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Was versteht Ihr unter "Pflicht" ?

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Black Mesa

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Nov 29, 2000, 3:00:00 AM11/29/00
to
Hallo an alle Philosophen!
Im Philosophieunterricht behandeln wir gerade eine Auszug aus Immannuel
Kants
"Kritik der praktischen Vernunft - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten".
Darin
taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche, deren
Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
"Pflicht" verstehen.

Ich warte auf Eure Antwort.
THX im voraus.

Rene Meyer

unread,
Nov 29, 2000, 3:00:00 AM11/29/00
to
ON Wed, 29 Nov 2000 17:20:56 +0100, Black Mesa wrote:
> taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche, deren
> Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
> Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
> "Pflicht" verstehen.

Kant versteht IMO unter der Pflicht gerade das zu tun, was der
kategorische Imperativ nicht verbietet. Das Problem besteht aber
darin, daß gerade letzterer keine Aussagen darüber macht, aufgrund
welcher vernunftmäßiger Grundsätze oder aufgrund welcher Algorithmen
man erkennen kann, was dem kategorischen Imperativ widerspricht. Die
Entscheidung z.B., was man nicht wollen kann, daß es allgemeines
Gesetz werde, kann durchaus subjektiv unterschiedlich ausfallen.
Ich persönlich versuche immer so zu handeln, daß ich nach bestem
Wissen und Gewissen dem Fortbestand und der Weiterentwicklung aller
Menschen dienlich bin oder (wenn ich mal weniger Lust habe, das
kommt vor, gebe ich ja zu) diesem Kriterium wenigstens nicht
zuwiderhandle, was natürlich viel minimalistischer ist. Weiterhin
versuche ich immer möglichst unvoreingenommen und v.a. meine
Gedanken hinterfragend zu sein, so daß ich Fehlhandlungen aufgrund
von Ignoranz z.B. möglichst vermeiden kann. Ich denke, mehr als
diese beiden Dinge kann niemand tun, nach diesen beiden Grundsätzen
zu handeln sollte also für alle Menschen Pflicht sein. In
Einzelfallentscheidungen ist das natürlich alles viel komplexer, da
man sich da immer den Gegebenheiten der Situation anpassen muß.

--
René Meyer
Student of Physics - Chemnitz University of Technology

Jonas

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to

Black Mesa <Black...@gmx.net> schrieb in im Newsbeitrag:
903aen$46n$02$1...@news.t-online.com...

> Hallo an alle Philosophen!
> Im Philosophieunterricht behandeln wir gerade eine Auszug aus Immannuel
> Kants
> "Kritik der praktischen Vernunft - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten".
> Darin
> taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche,
deren
> Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
> Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
> "Pflicht" verstehen.


Der kategorische Imperativ ist eigentlich ausgedrückt in dem Satz:" Handle
so, das deine Handlung als allgemeine Regel aufgestellt werden kann". Nun
sagt Kant, das man solche Entscheidungen ohne Neigung, nur nach diesem
Vernunftgrundsatz treffen soll. Hier ergibt sich aber das erste Problem. Ist
es wirklich vernünftig, sich selbst, für alle aufzugeben? Ein Verbrecher,
der von langer Hand plant, eisern und unerschütterlich seinen Plan
durchzieht, und am Ende die Herrschaft über was weiß ich für Firmen hat;
kann man den unvernünftig nennen? Im Gegensatz ein Mensch, der sich im Krieg
opfert, um seinen Landsleuten einen Sieg zu beschaffen; wird man den
vernünftig nennen?
Es ist allgemein bekannt, das gut geplante Verbrechen nicht ohne einen
vernünftigen Kopf auskommen, dagegen können gute Taten auch unüberlegt
passieren.
Das meine erste Kritik an diesen Imperativ!
Der nächste Punkt ist etwas philosophischer und ich erwarte nicht, das er
versanden wird. "Handle so, das deine Handlung als allgemeine Regel gelten
könnte", ist als Satz nicht mehr als:"Tue nichts, was du nicht selbst
erleiden willst". Denn wenn man den obigen Satz anschaut, so kann er gar
nicht unsere Handlung bestimmen, mir könnte ja alles egal sein. Ich brauche
also einen Punkt, der mich auch dazu reizt, diesen Imperativ anzuwenden.
Schauen wir genauer hin. Der Imperativ gibt uns eigentlich kein Gesetz an
die Hand, nach dem wir Handeln sollen, er gibt uns eine allgemeine Regel,
nach dem wir diese Gesetze finden können. Ich muß also überlegen, und komme
von dem Imperativ, "handle so...", zu der Erkenntnis, das es für MICH, als
EINZELNER, besser wäre, wenn alle Menschen so Handeln würden, das sie den
anderen nicht schädigen. Deswegen soll ich ebenfalls niemanden schaden.
Genauer angesehen ist der kategorische Imperativ also ein Gesetz des Egos,
ja, die einzige Grundlage die er als moralisches Prinzip hat, ist der
egoistische Selbsterhaltungstrieb.
So eine Lehre ist vielleicht gut, um einen Staat aufzubauen, aber als
moralisches Prinzip ist es überhaupt nicht tauglich.


Jonas

Jonas

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to

Rene Meyer <rene....@s2000.tu-chemnitz.de> schrieb in im Newsbeitrag:
a1s309...@tu-chemnitz.de...

> ON Wed, 29 Nov 2000 17:20:56 +0100, Black Mesa wrote:
> > taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche,
deren
> > Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen
werden.
> > Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage
unter
> > "Pflicht" verstehen.
>
> Kant versteht IMO unter der Pflicht gerade das zu tun, was der
> kategorische Imperativ nicht verbietet. Das Problem besteht aber
> darin, daß gerade letzterer keine Aussagen darüber macht, aufgrund
> welcher vernunftmäßiger Grundsätze oder aufgrund welcher Algorithmen
> man erkennen kann, was dem kategorischen Imperativ widerspricht. Die
> Entscheidung z.B., was man nicht wollen kann, daß es allgemeines
> Gesetz werde, kann durchaus subjektiv unterschiedlich ausfallen.
> Ich persönlich versuche immer so zu handeln, daß ich nach bestem
> Wissen und Gewissen dem Fortbestand und der Weiterentwicklung aller
> Menschen dienlich bin oder (wenn ich mal weniger Lust habe, das
> kommt vor, gebe ich ja zu) diesem Kriterium wenigstens nicht
> zuwiderhandle, was natürlich viel minimalistischer ist. Weiterhin
> versuche ich immer möglichst unvoreingenommen und v.a. meine
> Gedanken hinterfragend zu sein, so daß ich Fehlhandlungen aufgrund
> von Ignoranz z.B. möglichst vermeiden kann. Ich denke, mehr als
> diese beiden Dinge kann niemand tun, nach diesen beiden Grundsätzen
> zu handeln sollte also für alle Menschen Pflicht sein. In
> Einzelfallentscheidungen ist das natürlich alles viel komplexer, da
> man sich da immer den Gegebenheiten der Situation anpassen muß.


Ich denke, es ist besser sich bei moralischen Entscheidungen auf sein
Gewissen zu verlassen, als auf seine Vernunft. Wenn ein Kind ins Wasser
Fallen würde, und am ertrinken ist, würde die Vernunft sagen, es wäre besser
nicht zu helfen, sonst sterben am Ende vieleicht zwei; das Gewissen würde
mich aber antreiben zu helfen.

Leeloo

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to
Hat sich schon mal jemand überlegt daß das ganze mit dem kategorischen
Imperativ eigentlich ziemlich unsinnig ist, da es nie für mehr als einen
Menschen gelten kann?
Ich persönlich halte davon nicht viel mehr als einen Weg zu
ungerechtfertigtem Seelenfrieden zu finden, indem man es sich leicht macht
und seine Taten nach diesem Schema begründet.

Für mich gibt es keine Pflichten. Das Wort ist so lächerlich. Wieso sollte
jemand glauben das es etwas gibt was jemand tun muß oder besser ausgedrückt
wieso sollte ein Mensch jemals davon überzeugt sein können das Richtige zu
tun? Allein der Umstand daß ein Mensch bereits Fehler gemacht hat sollte
genügen um vor einer Verallgemeinerung eines subjektiven Gedankens zu
warnen.
Das ein Glaube richtig ist weil er für alle gleichermaßen gelten kann ist
nicht zwingend. Das sieht man bereits an den Gesetzbüchern, die zwar für
alle gelten, deren Regelungen jedoch teilweise abstrus sind und nicht so
funktionieren wie man sich das gerne vorstellt.

Leeloo

Black Mesa schrieb in Nachricht <903aen$46n$02$1...@news.t-online.com>...


>Hallo an alle Philosophen!
>Im Philosophieunterricht behandeln wir gerade eine Auszug aus Immannuel
>Kants
>"Kritik der praktischen Vernunft - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten".
>Darin

>taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche,
deren
>Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
>Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
>"Pflicht" verstehen.
>

Mick Krippendorf

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to
Jonas schrieb:

>
> Ich denke, es ist besser sich bei moralischen Entscheidungen auf sein
> Gewissen zu verlassen, als auf seine Vernunft. Wenn ein Kind ins Wasser
> Fallen würde, und am ertrinken ist, würde die Vernunft sagen, es wäre besser
> nicht zu helfen, sonst sterben am Ende vieleicht zwei; das Gewissen würde
> mich aber antreiben zu helfen.

Dass für einen allgemeinen Begriff der Pflicht das Gewissen Vorrang vor
der Vernunft haben soll, könntest Du höchstens dann zu Recht behaupten,
wenn Du entweder zeigen könntest, dass es keine anderen Pflichten als
solche des Gewissens gibt, oder dass aus dem Gewissen resultierende
Pflichten stets "verpflichtender" sind, als solche, die von woanders,
z.B. aus der Vernunft, herrühren.

Zunächst einmal ist es doch so, dass das Gewissen höchstens
Einzelurteile, und keine Handlungsmaximen liefert. Das Wort "Pflicht"
wird aber im allgemeinen so verwendet, dass es sich auf Handlungsmaximen
bezieht, d.h., auf Sätze der Form: "In Situationen der Klasse S verhalte
man sich stets so, dass dieses Verhalten zu einer neuen Situation aus
der Klasse S' führt". Natürlich ist nicht jede solche Aussage eine
Pflicht, denn z.B. der Satz "Wann immer man nachts allein einem
12-jährigen Mädchen begegnet, vergewaltige man es" gilt nicht als
Pflicht, denn Vergewaltigung ist verboten, und Pflicht kann nur sein,
was auch erlaubt ist. An diesem Beispiel lässt sich auch illustrieren,
was an Deinem Ansatz falsch ist. Angenommen, folgender Satz sei
verpflichtend: "In keiner Situation verletze man die Würde irgendeines
anderen Menschen", und angenommen, es gelte auch "Wer jemanden
vergewaltigt, verletzt dessen Würde", dann folgt daraus die
Handlungsmaxime "In keiner Situation vergewaltige man jemanden", welcher
die Pflicht ausdrückt, nicht zu vergewaltigen. Nun gibt es aber
Vergewaltigungen, und da man das Gewissen einer Person höchstens an
ihren Handlungen erkennen kann, ist anzunehmen, dass nicht jeder
Vergewaltiger bei der Vergewaltigung gegen sein Gewissen gehandelt hat.
Da die Pflicht, nicht zu vergewaltigen trotzdem gilt, kann also in
diesen Fällen das (fehlende) Gewissen nicht die Pflicht begründen.

Die nächste Frage ist: Wie, wenn nicht durch des Gewissens, begründet
man Pflichten? Ich bin tatsächlich der Ansicht, dass man das nur mittels
der Vernunft durchführen kann. Begründen kann ich es allerdings noch
nicht, dazu muss ich erst noch eine Weile lesen und nachdenken.
Vielleicht weiß aber auch jemand anderes hier in d.s.p was.


Gruß,
Mick.

Leeloo

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to

>Die nächste Frage ist: Wie, wenn nicht durch des Gewissens, >begründet
>man Pflichten? Ich bin tatsächlich der Ansicht, dass man das nur >mittels
>der Vernunft durchführen kann. Begründen kann ich es allerdings >noch
>nicht, dazu muss ich erst noch eine Weile lesen und nachdenken.
>Vielleicht weiß aber auch jemand anderes hier in d.s.p was.


Die Vernunft eines unvernünftigen Geistes ist unvernünftig, trotz des
Glaubens an von diesem an seine Vernunft.
Nun, wer soll den festsetzen wann etwas vernünftig ist?

Leeloo

Jonas

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to

Mick Krippendorf <mkri...@infomatec.de> schrieb in im Newsbeitrag:
3A26534F...@infomatec.de...

Jonas schrieb:
>
> Ich denke, es ist besser sich bei moralischen Entscheidungen auf sein
> Gewissen zu verlassen, als auf seine Vernunft. Wenn ein Kind ins Wasser
> Fallen würde, und am ertrinken ist, würde die Vernunft sagen, es wäre
besser
> nicht zu helfen, sonst sterben am Ende vieleicht zwei; das Gewissen würde
> mich aber antreiben zu helfen.

Dass für einen allgemeinen Begriff der Pflicht das Gewissen Vorrang vor
der Vernunft haben soll, könntest Du höchstens dann zu Recht behaupten,
wenn Du entweder zeigen könntest, dass es keine anderen Pflichten als
solche des Gewissens gibt, oder dass aus dem Gewissen resultierende
Pflichten stets "verpflichtender" sind, als solche, die von woanders,
z.B. aus der Vernunft, herrühren.

Ich habe in meinen anderen Posting gezeigt, warum man keine moralischen
Handlungen auf die Vernunft gründen kann. Das ist ein Aberglaube: Handlungen
werden nicht automatisch gut, weil sie vernünftig sind. So als ob alle
Menschen, die moralisch schlecht gehandelt haben, zugleich keine Vernunft
bessen haben. Ich denke es zeigt sich ganz klar, das bekannte Verbrecher
durchaus Vernunft hatten, mitunter überlegene Vernunft. Ich für mich kann
einen Menschen, der von langer Hand plant, sein Plan durchführt und bis ans
Ende seines Lebens in Ruhe mit seinen Wohlhaben leben kann, nicht
vernunftlos nennen - wenngleich ich ihn einen schlechten Mensch nennen kann.
Nur als kleine Anmerkung, fast alle Philosophen vor Kant, von den Griechen
angefangen, haben die moral eher auf das Gewissen aufgebaut. Erst Kant hat
diesen Begriff verunstalltet und es ist nicht gerade eine beruhgende Tat für
seine Lehre, wenn er allen Zeiten und allen Völkern widerspricht.

Zunächst einmal ist es doch so, dass das Gewissen höchstens
Einzelurteile, und keine Handlungsmaximen liefert. Das Wort "Pflicht"
wird aber im allgemeinen so verwendet, dass es sich auf Handlungsmaximen
bezieht, d.h., auf Sätze der Form: "In Situationen der Klasse S verhalte
man sich stets so, dass dieses Verhalten zu einer neuen Situation aus
der Klasse S' führt". Natürlich ist nicht jede solche Aussage eine
Pflicht, denn z.B. der Satz "Wann immer man nachts allein einem
12-jährigen Mädchen begegnet, vergewaltige man es" gilt nicht als
Pflicht, denn Vergewaltigung ist verboten, und Pflicht kann nur sein,
was auch erlaubt ist. An diesem Beispiel lässt sich auch illustrieren,
was an Deinem Ansatz falsch ist. Angenommen, folgender Satz sei
verpflichtend: "In keiner Situation verletze man die Würde irgendeines
anderen Menschen", und angenommen, es gelte auch "Wer jemanden
vergewaltigt, verletzt dessen Würde", dann folgt daraus die
Handlungsmaxime "In keiner Situation vergewaltige man jemanden", welcher
die Pflicht ausdrückt, nicht zu vergewaltigen. Nun gibt es aber
Vergewaltigungen, und da man das Gewissen einer Person höchstens an
ihren Handlungen erkennen kann, ist anzunehmen, dass nicht jeder
Vergewaltiger bei der Vergewaltigung gegen sein Gewissen gehandelt hat.
Da die Pflicht, nicht zu vergewaltigen trotzdem gilt, kann also in
diesen Fällen das (fehlende) Gewissen nicht die Pflicht begründen.

Wie gesagt, der Imerativ ist gut geeignet, um einen Staat aufzubauen, aber
als Lehrbegriff für eine Philosophie, ist er einfach zu platt, zu kar, zu
geißtlos und noch dazu unhaltbar.

Die nächste Frage ist: Wie, wenn nicht durch des Gewissens, begründet
man Pflichten? Ich bin tatsächlich der Ansicht, dass man das nur mittels
der Vernunft durchführen kann. Begründen kann ich es allerdings noch
nicht, dazu muss ich erst noch eine Weile lesen und nachdenken.
Vielleicht weiß aber auch jemand anderes hier in d.s.p was.

Die Vernunft würde in manchen Situationen eher dazu anhalten unmenschlich
und nur für seinen egoistischen Vorteil zu Handeln, als es das Gewissen tut.
Deswegen sperren wir ja auch keine vernunftlosen ins Gefähngnis, sondern
Gewissenlose.


Grüß dich auch!


Ilja Schmelzer

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to
"Jonas" <h-p....@t-online.de> writes:
> Der kategorische Imperativ ist eigentlich ausgedrückt in dem Satz:" Handle
> so, das deine Handlung als allgemeine Regel aufgestellt werden kann". Nun
> sagt Kant, das man solche Entscheidungen ohne Neigung, nur nach diesem
> Vernunftgrundsatz treffen soll. Hier ergibt sich aber das erste Problem. Ist
> es wirklich vernünftig, sich selbst, für alle aufzugeben?

Das fordert der Imperativ nicht.

> Ein Verbrecher, der von langer Hand plant, eisern und


> unerschütterlich seinen Plan durchzieht, und am Ende die Herrschaft
> über was weiß ich für Firmen hat; kann man den unvernünftig nennen?

Klar. Es gibt weitaus weniger riskante Methoden, ein schoenes Leben
zu fuehren. Wenn einer wie durch ein Wunder damit Erfolg hat, (nur um
dann festzustellen dass Geld nicht gluecklich macht) ist er fuer mich
nicht vernueftiger als einer, der eine ziemlich waghalsige aber im
Endeffekt ziemlich nutzlose Sache heil ueberlebt hat - Glueck gehabt
halt, aber vernuenftig?

> Im Gegensatz ein Mensch, der sich im Krieg opfert, um seinen
> Landsleuten einen Sieg zu beschaffen; wird man den vernünftig
> nennen?

Nein. Ist ja wohl auch keine Pflicht.

> Es ist allgemein bekannt, das gut geplante Verbrechen nicht ohne einen
> vernünftigen Kopf auskommen, dagegen können gute Taten auch unüberlegt
> passieren.

Verbrechen passieren sehr viel oefter ohne klugen Kopf. Und wirklich
kluge Leute helfen durchaus anderen.

> Das meine erste Kritik an diesen Imperativ!

Da kann der arme Imperativ aber nichts dafuer ;-)

> Der nächste Punkt ist etwas philosophischer und ich erwarte nicht, das er
> versanden wird. "Handle so, das deine Handlung als allgemeine Regel gelten
> könnte", ist als Satz nicht mehr als:"Tue nichts, was du nicht selbst
> erleiden willst". Denn wenn man den obigen Satz anschaut, so kann er gar
> nicht unsere Handlung bestimmen, mir könnte ja alles egal sein.

Dir ist aber nicht alles egal. Der KI bestimmt auch nicht unsere
Handlungen, er beschraenkt sie nur.

> Genauer angesehen ist der kategorische Imperativ also ein Gesetz des Egos,
> ja, die einzige Grundlage die er als moralisches Prinzip hat, ist der
> egoistische Selbsterhaltungstrieb.

Ja. Und?

> So eine Lehre ist vielleicht gut, um einen Staat aufzubauen, aber als
> moralisches Prinzip ist es überhaupt nicht tauglich.

Wieso? Alle moralischen Prinzipien sind so - Prinzipien die das
Zusammenleben fuer alle (und damit auch den Einzelnen) besser machen.
Die Liebe zu Gott ist auch nie ohne Angst vor dem Fegefeuer und
Hoffnung aufs Paradies ausgekommen.

Oder willst du unbedingt Moralprinzipien die moeglichst vielen
schaden? Welche denn? Wozu?

Ilja
--
I. Schmelzer, <il...@ilja-schmelzer.net>, http://ilja-schmelzer.net

Ilja Schmelzer

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to
"Leeloo" <superka...@teleweb.at> writes:
> Hat sich schon mal jemand überlegt daß das ganze mit dem kategorischen
> Imperativ eigentlich ziemlich unsinnig ist, da es nie für mehr als einen
> Menschen gelten kann?

Wieso? Ich wende es auch auf Organisationen an. Auch die koennen sich
nach dem KI richten oder auch nicht, wenn sie (nach ihrem Statut)
nur das tun, was sie auch von anderen Organisationen billigen.

> Ich persönlich halte davon nicht viel mehr als einen Weg zu
> ungerechtfertigtem Seelenfrieden zu finden, indem man es sich leicht
> macht und seine Taten nach diesem Schema begründet.

Nun, es ist sicherlich besser wenn jemand seine Taten so rechtfertigen
kann als wenn er es nicht kann. Besser fuer die anderen, die unter
diesen Taten ja evtl. leiden muessen - deren Leiden duerften im ersten
Fall im Mittel geringer sein.

> Das ein Glaube richtig ist weil er für alle gleichermaßen gelten
> kann ist nicht zwingend.

Allerdings. Der KI definiert fuer mich ein Minimalstandard. Wer
nicht mal den einhaelt, ist einfach, ohne weiteren Kommentar,
verbrecherisch.

(Z.B. als interessante Anwendung auf Organisationen ist jeder Staat
verbrecherisch.)

> Das sieht man bereits an den Gesetzbüchern, die zwar für
> alle gelten, deren Regelungen jedoch teilweise abstrus sind und nicht so
> funktionieren wie man sich das gerne vorstellt.

In der Tat.

BTW, learn.to/quote

Ilja Schmelzer

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to
"Jonas" <h-p....@t-online.de> writes:
> Ich denke, es ist besser sich bei moralischen Entscheidungen auf sein
> Gewissen zu verlassen, als auf seine Vernunft. Wenn ein Kind ins Wasser
> Fallen würde, und am ertrinken ist, würde die Vernunft sagen, es wäre besser
> nicht zu helfen, sonst sterben am Ende vieleicht zwei; das Gewissen würde
> mich aber antreiben zu helfen.

Wenn es die Vernunft (und nicht Feigheit) ist, die dir dies sagt, weil
du selbst nicht schwimmen kannst, hoere doch besser auf die Vernunft
und versuche einen Schwimmer zu finden, der helfen kann.

Das Problem ist wohl eher dass die "Vernunft" oft als Ausrede
missbraucht wird als die Vernunft selbst.

Leeloo

unread,
Nov 30, 2000, 3:00:00 AM11/30/00
to

Ilja Schmelzer schrieb in Nachricht ...

>Wieso? Ich wende es auch auf Organisationen an. Auch die koennen sich
>nach dem KI richten oder auch nicht, wenn sie (nach ihrem Statut)
>nur das tun, was sie auch von anderen Organisationen billigen.


>


>Nun, es ist sicherlich besser wenn jemand seine Taten so rechtfertigen
>kann als wenn er es nicht kann. Besser fuer die anderen, die unter
>diesen Taten ja evtl. leiden muessen - deren Leiden duerften im ersten
>Fall im Mittel geringer sein.

Das mit dem Leiden ist ja das Problem. Bei menschlichen Entscheidungen
können
bei weitem mehr Lebewesen leiden als es für einen "vernünftigen" Menschen
ersichtlich ist. Die Gefahr besteht ja gerade darin, daß es dann anscheinend
eine Art Rechtfertigung
gibt, die aber auch als Vorwand für schlechte Taten dienen kann. Um ein
Beispiel zu geben, könnte
ich eine Aussage die in dieser Diskussion gefallen ist heranziehen. Da sagte
Rene Meyer daß ein Gesetz sein
könnte nach der Maxime zu handeln, daß man dem Fortbestand der Menschen
dient.
Also soll dies allgemeines Gesetz werden, sodass jeder Mensch dieser Maxime
folgen sollte. Ein einfaches Beispiel welches auch
noch in der Durchführung durch den Selbsterhaltungstrieb unterstützt wird
und der anscheinend, für ein soziales Wesen wie den Menschen, das
lebenswichtige soziale Umfeld erhält. Also ist es logisch ersichtlich dass
einjeder dieser Maxime folgen sollte.
Dieser Maxime folgend sind jedoch unzählige Menschen gestorben, es ist
unzähliges Leid geschehen, sowohl an Menschen als auch an
Tieren und Pflanzen. Man sollte nur an die KZ Opfer denken, die es
vielleicht vorgezogen hätten, gar nicht geboren worden zu sein um nicht
ihres und v.a. das Leid ihrer Angehörogen miterleben zu müssen. Wenn vor
einem die Famillie gefoltert und erschossen wird kommen
einem schon Zweifel an der Maxime daß es Wert wäre die Rasse des Menschen
beim weiterleben zu unterstützen. Desweiteren könnte man sich noch
überlegen, daß der Mensch im Laufe seiner Geschichte bei weitem mehr Tiere
getötet und geqüält hat als es bisher
Menschen gegeben hat. In dieser Sekunde werden unzählige Wesen aufn Grund
des Vorhandenseins der menschlichen Art gequält. Man könnte sich hier
wiederum überlegen, ob das weiterleben einer solchen Art, die die Umwelt
progressiv zerstört, gegenüber all den anderen Millionen von Arten
gerechtfertigt ist.
Also kommt bereits dieses simple Beispiel an seine Grenzen. Natürlich will
ein Mensch daß es allgemeines Gesetz werde, daß die Menschliche Art
überlebt - ein egoistischer verständlicher Grund. Trotzdem ist eine
Diskussion über das Gegenteil dieser Meinung gerechtfertigt, was aufzeigt
daß der kategorische Imperativ im Endeffekt wieder ein egoistischer Ausdruck
eines Einzelnen ist und wenn auch in erster Sicht annehmbare Resultate zu
bringen scheint, allzuoft als unvernünftig entlarvt wird.

Leeloo
>

Rene Meyer

unread,
Nov 30, 2000, 6:09:46 PM11/30/00
to
ON 30 Nov 2000 18:25:58 +0100, Ilja Schmelzer wrote:
> Das Problem ist wohl eher dass die "Vernunft" oft als Ausrede
> missbraucht wird als die Vernunft selbst.

Stimme ich voll zu.

Rene Meyer

unread,
Nov 30, 2000, 6:33:21 PM11/30/00
to
ON Thu, 30 Nov 2000 19:10:08 GMT, Leeloo wrote:
> Das mit dem Leiden ist ja das Problem. Bei menschlichen Entscheidungen
> können
> bei weitem mehr Lebewesen leiden als es für einen "vernünftigen" Menschen
> ersichtlich ist. Die Gefahr besteht ja gerade darin, daß es dann anscheinend
> eine Art Rechtfertigung
> gibt, die aber auch als Vorwand für schlechte Taten dienen kann.

Ich verstehe den KI aber nicht als Vorwand für irgendetwas. Wer das
tut, hat sein Anliegen nicht verstanden, nämlich zumindest eine
Handreichung für die Entscheidungsfindung zu liefern. Wie man
nachweisen kann, ob es jemand mit seinen Entscheidungen wirklich
ernst meint oder nur vorgibt, vernünftig zu handeln, gibt er
natürlich nicht in allen Fällen an. Das ist auch eine ganz andere
Frage.

> Also soll dies allgemeines Gesetz werden, sodass jeder Mensch dieser Maxime
> folgen sollte. Ein einfaches Beispiel welches auch
> noch in der Durchführung durch den Selbsterhaltungstrieb unterstützt wird
> und der anscheinend, für ein soziales Wesen wie den Menschen, das
> lebenswichtige soziale Umfeld erhält. Also ist es logisch ersichtlich dass
> einjeder dieser Maxime folgen sollte.

Nicht in jedem Fall. Es ist nur ein Anhaltspunkt, aber IMO ein sehr
starker. Es geht auch in der Betrachtung immer um alle Menschen und
(nach bestem Wissen und Gewissen) um alle einer Person ersichtlichen
Konsequenzen ihres Handelns. Es darf niemand bevorzugt werden,
sondern es muss weiterhin angenommen werden, dass alle Menschen den
gleichen Anspruch auf mein gleiches Verhalten ihnen gegenüber haben.
Das sollte man vielleicht mit aufnehmen, aber ich fand das für so
ersichtlich. Aber die Gleichbehandlung aller ist natürlich ein
weiterer wichtiger Grundsatz.

> Dieser Maxime folgend sind jedoch unzählige Menschen gestorben, es ist
> unzähliges Leid geschehen, sowohl an Menschen als auch an
> Tieren und Pflanzen. Man sollte nur an die KZ Opfer denken, die es
> vielleicht vorgezogen hätten, gar nicht geboren worden zu sein um nicht
> ihres und v.a. das Leid ihrer Angehörogen miterleben zu müssen. Wenn vor
> einem die Famillie gefoltert und erschossen wird kommen
> einem schon Zweifel an der Maxime daß es Wert wäre die Rasse des Menschen
> beim weiterleben zu unterstützen.

s.o. Gleichbehandlungsgrundsatz. Ausserdem lehne ich schon aus
Gründen der Trivialität solche "die menschliche Rasse ist es nicht
wert, zu überleben"-Grundsätze ab, weil du das garnicht wissen
kannst. Sicher gibt es viel Leid, aber es gibt auch genügend
Möglichkeiten zur Überwindung dessen. Solche trivialen Erklärungen
sind mir immer suspekt, das ist wie (ist jetzt nur ein Analogon),
wenn man eine Gleichung beidseitig mit 0 multipliziert und sagt, sie
wäre erfüllt. Der Glaube an eine höhere Macht (Gott) ist auch etwas,
was einen Hauch dieser Trivialität hat.

> Desweiteren könnte man sich noch
> überlegen, daß der Mensch im Laufe seiner Geschichte bei weitem mehr Tiere
> getötet und geqüält hat als es bisher
> Menschen gegeben hat. In dieser Sekunde werden unzählige Wesen aufn Grund
> des Vorhandenseins der menschlichen Art gequält. Man könnte sich hier
> wiederum überlegen, ob das weiterleben einer solchen Art, die die Umwelt
> progressiv zerstört, gegenüber all den anderen Millionen von Arten
> gerechtfertigt ist.

Die Menschen sind sicher nicht vollkommen, aber wir reden ja jetzt
nicht darüber, wie die Menschen sind, sondern wieso sie so sind, wie
sie sind, welche Grundsätze ihr jetziges Handeln ausmacht und wie
sie sein sollten und natürlich, wie, wenn überhaupt, man ihnen
helfen könnte, sich zu ändern, eben weiter zu entwickeln.

> Also kommt bereits dieses simple Beispiel an seine Grenzen. Natürlich will
> ein Mensch daß es allgemeines Gesetz werde, daß die Menschliche Art
> überlebt - ein egoistischer verständlicher Grund.

Es liegt meiner Überlegung kein Arterhaltungsegoismus zu Grunde. Ich
denke nur, dass es wichtig ist, erst einmal als Grundlage aller
Veränderung überhaupt noch Menschen zu haben. Welche Richtung die
Weiterentwicklung dann ausmachen soll, ist nicht so einfach zu
sagen, nur dass sie dem Fortbestandsgrundsatz *aller* Menschen nicht
zuwiderlaufen darf, kann ich sagen. Ich möchte nochmal betonen, daß
diese Grundsätze keineswegs in allen Situationen gelten, dass sie
mir aber nach langer Überlegung und Betrachtung der verschiedensten
Begebenheiten in der Menschheitsgeschichte für passend erscheinen,
einen Hinweis auf richtiges Handeln zu liefern und dass sie auch
nicht grob mit anderen ethischen Prinzipien wie z.B. dem
KI zusammenstossen.

> Trotzdem ist eine
> Diskussion über das Gegenteil dieser Meinung gerechtfertigt, was aufzeigt
> daß der kategorische Imperativ im Endeffekt wieder ein egoistischer Ausdruck
> eines Einzelnen ist und wenn auch in erster Sicht annehmbare Resultate zu
> bringen scheint, allzuoft als unvernünftig entlarvt wird.

Du scheinst zu unterstellen, dass der KI wirklich nur Ausdruck des
Tieres Mensch ist. Das halte ich so für nicht richtig.

Rene Meyer

unread,
Nov 30, 2000, 6:38:14 PM11/30/00
to
ON Thu, 30 Nov 2000 09:36:13 +0100, Jonas wrote:
> Der kategorische Imperativ ist eigentlich ausgedrückt in dem Satz:" Handle
> so, das deine Handlung als allgemeine Regel aufgestellt werden kann". Nun
> sagt Kant, das man solche Entscheidungen ohne Neigung, nur nach diesem
> Vernunftgrundsatz treffen soll. Hier ergibt sich aber das erste Problem. Ist
> es wirklich vernünftig, sich selbst, für alle aufzugeben? Ein Verbrecher,

> der von langer Hand plant, eisern und unerschütterlich seinen Plan
> durchzieht, und am Ende die Herrschaft über was weiß ich für Firmen hat;
> kann man den unvernünftig nennen? Im Gegensatz ein Mensch, der sich im Krieg

> opfert, um seinen Landsleuten einen Sieg zu beschaffen; wird man den
> vernünftig nennen?

Sicher, der KI macht auch keine Soll-Aussagen, er macht nur Aussagen
darüber, was man nicht tun soll.

> Es ist allgemein bekannt, das gut geplante Verbrechen nicht ohne einen
> vernünftigen Kopf auskommen, dagegen können gute Taten auch unüberlegt
> passieren.

Ja, aber es ist für einen Menschen mit dem Willen, gutes zu tun, ein
gutes Hilfsmittel.

> Der nächste Punkt ist etwas philosophischer und ich erwarte nicht, das er
> versanden wird. "Handle so, das deine Handlung als allgemeine Regel gelten
> könnte", ist als Satz nicht mehr als:"Tue nichts, was du nicht selbst
> erleiden willst". Denn wenn man den obigen Satz anschaut, so kann er gar

> nicht unsere Handlung bestimmen, mir könnte ja alles egal sein. Ich brauche
> also einen Punkt, der mich auch dazu reizt, diesen Imperativ anzuwenden.

s.o. Verbotsaussagen

> Schauen wir genauer hin. Der Imperativ gibt uns eigentlich kein Gesetz an
> die Hand, nach dem wir Handeln sollen, er gibt uns eine allgemeine Regel,
> nach dem wir diese Gesetze finden können. Ich muß also überlegen, und komme
> von dem Imperativ, "handle so...", zu der Erkenntnis, das es für MICH, als
> EINZELNER, besser wäre, wenn alle Menschen so Handeln würden, das sie den
> anderen nicht schädigen. Deswegen soll ich ebenfalls niemanden schaden.

Genau. Aber man kann das noch erweitern: Es wäre für alle besser,
wenn niemand einem anderen Schaden zufügen würde.

> Genauer angesehen ist der kategorische Imperativ also ein Gesetz des Egos,
> ja, die einzige Grundlage die er als moralisches Prinzip hat, ist der
> egoistische Selbsterhaltungstrieb.

So langsam glaube ich, Jonas und LeeLoo sind die selbe Person.

> So eine Lehre ist vielleicht gut, um einen Staat aufzubauen, aber als
> moralisches Prinzip ist es überhaupt nicht tauglich.

Wieso nicht? Es hat vielen Menschen bisher sicherlich geholfen, mir
eingeschlossen. Aber es ist eben noch zu wenig, es ist vielleicht
notwendig, um moralisch gut zu handeln, aber auf keinen Fall
hinreichend. Ausserdem: Was schlägst du denn vor? (Sri, nicht als
Totschlagargument zu verstehen, sondern als Anregung, weil ich nicht
nur immer meine Position vertreten, sondern auch mal kritisieren
möchte.)

Rene Meyer

unread,
Nov 30, 2000, 6:08:40 PM11/30/00
to
ON Thu, 30 Nov 2000 14:01:52 GMT, Leeloo wrote:
<Wieso muessen hier eigentlich so viele keine Realnamen benutzen?>

> Die Vernunft eines unvernünftigen Geistes ist unvernünftig, trotz des
> Glaubens an von diesem an seine Vernunft.

Nun ist es aber so, dass unvernünftiges Handeln oftmals versteckte
Ursachen hat, entweder Unwissenheit, eigener Vorteil, andere
unbekannte emotionale Einflüsse oder auch mangelnde Intelligenz.
Manches kann man im Dialog beheben, offenlegen und damit
einer Änderung des Individuums den Weg frei machen, manches kann man
aber nicht beheben, solche Personen müssen dann mit Strafandrohung
und -durchsetzung an unmoralischen Handlungen gehindert werden.

> Nun, wer soll den festsetzen wann etwas vernünftig ist?

Es gibt IMO Kriterien, wenn auch nicht zwingende und IMO schon
garkeinen Algorithmus, wie ich auch schon in meinem ersten Posting
geschrieben habe.

Rene Meyer

unread,
Nov 30, 2000, 6:17:13 PM11/30/00
to
ON Thu, 30 Nov 2000 09:02:49 GMT, Leeloo wrote:
> Hat sich schon mal jemand überlegt daß das ganze mit dem kategorischen
> Imperativ eigentlich ziemlich unsinnig ist, da es nie für mehr als einen
> Menschen gelten kann?

Ja, das ist ein grundlegender Kritikpunkt am kategorischen
Imperativ. Allerdings kann bei genauerer Betrachtung fast nichts
mehr als intersubjektiv geltend sein.

> Ich persönlich halte davon nicht viel mehr als einen Weg zu
> ungerechtfertigtem Seelenfrieden zu finden, indem man es sich leicht macht
> und seine Taten nach diesem Schema begründet.

Naja, man begründet sie ja nicht ohne andere Personen, sondern man
erhält i. Allg. Response aus der Gesellschaft dafür.



> Für mich gibt es keine Pflichten. Das Wort ist so lächerlich. Wieso sollte
> jemand glauben das es etwas gibt was jemand tun muß oder besser ausgedrückt
> wieso sollte ein Mensch jemals davon überzeugt sein können das Richtige zu
> tun? Allein der Umstand daß ein Mensch bereits Fehler gemacht hat sollte
> genügen um vor einer Verallgemeinerung eines subjektiven Gedankens zu
> warnen.

Gegenfrage: Worauf baust du dann deine Entscheidungen auf?

> Das ein Glaube richtig ist weil er für alle gleichermaßen gelten kann ist

> nicht zwingend. Das sieht man bereits an den Gesetzbüchern, die zwar für


> alle gelten, deren Regelungen jedoch teilweise abstrus sind und nicht so
> funktionieren wie man sich das gerne vorstellt.

Fehlentwicklungen sind natürlich nicht ausgeschlossen.

> Black Mesa schrieb in Nachricht <903aen$46n$02$1...@news.t-online.com>...

Gequotet wird über der Antwort!

Rene Meyer

unread,
Nov 30, 2000, 6:02:38 PM11/30/00
to
ON Thu, 30 Nov 2000 09:44:36 +0100, Jonas wrote:
> Ich denke, es ist besser sich bei moralischen Entscheidungen auf sein
> Gewissen zu verlassen, als auf seine Vernunft. Wenn ein Kind ins Wasser
> Fallen würde, und am ertrinken ist, würde die Vernunft sagen, es wäre besser
> nicht zu helfen, sonst sterben am Ende vieleicht zwei; das Gewissen würde
> mich aber antreiben zu helfen.

Gewissen spielt natürlich auch eine Rolle, aber dadurch ist man auch
manipulierbar. Die Vernunft sagt nicht zwangsweise (zumindest mein
moralisches Verständnis), dass ich nicht helfen soellte. Das ist
eine Frage der Situation. Wenn es einfach ein See ist, dann ist man
natürlich verpflichtet zu helfen. Hat man aber keine Möglichkeit,
ohne sich selbst *wahrscheinlich* in Gefahr zu bringen (z.B.
reissender Strom), dann wäre es unlogisch, zwei Menschen zu
gefährden. Aber wie dem auch sei, erstens ist die
Entscheidungsfindung komplex und nicht situationsunabhängig und
zweitens habe ich ja nicht gesagt, dass ich nur vernunftmaessig
handle. Sie hat mir nur bisher immer gute Dienste geleistet.
Weiterhin ist es ja leider so, dass das Gewissen nicht bei allen
Menschen gleich ausgeprägt ist und somit nicht als reine
Entscheidungsbasis dienen kann, wohl aber als Kriterium.

Leeloo

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to

>Ich verstehe den KI aber nicht als Vorwand für irgendetwas. Wer das
>tut, hat sein Anliegen nicht verstanden, nämlich zumindest eine
>Handreichung für die Entscheidungsfindung zu liefern. Wie man
>nachweisen kann, ob es jemand mit seinen Entscheidungen wirklich
>ernst meint oder nur vorgibt, vernünftig zu handeln, gibt er
>natürlich nicht in allen Fällen an. Das ist auch eine ganz andere
>Frage.

Ich behaupte auch nicht daß jemand bewußt dies als Vorwand nimmt, das wäre
natürlich völlig falsch. Aber gerade daß man den KI nicht als Hilfe nehmen
sollte,
verlange ich, da er es meiner Meinung einem zu leicht macht, denn ich
widerspreche
noch immer dem zu Grunde liegenden Prinzip des KI. Es spreche es einem
Menschen
ganz einfach ab, durch sogennantes vernünftiges Denken herauszufinden,
welches Gesetz
man verallgemeinern kann. Das ist eine zu große Aufgabe für einen kleinen
Geist, wie ich
versuchte durch unten mein zitiertes, und kritisiertes Beispiel zu
erläutern. Ich bin der
Ansicht daß man zu leicht und zu schnell auch unbewußt den KI als Vorwand
nimmt.

>s.o. Gleichbehandlungsgrundsatz. Ausserdem lehne ich schon aus
>Gründen der Trivialität solche "die menschliche Rasse ist es nicht
>wert, zu überleben"-Grundsätze ab, weil du das garnicht wissen
>kannst. Sicher gibt es viel Leid, aber es gibt auch genügend
>Möglichkeiten zur Überwindung dessen. Solche trivialen Erklärungen
>sind mir immer suspekt, das ist wie (ist jetzt nur ein Analogon),
>wenn man eine Gleichung beidseitig mit 0 multipliziert und sagt, sie
>wäre erfüllt. Der Glaube an eine höhere Macht (Gott) ist auch etwas,
>was einen Hauch dieser Trivialität hat.

>Die Menschen sind sicher nicht vollkommen, aber wir reden ja jetzt
>nicht darüber, wie die Menschen sind, sondern wieso sie so sind, wie
>sie sind, welche Grundsätze ihr jetziges Handeln ausmacht und wie
>sie sein sollten und natürlich, wie, wenn überhaupt, man ihnen
>helfen könnte, sich zu ändern, eben weiter zu entwickeln

Das ist kein Grundsatz von mir nur ein, meiner Meinung nach Ansatz der der
Diskussion Wert ist.
Ich wollte nur Aufzeigen daß es Situationen gibt bei denen man schnell von
einem sogennanten
allgemeinen Grundsatz abkommt, nämlich in meinem Beispiel, von dem Grundsatz
nichts gegen
das Weiterbestehen der menschlichen Rasse zu tun, wenn man auch all die
schlechten Dinge betrachtet
die auf ein solches Abkommen folgen.

Um es allgemeiner zu sagen durch dieses simple und natürlich auch
unvollkommene Beispiel wollte ich nur erläutern
dass so ein Grundsatz schnell ein seine Grenzen stößt wenn man weiter denkt.
Ob der Mensch der diesen Grundsatz aufstellt
zum weiterdenken befähigt ist, bezweifle ich, denn wo das weiterdenken
stoppt kann niemand sagen. Deshalb behaupte ich daß
ein KI nicht aufgestellt werden sollte, da niemand die gesamte Tragweite der
Handlungen die sich nach diesem Grundsatz richten
vorhersehen kann. Sowas kann sehr schnell ins negative umschlagen, sogar bei
dem Grundssatz nix gegen Menschen zu tun.
Ich wollte also nur aufzeigen daß die Möglichkeit eines Fehlers immer
besteht, zweitens, daß niemand alle Fehler vorhersehen kann,
drittens, daß auch bei simplen Grundsätzen die Fehler dramatisch sein
können.

.
>Es liegt meiner Überlegung kein Arterhaltungsegoismus zu Grunde. Ich
>denke nur, dass es wichtig ist, erst einmal als Grundlage aller
>Veränderung überhaupt noch Menschen zu haben. Welche Richtung die
>Weiterentwicklung dann ausmachen soll, ist nicht so einfach zu
>sagen, nur dass sie dem Fortbestandsgrundsatz *aller* Menschen nicht
>zuwiderlaufen darf, kann ich sagen. Ich möchte nochmal betonen, daß
>diese Grundsätze keineswegs in allen Situationen gelten, dass sie
>mir aber nach langer Überlegung und Betrachtung der verschiedensten
>Begebenheiten in der Menschheitsgeschichte für passend erscheinen,
>einen Hinweis auf richtiges Handeln zu liefern und dass sie auch
>nicht grob mit anderen ethischen Prinzipien wie z.B. dem
>KI zusammenstossen.
>

Nun, nach meinen Beispiel ist es ja nicht so daß diese Handlungen passend
sind, den
von der Sicht der Tiere ist es wohl bei weitem besser wenn es den Menschen
nie gegeben
hat. Ich bin kein radikaler Tierschützer, es soll nur als Beispiel dienen.
Es kommt darauf an wie weit
man bereit ist die Konsequenzen eines Grundsatzes weiterzudenken. Die
meisten Grundsätze lösen
sich dann in vielen Fehlern auf. Ich sehe es noch immer als egoistisch an
hier einen Unterschied zu machen
und den KI nicht auf alles anzuwenden, also nur auf Menschen und nicht auf
Tiere auch, und Pflanzen und von
mir aus auch Zellen. Man muß sich aller Konsequenzen bewußt werden.


>
>Du scheinst zu unterstellen, dass der KI wirklich nur Ausdruck des
>Tieres Mensch ist. Das halte ich so für nicht richtig.
>

Wenn der KI das nicht wäre dann müßte er für alles Leben gelten und das ist
meiner Ansicht nach lächerlich,
wie ich oben erläutert habe.


Leeloo

Leeloo

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to

Rene Meyer schrieb in Nachricht ...

>ON Thu, 30 Nov 2000 14:01:52 GMT, Leeloo wrote:
><Wieso muessen hier eigentlich so viele keine Realnamen benutzen?>


He, meine Eltern haben mich Leeloo genannt. Wirklich. Nur weil daß in einem
Film vorgekommen ist, wird der Name doch nicht irreal.

Leeloo


Jens Fabry

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to

"Black Mesa" <Black...@gmx.net> schrieb im Newsbeitrag
news:903aen$46n$02$1...@news.t-online.com...

> Hallo an alle Philosophen!
> Im Philosophieunterricht behandeln wir gerade eine Auszug aus Immannuel
> Kants
> "Kritik der praktischen Vernunft - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten".
> Darin
> taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche,
deren
> Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
> Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
> "Pflicht" verstehen.
>
> Ich warte auf Eure Antwort.
> THX im voraus.

1. Teil
Hätte dann nicht die Frage: "Was versteht ihr unter Pflicht?" genügt - ohne
die ganze Einleitung. Nach meinem dafürhalten geht es bei den Pflichten
nicht um ihre objektive Einsehbarkeit - die ist gewissermaßen vorausgesetzt,
denn ohne diese Voraussetzung kann es Pflichten gar nicht geben.

Die Problematik besteht ja nicht in der Verbindlichkeit der Vernunft,
sondern darin, daß was als vernünftig eingesehen wird dann auch tatsächlich
zu tun. Folge ich meinen Neigungen, Leidenschaften oder Interessen, gerate
ich unweigerlich in Konflikt mit vernünftigen Einsichten. Was kann mich also
motivieren, statt meinen Leidenschaften den vernünftigen Einsichten zu
folgen?

Wegen ihrer Vernünftigkeit können Pflichten von jedermann eingesehen werden.
Weil sie vernünftig sind, kann ihnen niemand ausweichen, es sei denn, er
verzichtet auf den Gebrauch seiner Vernunft (und folgt seinen Leidenschaften
oder Interessen etc.).

Die Verbindlichkeit der Pflicht besteht wegen ihrer Verbindung mit den
objektiven Erkenntnissen der Vernunft. Zu wahren, objektiven Einsichten gibt
es keine Alternative, es ei denn, man wäre bereit auf diese Einsichten zu
verzichten. Dieser Schritt würde aber die Ergebnisse der Vernunft in etwas
belibiges umwandeln, was sich mit ihrem objektiven Anspruch auf Wahrheit
nicht verträgt.

Es kann nicht richtige Einsichten geben, denen keine Konsequenzen folgen.
Wie man am BSE-Streit unschwer wieder erkennen kann. Die ganze Geschichte
von BSE zeigt, wie man versuchte den eigenen Einsichten auszuweichen, weil
den Einsichten massive Interessen entgegen standen. Sie zeigt, wie man Vertr
auen verliert, wenn man materielle Interessen über die Interessen der Kunden
stellt. Kant hat, wenn ich es richtig erinnere ein analoges Beispiel über
einen Kaufmann angeführt, der seine Kunden betrügt (und damit am Ende gegen
seine eigenen Interessen verstößt).

Nur da, wo etwas unverrückbar wahr ist, kann es einen unbedingten ja
rigorosen Gehorsam verlangen, den ich dann als Pflicht empfinde. Das hat
Kant zu Beispielen geführt, die wir heute nicht immer nachvollziehen können,
wie etwa der absoluten Pflicht, immer die Wahrheit zu sagen, auch wenn wir
wissen, daß damit eine Gefahr für andere verbunden ist.

In der "Pflicht" drückt sich also gewissermaßen die Verbindlichkeit der
"objektiven" Erkenntnisse aus. Geben wir die Pflichten preis, verzichten wir
auch auf die Verbindlichkeit von wahren Erkenntnissen.

Diese Anspannung, den Einsichten auch Taten folgen zu lassen, ist zutiefst
aufklärerisch. Sie berührt auch heute noch den Kern wissenschaftlichen
arbeitens, selbst wenn die heutigen Ergebnisse nicht mehr diesen Anspruch
der objektiven, ewigen Gültigkeit mehr erheben können.

Man kann jetzt eine Reihe von Beispielen finden, in denen der Pflichtgedanke
auftaucht.

1
Beim Zahnersatz z.B. besteht meine Pflicht darin, meine Zähne soweit zu
pflegen, daß sie nicht unnötig vergammeln. Eine Pflichtverletzung führt bei
den Krankenkassen zu einer Minderung ihrer Leistung (eine Pflicht gegen sich
selbst).
2
Rechtsradikalismus ist beispielsweise eine permanente Verletzung der
Selbstbildungspflicht, denn viele Ansichten Rechtsradikaler sind unhaltbar
und ließen sich leicht aufklären, wenn sie sich die Mühe machten, sich über
die Gegenstände, von denen sie feste Ansichten haben, zu informieren.
3
Meine Pflicht gegen andere bestünde z. B. darin, selbst einen Beitrag zur
Reduzierung des Treibhauseffektes zu leisten. Ich kann hier z.B. mein
Interesse auf Erholung und Urlaub (Flugreise ins Ausland) gegen ein
allgemeines Interesse an einer intakten Umwelt aufrechnen u.s.w.


2. Teil
Die Utopie einer staatenlosen Gesellschaft gründet auf dem Pflichtgedanken
der aus dem Gedanken einer unmittelbaren und für jedermann einsehbaren
Vernunft (wenn man sich seines Verstandes bedient) folgt. Denn wenn dem, was
vernünftig ist, eine Pflicht beigegeben ist, kann auf den staatlichen Zwang
(zur aufrechterhaltung einer unvernünftigen Herrschaft) verzichtet werden,
weil jeder sich selbst (weil er es einsieht) der Herrschaft der Vernunft
unterwirft.

Auch der Marxismus hält im Grunde an dieser Perspektive fest. Nur vor diesem
Hintergrund, als Erklärung des Scheiterns dessen, was vernünftig ist, werden
die Begriffe Interesse und Ideologie eingeführt. Sie beschreiben und
erklären, was uns davon abhält uns vernünftig zu verhalten.

Im Unterschied zum vernünftigen Argumentieren zur Durchsetzung vernünftiger
Ziele wird hier allerdings zur Gewalt als Mittel gegriffen, die
"theoretisch" nur gerechtfertigt ist, wenn das was gewollt wird sich am Ende
auch tatsächlich als wahr herausstellt.

Die "Gegengewalt" ist die Kehrseite dessen, was eigentlich von jedermann
freiwillig als vernünftig eingesehen werden sollte und aus ideologischen
Gründen so nicht erkannt wird. Diese Gewalt wird von Kant im Vertrauen auf
die Vernunft nicht mitbedacht, sie ist aber in dem was vernünftig ist und
dem was aus dieser Vernunft folgt, angelegt.

Die Pflicht bedenkt gewissermaßen nur die subjektive Seite, was jeder von
sich aus tun sollte und woran ihn dann sein Gewissen auch erinnert, während
der Gewaltgedanke dort auftaucht, wo das Subjekt abweicht, ohne das es dies
jetzt vor den Augen der Vernunft rechtfertigen kann.

Weil die Aufklärung in Frankreich in die Wirren der französischen Revolution
führt, versuchte man sich in Deutschland ein breiteres Fundament zu geben.
Dies ist gewissermaßen die Geburtsstunde des Historismus (der sich explizit
gegen eine rationale Vernunft wendet).

Pflicht ist - ich sage es noch einmal - der Dreh und Angelpunkt. Auf der
subjektiven Seite setzt sie durch, was vernünftig ist (und als Norm in einer
Gesellschaft) anerkannt wird. Sie dient aber auch zur Durchsetzung dessen,
was eine Gesellschaft für vernünftig hält und von jedem einzelnen deshalb
erwartet. Wer seine Pflichten als Bürger verletzt setzt sich der Gefahr
einer Strafe aus.

Es ist z.B. meine Pflicht hier Steuern zu bezahlen und nicht mit meinem Geld
in die Karibik zu flüchten, um Steuern zu hinterziehen.

Das, was im Augenblick aus Zivilcourage diskutiert wird, wenn es um
Rechtsradikalismus geht, ist im Grunde eine moderate Beschreibung dessen,
was sich auch als Pflicht auffassen läßt. Es wäre meine Pflicht, helfend
einzugreifen und hier von Zivilcourage zu reden trägt nur dem Gedanken
Rechnung, daß wir aus menschlicher Schwäche (Angst um unser eigenes Leben)
dieser Pflicht nicht nachkommen.

Dieser Gedanke ist bei Kant übrigens auch vorgezeichnet, der irgendwo sagt,
daß uns die Folgen dessen, was sich aus unserem "korrekten" Verhalten dann
ergibt, nicht weiter interessieren dürfen. Das was uns dann passiert, müssen
wir gewissermaßen als Folge auf uns nehmen, ungeachtet, ob wir uns das
wünschen. Und das führt noch einmal die Unerbittlichkeit des
Pflichtgedankens vor Augen (der ja nur der verlängerte Arm der Vernunft
ist).


jhp

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
"Leeloo" <superka...@teleweb.at> writes:
> >Nun, es ist sicherlich besser wenn jemand seine Taten so rechtfertigen
> >kann als wenn er es nicht kann. Besser fuer die anderen, die unter
> >diesen Taten ja evtl. leiden muessen - deren Leiden duerften im ersten
> >Fall im Mittel geringer sein.

> Das mit dem Leiden ist ja das Problem. Bei menschlichen


> Entscheidungen können bei weitem mehr Lebewesen leiden als es für
> einen "vernünftigen" Menschen ersichtlich ist.

Mag sein - nur, wenn mir etwas nicht ersichtlich ist, kann ich auch
nichts dagegen tun.

> Die Gefahr besteht ja gerade darin, daß es dann anscheinend eine Art
> Rechtfertigung gibt, die aber auch als Vorwand für schlechte Taten
> dienen kann.

Klar. Dass etwas als Vorwand missbraucht werden kann, besagt aber
nicht, dass es falsch ist.

> In dieser Sekunde werden unzählige Wesen aufn Grund
> des Vorhandenseins der menschlichen Art gequält. Man könnte sich hier
> wiederum überlegen, ob das weiterleben einer solchen Art, die die Umwelt
> progressiv zerstört, gegenüber all den anderen Millionen von Arten
> gerechtfertigt ist.

Wenn du zum Entschluss gekommen bist, dass die Menschheit besser
vernichtet werden sollte, mach bitte den Fehler und sag dies laut
genug ;-).

Die spieltheoretische Herleitung des Kantschen Imperativs geht ganz
klar vom Eigeninteresse des Menschen aus.

> Natürlich will ein Mensch daß es allgemeines Gesetz werde, daß die
> Menschliche Art überlebt - ein egoistischer verständlicher Grund.

Nein, Ueberleben der Menschheit ist ein altruistischer Wunsch. Rein
egoistisch koennte nach mir die Sintflut kommen. Und dir kann rein
egoistisch dein geliebter Hund mehr wert sein als der Rest der
Menschheit ausser dir.

> was aufzeigt daß der kategorische Imperativ im Endeffekt wieder ein
> egoistischer Ausdruck eines Einzelnen ist

Klar, die artspezifische Variante (Handle so, wie es fuer Mitglieder
deiner Art allgemeines Gesetz sein koennte) ist herleitbar aus a)
egoistischem Eigeninteresse und b) spieltheoretischen Schluessen aus
der Situation (Menschen sind im wesentlichen gleichstark und
intelligent genug, nach der Strategie "wie du mir, so ich dir" zu
handeln).

> ... allzuoft als unvernünftig entlarvt wird.

Vernunft kann dir nur sagen, wie du deine Interessen (was immer diese
sein moegen) am besten durchsetzt. Zu deinen Interessen selbst kann
sie nur dann was sagen, wenn sie schon auf mehr oder weniger
vernuenftige Weise aus anderen Interessen abgeleitet sind.

Jonas

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to

Rene Meyer <rene....@s2000.tu-chemnitz.de> schrieb in im Newsbeitrag:
eam609...@tu-chemnitz.de...

> ON Thu, 30 Nov 2000 09:44:36 +0100, Jonas wrote:
> > Ich denke, es ist besser sich bei moralischen Entscheidungen auf sein
> > Gewissen zu verlassen, als auf seine Vernunft. Wenn ein Kind ins Wasser
> > Fallen würde, und am ertrinken ist, würde die Vernunft sagen, es wäre
besser
> > nicht zu helfen, sonst sterben am Ende vieleicht zwei; das Gewissen
würde
> > mich aber antreiben zu helfen.
>
> Gewissen spielt natürlich auch eine Rolle, aber dadurch ist man auch
> manipulierbar. Die Vernunft sagt nicht zwangsweise (zumindest mein
> moralisches Verständnis), dass ich nicht helfen soellte.

Fangen wir mal mit Aristoteles an: "Die menschliche Seele besteht aus zwei
Teilen, einem Vernünftigen und einem Unvernünftigen. Zum ersteren Teil
können wir egoistische und eigennützige Handlungen rechnen; der zweite
drückt sich aus in Hilfsbereitschaft, Selbstaufopferungen und all die
anderen Tugenden." Das ist nur einer von vielen Philosophen, der die Moral
eher auf das Mitgefühl und das Gewissen gründet. Ebenso alle Vorgänger von
Kant. Selbst das Christentum sah ein, das eine moralische Tat nicht gut
wird, weil sie vernünftig ist; so als ob alle schlechten Taten, von
vernunftlosen Spinnern begangen werden. Deswegen sind wir auch dazu
geneigt, gewissenlose Menschen einzusperren und nicht vernunftlose.

Das ist
> eine Frage der Situation. Wenn es einfach ein See ist, dann ist man
> natürlich verpflichtet zu helfen. Hat man aber keine Möglichkeit,
> ohne sich selbst *wahrscheinlich* in Gefahr zu bringen (z.B.
> reissender Strom), dann wäre es unlogisch, zwei Menschen zu
> gefährden. Aber wie dem auch sei, erstens ist die
> Entscheidungsfindung komplex und nicht situationsunabhängig und
> zweitens habe ich ja nicht gesagt, dass ich nur vernunftmaessig
> handle.

In solchen Situationen, wäre es ein schlechter Rat, erstmal ewige Zeit mit
nachdenken zu verbringen, ob das jetzt dem KI entspricht, das ich helfe. Das
ist eben mein Problem mit dem KI, was auch Schillers Kritik war. Ich habe
ein natürliche Hilfsbereitschaft, die aus meinem Mitgefühl für das Leiden
andere Menschen entspringt, nun sagt aber der KI, ich darf nicht helfen,
also muß ich den Menschen ertrinken lassen. Obwohl ich durchaus die
Möglichkeit hatte, ihm zu helfen. Ein Mensch ohne dieses Mitgefühl würde hoc
erfreut sein über den KI, und seine ohne hin schlecht Tat, würde noch durch
die Vernunft gerechtfertigt. Das muß wohl auch in dieser Zeit jedem Mensch
einleuchtend sein.

Sie hat mir nur bisher immer gute Dienste geleistet.
> Weiterhin ist es ja leider so, dass das Gewissen nicht bei allen
> Menschen gleich ausgeprägt ist und somit nicht als reine
> Entscheidungsbasis dienen kann, wohl aber als Kriterium.

Mein Standpunkt ist hier eben, das ein Mensch, der kein Mitgefühl hat, die
Vernunft für schlechtes verwendet. Die Vernunft wird ihn nicht zu einem
besseren Menschen machen. Genauso wie viele intelligenten Straftäter nicht
besser würden durch ihre Vernunft, höchstens vorsichtiger. Was ihre Taten
noch schlimmer machte. Dagegen kann ein mitfühlender Mensch, der noch dazu
Vernunft hat, mit dieser Vernunft auch gutes tun. Aber die Vernunft bestimmt
ihn nicht gut zu sein, das bestimmt sein Gewissen und seine
Hilfsbereitschaft.


Jonas

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to

Rene Meyer <rene....@s2000.tu-chemnitz.de> schrieb in im Newsbeitrag:
qnm609...@tu-chemnitz.de...

> ON 30 Nov 2000 18:25:58 +0100, Ilja Schmelzer wrote:
> > Das Problem ist wohl eher dass die "Vernunft" oft als Ausrede
> > missbraucht wird als die Vernunft selbst.
>
> Stimme ich voll zu.


Eben, deswegen ist eine gute Handlung nicht automatisch gut weil sie
vernünftig ist, so als ob alle schlechte Taten vernunftlos wären.

Mick Krippendorf

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
Hallo.


Zuerst mal möchte ich Dich bitten, ein bisschen übersichtlicher zu
zitieren. Anleitung dazu unter http://learn.to/quote.
(nix für ungut: jeder fängt mal an ;^)


"Jonas" <h-p....@t-online.de> wrote:
>
> Ich habe in meinen anderen Posting gezeigt, warum man keine
> moralischen Handlungen auf die Vernunft gründen kann. Das ist ein
> Aberglaube: Handlungen werden nicht automatisch gut, weil sie
> vernünftig sind.

Ich gestehe, dass ich diesem rationalistischen Aberglauben anhänge ;->
Übrigens hast Du IMO nicht gezeigt, was Du zeigen wolltest. Du
schriebst:

> > > [...] Wenn ein Kind ins Wasser Fallen würde, und am ertrinken ist,
> > > würde die Vernunft sagen, es wäre bessernicht zu helfen, sonst sterben
> > > am Ende vieleicht zwei; [...]

Damit hast Du lediglich gezeigt, dass es vernünftiger ist, dem Kind
nicht zu helfen, _sofern_ es besser ist, wenn einer stirbt, als wenn
_möglicherweise_ zwei sterben. Wer aber, wie ich, diese Voraussetzung
nicht anerkennt, kann selbstverständlich auch Dein Konsequens
ablehnen, die Vernunft tauge nicht zur Begründung moralischer
Verpflichtungen. Damit stehe ich natürlich in der Pflicht, selbst zu
zeigen, wie man Pflicht begründen kann. Aber ich habe auch schon
geschrieben, dass ich es noch nicht so genau weiss.


> [...] Ich für mich kann einen Menschen, der von langer Hand plant,


> sein Plan durchführt und bis ans Ende seines Lebens in Ruhe mit
> seinen Wohlhaben leben kann, nicht vernunftlos nennen - wenngleich
> ich ihn einen schlechten Mensch nennen kann.

Das stimmt natürlich. Vernunft kann Egoismus evtl. ebenso begründen,
wie Altruismus. Eine Lösung liefert vielleicht John Rawls' "Schleier
des Nichtwissens": Angenommen, zwei Personen hätten jeweils zu
bestimmen, was geschehen soll, wenn einer von ihnen in Gefahr wäre zu
ertrinken, _ohne_dass_ihnen_vorher_bekannt_wäre_, wer von beiden es
sein wird, dann werden beide versuchen, ihr Risiko zu minimieren,
indem sie z.B. festlegen, dass Ertrinkenden geholfen werden soll. Dies
könnte in Form eines Vertrages festgelegt werden, wobei noch nicht
geklärt ist, wie im Falle vertragswidrigen Verhaltens zu verfahren
ist. An dieser Stelle kommen in der Realität gesellschaftliche
Sanktionen in's Spiel, etwa, dass man den Vertragsbrüchigen einen
schlechten Menschen nennt oder ihn einsperrt. Man kann solche
Situationen ja auch spieltheoretsch sehr schön analysieren, und die
Spieltheorie hat es ganz rational mit Nutzenabwägung zu tun.
Wohlgemerkt: Minimierung von Risiken ist nützlich.

> [...] fast alle Philosophen vor Kant, von den Griechen


> angefangen, haben die moral eher auf das Gewissen aufgebaut. Erst Kant hat

> diesen Begriff verunstalltet [...]

Dass der kategorische Imperativ (zumindest in der Form, die Kant ihm
gab) nicht trägt, gestehe ich gerne zu.


> [...] Die Vernunft würde in manchen Situationen eher dazu anhalten unmenschlich


> und nur für seinen egoistischen Vorteil zu Handeln, als es das Gewissen tut.
> Deswegen sperren wir ja auch keine vernunftlosen ins Gefähngnis, sondern
> Gewissenlose.

Starkes Argument. hm. Andererseits sperren wir ja niemanden in's
Gefängnis, weil er kein Gewissen hat, sondern weil er gegen ein Gesetz
verstoßen hat. Noch ein Gedankenexperiment: Angenommen, es stellte
sich heraus, dass alle gewissenlosen Menschen, und nur diese, mit
einem zweiten Paar Ohren zur Welt gekommen wären: Dürften wir sie dann
einsperren, auch wenn sie (noch) nicht wider das Gesetz gehandelt
hätten? Dass sie gewissenlos wären, würde man ja nicht erst an ihren
Taten, sondern schon an ihrem zweiten Paar Ohren erkennen, man könnte
sie also unter Verweis auf ihre Gewissenlosigkeit einsperren, bevor
jemand dadurch zu Schaden kommt. Offensichtlich wären wir sogar
moralisch verpflichtet, sie einzusperren, denn mit unserem Gewissen
könnte es kaum in Einklang zu bringen sein, dass ein Gewissenloser
jemandem Schaden zufügt, sofern wir ihn vorher hätten einsperren
können. Das Problem ist nur, dass es ein fundamentaler Rechtsgrundsatz
ist, dass man nur für begangenes Unrecht bestraft werden kann, nicht
für eines, zu dem man bloß eine unspezifische Disposition zeigt* (z.B.
durch ein zweites Paar Ohren). Das alles scheint mir zu zeigen, dass
das Gewissen nicht moralische Pflicht begründen kann, obwohl ich
zugebe, dass ich eine Pflicht, die meinem Gewissen widerspricht, nicht
als solche akzeptieren kann. Genauer: Mein Gewissen kann zwar den
Begriff der moralischen Pflicht nicht _begründen_, aber es kann evtl.
dazu dienen, die Gültigkeit einer vorgeschlagenen spezifischen
Begündung derselben zu prüfen, indem ich die, sich aus der Begründung
ergebenden, spezifischen Pflichten mit meinem Gewissen prüfe.


Gruß,
Mick.


* Die Absicht, Unrecht zu tun, fällt nicht in diese Kategorie, denn
das ist eine spezifische Disposition. Die Planung eines Verbrechens
ist folglich und zu Recht in Deutschland AFAIK strafbar.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
mad....@gmx.de (Mick Krippendorf) writes:
>> Aberglaube: Handlungen werden nicht automatisch gut, weil sie
>> vernünftig sind.

> Ich gestehe, dass ich diesem rationalistischen Aberglauben anhänge ;->

Ich fast. Vom logischen Standpunkt aus gibt es kein "gut an sich",
sondern nur "gut fuer XYZ", genauer "gut fuer XYZ's Interessen". Es
ist klar, dass "gut fuer XYZ's Interessen" rational beantwortet werden
kann.

Ein "gut" wird nur durch Vereinfachung draus. Einmal weil in vielen
Faellen die Interessen nur eine unwesentliche Rolle dabei spielen, ob
die Handlung in diesem Sinn gut ist: Sehr verschiedene Interessen
(sagen wir sexuelle Interessen im SM-Spektrum) aendern nichts daran,
dass es zur Erfuellung dieser Interessen gut ist, den Konsens des
Partners einzuholen. Andererseits ist das Spektrum der menschlichen
Interessen auch nicht so extrem unterschiedlich, dass die Resultate
extrem unterschiedlich ausfallen muessten.

> Damit hast Du lediglich gezeigt, dass es vernünftiger ist, dem Kind
> nicht zu helfen, _sofern_ es besser ist, wenn einer stirbt, als wenn
> _möglicherweise_ zwei sterben. Wer aber, wie ich, diese Voraussetzung
> nicht anerkennt, kann selbstverständlich auch Dein Konsequens
> ablehnen, die Vernunft tauge nicht zur Begründung moralischer
> Verpflichtungen.

Die Voraussetzung, dass es dein Interesse ist, nicht zu sterben, ist
nicht vernuenftig begruendet sondern einfach da. Dafuer haben deine
Gene gesorgt.

> Das stimmt natürlich. Vernunft kann Egoismus evtl. ebenso begründen,
> wie Altruismus.

Ich denke zu den Ausgangsinteressen liefert die Vernunft gar nichts.
Nur zu abgeleiteten Interessen. So waere z.B. "ich will Kommunismus"
ein abgeleitetes Interesse - es ist nicht angeboren, sondern ich
glaube aus irgendwelchen Gruenden dass ich irgendwelche meiner
Interessen (z.B. eine altruistische Liebe zur Menschheit) im
Kommunismus besser befriedigen kann.

Ob die "altruistische Liebe zur Menschheit" in diesem Beispiel
fundamental ist oder selbst wieder abgeleitet ist dann wieder eine
andere Frage.

>> [...] fast alle Philosophen vor Kant, von den Griechen angefangen,
>> haben die moral eher auf das Gewissen aufgebaut. Erst Kant hat
>> diesen Begriff verunstalltet [...]

> Dass der kategorische Imperativ (zumindest in der Form, die Kant ihm
> gab) nicht trägt, gestehe ich gerne zu.

Ich nicht.

>> Deswegen sperren wir ja auch keine vernunftlosen ins Gefähngnis,
>> sondern Gewissenlose.

Vernunftlose sperren wir deshalb nicht ein weil bei ihnen die
Abschreckung nicht wirkt. Da Strafe durch Abschreckung rational
motiviert ist entfaellt der Grund.

Ansonsten ist Gewissen irrelevant, sondern es sind die Handlungen die
wir bestrafen. Aber ich sehe gerade dass dies auch deine These ist:

> Das alles scheint mir zu zeigen, dass das Gewissen nicht moralische
> Pflicht begründen kann,

Gewissen ist fuer mich nichts als ein Regellernmechanismus.
Moralische Regeln die man als Kind eingetrichtert bekommt werden dort
abgespeichert. (Es muessen nicht genau die sein, die dir deine Eltern
eintrichtern, man lernt z.B. durch Beobachtung anderer, eigene
Erfahrungen etc.) Kleine Kinder sind jedenfalls ziemlich gewissenlos.
Und das Gewissen sagt in verschiedenen Gesellschaften ziemlich
verschiedene Sachen. In Gesellschaften mit Blutrache plagt einen halt
das Gewissen, wenn man den Tod seines Verwandten noch nicht mit Blut
gesühnt hat.

> obwohl ich zugebe, dass ich eine Pflicht, die meinem Gewissen
> widerspricht, nicht als solche akzeptieren kann.
> Genauer: Mein Gewissen kann zwar den
> Begriff der moralischen Pflicht nicht _begründen_, aber es kann evtl.
> dazu dienen, die Gültigkeit einer vorgeschlagenen spezifischen
> Begündung derselben zu prüfen, indem ich die, sich aus der Begründung
> ergebenden, spezifischen Pflichten mit meinem Gewissen prüfe.

Dies duerfte faktisch auf einen Check mit der Tradition deiner
Umgebung hinauslaufen.

Hermann Riemann

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
Rene Meyer schrieb:

>
> ON Wed, 29 Nov 2000 17:20:56 +0100, Black Mesa wrote:
> > taucht öfters das Wort "Pflicht" auf. Laut Kant sind Pflichten solche, deren
> > Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
> > Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
> > "Pflicht" verstehen.
>
> Kant versteht IMO unter der Pflicht gerade das zu tun, was der
> kategorische Imperativ nicht verbietet. Das Problem besteht aber
> darin, daß gerade letzterer keine Aussagen darüber macht, aufgrund
> welcher vernunftmäßiger Grundsätze oder aufgrund welcher Algorithmen
> man erkennen kann, was dem kategorischen Imperativ widerspricht. Die
> Entscheidung z.B., was man nicht wollen kann, daß es allgemeines
> Gesetz werde, kann durchaus subjektiv unterschiedlich ausfallen.
> Ich persönlich versuche immer so zu handeln, daß ich nach bestem
> Wissen und Gewissen dem Fortbestand und der Weiterentwicklung aller
> Menschen dienlich bin oder (wenn ich mal weniger Lust habe, das
> kommt vor, gebe ich ja zu) diesem Kriterium wenigstens nicht
> zuwiderhandle, was natürlich viel minimalistischer ist.

Dann duerftest Du nicht unnoetig Auto fahren, reisen,
Dein Stromverbrauch (Fernsehen Computer) muesste nahezu 0 sein, ..

Und da gibt es die Anschauung alles fuer die Familie
mit der Folge viel verhungernde Kinder.

Da sehe ich doch eher eine gewisse Pflicht gegenseitig
vereinbarte Regeln ( z.B. Gesetze) im Wesentlichen nachzukommen,
denn wenn ich meine Pflicht nicht einhalte,
brauche ich es auch nicht von anderen zu erwarten.

Und so Regeln ( Beispiel Mode ) durchbreche ich schon ab und zu mit
Absicht, ( meist ohne das es bemerkt wird).
Allerdings erwarte ich bei diesen Verstoessen eine positive
Bilanz ( geringer Schaden, grosser Nutzen).

Hermann
der die Absicht sich von allen
nicht notwendigen Pflichten unabhaengig zu machen.
Dazu gehoert z.B. die Automatisierung von Dienstleistungen.

Hermann Riemann

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
Bruno Melchert schrieb:

> Da gibt es auferlegte Pflichten, wie z. B. die Wehrpflicht oder
> Steuerpflicht. Das sind aber nicht jene die Kant meinte.

Beide lassen sich aber mit Vernunft begruenden.

> Mindestens bei der Wehrpflicht scheiden sich die Geister
> und die Vernunft hält nichts davon,
> sich für politische Ziele totschießen zu lassen.

An Deiner Oberherrschaft ueber die Vernunft habe ich so
meine Zweifel.

> Andere Pflichten, wie z. B. die Versorgung von hilfebedürftigen
> Angehörigen, sind jene die von der Vernunft akzeptiert werden.

Wobei sich bei der Vernunft auch die Fragen der Grenzen
dieser Hilfe stellt.

> Der Vernunft eine Chance!

Nur Deiner oder auch die der anderen?

> Bruno

Hermann
der Wehrpflicht als Teile einer allgemeinen Sozialpflicht
fuer vernuenftig haelt.

Hermann Riemann

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> > Ist es wirklich vernünftig, sich selbst, für alle aufzugeben?

> Das fordert der Imperativ nicht.

Die Frage kann trotzdem jeder fuer sich beantworten.
Etwa ob jemand sich selber oder jemand anders retten wuerde.
Und wenn jemand anders wen und wen nicht?

> > Ein Verbrecher, der von langer Hand plant, eisern und


> > unerschütterlich seinen Plan durchzieht, und am Ende die Herrschaft
> > über was weiß ich für Firmen hat; kann man den unvernünftig nennen?

Unter seinem egoistischem Sinn, bessere materielle Lebensbedingungen ja.
Freilich zieht das nach sich das andere ihn nach vergleichbaren Methoden
behandeln.

> Es gibt weitaus weniger riskante Methoden, ein schoenes Leben
> zu fuehren.

Nicht unbedingt bei 40% Arbeitslosigkeit
und einem nicht funktionierendem Sozialsystem.

> Wenn einer wie durch ein Wunder damit Erfolg hat,

Da gibt es die extrem unzuverlaessige Methode Lottogewinn,
(finanziell unrentabel wie Lose, wo man sich eigentlich
etwas ueberteuert kauft, was man so vielleicht nicht haben will)
aber gut, Religion/Astrologie ist fuer manche auch ein schoener
Traum.
Wobei die Traueme, solange sie keine grossen Invetsitionen beduerfen,
durchaus eine fuer das innere Gleichgewicht rentable Investition
darstellen.

> (nur um dann festzustellen dass Geld nicht gluecklich macht)

Genausowenig wie die Liebe. Es ist die Chemie. (Serotonin etc)
Also macht Geld indirekt gluecklich.
( Und mit Spieltrieb sogar vielleicht dauerhaft)

> ist er fuer mich nicht vernueftiger als einer,
> der eine ziemlich waghalsige aber im
> Endeffekt ziemlich nutzlose Sache heil ueberlebt hat - Glueck gehabt
> halt, aber vernuenftig?

siehe beide Abschnitte oben

> > Im Gegensatz ein Mensch, der sich im Krieg opfert, um seinen
> > Landsleuten einen Sieg zu beschaffen; wird man den vernünftig
> > nennen?

> Nein. Ist ja wohl auch keine Pflicht.

Da gibt es die Pflicht, die einen von anderen auferlegt wird,
und da gibt es die Pflicht fuer die man sich
auch ohne befehlt selbst entscheidet.
( Letzteres z.B. Aufraeumen, wenn man etwas Unordnung gemacht hat)
Und sich selbst fuer sein Land/seine gemeinschaft oder eine Idee zu
opfern
ist eine Frage der Prioritaet.

> > Es ist allgemein bekannt, das gut geplante Verbrechen nicht ohne einen
> > vernünftigen Kopf auskommen, dagegen können gute Taten auch unüberlegt
> > passieren.

> Verbrechen passieren sehr viel oefter ohne klugen Kopf.

In der Regel ist es so das Vernunft speziell angewendet wird,
etwa wenn man etwas stiehlt um andere, fuer die man verantwortlich
ist,
zu helfen, was ja in Notzeiten verbreitet ist.

> Und wirklich kluge Leute helfen durchaus anderen.

Ja, weil dann die Wahrscheinlichkeit steigt, selber geholfen zu
bekommen. Wobei dann die Frage der Bestechlichkeit auftaucht.
Das ist ja eine derartige "Hilfe", wobei bei normal denkende
Menschen die Nebeneffekte nicht bedacht werden.

> Wieso? Alle moralischen Prinzipien sind so - Prinzipien die das
> Zusammenleben fuer alle (und damit auch den Einzelnen) besser machen.

Au wei. Wenn ich da an die Methoden der Verhuetung denke...

> Die Liebe zu Gott ist auch nie ohne Angst vor dem Fegefeuer und
> Hoffnung aufs Paradies ausgekommen.

Zuckerbrot und Peitsche sind Hauptargumentationsmittel fast alle
Systeme,
welche sich vor vernuenftiger Diskussion fuerchten.
Allerdings auch eine erzieherische Massnahme fuer Personen
die sich weigern nachzudenken.
( In der Regel reicht die kleine Ausfuehrung
Zuckerbrot: soziale Zustimmung Strafe: Androhung Unbequemheiten. )

Hermann

Martin Blumentritt

unread,
Dec 1, 2000, 3:00:00 AM12/1/00
to
Es begab sich am 30.11.00, als der/die ehrenwerte superkaetzchen
(superka...@teleweb.at) um 09:02 in /DE/SCI/PHILOSOPHIE
zum Thema "Re: Was versteht Ihr unter "Pflicht" ?" eine Mail gebar:

> Hat sich schon mal jemand ueberlegt dass das ganze mit dem kategorischen
> Imperativ eigentlich ziemlich unsinnig ist, da es nie fuer mehr als einen
> Menschen gelten kann?

Der kategorische Imperativ gilt fuer jeden, das ist gerade sein Sinn.
Moralitaet ist der Inbegriff fuer aller verbindliche Regeln
menschlichen Zusammenlebens. Etwas, was nur fuer einen Menschen gilt,
ist Privatsache, wie der Geschmack. Sobald aber ein Tun andere
betrifft muss er allgemeinverbindlichen Normen wenigstens nicht
widersprechen. Privatmoral kann es nicht geben.

mfg Martin Blumentritt

Homepage: <http://www.comlink.de/cl-hh/m.blumentritt>

"Kultur ist das, was in der Auseinandersetzung mit dem Fremden
entsteht, sie stellt das Produkt der Veraenderung des Eigenen
durch die Aufnahme des Fremden dar."(Mario Erdheim)
___
_Kein Volk * Kein Fuehrer * Kein Vaterland * Logout Fascism_


Dorothea_Dilmen

unread,
Dec 2, 2000, 3:00:00 AM12/2/00
to
"Black Mesa" <Black...@gmx.net> schrieb:

> [...] Laut Kant sind Pflichten solche, deren


> Verbindlichkeit von der Vernunft als objektiv notwendig eingesehen werden.
> Nun sollen wir herausfinden, was die Menschen (bzw. Ihr) heutzutage unter
> "Pflicht" verstehen.


Hallo Black Mesa oder THX (wer immer das auch sein mag),

für mich bedeutet Pflicht, Entscheidungen zu treffen (und für deren
Durchführung zu sorgen), die ich im Rahmen meiner Verantwortung subjektiv
als notwendig ansehe, um der Verantwortung gerecht zu werden. Dabei spielt
es keine nennenswerte Rolle, ob die Verantwortung proprietären,
vertraglichen oder oktroyierten Usprungs ist, solange ich sie als die
meinige akzeptiere. Eine solche Einstellung zur Pflicht impliziert
gleichzeitig eine Negation von Pflicht bei Abwesenheit von Verantwortung,
d.h. im letzteren Falle darf nach "Lust und Laune" verfahren werden.

Schöne Grüße
Doro


Hermann Riemann

unread,
Dec 3, 2000, 2:34:33 AM12/3/00
to
Bruno Melchert schrieb:

> >>Wehrpflicht oder Steuerpflicht. Das sind aber nicht jene
> >>die Kant meinte.

> HR>Beide lassen sich aber mit Vernunft begruenden.

> Das schon. Nur sind in Deutschland die Argumente für
> die erstere Pflicht wenig vernünftig.

Da dies nicht unter Philosophie faellt,
antworte ich daruf in
de.soc.weltanschauung.misc

> HR>An Deiner Oberherrschaft ueber die Vernunft habe ich
> HR>so meine Zweifel.

> In wiefern? Ist es unvernünftig, die Wehrpflicht infrage zu stellen?

Es es unvernueftig irgendetwas fuer einem Wichtigen
nicht in Frage zu stellen, und sei es sich selbst.

> Das ist wiederum richtig. Wir erleben gerade wieder bei der einmütigen
> Ablehnung der in den Niederlanden eingeführten Sterbehilfe die Unvernunft
> in solchen Dingen.

Ich persoenlich halte ein Recht auf Selbstbestimmung ueber den eigenen
Tod
fuer sinnvoll.
Ich kann mir durchsus eine System vosrtellen, in dem Menschen so
lange leben wie sie wollen.
( Vorraussetzung ist neben "Reparieren" des Alters eine oekologische
Geburtenrate )

Hermann
auch die dievrese Vernuft jeweils in Frage stellend.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 4, 2000, 3:00:00 AM12/4/00
to
Hermann Riemann <Hermann...@t-online.de> writes:
> > Es gibt weitaus weniger riskante Methoden, ein schoenes Leben
> > zu fuehren.

> Nicht unbedingt bei 40% Arbeitslosigkeit und einem nicht
> funktionierendem Sozialsystem.

Ich fange gleich an zu weinen ueber die armen, denen ausser Verbrechen
kein Weg mehr offensteht.

Wenn du 1946 aus einem sibirischen Straflager fliehst und nach Wien
kommen willst, und in der Umgebung jeder den du um Hilfe bittest dich
mit 95% Wahrscheinlichkeit ausliefert, dann bleibt dir wohl nichts
ausser Stehlen um zu ueberleben.

> > Und wirklich kluge Leute helfen durchaus anderen.
>
> Ja, weil dann die Wahrscheinlichkeit steigt, selber geholfen zu
> bekommen. Wobei dann die Frage der Bestechlichkeit auftaucht.
> Das ist ja eine derartige "Hilfe", wobei bei normal denkende
> Menschen die Nebeneffekte nicht bedacht werden.

Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die meist vergessen
werden. In gegenseitiger Hilfe gegen den Staat kann ich allerdings
nichts schlechtes erkennen.

Christian Bickel

unread,
Dec 4, 2000, 3:00:00 AM12/4/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die meist vergessen
> werden. In gegenseitiger Hilfe gegen den Staat kann ich allerdings
> nichts schlechtes erkennen.

Nanu?
Wer gegen den Staat ist, ist auch gegen die Mitglieder desselben, wenn
er geeignet ist, jedem Mitglied das Seine zu gewährleisten.
Da dachte Sokrates vernünftiger.
Gruss Christian

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 5, 2000, 3:00:00 AM12/5/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die meist vergessen
> > werden. In gegenseitiger Hilfe gegen den Staat kann ich allerdings
> > nichts schlechtes erkennen.

> Nanu? Wer gegen den Staat ist, ist auch gegen die Mitglieder
> desselben, wenn er geeignet ist, jedem Mitglied das Seine zu
> gewährleisten.

Ich bin generell gegen Personen und Organisationen die den Kantschen
Imperativ nicht anerkennen und fuer sich selbst mehr Rechte fordern
als sie anderen gewähren.

> Da dachte Sokrates vernünftiger.

Der aus Platons Staat? Dieser Erfinder des Totalitarismus kann mir
mal kreuzweise.

Rene Meyer

unread,
Dec 6, 2000, 1:25:26 AM12/6/00
to
ON Fri, 01 Dec 2000 20:02:16 +0100, Hermann Riemann wrote:
> Dann duerftest Du nicht unnoetig Auto fahren, reisen,
> Dein Stromverbrauch (Fernsehen Computer) muesste nahezu 0 sein, ..

Ja, stimmt. Allerdings bin ich ja auch nur ein Mensch, deshalb meine
Einschränkung, wenn ich mal keine Lust habe.



> Und da gibt es die Anschauung alles fuer die Familie
> mit der Folge viel verhungernde Kinder.

Das verstehe ich nicht.

> Allerdings erwarte ich bei diesen Verstoessen eine positive
> Bilanz ( geringer Schaden, grosser Nutzen).

Ja sicher, auch das widerspricht nicht meinem Handeln. Nur muß man
erkennen, dass die Schaden-Nutzen-Bilanz positiv ist.

Rene Meyer

unread,
Dec 6, 2000, 1:20:55 AM12/6/00
to
ON Fri, 1 Dec 2000 12:15:26 +0100, Jonas wrote:
> Eben, deswegen ist eine gute Handlung nicht automatisch gut weil sie
> vernünftig ist, so als ob alle schlechte Taten vernunftlos wären.

Ja, aber die Vernunft kann uns Hilfestellung geben, um gute
Handlungen zu finden. Natürlich müssen dazu (s. mein erstes Posting)
einige notwendige Kriterien erfüllt sein.

Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 6, 2000, 3:00:00 AM12/6/00
to
>From: Christian Bickel <06113...@t-online.de>
>Date: Mon, 04 Dec 2000 17:29:37 +0100
>
>> Ilja Schmelzer schrieb:

>
>> Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die
>> meist vergessen werden. In gegenseitiger Hilfe
>> gegen den Staat kann ich allerdings
>> nichts schlechtes erkennen.
>
>Nanu?
>Wer gegen den Staat ist, ist auch gegen die
>Mitglieder desselben,

Nein. Oder würdest Du der Aussage zustimmen, daß jemand
der gegen die Katholische Kirche ist, auch gleichzeitig
gegen jeden Katholiken ist? Die meisten Menschen, die
gegen die katholische Kirche sind, kommen privat mit
den meisten Katholiken gut aus.

Ich glaube, die Deutung von Iljas Aussage ist zu
einfach. Wenn man sich seine Internetseite anschaut ist
er nicht dagegen, daß es Institutionen geben darf, die
fast alle Funktionen erfüllen, die unsere Staaten heute
erfüllen. Er fordert aber, daß jeder für sich wählen
können soll, ob er Mitglied eines solchen Staates sein
will. - Mit allen Rechten und Pflichten.

Nach seiner Internetseite würde ich eher vermuten, daß
Ilja mit diesem Satz Fälle meint, wo der Staat in Dinge
eingreift, wo kein anderer durch geschädigt wird.
Beispiel: Zwei Erwachsene wollen Kiffen, fahren nicht
bekifft Auto oder so - bringen also keine Anderen
dadruch in Gefahr - und helfen sich geghenseitig bei
der Beschaffung von Hasch.

Alles Liebe,

Kersti

Meine Homepage: http://home.pages.de/~Kersti/


Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 6, 2000, 3:00:00 AM12/6/00
to
>From: Ilja Schmelzer <il...@ilja-schmelzer.net>
>Date: 30 Nov 2000 18:13:02 +0100
>
>>"Jonas" <h-p....@t-online.de> writes:

>> Der kategorische Imperativ ist eigentlich ausgedrückt
>> in dem Satz:" Handle so, das deine Handlung als
>> allgemeine Regel aufgestellt werden kann". Nun
>> sagt Kant, das man solche Entscheidungen ohne
>> Neigung, nur nach diesem Vernunftgrundsatz treffen

>> soll. Hier ergibt sich aber das erste Problem. Ist


>> es wirklich vernünftig, sich selbst, für alle
>> aufzugeben?

"Sich selbst" aufgeben?

Mich selbst - also daß was ich meine, wenn ich "ich"
sage, kann ich gar nicht aufgeben. Aufgeben kann ich
höchstens einen Körper - indem ich sterbe. Überzeugungen
- indem ich sie ändere. Gefühle - indem ich entscheide,
etwas anderes zu fühlen. (Ja. Das geht. Ich habe meine
Gefühle schon öfter geändert - einfach indem ich
entschieden habe: ich will jetzt etwas anderes fühlen.)
Aber nicht dieses innere Leuchten, das ich bin. (Ich
meine damit etwas, was zumindest ich wahrnehmen kann,
kein theoretisches Konstrukt.)

>> Ein Verbrecher, der von langer Hand plant, eisern und
>> unerschütterlich seinen Plan durchzieht, und am Ende
>> die Herrschaft über was weiß ich für Firmen hat; kann
>> man den unvernünftig nennen?

Nur, wenn er wüßte, was er sich selbst damit antut. Für
mich ist ein Verbrecher entweder unwissend - oder ein
Masochist.

>Klar. Es gibt weitaus weniger riskante Methoden, ein
>schoenes Leben zu fuehren. Wenn einer wie durch ein
>Wunder damit Erfolg hat, (nur um dann festzustellen
>dass Geld nicht gluecklich macht) ist er fuer mich


>nicht vernueftiger als einer, der eine ziemlich
>waghalsige aber im Endeffekt ziemlich nutzlose Sache
>heil ueberlebt hat - Glueck gehabt halt, aber
>vernuenftig?

Eben. Sehr viel Glück gehabt.

>> Im Gegensatz ein Mensch, der sich im Krieg opfert,
>> um seinen Landsleuten einen Sieg zu beschaffen;
>> wird man den vernünftig nennen?

Wenns um einen Sieg geht? Nein. Wenns darum geht
Freunden das Leben zu retten, wenn sonst keiner
überleben würde? Das würde schon Sinn machen.

>Nein. Ist ja wohl auch keine Pflicht.

>> Es ist allgemein bekannt, das gut geplante Verbrechen


>> nicht ohne einen vernünftigen Kopf auskommen, dagegen
>> können gute Taten auch unüberlegt passieren.

Glaube ich nicht - ein Beispiel?

>Verbrechen passieren sehr viel oefter ohne klugen Kopf.

Richtig. Wobei ein kluger Kopf nicht dasselbe ist, wie
ein vernünftiger Kopf. Vernunft ist in dem Zusammenhang
noch seltener anzutreffen.

>Und wirklich kluge Leute helfen durchaus anderen.

Vernünftige auch.

>> Das meine erste Kritik an diesen Imperativ!


>> Der nächste Punkt ist etwas philosophischer und ich

>> erwarte nicht, das er verstanden wird.

Warum diese Einführung? Ist es so Sinnvoll den Anderen
von vornehein zu unterstellen, daß sie etwas nicht
verstehen werden?

>>"Handle so, das deine Handlung als allgemeine Regel
>>gelten könnte", ist als Satz nicht mehr als:"Tue
>>nichts, was du nicht selbst erleiden willst". Denn
>>wenn man den obigen Satz anschaut, so kann er gar
>>nicht unsere Handlung bestimmen, mir könnte ja alles
>>egal sein.

Wenn mir alles egal ist, dann ist sichergestellt, daß
ich meine Vernunft nicht verwende, selbst wenn ich sie
habe. Also ist es völlig egal, was jemand, dem alles
egal ist, zum Thema Vernunft oder Pflicht oder Moral
meint - er wird doch nichts tun.

>Dir ist aber nicht alles egal. Der KI bestimmt auch
>nicht unsere Handlungen, er beschraenkt sie nur.

Er würde aber auch zur Folge haben, daß ein vernünftiger
Mensch die meisten der in einer Gesellschaft allgemein
als gültig anerkannten Regeln befolgt, denn
1. sie sind Grundsätze, die sich seit Jahrzehnten bis
Jahrtausenden für das menschliche Zusammenleben
bewährt haben.
2. sie machen es den anderen Leicht ihr Handeln darauf
einzustellen, weil sie allgemein bekannt sind.

Es gibt aber natürlich auch Gesetze, die sich - aus
meiner Sicht - nicht bewährt haben und die ich deshalb
nicht befolge. Aber im Zweifelsfall halte ich mich an
Gesetze.

>> Genauer angesehen ist der kategorische Imperativ also
>> ein Gesetz des Egos, ja, die einzige Grundlage die er
>> als moralisches Prinzip hat, ist der
>> egoistische Selbsterhaltungstrieb.
>

>Ja. Und?

Eben. Es ist doch schön, festzustellen, daß der
egoistische Selbsterhaltungstrieb, wenn er auf
ausreichend Wissen aufbaut, im Allgemeinen zu Schlüssen
kommt, die besagen, daß es gut ist einander zu helfen.

>> So eine Lehre ist vielleicht gut, um einen Staat
>> aufzubauen, aber als moralisches Prinzip ist es
>> überhaupt nicht tauglich.

Warum nicht?

>Wieso? Alle moralischen Prinzipien sind so -
>Prinzipien die das Zusammenleben fuer alle (und damit
>auch den Einzelnen) besser machen.

>Oder willst du unbedingt Moralprinzipien die moeglichst
>vielen schaden? Welche denn? Wozu?

Eben.

>Die Liebe zu Gott ist auch nie ohne Angst vor dem
>Fegefeuer und Hoffnung aufs Paradies ausgekommen.

Wie bitte? Ich glaube nicht an das Fegefeuer. Ich
interessiere mich einen feuchten Kericht für das
Paradies. (Das kenne ich nämlich nicht.) Aber ich liebe
Gott dennoch. Und ich kenne so einige Leute, denen es -
bei sehr unterschiedlichen sonstigen Weltbildern - da
ähnlich geht.

Christian Bickel

unread,
Dec 6, 2000, 3:00:00 AM12/6/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die meist vergessen
> > > werden. In gegenseitiger Hilfe gegen den Staat kann ich allerdings
> > > nichts schlechtes erkennen.
>
> > Nanu? Wer gegen den Staat ist, ist auch gegen die Mitglieder
> > desselben, wenn er geeignet ist, jedem Mitglied das Seine zu
> > gewährleisten.
>
> Ich bin generell gegen Personen und Organisationen die den Kantschen
> Imperativ nicht anerkennen und fuer sich selbst mehr Rechte fordern
> als sie anderen gewähren.
>
> > Da dachte Sokrates vernünftiger.
>
> Der aus Platons Staat? Dieser Erfinder des Totalitarismus kann mir
> mal kreuzweise.

Oh weh.
Sokrates als Erfinder von Platons Staat ...
Na ja, dann wundert mich vieles nicht mehr.
Nein, ich meinte den in seiner Verteidungsrede vor dem Gericht und den
des Phaidon, wo er seinen Freunden erklärt, warum er das Fluchtangebot
ausschlägt.
Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 6, 2000, 3:00:00 AM12/6/00
to
Kersti Nebelsiek schrieb:

>
> >From: Christian Bickel <06113...@t-online.de>
> >Date: Mon, 04 Dec 2000 17:29:37 +0100
> >
> >> Ilja Schmelzer schrieb:
> >
> >> Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die
> >> meist vergessen werden. In gegenseitiger Hilfe
> >> gegen den Staat kann ich allerdings
> >> nichts schlechtes erkennen.
> >
> >Nanu?
> >Wer gegen den Staat ist, ist auch gegen die
> >Mitglieder desselben,
>
> Nein. Oder würdest Du der Aussage zustimmen, daß jemand
> der gegen die Katholische Kirche ist, auch gleichzeitig
> gegen jeden Katholiken ist? Die meisten Menschen, die
> gegen die katholische Kirche sind, kommen privat mit
> den meisten Katholiken gut aus.

Die Kirche ist kein Staat.
Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht gut
auskommt". Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die Möglichketein
des Staates, für seine Bürger zu sorgen.
Dafür gibt's in der Kirche keine Parallele.
Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.



> Ich glaube, die Deutung von Iljas Aussage ist zu
> einfach. Wenn man sich seine Internetseite anschaut ist
> er nicht dagegen, daß es Institutionen geben darf, die
> fast alle Funktionen erfüllen, die unsere Staaten heute
> erfüllen. Er fordert aber, daß jeder für sich wählen
> können soll, ob er Mitglied eines solchen Staates sein
> will. - Mit allen Rechten und Pflichten.

Jeder darf auswandern.


>
> Nach seiner Internetseite würde ich eher vermuten, daß
> Ilja mit diesem Satz Fälle meint, wo der Staat in Dinge
> eingreift, wo kein anderer durch geschädigt wird.
> Beispiel: Zwei Erwachsene wollen Kiffen, fahren nicht
> bekifft Auto oder so - bringen also keine Anderen
> dadruch in Gefahr - und helfen sich geghenseitig bei
> der Beschaffung von Hasch.

Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.

Gruss Christian

Rene Meyer

unread,
Dec 6, 2000, 6:11:43 PM12/6/00
to
ON Wed, 06 Dec 2000 13:49:28 GMT, Kersti Nebelsiek wrote:
> Aber nicht dieses innere Leuchten, das ich bin. (Ich
> meine damit etwas, was zumindest ich wahrnehmen kann,
> kein theoretisches Konstrukt.)

Kannst du das etwas näher ausführen? Bist du Buddhistin?



> Nur, wenn er wüßte, was er sich selbst damit antut. Für
> mich ist ein Verbrecher entweder unwissend - oder ein
> Masochist.

Masochist im nur männlichen Sinn oder auf alle VerbrecherInnen
bezogen?

Rene Meyer

unread,
Dec 6, 2000, 6:05:45 PM12/6/00
to
ON Fri, 01 Dec 2000 09:14:44 GMT, Leeloo wrote:
> Ich behaupte auch nicht daß jemand bewußt dies als Vorwand nimmt, das wäre
> natürlich völlig falsch. Aber gerade daß man den KI nicht als Hilfe nehmen
> sollte,
> verlange ich, da er es meiner Meinung einem zu leicht macht, denn ich
> widerspreche
> noch immer dem zu Grunde liegenden Prinzip des KI. Es spreche es einem
> Menschen
> ganz einfach ab, durch sogennantes vernünftiges Denken herauszufinden,
> welches Gesetz
> man verallgemeinern kann. Das ist eine zu große Aufgabe für einen kleinen
> Geist, wie ich
> versuchte durch unten mein zitiertes, und kritisiertes Beispiel zu
> erläutern. Ich bin der
> Ansicht daß man zu leicht und zu schnell auch unbewußt den KI als Vorwand
> nimmt.

Ich finde aber beim besten Willen keinen allgemeineren Anhaltspunkt,
aus dem ich die von mir verwendeten und dargelegten Grundsätze
besser herleiten könnte.

> Ich wollte nur Aufzeigen daß es Situationen gibt bei denen man schnell von
> einem sogennanten
> allgemeinen Grundsatz abkommt, nämlich in meinem Beispiel, von dem Grundsatz
> nichts gegen
> das Weiterbestehen der menschlichen Rasse zu tun, wenn man auch all die
> schlechten Dinge betrachtet
> die auf ein solches Abkommen folgen.

Mir ist aber nicht klar, wie dein Beispiel meinen Grundsatz ad
absurdum fuehren sollte. Das Tun der Nazis widerspricht in krasser
Weise der Gleichbehandlung aller Menschen (die natürlich nicht aus
dem Erhaltungsgrundsatz folgt) und ist somit als schlecht anzusehen.
Fortbestand ist nicht der einzige Grundsatz meines moralischen
Denkens.

> Um es allgemeiner zu sagen durch dieses simple und natürlich auch
> unvollkommene Beispiel wollte ich nur erläutern
> dass so ein Grundsatz schnell ein seine Grenzen stößt wenn man weiter denkt.

Sicher, wenn er keine Grenzen hätte, wäre er eine der lange
gesuchten und bisher nicht gefundenen allgemeinen Regeln für
moralisches Verhalten.

> Ob der Mensch der diesen Grundsatz aufstellt
> zum weiterdenken befähigt ist, bezweifle ich, denn wo das weiterdenken
> stoppt kann niemand sagen. Deshalb behaupte ich daß
> ein KI nicht aufgestellt werden sollte, da niemand die gesamte Tragweite der
> Handlungen die sich nach diesem Grundsatz richten
> vorhersehen kann. Sowas kann sehr schnell ins negative umschlagen, sogar bei
> dem Grundssatz nix gegen Menschen zu tun.

Das ist wie mit der Demokratie: Aber wir haben derzeit leider nichts
besseres, was auch intersubjektiv gültig ist.

> Ich wollte also nur aufzeigen daß die Möglichkeit eines Fehlers immer
> besteht, zweitens, daß niemand alle Fehler vorhersehen kann,
> drittens, daß auch bei simplen Grundsätzen die Fehler dramatisch sein
> können.

Habe ich das jemals bezweifelt? Das ist mir vollkommen klar. Deshalb
muss auch jeder Mensch sein Handeln immer wieder hinterfragen und
reflektieren.

> Nun, nach meinen Beispiel ist es ja nicht so daß diese Handlungen passend
> sind, den
> von der Sicht der Tiere ist es wohl bei weitem besser wenn es den Menschen
> nie gegeben
> hat. Ich bin kein radikaler Tierschützer, es soll nur als Beispiel dienen.

Das ist tatsächlich ein Problem, welches ich nicht vollständig in
mein Denken integrieren vermag, eben weil ich nicht weiss, inwieweit
überhaupt andere Lebensformen in das moralische Denken einzubeziehen
sind. Man könnte es an Intelligenz festmachen, nur kann das bisher
niemand auch nur nahezu eindeutig feststellen (für Hinweise auf
Fortschritte bin ich dankbar, weil ich leider keine Zeit habe, die
gesamte Entwicklung ständig zu beobachten), Andererseits muss man
auch sagen, dass der Mensch z.B. auf die Nahrungsquelle Tier
angewiesen ist, das ist biologische Notwendigkeit. Natürlich sollte
man schon aus Gründen der Beobachtung möglichst unverfälschter
biologischer und evolutionärer Gesetze möglichst wenig in die Natur
eingreifen. Insofern ist Umweltverschmutzung durchaus abzulehnen.
Auch ist sicherlich die Ausbeutung von Tieren nur aufgrund von
Bequemlichkeitsaspekten abzulehnen. Interessante Probleme sind dann
aber auch noch die Verwendung von Versuchstieren in der
medizinischen Forschung.

> Es kommt darauf an wie weit
> man bereit ist die Konsequenzen eines Grundsatzes weiterzudenken. Die
> meisten Grundsätze lösen
> sich dann in vielen Fehlern auf. Ich sehe es noch immer als egoistisch an
> hier einen Unterschied zu machen
> und den KI nicht auf alles anzuwenden, also nur auf Menschen und nicht auf
> Tiere auch, und Pflanzen und von
> mir aus auch Zellen. Man muß sich aller Konsequenzen bewußt werden.

s.o. ein gewissen Interessenskonflikt des reinen Überlebens wegen
besteht hier in jedem Fall. Ich bin mir der Konsequenzen auch
bewußt, muß aber trotzdem durchaus ab und zu was essen.

> Wenn der KI das nicht wäre dann müßte er für alles Leben gelten und das ist
> meiner Ansicht nach lächerlich,
> wie ich oben erläutert habe.

Er ist ein Grundsatz, welcher sicher auch den Überlebensgedanken mit
enthält, aber ich glaube nicht, daß Kant das im egoistischen Sinne
gemeint hat, sondern eher, daß er gewisse Dinge wie Nahrungsaufnahme
für essentiell und vollkommen selbstverständlich angenommen hat.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Da dachte Sokrates vernünftiger.
> >
> > Der aus Platons Staat? Dieser Erfinder des Totalitarismus kann mir
> > mal kreuzweise.
>
> Oh weh.
> Sokrates als Erfinder von Platons Staat ...

Platon behauptet dort, dass Sokrates ein ziemlich totalitären
Staatskonzept begründet hat. Und legt ausführlich dar, wie er dies
getan hat.

> Na ja, dann wundert mich vieles nicht mehr. Nein, ich meinte den in
> seiner Verteidungsrede vor dem Gericht und den des Phaidon, wo er
> seinen Freunden erklärt, warum er das Fluchtangebot ausschlägt.

Ein andere Quelle, in der sich andere Aussagen die angeblich von
Sokrates stammen finden. Woher soll ich wissen, welchem dieser beiden
Schriftstücke du mehr glaubst? Darum frage ich ja.

Ansonsten hätte ich wohl ein Fluchtangebot vermutlich nicht
ausgeschlagen. Freiwillig Schierlingsbecher austrinken ist gemeinhin
nichts was man als vernünftig bezeichnet.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht gut
> auskommt". Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die Möglichketein
> des Staates, für seine Bürger zu sorgen.

Und erhöht seine eigenen Möglichkeiten, fuer sich und seine Freunde zu
sorgen.

> Dafür gibt's in der Kirche keine Parallele.

Kirchensteuer?

> Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.

Nein. Nach meiner Rechnung ist er in der Summe ein erhebliches
Verlustgeschäft.

> Jeder darf auswandern.

Ja und? Legitimiert dies Schutzgelderpressung?

> > Beispiel: Zwei Erwachsene wollen Kiffen, fahren nicht
> > bekifft Auto oder so - bringen also keine Anderen
> > dadruch in Gefahr - und helfen sich geghenseitig bei
> > der Beschaffung von Hasch.
>
> Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
> erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.

Wer sowas erwartet, sollte sich vorher mit denen einigen, von denen er
sowas erwartet.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Kersti Nebelsiek <KNebe...@t-online.de> writes:
> >Die Liebe zu Gott ist auch nie ohne Angst vor dem
> >Fegefeuer und Hoffnung aufs Paradies ausgekommen.
>
> Wie bitte? Ich glaube nicht an das Fegefeuer. Ich
> interessiere mich einen feuchten Kericht für das
> Paradies. (Das kenne ich nämlich nicht.) Aber ich liebe
> Gott dennoch. Und ich kenne so einige Leute, denen es -
> bei sehr unterschiedlichen sonstigen Weltbildern - da
> ähnlich geht.

Schön. Nur ist die Religion in dieser Form nichts, was eine Mehrheit
dazu bringt, die Vorschriften eines konkreten Buches buchstabengenau
einzuhalten.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
HC Grosz <gr...@gmx.net> writes:
>>> Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht gut
>>> auskommt". Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die Möglichketein
>>> des Staates, für seine Bürger zu sorgen.
>>
>> Und erhöht seine eigenen Möglichkeiten, fuer sich und seine Freunde zu
>> sorgen.
>
> Der Staat ist imho nichts anderes als ein grosses Gemeinschaftsprojekt
> mit - ideelerweise - gleicher Beteiligung aller, also die
> Ultimativlösung für dieses "sich und seinen Freunden" helfen.

Nur halt mit dem Problem dass die arbeitslosen Nazis nicht meine
Freunde sind, denen ich mit meinen Steuergeldern würde helfen wollen.
Während der Staat meinen Freunden keinen Pfennig gibt.

Also vergessen wir diese Ausrede fuer Schutzgelderpressung besser.

Christian Bickel

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > > Da dachte Sokrates vernünftiger.
> > >
> > > Der aus Platons Staat? Dieser Erfinder des Totalitarismus kann mir
> > > mal kreuzweise.
> >
> > Oh weh.
> > Sokrates als Erfinder von Platons Staat ...
>
> Platon behauptet dort, dass Sokrates ein ziemlich totalitären
> Staatskonzept begründet hat. Und legt ausführlich dar, wie er dies
> getan hat.

Platon hat gerne seine eigenen Lehren Sokrates in den Mund gelegt.
Auch die Ideenlehre. aber das hat nie jemand für bare Münze genommen.



> > Na ja, dann wundert mich vieles nicht mehr. Nein, ich meinte den in
> > seiner Verteidungsrede vor dem Gericht und den des Phaidon, wo er
> > seinen Freunden erklärt, warum er das Fluchtangebot ausschlägt.
>
> Ein andere Quelle, in der sich andere Aussagen die angeblich von
> Sokrates stammen finden. Woher soll ich wissen, welchem dieser beiden
> Schriftstücke du mehr glaubst? Darum frage ich ja.

Nun, gestorben ist er auf jeden Fall in Athen. Und Gelegenheit zur
Flucht hatte jeder in der damaligen Zeit.


> Ansonsten hätte ich wohl ein Fluchtangebot vermutlich nicht
> ausgeschlagen. Freiwillig Schierlingsbecher austrinken ist gemeinhin
> nichts was man als vernünftig bezeichnet.

Wie heißt's bei Magnum?
Man muß Prioritäten setzen.
Und er hat sie anders gesetzt, als Du.
Frage: Wer bestimmt mit welcher Kompetenz, was "vernünftig" ist?

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:
>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht gut
> > auskommt". Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die Möglichketein
> > des Staates, für seine Bürger zu sorgen.
>
> Und erhöht seine eigenen Möglichkeiten, fuer sich und seine Freunde zu
> sorgen.

Das arme Schwein, das keine Freunde hat (unter Obdachlosen und
Nichtseßhaften weit verbreitet) kann verrecken.
Und wer lieber für sich sorgt als für seine Freunde? Da haben dann die
Freunde die A-Karte gezogen.
Und finanzierst Du auch deiene eigene Schule?


> > Dafür gibt's in der Kirche keine Parallele.
>
> Kirchensteuer?

Werden davon Staatsaufgaben bezahlt?



> > Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.
>
> Nein. Nach meiner Rechnung ist er in der Summe ein erhebliches
> Verlustgeschäft.

Kannst ja mal für 4 Wochen nach Somalia gehen.

> > Jeder darf auswandern.
>
> Ja und? Legitimiert dies Schutzgelderpressung?

Albern

> > > Beispiel: Zwei Erwachsene wollen Kiffen, fahren nicht
> > > bekifft Auto oder so - bringen also keine Anderen
> > > dadruch in Gefahr - und helfen sich geghenseitig bei
> > > der Beschaffung von Hasch.
> >
> > Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
> > erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.
>
> Wer sowas erwartet, sollte sich vorher mit denen einigen, von denen er
> sowas erwartet.

Dann liegt die Erpressung in kleinem Kreis.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> HC Grosz <gr...@gmx.net> writes:
> >>> Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht gut
> >>> auskommt". Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die Möglichketein
> >>> des Staates, für seine Bürger zu sorgen.
> >>
> >> Und erhöht seine eigenen Möglichkeiten, fuer sich und seine Freunde zu
> >> sorgen.
> >
> > Der Staat ist imho nichts anderes als ein grosses Gemeinschaftsprojekt
> > mit - ideelerweise - gleicher Beteiligung aller, also die
> > Ultimativlösung für dieses "sich und seinen Freunden" helfen.
>
> Nur halt mit dem Problem dass die arbeitslosen Nazis nicht meine
> Freunde sind, denen ich mit meinen Steuergeldern würde helfen wollen.
> Während der Staat meinen Freunden keinen Pfennig gibt.

Und wieso nicht? Sozialhilfe bekommt *jeder*, dern nicht selbst genug
verdient. Da gilt Gottseidank noch keine Gesinnungsschnüffelei.


> Also vergessen wir diese Ausrede fuer Schutzgelderpressung besser.

Nicht die "Ausrede", lieber das blöde Etikett.

Gruss Christian

Hermann Riemann

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
Rene Meyer schrieb:

> > Und da gibt es die Anschauung alles fuer die Familie
> > mit der Folge viel verhungernde Kinder.

> Das verstehe ich nicht.

Es gibt Gemeinschaften die Stellen das Familienleben
mit dem Wunsch viele Kinder in ihren Lebensmittelpunkt.
Und ihre Pflichtgefuehl richtet sich danach.
Und wenn dann fuer die Kinder der Gemeinschaft nicht mehr
genug da ist dann ???

> > Allerdings erwarte ich bei diesen Verstoessen eine positive
> > Bilanz ( geringer Schaden, grosser Nutzen).

> Ja sicher, auch das widerspricht nicht meinem Handeln. Nur muß man
> erkennen, dass die Schaden-Nutzen-Bilanz positiv ist.

Das geht haeufig nicht oder nicht mit vertretbaren Aufwand.
Dann bleibt eine mehr oder wenig sichere Vermutung,
oder auch im Grenzfall mehr zum eigenen Nachteil,
um bei Konflikten zum Kompromiss zu kommen.

Hermann

Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to
>From: Christian Bickel <06113...@t-online.de>
>Date: Wed, 06 Dec 2000 21:24:09 +0100

>
>>Kersti Nebelsiek schrieb:
>>
>> >From: Christian Bickel
>> >
>> >> Ilja Schmelzer schrieb:
>> >
>> >> Tja die Nebeneffekte - die sind es in der Tat die
>> >> meist vergessen werden. In gegenseitiger Hilfe
>> >> gegen den Staat kann ich allerdings
>> >> nichts schlechtes erkennen.
>> >
>> >Nanu?
>> >Wer gegen den Staat ist, ist auch gegen die
>> >Mitglieder desselben,
>>
>> Nein. Oder würdest Du der Aussage zustimmen, daß jemand
>> der gegen die Katholische Kirche ist, auch gleichzeitig
>> gegen jeden Katholiken ist? Die meisten Menschen, die
>> gegen die katholische Kirche sind, kommen privat mit
>> den meisten Katholiken gut aus.
>
>Die Kirche ist kein Staat.
>Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht
>gut auskommt".

>Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die

>Möglichkeiten des Staates, für seine Bürger zu sorgen.

Richtig.

Dazu ist zweierlei zu sagen: Entweder ist man der Ansicht, daß der
Staat das Geld im Wesentlichen sinnvoll verwendet, dann sollte man auch
Steuern zahlen. Oder man ist der Ansicht, daß er das nicht tut, dann
sollte man auf andere Weise seinen Beitrag dazu leisten, daß bei uns
niemand zu kurz kommt. Das muß man ja nicht zwangsläufig dem Staat
überlassen.

Und - wer keine Steuern zahlt, tut nicht zwangsläufig weniger für seine
Mitmenschen als andere. Vieles würde auch heute noch ohne ehrenamtliche
Arbeit und gegenseitige Hilfe nicht funktionieren.

>Dafür gibt's in der Kirche keine Parallele.

Na doch. Die Kirche erbringt sehr viele Sozialleistungen in der
Welt und oft in Staaten, die sich solche Sozialleistungen nicht
leisten können. Dann gibt es noch diverse durch Spenden finanzierte
Vereine, die - wenn sie in Deutschland als gemeinnützig anerkannt sind,
auch keine Gewinne machen dürfen und oft ebenfalls Sozialleistungen
erbringen.

>Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.

Nein. Er hat Schulden. Die Kirche - die katholische - hat
Reichtümer. Beides kein Nullsummenspiel.

>> Ich glaube, die Deutung von Iljas Aussage ist zu
>> einfach. Wenn man sich seine Internetseite anschaut ist
>> er nicht dagegen, daß es Institutionen geben darf, die
>> fast alle Funktionen erfüllen, die unsere Staaten heute
>> erfüllen. Er fordert aber, daß jeder für sich wählen
>> können soll, ob er Mitglied eines solchen Staates sein
>> will. - Mit allen Rechten und Pflichten.
>
>Jeder darf auswandern.

Und muß dafür all seine Freunde und seine Heimat verlassen. Der
Preis ist dann manchem zu hoch, der sonst einiges an diesem Staat
nicht mag.

>> Nach seiner Internetseite würde ich eher vermuten, daß
>> Ilja mit diesem Satz Fälle meint, wo der Staat in Dinge
>> eingreift, wo kein anderer durch geschädigt wird.

>> Beispiel: Zwei Erwachsene wollen Kiffen, fahren nicht
>> bekifft Auto oder so - bringen also keine Anderen

>> dadurch in Gefahr - und helfen sich geghenseitig bei


>> der Beschaffung von Hasch.
>
>Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
>erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.

Wer schon mit Hasch ernsthafte psychologische Probleme
bekommt, der war schon vorher krank. Körperliche Schäden von
Hasch sind kaum nachzuweisen. (Nein. Ich kiffe nicht.) Außerdem
ist der Typ Kiffer, der am Ende nicht mehr für sich selber sorgen
kann nicht der Typ, der beim Autofahren streng darauf achtet,
nicht bekifft zu fahren.
Es ist einfach nur ein sehr geringer Teil der Kiffer, die bei
anderen Drogen landen und ernsthafte Probleme entwickeln oder
verursachen. Deshalb habe ich dieses Beispiel gewählt. Bei Alkohol ist
dieses Verhältnis wesentlich ungünstiger, dennoch ist er erlaubt.
(Nein. Ich trinke auch keinen Alkohol. Und rauchen tu ich auch nicht.)

Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 8, 2000, 9:06:10 AM12/8/00
to
>From: Rene Meyer <rene....@s2000.tu-chemnitz.de>
>Date: Thu, 7 Dec 2000 00:11:43 +0100

>ON Wed, 06 Dec 2000 13:49:28 GMT, Kersti Nebelsiek wrote:

>> Aber nicht dieses innere Leuchten, das ich bin. (Ich
>> meine damit etwas, was zumindest ich wahrnehmen kann,
>> kein theoretisches Konstrukt.)

>Kannst du das etwas näher ausführen?

Ich werde versuchen, es so zu formulieren, daß es
verständlich wird.

>Bist du Buddhistin?

Nein.

Das ist keine Religion, das ist eine Wahrnehmung, die ich
seit der Geburt habe. Und es gibt in jedem Kulturraum und bei
jeder Religion Leute, die es auch wahrnehmen können. Es
scheint nur so zu sein, daß Menschen mit der Fähigkeit, das
innere Licht wahrzunehmen, entweder vergöttert oder für
verrückt erklärt werden. Was beides ziemlich unangemessen
ist.

Wenn man sich anschaut, was Jesus gesagt haben soll, dann muß
er es eigentlich auch wahrgenommen haben. Anders sind seine
Ratschläge nicht erklärbar. (Und wenn man sich anschaut, wie
heutzutage oft über ihn geredet wird, dann wird er ganz
unangemessen vergöttert.)

Bei der Wahrnehmung des inneren Lichts handelt es sich
offensichtlich um einen Sonderfall der Synästhesie (=
Übersetzung der Wahrnehmung eines Sinnes in die
Darstellungsweise eines anderen Sinnes.) (ausführlicher:
http://home.pages.de/~Kersti/V0074.HTM ) Es gibt verschiedene
nicht materielle Ebenen, die man so wahrnehmen kann.
Beispielsweise können manche die Gefühle als farbiges den
Körper umgebendes Feld wahrnehmen. Ich spüre die Gefühle
Anderer, kann sie aber nicht "sehen". Das ist beispielsweise
der Grund, warum ich die Körpersprache von Tieren, mit denen
ich umgehe sehr schnell lerne. - Auch sprechen. Das innere
Licht findet sich auf einer weit "höheren" Ebene als die
Gefühle. (Das Wort "höher" ist hier nicht räumlich sondern im
übertragenen Sinne gemeint und bezieht sich darauf, daß es
weniger materiell ist. In vielen Religionen würde man auch
sagen, daß es Gott näher ist. In der Psychologie eher, daß es
tiefer im Unterbewußtsein verborgen ist. Manche esoterische
Richtungen reden auch von "inneren Welten". Ich vermute, daß
die Hohlerdetheorie auf ein Mißverstehen des Begriffes
"Innere Welten" zurückzuführen ist.) Wenn ich mich auf mein
eigenes inneres Licht einstelle und ihm dadurch die
Möglichkeit gebe stärker zu fließen, so vermittelt mir das
ein ähnliches Gefühl, als stände ich im strahlenden
Sonnenschein. (Nur daß alles Unangenehme wegfällt, wie
Sonnenbrand, blenden... ) und ich bin von Freude und Liebe
erfüllt. Wenn und da ich es bei anderen sehe (Manchmal lasse
ich mich ablenken und beschäftige mich mit etwas Anderem.)
spüre ich daß dieses Licht heilig ist und kann oder will den
anderen nur lieben. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf das
innere Licht richte und es anspreche, (in ganz normalen
Gesprächen mit Worten - wichtig ist wo ich meine
Aufmerksamkeit habe, nicht wie ich mich äußerlich betrachtet
verhalte) hat das die Macht auch sehr gefährliche Situationen
zu entschärfen. Darum geht es, wenn Jesus sagt: "Liebe Deine
Feinde".

>> Nur, wenn er wüßte, was er sich selbst damit antut. Für
>> mich ist ein Verbrecher entweder unwissend - oder ein
>> Masochist.
>
>Masochist im nur männlichen Sinn oder auf alle
>VerbrecherInnen bezogen?

Selbstverständlich bezieht sich das auch auf Frauen. Bei dem
Thema gibt es zwischen Frauen und Männern zwar graduelle
Unterschiede - aber keine prinzipiellen.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 8, 2000, 7:20:34 AM12/8/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Platon behauptet dort, dass Sokrates ein ziemlich totalitären
> > Staatskonzept begründet hat. Und legt ausführlich dar, wie er dies
> > getan hat.
>
> Platon hat gerne seine eigenen Lehren Sokrates in den Mund gelegt.
> Auch die Ideenlehre. aber das hat nie jemand für bare Münze genommen.

Wozu auch. Mich interessieren eh nur die Ideen, die dort stehen, und
nicht die Frage ob nun Herr S. oder Herr P. sie gehabt haben.
Sind eh beide schon tot ;-)

> > Ansonsten hätte ich wohl ein Fluchtangebot vermutlich nicht
> > ausgeschlagen. Freiwillig Schierlingsbecher austrinken ist gemeinhin
> > nichts was man als vernünftig bezeichnet.
>

> Man muß Prioritäten setzen.
> Und er hat sie anders gesetzt, als Du.

Richtig.

> Frage: Wer bestimmt mit welcher Kompetenz, was "vernünftig" ist?

Als Frage in dieser Form klingt das schon viel netter als

>>>>> Da dachte Sokrates vernünftiger.

Ansonsten ist es einerseits wie mit der Wahrheit - ob etwas wahr ist
oder nicht hängt nicht davon ab, was die Leute darüber denken. Selbst
wenn alle Menschen denken dass die Erde eine Scheibe ist wird sie
deswegen nicht flacher. Und wenn alle glauben ein Staat sei vernüftig
wird er dadurch nicht vernünftiger.

Andererseits gibt es halt das Problem des Ziels, der Prioritäten. Ich
wüsste in der Tat nicht, wieso ein alter Mann das Ziel "Leben" höher
werten sollte als z.B. "hohe Auflage seiner Werke in künftigen
Generationen", "Wahrheit" oder was auch immer.

Ich sehe nicht wie man Vernunft verwenden kann, um über Ziele an sich
zu entscheiden - mit Ausnahmen s.u. Nimmt man die Ziele hingegen als
gegeben an, entsteht die Frage, wie man sie am
besten/wahrscheinlichsten erreicht. Bei dieser Frage können wir das
ganz normale System wissenschaftlicher (vernünftiger) Forschung
verwenden.

Wäre z.B. "hohe Auflage eigener Werke" seine Priorität gewesen, dann
war seine Tat in allerhöchstem Grade vernünftig - als Strategie zur
Erreichung dieses Ziels. Und dies können wir im selben Masse erkennen
wie wir eine naturwissenschaftliche Wahrheit erkennen können.

Und dann gibt es Ziele, die man vernünftig diskutieren kann, weil sie
nur Zwischenziele sind - also eigentlich nur Teil einer Strategie, um
andere Ziele zu erreichen. Da kann man vernünftig herausfinden, ob
diese Strategie optimal ist, um die anderen, fundamentaleren Ziele zu
erreichen.

Dass man die grundlegendsten Ziele vernünftig diskutieren könnte denke
ich hingegen nicht. Hier sehe ich für den vernünftigen Menschen
lediglich Toleranz - Akzeptanz dass andere Menschen andere
grundlegende Ziele haben.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 8, 2000, 7:29:08 AM12/8/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Nur halt mit dem Problem dass die arbeitslosen Nazis nicht meine
> > Freunde sind, denen ich mit meinen Steuergeldern würde helfen wollen.
> > Während der Staat meinen Freunden keinen Pfennig gibt.
>
> Und wieso nicht? Sozialhilfe bekommt *jeder*, dern nicht selbst genug
> verdient.

Nein, nicht jeder. Ich habe gerade vorgestern einen Zettel
unterschrieben, auf dem ich mich verpflichtet habe, für alle Kosten
einschliesslich Sozialhilfe für einen Freund aufzukommen. Sonst würde
die Polizei diesen Freund nicht einmal zu mir nach Hause kommen
lassen. Sozialhilfe vom Staat hingegen kriegen u.a. meine Feinde.

> > Also vergessen wir diese Ausrede fuer Schutzgelderpressung besser.
>
> Nicht die "Ausrede", lieber das blöde Etikett.

Wie gesagt, ich ziehe es vor, gleiche Sachen gleich zu nennen. Wie
man sie nennt, ist mir dabei relativ egal. Dass jemand eine Handlung
euphemistisch anders nennt, wenn er selbst sie begeht, als wenn andere
sie ihm gegenüber begehen, ist eine bekannte menschliche Schwäche, und
ist für mich kein Grund, dieser Konvention zu folgen.

Ich frage also das Gesetzbuch, wie es die Handlung bezeichnet, wenn
jemand von anderern Geld fordert und im Verweigerungsfalle droht, sie
einzusperren. Ich höre "Schutzgelderpressung". Also nenne ich es
Schutzgelderpressung.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 8, 2000, 7:39:38 AM12/8/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
>>> Und ich meinte auch nicht, daß er mit den anderen Bürgern "nicht gut
>>> auskommt". Aber wer keine Steuern zahlt, vermindert die Möglichketein

>>> des Staates, für seine Bürger zu sorgen.
>>
>> Und erhöht seine eigenen Möglichkeiten, fuer sich und seine Freunde zu
>> sorgen.
>
> Das arme Schwein, das keine Freunde hat (unter Obdachlosen und
> Nichtseßhaften weit verbreitet) kann verrecken.

Keine Angst, die kriegen auch ab und zu was. Und sie wuerden noch
mehr kriegen, wenn sie vom Staat nichts kriegen wuerden.

> Und wer lieber für sich sorgt als für seine Freunde?

Der hat halt keine und damit auch die A-Karte gezogen.

> Und finanzierst Du auch deine eigene Schule?

Oh, wenn ich keine Steuern mehr zahlen muesste, wäre ich dazu gerne
bereit. Das ich ansonsten versuche vom Gestohlenen wenigstens einen
Teil wiederzukriegen wirst du mir doch nicht verübeln?

>>> Dafür gibt's in der Kirche keine Parallele.
>>

>> Kirchensteuer?
>
> Werden davon Staatsaufgaben bezahlt?

Weiss ich doch nicht, ich vermute mal Kirchenaufgaben.

>>> Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.
>>

>> Nein. Nach meiner Rechnung ist er in der Summe ein erhebliches
>> Verlustgeschäft.
>
> Kannst ja mal für 4 Wochen nach Somalia gehen.

Wäre eine Möglichkeit. Allerdings droht dort gerade wieder mal ein
Möchtegernstaat mit militärischer Unterwerfung.

>>> Jeder darf auswandern.
>>
>> Ja und? Legitimiert dies Schutzgelderpressung?
>
> Albern

Albern ist es, es Steuer zu nennen wenn es der eine tut und
Schutzgelderpressung wenn es der andere tut.

>>> Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
>>> erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.
>>

>> Wer sowas erwartet, sollte sich vorher mit denen einigen, von denen er
>> sowas erwartet.
>
> Dann liegt die Erpressung in kleinem Kreis.

Vorherige Einigung != Erpressung. Egal wie gross der Kreis ist.

Christian Bickel

unread,
Dec 9, 2000, 9:34:00 AM12/9/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Dass man die grundlegendsten Ziele vernünftig diskutieren könnte denke
> ich hingegen nicht. Hier sehe ich für den vernünftigen Menschen
> lediglich Toleranz - Akzeptanz dass andere Menschen andere
> grundlegende Ziele haben.

Na, dann war Dein Satz: "Ansonsten hätte ich wohl ein Fluchtangebot


vermutlich nicht ausgeschlagen. Freiwillig Schierlingsbecher
austrinken ist gemeinhin nichts was man als vernünftig bezeichnet."

wohl nicht ernst gemeint.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 9, 2000, 9:40:50 AM12/9/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> > Und wieso nicht? Sozialhilfe bekommt *jeder*, dern nicht selbst genug
> > verdient.
>
> Nein, nicht jeder. Ich habe gerade vorgestern einen Zettel
> unterschrieben, auf dem ich mich verpflichtet habe, für alle Kosten
> einschliesslich Sozialhilfe für einen Freund aufzukommen. Sonst würde
> die Polizei diesen Freund nicht einmal zu mir nach Hause kommen
> lassen. Sozialhilfe vom Staat hingegen kriegen u.a. meine Feinde.

Der hatte wohl nicht die deutsche Staatsbürgerschaft.

> > > Also vergessen wir diese Ausrede fuer Schutzgelderpressung besser.
> >
> > Nicht die "Ausrede", lieber das blöde Etikett.
>
> Wie gesagt, ich ziehe es vor, gleiche Sachen gleich zu nennen. Wie
> man sie nennt, ist mir dabei relativ egal. Dass jemand eine Handlung
> euphemistisch anders nennt, wenn er selbst sie begeht, als wenn andere
> sie ihm gegenüber begehen, ist eine bekannte menschliche Schwäche, und
> ist für mich kein Grund, dieser Konvention zu folgen.

Schutzgelderpressung nennt man die Handlung eines Menschen, der damit
droht, einem das Lokal in Schutt und Asche zu legen (oder den
Betreffenden oder seine Angehörigen an Leib und Leben zu schädigen)
wenn er den Erpressungsbetrag nicht erlegt. Und Schutz gegen Dritte
gewährt der Erpresser nicht, nur gegen seinen eigenen Übermut. Auch
irgendwelche Leistungen darüberhinaus verspricht er nicht. Das ist
beim Staat nicht gegeben. Also nennst Du Ungleiches gleich.

> Ich frage also das Gesetzbuch, wie es die Handlung bezeichnet, wenn
> jemand von anderern Geld fordert und im Verweigerungsfalle droht, sie
> einzusperren. Ich höre "Schutzgelderpressung". Also nenne ich es
> Schutzgelderpressung.

Dann ist auch Schutzgelderpressung, wenn jemand von Dir einen
Kaufpreis verlangt, widrigenfalls er vor Gericht zieht.
Und Einsperren tut der Staat nur in seltenen Fällen. Bei hoher
Steuerhinterziehung oder bei Verweigerung des gesetzlichen Unterhalts.

Man muß da schon seehr verquere Augen haben ...

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 9, 2000, 9:42:39 AM12/9/00
to
HC Grosz schrieb:

> Der Staat ist imho nichts anderes als ein grosses Gemeinschaftsprojekt
> mit - ideelerweise - gleicher Beteiligung aller, also die
> Ultimativlösung für dieses "sich und seinen Freunden" helfen.

Der Staat ist etwas anderes: Siehe Art. 1 Abs. 1 GG.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 9, 2000, 9:51:03 AM12/9/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> > Das arme Schwein, das keine Freunde hat (unter Obdachlosen und
> > Nichtseßhaften weit verbreitet) kann verrecken.
>
> Keine Angst, die kriegen auch ab und zu was. Und sie wuerden noch
> mehr kriegen, wenn sie vom Staat nichts kriegen wuerden.

Optimist, blauäugiger.

>
> > Und wer lieber für sich sorgt als für seine Freunde?
>
> Der hat halt keine und damit auch die A-Karte gezogen.

Nein, *der* hat ja Geld und zwar gerade deshalb mehr.

>
> > Und finanzierst Du auch deine eigene Schule?
>
> Oh, wenn ich keine Steuern mehr zahlen muesste, wäre ich dazu gerne
> bereit. Das ich ansonsten versuche vom Gestohlenen wenigstens einen
> Teil wiederzukriegen wirst du mir doch nicht verübeln?

Doch.
Außerdem gibt's genug Menschen von Bosnien bis Peru und in Afrika, die
nicht an diesem Tropf hängen. Da kannst Du für Dich ablesen, was die
Reichen Länder tun, wenn's auf Freiwilligkeit ankommt. Bei den
Menschen ist's nicht anders.



> >>> Dafür gibt's in der Kirche keine Parallele.
> >>
> >> Kirchensteuer?
> >
> > Werden davon Staatsaufgaben bezahlt?
>
> Weiss ich doch nicht, ich vermute mal Kirchenaufgaben.

Um die geht's aber nicht. Die Vereinsbeiträge werden für
Vereinsaufgaben verwendet.
Wer sie einzieht, ist doch egal.


>
> >>> Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.
> >>
> >> Nein. Nach meiner Rechnung ist er in der Summe ein erhebliches
> >> Verlustgeschäft.
> >
> > Kannst ja mal für 4 Wochen nach Somalia gehen.
>
> Wäre eine Möglichkeit. Allerdings droht dort gerade wieder mal ein
> Möchtegernstaat mit militärischer Unterwerfung.

Bislang gibt's da nur Stammeskriege und Clanrivalitäten. Niemanden,
bei dem man sich beschweren kann. Nicht mal sauberes Wasser! Aber die
bezahlen auch keine Steuern an einen Staat.

> >>> Jeder darf auswandern.
> >>
> >> Ja und? Legitimiert dies Schutzgelderpressung?
> >
> > Albern
>
> Albern ist es, es Steuer zu nennen wenn es der eine tut und
> Schutzgelderpressung wenn es der andere tut.

Siehe oben. Du weißt vom Staat nichts, weniger als Die Bildzeitung.

>
> >>> Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
> >>> erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.
> >>
> >> Wer sowas erwartet, sollte sich vorher mit denen einigen, von denen er
> >> sowas erwartet.
> >
> > Dann liegt die Erpressung in kleinem Kreis.
>
> Vorherige Einigung != Erpressung. Egal wie gross der Kreis ist.

Entweder Du machst, was ich will (kiffst nicht), oder ich laß Dich am
ausgestreckten Arm verhungern. Keine Erpressung in Deiner
Terminologie?

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 9, 2000, 10:04:23 AM12/9/00
to
Kersti Nebelsiek schrieb:


> Dazu ist zweierlei zu sagen: Entweder ist man der Ansicht, daß der
> Staat das Geld im Wesentlichen sinnvoll verwendet, dann sollte man auch
> Steuern zahlen. Oder man ist der Ansicht, daß er das nicht tut, dann
> sollte man auf andere Weise seinen Beitrag dazu leisten, daß bei uns
> niemand zu kurz kommt. Das muß man ja nicht zwangsläufig dem Staat
> überlassen.

Nicht zwangsläufig. Aber ist es nicht bezeichnend, daß sich bei den
großen Prozessen über erkleckliche Steuerhinterziehung niemals
herausgestellt hat, daß die hinterzogene Steuer gemeinnützigen
Institutionen zugeflossen ist? Die sind alle reicher geworden und
haben ihr Vermögen in Luxemburg gut investiert.

>
> Und - wer keine Steuern zahlt, tut nicht zwangsläufig weniger für seine
> Mitmenschen als andere. Vieles würde auch heute noch ohne ehrenamtliche
> Arbeit und gegenseitige Hilfe nicht funktionieren.

Wenn man mal von Sportvereinen absieht, wo das Ehrenamt tatsächlich
Ehre einbringt und sich so auch zwielichtige Gestalten hindrängeln, so
liegt die Quote der Steuerstraftaten bei diesen Personen signifikant
niedriger als bei anderen. Es gibt halt nicht sektorale
Gewissenhaftigkeit.


> Na doch. Die Kirche erbringt sehr viele Sozialleistungen in der
> Welt und oft in Staaten, die sich solche Sozialleistungen nicht
> leisten können. Dann gibt es noch diverse durch Spenden finanzierte
> Vereine, die - wenn sie in Deutschland als gemeinnützig anerkannt sind,
> auch keine Gewinne machen dürfen und oft ebenfalls Sozialleistungen
> erbringen.

Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht in
Soziallleistungen, sondern in der *Garantie* für ein existentielles
Minimum. Der Bürger ist nicht auf das Wohlwollen seiner Mitmenschen
angewiesen. Mit dem an das Bürgerrecht angekoppelten "Hilfe zum
Lebensunterhalt" ist der Bettlerstatus des Armen abgeschafft.

> >Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein Nullsummenspiel.
>

> Nein. Er hat Schulden. Die Kirche - die katholische - hat
> Reichtümer. Beides kein Nullsummenspiel.

Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch die Schulden müssen
von den Bürgern zurückgezahlt werden. Das Geld fällt nicht wie Wanna
vom Himmel. Es gibt aber hie und da Ausnahmen, wenn der Staat sich
selbst wirtschaftlich betätigt, um Einnahmen zu erzielen.


>
> >> Ich glaube, die Deutung von Iljas Aussage ist zu
> >> einfach. Wenn man sich seine Internetseite anschaut ist
> >> er nicht dagegen, daß es Institutionen geben darf, die
> >> fast alle Funktionen erfüllen, die unsere Staaten heute
> >> erfüllen. Er fordert aber, daß jeder für sich wählen
> >> können soll, ob er Mitglied eines solchen Staates sein
> >> will. - Mit allen Rechten und Pflichten.
> >
> >Jeder darf auswandern.

> Und muß dafür all seine Freunde und seine Heimat verlassen. Der
> Preis ist dann manchem zu hoch, der sonst einiges an diesem Staat
> nicht mag.

Wenn er nicht Mitglied des Staates sein will, ist das die Konsequenz.
Außerdem; wenn das alles so schlimm ist, werden die Freunde sicher
gerne mit ihm gehen.

> >Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie Stütze vom Staat,
> >erwarten jedenfalls, daß man sie nicht verhungern läßt.
>

> Wer schon mit Hasch ernsthafte psychologische Probleme
> bekommt, der war schon vorher krank. Körperliche Schäden von
> Hasch sind kaum nachzuweisen. (Nein. Ich kiffe nicht.) Außerdem
> ist der Typ Kiffer, der am Ende nicht mehr für sich selber sorgen
> kann nicht der Typ, der beim Autofahren streng darauf achtet,
> nicht bekifft zu fahren.

Und Heroin?

> Es ist einfach nur ein sehr geringer Teil der Kiffer, die bei
> anderen Drogen landen und ernsthafte Probleme entwickeln oder
> verursachen. Deshalb habe ich dieses Beispiel gewählt. Bei Alkohol ist
> dieses Verhältnis wesentlich ungünstiger, dennoch ist er erlaubt.
> (Nein. Ich trinke auch keinen Alkohol. Und rauchen tu ich auch nicht.)

Aber auch die haben Anspruch auf Hilfe und machen ihn auch geltend.

Gruss Christian

Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 8, 2000, 10:53:44 AM12/8/00
to
>From: Ilja Schmelzer <il...@ilja-schmelzer.net>
>Date: 07 Dec 2000 14:59:13 +0100

>
>Kersti Nebelsiek <KNebe...@t-online.de> writes:
>> >Die Liebe zu Gott ist auch nie ohne Angst vor dem
>> >Fegefeuer und Hoffnung aufs Paradies ausgekommen.

>> Wie bitte? Ich glaube nicht an das Fegefeuer. Ich
>> interessiere mich einen feuchten Kericht für das
>> Paradies. (Das kenne ich nämlich nicht.) Aber ich
>> liebe Gott dennoch. Und ich kenne so einige Leute,
>> denen es - bei sehr unterschiedlichen sonstigen
>> Weltbildern - da ähnlich geht.

>Schön. Nur ist die Religion in dieser Form nichts,

>was eine Mehrheit dazu bringt, die Vorschriften
>eines konkreten Buches buchstabengenau einzuhalten.

Wenn jemand auf die Schnapsidee kommt, den Inhalt
eines Buches buchstabengenau einzuhalten, dann ist das
auch sein sehr bedenklicher Zustand. Es fehlt einfach
der Bezug zur Realität.

Wenn ich mich recht erinnere hat keiner der bekannten
Religionsstifter so gehandelt oder das von anderen
gefordert. Die Bücher wurden immer von anderen
geschrieben.

Wenn der Glaube an Gott positive Auswirkungen hat,
dann liegt es immer daran, daß dieser Glaube auf
eigene Erfahrungen mit der Macht der Liebe, mit der
Wirksamkeit von Gebeten und mit übersinnlichen
Wahrnehmungen beruht. Wobei die Liebe das Wichtigste
ist.

Fehlen diese Erfahrungen ist Deine Golden-Rule-
Anarchie das bessere Konzept.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 11, 2000, 9:39:35 AM12/11/00
to

Er war bewusst genügend unscharf formuliert - "wohl", "vermutlich",
"man gemeinhin bezeichnet". Und in dieser unscharfen Form war er
durchaus ernst gemeint.

Ich sehe nämlich in dieser Handlung durchaus die Möglichkeit einer
unvernünftigen Verwechselung der Wichtigkeit von Zielen.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 11, 2000, 9:47:22 AM12/11/00
to
Kersti Nebelsiek <KNebe...@t-online.de> writes:
> >Schön. Nur ist die Religion in dieser Form nichts,
> >was eine Mehrheit dazu bringt, die Vorschriften
> >eines konkreten Buches buchstabengenau einzuhalten.
>
> Wenn ich mich recht erinnere hat keiner der bekannten
> Religionsstifter so gehandelt oder das von anderen
> gefordert. Die Bücher wurden immer von anderen
> geschrieben.

Aber erst diese anderen haben es geschafft, die jeweilige Religion zu
einer Weltreligion zu machen.

> Wenn der Glaube an Gott positive Auswirkungen hat,
> dann liegt es immer daran, daß dieser Glaube auf
> eigene Erfahrungen mit der Macht der Liebe, mit der
> Wirksamkeit von Gebeten und mit übersinnlichen
> Wahrnehmungen beruht. Wobei die Liebe das Wichtigste
> ist.
> Fehlen diese Erfahrungen ist Deine Golden-Rule-
> Anarchie das bessere Konzept.

Danke. Das sehe ich ähnlich. Und weil man Liebe nicht erzwingen
kann, sollten wir unser Zusammenleben mit denen, die wir nicht lieben,
auf diesem Konzept aufbauen.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 11, 2000, 10:04:22 AM12/11/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Nein, nicht jeder.

> Der hatte wohl nicht die deutsche Staatsbürgerschaft.

Erfasst.

> > Sozialhilfe vom Staat hingegen kriegen u.a. meine Feinde.

> > Wie gesagt, ich ziehe es vor, gleiche Sachen gleich zu nennen. Wie


> > man sie nennt, ist mir dabei relativ egal. Dass jemand eine Handlung
> > euphemistisch anders nennt, wenn er selbst sie begeht, als wenn andere
> > sie ihm gegenüber begehen, ist eine bekannte menschliche Schwäche, und
> > ist für mich kein Grund, dieser Konvention zu folgen.
>
> Schutzgelderpressung nennt man die Handlung eines Menschen, der damit
> droht, einem das Lokal in Schutt und Asche zu legen (oder den
> Betreffenden oder seine Angehörigen an Leib und Leben zu schädigen)
> wenn er den Erpressungsbetrag nicht erlegt.

Richtig. Wenn ich den Erpressungsbetrag "Steuer" nicht zahle, droht
mir der Staat hingegen rein gar nichts an?

> Und Schutz gegen Dritte gewährt der Erpresser nicht, nur gegen
> seinen eigenen Übermut.

Er pflegt sehr wohl sein Revier gegen andere Schutzgelderpresserbanden
zu verteidigen.

> Auch irgendwelche Leistungen darüberhinaus verspricht er nicht. Das
> ist beim Staat nicht gegeben. Also nennst Du Ungleiches gleich.

Der Paragraph gilt genauso, wenn er darüber hinaus gehende Leistungen
verspricht und ausführt. Beim klassischen Beispiel für Racket
handelte es sich um irgendwelche Eintrittskarten für Bälle, die sehr
wohl stattfanden, und die Eintrittskarten waren sehr wohl gültig.

Ich nenne hier also nichts Ungleiches gleich, wer ungleiches gleich
nennt ist bereits der Staat, der deine Entschuldigungen nicht gelten
lässt.

> > Ich frage also das Gesetzbuch, wie es die Handlung bezeichnet, wenn
> > jemand von anderern Geld fordert und im Verweigerungsfalle droht, sie
> > einzusperren. Ich höre "Schutzgelderpressung". Also nenne ich es
> > Schutzgelderpressung.
>
> Dann ist auch Schutzgelderpressung, wenn jemand von Dir einen
> Kaufpreis verlangt, widrigenfalls er vor Gericht zieht.

Nein. Dies ist weder nach staatlichem Recht noch nach meinem
Idealrecht Schutzgelderpressung.

> Und Einsperren tut der Staat nur in seltenen Fällen. Bei hoher
> Steuerhinterziehung oder bei Verweigerung des gesetzlichen
> Unterhalts.

Mich interessiert nicht in wie vielen Fällen der Staat kriminell
handelt. Mich interessiert hingegen sehr dass wir von einer
kriminellen Organisation regiert werden - einer, die sogar noch die
Unverschämtheit hat ihre Verbrechen offen zuzugeben.

> Man muß da schon seehr verquere Augen haben ...

um den Euphemismus Steuer für staatliches Schutzgeld ernst zu nehmen.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 11, 2000, 10:14:55 AM12/11/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Und wer lieber für sich sorgt als für seine Freunde?
> >
> > Der hat halt keine und damit auch die A-Karte gezogen.
>
> Nein, *der* hat ja Geld und zwar gerade deshalb mehr.

Ja und? Die Meinung dass man sich alles für Geld kaufen könnte ist
bekanntlich ein Horrorbild antikapitalistischer Propaganda. Warum
wirkt es überhaupt als abschreckendes Horrorbild? Weil jeder weiss,
dass man sich die wichtigsten Sachen im Leben eben nicht mit Geld
kaufen kann, und einer der nur das hat, was man mit Geld kaufen kann,
ziemlich arm ist.

> > > Und finanzierst Du auch deine eigene Schule?
> >
> > Oh, wenn ich keine Steuern mehr zahlen muesste, wäre ich dazu gerne
> > bereit. Das ich ansonsten versuche vom Gestohlenen wenigstens einen
> > Teil wiederzukriegen wirst du mir doch nicht verübeln?
>
> Doch.

Mit welchem Grund? Ich hole mir bloss wieder was man mir geklaut hat.

> Außerdem gibt's genug Menschen von Bosnien bis Peru und in Afrika,
> die nicht an diesem Tropf hängen. Da kannst Du für Dich ablesen, was
> die Reichen Länder tun, wenn's auf Freiwilligkeit ankommt. Bei den
> Menschen ist's nicht anders.

Selbst wenn - was sagt uns das? Wenn die Menschen so böse sind, wie
du meinst, helfen Staaten auch bloss nicht dagegen. Ist es nicht eher
so, dass man deshalb Ausländer hier nicht reinlässt, weil man Bettlern
auf der Strasse halt doch was geben würde? Und dass es ganz bequem
ist, wenn dieses Aussperren nicht wir selber machen müssen, sondern
die Bullen uns die Dreckarbeit abnehmen?

> > > Kannst ja mal für 4 Wochen nach Somalia gehen.
> >
> > Wäre eine Möglichkeit. Allerdings droht dort gerade wieder mal ein
> > Möchtegernstaat mit militärischer Unterwerfung.
>
> Bislang gibt's da nur Stammeskriege und Clanrivalitäten. Niemanden,
> bei dem man sich beschweren kann. Nicht mal sauberes Wasser! Aber die
> bezahlen auch keine Steuern an einen Staat.

Als sie noch Steuern bezahlt haben, hatten sie auch nur kein sauberes
Wasser.

> Du weißt vom Staat nichts, weniger als Die Bildzeitung.

Nennt man sowas jetzt Argumentation? Schade.

> > > Dann liegt die Erpressung in kleinem Kreis.
> >
> > Vorherige Einigung != Erpressung. Egal wie gross der Kreis ist.
>
> Entweder Du machst, was ich will (kiffst nicht), oder ich laß Dich am
> ausgestreckten Arm verhungern. Keine Erpressung in Deiner
> Terminologie?

Du hältst mich mit deinem ausgestreckten Arm fest? Dann ja. Du
willst einfach nichts mit mir zu tun haben? Dann nein.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 11, 2000, 10:22:05 AM12/11/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> Nicht zwangsläufig. Aber ist es nicht bezeichnend, daß sich bei den
> großen Prozessen über erkleckliche Steuerhinterziehung niemals
> herausgestellt hat, daß die hinterzogene Steuer gemeinnützigen
> Institutionen zugeflossen ist? Die sind alle reicher geworden und
> haben ihr Vermögen in Luxemburg gut investiert.

Die meisten Zuflüsse zu gemeinnützigen Institutionen bringen AFAIK
Erbschaften. Du kannst dies also erst beurteilen wenn der
Steuersünder gestorben ist.

> Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht in

> Sozialleistungen, sondern in der *Garantie* für ein existentielles
> Minimum.

Unter der Voraussetzung gewissen Wohlverhaltens.

> > Nein. Er hat Schulden. Die Kirche - die katholische - hat
> > Reichtümer. Beides kein Nullsummenspiel.
>
> Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch die Schulden müssen
> von den Bürgern zurückgezahlt werden.

Also kein Nullsummenspiel sondern Verlustgeschäft.

> > Und muß dafür all seine Freunde und seine Heimat verlassen.
>

> Wenn er nicht Mitglied des Staates sein will, ist das die Konsequenz.

Weil eine Verbrecherbande das Territorium meiner Heimat besetzt hält
und mich ansonsten vertreibt?

> Außerdem; wenn das alles so schlimm ist, werden die Freunde sicher
> gerne mit ihm gehen.

Wohin - die Schutzgelderpresser woanders sind ja auch nicht besser.

aerosoul

unread,
Dec 11, 2000, 10:38:51 AM12/11/00
to
>> Oh, wenn ich keine Steuern mehr zahlen muesste, wäre ich dazu gerne bereit.
>> Das ich ansonsten versuche vom Gestohlenen wenigstens einen Teil
>> wiederzukriegen wirst du mir doch nicht verübeln?
>
> Doch. Außerdem gibt's genug Menschen von Bosnien bis Peru und in Afrika, die
> nicht an diesem Tropf hängen. Da kannst Du für Dich ablesen, was die Reichen
> Länder tun, wenn's auf Freiwilligkeit ankommt. Bei den Menschen ist's nicht
> anders.

du würdest jemandem nicht freiwillig helfen?
oder freiwillig einem system energie zuführen, das du im geiste unterstützt?

> Bislang gibt's da nur Stammeskriege und Clanrivalitäten. Niemanden, bei dem
> man sich beschweren kann. Nicht mal sauberes Wasser! Aber die bezahlen auch
> keine Steuern an einen Staat.

der staat kann die kriege allerdings auch nur oberflächlich lösen...
die rivalitäten/fronten werden nur verdrängt, nicht aufgelöst... sie
brodeln weiter... bis es mal wieder knallt

>> Albern ist es, es Steuer zu nennen wenn es der eine tut und
>> Schutzgelderpressung wenn es der andere tut.
>
> Siehe oben. Du weißt vom Staat nichts, weniger als Die Bildzeitung.

also ich persönlich werde vom staat bedroht, also erpresst, wenn
ich keine steuern zahle. hast du einen sonderstatus?
er lässt mich erst in ruhe wenn ich ihm gebe was er will... das ist
für mich schon schutzgelderpressung...

das ist halt kein miteinander.. sondern ein gegeneinander.. ein krieg
gegen die selbstbestimmung und den individuellen willen, gegen die
persönlichkeit... sehr sozial - aber es geht ja nicht besser.. sieht man
ja daran, dass es woanders noch schlimmer ist.

sollte ein system nicht ein vorbild sein nach dem man sich richten
kann wenn man selbst unschlüssig ist? dieses system besteht aber aus
anti-liebe... wenn ich jemanden nicht so lassen kann wie er ist,
sondern ihn zu etwas anderem zwinge, dann hasse ich ihn.

aber das system ist imo nicht die ursache, die gesellschaft ist
es... sie unterstützt diese anti-liebe ja.. und wer sich beschwert
soll gehen. "wir" sind ja grundsätzlich die guten... denn wir sagen
ja, dass wir es für den bürger machen, wie sollen wir auch böse
sein...

--
so...@gmx.net - aerosoul @ IRCNet #traumzeit
es gibt kein weg zum frieden, frieden ist der weg...
aber bestraft ihr ruhig weiter... rache rulez

Christian Bickel

unread,
Dec 11, 2000, 12:14:18 PM12/11/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Nein, nicht jeder.
>
> > Der hatte wohl nicht die deutsche Staatsbürgerschaft.
>
> Erfasst.

Da wäre dann sein Heimatstaat zuständig.


> > > Sozialhilfe vom Staat hingegen kriegen u.a. meine Feinde.
>
> > > Wie gesagt, ich ziehe es vor, gleiche Sachen gleich zu nennen. Wie
> > > man sie nennt, ist mir dabei relativ egal. Dass jemand eine Handlung
> > > euphemistisch anders nennt, wenn er selbst sie begeht, als wenn andere
> > > sie ihm gegenüber begehen, ist eine bekannte menschliche Schwäche, und
> > > ist für mich kein Grund, dieser Konvention zu folgen.
> >
> > Schutzgelderpressung nennt man die Handlung eines Menschen, der damit
> > droht, einem das Lokal in Schutt und Asche zu legen (oder den
> > Betreffenden oder seine Angehörigen an Leib und Leben zu schädigen)
> > wenn er den Erpressungsbetrag nicht erlegt.
>
> Richtig. Wenn ich den Erpressungsbetrag "Steuer" nicht zahle, droht
> mir der Staat hingegen rein gar nichts an?

Doch, aber nicht das, was der Schutzgelderpresser androht.



> > Und Schutz gegen Dritte gewährt der Erpresser nicht, nur gegen
> > seinen eigenen Übermut.
>
> Er pflegt sehr wohl sein Revier gegen andere Schutzgelderpresserbanden
> zu verteidigen.

Es geht nicht um konkurierende Schutzgelderpresser, sondern andere
Diebe, Einbrecher oder Betrüger.



> > Auch irgendwelche Leistungen darüberhinaus verspricht er nicht. Das
> > ist beim Staat nicht gegeben. Also nennst Du Ungleiches gleich.
>
> Der Paragraph gilt genauso, wenn er darüber hinaus gehende Leistungen
> verspricht und ausführt. Beim klassischen Beispiel für Racket
> handelte es sich um irgendwelche Eintrittskarten für Bälle, die sehr
> wohl stattfanden, und die Eintrittskarten waren sehr wohl gültig.

verstehe ich nicht. Es geht nicht um Bälle, auf die ich gar nicht
gehen will, es geht um Schulausbildung und Straßenbau.

> > Dann ist auch Schutzgelderpressung, wenn jemand von Dir einen
> > Kaufpreis verlangt, widrigenfalls er vor Gericht zieht.
>
> Nein. Dies ist weder nach staatlichem Recht noch nach meinem
> Idealrecht Schutzgelderpressung.

Aber Erpressung. Androhung von Übel, wenn man nicht zahlt.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 11, 2000, 12:19:32 PM12/11/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > > Und wer lieber für sich sorgt als für seine Freunde?
> > >
> > > Der hat halt keine und damit auch die A-Karte gezogen.
> >
> > Nein, *der* hat ja Geld und zwar gerade deshalb mehr.
>
> Ja und? Die Meinung dass man sich alles für Geld kaufen könnte ist
> bekanntlich ein Horrorbild antikapitalistischer Propaganda. Warum
> wirkt es überhaupt als abschreckendes Horrorbild? Weil jeder weiss,
> dass man sich die wichtigsten Sachen im Leben eben nicht mit Geld
> kaufen kann, und einer der nur das hat, was man mit Geld kaufen kann,
> ziemlich arm ist.

Sooo? Weiß das wirklich jeder? Wo lebst Du eigentlich?


> > > > Und finanzierst Du auch deine eigene Schule?
> > >
> > > Oh, wenn ich keine Steuern mehr zahlen muesste, wäre ich dazu gerne
> > > bereit. Das ich ansonsten versuche vom Gestohlenen wenigstens einen
> > > Teil wiederzukriegen wirst du mir doch nicht verübeln?
> >
> > Doch.
>
> Mit welchem Grund? Ich hole mir bloss wieder was man mir geklaut hat.
>
> > Außerdem gibt's genug Menschen von Bosnien bis Peru und in Afrika,
> > die nicht an diesem Tropf hängen. Da kannst Du für Dich ablesen, was
> > die Reichen Länder tun, wenn's auf Freiwilligkeit ankommt. Bei den
> > Menschen ist's nicht anders.
>
> Selbst wenn - was sagt uns das? Wenn die Menschen so böse sind, wie
> du meinst, helfen Staaten auch bloss nicht dagegen. Ist es nicht eher
> so, dass man deshalb Ausländer hier nicht reinlässt, weil man Bettlern
> auf der Strasse halt doch was geben würde? Und dass es ganz bequem
> ist, wenn dieses Aussperren nicht wir selber machen müssen, sondern
> die Bullen uns die Dreckarbeit abnehmen?

Sie helfen insofern dagegen, als sie für ihr Gebiet die Folgen
abmildern.




> > Du weißt vom Staat nichts, weniger als Die Bildzeitung.
>
> Nennt man sowas jetzt Argumentation? Schade.

Manchmal bleibt nichts anderes übrig.
Wie sagte Joschla Fischer richtig? Manchmal sind auch Steine
Argumente.

> > Entweder Du machst, was ich will (kiffst nicht), oder ich laß Dich am
> > ausgestreckten Arm verhungern. Keine Erpressung in Deiner
> > Terminologie?
>
> Du hältst mich mit deinem ausgestreckten Arm fest? Dann ja. Du
> willst einfach nichts mit mir zu tun haben? Dann nein.

Und ein anderer auch nicht. Also verhungern.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 11, 2000, 12:29:31 PM12/11/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Nicht zwangsläufig. Aber ist es nicht bezeichnend, daß sich bei den
> > großen Prozessen über erkleckliche Steuerhinterziehung niemals
> > herausgestellt hat, daß die hinterzogene Steuer gemeinnützigen
> > Institutionen zugeflossen ist? Die sind alle reicher geworden und
> > haben ihr Vermögen in Luxemburg gut investiert.
>
> Die meisten Zuflüsse zu gemeinnützigen Institutionen bringen AFAIK
> Erbschaften. Du kannst dies also erst beurteilen wenn der
> Steuersünder gestorben ist.

Auch da spricht das Verhältnis der Vermächtnisse an gemeinnützige
Unternehmungen bei weitem nicht den hinterzogenen Steuern. In der
Summe müßte das in der Größenordnung gleichkommen. Bei weitem nicht.


> > Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht in
> > Sozialleistungen, sondern in der *Garantie* für ein existentielles
> > Minimum.
>
> Unter der Voraussetzung gewissen Wohlverhaltens.

Na und? Würdest Du jemanden in Deinem System unterstützen, der Dir
ddauernd gegen das Schienbein tritt? Außerdem die Grundversorgung ist
auch dem Straftäter garantiert.


>
> > > Nein. Er hat Schulden. Die Kirche - die katholische - hat
> > > Reichtümer. Beides kein Nullsummenspiel.
> >
> > Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch die Schulden müssen
> > von den Bürgern zurückgezahlt werden.
>
> Also kein Nullsummenspiel sondern Verlustgeschäft.

Keineswegs, denn die Kredite flossen vorher in Investitionen.
Ein bißchen Volkswirtschaftskenntnis schadet nicht.

> > > Und muß dafür all seine Freunde und seine Heimat verlassen.
> >
> > Wenn er nicht Mitglied des Staates sein will, ist das die Konsequenz.
>
> Weil eine Verbrecherbande das Territorium meiner Heimat besetzt hält
> und mich ansonsten vertreibt?

Kein Staatsbürger wird vertrieben.

>
> > Außerdem; wenn das alles so schlimm ist, werden die Freunde sicher
> > gerne mit ihm gehen.
>
> Wohin - die Schutzgelderpresser woanders sind ja auch nicht besser.

Scheint wohl ohne nicht zu funktionieren!

Im übrigen: Bei über 100 Milliarden Mark Haushalt, wer steckt dieses
gewaltige Kapital eigentlich in seienen privaten Sack (wie es der
Schutzgelderpresser tut)?
Es gibt so Diktatoren, die das Volk aussogen und dann das Geld auf
Schweizer Konten schafften. Aber hier? Die paar Millionen der CDU sind
nicht einmal im Mikrobereich des Haushalts feststellbar (waren in
übrigen Spenden). Wer bereichert sich denn da angeblich so maßlos?


Gruss Christian

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 12, 2000, 9:13:35 AM12/12/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
>>>> Nein, nicht jeder.
>>
>>> Der hatte wohl nicht die deutsche Staatsbürgerschaft.
>>
>> Erfasst.
>
> Da wäre dann sein Heimatstaat zuständig.

Staaten machen was sie wollen. Sie sind souverän, nicht "zuständig".

>>> Schutzgelderpressung nennt man die Handlung eines Menschen, der damit
>>> droht, einem das Lokal in Schutt und Asche zu legen (oder den
>>> Betreffenden oder seine Angehörigen an Leib und Leben zu schädigen)
>>> wenn er den Erpressungsbetrag nicht erlegt.
>>
>> Richtig. Wenn ich den Erpressungsbetrag "Steuer" nicht zahle, droht
>> mir der Staat hingegen rein gar nichts an?
>
> Doch, aber nicht das, was der Schutzgelderpresser androht.

Wirklich nicht? Wenn der Schutzgelderpresser das androht, was der
Staat androht (z.B. Haftstrafen), ist er dann etwa keiner mehr? Ich
sehe keinerlei Hinweise darauf.

>>> Und Schutz gegen Dritte gewährt der Erpresser nicht, nur gegen
>>> seinen eigenen Übermut.

>> Er pflegt sehr wohl sein Revier gegen andere
>> Schutzgelderpresserbanden zu verteidigen.

> Es geht nicht um konkurierende Schutzgelderpresser, sondern andere
> Diebe, Einbrecher oder Betrüger.

Die haben mit dem Thema wenig zu tun. Aber warum sollte sich ein
Schutzgelderpresser nicht auch um die kümmern, die seiner
milchgebenden Kuh schaden?

>>> Auch irgendwelche Leistungen darüberhinaus verspricht er nicht. Das
>>> ist beim Staat nicht gegeben. Also nennst Du Ungleiches gleich.

>> Der Paragraph gilt genauso, wenn er darüber hinaus gehende Leistungen
>> verspricht und ausführt. Beim klassischen Beispiel für Racket
>> handelte es sich um irgendwelche Eintrittskarten für Bälle, die sehr
>> wohl stattfanden, und die Eintrittskarten waren sehr wohl gültig.
>
> verstehe ich nicht. Es geht nicht um Bälle, auf die ich gar nicht
> gehen will, es geht um Schulausbildung und Straßenbau.

Es geht um "irgendwelche Leistungen darüberhinaus". Modifiziere dein
Argument, wenn du es in der Form nicht mehr aufrechterhalten willst.

>>> Dann ist auch Schutzgelderpressung, wenn jemand von Dir einen
>>> Kaufpreis verlangt, widrigenfalls er vor Gericht zieht.
>>
>> Nein. Dies ist weder nach staatlichem Recht noch nach meinem
>> Idealrecht Schutzgelderpressung.
>
> Aber Erpressung. Androhung von Übel, wenn man nicht zahlt.

Darum geht es nicht. Ich wende eine Symmetrieargumentation an, nenne
den Staat Schutzgelderpresser weil der Staat jemanden, der genau das
tut, was der Staat selbst tut, Schutzgelderpresser nennt.

Da der Staat es nicht Schutzgelderpressung nennt, wenn jemand für eine
Ware einen Kaufpreis verlangt, folgt aus meiner Symmetrieargumentation
nicht, dass ich jemanden, der einen Kaufpreis verlangt,
Schutzgelderpresser nennen dürfte.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 12, 2000, 9:18:07 AM12/12/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
>> Ja und? Die Meinung dass man sich alles für Geld kaufen könnte ist
>> bekanntlich ein Horrorbild antikapitalistischer Propaganda. Warum
>> wirkt es überhaupt als abschreckendes Horrorbild? Weil jeder weiss,
>> dass man sich die wichtigsten Sachen im Leben eben nicht mit Geld
>> kaufen kann, und einer der nur das hat, was man mit Geld kaufen kann,
>> ziemlich arm ist.
>
> Sooo? Weiß das wirklich jeder? Wo lebst Du eigentlich?

Wenn ein paar Dumpfbacken es nicht geschnallt haben, ist mir das auch
egal. Ihr Problem.

>>> Du weißt vom Staat nichts, weniger als Die Bildzeitung.
>>
>> Nennt man sowas jetzt Argumentation? Schade.

> Manchmal bleibt nichts anderes übrig. Wie sagte Joschla Fischer
> richtig? Manchmal sind auch Steine Argumente.

Insbesondere wenn man keine anderen Argumente hat.

>>> Entweder Du machst, was ich will (kiffst nicht), oder ich laß Dich am
>>> ausgestreckten Arm verhungern. Keine Erpressung in Deiner
>>> Terminologie?
>>
>> Du hältst mich mit deinem ausgestreckten Arm fest? Dann ja. Du
>> willst einfach nichts mit mir zu tun haben? Dann nein.
>
> Und ein anderer auch nicht. Also verhungern.

Oder überleben. Weil ich genügend Leute finde, die mit mir zu tun
haben wollen.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 12, 2000, 9:31:21 AM12/12/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
>>> Nicht zwangsläufig. Aber ist es nicht bezeichnend, daß sich bei den
>>> großen Prozessen über erkleckliche Steuerhinterziehung niemals
>>> herausgestellt hat, daß die hinterzogene Steuer gemeinnützigen
>>> Institutionen zugeflossen ist? Die sind alle reicher geworden und
>>> haben ihr Vermögen in Luxemburg gut investiert.
>>
>> Die meisten Zuflüsse zu gemeinnützigen Institutionen bringen AFAIK
>> Erbschaften. Du kannst dies also erst beurteilen wenn der
>> Steuersünder gestorben ist.
>
> Auch da spricht das Verhältnis der Vermächtnisse an gemeinnützige
> Unternehmungen bei weitem nicht den hinterzogenen Steuern. In der
> Summe müßte das in der Größenordnung gleichkommen. Bei weitem nicht.

Nur wenn die Steuern wirklich gemeinnützig verwendet werden.
Allermeistens nützen sie nur irgendeiner speziellen Klientel.

>>> Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht in
>>> Sozialleistungen, sondern in der *Garantie* für ein existentielles
>>> Minimum.

>> Unter der Voraussetzung gewissen Wohlverhaltens.

> Na und? Würdest Du jemanden in Deinem System unterstützen, der Dir
> ddauernd gegen das Schienbein tritt?

Nein, ich habe nur was dagegen wenn jemand aus solchen Sachen ein
Argument machen will. Mein Argument war ja gerade dass ich deutschen
Nazis nicht helfen will. Der Staat nimmt mir mein Geld ab und hilft
den deutschen Nazis, während er denen, den ich helfen will, nicht
hilft. Das ist einfach Diebstahl mit Verwendung des gestohlenen
Geldes in anderen Interessen.

> Außerdem die Grundversorgung ist auch dem Straftäter garantiert.

In einer Weise auf die so ziemlich jeder Straftäter freiwillig
zugunsten von Freiheit verzichtet.

>>> Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch die Schulden müssen
>>> von den Bürgern zurückgezahlt werden.
>>
>> Also kein Nullsummenspiel sondern Verlustgeschäft.
>
> Keineswegs, denn die Kredite flossen vorher in Investitionen.

Oder in Bauruinen.

> Ein bißchen Volkswirtschaftskenntnis schadet nicht.

In der Tat. Insbesondere über die Effektivität staatlicher
Investitionen.

>>>> Und muß dafür all seine Freunde und seine Heimat verlassen.
>>>
>>> Wenn er nicht Mitglied des Staates sein will, ist das die Konsequenz.
>>
>> Weil eine Verbrecherbande das Territorium meiner Heimat besetzt hält
>> und mich ansonsten vertreibt?
>
> Kein Staatsbürger wird vertrieben.

Du schriebst gerade selbst, dies sei die Konsequenz wenn man nicht
Mitglied dieser Verbrecherbrande die du Staat nennst sein will.

>>> Außerdem; wenn das alles so schlimm ist, werden die Freunde sicher
>>> gerne mit ihm gehen.
>>
>> Wohin - die Schutzgelderpresser woanders sind ja auch nicht besser.
>
> Scheint wohl ohne nicht zu funktionieren!

Dies ist leider das einzig gute Argument was die Schutzgelderpresser
haben. In der Tat, friedliche Bürger haben es nicht leicht, sich
gegen die militärische Eroberung ihres Wohngebiets durch
Schutzgelderpresser zu wehren.

> Im übrigen: Bei über 100 Milliarden Mark Haushalt, wer steckt dieses
> gewaltige Kapital eigentlich in seienen privaten Sack (wie es der
> Schutzgelderpresser tut)?

Eine verbrecherische Organisation muss nicht alles in einen einzigen
privaten Sack stopfen. Einiges wird aufgeteilt, einiges in Kämpfen um
die Aufteilung vernichtet.

> Es gibt so Diktatoren, die das Volk aussogen und dann das Geld auf
> Schweizer Konten schafften. Aber hier? Die paar Millionen der CDU sind
> nicht einmal im Mikrobereich des Haushalts feststellbar (waren in
> übrigen Spenden). Wer bereichert sich denn da angeblich so maßlos?

Schrieb ich was von massloser Bereicherung? Schutzgelderpressung
bleibt auch dann Schutzgelderpressung wenn die Bande die Hälfte des
erpressten Geldes unterwegs verliert und der Rest zum Fenster
rausgeschmissen wird. Auch wenn 10% für "wohltätige Zwecke" verwendet
werden, damit man die Opfer auch in Zukunft besser übers Ohr hauen
kann, ändert dies nichts.

Christian Bickel

unread,
Dec 12, 2000, 10:31:36 AM12/12/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> > Da wäre dann sein Heimatstaat zuständig.
>
> Staaten machen was sie wollen. Sie sind souverän, nicht "zuständig".

Staaten machen gar nichts, nur bestimmte Personen in ihnen. Und
"zuständig" heißt, daß das, was sie tun, bestimmte Leute angeht und
andere nicht. Was in Pakistan für seine Einwohner gemacht wird,
betrifft mich hier nicht, wohl aber die Pakistani.

> Wirklich nicht? Wenn der Schutzgelderpresser das androht, was der
> Staat androht (z.B. Haftstrafen), ist er dann etwa keiner mehr? Ich
> sehe keinerlei Hinweise darauf.

Langsam wird's öde. Der Schutzgelderpresser will sich bereichern und
verspricht lediglich, dann das Opfer in Ruhe zu lassen. Vor anderem
Unheil schützt er ihn nicht. Wenn das gewünscht wird, mietet man sich
in unsicheren Gegenden Bodygards. Die sind auch keine
Schutzgelderpresser!

> > Es geht nicht um konkurierende Schutzgelderpresser, sondern andere
> > Diebe, Einbrecher oder Betrüger.
>
> Die haben mit dem Thema wenig zu tun. Aber warum sollte sich ein
> Schutzgelderpresser nicht auch um die kümmern, die seiner
> milchgebenden Kuh schaden?

Doch, denn der Staat schützt vor diesen schon, wenn auch durch
Bestrafung der gefaßten Schuldigen. Und für den Schutzgelderpresser
ist dieser Aufwand zu hoch und zu teuer.
Ein Schutzgelderpresser ist eben kein gemieteter Bodygard.

> > verstehe ich nicht. Es geht nicht um Bälle, auf die ich gar nicht
> > gehen will, es geht um Schulausbildung und Straßenbau.
>
> Es geht um "irgendwelche Leistungen darüberhinaus". Modifiziere dein
> Argument, wenn du es in der Form nicht mehr aufrechterhalten willst.

Nein, brauche ich nicht. Sinnlose und aufgedrängte Dinge sind keine
"Leistungen", die mit denen des Staates vergleichbar wären. Dies näher
zu erörtern habe ich eigentlich keine Lust.
Irgendwo gibt's eine Untergrenze.

> Darum geht es nicht. Ich wende eine Symmetrieargumentation an, nenne
> den Staat Schutzgelderpresser weil der Staat jemanden, der genau das
> tut, was der Staat selbst tut, Schutzgelderpresser nennt.

Das ist schlicht falsch. Aber das habe ich schon erläutert. Und wenn
Du dagegen nur Deine Leier wiederholst, bringt das nichts.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 12, 2000, 10:37:32 AM12/12/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> >> Ja und? Die Meinung dass man sich alles für Geld kaufen könnte ist
> >> bekanntlich ein Horrorbild antikapitalistischer Propaganda. Warum
> >> wirkt es überhaupt als abschreckendes Horrorbild? Weil jeder weiss,
> >> dass man sich die wichtigsten Sachen im Leben eben nicht mit Geld
> >> kaufen kann, und einer der nur das hat, was man mit Geld kaufen kann,
> >> ziemlich arm ist.
> >
> > Sooo? Weiß das wirklich jeder? Wo lebst Du eigentlich?
>
> Wenn ein paar Dumpfbacken es nicht geschnallt haben, ist mir das auch
> egal. Ihr Problem.

Ach so. Die "paar Dumpfbacken", die meinen Geld sei das wichtigste,
jedenfalls danach handeln, stellen einen Großteil der Bevölkerung dar.
Du bastelst Dir ein eigenes Volk zurecht.

> >>> Du weißt vom Staat nichts, weniger als Die Bildzeitung.
> >>
> >> Nennt man sowas jetzt Argumentation? Schade.
>
> > Manchmal bleibt nichts anderes übrig. Wie sagte Joschla Fischer
> > richtig? Manchmal sind auch Steine Argumente.
>
> Insbesondere wenn man keine anderen Argumente hat.

Es gibt Aussagen (z.B. "Alle Menschen sind Egoisten"), die man einfach
nicht mehr diskutieren kann. Deine Staatsauffassung (ist eigentlich
gar keine, sieht nur grammatikalisch so aus) gehört dazu.

> >> Du hältst mich mit deinem ausgestreckten Arm fest? Dann ja. Du
> >> willst einfach nichts mit mir zu tun haben? Dann nein.
> >
> > Und ein anderer auch nicht. Also verhungern.
>
> Oder überleben. Weil ich genügend Leute finde, die mit mir zu tun
> haben wollen.

Das sind z.B. die Bettler auf der Straße.
Denen gebe ich aus Prinzip nichts. Die leben von der Blödheit der
Passanten.


Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 12, 2000, 10:53:50 AM12/12/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> > Auch da spricht das Verhältnis der Vermächtnisse an gemeinnützige
> > Unternehmungen bei weitem nicht den hinterzogenen Steuern. In der
> > Summe müßte das in der Größenordnung gleichkommen. Bei weitem nicht.
>
> Nur wenn die Steuern wirklich gemeinnützig verwendet werden.
> Allermeistens nützen sie nur irgendeiner speziellen Klientel.

[ ] Du kennst Dich in den öffentlichen Haushalten aus.
[x] Du nährst Deinen Geist mit Biertischparolen.

> >>> Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht in
> >>> Sozialleistungen, sondern in der *Garantie* für ein existentielles
> >>> Minimum.
>
> >> Unter der Voraussetzung gewissen Wohlverhaltens.

Nein, immer. Sogar der mehrfache Mörder wird ernährt und gekleidet.



> > Na und? Würdest Du jemanden in Deinem System unterstützen, der Dir
> > ddauernd gegen das Schienbein tritt?
>
> Nein, ich habe nur was dagegen wenn jemand aus solchen Sachen ein
> Argument machen will. Mein Argument war ja gerade dass ich deutschen
> Nazis nicht helfen will. Der Staat nimmt mir mein Geld ab und hilft
> den deutschen Nazis, während er denen, den ich helfen will, nicht
> hilft. Das ist einfach Diebstahl mit Verwendung des gestohlenen
> Geldes in anderen Interessen.

Wo hilft er den Deutschen Nazis (über die Sozialhilfe im Einzelfall
hinaus)?
Wenn Du anderen helfen willst (das tue ich auch, z.B. in Bosnien) dann
hindert er mich erstens nicht und stellt mir sogar Mittel zur
Verfügung. Und nicht zu knapp. Man muß nur die Eingebauten Sicherungen
gegen Veruntreuung und Betrug überwinden.



> > Außerdem die Grundversorgung ist auch dem Straftäter garantiert.
>
> In einer Weise auf die so ziemlich jeder Straftäter freiwillig
> zugunsten von Freiheit verzichtet.

Mag sein, aber die übrige Gesellschaft wird ihm nicht immer die
Freiheit gönnen. Hattest Du ein Kind, das vergewaltigt und ermordet
wurde? Meinst Du im Ernst, einen Schutzgelderpresser klassischer Sorte
würde das interessieren?

> >>> Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch die Schulden müssen
> >>> von den Bürgern zurückgezahlt werden.
> >>
> >> Also kein Nullsummenspiel sondern Verlustgeschäft.
> >
> > Keineswegs, denn die Kredite flossen vorher in Investitionen.
>
> Oder in Bauruinen.

über 100 Milliarden Mark? Und haben die, die die Bauruinen erstellt
haben, ihr Geld nicht bekommen? Das geld fließt sinnvoll oder hin und
wieder verfahlt immer wieder ins Volk zurück. Da wird nirgends ein
Hort angehäuft, auf dem ein Drachen sitzt.



> > Ein bißchen Volkswirtschaftskenntnis schadet nicht.
>
> In der Tat. Insbesondere über die Effektivität staatlicher
> Investitionen.

Genau, allerdings nicht nur über die Handvoll, in denen mal in der
Zeitung berichtet wird, dass sie in den Sand gesetzt sind.

> >> Weil eine Verbrecherbande das Territorium meiner Heimat besetzt hält
> >> und mich ansonsten vertreibt?
> >
> > Kein Staatsbürger wird vertrieben.
>
> Du schriebst gerade selbst, dies sei die Konsequenz wenn man nicht
> Mitglied dieser Verbrecherbrande die du Staat nennst sein will.

Dann ist man ja nicht mehr Staatsbürger, wenn man seine Mitgliedschaft
aufgekündigt hat.



> >> Wohin - die Schutzgelderpresser woanders sind ja auch nicht besser.
> >
> > Scheint wohl ohne nicht zu funktionieren!
>
> Dies ist leider das einzig gute Argument was die Schutzgelderpresser
> haben. In der Tat, friedliche Bürger haben es nicht leicht, sich
> gegen die militärische Eroberung ihres Wohngebiets durch
> Schutzgelderpresser zu wehren.

Hör endlich mit dem Blödsinn von Schutzgelderpresser auf.



> > Im übrigen: Bei über 100 Milliarden Mark Haushalt, wer steckt dieses
> > gewaltige Kapital eigentlich in seienen privaten Sack (wie es der
> > Schutzgelderpresser tut)?
>
> Eine verbrecherische Organisation muss nicht alles in einen einzigen
> privaten Sack stopfen. Einiges wird aufgeteilt, einiges in Kämpfen um
> die Aufteilung vernichtet.

Wie wolkig, "Aufgeteilt". Zwischen wem? Über 100 Milliarden ist ja
kein Pappenstiel. Wenn das zwischen 1 Million Menschen aufgeteilt
würde, würden diese jeweils 100 Milionen Mark haben. Wo sind diese
Multimillionäre alle? Und "Vernichtet". Wie? Geldscheine verbrennen?



> > Es gibt so Diktatoren, die das Volk aussogen und dann das Geld auf
> > Schweizer Konten schafften. Aber hier? Die paar Millionen der CDU sind
> > nicht einmal im Mikrobereich des Haushalts feststellbar (waren in
> > übrigen Spenden). Wer bereichert sich denn da angeblich so maßlos?
>
> Schrieb ich was von massloser Bereicherung? Schutzgelderpressung
> bleibt auch dann Schutzgelderpressung wenn die Bande die Hälfte des
> erpressten Geldes unterwegs verliert und der Rest zum Fenster
> rausgeschmissen wird. Auch wenn 10% für "wohltätige Zwecke" verwendet
> werden, damit man die Opfer auch in Zukunft besser übers Ohr hauen
> kann, ändert dies nichts.

Ist das beim Staat so?

Gruss Christian

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 12, 2000, 11:12:08 AM12/12/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Wirklich nicht? Wenn der Schutzgelderpresser das androht, was der
> > Staat androht (z.B. Haftstrafen), ist er dann etwa keiner mehr? Ich
> > sehe keinerlei Hinweise darauf.
>
> Langsam wird's öde. Der Schutzgelderpresser will sich bereichern und
> verspricht lediglich, dann das Opfer in Ruhe zu lassen. Vor anderem
> Unheil schützt er ihn nicht.

Falsch. Nicht nach staatlichem Recht.

> Wenn das gewünscht wird, mietet man sich
> in unsicheren Gegenden Bodygards. Die sind auch keine
> Schutzgelderpresser!

Richtig, aber kein Gegenargument.

> > > Es geht nicht um konkurierende Schutzgelderpresser, sondern andere
> > > Diebe, Einbrecher oder Betrüger.
> >
> > Die haben mit dem Thema wenig zu tun. Aber warum sollte sich ein
> > Schutzgelderpresser nicht auch um die kümmern, die seiner
> > milchgebenden Kuh schaden?
>
> Doch, denn der Staat schützt vor diesen schon, wenn auch durch
> Bestrafung der gefaßten Schuldigen. Und für den Schutzgelderpresser
> ist dieser Aufwand zu hoch und zu teuer.

Nicht unbedingt. Wie gesagt, es ist auch unerheblich ob eine
Dienstleistung angeboten und geleistet wird. Was wichtig ist, ist,
was angedroht wird wenn nicht bezahlt wird.

> Ein Schutzgelderpresser ist eben kein gemieteter Bodygard.

Klar. Weiss ich auch. Ein Bodygard macht gar nichts, wenn ein
Vertrag nicht zustande kommt.

> > > verstehe ich nicht. Es geht nicht um Bälle, auf die ich gar nicht
> > > gehen will, es geht um Schulausbildung und Straßenbau.
> >
> > Es geht um "irgendwelche Leistungen darüberhinaus". Modifiziere dein
> > Argument, wenn du es in der Form nicht mehr aufrechterhalten willst.
>
> Nein, brauche ich nicht. Sinnlose und aufgedrängte Dinge sind keine
> "Leistungen", die mit denen des Staates vergleichbar wären.

Doch. Staatliche Leistungen sind klar aufgedrängt. Sinnlos oder nicht
ist unerheblich.

> Dies näher zu erörtern habe ich eigentlich keine Lust.

Niemand hindert dich die Diskussion abzubrechen.

> > Darum geht es nicht. Ich wende eine Symmetrieargumentation an, nenne
> > den Staat Schutzgelderpresser weil der Staat jemanden, der genau das
> > tut, was der Staat selbst tut, Schutzgelderpresser nennt.
>
> Das ist schlicht falsch. Aber das habe ich schon erläutert. Und wenn
> Du dagegen nur Deine Leier wiederholst, bringt das nichts.

Es ist schlicht richtig, denn genau dies bedeutet ein staatliches
Monopol - dass der Staat nach diesem Symmetrieargument kriminell
handelt.

Wenn du elementarer Logik nicht folgen kannst ist dies dein Problem.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 12, 2000, 11:39:06 AM12/12/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
>>>> Weil jeder weiss, dass man sich die wichtigsten Sachen im Leben
>>>> eben nicht mit Geld kaufen kann, und einer der nur das hat, was
>>>> man mit Geld kaufen kann, ziemlich arm ist.

>> Wenn ein paar Dumpfbacken es nicht geschnallt haben, ist mir das auch


>> egal. Ihr Problem.
>
> Ach so. Die "paar Dumpfbacken", die meinen Geld sei das wichtigste,
> jedenfalls danach handeln, stellen einen Großteil der Bevölkerung dar.

Mir egal - wenn du die Mehrheit der Menschen fuer derartig dumm
hältst, ist das nicht mein Problem. Ich halte sie zwar in der Frage
für klüger als du, aber stütze meine Argumentation nicht auf solch
vage Abschätzungen.

> Du bastelst Dir ein eigenes Volk zurecht.

Habe ich nicht nötig. Meine Hauptthesen hängen nicht wesentlich davon
ab, ob die Mehrheit der Leute klug oder dumm sind.

> Es gibt Aussagen (z.B. "Alle Menschen sind Egoisten"), die man einfach
> nicht mehr diskutieren kann. Deine Staatsauffassung (ist eigentlich
> gar keine, sieht nur grammatikalisch so aus) gehört dazu.

Warum diskutierst du dann? Tschuess, bei deinem Argumentationsniveau
weine ich dir keine Träne nach.

Meine Staatsauffassung stimmt sachlich durchaus mit existierenden
Staatsauffassungen überein, nach denen die charakteristische
Eigenschaft eines Staates Monopole verschiedenster Art, insbesondere
das Gewaltmonopol, ist.

Der Unterschied liegt in der moralischen Wertung solcher Monopole.
Ein Monopol für sich selbst (man selbst darf etwas, was anderen
verboten ist) zu fordern widerspricht dem Kantschen Imperativ und wird
deshalb von mir negativ gewertet.

Es wird oft eingewendet dass Organisationen nicht moralisch bewertet
werden können, da es immer Personen seien, die handeln. Ich halte
wenig davon, und bin auch damit kaum allein, da genügend Leute bereit
sind, Organisationen wie SS und Mafia moralisch negativ zu werten.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 12, 2000, 12:21:29 PM12/12/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
>>> Auch da spricht das Verhältnis der Vermächtnisse an gemeinnützige
>>> Unternehmungen bei weitem nicht den hinterzogenen Steuern. In der
>>> Summe müßte das in der Größenordnung gleichkommen. Bei weitem nicht.
>>
>> Nur wenn die Steuern wirklich gemeinnützig verwendet werden.
>> Allermeistens nützen sie nur irgendeiner speziellen Klientel.
>
> [ ] Du kennst Dich in den öffentlichen Haushalten aus.
> [x] Du nährst Deinen Geist mit Biertischparolen.

Wenn ich einen Ansatz deinerseits sehen würde, diskutieren zu wollen,
würde ich darauf vielleicht eingehen. Aber obwohl man im Prinzip
dahinter ein sinvolles Argument erraten könnte, nämlich das meine
Behauptung nicht der Realität öffentlicher Haushalte entspricht, werde
ich erst dann darauf eingehen wenn du sie in weniger beleidigender
Form aeusserst.

>>>>> Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht in
>>>>> Sozialleistungen, sondern in der *Garantie* für ein existentielles
>>>>> Minimum.
>>
>>>> Unter der Voraussetzung gewissen Wohlverhaltens.
>
> Nein, immer. Sogar der mehrfache Mörder wird ernährt und gekleidet.

Wenn er gerade im Knast ist. Ansonsten wird er gejagt.

>
>>> Na und? Würdest Du jemanden in Deinem System unterstützen, der Dir
>>> ddauernd gegen das Schienbein tritt?
>>
>> Nein, ich habe nur was dagegen wenn jemand aus solchen Sachen ein
>> Argument machen will. Mein Argument war ja gerade dass ich deutschen
>> Nazis nicht helfen will. Der Staat nimmt mir mein Geld ab und hilft
>> den deutschen Nazis, während er denen, den ich helfen will, nicht
>> hilft. Das ist einfach Diebstahl mit Verwendung des gestohlenen
>> Geldes in anderen Interessen.
>
> Wo hilft er den Deutschen Nazis (über die Sozialhilfe im Einzelfall
> hinaus)?

Über alles worauf der deutsche Nazi als deutscher Staatsbürger halt
einen Rechtsanspruch hat.

> Wenn Du anderen helfen willst (das tue ich auch, z.B. in Bosnien)
> dann hindert er mich erstens nicht und stellt mir sogar Mittel zur
> Verfügung. Und nicht zu knapp. Man muß nur die Eingebauten
> Sicherungen gegen Veruntreuung und Betrug überwinden.

Ich halte wenig davon, von andern geklautes Geld verteilen zu helfen.

>>> Außerdem die Grundversorgung ist auch dem Straftäter garantiert.
>>
>> In einer Weise auf die so ziemlich jeder Straftäter freiwillig
>> zugunsten von Freiheit verzichtet.
>
> Mag sein, aber die übrige Gesellschaft wird ihm nicht immer die
> Freiheit gönnen.

Verständlich. Aber fürs Argument irrelevant.

> Hattest Du ein Kind, das vergewaltigt und ermordet wurde? Meinst Du
> im Ernst, einen Schutzgelderpresser klassischer Sorte würde das
> interessieren?

Meinst du im Ernst, darum ginge es in meinem Argument? Mein Argument
basiert darauf, was der Staat selbst in seinen Paragraphen als
Schutzgelderpressung einstuft, und überhaupt nicht darum, was du und
ich unter "Schutzgelderpresser klassischer Sorte" verstehen.

>>>>> Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch die Schulden müssen
>>>>> von den Bürgern zurückgezahlt werden.
>>>>
>>>> Also kein Nullsummenspiel sondern Verlustgeschäft.
>>>
>>> Keineswegs, denn die Kredite flossen vorher in Investitionen.
>>
>> Oder in Bauruinen.
>
> über 100 Milliarden Mark? Und haben die, die die Bauruinen erstellt
> haben, ihr Geld nicht bekommen? Das geld fließt sinnvoll oder hin und
> wieder verfahlt immer wieder ins Volk zurück. Da wird nirgends ein
> Hort angehäuft, auf dem ein Drachen sitzt.

Habe ich sowas behauptet? Jeder kriegt mal was ab vom geklauten Geld,
der eine mehr, der andere weniger. Im Mittel machen alle Miese. Habe
ich behauptet dass sich das Verbrechen "staatliche
Schutzgelderpressung" lohnt?

>>> Ein bißchen Volkswirtschaftskenntnis schadet nicht.
>>
>> In der Tat. Insbesondere über die Effektivität staatlicher
>> Investitionen.
>
> Genau, allerdings nicht nur über die Handvoll, in denen mal in der
> Zeitung berichtet wird, dass sie in den Sand gesetzt sind.

Die sind in der Tat nur die Spitze des Eisberges.

>>>> Weil eine Verbrecherbande das Territorium meiner Heimat besetzt hält
>>>> und mich ansonsten vertreibt?
>>>
>>> Kein Staatsbürger wird vertrieben.
>>
>> Du schriebst gerade selbst, dies sei die Konsequenz wenn man nicht
>> Mitglied dieser Verbrecherbrande die du Staat nennst sein will.
>
> Dann ist man ja nicht mehr Staatsbürger, wenn man seine Mitgliedschaft
> aufgekündigt hat.

Und damit ist "kein Staatsbürger wird vertrieben" als Gegenargument
irrelevant.

> Hör endlich mit dem Blödsinn von Schutzgelderpresser auf.

Du hast hier nicht zu bestimmen.

>> Eine verbrecherische Organisation muss nicht alles in einen einzigen
>> privaten Sack stopfen. Einiges wird aufgeteilt, einiges in Kämpfen um
>> die Aufteilung vernichtet.
>
> Wie wolkig, "Aufgeteilt". Zwischen wem? Über 100 Milliarden ist ja
> kein Pappenstiel. Wenn das zwischen 1 Million Menschen aufgeteilt
> würde, würden diese jeweils 100 Milionen Mark haben. Wo sind diese
> Multimillionäre alle?

Ich kriege da nur 100 000 raus, und das käme in die Größenordnung des
Gehalts normaler Beamter.

> Und "Vernichtet". Wie? Geldscheine verbrennen?

Bauruinen, Subventionierung von Verlustgeschäften mit schädlichen
Nebenwirkungen, Aufwand bei Verteilungskämpfen, Kosten für Verfolgung
und Inhaftierung relativ harmloser Menschen - es gibt sehr viele
Möglichkeiten, Werte durch staatliche Inkompetenz zu vernichten.

>> Schrieb ich was von massloser Bereicherung? Schutzgelderpressung
>> bleibt auch dann Schutzgelderpressung wenn die Bande die Hälfte des
>> erpressten Geldes unterwegs verliert und der Rest zum Fenster
>> rausgeschmissen wird. Auch wenn 10% für "wohltätige Zwecke" verwendet
>> werden, damit man die Opfer auch in Zukunft besser übers Ohr hauen
>> kann, ändert dies nichts.

> Ist das beim Staat so?

Die Zahlen müsste man natürlich genauer ansehen. Es handelt sich um
ein prinzipielles Argument welches sich auch dann nicht ändert wenn
sich die Zahlen ändern.

Es gibt sicherlich erhebliche Posten bei denen der Staat mit einer
Hand nimmt und der anderen gibt. Von meinen
Sozialversicherungsbeiträgen geht z.B. im statistischen Mittel der
Nutzen an mich, nur halt schlecht angelegt. Zieht man das ab, was ich
selbst nutze oder was lediglich eine Versicherung ist die ich auch
freiwillig nutzen würde (nur vermutlich bei einer besseren Firma)
reduziert sich das staatliche Budget erheblich. Vom Rest glaube ich
durchaus dass er zum grossen Teil verschwendet wird. Ansonsten
bezweifle ich beim Rest sogar dass die resultierende Umverteilung eine
von oben nach unten ist.

Immerhin musst du, um insgesamt eine Umverteilung von oben nach unten
zu bekommen, einige Umverteilungen von unten nach oben gegenrechnen:
Arme sterben früher und kriegen demzufolge weniger von ihrer Rente ab,
und beginnen früher einzuzahlen (weniger Ausbildungsjahre).
Universitäten, Opern, öffentlich-rechtliche Fernsehsender sind alles
keine Spenden an Arme, sondern eher das was die nicht so arme
intellektuelle Elite gerne möchte. Viele Rechte (Minimallohn,
Mietbegrenzungen) sind eher im Interesse derer, die Lohn und
Mietwohnung haben, nicht der Arbeitslosen oder Obdachlosen.
Staatlicher Eigentumsschutz nützt den Reichen mehr als den Armen.

Soviel ich weiss hat niemand all dies mal genauer durchgerechnet. Ob
danach von Märchen vom Sozialstaat noch viel übrigbleibt?

Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 12, 2000, 3:36:14 PM12/12/00
to
>From: Ilja Schmelzer <il...@ilja-schmelzer.net>
>Date: 11 Dec 2000 15:47:22 +0100
>
>>Kersti Nebelsiek <KNebe...@t-online.de> writes:

>> >Schön. Nur ist die Religion in dieser Form nichts,
>> >was eine Mehrheit dazu bringt, die Vorschriften
>> >eines konkreten Buches buchstabengenau einzuhalten.
>>
>> Wenn ich mich recht erinnere hat keiner der bekannten
>> Religionsstifter so gehandelt oder das von anderen
>> gefordert. Die Bücher wurden immer von anderen
>> geschrieben.
>
>Aber erst diese anderen haben es geschafft, die
>jeweilige Religion zu einer Weltreligion zu machen.

Ja. Und damit haben sie es zu etwas gemacht, was ich in
der Form nicht mehr gutheißen kann.

>> Wenn der Glaube an Gott positive Auswirkungen hat,
>> dann liegt es immer daran, daß dieser Glaube auf
>> eigene Erfahrungen mit der Macht der Liebe, mit der
>> Wirksamkeit von Gebeten und mit übersinnlichen
>> Wahrnehmungen beruht. Wobei die Liebe das Wichtigste
>> ist. Fehlen diese Erfahrungen ist Deine Golden-Rule-
>> Anarchie das bessere Konzept.
>
>Danke. Das sehe ich ähnlich. Und weil man Liebe nicht
>erzwingen kann, sollten wir unser Zusammenleben mit
>denen, die wir nicht lieben, auf diesem Konzept
>aufbauen.

Bei mir hat der bloße Kontakt mit einem Menschen
eigentlich immer den Effekt, daß ich ihm in irgendeiner
Form Liebe entgegenbringe. Und je enger der Kontakt
desto mehr.

Von daher würde ich den Satzteil "die wir nicht lieben"
durch "die uns nicht lieben" ersetzen. Dann stimmts.

Und ich würde eben Religion - im Sinne von persönlicher
aus eigenen Erfahrungen abgeleiteter Religiösität -
nicht ganz aus der Rechnung weglassen, nur weil es nicht
für jeden der richtige Weg ist.

Anders ausgedrückt - eine gute Form des zusammenlebens
berücksichtigt die Tatsache, daß Menschen unterschiedlich
sind indem sie sehr viele, sehr unterschiedliche
Lebensentwürfe ermöglicht. Die Bundesrepublik ist mir da
noch zu gleichmacherisch. Außerdem ist sie so
organisiert, daß jedem Menschen die Orientierungshilfen
zugänglich sind, die mit möglichst großer
Wahrscheinlichkeit dazu führen, daß er sich frei für
diejenige der Wahlmöglichkeiten entscheidet, mit der er
am wahrscheinlichsten glücklich wird. (Eine freie
Entscheidung ist nötig, da nur jeder selber seine
Bedürfnisse wirklich kennen kann, weil niemand einen
anderen so gut kennt, wie das nötig ist um für andere
die beste Entscheidung zu treffen.)

Kersti Nebelsiek

unread,
Dec 12, 2000, 3:28:54 PM12/12/00
to
>From: Christian Bickel <06113...@t-online.de>
>Date: Sat, 09 Dec 2000 16:04:23 +0100

>
>> Kersti Nebelsiek schrieb:
>
>> Dazu ist zweierlei zu sagen: Entweder ist man der
>> Ansicht, daß der Staat das Geld im Wesentlichen
>> sinnvoll verwendet, dann sollte man auch
>> Steuern zahlen. Oder man ist der Ansicht, daß er
>> das nicht tut, dann sollte man auf andere Weise
>> seinen Beitrag dazu leisten, daß bei uns
>> niemand zu kurz kommt. Das muß man ja nicht
>> zwangsläufig dem Staat überlassen.
>
>Nicht zwangsläufig. Aber ist es nicht bezeichnend, daß
>sich bei den großen Prozessen über erkleckliche
>Steuerhinterziehung niemals herausgestellt hat, daß die
>hinterzogene Steuer gemeinnützigen Institutionen
>zugeflossen ist? Die sind alle reicher geworden und
>haben ihr Vermögen in Luxemburg gut investiert.

Wenn man genug Geld hat um eine ganze Gemeinnützige
Organisation zu finanzieren, für die man dann nachher
spenden will, steht man am Ende nicht vor der Entscheidung
Steuerhinterziehung oder spenden, weil man die Summen, die
man spendet sowieso von der Steuer absetzen kann.

wer wenig Geld hat, steht dagegen sehr oft vor der Wahl.

>> Und - wer keine Steuern zahlt, tut nicht
>> zwangsläufig weniger für seine Mitmenschen als
>> andere. Vieles würde auch heute noch ohne
>> ehrenamtliche Arbeit und gegenseitige Hilfe nicht
>> funktionieren.
>
>Wenn man mal von Sportvereinen absieht, wo das
>Ehrenamt tatsächlich Ehre einbringt und sich so auch
>zwielichtige Gestalten hindrängeln, so
>liegt die Quote der Steuerstraftaten bei diesen
>Personen signifikant niedriger als bei anderen. Es
>gibt halt nicht sektorale Gewissenhaftigkeit.

Ja. Eben.

>> Na doch. Die Kirche erbringt sehr viele
>> Sozialleistungen in der Welt und oft in Staaten,
>> die sich solche Sozialleistungen nicht
>> leisten können. Dann gibt es noch diverse durch
>> Spenden finanzierte Vereine, die - wenn sie in
>> Deutschland als gemeinnützig anerkannt sind,
>> auch keine Gewinne machen dürfen und oft ebenfalls
>> Sozialleistungen erbringen.
>
>Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht
>in Soziallleistungen, sondern in der *Garantie* für ein
>existentielles Minimum. Der Bürger ist nicht auf das
>Wohlwollen seiner Mitmenschen angewiesen. Mit dem an das
>Bürgerrecht angekoppelten "Hilfe zum
>Lebensunterhalt" ist der Bettlerstatus des Armen
>abgeschafft.

Der Bürger ist ein Mitglied des Staates.

Es gibt sehr viele Organisationen, die ihren Mitglieder
garantieren und garantierten, daß sie nicht durch
Krankheit oder Tod von Familienmitgliedern zu Bettlern
wurden. Im Mittelalter haben beispielsweise die Zünfte das
für ihre Mitglieder geleistet. Die Kirche erbring solche
Leistungen teilweise sogar für Nichtmitglieder.

>> >Der Staat ist im Gegensatz zur Kirche ein
>> >Nullsummenspiel.
>>
>> Nein. Er hat Schulden. Die Kirche - die katholische
>> - hat Reichtümer. Beides kein Nullsummenspiel.
>
>Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch
>die Schulden müssen von den Bürgern zurückgezahlt
>werden. Das Geld fällt nicht wie Wanna vom Himmel.
>Es gibt aber hie und da Ausnahmen, wenn der Staat
>sich selbst wirtschaftlich betätigt, um Einnahmen
>zu erzielen.

Das der Staat Schulden hat ist es für den Bürger ein
Verlustgeschäft, kein Nullsummenspiel. Durch die Zinsen
muß der Bürger am Ende ein Vielfaches von dem bezahlen,
was das dafür am Anfang gekaufte kostete.

Und der Staat gibt das Geld weitgehend eben nicht für
Investitionen aus, die nachher entsprechend viel Geld
einbringen.

>> >> Ich glaube, die Deutung von Iljas Aussage ist zu
>> >> einfach. Wenn man sich seine Internetseite
>> >> anschaut ist er nicht dagegen, daß es
>> >> Institutionen geben darf, die fast alle
>> >> Funktionen erfüllen, die unsere Staaten heute
>> >> erfüllen. Er fordert aber, daß jeder für sich
>> >> wählen können soll, ob er Mitglied eines
>> >> solchen Staates sein will. - Mit allen Rechten
>> >> und Pflichten.
>> >
>> >Jeder darf auswandern.
>
>> Und muß dafür all seine Freunde und seine Heimat
>> verlassen. Der Preis ist dann manchem zu hoch,
>> der sonst einiges an diesem Staat nicht mag.
>
>Wenn er nicht Mitglied des Staates sein will, ist das
>die Konsequenz. Außerdem; wenn das alles so schlimm
>ist, werden die Freunde sicher gerne mit ihm gehen.

Ich denke wir sind uns einig, daß es hier in Deutschland
besser zu leben geht als in den meisten Staaten dieser
Welt.

Es geht nicht darum, wie schlimm es ist - sondern darum,
wie gut es sein könnte. Solange ich mir etwas besseres
vorstellen kann, als das, was es hier im Augenblick gibt,
werde ich versuchen zu erreichen, daß es noch besser wird.
Warum sollte ich mich mit einem Trostpreis zufriedengeben,
wenn wir hier auch den Hauptgewinn haben könnten?

Und ich will auch nicht dieses Land, das ich kenne und
liebe verlassen, um irgendwo in einem Land das ich noch
nicht kenne aber das es sicher auch wert ist, geliebt zu
werden, neu anfangen, sondern ich will hier die
Verhältnisse verbessern, wo ich jetzt gerade bin. Denn
hier gibt es genug zu tun.

>> >Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie
>> >Stütze vom Staat, erwarten jedenfalls, daß man
>> >sie nicht verhungern läßt.
>>
>> Wer schon mit Hasch ernsthafte psychologische Probleme
>> bekommt, der war schon vorher krank. Körperliche
>> Schäden von Hasch sind kaum nachzuweisen. (Nein. Ich
>> kiffe nicht.) Außerdem ist der Typ Kiffer, der am Ende
>> nicht mehr für sich selber sorgen kann nicht der Typ,
>> der beim Autofahren streng darauf achtet,
>> nicht bekifft zu fahren.
>
>Und Heroin?

Heroin ist weitaus gefährlicher. Ich habe ja gerade Hasch
als Beispiel gewählt, weil es relativ ungefährlich ist.

>> Es ist einfach nur ein sehr geringer Teil der Kiffer,
>> die bei anderen Drogen landen und ernsthafte Probleme
>> entwickeln oder verursachen. Deshalb habe ich dieses
>> Beispiel gewählt. Bei Alkohol ist dieses Verhältnis
>> wesentlich ungünstiger, dennoch ist er erlaubt.
>> (Nein. Ich trinke auch keinen Alkohol. Und rauchen tu
>> ich auch nicht.)
>
>Aber auch die haben Anspruch auf Hilfe und machen ihn
>auch geltend.

Ja. Eben.

Das wollte ich ja betonen - diese Regelung ist Willkür,
die im Fall der Strafverfolgung von Haschkonsum dem
Staat sogar mehr Kosten verursacht, als sie vermeidet.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 13, 2000, 7:19:13 AM12/13/00
to
Kersti Nebelsiek <KNebe...@t-online.de> writes:
> >Danke. Das sehe ich ähnlich. Und weil man Liebe nicht
> >erzwingen kann, sollten wir unser Zusammenleben mit
> >denen, die wir nicht lieben, auf diesem Konzept
> >aufbauen.
>
> Bei mir hat der bloße Kontakt mit einem Menschen
> eigentlich immer den Effekt, daß ich ihm in irgendeiner
> Form Liebe entgegenbringe. Und je enger der Kontakt
> desto mehr.
>
> Von daher würde ich den Satzteil "die wir nicht lieben"
> durch "die uns nicht lieben" ersetzen. Dann stimmts.

Ok, kein Problem. Allzu viel anders ist es bei mir auch nicht - ich
wehre mich jedoch heftig gegen Pauschalansprüche ich solle alle
Menschen lieben, oder Phrasen einer "Solidargemeinschaft", die von mir
Solidarität mit deutschen Nazis erwartet.

Christian Bickel

unread,
Dec 13, 2000, 12:52:09 PM12/13/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> > Langsam wird's öde. Der Schutzgelderpresser will sich bereichern und
> > verspricht lediglich, dann das Opfer in Ruhe zu lassen. Vor anderem
> > Unheil schützt er ihn nicht.
>
> Falsch. Nicht nach staatlichem Recht.

Gibt's für Erpresser staatliches Recht, an das er sich hielte?

> > Wenn das gewünscht wird, mietet man sich
> > in unsicheren Gegenden Bodygards. Die sind auch keine
> > Schutzgelderpresser!
>
> Richtig, aber kein Gegenargument.

Sehe ich anders.

>
> > > > Es geht nicht um konkurierende Schutzgelderpresser, sondern andere
> > > > Diebe, Einbrecher oder Betrüger.
> > >
> > > Die haben mit dem Thema wenig zu tun. Aber warum sollte sich ein
> > > Schutzgelderpresser nicht auch um die kümmern, die seiner
> > > milchgebenden Kuh schaden?
> >
> > Doch, denn der Staat schützt vor diesen schon, wenn auch durch
> > Bestrafung der gefaßten Schuldigen. Und für den Schutzgelderpresser
> > ist dieser Aufwand zu hoch und zu teuer.
>
> Nicht unbedingt. Wie gesagt, es ist auch unerheblich ob eine
> Dienstleistung angeboten und geleistet wird. Was wichtig ist, ist,
> was angedroht wird wenn nicht bezahlt wird.

Das ist eben prinzipiuell falsch.



> > Ein Schutzgelderpresser ist eben kein gemieteter Bodygard.
>
> Klar. Weiss ich auch. Ein Bodygard macht gar nichts, wenn ein
> Vertrag nicht zustande kommt.

Ja und?

>
> > > > verstehe ich nicht. Es geht nicht um Bälle, auf die ich gar nicht
> > > > gehen will, es geht um Schulausbildung und Straßenbau.
> > >
> > > Es geht um "irgendwelche Leistungen darüberhinaus". Modifiziere dein
> > > Argument, wenn du es in der Form nicht mehr aufrechterhalten willst.
> >
> > Nein, brauche ich nicht. Sinnlose und aufgedrängte Dinge sind keine
> > "Leistungen", die mit denen des Staates vergleichbar wären.
>
> Doch. Staatliche Leistungen sind klar aufgedrängt. Sinnlos oder nicht
> ist unerheblich.

Ja, es gibt halt Dinge, auf die der Mensch nur Durch Selbstmord
verzichten kann. Daß ist ein alter Hut. Man kann auch nicht vemeiden,
zwei Eltern zu haben.



> > Dies näher zu erörtern habe ich eigentlich keine Lust.
>
> Niemand hindert dich die Diskussion abzubrechen.

Mach ich auch.

> > > Darum geht es nicht. Ich wende eine Symmetrieargumentation an, nenne
> > > den Staat Schutzgelderpresser weil der Staat jemanden, der genau das
> > > tut, was der Staat selbst tut, Schutzgelderpresser nennt.
> >
> > Das ist schlicht falsch. Aber das habe ich schon erläutert. Und wenn
> > Du dagegen nur Deine Leier wiederholst, bringt das nichts.
>
> Es ist schlicht richtig, denn genau dies bedeutet ein staatliches
> Monopol - dass der Staat nach diesem Symmetrieargument kriminell
> handelt.

Diese Symmetrie gibt es ausschließlich in Deinem Kopf unter
willkürlicher Weglassung der Unterschiede.

>
> Wenn du elementarer Logik nicht folgen kannst ist dies dein Problem.

Richtig. Aber wenn Du elementare Logik nicht produzieren kannst, ist
es das Deine!
Und so ist es hier.

Gruß Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 13, 2000, 12:59:53 PM12/13/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> >>>> Weil jeder weiss, dass man sich die wichtigsten Sachen im Leben
> >>>> eben nicht mit Geld kaufen kann, und einer der nur das hat, was
> >>>> man mit Geld kaufen kann, ziemlich arm ist.
>
> >> Wenn ein paar Dumpfbacken es nicht geschnallt haben, ist mir das auch
> >> egal. Ihr Problem.
> >
> > Ach so. Die "paar Dumpfbacken", die meinen Geld sei das wichtigste,
> > jedenfalls danach handeln, stellen einen Großteil der Bevölkerung dar.
>
> Mir egal - wenn du die Mehrheit der Menschen fuer derartig dumm
> hältst, ist das nicht mein Problem. Ich halte sie zwar in der Frage
> für klüger als du, aber stütze meine Argumentation nicht auf solch
> vage Abschätzungen.

Doch, das ist Dein Problem: Du gehst vom idealen und mildtätige
veranwortungsbewußten Menschen aus (wie der Kommunismus vom
fleißigen). Und das ist eben falsch.


> > Du bastelst Dir ein eigenes Volk zurecht.
>
> Habe ich nicht nötig. Meine Hauptthesen hängen nicht wesentlich davon
> ab, ob die Mehrheit der Leute klug oder dumm sind.

Na und ob sie davon abhängen. Denn Du meinst ja, ohne Staat würde
alles mindestens genausogut funktionieren. Da müssen aber alle anderen
mitspielen.

>
> > Es gibt Aussagen (z.B. "Alle Menschen sind Egoisten"), die man einfach
> > nicht mehr diskutieren kann. Deine Staatsauffassung (ist eigentlich
> > gar keine, sieht nur grammatikalisch so aus) gehört dazu.
>
> Warum diskutierst du dann? Tschuess, bei deinem Argumentationsniveau
> weine ich dir keine Träne nach.

Ich konnte am Anfang der Diskussion noch nicht abschätzen, wie weit Du
Dich von jeglicher Wirklichkeit entfernst.
Aber Ursache Deiner Tränen will ich wahrlich nicht sein.


> Meine Staatsauffassung stimmt sachlich durchaus mit existierenden
> Staatsauffassungen überein, nach denen die charakteristische
> Eigenschaft eines Staates Monopole verschiedenster Art, insbesondere
> das Gewaltmonopol, ist.
>
> Der Unterschied liegt in der moralischen Wertung solcher Monopole.
> Ein Monopol für sich selbst (man selbst darf etwas, was anderen
> verboten ist) zu fordern widerspricht dem Kantschen Imperativ und wird
> deshalb von mir negativ gewertet.

Du hast Kant nicht verstanden. Der Imperativ gilt nur für gleichartige
Personen, also bei ihm für natürliche Personen untereinander. Aber
nicht für Staaten und Personen nebeneinander. Für Staaten
untereinander könnte er wieder gelten: Jeder Staat muß sich so
organisieren, daß sein Monopole ein allgemeines Gesetz für alle
Staaten bilden könnte.


> Es wird oft eingewendet dass Organisationen nicht moralisch bewertet
> werden können, da es immer Personen seien, die handeln. Ich halte
> wenig davon, und bin auch damit kaum allein, da genügend Leute bereit
> sind, Organisationen wie SS und Mafia moralisch negativ zu werten.

Das ist wolkig: negativ bewerten tue ich auch einen Vulkanausbruch.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 13, 2000, 1:12:17 PM12/13/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

> > Nein, immer. Sogar der mehrfache Mörder wird ernährt und gekleidet.
>
> Wenn er gerade im Knast ist. Ansonsten wird er gejagt.

Hoffentlich.

> >> In einer Weise auf die so ziemlich jeder Straftäter freiwillig
> >> zugunsten von Freiheit verzichtet.
> >
> > Mag sein, aber die übrige Gesellschaft wird ihm nicht immer die
> > Freiheit gönnen.
>
> Verständlich. Aber fürs Argument irrelevant.
>
> > Hattest Du ein Kind, das vergewaltigt und ermordet wurde? Meinst Du
> > im Ernst, einen Schutzgelderpresser klassischer Sorte würde das
> > interessieren?
>
> Meinst du im Ernst, darum ginge es in meinem Argument? Mein Argument
> basiert darauf, was der Staat selbst in seinen Paragraphen als
> Schutzgelderpressung einstuft, und überhaupt nicht darum, was du und
> ich unter "Schutzgelderpresser klassischer Sorte" verstehen.

Da sieht man Deine Logik in Reinkultur:
Kein Gesetz kennt den Begriff "Schutzgelderpressung". Es gibt nur den
Begriff "Erpressung". Das ist der Zwang durch die Androhung eines
rechtswidrigen Übels. Da steckt das staatliche Gesetz schon drin.
Daher kann der Staat ex definitione nicht erpressen, da das von ihm
angedrohte Übel nicht rechtswidrig (gegen seine Gesetze) ist. Also
mußt Du einen ausßerstaatlichen Erpressungsbegriff heranziehen. Das
ist also der Erpresser, wie Du ihn verstehst.

> > über 100 Milliarden Mark? Und haben die, die die Bauruinen erstellt
> > haben, ihr Geld nicht bekommen? Das geld fließt sinnvoll oder hin und
> > wieder verfahlt immer wieder ins Volk zurück. Da wird nirgends ein
> > Hort angehäuft, auf dem ein Drachen sitzt.
>
> Habe ich sowas behauptet? Jeder kriegt mal was ab vom geklauten Geld,
> der eine mehr, der andere weniger. Im Mittel machen alle Miese. Habe
> ich behauptet dass sich das Verbrechen "staatliche
> Schutzgelderpressung" lohnt?

Das ist nicht möglich, da nichts verschwindet. Alles kommt immer
irgendwo hin. Also können nicht alle Miese machen.

> > Genau, allerdings nicht nur über die Handvoll, in denen mal in der
> > Zeitung berichtet wird, dass sie in den Sand gesetzt sind.
>
> Die sind in der Tat nur die Spitze des Eisberges.

Das ist eine Behauptung.

> > Dann ist man ja nicht mehr Staatsbürger, wenn man seine Mitgliedschaft
> > aufgekündigt hat.
>
> Und damit ist "kein Staatsbürger wird vertrieben" als Gegenargument
> irrelevant.

Wieso daß denn nicht. Wer dazu gehört, bleibt, wer nicht, der geht.


> > Hör endlich mit dem Blödsinn von Schutzgelderpresser auf.
>
> Du hast hier nicht zu bestimmen.

Wenn Du nicht ernst genommen werden willst, hast Du recht. Du darfst
nach Art. 5 GG wirklich jeden Senf verzapfen.

>
> Ich kriege da nur 100 000 raus, und das käme in die Größenordnung des
> Gehalts normaler Beamter.

1 Million "normale Beamte"?


Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 13, 2000, 2:15:38 PM12/13/00
to
Kersti Nebelsiek schrieb:

>Nicht zwangsläufig. Aber ist es nicht bezeichnend, daß
> >sich bei den großen Prozessen über erkleckliche
> >Steuerhinterziehung niemals herausgestellt hat, daß die
> >hinterzogene Steuer gemeinnützigen Institutionen
> >zugeflossen ist? Die sind alle reicher geworden und
> >haben ihr Vermögen in Luxemburg gut investiert.
>
> Wenn man genug Geld hat um eine ganze Gemeinnützige
> Organisation zu finanzieren, für die man dann nachher
> spenden will, steht man am Ende nicht vor der Entscheidung
> Steuerhinterziehung oder spenden, weil man die Summen, die
> man spendet sowieso von der Steuer absetzen kann.

Was man absetzen kann, ist nicht viel. 10 % der Einkünfte höchstens.

> wer wenig Geld hat, steht dagegen sehr oft vor der Wahl.

Auch der hat die 10 %. Wenn er aber am Existenzminimum lebt, zahlt er
eh keine Steuern.

> >Die Leistung des Staates besteht in diesem Sektor nicht
> >in Soziallleistungen, sondern in der *Garantie* für ein
> >existentielles Minimum. Der Bürger ist nicht auf das
> >Wohlwollen seiner Mitmenschen angewiesen. Mit dem an das
> >Bürgerrecht angekoppelten "Hilfe zum
> >Lebensunterhalt" ist der Bettlerstatus des Armen
> >abgeschafft.
>
> Der Bürger ist ein Mitglied des Staates.

Eben.

> Es gibt sehr viele Organisationen, die ihren Mitglieder
> garantieren und garantierten, daß sie nicht durch
> Krankheit oder Tod von Familienmitgliedern zu Bettlern
> wurden. Im Mittelalter haben beispielsweise die Zünfte das
> für ihre Mitglieder geleistet. Die Kirche erbring solche
> Leistungen teilweise sogar für Nichtmitglieder.

Aber da mußten die Mitgleider genauso zahlen.

> >Die Kirche ist keines, aber der Staat. Denn auch
> >die Schulden müssen von den Bürgern zurückgezahlt
> >werden. Das Geld fällt nicht wie Wanna vom Himmel.
> >Es gibt aber hie und da Ausnahmen, wenn der Staat
> >sich selbst wirtschaftlich betätigt, um Einnahmen
> >zu erzielen.
>
> Das der Staat Schulden hat ist es für den Bürger ein
> Verlustgeschäft, kein Nullsummenspiel. Durch die Zinsen
> muß der Bürger am Ende ein Vielfaches von dem bezahlen,
> was das dafür am Anfang gekaufte kostete.

Nein, denn auch die Zinsen fließen zurück. Wenn der Staat aus den
Bürgern besteht, kann das Vermögen und all das nicht verschwinden. Daß
ist nur anders, wenn der Staat wie in bestimmten Diktaturen ein
Familienunternehmen ist.

> Und der Staat gibt das Geld weitgehend eben nicht für
> Investitionen aus, die nachher entsprechend viel Geld
> einbringen.

Der Größte Posten sind die Sozialleistungen. Da läßt sich nicht sagen,
ob die nicht wieder Geld in Form von Steuern der Begünstigten
einbringen.

> >Wenn er nicht Mitglied des Staates sein will, ist das
> >die Konsequenz. Außerdem; wenn das alles so schlimm
> >ist, werden die Freunde sicher gerne mit ihm gehen.
>
> Ich denke wir sind uns einig, daß es hier in Deutschland
> besser zu leben geht als in den meisten Staaten dieser
> Welt.
>
> Es geht nicht darum, wie schlimm es ist - sondern darum,
> wie gut es sein könnte. Solange ich mir etwas besseres
> vorstellen kann, als das, was es hier im Augenblick gibt,
> werde ich versuchen zu erreichen, daß es noch besser wird.
> Warum sollte ich mich mit einem Trostpreis zufriedengeben,
> wenn wir hier auch den Hauptgewinn haben könnten?
>
> Und ich will auch nicht dieses Land, das ich kenne und
> liebe verlassen, um irgendwo in einem Land das ich noch
> nicht kenne aber das es sicher auch wert ist, geliebt zu
> werden, neu anfangen, sondern ich will hier die
> Verhältnisse verbessern, wo ich jetzt gerade bin. Denn
> hier gibt es genug zu tun.

Das ist völlig o.k. Nur man kann die Schraube überdrehen. "Wenn man
etwas besser machen will als gut, wird es oft schlechter als schlecht"
(altes isländisches Sprichwort).
Bei Schachspiel gibt es oft Stellungen, wo jeder Zug, der die Stellung
verbessert, dort, wo die Figur vorher stand, eine größere
Verschlechterung herbeiführt.
Und je komplizierter so ein Staatsorganismus ist, desto schwieriger
ist es, die Folgen einer Veränderung abzusehen.

> >> >Und wenn's weit genug gediehen ist, wollen sie
> >> >Stütze vom Staat, erwarten jedenfalls, daß man
> >> >sie nicht verhungern läßt.
> >>
> >> Wer schon mit Hasch ernsthafte psychologische Probleme
> >> bekommt, der war schon vorher krank. Körperliche
> >> Schäden von Hasch sind kaum nachzuweisen. (Nein. Ich
> >> kiffe nicht.) Außerdem ist der Typ Kiffer, der am Ende
> >> nicht mehr für sich selber sorgen kann nicht der Typ,
> >> der beim Autofahren streng darauf achtet,
> >> nicht bekifft zu fahren.
> >
> >Und Heroin?
>
> Heroin ist weitaus gefährlicher. Ich habe ja gerade Hasch
> als Beispiel gewählt, weil es relativ ungefährlich ist.

Du suchst Dir auch die für Dich passenden Beispiele aus.



> >> Es ist einfach nur ein sehr geringer Teil der Kiffer,
> >> die bei anderen Drogen landen und ernsthafte Probleme
> >> entwickeln oder verursachen. Deshalb habe ich dieses
> >> Beispiel gewählt. Bei Alkohol ist dieses Verhältnis
> >> wesentlich ungünstiger, dennoch ist er erlaubt.
> >> (Nein. Ich trinke auch keinen Alkohol. Und rauchen tu
> >> ich auch nicht.)
> >
> >Aber auch die haben Anspruch auf Hilfe und machen ihn
> >auch geltend.
>
> Ja. Eben.

Damit sie die Hilfe bekommen, brauchen wir einen Staat, der dafür Geld
hat.

> Das wollte ich ja betonen - diese Regelung ist Willkür,
> die im Fall der Strafverfolgung von Haschkonsum dem
> Staat sogar mehr Kosten verursacht, als sie vermeidet.

Das ist gerade sehr umstritten. Holland beweist Deine Theorie nicht
gerade.

Gruss Christian

Rene Meyer

unread,
Dec 13, 2000, 3:32:04 PM12/13/00
to
ON Thu, 07 Dec 2000 22:44:04 +0100, Hermann Riemann wrote:
> Es gibt Gemeinschaften die Stellen das Familienleben
> mit dem Wunsch viele Kinder in ihren Lebensmittelpunkt.
> Und ihre Pflichtgefuehl richtet sich danach.
> Und wenn dann fuer die Kinder der Gemeinschaft nicht mehr
> genug da ist dann ???

Achso, so meintest du das. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß man
objektiv gesehen nicht anders entscheiden kann, als dass man
abschätzen kann, wieviele Menschen bei einem vertretbaren
Lebensstandard aller das Ökosystem Erde verträgt und danach dann
natürlich auch eine Geburtenrate festlegen kann. Solche
überlieferten Dinge sind genauso unsinnig wie der überhöhte
Ressourcenverbrauch in den Industrienationen. Welche Ursachen der
Kinderreichtum sonst noch hat (Altersabsicherung ...) ist etwas
anderes. Aber eigentlich müßte weltweit Geburtenkontrolle
durchgeführt werden, am Besten durch übergeordnete Organe wie die
UNO (*utopisch denk*).

> > Ja sicher, auch das widerspricht nicht meinem Handeln. Nur muß man
> > erkennen, dass die Schaden-Nutzen-Bilanz positiv ist.
> Das geht haeufig nicht oder nicht mit vertretbaren Aufwand.
> Dann bleibt eine mehr oder wenig sichere Vermutung,
> oder auch im Grenzfall mehr zum eigenen Nachteil,
> um bei Konflikten zum Kompromiss zu kommen.

Ja, hab ich ja auch nicht bezweifelt. Da ich nie alle Variable und
Gesetze kenne, kann ich meist nur kurzfristige und ungenaue
Abschätzungen meines Handelns machen (hab ja auch nicht immer ewig
Zeit). Aber die sind nach bestem Wissen und Gewissen, mehr kann man
von niemandem erwarten. Nur muß man eben versuchen, das Wissen und
Gewissen aller zu entwickeln.

--
René Meyer
Student of Physics - Chemnitz University of Technology

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 14, 2000, 12:57:23 PM12/14/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Langsam wird's öde. Der Schutzgelderpresser will sich bereichern und
> > > verspricht lediglich, dann das Opfer in Ruhe zu lassen. Vor anderem
> > > Unheil schützt er ihn nicht.
> >
> > Falsch. Nicht nach staatlichem Recht.
>
> Gibt's für Erpresser staatliches Recht, an das er sich hielte?

Wenn er sich dran halten würde wäre er keiner. Den Sinn dieser Frage
im Kontext meiner Argumentation verstehe ich leider nicht.

> > > Doch, denn der Staat schützt vor diesen schon, wenn auch durch
> > > Bestrafung der gefaßten Schuldigen. Und für den Schutzgelderpresser
> > > ist dieser Aufwand zu hoch und zu teuer.
> >
> > Nicht unbedingt. Wie gesagt, es ist auch unerheblich ob eine
> > Dienstleistung angeboten und geleistet wird. Was wichtig ist, ist,
> > was angedroht wird wenn nicht bezahlt wird.
>
> Das ist eben prinzipiuell falsch.

Das ist, soweit mir bekannt, staatliches Recht.

> > > Ein Schutzgelderpresser ist eben kein gemieteter Bodygard.
> >
> > Klar. Weiss ich auch. Ein Bodygard macht gar nichts, wenn ein
> > Vertrag nicht zustande kommt.
>
> Ja und?

Und deswegen ist er nach staatlichem Recht kein Erpresser.

> > Doch. Staatliche Leistungen sind klar aufgedrängt. Sinnlos oder nicht
> > ist unerheblich.
>
> Ja, es gibt halt Dinge, auf die der Mensch nur Durch Selbstmord
> verzichten kann. Daß ist ein alter Hut. Man kann auch nicht vemeiden,
> zwei Eltern zu haben.

Zwei Eltern zu haben ist keine staatliche Dienstleistung.

> > Es ist schlicht richtig, denn genau dies bedeutet ein staatliches
> > Monopol - dass der Staat nach diesem Symmetrieargument kriminell
> > handelt.
>
> Diese Symmetrie gibt es ausschließlich in Deinem Kopf unter
> willkürlicher Weglassung der Unterschiede.

Der Staat macht diesen Unterschied nur in dem Sinne, dass er sich
selbst ausnimmt. Einen inhaltlichen Unterschied gibt es nicht.

> > Wenn du elementarer Logik nicht folgen kannst ist dies dein Problem.
>
> Richtig. Aber wenn Du elementare Logik nicht produzieren kannst, ist
> es das Deine!
> Und so ist es hier.

Behauptest du.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 14, 2000, 1:05:29 PM12/14/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Mir egal - wenn du die Mehrheit der Menschen fuer derartig dumm
> > hältst, ist das nicht mein Problem. Ich halte sie zwar in der Frage
> > für klüger als du, aber stütze meine Argumentation nicht auf solch
> > vage Abschätzungen.
>
> Doch, das ist Dein Problem: Du gehst vom idealen und mildtätige
> veranwortungsbewußten Menschen aus (wie der Kommunismus vom
> fleißigen). Und das ist eben falsch.

Deine Behauptungen wovon meine Argumentation ausgeht entberen jeder
Grundlage.

> > > Du bastelst Dir ein eigenes Volk zurecht.
> >
> > Habe ich nicht nötig. Meine Hauptthesen hängen nicht wesentlich davon
> > ab, ob die Mehrheit der Leute klug oder dumm sind.
>
> Na und ob sie davon abhängen. Denn Du meinst ja, ohne Staat würde
> alles mindestens genausogut funktionieren.

Ja. Und das kann ich (oder versuche ich zumindest) unter der Annahme
dass sie in beiden Fällen (mit und ohne Staat) gleich schlau sind.

Sind sie extrem dumm, haben wir GULag gegen Bürgerkrieg. Sind sie
schlauer, haben wir zivilisiertere Verhältnisse. In allen Fällen
bleibt IMHO die Anarchie im Vorteil.

> > Der Unterschied liegt in der moralischen Wertung solcher Monopole.
> > Ein Monopol für sich selbst (man selbst darf etwas, was anderen
> > verboten ist) zu fordern widerspricht dem Kantschen Imperativ und wird
> > deshalb von mir negativ gewertet.

> Du hast Kant nicht verstanden. Der Imperativ gilt nur für
> gleichartige Personen, also bei ihm für natürliche Personen
> untereinander. Aber nicht für Staaten und Personen nebeneinander.

Ich habe Kant schon ganz gut verstanden, nur muss ich seine Position
ja nicht teilen. Ich halte den Imperativ z.B. nicht für kategorisch
sondern für hypothetisch. Und eine Einschränkung auf nur Personen/nur
Staaten untereinander für falsch.

> > Es wird oft eingewendet dass Organisationen nicht moralisch bewertet
> > werden können, da es immer Personen seien, die handeln. Ich halte
> > wenig davon, und bin auch damit kaum allein, da genügend Leute bereit
> > sind, Organisationen wie SS und Mafia moralisch negativ zu werten.
>
> Das ist wolkig: negativ bewerten tue ich auch einen Vulkanausbruch.

Moralisch negativ?

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 14, 2000, 1:15:38 PM12/14/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Hattest Du ein Kind, das vergewaltigt und ermordet wurde? Meinst Du
> > > im Ernst, einen Schutzgelderpresser klassischer Sorte würde das
> > > interessieren?
> >
> > Meinst du im Ernst, darum ginge es in meinem Argument? Mein Argument
> > basiert darauf, was der Staat selbst in seinen Paragraphen als
> > Schutzgelderpressung einstuft, und überhaupt nicht darum, was du und
> > ich unter "Schutzgelderpresser klassischer Sorte" verstehen.
>
> Da sieht man Deine Logik in Reinkultur:
> Kein Gesetz kennt den Begriff "Schutzgelderpressung". Es gibt nur den
> Begriff "Erpressung". Das ist der Zwang durch die Androhung eines
> rechtswidrigen Übels.

Wir sind in de.sci.philosophie und nicht in de.soc.recht.

> Da steckt das staatliche Gesetz schon drin.
> Daher kann der Staat ex definitione nicht erpressen, da das von ihm
> angedrohte Übel nicht rechtswidrig (gegen seine Gesetze) ist. Also
> mußt Du einen ausßerstaatlichen Erpressungsbegriff heranziehen. Das
> ist also der Erpresser, wie Du ihn verstehst.

Nochmal langsam. Ich gehe danach, ob der Staat eine Person (oder
Firma), die genauso _handelt_ wie der Staat selbst _handelt_, als
Erpresser bezeichnet und deswegen verfolgt. Wie der Staat sich dabei
seine Begründung zurechtbastelt ist dabei unerheblich. Mein Kriterium
würde auch anwendbar sein wenn er z.B. ohne jedes Recht aus dem Bauch
heraus handelt. Wichtig ist der Fakt des staatlichen Handelns.

Ist das der Fall, bezeichne ich ihn auch als Erpresser und sehe ihn
als der Verfolgung wert an. Die klassische Strategie "wie du mir
(hier genauer ihm), so ich dir".

> > Habe ich sowas behauptet? Jeder kriegt mal was ab vom geklauten Geld,
> > der eine mehr, der andere weniger. Im Mittel machen alle Miese. Habe
> > ich behauptet dass sich das Verbrechen "staatliche
> > Schutzgelderpressung" lohnt?
>
> Das ist nicht möglich, da nichts verschwindet. Alles kommt immer
> irgendwo hin. Also können nicht alle Miese machen.

Nungut, du scheinst sozialistische Wirtschaft nicht zu kennen.

> Wieso daß denn nicht. Wer dazu gehört, bleibt, wer nicht, der geht.

Wieso das? Ich bin vielleicht hier geboren, warum sollte ich gehen?
Geht ihr doch wenn ich euch nicht passe.

> > Ich kriege da nur 100 000 raus, und das käme in die Größenordnung des
> > Gehalts normaler Beamter.
>
> 1 Million "normale Beamte"?

Die Zahl kam von dir. Wie gesagt, ich denke der Grossteil der
Staatsgelder wird mehr oder weniger verschleudert.

Christian Bickel

unread,
Dec 15, 2000, 12:02:15 PM12/15/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > > Langsam wird's öde. Der Schutzgelderpresser will sich bereichern und
> > > > verspricht lediglich, dann das Opfer in Ruhe zu lassen. Vor anderem
> > > > Unheil schützt er ihn nicht.
> > >
> > > Falsch. Nicht nach staatlichem Recht.
> >
> > Gibt's für Erpresser staatliches Recht, an das er sich hielte?
>
> Wenn er sich dran halten würde wäre er keiner. Den Sinn dieser Frage
> im Kontext meiner Argumentation verstehe ich leider nicht.

Deinen Text davor habe ich dann auch nicht verstanden. Denn da nahmst
Du Bezug auf das staatliche Recht.

> > > > Doch, denn der Staat schützt vor diesen schon, wenn auch durch
> > > > Bestrafung der gefaßten Schuldigen. Und für den Schutzgelderpresser
> > > > ist dieser Aufwand zu hoch und zu teuer.
> > >
> > > Nicht unbedingt. Wie gesagt, es ist auch unerheblich ob eine
> > > Dienstleistung angeboten und geleistet wird. Was wichtig ist, ist,
> > > was angedroht wird wenn nicht bezahlt wird.
> >
> > Das ist eben prinzipiuell falsch.
>
> Das ist, soweit mir bekannt, staatliches Recht.

Ist es eben nicht. Denn der Schutzgelderpresser droht außerhalb der
staatlichen Ordnung ein Übel an. Der Randbereich der Erpressung (die
ein Schutzgelderpresser nicht erreicht) ist die Drohung, eine Straftat
des Erpreßten bei der Polizei anzuzeigen, wenn er nicht eine (an sich
rechtmäßige) Entscheidung trifft. Das ist verwandt mit dem
spiegelbildlichen Vorgehen, einem Beamten Geld anzubieten
(Bestechung), damit er das tue, was er von Rechts wegen sowieso tun
würde.

Da liegt die Erpressung in der rechtswidrigen Koppelung zwischen
gefordertem Verhalten und angedrohtem Übel. Keine Erpressung ist es
daher, den "Erpreßten" aufzufordern, sich der Polizei zu stellen,
widrigenfalls man Anzeige erstatten würde.
Nicht jede Verhaltenssteuerung mit angedrohtem Übel ist Erpressung.
Sonst hätten Erzieher erhebliche Schwierigkeiten (bei mir in frühen
Jahren auf jeden Fall; ich ließ mich durch Belohnungen nicht
beeinflussen).

> > > > Ein Schutzgelderpresser ist eben kein gemieteter Bodygard.
> > >
> > > Klar. Weiss ich auch. Ein Bodygard macht gar nichts, wenn ein
> > > Vertrag nicht zustande kommt.
> >
> > Ja und?
>
> Und deswegen ist er nach staatlichem Recht kein Erpresser.

Der Staat ist nach staatlichem Recht auch kein Erpresser. Denn er
droht nicht mit gesetzwidrigem Übel.


> > Ja, es gibt halt Dinge, auf die der Mensch nur Durch Selbstmord
> > verzichten kann. Daß ist ein alter Hut. Man kann auch nicht vemeiden,
> > zwei Eltern zu haben.
>
> Zwei Eltern zu haben ist keine staatliche Dienstleistung.

Richtig. Aber es ist ein Verhältnis, dem man sich nicht entziehen
kann, wie eben Bürger irgendeines Staates zu sein.

>
> > > Es ist schlicht richtig, denn genau dies bedeutet ein staatliches
> > > Monopol - dass der Staat nach diesem Symmetrieargument kriminell
> > > handelt.
> >
> > Diese Symmetrie gibt es ausschließlich in Deinem Kopf unter
> > willkürlicher Weglassung der Unterschiede.
>
> Der Staat macht diesen Unterschied nur in dem Sinne, dass er sich
> selbst ausnimmt. Einen inhaltlichen Unterschied gibt es nicht.

Nicht nur sich selbst nimmt er aus. Er nimmt auch alle Drohung von
jedwedem aus, die zu rechtmäßigem Verhalten anhalten soll.

>
> > > Wenn du elementarer Logik nicht folgen kannst ist dies dein Problem.
> >
> > Richtig. Aber wenn Du elementare Logik nicht produzieren kannst, ist
> > es das Deine!
> > Und so ist es hier.
>
> Behauptest du.

Allerdings, und es ist auch offensichtlich.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 15, 2000, 12:14:42 PM12/15/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Mir egal - wenn du die Mehrheit der Menschen fuer derartig dumm
> > > hältst, ist das nicht mein Problem. Ich halte sie zwar in der Frage
> > > für klüger als du, aber stütze meine Argumentation nicht auf solch
> > > vage Abschätzungen.
> >
> > Doch, das ist Dein Problem: Du gehst vom idealen und mildtätige
> > veranwortungsbewußten Menschen aus (wie der Kommunismus vom
> > fleißigen). Und das ist eben falsch.
>
> Deine Behauptungen wovon meine Argumentation ausgeht entberen jeder
> Grundlage.

Oh nein, sie ergeben sich zwangsläufig aus den vorigen Postings über
die solidarische Hilfe von Freunden untereinander, die die Fürsorge
des Staates überflüssig machen sollte.


> > > > Du bastelst Dir ein eigenes Volk zurecht.
> > >
> > > Habe ich nicht nötig. Meine Hauptthesen hängen nicht wesentlich davon
> > > ab, ob die Mehrheit der Leute klug oder dumm sind.
> >
> > Na und ob sie davon abhängen. Denn Du meinst ja, ohne Staat würde
> > alles mindestens genausogut funktionieren.
>
> Ja. Und das kann ich (oder versuche ich zumindest) unter der Annahme
> dass sie in beiden Fällen (mit und ohne Staat) gleich schlau sind.

Ach Du lieber Sokrates! Du glaubst tatsächlich, Moral sei eine Sache
der Intelligenz? Schau mal nach Costa Rica!

> Sind sie extrem dumm, haben wir GULag gegen Bürgerkrieg. Sind sie
> schlauer, haben wir zivilisiertere Verhältnisse. In allen Fällen
> bleibt IMHO die Anarchie im Vorteil.

Wenn man es mit nicht mehr als ca 1000 Leuten verstreut zu tun hat,
kann das in etwa hinhauen. Island um das Jahr 1000 hatte so was, aber
auch nicht in Reinkultur. Hat nicht funktioniert.



> > Du hast Kant nicht verstanden. Der Imperativ gilt nur für
> > gleichartige Personen, also bei ihm für natürliche Personen
> > untereinander. Aber nicht für Staaten und Personen nebeneinander.
>
> Ich habe Kant schon ganz gut verstanden, nur muss ich seine Position
> ja nicht teilen. Ich halte den Imperativ z.B. nicht für kategorisch
> sondern für hypothetisch. Und eine Einschränkung auf nur Personen/nur
> Staaten untereinander für falsch.

Dann kannst Du ihn nicht heranziehen. Und daß die Einschränkung falsch
sei, wäre zu belegen.

> > > Es wird oft eingewendet dass Organisationen nicht moralisch bewertet
> > > werden können, da es immer Personen seien, die handeln. Ich halte
> > > wenig davon, und bin auch damit kaum allein, da genügend Leute bereit
> > > sind, Organisationen wie SS und Mafia moralisch negativ zu werten.
> >
> > Das ist wolkig: negativ bewerten tue ich auch einen Vulkanausbruch.
>
> Moralisch negativ?

Du müßtest doch erst mal darlegen, daß Organisationen als Solche
überhaupt "moralisch" sein können. Ist da ein Hegelscher Volksgeist zu
Gange? Die Organisationen werden doch deshalb negativ bewertet, weil
ihre Mitglieder negativ bewertete Ziele verfolgen.

Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 15, 2000, 12:26:51 PM12/15/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > > Hattest Du ein Kind, das vergewaltigt und ermordet wurde? Meinst Du
> > > > im Ernst, einen Schutzgelderpresser klassischer Sorte würde das
> > > > interessieren?
> > >
> > > Meinst du im Ernst, darum ginge es in meinem Argument? Mein Argument
> > > basiert darauf, was der Staat selbst in seinen Paragraphen als
> > > Schutzgelderpressung einstuft, und überhaupt nicht darum, was du und
> > > ich unter "Schutzgelderpresser klassischer Sorte" verstehen.
> >
> > Da sieht man Deine Logik in Reinkultur:
> > Kein Gesetz kennt den Begriff "Schutzgelderpressung". Es gibt nur den
> > Begriff "Erpressung". Das ist der Zwang durch die Androhung eines
> > rechtswidrigen Übels.
>
> Wir sind in de.sci.philosophie und nicht in de.soc.recht.

Gut, dann berufe dich nicht darauf, was der Staat selbst als
Schutzgelderpressung einstuft.
Erst bringst Du ein Argument, und wenn es widerlegt wird, rufst Du OT.


> Da steckt das staatliche Gesetz schon drin.
> > Daher kann der Staat ex definitione nicht erpressen, da das von ihm
> > angedrohte Übel nicht rechtswidrig (gegen seine Gesetze) ist. Also
> > mußt Du einen ausßerstaatlichen Erpressungsbegriff heranziehen. Das
> > ist also der Erpresser, wie Du ihn verstehst.
>
> Nochmal langsam. Ich gehe danach, ob der Staat eine Person (oder
> Firma), die genauso _handelt_ wie der Staat selbst _handelt_, als
> Erpresser bezeichnet und deswegen verfolgt. Wie der Staat sich dabei
> seine Begründung zurechtbastelt ist dabei unerheblich. Mein Kriterium
> würde auch anwendbar sein wenn er z.B. ohne jedes Recht aus dem Bauch
> heraus handelt. Wichtig ist der Fakt des staatlichen Handelns.

Nicht der Fakt allein, sondern auch seine Bewertung. Das läßt sich
nicht trennen. Eine schiefgegangene Operation ist eben kein Mord,
obgleich die rein äußere Handlung durchaus gleich aussehen kann.

> Ist das der Fall, bezeichne ich ihn auch als Erpresser und sehe ihn
> als der Verfolgung wert an. Die klassische Strategie "wie du mir
> (hier genauer ihm), so ich dir".

Das ist eben eine Frage der Abstraktion. Es ist eben ein Unterschied,
ob ich Dir einen Stoß gebe, daß Du hinfällst, weil ich Lust auf eine
Schlägerei habe oder weil ich Dich vor einem heranfahrenden Auto
retten will. Die "Handlung" ist die Gleiche.


>
> > > Habe ich sowas behauptet? Jeder kriegt mal was ab vom geklauten Geld,
> > > der eine mehr, der andere weniger. Im Mittel machen alle Miese. Habe
> > > ich behauptet dass sich das Verbrechen "staatliche
> > > Schutzgelderpressung" lohnt?
> >
> > Das ist nicht möglich, da nichts verschwindet. Alles kommt immer
> > irgendwo hin. Also können nicht alle Miese machen.
>
> Nungut, du scheinst sozialistische Wirtschaft nicht zu kennen.

Doch, da wurde zum Teil nichts erzeugt, was hätte verschwinden können,
teils (es waren ja zum Teil Familiendiktaturen) ins Ausland
tranferiert. Diese Art oligarchischer Bereicherung habe ich
ausdrücklich ausgenommen. Das spielt aber in Mittel- und Nordeuropa
keine staatsgefährdende Rolle.


>
> > Wieso daß denn nicht. Wer dazu gehört, bleibt, wer nicht, der geht.
>
> Wieso das? Ich bin vielleicht hier geboren, warum sollte ich gehen?
> Geht ihr doch wenn ich euch nicht passe.

Siehe oben: Man kann auf bestimmte Dinge eben nicht verzichten, wie
auf seine Familie.

>
> > > Ich kriege da nur 100 000 raus, und das käme in die Größenordnung des
> > > Gehalts normaler Beamter.
> >
> > 1 Million "normale Beamte"?
>
> Die Zahl kam von dir. Wie gesagt, ich denke der Grossteil der
> Staatsgelder wird mehr oder weniger verschleudert.

Das müßte belegt werden. Mit Vorurteilen ist hier kein Staat zu
machen.

Christian

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 18, 2000, 8:49:51 AM12/18/00
to
Ich versuche es nochmal ganz langsam zu erklären.

A (jur. Person) nennt B (jur. Person), wenn B X (eine Handlung) macht,
C (eine negative Wertung). A macht selbst X. In diesem Fall nenne ich A C.

Jetzt ist X das Eintreiben einer Steuer. A ist der Staat. B ist eine
private Organisation. B macht jetzt auch X. Wie wird B jetzt von
Staat genannt?

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 18, 2000, 9:00:30 AM12/18/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Doch, das ist Dein Problem: Du gehst vom idealen und mildtätige
> > > veranwortungsbewußten Menschen aus (wie der Kommunismus vom
> > > fleißigen). Und das ist eben falsch.
> >
> > Deine Behauptungen wovon meine Argumentation ausgeht entberen jeder
> > Grundlage.
>
> Oh nein, sie ergeben sich zwangsläufig aus den vorigen Postings über
> die solidarische Hilfe von Freunden untereinander, die die Fürsorge
> des Staates überflüssig machen sollte.

Dass gegenseitige Hilfe auch für nicht ideale, egoistische und
verantwortungslose Menschen eine sinnvolle Strategie ist, ist dir noch
nicht in den Sinn gekommen?

> > Sind sie extrem dumm, haben wir GULag gegen Bürgerkrieg. Sind sie
> > schlauer, haben wir zivilisiertere Verhältnisse. In allen Fällen
> > bleibt IMHO die Anarchie im Vorteil.
>
> Wenn man es mit nicht mehr als ca 1000 Leuten verstreut zu tun hat,
> kann das in etwa hinhauen. Island um das Jahr 1000 hatte so was, aber
> auch nicht in Reinkultur. Hat nicht funktioniert.

Inwiefern nicht? Der Lebensstandard war damals geringer als heute?

Ansonsten erkenne ich das Problem für Anarchie bei mehr als 1000
Leuten durchaus als Problem an - es ist IMHO vor allem ein
Informationsproblem. Und hier gibt es eine Menge neuer
Technologie. Dies macht das Informationsproblem lösbar.

> > > Du hast Kant nicht verstanden. Der Imperativ gilt nur für
> > > gleichartige Personen, also bei ihm für natürliche Personen
> > > untereinander. Aber nicht für Staaten und Personen nebeneinander.
> >
> > Ich habe Kant schon ganz gut verstanden, nur muss ich seine Position
> > ja nicht teilen. Ich halte den Imperativ z.B. nicht für kategorisch
> > sondern für hypothetisch. Und eine Einschränkung auf nur Personen/nur
> > Staaten untereinander für falsch.
>
> Dann kannst Du ihn nicht heranziehen.

Naja, ich hielte es für übertrieben, den Zusatz "gilt auch für
Organisationen und Staaten" als neues Prinzip zu verkaufen.

> Und daß die Einschränkung falsch sei, wäre zu belegen.

Nach meiner Herleitung ist es angemessen, sich nach diesem Prinzip zu
richten, wenn der jeweils andere in der Lage ist, nach der Strategie
"wie du mir, so ich dir" zu verfahren. Dies ist bei Organisationen
gegeben.

> Du müßtest doch erst mal darlegen, daß Organisationen als Solche
> überhaupt "moralisch" sein können. Ist da ein Hegelscher Volksgeist
> zu Gange? Die Organisationen werden doch deshalb negativ bewertet,
> weil ihre Mitglieder negativ bewertete Ziele verfolgen.

Nein, ich unterscheide da. Ich werte eine Organisation moralisch
negativ wenn z.B. ihr Statut moralisch negativ zu wertende Ziele
verfolgt.

Ilja Schmelzer

unread,
Dec 18, 2000, 9:08:26 AM12/18/00
to
Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > Wir sind in de.sci.philosophie und nicht in de.soc.recht.
>
> Gut, dann berufe dich nicht darauf, was der Staat selbst als
> Schutzgelderpressung einstuft.

Ich gehe davon aus, dass der Staat eine Organisation mit
Monopolanspruch ist. Insbesondere Gewaltmonopol. Auch bei der
Steuereintreibung gibt es ein Staatsmonopol.

Diese generelle Eigenschaft des Staates ist es, die für mein Argument
wesentlich ist.

> > Nochmal langsam. Ich gehe danach, ob der Staat eine Person (oder
> > Firma), die genauso _handelt_ wie der Staat selbst _handelt_, als
> > Erpresser bezeichnet und deswegen verfolgt. Wie der Staat sich dabei
> > seine Begründung zurechtbastelt ist dabei unerheblich. Mein Kriterium
> > würde auch anwendbar sein wenn er z.B. ohne jedes Recht aus dem Bauch
> > heraus handelt. Wichtig ist der Fakt des staatlichen Handelns.
>
> Nicht der Fakt allein, sondern auch seine Bewertung. Das läßt sich
> nicht trennen. Eine schiefgegangene Operation ist eben kein Mord,
> obgleich die rein äußere Handlung durchaus gleich aussehen kann.

Ich denke nicht, dass du dich darauf hinausreden kannst, dass
Steuereintreibung durch den Staat eine Art schiefgegangene Operation
ist, Steuereintreibung durch eine Privatorganisation hingegen ein
Verbrechen.

> Das ist eben eine Frage der Abstraktion. Es ist eben ein Unterschied,
> ob ich Dir einen Stoß gebe, daß Du hinfällst, weil ich Lust auf eine
> Schlägerei habe oder weil ich Dich vor einem heranfahrenden Auto
> retten will. Die "Handlung" ist die Gleiche.

Die Intention ist in beiden Fällen dieselbe: Geld für die Ziele der
Organisation.

> > > Das ist nicht möglich, da nichts verschwindet. Alles kommt immer
> > > irgendwo hin. Also können nicht alle Miese machen.
> >
> > Nungut, du scheinst sozialistische Wirtschaft nicht zu kennen.
>
> Doch, da wurde zum Teil nichts erzeugt, was hätte verschwinden können,
> teils (es waren ja zum Teil Familiendiktaturen) ins Ausland
> tranferiert. Diese Art oligarchischer Bereicherung habe ich
> ausdrücklich ausgenommen. Das spielt aber in Mittel- und Nordeuropa
> keine staatsgefährdende Rolle.

Nein, das Hauptproblem sozialistischen Wirtschaftens ist, dass Waren
am Bedarf vorbei erzeugt werden.

> > Die Zahl kam von dir. Wie gesagt, ich denke der Grossteil der
> > Staatsgelder wird mehr oder weniger verschleudert.
>
> Das müßte belegt werden. Mit Vorurteilen ist hier kein Staat zu
> machen.

Das Hauptargument ist einfach ein Vergleich zwischen
Wirtschaftserfolgen von Staaten mit mehr oder weniger staatlicher
Einflussnahme. Insbesondere beim Extrem - dem Staatssozialismus.

Christian Bickel

unread,
Dec 18, 2000, 12:47:33 PM12/18/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Ich versuche es nochmal ganz langsam zu erklären.
>
> A (jur. Person) nennt B (jur. Person), wenn B X (eine Handlung) macht,
> C (eine negative Wertung). A macht selbst X. In diesem Fall nenne ich A C.
>
> Jetzt ist X das Eintreiben einer Steuer. A ist der Staat. B ist eine
> private Organisation. B macht jetzt auch X. Wie wird B jetzt von
> Staat genannt?

B kann ex definitione keine Steuer erheben. (Kirchen"steuer" ist auf
Grund eines Konkordats ein Sonderfall).
Du kapierst einfach nicht, daß Staat und ein Privatmann *prinzipiell*
verschieden sind.
Der Staat hat eine Metaposition inne, die ein Privatmann niemals
einnehmen kann.

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 18, 2000, 1:02:57 PM12/18/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > > Doch, das ist Dein Problem: Du gehst vom idealen und mildtätige
> > > > veranwortungsbewußten Menschen aus (wie der Kommunismus vom
> > > > fleißigen). Und das ist eben falsch.
> > >
> > > Deine Behauptungen wovon meine Argumentation ausgeht entberen jeder
> > > Grundlage.
> >
> > Oh nein, sie ergeben sich zwangsläufig aus den vorigen Postings über
> > die solidarische Hilfe von Freunden untereinander, die die Fürsorge
> > des Staates überflüssig machen sollte.
>
> Dass gegenseitige Hilfe auch für nicht ideale, egoistische und
> verantwortungslose Menschen eine sinnvolle Strategie ist, ist dir noch
> nicht in den Sinn gekommen?

Nicht nur mir, sondern auch Jesus, wenn er sagt, daß das Reich Satans
zerfallen würde, wenn es keine Solidarität im Bösen gäbe (als ihm
vorgeworfen wurde, mit Beelzebub die Teufel auszutreiben). Alter Hut.
Aber dies betriff nur die Gesinnungsgenossen.
Im übrigen steht das im krassen Widerspruch zu Deinem Satz, daß meine
Behauptungen, wovon Deine Argumentation ausgehe, jeglicher Grundlage
entbehrten. Jetzt bestätigst Du es.

> > > Sind sie extrem dumm, haben wir GULag gegen Bürgerkrieg. Sind sie
> > > schlauer, haben wir zivilisiertere Verhältnisse. In allen Fällen
> > > bleibt IMHO die Anarchie im Vorteil.
> >
> > Wenn man es mit nicht mehr als ca 1000 Leuten verstreut zu tun hat,
> > kann das in etwa hinhauen. Island um das Jahr 1000 hatte so was, aber
> > auch nicht in Reinkultur. Hat nicht funktioniert.
>
> Inwiefern nicht? Der Lebensstandard war damals geringer als heute?

Das hatte mit dem Lebensstandard nichts zu tun. Vielmehr gab es keine
Möglichkeit, die Rechtsordnung durchzusetzen. So konnte das Allthing
jemanden des Totschlags überführen und auch verurteilen. Aber die
Vollstreckung oblag dem Geschädigten. Wenn der Täter also einen
mächtigen Clan hatte, brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Der
Raub war daher an der Tagesordnung, und die Schwächeren begaben sich
in den Schutz der Stärkeren, und so gerann das egalitäre Gemeinwesen
zur Landnahmezeit rasch zur Oligarchie ohne gemeinsames Oberhaupt, das
Schutz auch gegen den Starken gewähren konnte. Die seltsamsten Formen
der Blutrache waren die Folge (nicht der Täter fiel ihr zum Opfer,
sondern ein gleichwertiges Mitglied der Gegenfamilie).

> Ansonsten erkenne ich das Problem für Anarchie bei mehr als 1000
> Leuten durchaus als Problem an - es ist IMHO vor allem ein
> Informationsproblem. Und hier gibt es eine Menge neuer
> Technologie. Dies macht das Informationsproblem lösbar.

Es geht nicht um Information, es geht um Disziplin, um
Selbstbeschränkung des Starken.

...


> > Dann kannst Du ihn nicht heranziehen.
>
> Naja, ich hielte es für übertrieben, den Zusatz "gilt auch für
> Organisationen und Staaten" als neues Prinzip zu verkaufen.
>
> > Und daß die Einschränkung falsch sei, wäre zu belegen.
>
> Nach meiner Herleitung ist es angemessen, sich nach diesem Prinzip zu
> richten, wenn der jeweils andere in der Lage ist, nach der Strategie
> "wie du mir, so ich dir" zu verfahren. Dies ist bei Organisationen
> gegeben.

Untereinander vielleicht (wenn sie gleich stark sind. Deutsches Reich
./. Belgien zu Beginn des II. Keltkrieges). Aber in Bezug die Relation
Einzelperson ./. Organisation haut das nicht hin.

> > Du müßtest doch erst mal darlegen, daß Organisationen als Solche
> > überhaupt "moralisch" sein können. Ist da ein Hegelscher Volksgeist
> > zu Gange? Die Organisationen werden doch deshalb negativ bewertet,
> > weil ihre Mitglieder negativ bewertete Ziele verfolgen.
>
> Nein, ich unterscheide da. Ich werte eine Organisation moralisch
> negativ wenn z.B. ihr Statut moralisch negativ zu wertende Ziele
> verfolgt.

Darf ich mal fragen, wo die Statuten der Russen-Mafia
niedergeschrieben sind?

Gruss Christian

Christian Bickel

unread,
Dec 18, 2000, 2:43:20 PM12/18/00
to
Ilja Schmelzer schrieb:

>
> Christian Bickel <06113...@t-online.de> writes:
> > > Wir sind in de.sci.philosophie und nicht in de.soc.recht.
> >
> > Gut, dann berufe dich nicht darauf, was der Staat selbst als
> > Schutzgelderpressung einstuft.
>
> Ich gehe davon aus, dass der Staat eine Organisation mit
> Monopolanspruch ist. Insbesondere Gewaltmonopol. Auch bei der
> Steuereintreibung gibt es ein Staatsmonopol.
>
> Diese generelle Eigenschaft des Staates ist es, die für mein Argument
> wesentlich ist.

Das genügt nicht. Man kann nicht nur die Elemente herauspicken, die
einem in die Schlußfolgerung passen.
Der Staat ist eben nicht bloß "eine Organisation" wie ein
Fußballverein. Er ist eben mehr.

> > > würde auch anwendbar sein wenn er z.B. ohne jedes Recht aus dem Bauch
> > > heraus handelt. Wichtig ist der Fakt des staatlichen Handelns.
> >
> > Nicht der Fakt allein, sondern auch seine Bewertung. Das läßt sich
> > nicht trennen. Eine schiefgegangene Operation ist eben kein Mord,
> > obgleich die rein äußere Handlung durchaus gleich aussehen kann.
>
> Ich denke nicht, dass du dich darauf hinausreden kannst, dass
> Steuereintreibung durch den Staat eine Art schiefgegangene Operation
> ist, Steuereintreibung durch eine Privatorganisation hingegen ein
> Verbrechen.

Jetzt bringst Du neue Elemente ein. Oben schriebst Du: "Wichtig ist
der Fakt des staatlichen Handelns!" Das ist also falsch. Da ist noch
mehr als nur der abstrakte Fakt.

>
> > Das ist eben eine Frage der Abstraktion. Es ist eben ein Unterschied,
> > ob ich Dir einen Stoß gebe, daß Du hinfällst, weil ich Lust auf eine
> > Schlägerei habe oder weil ich Dich vor einem heranfahrenden Auto
> > retten will. Die "Handlung" ist die Gleiche.
>
> Die Intention ist in beiden Fällen dieselbe: Geld für die Ziele der
> Organisation.

Aber die Organisation ist nicht die gleiche. Und das ist entscheidend.
"Wenn zweie dasselbe tun ist es nicht dasselbe."


> > > > Das ist nicht möglich, da nichts verschwindet. Alles kommt immer
> > > > irgendwo hin. Also können nicht alle Miese machen.
> > >
> > > Nungut, du scheinst sozialistische Wirtschaft nicht zu kennen.
> >
> > Doch, da wurde zum Teil nichts erzeugt, was hätte verschwinden können,
> > teils (es waren ja zum Teil Familiendiktaturen) ins Ausland
> > tranferiert. Diese Art oligarchischer Bereicherung habe ich
> > ausdrücklich ausgenommen. Das spielt aber in Mittel- und Nordeuropa
> > keine staatsgefährdende Rolle.
>
> Nein, das Hauptproblem sozialistischen Wirtschaftens ist, dass Waren
> am Bedarf vorbei erzeugt werden.

Am Bedarf vorbei ist wirtschaftlich ein 'Nichts'. Einen Sandhaufen von
links nach rechts schippen und anschließend zurück ist eben Nichts.
Dafür zu bezahlen ist das Gleiche, wie einem Bettler Geld zu geben.
Wenn aber ein wirtschaftliches Etwas erzeugt wird, dann gerät etwas in
den Kreislauf und verschwindet nicht, nicht einmal das Geld an den
Bettler. Denn auch er gibt es wieder aus. Erst wenn dem Geld keine
Ware mehr gegenübersteht, geht's in die Brüche. Aber dies hat nichts
mit Steuer und Umverteilung zu tun, sondern ist eine andere Baustelle.

> > > Die Zahl kam von dir. Wie gesagt, ich denke der Grossteil der
> > > Staatsgelder wird mehr oder weniger verschleudert.
> >
> > Das müßte belegt werden. Mit Vorurteilen ist hier kein Staat zu
> > machen.
>
> Das Hauptargument ist einfach ein Vergleich zwischen
> Wirtschaftserfolgen von Staaten mit mehr oder weniger staatlicher
> Einflussnahme. Insbesondere beim Extrem - dem Staatssozialismus.

Die geringste staatliche Einflußnahme haben wir so ziemlich in Angola
und Costa Rica.
Extreme sind eben immer von Nachteil.

Christian

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