dem würde ich ganz massiv widersprechen. Du kannst gar nicht sagen, daß
in den meisten Fällen Ausnahmen so selten sind. Da alle Effekte, die wir
finden, nur Effekte im Mittel sind, sind über den Einzelfall nur sehr
bedingt Aussagen möglich. Einige Leute in der akademischen Psychologie,
die nicht grade dem Mainstream nachlaufen, stellen gerade wegen solcher
Punkte auch die Sinnhaftigkeit der empirischen Forschung über große
Stichproben in der Psychologie immer wieder in Frage, zum Teil mit
Recht, m.E.. Erschwerend kommt übrigens noch hinzu, daß in vielen Fällen
Ausreißer leichtfertig aus dem Datensatz ausgeschlossen werden.



> Ob du es jetzt Priming, Modelllernen oder wie auch immer klassifizierst. Die
> Antwort ist schlicht und einfach ja. Es gibt dazu Experimente, wo Probanden,
> die sich sowas angeschaut haben danach beispielsweise auf dem Flur
> angerrempelt werden. Sie reagieren dann zumeist weitaus aggressiver bis hin
> zu Gewalt, wo die Kontrollgruppe weitaus weniger aggressiv reagiert.

Wobei diese Effekte wahrscheinlich nicht lang anhalten. Im übrigen
zweifle ich hier die externe Validität an.

Alex

Jens Kaufmann

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

Doris Hauser <doris....@hsr.ch> schrieb in im Newsbeitrag:
39AD01D2...@hsr.ch...

> Mal ne Frage von einer Laiin: Was sind Splattereffekte?

Es sind die Spezialeffekte, die meist sehr blutig sind, so z.B. das
Zerteilen von Körpern. Wo die Grenze zu 'normalen' Effekten wie die
Darstellung einer Schusswunde im "Tatort" liegt, ist schwer zu sagen. Das
eine wird jedoch von einer breiten Masse akzeptiert, während das andere als
abartig verurteilt wird. Betrachtet man allerdings den Erfolg von Filmen wie
der "Matrix", stimmt das mit der Ablehnung von Splattereffekten wohl auch
nicht mehr ganz.

j0nas

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
das Buch was ich nannte ist ziemlich leicht verständlich! Ist allerdings
englisch..... aber dennoch kurze einfache Sätze.


j0nas

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

"Alexander Schestag" <imh...@gmx.de> schrieb im Newsbeitrag
news:39AD0F4F...@gmx.de...

> Hallo j0nas,
>
> j0nas schrieb:
>
> > Das mit der Ausnahme ist eine Vorstellung der Alltagspsychologie.
Wirkliche
> > Ausnahmen gibt es meistens nur in der klinischen Psychologie (das sind
dann
> > aber meistens traurige) oder mal in er Lernforschung.... Aber die
> > Wahrscheinlichkeit, dass du anders bist als alle anderen ist gering,
wenn
> > nicht gar auszuschließen.
>
> Dem würde ich ganz massiv widersprechen. Du kannst gar nicht sagen, daß
> in den meisten Fällen Ausnahmen so selten sind. Da alle Effekte, die wir
> finden, nur Effekte im Mittel sind, sind über den Einzelfall nur sehr
> bedingt Aussagen möglich. Einige Leute in der akademischen Psychologie,
> die nicht grade dem Mainstream nachlaufen, stellen gerade wegen solcher
> Punkte auch die Sinnhaftigkeit der empirischen Forschung über große
> Stichproben in der Psychologie immer wieder in Frage, zum Teil mit
> Recht, m.E.. Erschwerend kommt übrigens noch hinzu, daß in vielen Fällen
> Ausreißer leichtfertig aus dem Datensatz ausgeschlossen werden.

Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass situationale Variablen eine
größere Rolle spielen, als die Persönlichkeitsvariablen. Das sagt doch im
Endeffekt alles. Die meisten Menschen verhalten sich nunmal ähnlich in
ähnlichen Situationen. Das der Einzelfall total anders ist ist somit nicht
häufig. Ich verstehe diese seltsame Argumentation mit akademischer
Psychologie nicht, da du garkein einziges Argument bringst. Es ist doch
nichts dagegen zu sagen, dass man allgemeine Prinzipien finden möchte, die
auf einen Großteil der Menschen zutreffen. Gerade dieser Ansatz war in den
letzten 20-30 Jahren der erfolgreichste. Was meinst du warum die meisten
Unis nurnoch einen wenn überhaupt einen Lehrstuhl für differentielle
Psychologie haben? Differentielle Aspekte sind für die grundsätzlichen
Verhaltensweisen des Menschen nicht von großer Relevanz. Menschen ähnlich
sich in einem viel größeren Maße, als das sie sich unterscheiden.

> > Ob du es jetzt Priming, Modelllernen oder wie auch immer klassifizierst.
Die
> > Antwort ist schlicht und einfach ja. Es gibt dazu Experimente, wo
Probanden,
> > die sich sowas angeschaut haben danach beispielsweise auf dem Flur
> > angerrempelt werden. Sie reagieren dann zumeist weitaus aggressiver bis
hin
> > zu Gewalt, wo die Kontrollgruppe weitaus weniger aggressiv reagiert.
>
> Wobei diese Effekte wahrscheinlich nicht lang anhalten.

Warum nicht? Erinner dich doch mal an Sherifs Experiment zum autokinetischen
Effekt. Wenn Menschen glauben, dass eine Erkenntnis der allgemeinen Norm
entspricht, dann bleibt dieses auch sehr stabil. (Natürlich im Gegensatz zum
Ash-Effekt, der fast nicht stabil bleibt). Aber gerade dadurch, dass diese
Personen sich entsprechend verhalten haben kann man von einem Sherif-Effekt
ausgehen.

> Im übrigen
> zweifle ich hier die externe Validität an.

Warum? Es gibt doch dazu genug korrelative Studien im Feld. Wenn
Laborexperimente und korrelative Studien im Feld in die selbe Richtung
weisen erscheinen mir solche Zweifel sehr seltsam bzw. sogar unfair, weil ja
gerade im Bereich Aggression Feldexperimente meistens unmöglich sind.


j0nas

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
> Wie sieht es denn mit den Damen/Herren bei der
> Bundesprüfstelle oder einem Rettungssanitäter aus? (Das Argument ist zwar
> etwas polemisch, soll aber darauf hinweisen, dass ein bestimmter
> Personenkreis als gefährdet, andere gesellschaftlich 'nützliche' Gruppen
> jedoch als gefestigt gegenüber den möglichen negativen Einflüssen der
> Betrachtung von Gewalt gelten.)

Also Rettungssanitäter sehen ja keine Gewalt. Der Anteil, wo sie Gewaltopfer
behandeln ist minimal und sie sehen die Gewalt selbst ja nie. Die bekommen
wenn dann ein Trauma. Und dieser Personenkreis sieht sich sowas ja nicht
gerne und willentlich an, sondern quasi unfreiwillig und sieht auch die
Konsequenzen, hilft ja den Opfern und nimmt deswegen entsprechend auch deren
Perspektive ein. Leute die Horrorfilme ansehen tun dies ja zum Genuß.

Bei den beiden Personenkreisen, die du nanntest tritt dann sicherlich auch
das Phänomen der Reaktanz auf, was bei Leuten die sich Horrorfilme ansehen
bestimmt nicht der Fall ist - sonst würden sies ja nicht tun.

Jochen

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to

On Wed, 30 Aug 2000, Alexander Schestag wrote:
> Einige Leute in der akademischen Psychologie,
> die nicht grade dem Mainstream nachlaufen, stellen gerade wegen solcher
> Punkte auch die Sinnhaftigkeit der empirischen Forschung über große
> Stichproben in der Psychologie immer wieder in Frage, zum Teil mit
> Recht, m.E..

Hast du Namen im Kopf? Erbitte Unterweisung.

Jochen!


Stefan Jöst

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Jens Kaufmann schrieb:

>Es ist ja einzusehen, dass wir nur das verarbeiten können, was wir
>auch wahrnehmen, weshalb es legitim wäre, so viele und so verschiedene Dinge
>wie möglich sehen zu wollen - ein Bedürfnis, das durch Horrorfilme bedient
>würde.

Hm, das scheint mir doch etwas an den Haaren herbeigezogen. Ich finde
eigentlich, daß die Realität der wahre Horror ist. Die übertrifft alle Filme
bei weitem. Man muß sich nur umschauen.

Die gleiche Argumentation wie Du habe ich ein Jahr lang (1998 etwa) auf
Kriminalfilme angewandt. Ein Spiegel der Grausamkeit der Gesellschaft,
so viele verschiedene Dinge, wie möglich, usw.
Aber letztlich hat man sie irgendwann durch und dann kommt nur noch Lange-
weile auf. Mittlerweile sehe ich gar keine Filme mehr, abgesehen von ein
oder zweimal im Jahr vielleicht im Kino.

Wird Dir mit Deinen Horrorfilmen auch noch so gehen.

Gruß

Stefan


h_bl...@my-deja.com

unread,
Aug 30, 2000, 3:00:00 AM8/30/00
to
Hallo,
ich werfe jetzt mal einen Gedankengang herein.

Angst Sensibilisierung

sprich eine Angstbewältigung durch Sensibilisierung und Aufsuchen der
angstbesetzten Situationen,

Im realen Leben wären gewisse Situationen schwer handhabbar, in der
virtuellen Welt ist die Möglichkeit vorhanden, sich damit zu
konfrontieren und sich "abzustumpfen".

Das Gegenteil wäre Angstbewältigung durch Abwehr und Vermeidung (
Sprich: ich gehe gar nicht erst ind den Horror- Film )


Grüße Horst


Sent via Deja.com http://www.deja.com/
Before you buy.

Wulf Bätje

unread,
Aug 30, 2000, 6:27:40 PM8/30/00
to
>Wie sieht es denn mit den Damen/Herren bei der
> Bundesprüfstelle oder einem Rettungssanitäter aus?

Hmmm...ich habe Jahre als Rettungsassistent gearbeitet und festgestellt, daß
da tatsächlich eine Veränderung eingetreten ist. Ich würde aber nicht das
Wort *Abstumpfen* sondern eher *Routine* oder *Abgeklärtheit* verwenden. Und
trotzdem ist der Adrenalinausstoss immer maximal. Und Einsätze im Baby-NAW
waren NIE Routine. Gerade Baby-Notfälle (als worst case) führen auch bei
Notärzten NIE zu einer Reduzierung der Emotionen. Allerdings gibt es auch
(oder gerade) im Rettungswesen Leute, die den Job aus reiner Lust an dem
Adrenalinausstoss machen...sich geradezu an den Szenen z.B. auf der Autobahn
weiden und sie auch photographisch festhalten (allerdings nicht zu
Weiterbildungszwecken).


Alexander Schestag

unread,
Aug 31, 2000, 3:00:00 AM8/31/00
to
Hi j0nas,

> > Dem würde ich ganz massiv widersprechen. Du kannst gar nicht sagen, daß
> > in den meisten Fällen Ausnahmen so selten sind. Da alle Effekte, die wir
> > finden, nur Effekte im Mittel sind, sind über den Einzelfall nur sehr

> > bedingt Aussagen möglich. Einige Leute in der akademischen Psychologie,


> > die nicht grade dem Mainstream nachlaufen, stellen gerade wegen solcher
> > Punkte auch die Sinnhaftigkeit der empirischen Forschung über große
> > Stichproben in der Psychologie immer wieder in Frage, zum Teil mit

> > Recht, m.E.. Erschwerend kommt übrigens noch hinzu, daß in vielen Fällen
> > Ausreißer leichtfertig aus dem Datensatz ausgeschlossen werden.

> Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass situationale Variablen eine
> größere Rolle spielen, als die Persönlichkeitsvariablen. Das sagt doch im
> Endeffekt alles. Die meisten Menschen verhalten sich nunmal ähnlich in
> ähnlichen Situationen. Das der Einzelfall total anders ist ist somit nicht
> häufig. Ich verstehe diese seltsame Argumentation mit akademischer
> Psychologie nicht, da du garkein einziges Argument bringst.

Oh doch, ich bringe ein sehr gewichtiges Argument: Die Errechnung von
Mittelwerten läßt letztlich gar keinen Schluß auf den Einzelfall zu.
Hinzu kommt noch, wie ich auch erwähnt habe, daß bei vielen
Untersuchungen meiner Erfahrung nach Ausreißer mit hanebüchenen
Begründungen oder gar ganz ohne Begründung aus dem Datensatz
ausgeschlossen werden. In anderen Untersuchungen kommt dagegen der
Effekt nur durch wenige Versuchspersonen überhaupt zustande. Die
Aussagekraft solcher Untersuchungen zweifle ich doch in beiden Fällen
stark an.

> Es ist doch nichts dagegen zu sagen, dass man allgemeine Prinzipien finden möchte, die
> auf einen Großteil der Menschen zutreffen.

Richtig. Nur muß man dabei beachten, daß eben solche Untersuchungen gar
keine Schlüsse bezüglich des Einzelfalles zulassen.

> Gerade dieser Ansatz war in den letzten 20-30 Jahren der erfolgreichste.

Er war und ist der beliebteste. Daraus zu schließen, daß er
erfolgreicher ist als beispielsweise Einzelfallstudien, halte ich für
etwas gewagt.

> Was meinst du warum die meisten
> Unis nurnoch einen wenn überhaupt einen Lehrstuhl für differentielle
> Psychologie haben?

Wie in den meisten Fällen: Zeitgeist. Wissenschaftliche Trends sind von
solchen Zeitgeisterscheinungen massiv abhängig. Bei der differentiellen
Psychologie kann ich mir gut vorstellen, daß ob ihrer zum Teil etwas
unrühmlichen Vergangenheit auch noch ideologische Gründe dazu kommen.

> Differentielle Aspekte sind für die grundsätzlichen
> Verhaltensweisen des Menschen nicht von großer Relevanz. Menschen ähnlich
> sich in einem viel größeren Maße, als das sie sich unterscheiden.

Das sieht die Ethnopsychologie aber zum Teil ganz anders...



> > Im übrigen
> > zweifle ich hier die externe Validität an.

> Warum? Es gibt doch dazu genug korrelative Studien im Feld. Wenn
> Laborexperimente und korrelative Studien im Feld in die selbe Richtung
> weisen erscheinen mir solche Zweifel sehr seltsam bzw. sogar unfair, weil ja
> gerade im Bereich Aggression Feldexperimente meistens unmöglich sind.

> > > Ob du es jetzt Priming, Modelllernen oder wie auch immer klassifizierst.
> Die
> > > Antwort ist schlicht und einfach ja. Es gibt dazu Experimente, wo
> Probanden,
> > > die sich sowas angeschaut haben danach beispielsweise auf dem Flur
> > > angerrempelt werden. Sie reagieren dann zumeist weitaus aggressiver bis
> hin
> > > zu Gewalt, wo die Kontrollgruppe weitaus weniger aggressiv reagiert.

> > Wobei diese Effekte wahrscheinlich nicht lang anhalten.

> Warum nicht?

Weil in den meisten Fällen m.W. nur kurzfristige Effekte untersucht
wurden, ist zumindest unklar, ob diese zeitlich länger stabil sind.

> > Im übrigen
> > zweifle ich hier die externe Validität an.

> Warum? Es gibt doch dazu genug korrelative Studien im Feld. Wenn
> Laborexperimente und korrelative Studien im Feld in die selbe Richtung
> weisen erscheinen mir solche Zweifel sehr seltsam bzw. sogar unfair, weil ja
> gerade im Bereich Aggression Feldexperimente meistens unmöglich sind.

Nur aufgrund der Unmöglichkeit von Feldexperimenten eine Kritik als
unfair zu bezeichnen, ist nicht gerade schlüssig. Im übrigen muß man
nicht immer nur experimentieren. Daß Feldexperimente in dieselbe
Richtung weisen, mag ich gar nicht bezweifeln, Feldbeobachtungen wären
hier meines Erachtens nach eine gute Alternative.

Alex

Alexander Schestag

unread,
Aug 31, 2000, 3:00:00 AM8/31/00
to
Hi,

Jochen schrieb:



> On Wed, 30 Aug 2000, Alexander Schestag wrote:

> > Einige Leute in der akademischen Psychologie,
> > die nicht grade dem Mainstream nachlaufen, stellen gerade wegen solcher
> > Punkte auch die Sinnhaftigkeit der empirischen Forschung über große
> > Stichproben in der Psychologie immer wieder in Frage, zum Teil mit
> > Recht, m.E..

> Hast du Namen im Kopf? Erbitte Unterweisung.

Wir hatten hier einen Dozenten, der die ganze Signifikanztest-Statistik
aufs Korn genommen und der, wenn ich mich recht entsinne, auch die obige
Kritik ab und an mal angebracht hat, Jörg Sommer. Ob der was dazu
publiziert hat, ist mir nicht bekannt.

Alex

Jens Kaufmann

unread,
Aug 31, 2000, 3:00:00 AM8/31/00
to

Stefan Jöst <stefan...@planet-interkom.de> schrieb in im Newsbeitrag:
8ojk3a$b34d6$2...@ID-18682.news.cis.dfn.de...

> Hm, das scheint mir doch etwas an den Haaren herbeigezogen. Ich finde
> eigentlich, daß die Realität der wahre Horror ist. Die übertrifft alle
Filme
> bei weitem. Man muß sich nur umschauen.

Auch ein interessantes Thema, inwiefern Nachrichten eigentlich noch einen
Zweck neben der Befriedigung von voyeuristischen Trieben haben (und damit
meine ich nicht nur SAT1 usw.)

> Aber letztlich hat man sie irgendwann durch und dann kommt nur noch Lange-
> weile auf. Mittlerweile sehe ich gar keine Filme mehr, abgesehen von ein
> oder zweimal im Jahr vielleicht im Kino.

Stimmt, diese Langeweile verspüre ich auch schon seit langer Zeit, so dass
ich mich nicht mehr an meinen letzten Horrorfilm erinnern kann, da es
eigentlich keine mehr gibt. Ich würde mich auch nicht als Horrorfilmfan
sondern als Filmfan bezeichnen.
Es gab eine Zeit, in der habe ich sehr viele Horrorfilme gesehen, heute ist
das umgekehrt. Ich will nur nicht jetzt verteufeln, wozu ich vielleicht vor
fünf Jahren gestanden habe und was ich heute wieder tun würde, wenn mich das
Thema eines Films interessiert. Ich sehe mir die Horrorfilme *nicht* wegen
irgendwelcher Ekelszenen an (vor denen ich mich nicht ekle), sondern sie
sind Teil eines guten oder auch schlechten Films, den ich mir aus Gründen
der Unterhaltung oder einem künstlerischen oder einem anderen Interesse
ansehe.

--Jens


Jens Kaufmann

unread,
Aug 31, 2000, 3:00:00 AM8/31/00
to

<h_bl...@my-deja.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8ojrfa$9p7$1...@nnrp1.deja.com...

> sprich eine Angstbewältigung durch Sensibilisierung und Aufsuchen der
> angstbesetzten Situationen,
>
> Im realen Leben wären gewisse Situationen schwer handhabbar, in der
> virtuellen Welt ist die Möglichkeit vorhanden, sich damit zu
> konfrontieren und sich "abzustumpfen".

Klingt zumindest für mich als Nicht-Psychologen einleuchtend. Während
Horrorfilme bei Pubertierenden noch eine Art Mutprobe darstellt (Wer kann am
längsten hingucken) könnte es bei Erwachsenen das bewusste (ungefährliche)
Suchen nach Grenzen sein. Ist es also ein mentaler Bungee-Sprung?
Und natürlich bleibt die Frage, ob eine Abstumpfung, die ansich noch nichts
Schlimmes wäre, negative Konsequenzen auf das Sozialverhalten eines Menschen
hat. Ich kann zumindest von mir sagen, dass die Abstumpfung gegenüber
fiktiver Gewalt nicht einhergeht mit der Abstumpfung vor realer Gewalt. Ich
glaube nicht, dass ich auf die tagtägliche Gewalt aus den Nachrichten
abgestumpft reagiere, ich finde die Welt nach wie vor meinen
Horrorfilmerlebnissen gewalttätig und veränderungsbedürftig. Gewalt ist für
mich nie ein legitimes Mittel der Konfliktbewältigung gewesen.
Allerdings falle ich vielleicht nicht so schnell auf die Kriegshetze eines
Rudolf Scharping herein, der sich auf einer Pressekonferenz mit Bildern der
realen Gewalt im Kosovo die Legitimation für einen Krieg holen will, indem
er mit den Bildern Emotionen schürt, die eine sachliche Auseinandersetzung
verhindern. (Mit dem letzten Abschnitt möchte ich keine Diskussion über Sinn
und Unsinn des Kosovo-Krieges in Gang setzen)

--Jens

j0nas

unread,
Aug 31, 2000, 12:43:04 PM8/31/00
to

> Oh doch, ich bringe ein sehr gewichtiges Argument: Die Errechnung von
> Mittelwerten läßt letztlich gar keinen Schluß auf den Einzelfall zu.
> Hinzu kommt noch, wie ich auch erwähnt habe, daß bei vielen
> Untersuchungen meiner Erfahrung nach Ausreißer mit hanebüchenen
> Begründungen oder gar ganz ohne Begründung aus dem Datensatz
> ausgeschlossen werden. In anderen Untersuchungen kommt dagegen der
> Effekt nur durch wenige Versuchspersonen überhaupt zustande. Die
> Aussagekraft solcher Untersuchungen zweifle ich doch in beiden Fällen
> stark an.

Das ist kein Argument. Wenn es wirklich so einen Unterschied zwischen
Personen gibt, dann muß die Theorie spezfiziert werden. Offensichtlich gibt
es eine Disposition in der sich Menschen unterscheiden oder es gibt eine
systematische Störvariable. Es gibt ja ausreichend Theorien die soetwas
berücksichtigen: z.b. ELM, Empathie-Altruismus-Hypothese, usw.

> Wie in den meisten Fällen: Zeitgeist. Wissenschaftliche Trends sind von
> solchen Zeitgeisterscheinungen massiv abhängig. Bei der differentiellen
> Psychologie kann ich mir gut vorstellen, daß ob ihrer zum Teil etwas
> unrühmlichen Vergangenheit auch noch ideologische Gründe dazu kommen.

Das ist bestimmt kein Zeitgeist!!! Es gabe einfach nichtmehr genug
interessante Fragestellungen in der Persönlichkeitspsychologie. Die
situationalen Variablen determinieren das Verhalten von Menschen stärker,
deswegen wandten sich mehr Wissenschaftler dieser Forschung zu.

Ich habe eh eine Abneigung gegen diese marxistischen Zettereien der
Frankfurter Schule. Darin wird immer irgendwas von falschem Idealismus
gefaselt. Was ist den bitte der Marxismus? Etwa kein Idealismus?

Darüberhinaus bietet dieses Weltbild keine Alternativen. Es ist also
irrelevant. Ich bleibe da kritischer Rationalist.

> Das sieht die Ethnopsychologie aber zum Teil ganz anders...

Die Empirie sagt hier etwas anderes. Deswegen sind die meisten modernen
Modelle der Psychologie situationale. Es ist immer schwer Experimente zu
finden, in denen persönlichkeitsvariablen eine größere Rolle spielen, als
situationale. Auch wenn das in der Alltagspsychologie anders ist. Das kann
man aber durch den fundamental attribution error gut erklären.

> Nur aufgrund der Unmöglichkeit von Feldexperimenten eine Kritik als
> unfair zu bezeichnen, ist nicht gerade schlüssig. Im übrigen muß man
> nicht immer nur experimentieren. Daß Feldexperimente in dieselbe
> Richtung weisen, mag ich gar nicht bezweifeln, Feldbeobachtungen wären
> hier meines Erachtens nach eine gute Alternative.

Die gibt es ja ebenfalls..... und sie weisen auch in diese Richtung......

gruss

jonas

j0nas

unread,
Aug 31, 2000, 12:48:04 PM8/31/00
to

> Wir hatten hier einen Dozenten, der die ganze Signifikanztest-Statistik
> aufs Korn genommen und der, wenn ich mich recht entsinne, auch die obige
> Kritik ab und an mal angebracht hat, Jörg Sommer. Ob der was dazu
> publiziert hat, ist mir nicht bekannt.

Das findest du bei der sogenannten kritischen Theorie der Frankfurter
Schule. Wichtigster Vertreter ist Habermas. Sind besonders dadurch bekannt,
dass sie ziemlich destruktiv und mit mangelndem Grundverständnis Popper und
Albert kritisierten. Bekanntgeworden als sogennanter Werturteilsstreit der
deutschen Soziologie.

Aber das ist nicht weiter wichtig. Es handelt sich um offen marxistisches
Gedankengut. Darüberhinaus haben sich die Herren besonders dadurch
hervorgetan, dass sie keinerlei Alternativen vorgeschlagen haben. Außer
ihrer Forderung Psychologie sollte die Hemmung des Menschen erforschen und
wie er durch die Gesellschaft beeinflußt würde..... oder so ähnlich....

Jochen Kraemer

unread,
Aug 31, 2000, 2:09:57 PM8/31/00
to

On Thu, 31 Aug 2000, j0nas wrote:
> Das findest du bei der sogenannten kritischen Theorie der Frankfurter
> Schule. Wichtigster Vertreter ist Habermas.

Selbsternannter Vertreter.

> Sind besonders dadurch bekannt,
> dass sie ziemlich destruktiv und mit mangelndem Grundverständnis Popper und
> Albert kritisierten. Bekanntgeworden als sogennanter Werturteilsstreit der
> deutschen Soziologie.

> Aber das ist nicht weiter wichtig. Es handelt sich um offen marxistisches
> Gedankengut.

Hilfe!

> Darüberhinaus haben sich die Herren besonders dadurch
> hervorgetan, dass sie keinerlei Alternativen vorgeschlagen haben. Außer
> ihrer Forderung Psychologie sollte die Hemmung des Menschen erforschen und
> wie er durch die Gesellschaft beeinflußt würde..... oder so ähnlich....

Arg. Wen zitierst du jetzt?;-)

Jochen!


h_bl...@my-deja.com

unread,
Aug 31, 2000, 5:17:28 PM8/31/00
to
Hallo Jens,

von der moralischen Frage, ob Gewalt was negatives oder sinnvolles ist,
abgesehen, spielt sie in unserem täglichen Leben doch eine Rolle.

Wenn ich nun das Aufsuchen von "virtuellen Gewaltszenen " als
Gegenregulation ansehe,
welche ich zur Angstbewältigung in meinem realen Leben benutze (evtl.
unbewußt ), stellt
sich natürlich die Frage an Dich, welche Du selbstreflektierend für Dich
beantworten
kannst:
Wie gehe ich im realen Leben mit Gewaltszenen um ?
Rangkämpfe unter Männern werden immer noch mit " Fressekloppen "
ausgetragen.
(Zumindest ist das oft der Anspruch, der an Männern in Aktion- Filmen
erhoben wird (Modellcharakter) )
Intelligenter Mann hat aber schließlich gelernt, daß es verpöhnt ist
Konflikte mit der Faust auszutragen.
Komisch, irgendwie scheint " Mann sein" doch was mit Fäusten zu tun
zu haben. Da stimmt doch was nicht !

Hab ich zu denen gehört, die sich auf dem Schulhof geprügelt haben oder
bin ich meinem
"erlernten" Verstand nachgegangen ?

Nur mal so zum überdenken.

Gruß Horst

Ralf Muschall

unread,
Aug 30, 2000, 10:39:44 PM8/30/00
to
"j0nas" <j0...@hotmail.com> writes:

> Schatten an der Wand ist ein Gremlin? Oder eine Schnautze eines Aliens hat
> gerade über das Fenster geluckt, nachdem du die entsprechenden Werke gesehen
> hast?

Eigentlich weniger, und in den letzten Jahren gar nicht mehr.
Kann aber daran liegen, dass ich bei Aliens eher den künstlerischen
Wert sehe und bei primitiver gemachten Dingen höchstens über die
Machart lachen muss.

> darstellen. In Amerika wurden beispielsweise einige Raubmorde mit
> Screammasken verübt. Der Typ, der das berühmte Highschool-Massaker verübt

Kann man hier davon ausgehen, dass der Täter durch Scream auf die Idee
zum Raub kam (IMHO eigentlich unwahrscheinlich, da es im Original um
innerfamiliäre Rache geht)? Ich würde die Maske eher als taktisches
Utensil betrachten -- da sie dem Opfer höchstwahrscheinlich bekannt
ist, kann ich mich als Täter einerseits dem Opfer gut nähern (Vorwand
Scherz), danach aber auch gut Angst erzeugen und so die Gegenwehr
reduzieren.

Zur eigentlichen Wirkungsbetrachtung:

Ist der Mensch wirklich so einfach gestrickt, dass eine graphisch
gewaltzeigende, aber moralisch positive Filmhandlung schädlich wirkt,
eine wenig graphische, aber moralisch negative dagegen nicht?
(z.B. der gute Kommissar, der den bösen Ladendieb so lange "harmlos"
ohrfeigt, bis er gesteht).

Gibt es analoge Untersuchungen über Literatur? Gerade die besseren
Splatterautoren (Barker, Ellis, Lansdale) treiben in ihrer Texten ja
einen extremen moralischen Aufwand (an einigen Stellen so weit, dass
man den erhobenen Zeigefinger zwischen den Zeilen zu sehen glaubt).

Ralf

j0nas

unread,
Aug 31, 2000, 7:35:49 PM8/31/00
to
Du siehst den Zusammenhang zu eng. Es geht nicht darum, dass jemand ein Buch
liest und dann jemanden umbringt. Es geht darum, dass Gewalt überall ist.
Dass Gewalt normal, ja sogar akzeptabel ist, weil die "Helden" in Filmen sie
anwenden..... Ich habe ja schon gesagt, dass ich nicht denke, dass umbedingt
der Ausgang der Geschichte so relevant ist.... oder überhaupt irgendwas.....
es geht einfach um die Häufigkeit von Gewalt. Es gibt Kulturen in denen es
garkeine Gewalt gibt (wirklich garkeine! - ausnahmslos), das Verhalten muß
also bis zu einem gewissen Maß gelernt sein bzw. es ist erlernbar es zu
unterdrücken. Warum sind den hier alle so blind? Wäre es nicht schöner, wenn
niemand umgebracht würde? So platt muß ich das hier formulieren, denn genau
das wäre möglich.


Jens Kaufmann

unread,
Sep 1, 2000, 4:40:50 AM9/1/00
to

<h_bl...@my-deja.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8omi0j$gas$1...@nnrp1.deja.com...

> von der moralischen Frage, ob Gewalt was negatives oder sinnvolles ist,
> abgesehen, spielt sie in unserem täglichen Leben doch eine Rolle.

Das habe ich nicht bestritten.

> Wie gehe ich im realen Leben mit Gewaltszenen um ?
> Rangkämpfe unter Männern werden immer noch mit " Fressekloppen "
> ausgetragen.
> (Zumindest ist das oft der Anspruch, der an Männern in Aktion- Filmen
> erhoben wird (Modellcharakter) )

Naja, auch bei Actionfilmen gibt es große Unterschiede in der Qualität und
dem Umgang mit Gewalt. (Vgl. 'Kickboxer 3' mit 'Fight Club')

> Intelligenter Mann hat aber schließlich gelernt, daß es verpöhnt ist
> Konflikte mit der Faust auszutragen.

Und dieser intelligente Mann wird entweder einen Actionfilm, der auf dämlich
naiven Lösungsmustern beruht entweder nicht ansehen oder schnell wieder
vergessen oder darüber lachen, da es den bisher gemachten Einsichten
widerspricht (und deshalb als dumm und naiv erscheint), aber ganz bestimmt
wird er sich nicht zur Gewalt verleiten lassen.

> Komisch, irgendwie scheint " Mann sein" doch was mit Fäusten zu tun
> zu haben. Da stimmt doch was nicht !

Der gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Rollenwechsel bei Männern als
auch bei Frauen wird wohl noch auf sich warten lassen. Aber mittlerweile
'dürfen' Männer dazu stehen, dass sie ihre Fäuste nicht benutzen, ohne dafür
als unmännlich zu gelten.

> Hab ich zu denen gehört, die sich auf dem Schulhof geprügelt haben oder
> bin ich meinem "erlernten" Verstand nachgegangen ?

Ich glaube, dass ich mich auf dem Schulhof solange geprügelt habe, bis ich
das Gegenteil gelernt habe. Mit 'gelernt' meine ich, dass ich es auch
eingesehen/verstanden habe. Danach ist es wohl eine Sache des Charakters,
inwiefern man sich vielleicht zu Gewalt provozieren lässt, obwohl man sie
eigentlich nicht anwenden möchte. Bis hin zur Notwehr, wo es kaum einen
anderen Ausweg als Gewalt gibt.


Alexander Schestag

unread,
Sep 1, 2000, 7:32:00 AM9/1/00
to
Hi j0nas,

j0nas schrieb:

> > Das sieht die Ethnopsychologie aber zum Teil ganz anders...

> Die Empirie sagt hier etwas anderes. Deswegen sind die meisten modernen
> Modelle der Psychologie situationale. Es ist immer schwer Experimente zu
> finden, in denen persönlichkeitsvariablen eine größere Rolle spielen, als
> situationale. Auch wenn das in der Alltagspsychologie anders ist. Das kann
> man aber durch den fundamental attribution error gut erklären.

Ich bezog mich nicht auf den Unterschied "situationale" vs.
"Persönlichkeitsvariablen", sondern auf deine Behauptung, daß
*differentielle* Aspekte für die grundsätzlichen Verhaltensweisen des
Menschen nicht von größerer Relevanz seien. Das ist was ganz anderes als
das, was du da oben schreibst. Natürlich sind im interkulturellen
Vergleich differentielle Aspekte von sehr hoher Relevanz. Diese Aspekte
sind in dem Fall das Ergebnis von Umwelteinflüssen.

Alex

Martin Kraus

unread,
Sep 1, 2000, 8:02:21 AM9/1/00
to
Jens Kaufmann wrote:
>
> Doris Hauser <doris....@hsr.ch> schrieb in im Newsbeitrag:
> 39AD01D2...@hsr.ch...
>
> > Mal ne Frage von einer Laiin: Was sind Splattereffekte?
> Es sind die Spezialeffekte, die meist sehr blutig sind, so z.B. das
> Zerteilen von Körpern.

Da haette ich dann auch eine Frage: Wenn das Zerteilen von
Koerpern ein "Splattereffekt" ist, was ist dann ein "Slashereffekt"?
Aus der Uebersetzung der Woerter wuerde ich schliessen,
dass Splatter mehr mit spritzendem Blut zu tun hat und
Slasher mehr mit dem Zerteilen. Oder wird im Deutschen fuer
beide Woerter gleichermassen "Splatter" verwendet?

Gruesse

Martin Kraus

Martin Kraus

unread,
Sep 1, 2000, 8:11:12 AM9/1/00
to
j0nas wrote:
>
> das Buch was ich nannte ist ziemlich leicht verständlich! Ist allerdings
> englisch..... aber dennoch kurze einfache Sätze.

Ich hab kuerzlich: "Gewalt und Medien" von Michael Kunczik
gelesen: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3412067938/
fand es aber nicht besonders gut. (Es wird soviel im Original
auf Englisch zitiert, dass ich mich gewundert hab, warum
nicht gleich das ganze Buch auf Englisch ist.)
Ausserdem geht es mehr um die Wirkung von Gewalt im Fernsehen
als die Gruende, warum sich Menschen das anschauen.
(Eine der Wirkungen ist natuerlich die Desensibilisierung,
die dazu fuehrt, dass der Zuschauer noch gewalttaetigere
Szenen sehen muss, um das gleiche Erregungspotential zu
erreichen. In dem Zusammenhang hat es mich furchtbar genervt,
dass Kunczik wiederholt betont, dass diese Desensibilisierung
eine natuerliche, gesunde Reaktion ist, ohne auf die negativen
Folgen (geringere Hemmschwellen, etc.) einzugehen.)

An weiterer allgemeinverstaendlicher deutschsprachiger Literatur
waere ich auch interessiert!

Gruesse

Martin Kraus

Jochen Kraemer

unread,
Sep 1, 2000, 8:29:54 AM9/1/00
to

On Fri, 1 Sep 2000, Martin Kraus wrote:
> Da haette ich dann auch eine Frage: Wenn das Zerteilen von
> Koerpern ein "Splattereffekt" ist, was ist dann ein "Slashereffekt"?
> Aus der Uebersetzung der Woerter wuerde ich schliessen,
> dass Splatter mehr mit spritzendem Blut zu tun hat und
> Slasher mehr mit dem Zerteilen. Oder wird im Deutschen fuer
> beide Woerter gleichermassen "Splatter" verwendet?

Wahrscheinlich. Man sollte bedenken, dass es beim shlashern auch
splattert.

Jochen!

--
Man dankt den Rauschmitteln nicht nur den unmittelbaren Lustgewinn,
sondern auch ein heiss ersehntes Stueck Unabhaengigkeit von der
Aussenwelt. Es ist bekannt, dass gerade diese Eigenschaft auch
ihre Gefahr und Schaedlichkeit bedingt. Sigmund Freud

Uwe.S...@num.uni-sb.de

unread,
Sep 1, 2000, 8:41:33 AM9/1/00
to
Jens Kaufmann <j...@dianoia.de> wrote:
| Hallo,

| ...

| Ich würde gerne wissen, warum ich mir Horrorfilme ansehen sollte, wenn
| ich selbst nur die Gründe sehe, die ich oben beschrieben habe.

| ...

vielleicht weils einfach spass macht ?

gruss, uwe.
--
Uwe Schmitt | Institut für Angewandte Mathematik
Uwe.S...@num.uni-sb.de | Universität des Saarlandes
phone: +49 (0)681/302-2468 | Geb. 36.1, Zi. 4.17
fax: +49 (0)681/302-4435 | PF 151150
private: +49 (0)681/397052 | D-66041 Saarbrücken

Martin Kraus

unread,
Sep 1, 2000, 9:01:46 AM9/1/00
to
Hallo!

Jens Kaufmann wrote:
>
> <h_bl...@my-deja.com> schrieb in im Newsbeitrag:

> 8ojrfa$9p7$1...@nnrp1.deja.com...
>
> > sprich eine Angstbewältigung durch Sensibilisierung und Aufsuchen der
> > angstbesetzten Situationen,
> >
> > Im realen Leben wären gewisse Situationen schwer handhabbar, in der
> > virtuellen Welt ist die Möglichkeit vorhanden, sich damit zu
> > konfrontieren und sich "abzustumpfen".
> Klingt zumindest für mich als Nicht-Psychologen einleuchtend. Während
> Horrorfilme bei Pubertierenden noch eine Art Mutprobe darstellt (Wer kann am
> längsten hingucken) könnte es bei Erwachsenen das bewusste (ungefährliche)
> Suchen nach Grenzen sein. Ist es also ein mentaler Bungee-Sprung?
> Und natürlich bleibt die Frage, ob eine Abstumpfung, die ansich noch nichts
> Schlimmes wäre, negative Konsequenzen auf das Sozialverhalten eines Menschen
> hat.

Ganz sicher hat diese Abstumpfung negative Konsequenzen.
Spontan faellt mir ale Laie ein:

Sie ist selbstverstaerkend: Je abgestumpfter wir als Gesellschaft
sind, desto mehr Gewalt in Medien brauchen wir, um das gleiche
Erregungspotential
zu erreichen, und desto mehr Gewalt sind wir bereit in Medien zu
tolerieren.

Sie verringert den Ekel, Abscheu und Verurteilung von Gewalttaten
und unser Mitgefuehl fuer die Opfer von Gewalt.
Beispiel (aus dem Buch "Stop Teaching Our Kids to Kill" von Dave
Grossman
und Gloria DeGaetano): Als eine Lehrerin kurz nach dem Massaker von
Littleton
in einer nahegelegenen Schule ihrer Klasse davon erzaehlte, lachten die
Schueler.
Das ist nicht schoen, aber auch nicht besonders schlimm.
Schlimm ist es, wenn Passanten zusehen, wie Menschen auf offener Strasse
verpruegelt werden, und das mit dem gleichen Interesse verfolgen, wie
eine
Pruegelei im Fernsehen oder Kino.
(Eine andere Grund, warum Passanten nicht eingreifen, ist dass sie Angst
haben. Mehr Angst als eigentlich angebracht, weil im Fernsehen praktisch
nur von Pruegeleien mit toedlichem Ausgang berichtet wird.)

Sie senkt die Hemmschwelle Gewalt anzuwenden. Bei Kindern sieht man das
vielleicht am deutlichsten. Ich nehme an, dass es sich bei Eltern auch
in einer gewalttaetigeren Kindererziehung niederschlaegt (schwer zu
erkennen,
weil es gegen den allgemeinen Trend ist, immer weniger Gewalt in der
Kindererziehung einzusetzen).

> Ich kann zumindest von mir sagen, dass die Abstumpfung gegenüber
> fiktiver Gewalt nicht einhergeht mit der Abstumpfung vor realer Gewalt.

Das kannst du nur fuer den Alltag sagen.
Wie wir in Extremsituationen reagieren, koennen wir nicht wissen,
solange wir nicht drin sind.

> Ich
> glaube nicht, dass ich auf die tagtägliche Gewalt aus den Nachrichten
> abgestumpft reagiere, ich finde die Welt nach wie vor meinen
> Horrorfilmerlebnissen gewalttätig und veränderungsbedürftig. Gewalt ist für
> mich nie ein legitimes Mittel der Konfliktbewältigung gewesen.

Wie gesagt, auf unser Verhalten in Extremsituationen hat diese
Abstumpfung auf jeden Fall Einfluss. Das Paradebeispiel von Dave
Grossman
ist die Abstumpfung von Soldaten gegenueber dem Toeten. "Normale"
Menschen toeten naemlich nur sehr ungern: Die grosse Mehrheit
der Soldaten im 1. Weltkrieg hat absichtlich(!) daneben geschossen,
auch wenn sie in unmittelbarer Gefahr waren. Erst durch die
Konditionierung waehrend der Ausbildung bringt man Soldaten dazu
zu toeten.

> Allerdings falle ich vielleicht nicht so schnell auf die Kriegshetze eines
> Rudolf Scharping herein, der sich auf einer Pressekonferenz mit Bildern der
> realen Gewalt im Kosovo die Legitimation für einen Krieg holen will, indem
> er mit den Bildern Emotionen schürt, die eine sachliche Auseinandersetzung
> verhindern. (Mit dem letzten Abschnitt möchte ich keine Diskussion über Sinn
> und Unsinn des Kosovo-Krieges in Gang setzen)
>
> --Jens

Noch eine (weitere) These zur urspruenglichen Frage:
Vielleicht bist (warst) du einfach konditioniert auf Horroreffekte.
Du schreibst, dass dir das nie etwas ausgemacht hat. Dem entnehme
ich, dass du als Kind die "Mutprobe" Horrorfilme anzuschauen mit
Bravour bestanden hast. Eventuell hat dir das die Anerkennung
deiner Freunde eingebracht, die du als so positiv erlebt hast,
dass auch Horroreffekte zu etwas Positivem wurden, weil sie
deine Abhaertung bestaetigen. Vielleicht interpretierst du
(unbewusst) auch jetzt noch die ablehnende Haltung
anderer Erwachsener als insgeheime Bewunderung fuer deine
Abhaertung. Aber das ist nur eine Idee von einem Laien.

Gruesse

Martin Kraus

j0nas

unread,
Sep 1, 2000, 4:05:25 PM9/1/00
to
hallo,

leider kann ich dir da nicht so weiterhelfen.... ich kenne eigentlich nur
irgendwelche Fachliteratur.

Ich kenne das Buch, dass du angibst nicht....

Meistens ist es so, dass die "allgemeinverständliche Literatur" in gewissem
Sinne eine Einzelmeinung oder eine unnötige Vereinfachung darstellt. Ich
finde diesen Ansatz von Wissenschaft, als "belehrend" für die normale
Bevölkerung sehr fraglich..... meistens sind solche Autoren ja garkeine
Wissenschaftler, sondern irgendwelche Menschen die irgendetwas erlebt haben
und nun die Welt verändern möchten bzw. irgendwelche Leute, die
wissenschaftlich wenig auf dem Kasten haben und sich so ihre Brötchen
verdienen wollen. Ausnahmen gibt es da leider sehr selten. (Was durchaus
daran liegen mag, dass ein Habilitierter mit seiner Habilitation in
Deutschland auch meistens die Fähigkeit verliert einen Satz ohne oder mit
nur einem Nebensatz zu formulieren!;->)

Sozialpsychologie ist kein so schweres Thema.... Ich würde nach wie vor
dieses englische Buch von Brehm et al. empfehlen, weil das leichter zu
lesendes Englisch ist, als das Deutsch der deutschen Lehrbücher und vorne
gibt es eine gute methodische Einführung. In dem Buch sind das auch nur 40
Seiten oder so, vielleicht bist du danach dann wissend;-> Vielleicht gibts
das ja bei euch in der Uni-Bibliothek - auch wenn ihr soweit ich weiß keine
psychologischen Lehrstühle habt - aber für BWLer ist das ja ebenso relevant.

gruss

jonas

Franz Schroeder

unread,
Sep 1, 2000, 5:57:19 PM9/1/00
to
Jens Kaufmann schrieb:
>
> Hallo,
> nach einer Diskussion mit meiner Freundin, warum ich mir Horrorfilme
> ansehe
> (was sie abscheulich findet), stoße ich langsam an die Grenzen meiner
> Erklärungsversuche.

Hallo Jens,

ich möchte dir gerne erzählen, warum es bei uns heute Semmelknödel
gab...

Im Laufe der Woche haben sich bei uns eine Menge Brötchen angesammelt,
alle jetzt hart, hart wie dieses blöde Problem, das ich gerade mit
meinem Finanzamt habe...

Heut früh hab ich mir den prallen Brötchenbeutel angeschaut und
beschlossen: heut gibts Semmelknödel!

Die mache ich nämlich so:

Erst entleere ich den Brötchenbeutel auf den Tisch, die harten Brötchen
poltern heraus und liegen nebeneinander.
Dann hole ich ein sehr scharfes Messer mit grober Zahnung und mein
großes Lieblingsholzbrett. Nun gehts den Brötchen an den Kragen. Stück
für Stück zerteile ich sie in viele dünne Scheiben, die ich mit einem
Handstreich vom Tisch wische, nämlich in eine Schüssel, die ich gleich
unter der Tischkante auf einem Küchenstuhl positioniert habe. Zum
Schluss schütte ich noch die Berge von Brötchenkrümel in der Schüssel.
Ein erster Arbeitsgang ist getan.
Nun setze ich einen Topf mit etwas Milch auf den Herd und bringe sie zum
Kochen. Aber ich steh daneben, damit die Milch nicht überschäumt, ein
heikler Augenblick. Jetzt schnell die Milch vom Herd und über die
Semmeln ausgeschüttet. Die Semmeln quellen auf...
Aus dem Kühlschrank werden Eier geholt. Aufgeschlagen, Eiklar und Dotter
gleiten auf die verquollenen Semmeln.
Dann wasch ich mir unter kaltem Wasser die Hände - die müssen nicht nur
sauber sondern richtig kalt sein, denn nun zermantsche ich mit kräftigen
Griffen die Melange in der Schüssel: ich drücke und quetsche den Teich,
ich drücke ihn zwischen meinen Fäusten zu dünnen Würsten, die zwischen
Daumen und Zeigenfinger zu entkommen suchen, aber keine Chance, immer
wieder werden sie zurück in den großen Einheitsbrei gestoßen,
geschlagen, mit der Faust drücke ich tief in den heißen Semmelteig.

Der Teig wird zugedeck - weg aus den Augen!

Nun werden die Hände gereinigt; unter fließendem Wasser wird das
klebrige Zeig abgerieben, aus den Fingerzwischenräumen gepflückt, aus
dem Nagelbett gekratzt und immer wieder Wasser, Wasser, Wasser...

Dann kommt der dritte Teil der Prozedur.

Der Teig wird aufgedeckt. Mit den blanken feuchten Händen greife ich in
den Masse und forme schöne, runde Kugeln, Ebenbilder einer idealen Welt.
Diese plumpsen nun in das sprudelnd kochende Wasser im Knödelkessel.
Wieder ausgiebiges Reinigen der Hände.
Fertig.

So, jetzt kann ich mich an den Schreibtisch setzen und endlich diesen
blöden Brief an das Finanzamt schreiben...

Vielleicht hilft dir das bei der Argumentation.

Grüße

Xaver

Ralf Muschall

unread,
Sep 1, 2000, 6:06:21 PM9/1/00
to
"j0nas" <j0...@hotmail.com> writes:

> Dass Gewalt normal, ja sogar akzeptabel ist, weil die "Helden" in Filmen sie
> anwenden..... Ich habe ja schon gesagt, dass ich nicht denke, dass umbedingt

Eben hier würde ich einen Unterschied nach der Bewertung des Helden
vermuten, d.h. ich denke, dass der von mir genannte Komissar schädlicher
wirkt als irgendein menschenfressendes Monster, das keinem bekannten
Lebewesen irgendwie ähnlich sieht.

> es geht einfach um die Häufigkeit von Gewalt. Es gibt Kulturen in denen es
> garkeine Gewalt gibt (wirklich garkeine! - ausnahmslos), das Verhalten muß

Wo soll das sein? Ich könnte mir streng abgeschirmte
Intellektuelleninstitute mit hoher Mauer drum vorstellen (aber wer
repariert denen dann das Klo?), aber für "Kultur" kommt mir das etwas
klein vor. Bei Naturvölkern (d.h. Jäger/Sammler) sind IIRC
normalerweise je ca. 30% der Männer Mörder oder Mordopfer, und
verschwindend geringe Gewalt (statisisch gesehen, d.h. Gewaltopfer
tauchen in Krankenhäusern und Todesstatistiken erst in den hinteren
Kommastellen auf) gibt es AFAIK nur in Industriegesellschaften (wo es
um mehrere Größenordnungen auseinanderliegt, aber LA liegt immer noch
weit unter dem Amazonastal).

Ich will nicht unterstellen, dass es eine gewaltfreie Kultur gar nicht
geben kann, aber dann würde mich interessieren, wie sie das
hingekriegt hat, und wieso sie trotzdem überlebt hat.

> also bis zu einem gewissen Maß gelernt sein bzw. es ist erlernbar es zu
> unterdrücken. Warum sind den hier alle so blind? Wäre es nicht schöner, wenn
> niemand umgebracht würde? So platt muß ich das hier formulieren, denn genau
> das wäre möglich.

Ich halte es schon für möglich, würde aber an andere Methoden denken
(ungefähr das, was z.Z. im Antiaggressionstraining als "heißer Stuhl"
mit gewaltkriminellen Jugendlichen probiert wird). IMHO ist
Gewaltfreiheit nur durch systematisches Abtrainieren zu erreichen,
ansonsten schlägt die Natur hier ebenso durch wie bei Faulheit und
Gefräßigkeit auch.

Ralf

j0nas

unread,
Sep 2, 2000, 2:22:28 AM9/2/00
to

> Eben hier würde ich einen Unterschied nach der Bewertung des Helden
> vermuten, d.h. ich denke, dass der von mir genannte Komissar schädlicher
> wirkt als irgendein menschenfressendes Monster, das keinem bekannten
> Lebewesen irgendwie ähnlich sieht.

Das ist aber scheinbar nicht so! Ich habe ja schon gesagt, dass nicht
außschließlich Modelllernen wirkt.

> Wo soll das sein? Ich könnte mir streng abgeschirmte
> Intellektuelleninstitute mit hoher Mauer drum vorstellen (aber wer
> repariert denen dann das Klo?), aber für "Kultur" kommt mir das etwas
> klein vor. Bei Naturvölkern (d.h. Jäger/Sammler) sind IIRC
> normalerweise je ca. 30% der Männer Mörder oder Mordopfer, und
> verschwindend geringe Gewalt (statisisch gesehen, d.h. Gewaltopfer
> tauchen in Krankenhäusern und Todesstatistiken erst in den hinteren
> Kommastellen auf) gibt es AFAIK nur in Industriegesellschaften (wo es
> um mehrere Größenordnungen auseinanderliegt, aber LA liegt immer noch
> weit unter dem Amazonastal).

Bonta (1997) beschreibt 25 Gesellschaften, in denen kein einziger Fall von
Gewalt jemals dokumentiert werden konnte. Beispielsweise lebte ein
Wissenschaftler 4 Jahre lang bei den Balinese in Indonesien und beobachtete
nicht ein einziges Mal irgendwelche Gewalt. Auch die Inuit (Volk der
Eskimos) haben sehr große Angst vor Aggression und bei ihnen sind ebenfalls
keine Fälle bekannt.

Deine alltagspsychologischen Überzeugungen müssen als falsifiziert gelten!

> Ich will nicht unterstellen, dass es eine gewaltfreie Kultur gar nicht
> geben kann, aber dann würde mich interessieren, wie sie das
> hingekriegt hat, und wieso sie trotzdem überlebt hat.

Scheinbar durch entsprechende Kontrollstrategien.....

> Ich halte es schon für möglich, würde aber an andere Methoden denken
> (ungefähr das, was z.Z. im Antiaggressionstraining als "heißer Stuhl"
> mit gewaltkriminellen Jugendlichen probiert wird). IMHO ist
> Gewaltfreiheit nur durch systematisches Abtrainieren zu erreichen,
> ansonsten schlägt die Natur hier ebenso durch wie bei Faulheit und
> Gefräßigkeit auch.

Nein! Ich denke du zeigst hier eine vorgefertigte Überzeugung vom Wesen des
Menschen. Es mag sicherlich biologische Mechanismen geben - und es gibt ja
auch entsprechende Studien zum medialen und ventromedialem Hypothalamus.
Aber das Verhalten muß nicht abtrainiert werden, wenn es nie zuvor gelernt
wurde.....

gruss

jonas

8-}) werner stangl

unread,
Sep 2, 2000, 3:45:46 AM9/2/00
to
Franz Schroeder erzaehlte:

> .... warum es bei uns heute Semmelknödel gab..

zum rezept einige ergaenzungen/verbesserungen, die
man aber schmeckt:
zuerst feingehackte zwiebel in wenig oel kraeftig
goldgelb anbraten, dann das geschnittene semmelbrot
dazu und kurz anroesten. in trockenem (!) zustand
einige essloeffel mehl und eine entsprechende
menge salz darunterruehren. besondere feinspitze
reiben jetzt etwas muskatnuss drueber!
dann erst kommt die milch mit ei versprudelt drueber
und wird einziehen gelassen.
mit nassen haenden die knoedel formen und wenn
moeglich ueber dampf in einem druckkochtopf ca
8 minuten kochen (sind dann etwas trockener!)

8-}) ws
w3:http://www.stangl-taller.at/werner.html
x----------------- soeben erschienen -----------------x
| Werner Stangl |
| internet @ Schule. Insiderwissen für LehrerInnen. |
| Innsbruck:STUDIENVerlag ISBN: 3-7065-1419-2 |
| ----> http://www.stangl-taller.at/INTERNETSCHULE/ |
x-----------------------------------------------------x

Anke Bach

unread,
Sep 2, 2000, 6:15:56 AM9/2/00
to

Ralf Muschall schrieb:


>
>
> Ich will nicht unterstellen, dass es eine gewaltfreie Kultur gar nicht
> geben kann, aber dann würde mich interessieren, wie sie das
> hingekriegt hat, und wieso sie trotzdem überlebt hat.
>

Wieso hätte sie nicht überleben sollen? (ausreichende Nahrungsgrundlagen
und die Abwesenheit von lebensbedrohendem Getier vorausgesetzt).

Ich erinnere mich, dass ich mal über Südseekulturen gelesen habe, die
gänzlich gewaltfrei waren (mittlerweile haben sie ja wohl alle unsere
kulturellen 'Errungenschaften' übernommen ...). Dort wurde kritisch
angemerkt, dass deren kulturellen Leistungen (Kunst etc., es ging in dem
Buch um die Hypothese, dass künsterisch Leistungen durch Konflikt und
Neurosen bedingt oder befördert seien) allerdings auch nicht sehr hoch
gewesen seien.

Ich frage mich sehr, was dann wohl das kleiner Übel wäre ....


Grüße

Anke

--
Wir wissen mehr als das, wovon wir wissen, dass wir es wissen.

Jens Kaufmann

unread,
Sep 2, 2000, 7:28:38 AM9/2/00
to

Martin Kraus <Martin...@informatik.uni-stuttgart.de> schrieb in im
Newsbeitrag: 39AFA8BA...@informatik.uni-stuttgart.de...

> Sie ist selbstverstaerkend: Je abgestumpfter wir als Gesellschaft
> sind, desto mehr Gewalt in Medien brauchen wir, um das gleiche
> Erregungspotential
> zu erreichen, und desto mehr Gewalt sind wir bereit in Medien zu
> tolerieren.

Die Tatsache, dass wir mehr Toleranz gegenüber Gewalt in den Medien
aufbringen kann nicht als Grund dafür angesehen werden, dass es schlimm ist,
dass wir Toleranz gegenüber der Gewalt in den Medien aufbringen. Für mich
ist das ein Zirkelschluss: Wenn ich es nicht schlimm finde, abzustumpfen,
werde ich es auch nicht schlimm finden, wenn ich weiter abstumpfe.

> Schlimm ist es, wenn Passanten zusehen, wie Menschen auf offener Strasse
> verpruegelt werden, und das mit dem gleichen Interesse verfolgen, wie
> eine
> Pruegelei im Fernsehen oder Kino.
> (Eine andere Grund, warum Passanten nicht eingreifen, ist dass sie Angst
> haben. Mehr Angst als eigentlich angebracht, weil im Fernsehen praktisch
> nur von Pruegeleien mit toedlichem Ausgang berichtet wird.)

Das bestreite ich. Sie versuchen, sofern wir uns auf Klisches über mangelnde
Zivilcourage einlassen wollen, der Situation schnellstmöglich zu entkommen,
weil es ihnen unangenehm ist, unter Handlungsdruck gesetzt zu werden. Sie
trauen sich aus Angst vor einer Blamage (nicht allein aus Angst vor der
Gewalt) nicht, als einzige einzugreifen. Das bezieht sich auf Situationen,
in denen mehrere Leute (die in einer Überzahl gegenüber einem Gewalttäter
sind) nicht eingreifen - nicht auf eine Situation, in der ich als möglicher
Helfer selbst einer Gefahr ausgesetzt bin - und diese Angst ist nicht aus
Filmen erlernt.

> Sie senkt die Hemmschwelle Gewalt anzuwenden. Bei Kindern sieht man das
> vielleicht am deutlichsten.

Kinder rechne ich nicht zu dem Personenkreis, der über Gesehenes in einem
ausreichendem Maße reflektieren kann. Davon abgesehen, würde ich keinem
Kind/Jugendlichen Horrorfilme zeigen, da es sehr wahrscheinlich ist, dass
sie noch nicht reif dafür sind. In der Praxis kann man Kinder leider kaum
vor den Filmen schützen, da sie im Fernsehen meiner Meinung nach nichts zu
suchen haben.

> Ich nehme an, dass es sich bei Eltern auch
> in einer gewalttaetigeren Kindererziehung niederschlaegt

Aus der Annahme, dass alle gewalttätigen Eltern (oder Gewalttäter im
Allgemeinen) Gewaltfilme gesehen haben, darf nicht geschlossen werden, dass
jeder Gewaltfilmkonsument auch gewalttätig wird.

> > Ich kann zumindest von mir sagen, dass die Abstumpfung gegenüber
> > fiktiver Gewalt nicht einhergeht mit der Abstumpfung vor realer Gewalt.
>
> Das kannst du nur fuer den Alltag sagen.
> Wie wir in Extremsituationen reagieren, koennen wir nicht wissen,
> solange wir nicht drin sind.

Wenn ich schon auf die alltägliche Gewalt in den Nachrichten nicht
abgestumpft reagiere, warum sollte ich auf extremere reale Gewalt (falls Du
das mit Extremsituationen meinst) auf einmal abgestumpft reagieren? - Und
das aufgrund von Horrorfilmen!

> Noch eine (weitere) These zur urspruenglichen Frage:
> Vielleicht bist (warst) du einfach konditioniert auf Horroreffekte.
> Du schreibst, dass dir das nie etwas ausgemacht hat. Dem entnehme
> ich, dass du als Kind die "Mutprobe" Horrorfilme anzuschauen mit
> Bravour bestanden hast. Eventuell hat dir das die Anerkennung
> deiner Freunde eingebracht, die du als so positiv erlebt hast,
> dass auch Horroreffekte zu etwas Positivem wurden, weil sie
> deine Abhaertung bestaetigen. Vielleicht interpretierst du
> (unbewusst) auch jetzt noch die ablehnende Haltung
> anderer Erwachsener als insgeheime Bewunderung fuer deine
> Abhaertung. Aber das ist nur eine Idee von einem Laien.

Ich binde es niemanden auf die Nase, wie ich zu Horrorfilmen stehe, daher
kann ich auch keine (versteckte) Bewunderung von anderen empfinden (auch
wenn sie nur eingebildet wäre). Ich bin allerdings stolz (mir fällt jetzt
kein passenderes Wort ein) darauf, dass ich im Vergleich zu anderen
Horrorfilmkonsumenten anders mit den Filmen umgehen kann und eher dadurch
Bestätigung von anderen suche. Mir ist aber auch klar, dass ich es Euch
durchaus auf die Nase gebunden habe, wie ich zu den Filmen stehe - über den
Grund dafür könnte man sicher auch noch lange diskutiren...


Jens Kaufmann

unread,
Sep 2, 2000, 6:41:39 AM9/2/00
to

Franz Schroeder <fx.sch...@t-online.de> schrieb in im Newsbeitrag:
39B0263F...@t-online.de...

> Vielleicht hilft dir das bei der Argumentation.
nein

--Jens


j0nas

unread,
Sep 2, 2000, 7:57:45 AM9/2/00
to

> Heißt das, daß lediglich es nie Morde oder andere Gewaltverbrechen
> gegeben hat, oder auch, daß nie irgendwelche Streits oder
> Auseinandersetzungen vorgekommen sind? Also auch keine Eltern, die mit
> ihrem Kind schimpfen, keine Geschwister, die sich prügeln etc.?

Doch verbale Gewalt wohl schon. Aggression wird in der Psychologie in der
Regel, als das verletzten einer Person, die nicht verletzt werden möchte
definiert.

Alexander Schestag

unread,
Sep 2, 2000, 8:23:46 AM9/2/00
to
Hallo Anke,

Anke Bach schrieb:

> Ich erinnere mich, dass ich mal über Südseekulturen gelesen habe, die
> gänzlich gewaltfrei waren

Solche Berichte muß man mit Vorsicht genießen. Je nach Ethnologe kann
man da ganz unterschiedliche Urteile lesen. Ich erinnere an die berühmte
Mead-Freeman-Kontroverse um die Friedfertigkeit der Samoaner. Mead hatte
einige Zeit auf Samoa verbracht und ein sehr idyllisches und
friedfertiges Bild von dieser Kultur gezeichnet. Freeman dagegen kam zu
einem gänzlich anderen Ergebnis, fand sehr viele Konflikte und auch
Gewalt unter den Samoanern. Der Streit zwischen Mead- und
Freeman-Anhängern schwelt bis heute, aus einer Außensicht kann man wohl
am ehesten sagen, daß beide nicht ganz Unrecht hatten. Sie haben nur
verschiedene Blickwinkel eingenommen und die Kultur durch ihre eigene
Brille gesehen. Daß es aber eine nachgewiesenermaßen komplett
gewaltfreie Kultur gab/gibt, halte ich für nicht belegt.

>(mittlerweile haben sie ja wohl alle unsere
> kulturellen 'Errungenschaften' übernommen ...). Dort wurde kritisch
> angemerkt, dass deren kulturellen Leistungen (Kunst etc., es ging in dem
> Buch um die Hypothese, dass künsterisch Leistungen durch Konflikt und
> Neurosen bedingt oder befördert seien) allerdings auch nicht sehr hoch
> gewesen seien.

Sowohl die Hypothese wie auch die Schlußfolgerung halte ich für Quatsch,
weil hier "Kunst" und "kulturelle Leistung" aus einer
ethnozentristischen Sicht heraus gesehen wird.

Gruß,

Alex

O.G. Schwenk

unread,
Sep 2, 2000, 12:26:17 PM9/2/00
to
Alexander Schestag <imh...@gmx.de> schrieb:

>Ich erinnere an die berühmte
>Mead-Freeman-Kontroverse um die Friedfertigkeit der Samoaner. Mead hatte
>einige Zeit auf Samoa verbracht und ein sehr idyllisches und
>friedfertiges Bild von dieser Kultur gezeichnet. Freeman dagegen kam zu
>einem gänzlich anderen Ergebnis, fand sehr viele Konflikte und auch
>Gewalt unter den Samoanern.

Klingt sehr interessant. Gibts dazu vielleicht einen schlanken
Literaturtipp? (Aber nur wenn Du was knackiges zur Hand hast. 37
Zeitschriftenartikel werde ich sicher nicht lesen)

mfg
+ogs
--
O.G. Schwenk -> http://www.home.pages.de/~ogs/

j0nas

unread,
Sep 2, 2000, 1:04:28 PM9/2/00
to
> Daß es aber eine nachgewiesenermaßen komplett
> gewaltfreie Kultur gab/gibt, halte ich für nicht belegt.

Warum nicht? Was ist gegen den Artikel von Bonta (1997) einzuwenden?

j0nas

unread,
Sep 2, 2000, 1:02:06 PM9/2/00
to
> Das macht die Südseekulturen durchaus realistisch. Denn auch hierzulande
> kann man IMO durchaus durch's Leben gehen, ohne körperliche Gewalt
> anzuwenden, oder sehe ich die Dinge da etwas zu rosig?

Naja, der einzelne vielleicht...... Aber wohl nur wenn er Glück hat und nie
ein Opfer wird..... Es gibt ja in Amerika diese netten Studien wonach mehr
als 25% aller Studentinnen entweder schonmal vergewaltigt worden sind, oder
jemand bei ihnen einen Versuch unternommen hat.....

> > Aggression wird in der Psychologie in der Regel, als das verletzten
einer
> > Person, die nicht verletzt werden möchte definiert.
>

> "verletzen" sowohl körperlich als auch psychisch, oder nur körperlich?

körperlich.... das was du mit psychisch meinst ist nicht mit dem
wissenschaftlichen Begriff Aggression gemeint. Aggression im Sinne von
aggressive Argumente oder aggressiver Verkaufsstil wird nicht unter dem
Titel Aggression erforscht.....

j0nas

unread,
Sep 2, 2000, 3:07:10 PM9/2/00
to

> Das meinte ich auch nicht. Warum ich gefragt habe, liegt an der obigen
> Definition von Aggression: "Verletzen einer Person, die nicht verletzt
> werden möchte." Worunter fällt es, wenn ich eine Person mit Worten
> verletze?

Ich hab nur ein englisches Buch und weiß nicht, wie ich das übersetzen soll:

assertive behavior......

Ralf Muschall

unread,
Sep 2, 2000, 8:43:35 AM9/2/00
to
20f...@tennessee.uni-karlsruhe.de (Jonathan Sauer) writes:

> > Wieso hätte sie nicht überleben sollen? (ausreichende Nahrungsgrundlagen
> > und die Abwesenheit von lebensbedrohendem Getier vorausgesetzt).

Gegen die meisten Sorten Getier helfen Hütten auf Pfählen, übrig
bleiben Elefanten -- die muss man halt dressieren.

> Das könnte in kleinen Gemeinschaften sogar funktionieren.

Das setzt voraus, dass die Gemeinschaft klein bleibt, was ohne
Geburtenregelung per Chemie- und Pharmaindustrie[1] entweder strengste
Enthaltsamkeit oder hohe Sterblichkeit (die dann noch konstant sein
muss, sonst stirbt bei geringsten Umweltschwankungen das Volk in
wenigen Jahren aus, oder die Anzahl explodiert) erfordert. Außerdem
stelle ich es mir sehr aufwendig vor, eine Mutter so zu erziehen, dass
sie lieber ihre Ländereien verlässt und ihre Kinder verhungern lässt,
als Gewalt gegen den anzuwenden, der das Land beansprucht. Dasselbe
gilt für den, der das Land braucht, damit *seine* Kinder nicht
verhungern.

[1] Das, was man oft über natürliche Verhütungsmethoden bei diversen
Völkern hört, dürfte inzwischen im Reich der Gerüchte einzuordnen
sein, seit alle Gegenden der Welt von Ethnologen sowie von
Biologen geldgieriger Pharmakonzerne durch die Chromatographen
gekippt worden sind.

PS: An Anke: Dein Header (der zwischendurch schon mal ganz war) ist
wieder kaputt -- da steht

"Content-Type: text/plain;charset=iso-8859-2"

d.h. osteuropäische Sonderzeichen, aber im Text hast Du westeuropäische
Umlaute (die ein korrekt arbeitender Newsreader dann aber nicht mehr
erkennt). Mach' aus der "2" am Ende mal eine "1".

Ralf

Ralf Muschall

unread,
Sep 2, 2000, 8:58:50 AM9/2/00
to
"j0nas" <j0...@hotmail.com> writes:

> Bonta (1997) beschreibt 25 Gesellschaften, in denen kein einziger Fall von
> Gewalt jemals dokumentiert werden konnte. Beispielsweise lebte ein
> Wissenschaftler 4 Jahre lang bei den Balinese in Indonesien und beobachtete

Ich war nicht dort, und Alexander hat über die diesbezügliche Problematik
schon geschrieben.

> nicht ein einziges Mal irgendwelche Gewalt. Auch die Inuit (Volk der
> Eskimos) haben sehr große Angst vor Aggression und bei ihnen sind ebenfalls
> keine Fälle bekannt.

IIRC werden bei den Inuit alle Familienmitglieder, die nicht zum
Überleben beitragen können, verstoßen. Ich weiß nicht, ob die sich
dann nicht wehren (kann es mir aber vorstellen -- Selbsterhaltung kann
kulturell überstimmt werden, und einen Selektionswert, der Gegenwehr
verstärkt, hat sie nicht, da die betroffenen Individuen auch ohne
Verstoßung keine Nachkommen mehr hätten), aber schon die Verstoßung
selbst betrachte ich als eine Art Gewalt.

Abgesehen davon leben sie auschließlich von der Jagd, und mangels
Distanzwaffen und moderner Schlachthöfe dürfte es dabei wesentlich
splattermäßiger zugehen als irgendwo sonst, was (falls sie wirklich so
friedlich sind) die Hypothese von der kontextunabhängigen Wirkung der
graphisch sichtbaren Gewalt konterkariert (und eine lebendig zerhackte
Robbe ist IMHO weit menschenähnlicher als ein im Raketenstrahl
verbranntes Kunstwerk von HRGiger).

> Nein! Ich denke du zeigst hier eine vorgefertigte Überzeugung vom Wesen des
> Menschen. Es mag sicherlich biologische Mechanismen geben - und es gibt ja

Ich neige vor allem zur Vorsicht, und plädiere für mehr Aufwand in der
Gewaltaberziehung. Wenn er überflüssig war, ist der Schaden nicht allzu
groß.

Ralf

Franz Schroeder

unread,
Sep 2, 2000, 7:21:51 PM9/2/00
to
Jens Kaufmann schrieb:


Hallo Jens,

ich hab's befürchtet.

Normalerweise reagiert man auch auf eine Frage, wie du sie gestellt
hast, nämlich: warum sehe ich mir Horrorfilme - an möglichst objektiv.
Was schaut sich denn der Jens an? Horrorfilme. Was beinhalten
Horrorfilme und welche Bedeutung haben diese Inhalte in unserer
Gesellschaft? Das ist die nächste Frage. So wird aus der Frage, warum
schaue ich mir Horrorfilme an die Frage: in welchem Verhältnis steht
Jens zu den kulturbedingten Regularien, also kurz: ist Jens noch normal?
Und wenn ja, ist eine Gesellschaft normal, in der jemand Horrofilme
delektiert? Und dann kommt zwangsläufig die Frage, ob denn diese
Normalität auch menschlich sei, also sozusagen kulturunabhängig gültig.
Um dies Frage zu beantworten muss man traditionell sogenannte
Naturvölker erforschen und dort eine Antwort auf die Frage finden:
schaut Herr und Frau Naturvolk Horrorfilme? Sind Herr und Frau Naturvolk
brav oder aggressiv? Und wenn sie aggressiv sind: gibt es einen
Evolutionsvorteil für die aggressiven Leute?
Es geht also um Normalität und um die Normalität der Normalität.

Meine Semmelknödelparabel sollte auf einen anderen Aspekt des Problemes
hinweisen. Nicht _was_ du dir da anschaust, sondern _wie_ du dir etwas
anschaust wollte ich in den Mittelpunkt rücken. Nicht dass ich
Semmelknödel koche, sondern wie ich Semmelknödel zubereite versuchte ich
zu beschreiben.

Also wollte ich dir nahelegen, als Argument für deine
Horrorfilmbedürfnisse nicht das Thema der Filme (Nekrophilie, Suspens
und Splatter-Aktion), sondern die Prozesse deiner Filmwahrnehmung in den
Mittelpunkt zu stellen.

Das könnte dann so aussehen:

Am Beginn des Films sind alle Figuren verdächtig. Jederzeit kann ein
schreckliches Ereignis stattfinden. Aber Jens ist bereit, jeden
Schrecken zu relativieren, jeden Verdacht zu akzeptieren. Jens ist sehr
intelligent, deshalb kann ihn letzlich nichts überraschen. Der Spaten im
Schädel eines Opfers ist a) ein mehr oder weniger gut geschnittener
Effekt in geschminkte Kürbisse und auf höherer philosophischer Ebene b)
ein logisches Argument gegen bestimmte Lügengebilde usw.

Vielleicht macht es dir ein Vergnügen, mal den Prozess zu beschreiben,
der mental/psychisch statt findet, wenn du einen Horrorfilm siehst. Muss
ja nicht hier sein, aber vielleicht im Gespräch mit deiner Freundin.

Und da könnte dir eventuell mein Semmelknödelbeispiel eine Anleitung
sein

hofft mit freundlichen Grüßen

Xaver

Alexander Schestag

unread,
Sep 3, 2000, 10:44:07 AM9/3/00
to
Hi ogs,

O.G. Schwenk schrieb:

[Mead-Freeman-Kontroverse]

> Klingt sehr interessant. Gibts dazu vielleicht einen schlanken
> Literaturtipp? (Aber nur wenn Du was knackiges zur Hand hast. 37
> Zeitschriftenartikel werde ich sicher nicht lesen)

Hab ich jetzt leider nichts zur Hand. Es gibt ein Buch von Freeman zu
der Sache, aber die genaue Literaturangabe ist mir jetzt unbekannt, und
knackig dürfte das auch kaum sein. ;-) Aber ich kann mich mal
erkundigen...

Gruß,

Alex

Alexander Schestag

unread,
Sep 3, 2000, 10:45:04 AM9/3/00
to
Hi j0nas,

j0nas schrieb:


>
> > Daß es aber eine nachgewiesenermaßen komplett
> > gewaltfreie Kultur gab/gibt, halte ich für nicht belegt.
>
> Warum nicht? Was ist gegen den Artikel von Bonta (1997) einzuwenden?

Kenn ich nicht, kannst du mir da bitte die genauen Angaben geben?

Alex

Martin Kraus

unread,
Sep 3, 2000, 1:41:39 PM9/3/00
to
Jens Kaufmann wrote:
>
> Martin Kraus <Martin...@informatik.uni-stuttgart.de> schrieb in im
> Newsbeitrag: 39AFA8BA...@informatik.uni-stuttgart.de...
[...]

> Die Tatsache, dass wir mehr Toleranz gegenüber Gewalt in den Medien
> aufbringen kann nicht als Grund dafür angesehen werden, dass es schlimm ist,
> dass wir Toleranz gegenüber der Gewalt in den Medien aufbringen. Für mich
> ist das ein Zirkelschluss: Wenn ich es nicht schlimm finde, abzustumpfen,
> werde ich es auch nicht schlimm finden, wenn ich weiter abstumpfe.

Stimmt nur, wenn Gewalt in den Medien keine anderen negativen Wirkungen
haette. Hat sie aber nachgewiesenerweise und deshalb ist eine erhoehte
Toleranz gegenueber Mediengewalt ein zusaetzlicher negativer Effekt.

Parallele: Erwaermung des Klimas. Durch die Erwaermung des Weltklimas
schmelzen
die Polkappen. Weniger Eis an den Polkappen bedeutet auch weniger
Reflektion
der Sonneneinstrahlung, deswegen fuehrt das zu einer weiteren
Erwaermung.
Ist das schlimm? An sich nicht! Wen stoert denn, dass es an den
Polkappen weniger
Eis gibt? Da lebt doch praktisch niemand ausser ein paar Forschern.
Aber diese positive Rueckkopplung wird zum Problem, weil die Erwaermung
des Weltklimas noch ein paar andere negative Wirkungen hat. Und deshalb
ist das Schmelzen der Polkappen tatsaechlich ein Problem.



> > Schlimm ist es, wenn Passanten zusehen, wie Menschen auf offener Strasse
> > verpruegelt werden, und das mit dem gleichen Interesse verfolgen, wie
> > eine
> > Pruegelei im Fernsehen oder Kino.
> > (Eine andere Grund, warum Passanten nicht eingreifen, ist dass sie Angst
> > haben. Mehr Angst als eigentlich angebracht, weil im Fernsehen praktisch
> > nur von Pruegeleien mit toedlichem Ausgang berichtet wird.)
> Das bestreite ich. Sie versuchen, sofern wir uns auf Klisches über mangelnde
> Zivilcourage einlassen wollen, der Situation schnellstmöglich zu entkommen,
> weil es ihnen unangenehm ist, unter Handlungsdruck gesetzt zu werden. Sie

Ich hab mich auf Passanten bezogen, die zuschauen, nicht auf solche,
die weglaufen.

> trauen sich aus Angst vor einer Blamage (nicht allein aus Angst vor der
> Gewalt) nicht, als einzige einzugreifen.

Wie abgestumpft muss jemand sein, dass er zusehen kann, wie jemand
verpruegelt wird, und sich dabei Sorgen macht, dass er beim Eingreifen
ungelenk aussehen koennte?

> Das bezieht sich auf Situationen,
> in denen mehrere Leute (die in einer Überzahl gegenüber einem Gewalttäter
> sind) nicht eingreifen - nicht auf eine Situation, in der ich als möglicher
> Helfer selbst einer Gefahr ausgesetzt bin - und diese Angst ist nicht aus
> Filmen erlernt.

Habe ich auch nicht gesagt. Aber sie wird durch Filme und Nachrichten
(die sich die toedlich verlaufenden Pruegeleien herauspicken)
verstaerkt.



> > Sie senkt die Hemmschwelle Gewalt anzuwenden. Bei Kindern sieht man das
> > vielleicht am deutlichsten.
> Kinder rechne ich nicht zu dem Personenkreis, der über Gesehenes in einem
> ausreichendem Maße reflektieren kann.

Ich bezog mich auf einen unbewussten Prozess, der bei Kindern wie
Erwachsenen ablaeuft, aber bei Kindern deutlich sichtbarer wird.

> Davon abgesehen, würde ich keinem
> Kind/Jugendlichen Horrorfilme zeigen, da es sehr wahrscheinlich ist, dass
> sie noch nicht reif dafür sind. In der Praxis kann man Kinder leider kaum
> vor den Filmen schützen, da sie im Fernsehen meiner Meinung nach nichts zu
> suchen haben.

Natuerlich kann man Kinder vor Gewalt im Fernsehen schuetzen.
Wir schuetzen sie auch vor Hardcore-Pornos, Sadomasochismus und
Volksverhetzung.

> > Ich nehme an, dass es sich bei Eltern auch
> > in einer gewalttaetigeren Kindererziehung niederschlaegt
> Aus der Annahme, dass alle gewalttätigen Eltern (oder Gewalttäter im
> Allgemeinen) Gewaltfilme gesehen haben, darf nicht geschlossen werden, dass
> jeder Gewaltfilmkonsument auch gewalttätig wird.

Hab ich nicht getan.
Ich weiss wieder, wo ich das herhabe: In Stop Teaching our Kids to Kill
wird auf eine Studie von Leonard Eron und L. Rowell Huesmann von 1984
verwiesen, die ueber 22 Jahre ging und nachwies, dass 30-jaehrige
Eltern,
die als Achtjaehrige mehr ferngesehen haben, ihre eigenen Kinder
tendenziell haerter bestraften.

> > Das kannst du nur fuer den Alltag sagen.
> > Wie wir in Extremsituationen reagieren, koennen wir nicht wissen,
> > solange wir nicht drin sind.
> Wenn ich schon auf die alltägliche Gewalt in den Nachrichten nicht
> abgestumpft reagiere, warum sollte ich auf extremere reale Gewalt (falls Du
> das mit Extremsituationen meinst) auf einmal abgestumpft reagieren? - Und
> das aufgrund von Horrorfilmen!

Mit Extremsituationen meinte ich starken emotionalen, psychischen
oder physischen Stress. Zum Beispiel wenn du und deine Freundin
von einer Gruppe Glatzen mit Baseballschlaegern angegriffen wirst
und eine geladene und entsicherte Pistole in der Hand hast.
(Ich weiss, das Beispiel ist arg konstruiert.)
Unter abgestumpft reagieren, verstehe ich dann, dass dein erster
Schuss auf den Kopf oder Brust von einem Glatzkopf zielt.
(Und nicht in die Luft oder auf die Beine.)
Na gut, ist ein schlechtes Beispiel.

> Ich binde es niemanden auf die Nase, wie ich zu Horrorfilmen stehe, daher
> kann ich auch keine (versteckte) Bewunderung von anderen empfinden (auch
> wenn sie nur eingebildet wäre).

Ich dachte an deine Freundin.

> Ich bin allerdings stolz (mir fällt jetzt
> kein passenderes Wort ein) darauf, dass ich im Vergleich zu anderen
> Horrorfilmkonsumenten anders mit den Filmen umgehen kann und eher dadurch
> Bestätigung von anderen suche.

Das laesst dein Posting in einem ganz neuen Licht erscheinen! :)

> Mir ist aber auch klar, dass ich es Euch
> durchaus auf die Nase gebunden habe, wie ich zu den Filmen stehe - über den
> Grund dafür könnte man sicher auch noch lange diskutiren...

Ah, ich fuerchte, dir wird die Diskussion langweilig.
Na gut, ich hab ja auch nur einen Schuss ins Blaue abgegeben,
was deine Motivation Horrorfilme anzusehen angeht.

Gruesse, auch an die Freundin

Martin

Message has been deleted

Jochen

unread,
Sep 3, 2000, 2:21:10 PM9/3/00
to

On Tue, 29 Aug 2000, Jens Kaufmann wrote:
> nach einer Diskussion mit meiner Freundin, warum ich mir Horrorfilme ansehe
> (was sie abscheulich findet), stoße ich langsam an die Grenzen meiner
> Erklärungsversuche.
[schippschnapp]

Spannendes Thema...Natuerlich weiss ich auch nicht, warum du..aber, dass
erwartet hoffentlich auch niemand:-)

Aaalso, mein Vorschlag:
Uebernimm die dir angebotenen Rollen und identifiziere dich
damit...auch, gerade, emotional. In einer Gruppe koennt ihr euch aufteilen.

Dann kannst du die in den Rollen transportierten
Lebensentwuerfe/Handlungsmuster/Wertevorstellungen mit _deinen_ Entwuerfen
und Erfahrungen (in dem Fall in bezug auf Gewalt und
Geschlechterverhaeltnis und
so..) vergleichen und dadurch verstehen.

Assoziiere zu einzelnen Szenen usw. alles was dir einfaellt.
Aber nicht sofort analysieren. Lass dich ueberraschen.
Fange am besten an einer Szene an, die dich etwas befremdet,
irritiert...(schwer zu beschreiben, aber du wirst es merken;-)...man
erkennt solche Szenen an einer, wie auch immer
gearteten Reaktion, die mit dem erkennbaren Bedeutung im Film in keinem
Zusammenhang steht...und kommt so auf eine zweite, unterschwellige
Sinnebene...
Soviel in Kuerze...viel Spass...

Falls nichts dabei rauskommt, hat die Methode einen grossen Vorteil:
Ich finde auf diese Betrachtungsart mittlerweile JEDEN Film spannend
:-))

Ergaenzung: Falls du es nicht ohnehin schon tust, koennte es sich
bewaehren, vor dem Film, wohlportioniert mit Verstand, sein "Bewusstsein"
mit einem herkoemmlichen Ueber-Ich-Loesungsmittel sowie einer Dosis
Assoziationskraft-Verstaerker (nur in den Niederlanden legal!)
zu behandeln. Praktisch: Auch dass in solchen Faellen eher hinderliche
Kurzzeitgedaechtnis wird gleich miteliminiert =%-]

Selbsterkenntnis ist ein Team-Sport!:-)

Jochen!
--
aus privaten Gruenden Splatter-Film-Gegner

Jochen

unread,
Sep 3, 2000, 3:04:54 PM9/3/00
to

On Sun, 3 Sep 2000, Jens Kaufmann wrote:
> Ich kann nur wiederholen: Ich habe *kein* Problem mit Horrorfilmen, aber
> genau das wird von vielen Seiten in Frage gestellt. Und wenn ich sage, dass
> mir niemand vorschreiben kann, was *normal* ist, könnte das ignorant wirken

Stimmt. Zumal man dass was als normal zu gelten hat, oft genug
sehr wirkungsmaechtig vorgeschrieben bekommt.

> und darauf hindeuten, dass ich mein Sehverhalten aggressiv verteidige. Damit
> ist mir dann auch nicht geholfen.

Stimmt.
Eine moegliche Vermutung meinerseits waere mittlerweile, dass es bei
dieser Kritik an deinem Horror-Fan-tum um etwas ganz anders geht...*spekulier*

Jochen!

O.G. Schwenk

unread,
Sep 3, 2000, 4:13:43 PM9/3/00
to
Alexander Schestag <imh...@gmx.de> schrieb:

>[Mead-Freeman-Kontroverse]
>
>> Klingt sehr interessant. Gibts dazu vielleicht einen schlanken
>> Literaturtipp? (Aber nur wenn Du was knackiges zur Hand hast. 37
>> Zeitschriftenartikel werde ich sicher nicht lesen)
>
>Hab ich jetzt leider nichts zur Hand. Es gibt ein Buch von Freeman zu
>der Sache, aber die genaue Literaturangabe ist mir jetzt unbekannt, und
>knackig dürfte das auch kaum sein.

Mit "knackig" meinte ich nur, nicht ueber diverse Ausgaben
verschiedener uralter Zeitschriften verstreut. Der obige Hinweis ist
schon ganz gut. Danke.

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