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Musik und Charakter

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Anika

unread,
Nov 5, 2000, 3:00:00 AM11/5/00
to
Hallo,

ich habe mal eine allgemeinere Frage:
Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
festmachen?

Z.B.:
Techno-Fans scheinen offene Menschen zu sein. Sie legen wohl weniger Wert
auf alte Werte, begegnen dafür aber ohne Vorurteile anderen Gruppen.

NewAge-Fans suchen vielleicht nach Harmonie. Sie missen Zärtlichkeit im
Leben und hätten die Welt gerne schöner. Vielleicht verstecken sie sich auch
gerne hinter ihrer eigenen Welt.

Hardrock-Fans ertragen brutale Klänge und sie stören sich nicht an
disharmonischen Klängen und Lautstärke. Ist das eine Spiegelung ihres
Weltbildes oder soll es etwar ein Ausgleich zu ihrem sanften Gemüt sein?


Ist Musik der Ausdruck eines Charkaters oder ist sie Ergänzung?


Wäre schön, wenn viele ihre Erfahrungen und Meinungen posten.

CAiRO

unread,
Nov 5, 2000, 3:00:00 AM11/5/00
to
hallo

> ich habe mal eine allgemeinere Frage:
> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?

meiner meinung nach kann man das nicht. ich bin kein studierter musiker oder
biologe, aber soweit ich weiß, gibt es bestimmte tonfolgen und kläge oder
melodien, die sich für den menschen angenehm oder gut anhören. die finden
sich eigentlich in den meisten/allen musikrichtungen wieder. ob man nun
techno, punk, metal oder newage hört, hängt wahrscheinlich mehr vom umfeld
und erziehung ab bzw was im allgemeinen mit den musikrichtungen verbunden
wird. so assoziiert man punk mit anarchie, techno mit disko und party,
hardrock mit langen haaren und rocker-outfit...
natürlich kann man das nicht so pauschalisieren, letztendlich sind wir ja
menschen und sollten unsere emotionen und neigungen einigermaßen
kontrollieren können. so gibt es dann auch leute, die ernsthaft behauptet,
daß sie hiphop oder rap musik toll finden. imho bilden die sich das ein.

greets,

CAiRO

--
in nomine dei nostri satanas luciferi excelsi


Burkart Venzke

unread,
Nov 5, 2000, 3:00:00 AM11/5/00
to
"Anika" <win...@gmx.net> wrote:
>Hallo,

>
>ich habe mal eine allgemeinere Frage:
>Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
>festmachen?


Ich denke z.T. ja.


>Z.B.:
>Techno-Fans scheinen offene Menschen zu sein. Sie legen wohl weniger Wert
>auf alte Werte, begegnen dafür aber ohne Vorurteile anderen Gruppen.


Hier haben wir schon ein Beispiel, daß auch das Alter bzw. die Musik-Gewohnheit
eine Rolle spielt.
Mit meinen 36 Jahren fehlt mir der Zugang zu Techno, während meine Eltern z.B.
mit Hardrock weniger anfangen können.


>NewAge-Fans suchen vielleicht nach Harmonie. Sie missen Zärtlichkeit im
>Leben und hätten die Welt gerne schöner. Vielleicht verstecken sie sich auch
>gerne hinter ihrer eigenen Welt.


Auch von der aktuellen Stimmung eines Menschen hängt viel ab.
Mal mag er ruhige Musik zum Entspannen, mal anspruchsvollere zum Nachdenken oder
fetzigere zum Tanzen z.B. Damit ändert sich der Charakter des Menschen natürlich
nicht generell.


>Hardrock-Fans ertragen brutale Klänge und sie stören sich nicht an
>disharmonischen Klängen und Lautstärke. Ist das eine Spiegelung ihres
>Weltbildes oder soll es etwar ein Ausgleich zu ihrem sanften Gemüt sein?


Das ist sicher nicht eindeutig.


>Ist Musik der Ausdruck eines Charkaters oder ist sie Ergänzung?


Wie immer beides irgendwie.


>Wäre schön, wenn viele ihre Erfahrungen und Meinungen posten.


Du kannst ja ggf. im Psychogie-Brett mal fragen.


Viele Grüße,
Burkart
--
_____________________________________________________________
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Hubert Hövelborn

unread,
Nov 5, 2000, 7:09:47 PM11/5/00
to

"Anika" <win...@gmx.net> schrieb im Newsbeitrag
news:8u4c9m$jas$1...@riker.addcom.de...


[...]


> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?

[...]


> Wäre schön, wenn viele ihre Erfahrungen und Meinungen posten.

[...]

Hallo Anika,

scheint mir OT, weil Psychologie und Soziologie betreffend. Und allgemeine
Erfahrungen und Meinungen helfen bei wissenschaftlicher Betrachtung hier wie
da nicht weiter.
Dennoch, falls Du wirklich Interesse an Menschen hast, schau Dich auch mal
nach Jazz-Liebhabern, Reggae-Fans, Kennern von Folk, Klassik u.s.w. um. Ich
persönlich kenne sogar einen Kirchenmusiker, der ein supernetter Kerl ist.
Und falls sich bei Dir doch noch wissenschaftliches Interesse regt, überleg
Dir vielleicht, was Du über das Umfeld der Musikrichtung und über den
Background der jeweiligen Probanden wissen müsstest, um anhand der
Musikvorlieben Aussagen über ihren Charakter zu machen: Welche Wahl hatten
Sie, zu welcher Musik hatten sie Zugang, zu welcher nicht? Welchen
Gruppenzwängen und Einflüssen unterliegen sie? Welche Rolle spielen die
Protagonisten der jeweiligen Musikrichtung (Stars) und welche die der
Veranstaltungen (DJs) usw.
Und überhaupt, sind Techno-Fans überhaupt Menschen? ;-).
Im Übrigen plädiere ich für die Einrichtung einer Newsgroup
de.nonsci.dr-sommer.

Nimm's nicht persönlicher, als Du's vertragen kannst ;-)

Grüße

Hubert


Hermann Riemann

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
Anika schrieb:

> ich habe mal eine allgemeinere Frage:

Diese Frage passt eher in de.sci.psychologie

> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?

Teilweise.
Die Art der Musik ist ein Hinweis.
Menschen habe Gefuehlsspektren unterschiedlicher Intensitaeten.
Und dies schwankt auch noch nacht Situation.

So passt z.B. Hardrock eher zum Protest, Abreagieren
als klassische Musik.

Wogegen ein Teil klassischer Musik eher fuer eine Zufriedenheit
durch emotionelle ruhige Traeume entspricht.

Freilich die Masse der Musik geht genauso in Details wie Bilder,
und da ist eine gerade enstandene Kombination
allgemein nicht aussagekraeftig.

Hermann

Herwig Huener

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
2000-11-06 10:33:01 MEZ

Anika schrieb:
>
> Hallo,


>
> ich habe mal eine allgemeinere Frage:

> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?

IMHO praktisch nein. Musik ist
Semantik-frei. Mit ganz genau
demselben MuskiStück kann man sehr
viele verschiedene Inhalte
assoziieren.

Betrifft sogar geistliche Musik,
die durchaus nicht "geistlich an
sich" ist.

Herwig

Andreas Scharn

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
Hallo,

ich glaub eher nicht.
Die Stimmung in welcher sich ein Mensch befindet, hängt
davon ab, welche Musik er gerade hört.
Es kommt vor, daß ich Wagners Ring am Stück höre, manchmal
aber auch Marilyn Manson (ordentlich laut).
Chopin aber auch Nine Inch Nails.
Wiegesagt: alles eine Frage der momentanen Stimmung.

best regards

Andreas Scharn

BUND Neubrandenburg

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
Hallo!

Fangen nicht so stets die hitzigsten Diskussionen an? Mit Statements oder
Fragen, die anfangs OT und unwissenschaftlich scheinen?

Ich denke auch hier könnte man einen Bogen knüpfen, wenn man wollte.
Allein Deine Ausführungen lassen einen Hauch Determinismus anklingen [aber
auch nur einen Hauch :-)].
Oder die gute alte Ethik, Marke: Musik beeinflußt Charakter, und was
bedeutet das nun? Sollte man Techno- Freaks einsperren? Sollte man
Hardrockern beruhigungmittel geben? Warum werden Metaller und Punkfreunde
prozentual häufiger von Ordnungsmächten angehalten, als andere?

Persönliche Erfahrungen haben eine ganze Menge mit wissenschaftlichen
Untersuchungen zu tun. Die einfachste Untersuchungsmethode ist ja
schließlich zusehen und zuhören. Na gut, ich höre nicht gerade wie ein
Quark an mir vorbeihuscht, aber gerade Antropologie und Ethik bauen auf
diesen persönlichen Eindrücken. Einzelne Meinungen mögen da noch keinen
großen Wert haben, aber packt man mehrere zusammen, die sich vielleicht
noch decken, dann kann man schon was anfangen. Man muß dann nur methodisch
arbeiten und die Ergebnisse auch realistisch werten.
Wie hat denn bitteschön Freud gearbeitet?
Waren Nietzsches Ideen mehr als Schlußfolgerungen aus Erfahrungen?
Woher kommen denn Ideen? Ploppen die einfach so im Kopf aus dem nichts
auf? Oder hat man die aus dem Ideenhimmel und muß sich des Wissens nur
bewußt werden?
Kann man drüber diskutieren, wenn man will.

Aber nochmal zu Dir, Anika. Meine persönlichen Erfahrungen sehen wie folgt
aus:

Grundsätzlich sind Musikrichtungen Ausdruck gesellschaftlicher
Zugehörigkeiten. Sehen wir uns doch einmal die guten alten Musiksender an,
bei denen Musik Programm ist.
Bei Viva 2 werden prinzipiell alle Musikrichtungen "gedisst" (ich bediene
mich der Umgangssprache), die bei Viva auf und ab gespielt werden.
Angenommen (ich würde das ja nieeee behaupten :-)), es gäbe eine Kombo auf
Viva, die Musik macht, die 80% der Viva 2 Zuschauer gut finden. Wie viele
trauen sich dann, diese zu hören, wenn Charlotte Roche darüber herzieht?

Wie viele Hardrocker trauen sich vor ihren Freunden zuzugeben, daß sie
Phil Collins gut finden?
Hier sind die guten alten gesellschaftlichen Zwänge am Werk, wobei wir
beim Determinismus wären.

Andererseits fände ich die Frage interessant:
Wie beeinflußt die Musik das Verhalten / den Charakter?
Aber an dieser Stelle wird es psychologisch.
Solltest Du die Frage mal an eine Psycho-NG stellen, wäre ich gespannt
über das Ergebnis.

Halt mich mal auf dem laufenden, wenn Du irgendwas erfährst.


--------------------------------------------------------------------------
* ADFC Neubrandenburg * AK Fischotterschutz * AK Fledermausschutz
* AK Trauerseeschwalbe * AK Staatenbildende Insekten
* Bürgerinitiative "Besseres Müllkonzept"
* BUNDjugend Neubrandenburg * BUND Neubrandenburg
* Fachgruppe Ornithologie

BUND & BUNDjugend
Neustrelitzer Str. 81
17033 Neubrandenburg
Tel.(0395) 5 666 512
Fax (0395) 544 1702
www.jugend.in-mv.de/bund-nb
--------------------------------------------------------------------------

Hermann Riemann

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
Herwig Huener schrieb:

> IMHO praktisch nein. Musik ist
> Semantik-frei. Mit ganz genau
> demselben MuskiStück kann man sehr
> viele verschiedene Inhalte
> assoziieren.

Aber nicht mit allen.
Schagzeug kann man weit eher mit einem
Maschinenegewehr asoziieren,
als etwa eine Klarinette.

Ausserdem wirkt Musik u.a.durch ihr Zeitverhalten
auf Gefuehle.

Hermann

Thorsten Reimann

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
Hallo Anika.

Leider kann auch ich Dir keine fundierte Antwort geben.
Aber falls Du Dich wirklich mit dieser komplizierten Materie
auseinandersetzen willst, ein kleiner Check meinerseits spuckte
folgende Bücher aus, die vielleicht interessant seien könnten:

Author: Rawlings, David Ciancarelli, Vera
Title: Music preference and the five-factor model of the NEO
Personality Inventory
Source: Psychology of music vol. 25, no. 2, 1997 p. 120-132. ISSN:
0305-7356.
Abstract: Student subjects completed an updated version of Litle and
Zuckerman's Music Preference Scale, a questionnaire measuring musical
preference. They also completed the NEO Personality Inventory
(revised). Factor analysis identified three patterns of preference
associated with liking for most types of rock music, general breadth
of musical preference, and liking for popular music (such as easy
listening). The three factors were employed as dependent variables in
canonical correlations to examine relationships with personality. As
predicted, most relationships with music preference involved the
personality measure extroversion and openness. Extroverts obtained
high scores in the popular music factor. Open individuals liked a wide
range of music types. Females liked popular music styles more than
males. Particular personality facets were examined, as were the
effects of musical training and interest.(journal)


Author: Shashi, Bala
Title: A study into relationship of musical preference with
personality traits of the individual
Source: PhD diss., Kurukshetra U.,
(kein Abstract)


Author: Gembris, Heiner
Title: Situationsbezogene Praferenzen und erwunschte Wirkungen von
Musik
Source: Musikpsychologie: Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft fur
Musikpsychologie vol. 7, 1990 p. 73-95. ISSN: 0177-350X.
Abstract: Describes a pilot study in which four emotionally distinct
situations were described to 46 subjects. Data on subjects'
preferences and personality variables were gained from written
responses to questionnaires. Results suggest that preferences are not
stable, but vary with the emotional quality of the situation.
Different patterns of preferences within a given situation are related
to different functions of music; there may be complex patterns of
correlations between personality variables and musical preferences in
different situations.(author)


Author: Schulten, Marie Luise
Title: Musikpraferenz und Musikpadagogik: Ein Beitrag zur
musikpadagogischen Grundlagenforschung
Source: Habilitationsschrift, U. Koln, 1988.
Abstract: The relevance of Musikpraferenz, as opposed to
Musikgeschmack and Vorliebe, for music education and music psychology
is described. Previous theories relating to musical preference are
considered and the author's Musikpraferenz-Relations-Theorie, which
takes into account specific connections between the individual and
musical preference, is elaborated. Empirical investigations reveal
qualitative differences in the meaning of preferences held by upwardly
mobile individuals and by those not upwardly mobile, by persons coming
from so-called musical families as opposed to those from unmusical
families, etc.; no such differences are found, however, in connection
with personality characteristics.(author)


Author: MEISSNER, Roland
Title: Personlichkeitsstruktur als variable der Motivation.
Source: In: Motivationsforschung in der Musikpadagogik. 70-82. In
German; summary in English.
Abstract: In an experiment with high school students and students of
music, the influence of the personality trait of 'extroversion' (FPI
scale) on the judgment of music was tested. Such an influence was
found only as a reaction to information that contained prejudgments:
introverts are more independent in their aesthetic judgment, whereas
extroverts adapt their estimate to the judgments of the critics.
Liking contemporary music and taking an interest in it are, however,
less dependent on a person's extroversion or neuroticism scores than
on musical knowledge.


Author: MEISSNER, Roland
Title: Zur Variabilitat musikalischer Urteile. Eine
experimental-psychologische Untersuchung zum Einfluss der Faktoren
Vorbildung, Information und Personlichkeit.
Source: Series: Beitrage zur systematische Musikwissenschaft Vol. 4,
(Hamburg: Wagner, 1979) 395 p. In German.
Abstract: Examines the extent to which preliminary judgment, premature
judgment, and prejudice arising from outlook can influence musical
judgment. The subjects were 80 pupils in the upper level of Gymnasium
and 88 university students of musicology or music education. The
examples played for subjects included string quartets by Haydn and
Boccherini and five contemporary works (by Henze, Lutoslawski, Ligeti,
Boulez, and B.A. Zimmermann). The study found that the influence of
personality on judgment is not as great as that of preliminary
training or prior information. (Gunther Wagner)


Author: WHEELER, Barbara
Title: Relationship of personal characteristics to mood and enjoyment
after hearing live and recorded music and to musical taste.
Source: Psychology of Music, Great Britain Vol. XIII/2 (1985) 81-92.
Bibliography.
Abstract: Investigates the influence of mood, personality,
characteristics, musical taste, musical training, college major,
gender, and age, plus hearing music live or recorded, on listeners'
moods after hearing music and on their enjoyment of the music. It also
looked at the influence of the above listener characteristics on
musical taste. Subjects were 101 undergraduate students, and the
Personality Research Form served as the personality measure. Students
took the personality test, answered a question describing their moods,
heard either a live or a recorded musical performance, again described
their moods, and answered other questions about themselves and their
responses to the music. Mood following the music was found to be
predicted by mood prior to the music, enjoyment of the music, the
Change scale of the PRF, and negatively by the Understanding scale.
(Author)


Author: NEVILLE, Jeremy
Title: Pop music, preference, and personality.
Source: British journal of music education, UK Vol. II/2 (July 1985)
145-52.
Abstract: An attempt to clarify thinking about the musical preferences
of 14-year-old children, using the hypothesis that musical preference
relates to the personality types of extroversion and introversion, as
defined by Sybil Eysenck. Results did not confirm the hypothesis.


Author: MAYR, Johannes PURMAYR, Helene
Title: Einige Zusammenhange zwischen Personlichkeitsstruktur und
Musikpraferenz bei Schulern.
Source: Musikerziehung, Austria Vol. XXXVIII/3 (February 1985) 106-10.
Bibliography. In German.
Abstract: Investigation shows intelligence and strength of the
superego to be important characteristic features for the judgment of
music. This is demonstrated by the varying behavior patterns of pop
music fans, classical music lovers, and jazz fans. (Eva Adensamer)


Author: BEHNE, Klaus-Ernst
Title: Die Benutzung von Musik.
Source: Musikpsychologie Vol. III (1986) 11-31. Illustration, charts,
tables. m In German; summary in English.
Abstract: Subjects (391 students, ages 13 to 16) were asked to imagine
a highly emotional situation (such as joy, contentment, anger, grief)
and to state on a semantic differential what kind of music they would
wish to listen to in such a situation. A cluster analysis revealed
extreme differences in their musical choices, especially in the
negative situations (anger and grief). It is concluded that studies on
the relations between personality and music preferences have been so
far rather unsuccssful because the great number of possibilities in
using music to influence an emotional state have not been adequately
considered.


HTH,
Thorsten

Herwig Huener & Josella Simone Playton

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
2000-11-06 22:44:22 MEZ

Hermann Riemann wrote:

> ...

> Aber nicht mit allen.
> Schagzeug kann man weit eher mit einem
> Maschinenegewehr asoziieren,
> als etwa eine Klarinette.

SchlagZeug kann man aber auch direkt offensiv
einsetzen. Aber ist das ein Thema für eine
Philosophie-NG?

Herwig

--
Herwig Huener webmaster!@!Josella-Simone-Playton.de +49
Josella Simone josella!@!Josella-Simone-Playton.de 8095
Playton http://www.Josella-Simone-Playton.de 2230
GruberStrasse 10 A / D-85655 GrossHelfenDorf / Bayern / EU

Herwig Huener & Josella Simone Playton

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
2000-11-06 22:48:00 MEZ

Hermann Riemann wrote:
>
> ...

BTW: Deine RechnerUhr tickt falsch.

Martin Blumentritt

unread,
Nov 6, 2000, 3:00:00 AM11/6/00
to
Es begab sich am 05.11.00, als der/die ehrenwerte winkl2
(win...@gmx.net) um 20:26 in /DE/SCI/PHILOSOPHIE
zum Thema "Musik und Charakter" eine Mail gebar:

> ich habe mal eine allgemeinere Frage:
> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?

Was fuer eine Musik man hoert, so ein Mensch ist man, laesst sich
durchaus als Grundsatz annehmen. Hierbei ist zwischen Kunstmusik und
den kulturindustriellen Artefakten allerdings zu unterscheiden. Das
Gedudel und Gestampfe, das heute meist aus den Distributionen quillt, ist
mit Gewissheit nicht Kunst, sondern Perpetuierung des industriellen
Produktionsprozesses in der Freizeit. Diese Produkte sind
manipulativen Charakters und lassen auf die Menschen wenig
Rueckschluesse zu. Allenfalls kann man dann bestimmte Subkulturen, die
sich mit bestimmter Musik identifizieren, genauer untersuchen.

Interessant fuer das Thema sind Adornos Typen musikalischen
Verhaltens, in der Einleitung zur Musiksoziologie. Vom gaenzlich
bewusstem Hoeren des Typus des Experten, ueber den guten Zuhoerer, dem
Bildungshoerer, emotionalen Hoerers und Ressentimenthoerer (der die
Musik nur hoert, weil es sich so gehoert) findet sich so Einiges.

Die "Fans" sind allerdings wohl mehr subkulturelle emotionale Hoerer
und durch Identifikationsmuster gekennzeichnet, manipulative
Charaktere.

mfg Martin Blumentritt

Homepage: <http://www.comlink.de/cl-hh/m.blumentritt>

"Jude sein heisst, sich staendig der 'Endloesung als einer Wirklichkeit
von gestern und einer Moeglichkeit von morgen bewusst zu sein."(Jean
Améry)
___
_Kein Volk * Kein Fuehrer * Kein Vaterland * Logout Fascism_


"Was mich angeht, so besteht meine Vorgehensweise schlicht darin, dass ich
Argumente poste. Nichts anderes."(Anonymus coppe...@compuserve.de macht
sich laecherlich)

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to
Hallo CAiRO,

> aber soweit ich weiß, gibt es bestimmte tonfolgen und kläge oder
> melodien, die sich für den menschen angenehm oder gut anhören.

Das ist ein schwieriger Punkt, der wohl seit Jahrhunderten diskutiert wird
(im Usenet z. B. mit schöner Regelmäßigkeit in de.rec.music.klassik), denn:
Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters ... und im Ohr. Was nach meinem
akustischen Empfinden "schön" ist, kann für einen anderen fürchterlich sein
und umgekehrt. Diese ästhetische Fragestellung ist eine Frage des
Geschmacks, damit läßt sich nur schlecht verallgemeinern.

> natürlich kann man das nicht so pauschalisieren, letztendlich sind wir ja
> menschen und sollten unsere emotionen und neigungen einigermaßen
> kontrollieren können. so gibt es dann auch leute, die ernsthaft behauptet,
> daß sie hiphop oder rap musik toll finden. imho bilden die sich das ein.

Aha. Und wieso bilde ich mir das ein? Wäre dankbar für Aufklärung ;-)

Ciao.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to
Hallo Du (den Namen weiß ich nicht ;-)

Nur ganz kurz:

> Grundsätzlich sind Musikrichtungen Ausdruck gesellschaftlicher
> Zugehörigkeiten.

Aber nur ganz grundsätzlich.

[Snip]

> Hier sind die guten alten gesellschaftlichen Zwänge am Werk, wobei wir
> beim Determinismus wären.

Wobei sich das meiner Ansicht nach nur für den Bereich der Pop(ulären) Musik
(als musikalischer Ausdruck gesellschaftlicher Strömungen) sagen läßt.
Ansonsten kommt man damit nicht recht weit.

Beste Grüße, Andreas.


Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to
Nichts für ungut, Martin,

aber so kommt man *heute* in punkto Kunst nicht weiter ... diese enge
Definition von Kunst haben nicht zuletzt Künstler wie etwa der Komponist
Schönberg (um die Kurve zu Adorno zu bekommen) aufs Brutalste ad acta gelegt
... von Beuys, Duchamp oder Cage möchte ich gar nicht erst anfangen.
Wer noch immer, selbst knapp 100 Jahre nach dem Ende der romantischen Ära,
bei Musik, Literatur und was auch immer ein Hoch und Tief aufbaut, auf der
einen Seite heilig spricht, auf der anderen Seite verdammt ("Gedudel und
Gestampfe"), wird auf viele Phänomene unserer Zeit keine Antworten finden,
sondern immer nur beliebte Schubladen bedienen.

Besten Gruß, Andreas.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to
Hallo Anika,

dieser Rückschluß ist meiner Ansicht nach nicht möglich bzw. ich weiß von
ganz vielen, mich eingeschlossen, die aufgrund eines weitgefächerten
Musikgeschmacks (denn Geschmack ist es, der einen eine bestimmte Musik
wählen läßt, nicht Charakter) geradezu multiple Charaktere aufweisen müßten.
So fühle ich mich z. B. musikalisch im Barock genauso wohl wie in der
musikalischen Avantgarde unserer Zeit, höre sehr gerne und sehr viel
Rap-Musik oder auch unterhaltende Musicals usw. usf. Was für einer bin ich
nun? Bin ich stark religiös (Musik Bachs), ein Romantiker
(Schubert-Vorliebe), ein Nihilist (Mahler-Fan), ein Verrückter (Anhänger von
John Cage), aggressiv und gefährlich (Rap-Musik extremer Provinienz),
harmonisch (Mozart-Hörer) oder wie oder was oder vielleicht auch alles
zusammen?
Und ich wähle die Musik, die ich im Moment hören möchte, ja nicht einmal
nach der momentanen Gefühlslage, sondern ganz bewußt.

Nein, da ist in der Tat kein Zusammenhang zwischen Musik und Charakter
feststellbar. Denn Musik sagt etwas über den Geschmack des Menschen aus, und
der wird aufgrund vielfältigster Kriterien im Laufe des Lebens gebildet und
zumal immer wieder neu gebildet.

Grüße, Andreas.

Klaus Viertel

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8u8rna$16m9j$1...@ID-59725.news.dfncis.de...

> Hallo CAiRO,
>
> > aber soweit ich weiß, gibt es bestimmte tonfolgen und kläge oder
> > melodien, die sich für den menschen angenehm oder gut anhören.
>
> Das ist ein schwieriger Punkt, der wohl seit Jahrhunderten diskutiert wird
> (im Usenet z. B. mit schöner Regelmäßigkeit in de.rec.music.klassik),
denn:
> Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters ... und im Ohr. Was nach
meinem
> akustischen Empfinden "schön" ist, kann für einen anderen fürchterlich
sein
> und umgekehrt. Diese ästhetische Fragestellung ist eine Frage des
> Geschmacks, damit läßt sich nur schlecht verallgemeinern.

Ästhetik liegt eben nicht im Auge des Betrachters. Wir hatten vor einiger
hier einen Thread zum Thema optische Ästhetik, in dem sich rausstellte, daß
das ästhetische Empfinden eben nicht subjektiv ist. Jeder Mann findet, auch
wenn er vielleicht andere Favoriten hat, Claudia Schiffer schön. Was für die
Optik also gilt, läßt sich auch auf die Akustik bzw. Musik übertragen (z.B.
reine Intervalle).

Klaus Viertel

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to

CAiRO <dev....@gmx.net> schrieb in im Newsbeitrag:
8u4lt9$d8n$06$1...@news.t-online.com...
[...]

>
> so gibt es dann auch leute, die ernsthaft behauptet, daß sie hiphop oder
rap musik toll finden. imho bilden die sich das ein.
>
[...]

Ich glaube nicht, daß sie es sich einbilden. Solche Leute haben einfach ein
degeneriertes Musikverständis.

Gruß,
Klaus Viertel

Daniel Wintermute

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to

BUND Neubrandenburg <BUN...@GRYPS.comlink.apc.org> schrieb in im
Newsbeitrag: 7pLrC...@gryps-66.gryps.comlink.apc.org...
> Hallo!

>
> Grundsätzlich sind Musikrichtungen Ausdruck gesellschaftlicher
> Zugehörigkeiten. Sehen wir uns doch einmal die guten alten Musiksender an,
> bei denen Musik Programm ist.
> Bei Viva 2 werden prinzipiell alle Musikrichtungen "gedisst" (ich bediene
> mich der Umgangssprache), die bei Viva auf und ab gespielt werden.
> Angenommen (ich würde das ja nieeee behaupten :-)), es gäbe eine Kombo auf
> Viva, die Musik macht, die 80% der Viva 2 Zuschauer gut finden. Wie viele
> trauen sich dann, diese zu hören, wenn Charlotte Roche darüber herzieht?
>
> Wie viele Hardrocker trauen sich vor ihren Freunden zuzugeben, daß sie
> Phil Collins gut finden?
> Hier sind die guten alten gesellschaftlichen Zwänge am Werk, wobei wir
> beim Determinismus wären.
>

Das sind doch alles Vorurteile! Wer bitte nimmt die Medienzombies der achso
tollen Musiksender schon ernst? Jede(r) intelligente 16 jährige(r) hat
begriffen, was das in aller Regel für arme profillose Marionetten sind. Ich
kenne durchaus CD-Regale in denen irgendwo neben Deathmetal auch Vivaldi
steht oder neben Hardcore Björk oder Enigma. Und es gibt auch intelligente
Menschen, die kein Problem damit haben Schlager zu hören, auch wenn sie
wissen, daß sie Hohn und Spott ernten werden. Da steht man drüber, oder man
tut mir leid. Und wenn der Bekanntenkreis ausschließlich die gleiche Musik
hört wie man selbst sollte man auch darüber Nachdenken woher dieser
Konformismus kommt. Ich kenne niemanden der meinen Musikgeschmack zu über
60% teilt und das liegt _nicht_ daran, daß ich bewußt außergewöhnliche Musik
höre. Jeder Mensch ist halt anders und hat auch einen anderen Geschmack, gut
so. Würde sonst fürchterlich langweilig werden.


> Andererseits fände ich die Frage interessant:
> Wie beeinflußt die Musik das Verhalten / den Charakter?
> Aber an dieser Stelle wird es psychologisch.
> Solltest Du die Frage mal an eine Psycho-NG stellen, wäre ich gespannt
> über das Ergebnis.
>

Bewußter Musikkonsum ist sicherlich ausdruck des Charakters (wie Kleidug,
das Auto, welches man fährt etc.), aber das heißt nicht, daß man sich
gefahrlos dem Klischedenken in den Rachen werfen darf.

Daniel Wintermute

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to

>
> Ästhetik liegt eben nicht im Auge des Betrachters. Wir hatten vor einiger
> hier einen Thread zum Thema optische Ästhetik, in dem sich rausstellte,
daß
> das ästhetische Empfinden eben nicht subjektiv ist. Jeder Mann findet,
auch
> wenn er vielleicht andere Favoriten hat, Claudia Schiffer schön. Was für
die
> Optik also gilt, läßt sich auch auf die Akustik bzw. Musik übertragen
(z.B.
> reine Intervalle).
>
Und wenn ich Dir jetzt sage, daß cih Claudia zwar Hübsch, aber totlangweilig
daher nicht schön/attraktiv finde?

Natürlich sind symmetrien/harmonien ästhetisch. Aber nicht alles was
ästhetisch ist finde ich auch "schön". Das gilt auch für Musik. Es gibt
disharmonien, die ein bewegen und die man "schön" findet, und es gibt
ästhetische Harmonien, welche einem nicht zusagen. Und ja _das_ ist
Geschmack!

Daniel Wintermute

unread,
Nov 7, 2000, 3:00:00 AM11/7/00
to

Klaus Viertel <4t...@freenet.de> schrieb in im Newsbeitrag:
8u90rj$1654b$1...@ID-11361.news.dfncis.de...
Defininiere Musik! Nein ich kann Hip Hop in aller Reglel auch nicht austehen
*g*... Das hat aber mit (_meinem_) Geschmack zu tuen.
Natürlich wird man bei Hip Hop aufwendige Melodien/Harmonien Variationen
etc. _nicht_ finden und es ist ziemlich einfach aufgebaut und würde wohl
einem Bach nur ein sehr müdes verächtliches Lachen entlocken, aber es
gefällt vielen Menschen trotzdem. Hip Hop drückt eben auch ein Lebensgefühl
aus und arbeitet mit anderen Mitteln als z. B. klassische Musik. Und
Sprechgesang _kann_ sehr wohl künstlerisch und ästhetisch sehr wertvoll sein
(und alles andere als Trivial). Kommt allerings imho selten vor ;)

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to
Hallo Klaus!

> Ästhetik liegt eben nicht im Auge des Betrachters.

Die Ästhethik nicht, denn die beschäftigt sich ja gerade mit den Fragen der
Wahrnehmung.
Aber ob ich etwas schön finde oder nicht, hängt ganz von mir ab und läßt
sich nicht verallgemeinern.
Auf einen Großteil der Menschen, die keine Erfahrung mit moderner Kunst
haben, wird Piccasos "Guernica" scheußlich wirken. Ich finde es sehr schön -
weil für mich "schön" in diesem Zusammenhang nicht "harmonisch" bedeutet,
sondern "wahrhaft". Und so ließe sich Beispiel an Beispiel reihen.

Und BTW kenne ich kaum eine langweiligere Frau unter den sogenannten
Beauties des Laufstegs als "uns Clodia". Schönheit definierst Du auch hier
über "Harmonie / Ebenmaß" oder dergleichen mehr. Das mag ein Teilaspekt
sein - aber auch nicht für jeden.

> Was für die Optik also gilt, läßt sich auch auf die Akustik bzw.
> Musik übertragen (z.B. reine Intervalle).

Auch das ist nicht richtig, zumal zwischen einer akustisch wahrnehmbaren
Kunst und einer optisch erfaßbaren ein extremer Unterschied besteht: der
Faktor Zeit.

Grüße.

--
Die Kunst beginnt dort, wo ich eine Zigarette
anzünde.
[Marcel Duchamp (1887-1968), französischer Künstler]
____________________________________________________
Andreas Heck - http://www.neue-musik.de (demnächst neu!)


Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to
Hallo Klaus, auch hier kann ich nur widersprechen - allein schon deshalb,
weil es aufgrund der Pauschalität ja nur falsch sein kann.

> > so gibt es dann auch leute, die ernsthaft behauptet, daß sie hiphop oder
> rap musik toll finden. imho bilden die sich das ein.
> >
> [...]
>
> Ich glaube nicht, daß sie es sich einbilden. Solche Leute haben einfach
ein
> degeneriertes Musikverständis.

Na besten Dank auch, jetzt habe ich einen neuen Hinweis für meinen
Therapeuten.
Degeneriert im Bezug auf was? Kleinhirn, Bewegungsapparat, Sprachfähigkeit?
Und wie kann ein Verständnis einer bestimmten Kunst-/Musikrichtung
degeneriert sein?
Da die Degeneration sich auf eine Minderung gegenüber dem "Normalen" bezieht
... was an Musikverständnis ist normal? Ist es normal, wenn man Dreiklänge
"toll findet", degeneriert aber wenn man auch oder statt dessen
Clusterklänge schätzt?
Ist es normal, bei der Dauerberieselung durch "O sole mio" und anderer
Schmacht(pseudo)arien wegzuschmelzen und auf dem grünen Hügel in Bayreuth
dem Herrn Ministerpräsidenten die Hand zu schütteln, während man sich der
Degeneration des Verständnisses verdächtig macht, wenn man Musik schätzt,
die gegen die Hörerwartung anklingt?

Wie wenig ein Urteil wie "Mozart ist schön" auch nur irgend etwas trifft,
kommt man auch mit solch seltsamen Verallgemeinerungen weiter. Zuerst wäre
zu klären, was *Du* unter Rap-Musik verstehst und was dem gegenüber von
nicht degeneriertem Musikverständnis zeugt.

Aber das läuft natürlich auf die altbewährte "U-Musik / E-Musik"-Diskussion
hinaus und die ist so unnötig wie ein Kropf, deshalb ende ich hier.

Gruß.

Klaus Viertel

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8ub8q5$1bm1v$1...@ID-59725.news.dfncis.de...

> Hallo Klaus!
>
> > Ästhetik liegt eben nicht im Auge des Betrachters.
>
> Die Ästhethik nicht, denn die beschäftigt sich ja gerade mit den Fragen
der
> Wahrnehmung.
> Aber ob ich etwas schön finde oder nicht, hängt ganz von mir ab und läßt
> sich nicht verallgemeinern.
> Auf einen Großteil der Menschen, die keine Erfahrung mit moderner Kunst
> haben, wird Piccasos "Guernica" scheußlich wirken. Ich finde es sehr
schön -
> weil für mich "schön" in diesem Zusammenhang nicht "harmonisch" bedeutet,
> sondern "wahrhaft". Und so ließe sich Beispiel an Beispiel reihen.

Du sprichst von der geistigen Schönheit, aber darum geht es nicht.

>
> Und BTW kenne ich kaum eine langweiligere Frau unter den sogenannten
> Beauties des Laufstegs als "uns Clodia". Schönheit definierst Du auch hier
> über "Harmonie / Ebenmaß" oder dergleichen mehr. Das mag ein Teilaspekt
> sein - aber auch nicht für jeden.
>
> > Was für die Optik also gilt, läßt sich auch auf die Akustik bzw.
> > Musik übertragen (z.B. reine Intervalle).
>
> Auch das ist nicht richtig, zumal zwischen einer akustisch wahrnehmbaren
> Kunst und einer optisch erfaßbaren ein extremer Unterschied besteht: der
> Faktor Zeit.

Beides ist wahrnehmbar. Zeit spielt hier keine Rolle.

>
> Grüße.

Klaus Viertel

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to

Daniel Wintermute <wm...@hotmail.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8u9t9d$54$1...@nets3.rz.RWTH-Aachen.DE...

>
> Klaus Viertel <4t...@freenet.de> schrieb in im Newsbeitrag:
> 8u90rj$1654b$1...@ID-11361.news.dfncis.de...
> >
> > CAiRO <dev....@gmx.net> schrieb in im Newsbeitrag:
> > 8u4lt9$d8n$06$1...@news.t-online.com...
> > [...]
> > >
> > > so gibt es dann auch leute, die ernsthaft behauptet, daß sie hiphop
oder
> > rap musik toll finden. imho bilden die sich das ein.
> > >
> > [...]
> >
> > Ich glaube nicht, daß sie es sich einbilden. Solche Leute haben einfach
> ein
> > degeneriertes Musikverständis.
> >
> Defininiere Musik!

Eine brauchbare Definition zuliefern ist nicht ganz einfach.

Nein ich kann Hip Hop in aller Reglel auch nicht austehen
> *g*... Das hat aber mit (_meinem_) Geschmack zu tuen.

Musik ist nur in begrenzter Weise eine Geschmacksfrage ! Wenn jemand lieber
Brahms statt Beethoven hört, dann ist das eine Sache des Geschmacks. Dagegen
Techno statt Mozart nicht mehr wirklich.

> Natürlich wird man bei Hip Hop aufwendige Melodien/Harmonien Variationen
> etc. _nicht_ finden und es ist ziemlich einfach aufgebaut und würde wohl
> einem Bach nur ein sehr müdes verächtliches Lachen entlocken, aber es
> gefällt vielen Menschen trotzdem.

Na und ?! Nur weil es vielleicht vielen Leute gefällt, muss das noch nichts
heißen !


Hip Hop drückt eben auch ein Lebensgefühl
> aus und arbeitet mit anderen Mitteln als z. B. klassische Musik. Und
> Sprechgesang _kann_ sehr wohl künstlerisch und ästhetisch sehr wertvoll
sein
> (und alles andere als Trivial). Kommt allerings imho selten vor ;)

Künstlerisch ? Das stumpfsinnige Gelaber einiger Halbstarker unterlegt mit
hin und wieder auftretenden willkürlichen Klängen und einem urwaldartigen
Bassgehämmer soll kunstvoll, geschweige denn ästhetisch sein ?!?

>
>
>
>

Daniel Wintermute

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to
Hallo!

>Das sind doch alles Vorurteile! Wer bitte nimmt die Medienzombies der
>achso tollen Musiksender schon ernst? Jede(r) intelligente 16 jährige(r)
>hat begriffen, was das in aller Regel für arme profillose Marionetten

>sind. Ichkenne durchaus CD-Regale in denen irgendwo neben Deathmetal auch

>Vivaldi steht oder neben Hardcore Björk oder Enigma. Und es gibt auch
>intelligente Menschen, die kein Problem damit haben Schlager zu hören,
>auch wenn sie wissen, daß sie Hohn und Spott ernten werden. Da steht man
>drüber, oder man tut mir leid. Und wenn der Bekanntenkreis ausschließlich
>die gleiche Musik hört wie man selbst sollte man auch darüber Nachdenken
>woher dieser Konformismus kommt. Ich kenne niemanden der meinen
>Musikgeschmack zu über 60% teilt und das liegt _nicht_ daran, daß ich
>bewußt außergewöhnliche Musik höre. Jeder Mensch ist halt anders und hat
>auch einen anderen Geschmack, gut so. Würde sonst fürchterlich langweilig
>werden.

Ich habe da so meine Bedenken...
Einerseits mache ich schon seit geraumer Zeit Kinder- und Jugendarbeit.
Auf Kinderferiencamps kriegt man schon eine Menge mit.
Wenn dann Vengaboys auf und abgedudelt werden und derjenige, der die
Charts nicht auswendig kennt, als "uncool" bezeichnet wird, dann macht man
sich da schon Gedanken. Sicherlich sind 10-Jährige noch keine ausgereiften
Persönlichkeiten, aber da werden die Grundlagen gelegt. Hier ist der erste
Einfluß Richtung Gruppenzwang.
Ich kenne nebenbei auch ältere, habe schon die eine oder andere Gruppe
Jugendlicher im In- und Ausland betreut. Auch hier habe ich einige
Erfahrungen gesammelt bezüglich Gruppenzwängen - auch beim Musikgeschmack.
Entweder habe ich also nur dumme 16-Jährige betreut, oder Du unterschätzt
die Wirkung von Zwängen. Nebenbei sind vielen Menschen zwischen 6 und 36
Musiksender schon wichtig. Ob sie nun bewußt ihre Meinung beeinflussen
lassen (Wenn der das sagt, muß es ja stimmen), oder ob sie unterbewußt
"indoktriniert" werden, ist dabei nicht relevant. Das Fernsehen ist
unumstritten ein "Meinungsmacher".

Dann habe ich andererseits auch persönliche Erfahrungen gemacht. Nehmen
wir meinen Freundeskreis. In diesem kann man einen bestimmten Durchschnitt
bilden. Zusammengenommen hören alle von x bis y, aber kein z oder g.
Daher kann es sein, daß ich etwas aus z bzw. g mögen KÖNNTE, aber ich
komme nie damit in Berührung, da es vielleicht lokaler Underground ist.
Sowas ist mir schon mehrmals passiert und daher stellt sich mir die Frage,
ob es mir nicht noch öfter passieren kann, bzw. ob es nicht auch genügend
gute Bands gibt, die ich alle nicht kenne. Ging es Dir nie so?
Ein weiterer Umstand, unter dem Du Deine Musik nicht frei wählen kannst.

Ich habe ja auch nicht behauptet, daß die Mitglieder einer Gruppe stets
auf eine Musikrichtung fixiert sein müssen. Nur werden bestimmte
Richtungen von einer Gruppe ausgeschlossen. Ich kenne da einen sehr engen
Freundeskreis, der die Charts rauf und runter hört. Dabei konzentrieren
sich die Mitglieder stark auf Platzierungen und modifizieren ihre Wertung
dann an persönlichen Eindrücken. So haben sie eine Vorliebe für technoide,
tanzbare Musik.
Ein nachdenkliches Lied, sei es auch noch so gut, findet bei ihnen keine
Beachtung, vor allem wenn es nicht in den Singlecharts ist.
Aber können 10-12 Personen können doch keinen so gleichen Musikgeschmack
haben (wie Du selbst meintest). Da müssen, meiner Meinung nach,
Gruppenzwänge im Spiel sein.

Man kann bestimmte Bands ja auch aus ideologischen Gründen ablehnen. Eine
Band, die Benefizkonzerte für Neonazis gibt, käme mir aus Prinzip nicht in
meinen Plattenschrank. Da bin ich intollerant, tut mir leid.

Den Musikgeschmack eines Menschen muß man meiner Meinung nach unter den
gesellschaftlichen und sonstigen Bedingungen betrachten und dann erst auf
tatsächliche, individuelle Vorlieben schließen. Ob man dann von diesen
Vorlieben auf den Charakter schließen läßt, weiß ich nicht.

>Bewußter Musikkonsum ist sicherlich ausdruck des Charakters (wie Kleidug,
>das Auto, welches man fährt etc.), aber das heißt nicht, daß man sich
>gefahrlos dem Klischedenken in den Rachen werfen darf.

So ähnlich meinte ich das auch. Nur weil jemand x hört, heißt das noch nicht,
daß er dem atheistischen Existenzialismus erlegen ist. Nur weil jemand ein
Fan von André Rieu ist, schlägt er noch lange nicht seine Frau :-)

Will man da Untersuchungen machen, muß man da natürlich sachlich und
wissenschaftlich vorgehen und nicht versuchen, Klischees zu bestätigen.

In diesem Sinne
Tschöne Grüße
Sascha

Daniel Wintermute

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to

> Ich habe da so meine Bedenken...
> Einerseits mache ich schon seit geraumer Zeit Kinder- und Jugendarbeit.
> Auf Kinderferiencamps kriegt man schon eine Menge mit.
> Wenn dann Vengaboys auf und abgedudelt werden und derjenige, der die
> Charts nicht auswendig kennt, als "uncool" bezeichnet wird, dann macht man
> sich da schon Gedanken. Sicherlich sind 10-Jährige noch keine ausgereiften
> Persönlichkeiten, aber da werden die Grundlagen gelegt. Hier ist der erste
> Einfluß Richtung Gruppenzwang.

Der Mensch ist ein Herdentier. Die Funktion des Leittieres Übernehmen heute
sicherlich zu einem Großteil die Medien in Form von Schauspielern/Musikern
oder Moderatoren. Um sich diesem Mechanismus zu widersetzen, muss man ihn
erstmal erkennen. Aber noch wichtiger ist, dass man sich überhaupt auserhalb
dieses Systems stellen _will_. Beides ist bei 10 jährigen normalerweise
nicht gegeben.


> Ich kenne nebenbei auch ältere, habe schon die eine oder andere Gruppe
> Jugendlicher im In- und Ausland betreut. Auch hier habe ich einige
> Erfahrungen gesammelt bezüglich Gruppenzwängen - auch beim Musikgeschmack.
> Entweder habe ich also nur dumme 16-Jährige betreut, oder Du unterschätzt
> die Wirkung von Zwängen. Nebenbei sind vielen Menschen zwischen 6 und 36
> Musiksender schon wichtig. Ob sie nun bewußt ihre Meinung beeinflussen
> lassen (Wenn der das sagt, muß es ja stimmen), oder ob sie unterbewußt
> "indoktriniert" werden, ist dabei nicht relevant. Das Fernsehen ist
> unumstritten ein "Meinungsmacher".
>

Sicherlich. Aber man sollte den Einfluß nicht überschätzen. Das Fernsehen
beeinflußt in aller Regel nur eine Zielgruppe. Der 16 jährige aus dem
"Ghetto" und der gehobene Gymnasiast gehören wohl beide eher nicht dazu.
Dementsprechend gering ist der Einfluß auf diese Personengruppen.
Wer natürlich 6 Stunden pro Tag vor der Kiste sitzt kann sich einer
Beeinflußung nicht entziehen.
Beeinflußt wird natürlich jeder irgendwie.

> Dann habe ich andererseits auch persönliche Erfahrungen gemacht. Nehmen
> wir meinen Freundeskreis. In diesem kann man einen bestimmten Durchschnitt
> bilden. Zusammengenommen hören alle von x bis y, aber kein z oder g.
> Daher kann es sein, daß ich etwas aus z bzw. g mögen KÖNNTE, aber ich
> komme nie damit in Berührung, da es vielleicht lokaler Underground ist.
> Sowas ist mir schon mehrmals passiert und daher stellt sich mir die Frage,
> ob es mir nicht noch öfter passieren kann, bzw. ob es nicht auch genügend
> gute Bands gibt, die ich alle nicht kenne. Ging es Dir nie so?
> Ein weiterer Umstand, unter dem Du Deine Musik nicht frei wählen kannst.
>

Natürlich "verpaßt" man gute Musik. Das läßt sich nicht vermeiden. Genauso
verpaßt man gute Literatur, weil das Manuskript vielleicht vor 2000 Jahren
verbrannt ist, oder weil der Autor keinen Verlag gefunden hat. Das läßt sich
nicht vermeiden. Man "verpaßt" auch jede Menge unglaublich sympatische
Menschen, weil die zufällig auf der anderen Seite der Erde leben, und man
ihnen nie begegnen wird.
Aber man kann seine Augen und Ohren offen halten und sich nicht abhängig von
den Medien machen. Es gibt tausende von Club mit DJs, die fast alle ihre
eigenen Hits haben, und man kann sicherlich ein ganzes Leben allein mit der
Suche nach "guter" dem eigenen Geschmack entsprechender Musik verbringen.

> Ich habe ja auch nicht behauptet, daß die Mitglieder einer Gruppe stets
> auf eine Musikrichtung fixiert sein müssen. Nur werden bestimmte
> Richtungen von einer Gruppe ausgeschlossen. Ich kenne da einen sehr engen
> Freundeskreis, der die Charts rauf und runter hört. Dabei konzentrieren
> sich die Mitglieder stark auf Platzierungen und modifizieren ihre Wertung
> dann an persönlichen Eindrücken. So haben sie eine Vorliebe für technoide,
> tanzbare Musik.
> Ein nachdenkliches Lied, sei es auch noch so gut, findet bei ihnen keine
> Beachtung, vor allem wenn es nicht in den Singlecharts ist.
> Aber können 10-12 Personen können doch keinen so gleichen Musikgeschmack
> haben (wie Du selbst meintest). Da müssen, meiner Meinung nach,
> Gruppenzwänge im Spiel sein.
>

Sicher! Aber es gibt durchaus auch "außergewöhnliche" Lieder, die wirklich
den aktuellen Geschmack der Masse nahezu perfekt treffen oder so
außergewöhnlich sind, dass sie auch in 20 Jahren noch gehört werden. Aber am
meisten Einfluß hat sicherlich Marketing Einfluß auf die Charts. Traurig
aber wahr. Allerdings: Wer kauft Singles (Single-charts)? In aller Regel
Menschen, die nicht allzuviel von Musik verstehen (eventuell auch Finanziell
schwächere), sonst würden sie Alben kaufen. Ich denke mal die meisten Käufer
von Singles sind unter 18. Gibt es da genau Statistiken, die das hoffentlich
bestätigen?

> Man kann bestimmte Bands ja auch aus ideologischen Gründen ablehnen. Eine
> Band, die Benefizkonzerte für Neonazis gibt, käme mir aus Prinzip nicht in
> meinen Plattenschrank. Da bin ich intollerant, tut mir leid.
>

Klar.

> Den Musikgeschmack eines Menschen muß man meiner Meinung nach unter den
> gesellschaftlichen und sonstigen Bedingungen betrachten und dann erst auf
> tatsächliche, individuelle Vorlieben schließen. Ob man dann von diesen
> Vorlieben auf den Charakter schließen läßt, weiß ich nicht.
>

Also ich behaupte mal, dass es Menschen gibt, die etwas von Musik verstehen
und _nicht_ nur die Charts hören. Bei solchen Menschen kann man sicherlich
zum Teil von der Musik auf den Charakter schließen. Die anderen, die sich
nicht die Mühe machen ihre eigene individuelle Musikkollektion
zusammenzustellen, lassen solche Schlüsse wohl eher nicht zu.

Daniel Wintermute

unread,
Nov 8, 2000, 3:00:00 AM11/8/00
to

> Eine brauchbare Definition zuliefern ist nicht ganz einfach.
>
Also nach dem was heute alles als Musik bezeichnet wird, ist Musik imho
alles, was beim Hören irgendwem "Freude" macht. Somit hätte dann auch ein
Preßlufthammer musikalische Qualitäten.
Wenn man den Begriff eingrenzt, als was bezeichnen wir dann den Rest?

> Nein ich kann Hip Hop in aller Reglel auch nicht austehen
> > *g*... Das hat aber mit (_meinem_) Geschmack zu tuen.
>
> Musik ist nur in begrenzter Weise eine Geschmacksfrage ! Wenn jemand
lieber
> Brahms statt Beethoven hört, dann ist das eine Sache des Geschmacks.
Dagegen
> Techno statt Mozart nicht mehr wirklich.
>

Techno und Mozart haben ja ganz andere Zielsetzungen. Techno ist
letztendlich _nur_ Tanzmusik und stammt wohl von den Trommeln bei
irgendwelchen Stammesritualen ab. Es soll den Hörer euphorisch machen und
zur Bewegung ermuntern.
Bei Mozart ist das schon deutlich komplizierter. Mozart hat sicherlich einen
intellektuellen Anspruch, den Techno in keiner Weise hat. Die Musik von
Mozart wäre sicherlich nicht, von nahezu jedem am Fließband produzierbar wie
Techno, sondern erfordert meisterliches Können. Auch das Hören von Mozart
erfordert einen gewissen Intellekt, sonst kann man der Musik einfach nichts
anfangen.

> > Natürlich wird man bei Hip Hop aufwendige Melodien/Harmonien Variationen
> > etc. _nicht_ finden und es ist ziemlich einfach aufgebaut und würde wohl
> > einem Bach nur ein sehr müdes verächtliches Lachen entlocken, aber es
> > gefällt vielen Menschen trotzdem.
>
> Na und ?! Nur weil es vielleicht vielen Leute gefällt, muss das noch
nichts
> heißen !
>

Nicht? Hip Hop und Mozart ist imho ein ähnlicher Vergleich wie ein Batman
Comic oder Mona Lisa. Das eine ist populär, in eher einfachen Kreisen, das
andere ist seit jahrhunderten, in eher elitären Kreisen, bewundert.
Ist so etwas populäres wie Batman überhaupt Kunst? Wenn es keine Kunst ist,
was ist es dann?
Kitsch? Unterhaltungsrauschen? Wer hat zu beurteilen, was Kunst ist, und was
keine Kunst ist?
Eine Elite von Kunstprofessoren? Entsteht Kunst nicht auch immer im Auge und
Ohre des Konsumenten? Kann Kunst also überhaupt vom Rezipienten unabhängig
beurteilt werden?

> Hip Hop drückt eben auch ein Lebensgefühl
> > aus und arbeitet mit anderen Mitteln als z. B. klassische Musik. Und
> > Sprechgesang _kann_ sehr wohl künstlerisch und ästhetisch sehr wertvoll
> sein
> > (und alles andere als Trivial). Kommt allerings imho selten vor ;)
>
> Künstlerisch ? Das stumpfsinnige Gelaber einiger Halbstarker unterlegt mit
> hin und wieder auftretenden willkürlichen Klängen und einem urwaldartigen
> Bassgehämmer soll kunstvoll, geschweige denn ästhetisch sein ?!?
>

Man stelle sich vor, man wäre selbst noch halbstark. Partituren von Mozart
sind einem viel zu anstrengend und kompliziertes "Gelaber" ist auch nicht
die eigene Sache. Ist es nicht Kunst genau die Richtige Mischung aus
Stumpfsinn und letztem Rest Anspruch für diese Masse zu treffen und ihr das
Gefühl zu geben nicht allein zu sein auf dieser Welt?
Man darf nicht vergessen, dass es auch Produzenten gibt, welche sich
durchaus bewußt sind darüber auf welchen Niveau sie sich bewegen, aber das
Niveau ganz bewußt einfach halten um die Massen zu treffen. Immer auf der
Suche nach dem neuem allerwelts Trend um immer wieder den Geschmack der
Massen zu treffen. So einfach ist das auch nicht. Bedarf schon eines
gewissen Könnens. Die Kunst liegt dann weniger im Produkt, als in der
Symbiose aus Produkt und Konsument.


Klaus Viertel

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8ub98i$1bjsg$1...@ID-59725.news.dfncis.de...

> Hallo Klaus, auch hier kann ich nur widersprechen - allein schon deshalb,
> weil es aufgrund der Pauschalität ja nur falsch sein kann.
>
> > > so gibt es dann auch leute, die ernsthaft behauptet, daß sie hiphop
oder
> > rap musik toll finden. imho bilden die sich das ein.
> > >
> > [...]
> >
> > Ich glaube nicht, daß sie es sich einbilden. Solche Leute haben einfach
> ein
> > degeneriertes Musikverständis.

Ich könnte statt degeneriert auch kein sagen.

>
> Na besten Dank auch, jetzt habe ich einen neuen Hinweis für meinen
> Therapeuten.
> Degeneriert im Bezug auf was? Kleinhirn, Bewegungsapparat,
Sprachfähigkeit?
> Und wie kann ein Verständnis einer bestimmten Kunst-/Musikrichtung
> degeneriert sein?
> Da die Degeneration sich auf eine Minderung gegenüber dem "Normalen"
bezieht
> ... was an Musikverständnis ist normal? Ist es normal, wenn man Dreiklänge
> "toll findet", degeneriert aber wenn man auch oder statt dessen
> Clusterklänge schätzt?
> Ist es normal, bei der Dauerberieselung durch "O sole mio" und anderer
> Schmacht(pseudo)arien wegzuschmelzen und auf dem grünen Hügel in Bayreuth
> dem Herrn Ministerpräsidenten die Hand zu schütteln, während man sich der
> Degeneration des Verständnisses verdächtig macht, wenn man Musik schätzt,
> die gegen die Hörerwartung anklingt?
>
> Wie wenig ein Urteil wie "Mozart ist schön" auch nur irgend etwas trifft,
> kommt man auch mit solch seltsamen Verallgemeinerungen weiter. Zuerst wäre
> zu klären, was *Du* unter Rap-Musik verstehst und was dem gegenüber von
> nicht degeneriertem Musikverständnis zeugt.
>
> Aber das läuft natürlich auf die altbewährte "U-Musik /
E-Musik"-Diskussion
> hinaus und die ist so unnötig wie ein Kropf, deshalb ende ich hier.
>
> Gruß.
>

Klaus Viertel

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to
Es muss im Vorfeld etwas zur Musik gesagt werden, und zwar warum das, was
heute als Musik gilt, gerade keine ist. Das, was heute als Musik gehandelt
wird, kommt erstmal musiktechnisch nicht im geringsten an die klassische
heran. Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas ist
ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
"Lebensgefühl" zu vermitteln: Ihre Musik ist ausdruckslos,
stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch. Und wer meint, die
moderne "Musik" seine eine Art Errungschaft und der "Nachfolge" der
Spätromantik und Modernen, dem sei gesagt, daß es die heutige Musik in
ähnlicher Weise bereits vor knapp 800 Jahren gab, nämlich als die profane
sich von der sakralen Musik zu trennen begann. Die Instrumente und die
Sprache (meist lateinisch) waren zwar verschieden, aber im Grunde war dies
die Popmusik des Mittelalters. Sie drückte auch Lebensgefühl aus, handelte
auch von Liebe, Schmerz und andere Gefühle aus (z.B. Carmina Burana). Der
Sprechgesang zum Beispiel, das neue überragende Stilmittel der heutigen
Musik, ist knapp 800 Jahre alt ! Die heutige Popmusik ist technisch auf dem
Stand des 13. Jahrhunderts und meist noch weiter darunter (vgl. Techno), und
selbst diese alte Musik besitzt noch mehr Kultur und ist kunstvoller als die
gesamte moderne Musik zusammengenommen !

Anika <win...@gmx.net> schrieb in im Newsbeitrag:
8u4c9m$jas$1...@riker.addcom.de...
> Hallo,


>
> ich habe mal eine allgemeinere Frage:
> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?
>

> Z.B.:
> Techno-Fans scheinen offene Menschen zu sein. Sie legen wohl weniger Wert
> auf alte Werte, begegnen dafür aber ohne Vorurteile anderen Gruppen.
>
> NewAge-Fans suchen vielleicht nach Harmonie. Sie missen Zärtlichkeit im
> Leben und hätten die Welt gerne schöner. Vielleicht verstecken sie sich
auch
> gerne hinter ihrer eigenen Welt.
>
> Hardrock-Fans ertragen brutale Klänge und sie stören sich nicht an
> disharmonischen Klängen und Lautstärke. Ist das eine Spiegelung ihres
> Weltbildes oder soll es etwar ein Ausgleich zu ihrem sanften Gemüt sein?
>
>
> Ist Musik der Ausdruck eines Charkaters oder ist sie Ergänzung?
>
>
> Wäre schön, wenn viele ihre Erfahrungen und Meinungen posten.
>
>

Sox

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to

"Anika" <win...@gmx.net> schrieb im Newsbeitrag
news:8u4c9m$jas$1...@riker.addcom.de...
hallo anika!

als musikwissenschaftlerin mit besonderem interesse an musikästhetik darf
ich diesem reiz nicht missen :)

>
> ich habe mal eine allgemeinere Frage:
> Kann man den Charakter eines Menschens anhand des Musikgeschmackes
> festmachen?

ich glaube irgendwie schon, aber zu allgemein sollte man das nicht sehen.
mich interessiert viel musik, sehr unterschiedliche! und gefallen tut mir
sehr unterschiedliche musik. das würde bedeuten, daß mein charakter sehr
vielfältig ist. würde ich nicht sagen (da muß man mir jetzt einfach
glauben). was ich höre hängt nicht nur von meinem charakter ab (der
sicherlich auch im geschmack gespiegelt wird) sondern auch von meiner
gemütslage.
dabei tendiere ich aber z.b. dazu, wenn ich traurig bin, eher traurige musik
zu hören. es gibt gewisse sachen, die ich nur anhören kann, wenn ich mich
ausgeglichen fühle (atonales z.b.)
grundsätzlich würde ich sagen, daß dies eigentlich kein wunder ist, da der
individuelle geschmack eine der sachen ist, die den charakter auszeichnet -
oder?

lg
sep


Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to
Hallo Klaus,

jetzt muß ich dann schon ein wenig mehr ausholen, denn mit jedem weitern
Posting wird es immer noch pauschaler und entfernt sich vor allem immer
weiter von der "Realität" - zumal mir (als Komponist und vor allem als
Musikhörer von Musik verschiedenster Coleur), ganz ehrlich gesagt, nicht
gerade gefällt, mit welcher Chuzbe Du Hörer bestimmter Musik diskreditierst
... zumal ohne Nennung eines Arguments.

> Es muss im Vorfeld etwas zur Musik gesagt werden, und zwar
> warum das, was heute als Musik gilt, gerade keine ist.

Dazu eine Definition eines deutschen Musikwissenschaftlers
und -schriftstellers (aus dem Kopf, daher nicht wörtlich zitiert): "Musik
ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".
D. h., wenn ich eine Tonfolge durch das Zerdeppern verschieden starker
Gläser erzeuge, ist es Musik. Daß diese Dir nicht gefallen wird, ist wieder
eine andere Sache, ändert aber nichts daran, daß es vom Charakter Musik ist.
Und somit ist natürlich auch populäre Musik tatsächliche Musik - man könnte
darüber streiten, wie fortschrittlich sie in der Wahl der Mittel ist, oder
was sich tatschächlich musikphilosophisch seit 1900 alles getan hat. Aber
soweit kommen wir bisher ja gar nicht, weil Du einfach alles runterbügelst,
was Dir nicht ins akustische GEfüge paßt.

> Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal musiktechnisch
> nicht im geringsten an die klassische heran.

Ist mir zu pauschal. Im Bezug auf was kommt sie nicht nicht hin - was
bedeutet in diesem Zusammenhang "musiktechnisch"? Wenn Du Dich auf die bis
1900 in der Kunstmusik hauptsächlich verwendete Funktionsharmonik beziehst,
ist Klassik ein ebenso alter Hut, wie die heutige Popmusik. Natürlich ist
die Durchführung, die Variation, die Behandlung der Stilistik etc. um Längen
ausgereifter und ausführlich ... aber das dürfte keinen verwundern, weil
Pop-Musik primär der Unterhaltung dient. Das tat die klassische Musik zwar
in gewissem Sinne auch (deshalb die Warnung des Vaters an seinen Sohn
Wolfgang, er möge an die Herren mit den langen Ohren denken), jedoch war der
Anspruch an Unterhaltung für die damals hauptsächlich adeligen und
hochgestellten Hörer und vor allem Auftraggeber ein ganz anderer. Das
änderte sich mit der Zeit - und ändert sich immer wieder. Und während man
damals "O Du lieber Augustin" auf der Straße trällerte, singt "das Volk"
heute eben "Großer Bruder". Die Musik der Klassik gegen die Populärmusik -
egal welcher Epoche - auszuspielen ist nicht nur ungerecht, sondern führt
zudem zu keinem Ergebnis, daß für eine Diskussion über das Wesen von Musik
auch nur annähernd angebracht wäre.

> Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas
> ist ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> "Lebensgefühl" zu vermitteln: Ihre Musik ist ausdruckslos,
> stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch.

Daß die Musik ausdruckslos sei, läßt sich wohl maximal auf den Teil der
Charthits anwenden, die wie Massenware produziert und verkauft werden.
Ansonsten würde sich jeder Musiker über Dein Urteil bedanken, für den seine
Arbeit sehr wohl Ausdruck seiner selbst ist - sonst wäre er Schreiner
geworden oder Bäcker oder Finanzbeamter oder Lehrer oder sonstwas, um sich
zu verwirklichen.
Daß die Musik im Vergleich zur Kunstmusik "geradlinig" im Sinne von "einfach
gestrickt" ist, erklärt sich aus ihrer "Anwendung". Sie hat nicht den
Anspruch, den ein Künstler an sein Publikum stellt und vice versa, sondern
möchte in erster Linie unterhalten und - bei spezifischer Musik bzw.
bestimmten Musikern - zumindest aufklären oder ermahnen. Dazu dürfen die
musikalischen Mittel gar nicht anspruchsvoll sein! Ob der Konsum solcher
Musik abstumpft läßt sich wohl kaum in dieser Pauschalität sagen. Ich kann
mir kaum vorstellen, daß die zig Millionen Pop-Musik-Hörer weltweit alle in
ihrer Wahrnehmung abgestumpft wären. Als Gegenbeispiel empfehle ich, sich
einmal Teile des Publikums anzusehen, die regelmäßig die großen
"Klassik-Events" in Verona, Bayreuth oder Wien besuchen.
Ich weiß jetzt nicht, was Du unter "proletarisch" verstehst. Eigentlich wäre
mir das klar, aber aufgrund all der Verurteilungen, die Du hier aus der
Hüfte schießend angebracht hast, vermute ich, daß Du wohl eher
"proletenhaft" meinst. Aber gehen wir mal wirklich von "proletisch" aus: Daß
die Popmusik in ihren verschiedenen Ausprägungen proletarisch sei, läßt sich
im Gegensatz zur ihrer "Anfangszeit" nicht generell sagen, sondern trifft
nur auf einige bestimmte Richtungen zu. Mittlerweile ist sogar der wenigste
Teil aufgrund globaler Kommerzialisierung auf Ziele aus, die sich mit einer
wie auch immer gearteten "Arbeitermusikbewegung" vereinbaren ließen. Zudem
halte ich die Bezeichnung "proletarisch" im Zusammenhang mit Musik geradezu
für ein Kompliment. Denn das würde ja bedeuten, daß sie antritt, um das
soziale Gewissen der Hörer zu schärfen und Protest gegen Unterdrückung,
Verarmung usw. zu üben. Denn proletarische Musik gibt es ja schon länger und
vor allem im Bereich der Kunstmusik. Man denke nur an Kurt Weill und Hanns
Eisler, an Ernst Krenek, Leonard Bernstein oder Georg Gershwin, oder in
jüngeren Tagen an die Arbeiten Luigi Nonos oder die Opern eines Hans Werner
Henze. Man könnte sogar - selbstverständlich überspitzt! - den vielgeliebten
und meist zu völlig unsinnigen Anlässen rezipierten Schlußchor aus
Beethovens 9ter Symphonie in diesem Zusammenhang anbringen: "Alle Menschen
werden Brüder".

> Und wer meint, die moderne "Musik" seine eine Art Errungschaft und
> der "Nachfolge" der Spätromantik und Modernen, dem sei gesagt, daß
> es die heutige Musik in ähnlicher Weise bereits vor knapp 800 Jahren
> gab,

Na ja, sagen wir mal max. 600 Jahre, um korrekt zu bleiben ;-)
Und wir können uns nur beglückwünschen, daß die Popmusik *nicht* die
Nachfolge der Spätromantik angetreten ist ... denn die hat sich schon selbst
viel zu lange gehalten, bis sie nur noch eine "Vielzuspätromantik" war.
Zumindest sind vielen Komponisten in der ersten Jahrhunderthälfte die
romantischen Gefühle vergangen, als sie auf die Toten der beiden Kriege
blickten.

> nämlich als die profane sich von der sakralen Musik zu trennen begann.

Das hat mit profan ja nun gar nichts zu tun. Als z. B. im 15. Jhdt. die Ars
nova aus der vormals rein zu Kirchenzwecken gebrauchten Musik entstand,
hatte das mit "profan" herzlich wenig zu tun, sondern war Ausdruck eines
neuen künstlerischen Selbstverständnisses und Selbstbewußtsein. Zumal
dadurch Musik nicht länger nur Gebrauchskunst war, sondern vom reinen Zweck
losgelöst als reine Musik wahrgenommen werden konnte. Ohne diese
künstlerische "Revolution" hätte es all die nachfolgenden Meister nicht oder
nicht in dieser Form geben können. Oder willst Du tatsächlich die Musik
eines, Ockeghem, eines Dufait oder eines Monteverdis als "profan"
bezeichnen?

> Die Instrumente und die Sprache (meist lateinisch) waren zwar
> verschieden, aber im Grunde war dies die Popmusik des Mittelalters.
> Sie drückte auch Lebensgefühl aus, handelte auch von Liebe, Schmerz
> und andere Gefühle aus (z.B. Carmina Burana).

Sorry, aber nur die verwendeten Texte der Carmina Burana stammen aus dem
Mittelalter - die Musik von Carl Orff aus den 40er Jahren des 20.
Jahrhunderts ;-) Und weshalb sollten "Liebe, Schmerz und andere Gefühle"
schlecht sein. Von was handeln denn die Opern Mozarts hauptsächlich? Sind
die etwa auch profan? (Das zumindest dachten Mozarts Zeitgenossen.)

> Der Sprechgesang zum Beispiel, das neue überragende Stilmittel
> der heutigen Musik, ist knapp 800 Jahre alt !

Das stimmt nun auch wieder nicht. Du verwechselst das wahrscheinlich mit dem
gregorianischen Gesangsstil anfänglicher Prägung, der kaum große Tonschritte
kannte, und daher dem modernen Sprechgesang in manchen Dingen recht nahe
kommt. Wenn es überhaupt einen "Vorläufer" des Sprechgesangs in der Form
gibt, wie wir ihn aus der Rap-Musik kennen, dann geht der auf die Arbeiten
Arnold Schönbergs (z. B. Pierrot Lunaire) zurück. Und gerade an dem Werk
merkt man sehr schnell, daß Sprechgesang alles andere als profan oder
sonstwas ist, sondern eine ganz bestimmte Ausdrucksform, die weit mehr
Spielarten zuläßt, als etwa der klassische Ariengesang (z. B. Schreien,
Heulen, Keuchen), und somit viel eher das Gefüge unserer eigenen Zeit
trifft, als das Besingen von antiken Gottheiten, die heute keiner mehr kennt
und kennen will.

> Die heutige Popmusik ist technisch auf dem Stand des 13. Jahrhunderts
> und meist noch weiter darunter (vgl. Techno),

Die Repetierungen im Techno haben in der Tat, wenn auch unbeabsichtigt, mit
Formen der späten Mittelalterlichen Musik zu tun. Aber genauso gut findet
man darin die populäre Form solch avantgardistischer Musikentwicklungen wie
etwa die der Minimal Music Mitte der 1960er Jahre. Es gibt keinen
losgelösten Ewigkeitsanspruch für Musik - auch nicht für die Größen Mozart
und Beethoven. Man denke nur einmal wie lange die Hörer gebraucht haben, um
den Wert Bach'scher Kunst zu erkennen; von heute anerkannten Größen wie
Monteverdi ganz zu schweigen. Einen Anspruch auf Ewigkeit kann keiner für
sich und seine Arbeit erheben.
Und letztlich solltest Du nicht vergessen, wie populär es gerade in der
Epoche der Wiener Klassik war, Melodien des Volkes, Traditionals etc.
aufzunehmen und in die eigenen Arbeiten einzubauen. Diese Tradition des
"Verkunstens" von Populärmusik reichte im Grunde bis in die 1920er Jahre -
und jetzt beginnt Rieu von Neuem und macht damit Millionen.

> und selbst diese alte Musik besitzt noch mehr Kultur und ist
> kunstvoller als die gesamte moderne Musik zusammengenommen !

Schwachsinn. Du solltest einmal von Deinem hohen Roß steigen, sorry. Wenn Du
die ach so überlegene Musik hörst ... weshalb erkenne ich diese
Überlegenheit dann nicht im Umgang mit den Meinungen anderer Menschen? Hat
Dich das die klassische Musik gelehrt?
(Verstehe mich nicht falsch: Ich höre ganz selten Pop-Musik. In der Regel
höre ich Musik von grob Barock bis heute. Trotzdem bzw. gerade deswegen
ärgern mich solche Verurteilungen!)

Und nun noch zu den anderen ... na ja ... G'schicht'n:

> Du sprichst von der geistigen Schönheit, aber darum geht es nicht.

Sondern? Wohl kaum um etwas Materielles, oder? Einen Druck von Goethes Faust
kann ich zwar wiegen (Papier) und zählen (Anzahl der Seiten) usw., aber
damit ist wohl kaum etwas über den Faust ausgesagt, denn der ist ein
geistiges Gut.

> > Auch das ist nicht richtig, zumal zwischen einer akustisch
> > wahrnehmbaren Kunst und einer optisch erfaßbaren ein extremer
> > Unterschied besteht: der Faktor Zeit.
>
> Beides ist wahrnehmbar. Zeit spielt hier keine Rolle.

Ach, und warum ist dann für Komponisten seit Hunderten von Jahren ein ganz
entscheidender Faktor der Umgang mit dem Faktor Zeit? Wenn mich mein durch
das Hören populärer Musik bereits völlig degenierte Hirn (so denkst Du doch,
oder?) nicht völlig verläßt, war es Schönberg, der einmal sagte, daß Musik
eine Idee sei, die sich "in die Zeit umklappt". Ohne Zeit keine Musik, Musik
ist eine vertikale Kunstform, die sich nur in einem zeitlichen Ablauf
überhaupt erschließt. Wer das wegläßt, hat nicht sonderlich viel verstanden.
Selbst ein Einzelton ist bereits "in der Zeit", denn wenn er verklungen ist,
ist bereits Zeit vergangen. Und wieviel, gibt der Ton durch seinen Wert
selbst an.

Und weiter:

Hier wäre schön, wenn Du ein wenig deutlicher werden könntest, anstatt
auszuweichen.

> > > Ich glaube nicht, daß sie es sich einbilden. Solche Leute haben
einfach
> > > ein degeneriertes Musikverständis.
>
> Ich könnte statt degeneriert auch kein sagen.

Nun ja, bisher hast Du mir noch nicht beweißen können, daß Du den von Dir
als "degeneriert" bezeichneten Hörern etwas voraus hast. Dein Verständnis
von Musik hielt ich eigentlich seit bereits einem Jahrhundert für
ausgestorben. Die Romantik ist zu Ende, Klaus, bitte aufwachen!

Zuletzt:

> Musik ist nur in begrenzter Weise eine Geschmacksfrage ! Wenn jemand
lieber
> Brahms statt Beethoven hört, dann ist das eine Sache des Geschmacks.
Dagegen
> Techno statt Mozart nicht mehr wirklich.

Was soll man dazu sagen? Am besten: Nein! Denn ich höre z. B. weit lieber
Beethoven als Brahms, aber nicht, weil mir Beethovens Musik besser schmeckt,
sondern weil ich den ästhetischen Background "einer absoluten Musik" im
Mittel- bis Spätwerk von Brahms einfach nicht abkann. Musik, die sich selbst
genügt, interessiert mich nicht. Da kann sie technisch noch so herausragend
komponiert sein. Und das ist Brahms' Musik natürlich ohne Zweifel.
Ob man nun Techno oder Mozart hört, ist natürlich (auch) Geschmackssache -
und zudem eine Frage, welchen Anspruch man an Musikhören im ALlgemeinen hat.
Wenn ich mit meiner Partnerin ausgehen will, um einen netten Abend zu
verbringen, kann ich in die Disco zum Tanzen gehen ... ich kann aber auch
statt dessen 3-4 Stunden Così fan tutte in der Oper genießen (zumindest wenn
die Inszenierung genießbar ist). Das ist Geschmackssache und eine Frage, was
ich von Musik in diesem Moment erwarte. Wenn ich mich morgens mit Bahn und
U-Bahn in die Arbeit bewege, werde ich sicherlich nicht auf die Idee kommen,
auf meinem portablen Mini-Disc-Player Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für
einen jungen Dichter" zu lauschen. Da tut es dann ganz "profan" und
"degeneriert" die aktuelle Madonna-Scheibe.

Daniel schrieb:

> > Natürlich wird man bei Hip Hop aufwendige Melodien/Harmonien Variationen
> > etc. _nicht_ finden und es ist ziemlich einfach aufgebaut und würde wohl
> > einem Bach nur ein sehr müdes verächtliches Lachen entlocken, aber es
> > gefällt vielen Menschen trotzdem.
>
> Na und ?! Nur weil es vielleicht vielen Leute gefällt, muss das noch
nichts
> heißen !

Natürlich heißt das gar nichts. Aber zumindest heißt das, daß Dein Urteil
von dem "degenerierten Musikverständnis" ziemlich daneben ist.

> Künstlerisch ? Das stumpfsinnige Gelaber einiger Halbstarker unterlegt mit
> hin und wieder auftretenden willkürlichen Klängen und einem urwaldartigen
> Bassgehämmer soll kunstvoll, geschweige denn ästhetisch sein ?!?

Das nennst Du Argumentation? Dieses bösartige, kulturkonservative und
überhebliche Pauschalverurteilen soll treffend sein, geschweige denn sich
auch nur annähernd mit der Realität decken? Wo lebst Du denn?
Vielleicht solltest Du Dich einmal mit der Geschichte der Rap-Musik ein
wenig genauer befassen. Dann könntest Du sehr leicht feststellen, daß es ab
Mitte der 70er Jahre in keinster Weise um "stumpfsinniges Gelaber einiger
Halbstarker" ging. Es war vielmehr politischer Protest der
afro-amerikanischen Jugend, die die Popularität und Verbreitung der Musik
nutzten, um sich so ein Sprachrohr zu verschaffen und ihre Anliegen auch
außerhalb der eigenen Szene zu Gehör zu bringen.
Ich frage mich schon, wer Dir das Recht gibt, so über Menschen zu urteilen,
die Du nicht kennst und deren kultruellen Background Du nicht kennst (zumal
so mancher anfangs einiges riskiert hat, um eine solche Musik überhaupt
vertreiben zu können). Sehr, sehr ärgerlich.

Ich hoffe, daß Du dieses Mal als Reply etwas mehr zu sagen hast, als einen
lapidaren Satz. Wäre schön ...

Grüße.

Klaus Viertel

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to
Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8uegd8$1ksft$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
> Hallo Klaus,
>
[...]

> > Es muss im Vorfeld etwas zur Musik gesagt werden, und zwar
> > warum das, was heute als Musik gilt, gerade keine ist.
>
> Dazu eine Definition eines deutschen Musikwissenschaftlers
> und -schriftstellers (aus dem Kopf, daher nicht wörtlich zitiert): "Musik
> ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".

Tut mir Leid, aber diese Definiton ist lachhaft. Was ist dann Musikalisch ?
Etwar alles, was irgendwie eine Abfolge von Tönen erzeugt. Ist doch ein
bißchen primitiv oder ?

[...]


> > Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal musiktechnisch
> > nicht im geringsten an die klassische heran.
>
> Ist mir zu pauschal. Im Bezug auf was kommt sie nicht nicht hin - was
> bedeutet in diesem Zusammenhang "musiktechnisch"? Wenn Du Dich auf die bis

Muss ich hier wirklich sämtliche Begriffe der Notenkunde und Musiktherie
aufzählen ? Vergleiche einfach z.B. einen Song der Spice Girls mit einer
Bachschen Kantante, dann weißt du, was ich meine.

> 1900 in der Kunstmusik hauptsächlich verwendete Funktionsharmonik
beziehst,
> ist Klassik ein ebenso alter Hut, wie die heutige Popmusik. Natürlich ist
> die Durchführung, die Variation, die Behandlung der Stilistik etc. um
Längen
> ausgereifter und ausführlich ... aber das dürfte keinen verwundern, weil
> Pop-Musik primär der Unterhaltung dient. Das tat die klassische Musik zwar
> in gewissem Sinne auch (deshalb die Warnung des Vaters an seinen Sohn
> Wolfgang, er möge an die Herren mit den langen Ohren denken), jedoch war
der
> Anspruch an Unterhaltung für die damals hauptsächlich adeligen und
> hochgestellten Hörer und vor allem Auftraggeber ein ganz anderer. Das
> änderte sich mit der Zeit - und ändert sich immer wieder. Und während man
> damals "O Du lieber Augustin" auf der Straße trällerte, singt "das Volk"
> heute eben "Großer Bruder". Die Musik der Klassik gegen die Populärmusik -
> egal welcher Epoche - auszuspielen ist nicht nur ungerecht,

Wieso ist das ungerecht ? Populärmusik heute hat einen anderen
erschreckenden Wert gegenüber der damaligen Unterhaltungsmusik zugeschrieben
bekommen.

sondern führt
> zudem zu keinem Ergebnis, daß für eine Diskussion über das Wesen von Musik
> auch nur annähernd angebracht wäre.
>
> > Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas
> > ist ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> > "Lebensgefühl" zu vermitteln: Ihre Musik ist ausdruckslos,
> > stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch.
>
> Daß die Musik ausdruckslos sei, läßt sich wohl maximal auf den Teil der
> Charthits anwenden, die wie Massenware produziert und verkauft werden.
> Ansonsten würde sich jeder Musiker über Dein Urteil bedanken, für den
seine
> Arbeit sehr wohl Ausdruck seiner selbst ist - sonst wäre er Schreiner
> geworden oder Bäcker oder Finanzbeamter oder Lehrer oder sonstwas, um sich
> zu verwirklichen.

Ich wüsste nicht, was "Rollergirl" oder sonst ein sog. Künstler musikalisch
zu sagen hätte, was irgendwie hörenswert wäre.

> Daß die Musik im Vergleich zur Kunstmusik "geradlinig" im Sinne von
"einfach
> gestrickt" ist, erklärt sich aus ihrer "Anwendung". Sie hat nicht den
> Anspruch, den ein Künstler an sein Publikum stellt und vice versa, sondern
> möchte in erster Linie unterhalten und - bei spezifischer Musik bzw.
> bestimmten Musikern - zumindest aufklären oder ermahnen. Dazu dürfen die
> musikalischen Mittel gar nicht anspruchsvoll sein! Ob der Konsum solcher
> Musik abstumpft läßt sich wohl kaum in dieser Pauschalität sagen. Ich kann
> mir kaum vorstellen, daß die zig Millionen Pop-Musik-Hörer weltweit alle
in
> ihrer Wahrnehmung abgestumpft wären. Als Gegenbeispiel empfehle ich, sich

Nicht in der Wahrnehmung, sondern in ihrem Musikverständnis, wenn man so
will.

> einmal Teile des Publikums anzusehen, die regelmäßig die großen
> "Klassik-Events" in Verona, Bayreuth oder Wien besuchen.
> Ich weiß jetzt nicht, was Du unter "proletarisch" verstehst. Eigentlich
wäre
> mir das klar, aber aufgrund all der Verurteilungen, die Du hier aus der
> Hüfte schießend angebracht hast, vermute ich, daß Du wohl eher
> "proletenhaft" meinst. Aber gehen wir mal wirklich von "proletisch" aus:
Daß

Ich meinte proletenhaft.

[...]


>
> > Und wer meint, die moderne "Musik" seine eine Art Errungschaft und
> > der "Nachfolge" der Spätromantik und Modernen, dem sei gesagt, daß
> > es die heutige Musik in ähnlicher Weise bereits vor knapp 800 Jahren
> > gab,
>
> Na ja, sagen wir mal max. 600 Jahre, um korrekt zu bleiben ;-)
> Und wir können uns nur beglückwünschen, daß die Popmusik *nicht* die
> Nachfolge der Spätromantik angetreten ist ... denn die hat sich schon
selbst
> viel zu lange gehalten, bis sie nur noch eine "Vielzuspätromantik" war.
> Zumindest sind vielen Komponisten in der ersten Jahrhunderthälfte die
> romantischen Gefühle vergangen, als sie auf die Toten der beiden Kriege
> blickten.

Es war an die gerichtet, die der Meinung sind: "Die klassische Musik ist
tot, die Popmusik hat ihren Platz eingenommen". Außerdem war das Wort
'Nachfolge' gequotet !

>
> > nämlich als die profane sich von der sakralen Musik zu trennen begann.
>
> Das hat mit profan ja nun gar nichts zu tun. Als z. B. im 15. Jhdt. die
Ars
> nova aus der vormals rein zu Kirchenzwecken gebrauchten Musik entstand,
> hatte das mit "profan" herzlich wenig zu tun, sondern war Ausdruck eines
> neuen künstlerischen Selbstverständnisses und Selbstbewußtsein. Zumal
> dadurch Musik nicht länger nur Gebrauchskunst war, sondern vom reinen
Zweck
> losgelöst als reine Musik wahrgenommen werden konnte. Ohne diese
> künstlerische "Revolution" hätte es all die nachfolgenden Meister nicht
oder
> nicht in dieser Form geben können. Oder willst Du tatsächlich die Musik
> eines, Ockeghem, eines Dufait oder eines Monteverdis als "profan"
> bezeichnen?

Ich bin mir nicht sicher, ob du weißt, was profan in diesem Zusammenhang
bedeutet.

>
> > Die Instrumente und die Sprache (meist lateinisch) waren zwar
> > verschieden, aber im Grunde war dies die Popmusik des Mittelalters.
> > Sie drückte auch Lebensgefühl aus, handelte auch von Liebe, Schmerz
> > und andere Gefühle aus (z.B. Carmina Burana).
>
> Sorry, aber nur die verwendeten Texte der Carmina Burana stammen aus dem
> Mittelalter - die Musik von Carl Orff aus den 40er Jahren des 20.
> Jahrhunderts ;-)

Carlf Orff ? Kann sein, daß der Texte von Burana vertont hat, aber sie hat
selbst auch Musik geschrieben.

> Und weshalb sollten "Liebe, Schmerz und andere Gefühle" schlecht sein.

Habe ich nie behauptet.

[...]


>
> > Der Sprechgesang zum Beispiel, das neue überragende Stilmittel
> > der heutigen Musik, ist knapp 800 Jahre alt !
>
> Das stimmt nun auch wieder nicht. Du verwechselst das wahrscheinlich mit
dem
> gregorianischen Gesangsstil anfänglicher Prägung, der kaum große
Tonschritte

Eigentlich meinte ich nicht die Gregorianik, sondern die Frührenaissance.

> kannte, und daher dem modernen Sprechgesang in manchen Dingen recht nahe
> kommt. Wenn es überhaupt einen "Vorläufer" des Sprechgesangs in der Form
> gibt, wie wir ihn aus der Rap-Musik kennen, dann geht der auf die Arbeiten
> Arnold Schönbergs (z. B. Pierrot Lunaire) zurück. Und gerade an dem Werk
> merkt man sehr schnell, daß Sprechgesang alles andere als profan oder
> sonstwas ist, sondern eine ganz bestimmte Ausdrucksform, die weit mehr

Du verstehst mich falsch. Ich habe nicht behauptet, daß Sprechgesang an sich
schlecht ist, sondern nur, daß es nichts neues darstellt.

> Spielarten zuläßt, als etwa der klassische Ariengesang (z. B. Schreien,
> Heulen, Keuchen), und somit viel eher das Gefüge unserer eigenen Zeit
> trifft, als das Besingen von antiken Gottheiten, die heute keiner mehr
kennt
> und kennen will.

Wie würdest du das Gefüge unserer Zeit beschreiben ?

>
> > Die heutige Popmusik ist technisch auf dem Stand des 13. Jahrhunderts
> > und meist noch weiter darunter (vgl. Techno),
>
> Die Repetierungen im Techno haben in der Tat, wenn auch unbeabsichtigt,
mit
> Formen der späten Mittelalterlichen Musik zu tun. Aber genauso gut findet
> man darin die populäre Form solch avantgardistischer Musikentwicklungen
wie
> etwa die der Minimal Music Mitte der 1960er Jahre. Es gibt keinen
> losgelösten Ewigkeitsanspruch für Musik - auch nicht für die Größen Mozart
> und Beethoven. Man denke nur einmal wie lange die Hörer gebraucht haben,
um
> den Wert Bach'scher Kunst zu erkennen; von heute anerkannten Größen wie
> Monteverdi ganz zu schweigen. Einen Anspruch auf Ewigkeit kann keiner für
> sich und seine Arbeit erheben.

> Und letztlich solltest Du nicht vergessen, wie populär es gerade in der
> Epoche der Wiener Klassik war, Melodien des Volkes, Traditionals etc.
> aufzunehmen und in die eigenen Arbeiten einzubauen. Diese Tradition des
> "Verkunstens" von Populärmusik reichte im Grunde bis in die 1920er Jahre -
> und jetzt beginnt Rieu von Neuem und macht damit Millionen.

Ja, bis 1920 ! Und dieser Herr Rieu ist wohl eher eine einzige Lachnummer.
Sein "Verkunsten" besteht darin, "an der schönen blauen donau" und andere
Walzer-Schinken auf und ab zu spielen.

>
> > und selbst diese alte Musik besitzt noch mehr Kultur und ist
> > kunstvoller als die gesamte moderne Musik zusammengenommen !
>
> Schwachsinn. Du solltest einmal von Deinem hohen Roß steigen, sorry. Wenn
Du
> die ach so überlegene Musik hörst ... weshalb erkenne ich diese
> Überlegenheit dann nicht im Umgang mit den Meinungen anderer Menschen? Hat
> Dich das die klassische Musik gelehrt?

Wieso solle man diese Überlegenheit am Umgang mit den anderen Menschen
Meinung erkennen ?

[...]


> > Du sprichst von der geistigen Schönheit, aber darum geht es nicht.
>
> Sondern? Wohl kaum um etwas Materielles, oder? Einen Druck von Goethes
Faust
> kann ich zwar wiegen (Papier) und zählen (Anzahl der Seiten) usw., aber
> damit ist wohl kaum etwas über den Faust ausgesagt, denn der ist ein
> geistiges Gut.
>

Erstens stammt dies aus einem völlig anderen Beitrag und zweitens ging es
dabei um ein Bild, das optisch unästhetisch war.

> > > Auch das ist nicht richtig, zumal zwischen einer akustisch
> > > wahrnehmbaren Kunst und einer optisch erfaßbaren ein extremer
> > > Unterschied besteht: der Faktor Zeit.
> >
> > Beides ist wahrnehmbar. Zeit spielt hier keine Rolle.
>
> Ach, und warum ist dann für Komponisten seit Hunderten von Jahren ein ganz
> entscheidender Faktor der Umgang mit dem Faktor Zeit? Wenn mich mein durch
> das Hören populärer Musik bereits völlig degenierte Hirn (so denkst Du
doch,
> oder?) nicht völlig verläßt, war es Schönberg, der einmal sagte, daß Musik
> eine Idee sei, die sich "in die Zeit umklappt". Ohne Zeit keine Musik,
Musik
> ist eine vertikale Kunstform, die sich nur in einem zeitlichen Ablauf
> überhaupt erschließt. Wer das wegläßt, hat nicht sonderlich viel
verstanden.
> Selbst ein Einzelton ist bereits "in der Zeit", denn wenn er verklungen
ist,
> ist bereits Zeit vergangen. Und wieviel, gibt der Ton durch seinen Wert
> selbst an.
>

Ok, ohne Zeit keine Kunst und keine Musik. Das wußte ich auch schon vorher.


> Und weiter:
>
> Hier wäre schön, wenn Du ein wenig deutlicher werden könntest, anstatt
> auszuweichen.
>
> > > > Ich glaube nicht, daß sie es sich einbilden. Solche Leute haben
> einfach
> > > > ein degeneriertes Musikverständis.
> >
> > Ich könnte statt degeneriert auch kein sagen.
>
> Nun ja, bisher hast Du mir noch nicht beweißen können, daß Du den von Dir
> als "degeneriert" bezeichneten Hörern etwas voraus hast. Dein Verständnis
> von Musik hielt ich eigentlich seit bereits einem Jahrhundert für
> ausgestorben. Die Romantik ist zu Ende, Klaus, bitte aufwachen!

Tja, falsch gedacht :-) Die Musik verliert doch aufgrund ihres Alters nicht
an Wert.

>
> Zuletzt:
>
> > Musik ist nur in begrenzter Weise eine Geschmacksfrage ! Wenn jemand
> lieber
> > Brahms statt Beethoven hört, dann ist das eine Sache des Geschmacks.
> Dagegen
> > Techno statt Mozart nicht mehr wirklich.
>
> Was soll man dazu sagen? Am besten: Nein! Denn ich höre z. B. weit lieber
> Beethoven als Brahms, aber nicht, weil mir Beethovens Musik besser
schmeckt,

Deswegen sagte ich ja, Geschmackssache.

> sondern weil ich den ästhetischen Background "einer absoluten Musik" im
> Mittel- bis Spätwerk von Brahms einfach nicht abkann. Musik, die sich
selbst
> genügt, interessiert mich nicht. Da kann sie technisch noch so
herausragend
> komponiert sein. Und das ist Brahms' Musik natürlich ohne Zweifel.

> Ob man nun Techno oder Mozart hört, ist natürlich (auch) Geschmackssache -
> und zudem eine Frage, welchen Anspruch man an Musikhören im ALlgemeinen
hat.

Bei Techno wahrscheinlich keinen.

> Wenn ich mit meiner Partnerin ausgehen will, um einen netten Abend zu
> verbringen, kann ich in die Disco zum Tanzen gehen ... ich kann aber auch
> statt dessen 3-4 Stunden Così fan tutte in der Oper genießen (zumindest
wenn
> die Inszenierung genießbar ist). Das ist Geschmackssache und eine Frage,
was
> ich von Musik in diesem Moment erwarte. Wenn ich mich morgens mit Bahn und
> U-Bahn in die Arbeit bewege, werde ich sicherlich nicht auf die Idee
kommen,
> auf meinem portablen Mini-Disc-Player Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für
> einen jungen Dichter" zu lauschen. Da tut es dann ganz "profan" und
> "degeneriert" die aktuelle Madonna-Scheibe.

Den Morgen schon mit solch einem primitiven Lärm beginnen ?! Könnte ich
nicht.

>
> Daniel schrieb:
>
> > > Natürlich wird man bei Hip Hop aufwendige Melodien/Harmonien
Variationen
> > > etc. _nicht_ finden und es ist ziemlich einfach aufgebaut und würde
wohl
> > > einem Bach nur ein sehr müdes verächtliches Lachen entlocken, aber es
> > > gefällt vielen Menschen trotzdem.
> >
> > Na und ?! Nur weil es vielleicht vielen Leute gefällt, muss das noch
> nichts
> > heißen !
>
> Natürlich heißt das gar nichts. Aber zumindest heißt das, daß Dein Urteil
> von dem "degenerierten Musikverständnis" ziemlich daneben ist.

Warum ? Ein Einzelner kann falsch liegen, aber die Menge hat zwangsläufig
recht ?

>
> > Künstlerisch ? Das stumpfsinnige Gelaber einiger Halbstarker unterlegt
mit
> > hin und wieder auftretenden willkürlichen Klängen und einem
urwaldartigen
> > Bassgehämmer soll kunstvoll, geschweige denn ästhetisch sein ?!?
>
> Das nennst Du Argumentation? Dieses bösartige, kulturkonservative und
> überhebliche Pauschalverurteilen soll treffend sein, geschweige denn sich
> auch nur annähernd mit der Realität decken? Wo lebst Du denn?

Hast du schon mal den Videoclip zu dem einen oder anderen Hiphopsong gesehen
? Wahrscheinlich nicht.

> Vielleicht solltest Du Dich einmal mit der Geschichte der Rap-Musik ein
> wenig genauer befassen. Dann könntest Du sehr leicht feststellen, daß es
ab

Wieso, macht es die Musik besser ???

> Mitte der 70er Jahre in keinster Weise um "stumpfsinniges Gelaber einiger
> Halbstarker" ging. Es war vielmehr politischer Protest der
> afro-amerikanischen Jugend, die die Popularität und Verbreitung der Musik
> nutzten, um sich so ein Sprachrohr zu verschaffen und ihre Anliegen auch
> außerhalb der eigenen Szene zu Gehör zu bringen.

Hätten sie sich lieber ein anderes Sprachrohr ausgesucht, denn Musik
schreiben können sie nicht. Was tut die Entstehungsgeschichte zur Sache,
wenn die Musik am Ende trotzdem minderwertig ist.

> Ich frage mich schon, wer Dir das Recht gibt, so über Menschen zu
urteilen,
> die Du nicht kennst und deren kultruellen Background Du nicht kennst
(zumal
> so mancher anfangs einiges riskiert hat, um eine solche Musik überhaupt
> vertreiben zu können). Sehr, sehr ärgerlich.

Ich urteile nicht über die Menschen. Ich urteile über die Musik.

Gruß,
Klaus Viertel

Arnd-Matthias Langner

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to

"Andreas Heck (at work)" <ah...@webfair.com> schrieb im Newsbeitrag
news:8uegd8$1ksft$1...@ID-59725.news.dfncis.de...

Hallo Andreas,

erlaube, daß ich mich einmische.

> Dazu eine Definition eines deutschen Musikwissenschaftlers
> und -schriftstellers (aus dem Kopf, daher nicht wörtlich zitiert): "Musik
> ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".

Freilich. So wie Literatur alles ist, was auf Papier gedruckt und zwischen
Buchdeckel gepreßt wird. Dennoch erlaubt sich die Literaturwissenschaft
den Begriff der Trivialliteratur.

> D. h., wenn ich eine Tonfolge durch das Zerdeppern verschieden starker
> Gläser erzeuge, ist es Musik.

Viele Werke der Neutöner empfinde ich just so. Willkürliche
Geräuschteppiche.

>Daß diese Dir nicht gefallen wird, ...

Sagen wir, mir fehlt jeder Zugang dazu, folglich auch jede
Möglichkeit einer adäquaten Bewertung.

>... aber das dürfte keinen verwundern, weil Pop-Musik primär
>der Unterhaltung dient. Das tat die klassische Musik zwar

> in gewissem Sinne auch ...

Nur in gewissem Sinne?
Was ist klassische Musik für Dich? Für mich ist sie
Unterhaltungsmusik im besten Sinne. Ich höre sie, um
sie zu genießen, mich dabei zu entspannen oder mich
von ihr anregen zu lassen.

Mit Vorstellungen, daß man sich den Zugang zu Musik
per intellektueller Anstrengung (oder unter schweren
Strapazen seiner Hörgewohnheiten) zu erarbeiten habe,
konnte ich nie viel anfangen. Kunst ist für mich untrennbar
mit dem Begriff "Genuß" verbunden.

> > Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas
> > ist ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> > "Lebensgefühl" zu vermitteln: Ihre Musik ist ausdruckslos,
> > stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch.
>
> Daß die Musik ausdruckslos sei, läßt sich wohl maximal auf den Teil der
> Charthits anwenden, die wie Massenware produziert und verkauft werden.

"Stumpfsinnig geradlinig" trifft es IMHO schon. Während bei
klassischer Musik der Genuß erst mit dem letzten Takt endet,
weiß man bei der "Egerländer Blasmusik" bereits nach fünf
Takten, was einen bis zum Ende des Stücks erwartet, bei
Techno weiß man es bereits nach dem ersten.

Wumm...Wumm...Wumm.... ad infinitum, ad nauseam

Eben der Unterschied zwischen einem liebevoll "durchkomponierten"
Menü in fünf Gängen mit passenden Weinen am liebevoll geteckten
Tisch und einem Pappteller "Pommes mit Majo" und einer Cola.

Das erstere ist ein Genuß bis zuletzt, beim zweiten ist nach dem
ersten Bissen und dem ersten Schluck "alles gesagt".

> Ansonsten würde sich jeder Musiker über Dein Urteil bedanken, für den
seine
> Arbeit sehr wohl Ausdruck seiner selbst ist -

Nicht jeder, der sich berufen fühlt, muß allein deswegen
schon etwas (gehaltvolles) zu sagen haben oder über
die Stilmittel verfügen ihm eine ansprechende Form zu
verleihen.

> Daß die [Pop, Hip Hop, Rap, Techno ...] Musik im Vergleich zur


>Kunstmusik "geradlinig" im Sinne von "einfach gestrickt" ist, erklärt
>sich aus ihrer "Anwendung".

Unterhaltung?

Diese "Anwendung" hat klassische Musik zumindest bei mir
ebenfalls. Nur fühle ich mich dort wesentlich "gekonnter"
unterhalten.

>Sie hat nicht den Anspruch, den ein Künstler an sein

>Publikum stellt ...

???
Ich stelle Ansprüche an den _Künstler_, ob und ggf.
welche Ansprüche der an mich stellt, ist mir herzlich
egal.

>Ich kann mir kaum vorstellen, daß die zig Millionen Pop-Musik-Hörer
>weltweit alle in ihrer Wahrnehmung abgestumpft wären.

Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, mag mich da aber täuschen,
daß der typische Techno-Fan ein Ohr für feinere Nuancen und
komplexere Strukturen hat, sonst könnte er dieses geistlose
(wortwörtlich, da oft ohne viel menschliches Zutun von geistlosem
technischen Computer- und Sound-Sampler-Gerät "komponierte")
Gewummer kaum lange ertragen.

>Als Gegenbeispiel empfehle ich, sich
> einmal Teile des Publikums anzusehen, die regelmäßig die großen
> "Klassik-Events" in Verona, Bayreuth oder Wien besuchen.

Es soll auch Leute geben, die sich ledergebundene Ausgaben
der literarischen Klassiker (ungelesen) ins Bücherregal stellen,
nur weil sie meinen, sie könnten/müßten damit "Bildungsbürgertum"
demonstrieren. ;-)

Zudem ist gute Musik nicht unbedingt mit großen Events
korreliert.

> Ob man nun Techno oder Mozart hört, ist natürlich (auch)
>Geschmackssache - und zudem eine Frage, welchen Anspruch
>man an Musikhören im ALlgemeinen hat.

De gustibus non est disputandum. Es läßt sich aber ohne
geschmäcklerische Beliebigkeit feststellen, daß das eine
Angebot _sehr_ viel einfacher gestrickt ist, als das andere.

>Wenn ich mich morgens mit Bahn und U-Bahn in die Arbeit bewege,
>werde ich sicherlich nicht auf die Idee kommen, auf meinem portablen
>Mini-Disc-Player Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für
> einen jungen Dichter" zu lauschen. Da tut es dann ganz "profan" und
> "degeneriert" die aktuelle Madonna-Scheibe.

So what? Auch ein Gourmet ißt gelegentlich eine "Currywurst mit
Pommes", auch ein Liebhaber guter Literatur liest im Flieger oder
während der Bahnfahrt vielleicht gern einen Krimi. Schade ist es nur,
wenn jemandes Lieraturkenntnisse sich auf Kriminalromane oder sein
kulinarischer Horizont auf fast food beschränkt. Das hat nichts mit
"degeneriert" zu tun, sondern IMO mit eingeschränkter Erlebnis- und
Genußfähigkeit.

Just my 0.02 Euro

Arnd-Matthias

Arnd-Matthias Langner

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to

"Klaus Viertel" <4t...@freenet.de> schrieb im Newsbeitrag
news:8uensp$1n04j$1...@ID-11361.news.dfncis.de...

> Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
> 8uegd8$1ksft$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
> > Sorry, aber nur die verwendeten Texte der Carmina Burana stammen aus dem
> > Mittelalter - die Musik von Carl Orff aus den 40er Jahren des 20.
> > Jahrhunderts ;-)
>
> Carlf Orff ? Kann sein, daß der Texte von Burana vertont hat, aber sie hat
> selbst auch Musik geschrieben.

:-)

Die Liedtexte heißen Carmina Burana (Beurener Lieder) nach ihrem
Fundort, dem Kloster Benediktbeuren und dürften von verschiedensten
Autoren stammen. Eine Dichterin oder Komponistin namens Burana
gab es nach meinem bescheidenen Wissen nicht.

Musik ist keine überliefert, die, IMO begeisternde, Vertonung stammt von
Carl Orff und ist ein Kind der 20. Jahrhunderts.

Gruß

Arnd-Matthias

Klaus Viertel

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to

Arnd-Matthias Langner <Arnd-Matth...@de.bosch.com> schrieb in im
Newsbeitrag: 8ueo8s$397$1...@proxy.fe.internet.bosch.de...

>
> "Andreas Heck (at work)" <ah...@webfair.com> schrieb im Newsbeitrag
> news:8uegd8$1ksft$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
>
> Hallo Andreas,
>
> erlaube, daß ich mich einmische.
>
[...]

> > > Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas
> > > ist ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> > > "Lebensgefühl" zu vermitteln: Ihre Musik ist ausdruckslos,
> > > stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch.
> >
> > Daß die Musik ausdruckslos sei, läßt sich wohl maximal auf den Teil der
> > Charthits anwenden, die wie Massenware produziert und verkauft werden.
>
> "Stumpfsinnig geradlinig" trifft es IMHO schon. Während bei
> klassischer Musik der Genuß erst mit dem letzten Takt endet,
> weiß man bei der "Egerländer Blasmusik" bereits nach fünf
> Takten, was einen bis zum Ende des Stücks erwartet, bei
> Techno weiß man es bereits nach dem ersten.
>
> Wumm...Wumm...Wumm.... ad infinitum, ad nauseam
>

Du sagst es :-)

Gruß !
Klaus Viertel

Klaus Viertel

unread,
Nov 9, 2000, 3:00:00 AM11/9/00
to

Arnd-Matthias Langner <Arnd-Matth...@de.bosch.com> schrieb in im
Newsbeitrag: 8ueonm$6q9$1...@proxy.fe.internet.bosch.de...

>
> "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de> schrieb im Newsbeitrag
> news:8uensp$1n04j$1...@ID-11361.news.dfncis.de...
> > Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
> > 8uegd8$1ksft$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
[...]

> Die Liedtexte heißen Carmina Burana (Beurener Lieder) nach ihrem
> Fundort, dem Kloster Benediktbeuren und dürften von verschiedensten
> Autoren stammen. Eine Dichterin oder Komponistin namens Burana
> gab es nach meinem bescheidenen Wissen nicht.
[...]

Du hast Recht. Fehler meinerseits. Aus meinen vorliegendem Text ging das
nicht deutlich hervor.

Gruß,
Klaus Viertel

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 10, 2000, 3:00:00 AM11/10/00
to
Schade, schade, Klaus.

Ich finde, Deine Repliken sind immer ein wenig einsilbig. Da wird kein Schuh
draus, wenn Du auf meine Fragen oder Ausführungen immer nur mit einem
lapidaren Satz antwortest, der nicht mehr ist, als die Repräsentierung
Deiner persönlichen Meinung. Die respektiere ich, dachte aber, daß es hier
um mehr geht, als bloßen Meinungsaustasch nach dem Muster "ich finde ..." -
"ich finde aber ..." geht. Sag' mir bitte in der nächsten Antwort bescheid,
ob Du überhaupt ein Interesse an einer eingehenderen BEtrachtung hast - das
Thema "Musik" ist in all seinen Facetten sehr komplex und hätte daher eine
etwas differenziertere Betrachtung verdient, wie ich finde.

[Was ist Musik]

> > Dazu eine Definition eines deutschen Musikwissenschaftlers
> > und -schriftstellers (aus dem Kopf, daher nicht wörtlich zitiert):
> > "Musik ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".
>
> Tut mir Leid, aber diese Definiton ist lachhaft.

Kann ich so als Argument nicht erkennen. Du machst Dich nicht viel
glaubhafter, wenn Du den Definitionsversuch eines Experten so lapidar
abtust, ohne Dir zu überlegen, was dahinter stecken könnte.

> Was ist dann Musikalisch ?
> Etwar alles, was irgendwie eine Abfolge von Tönen erzeugt. Ist doch ein
> bißchen primitiv oder ?

Ich bin mir nicht sicher, ob "primitiv" in diesem Zusammenhang Sinn macht.
Natürlich ist das eine best mögliche Reduzierung aller möglichen
semantischen Zusammenhänge - aber das wäre auch wichtig bzw. erachtete
besagter Wissenschaftler als wichtig, weil es noch immer viele - wie Dich -
gibt, die einfach das, was sie nicht ausstehen können oder nicht verstehen
(wollen), dadurch in den Orkus wünschen, indem sie die Berechtigung "Musik"
zu sein absprechen. Wenn für Dich nicht einmal Pop-Musik Musik ist, was wäre
für Dich dann z. B. ... sagen wir mal ... Werke von Komponisten des 20.
Jahrhunderts wie etwa Arnold Schönberg, Karlheinz Stockhausen oder gar
Helmut Lachenmann? Weißt Du, ich fühle mich da nicht in der Bringschuld.
Deshalb sage Du mir: Wenn es nicht Musik ist, was ist es dann? Wie wollen
wir es nennen, damit wir uns verständigen können?

> > > Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal
> > > musiktechnisch nicht im geringsten an die klassische heran.
> >
> > Ist mir zu pauschal. Im Bezug auf was kommt sie nicht nicht hin - was
> > bedeutet in diesem Zusammenhang "musiktechnisch"? Wenn Du Dich auf die
bis
>
> Muss ich hier wirklich sämtliche Begriffe der Notenkunde und Musiktherie
> aufzählen ? Vergleiche einfach z.B. einen Song der Spice Girls mit einer
> Bachschen Kantante, dann weißt du, was ich meine.

Es ist schade, daß Du immer an den Stellen snippst, wo ich auf die
Fragestellungen eingehe. Wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, daß
etwa die Musik der Klassik in Fragen "technische Umsetzung musikalischer
Problemstellungen" um Längen der Pop-Musik voraus ist. Das ist vollkommen
einverständig. Nur ist die Schlußfolgerung, die Du aus dieser Tatsache
ziehst, falsch: Klassik = gute Musik, Pop = schlechte (bzw. ja sogar gar
keine) Musik.

> > Und während man damals "O Du lieber Augustin" auf der Straße trällerte,
> > singt "das Volk" heute eben "Großer Bruder". Die Musik der Klassik gegen
> > die Populärmusik - egal welcher Epoche - auszuspielen ist nicht nur
> > ungerecht,
>
> Wieso ist das ungerecht ?

Ganz einfach: Du vergleichst Äpfel mit Birnen und verwendest dann das aus
diesem Vergleich resultierende Ergebnis, das ein falsches Ergebnis (gut -
schlecht) ist, gegen die Birnen. Das ist ungerecht.

> Populärmusik heute hat einen anderen erschreckenden Wert gegenüber
> der damaligen Unterhaltungsmusik zugeschrieben bekommen.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Die mußt Du nicht gut heißen. Ich heiße sie
auch nicht gut und will mein Bedauern über dieses Ungleichgewicht nicht
verhehlen. Jedoch wirst Du wohl kaum Popmusikhörer zum Hören klassischer
Musik bewegen, wenn Du ihnen in dieser Weise arrogant näherst. Oder wunderst
Du Dich etwa, daß so wenige junge Leute etwa ein Symphoniekonzert besuchen?
Das liegt doch nicht daran, daß die alle so blöde und ungebildet wären,
sondern schlicht, daß ihnen die Angebote, die ihnen gemacht werden mit all
dem Drumherum der "Klassik-Szene" nicht zusagt und sie sich deshalb anders
entscheiden. Wenn sie diese Entscheidung für sich treffen, belegst Du sie
sodann mit dem Bann des "degenerierten Musikverständnisses". Verstehe ich
nicht ...

> > Daß die Musik ausdruckslos sei, läßt sich wohl maximal auf den Teil der
> > Charthits anwenden, die wie Massenware produziert und verkauft werden.
> > Ansonsten würde sich jeder Musiker über Dein Urteil bedanken, für den
> > seine Arbeit sehr wohl Ausdruck seiner selbst ist - sonst wäre er
Schreiner
> > geworden oder Bäcker oder Finanzbeamter oder Lehrer oder sonstwas, um
sich
> > zu verwirklichen.
>
> Ich wüsste nicht, was "Rollergirl" oder sonst ein sog. Künstler
musikalisch
> zu sagen hätte, was irgendwie hörenswert wäre.

Stellen wir mal dahin, daß "Rollergirl" tatsächlich einer dieser vielen
Chartshits ist, den es nur deshalb gibt, weil viele Produzenten Musik als
Ware ansehen. Ok. Aber was ist mit all den anderen? Denen willst Du pauschal
absprechen, daß sie mit ihrer Musik etwas auf musikalischen Wege sagen
wollen? Finde ich ganz schön verwegen. Außerdem entscheidest ja nicht Du
alleine, was hörenswert ist und was nicht. Das kannst Du nur für Dich selbst
entscheiden. Da die Musik gehört wird, scheint es Leute zu geben, die diese
Musik für hörenswert erachten.
Was sollten denn sonst auch die Freunde anspruchsvoller Musik denken? Mit
einem Marktanteil von gerade einmal 7% am gesamten Musikmarkt (Tendenz
weiter sinkend) könnte man ja zur Ansicht kommen, diese Musik sei nicht
hörenswert.
All diese Ursache-Wirkung-Versuche zielen meiner Ansicht nach daneben.

> > Ob der Konsum solcher Musik abstumpft läßt sich wohl kaum in dieser
> > Pauschalität sagen. Ich kann mir kaum vorstellen, daß die zig Millionen
> > Pop-Musik-Hörer weltweit alle in ihrer Wahrnehmung abgestumpft wären.
> > Als Gegenbeispiel empfehle ich, sich
>
> Nicht in der Wahrnehmung, sondern in ihrem Musikverständnis, wenn man so
> will.

Will "man" es so? Ich will es auf jeden Fall nicht, denn ich müßte mich dann
selbst dazu zählen, weil ich neben all dem Bach, Beethoven, Mahler und
Schönberg *auch* ab und an Popmusik mit Genuß höre. Und dabei erachtete ich
mein Musikverständnis bisher doch für gar nicht mal so gering. Muß ich
umdenken?

> > Aber gehen wir mal wirklich von "proletisch" aus:
>

> Ich meinte proletenhaft.
>
> [...]

Das ist Deine ganze Meldung dazu? Es wäre wirklich schön, wenn Du etwas
ausführlich werden könntest, sonst wird das hier zum Monolog, der nur ab und
an von Zwischenrufen gestört wird. Da habe ich keine Lust drauf. Und
bezüglich "proletenhaft" würde ich mich einmal ein wenig in den weniger
bekannten Arbeiten der klassischen und romantischen Musikliteratur umsehen
... da wirst Du einiges an "Unflat" entdecken.

[Das Ende der Romantik]

> > Zumindest sind vielen Komponisten in der ersten Jahrhunderthälfte die
> > romantischen Gefühle vergangen, als sie auf die Toten der beiden Kriege
> > blickten.
>
> Es war an die gerichtet, die der Meinung sind: "Die klassische Musik ist
> tot, die Popmusik hat ihren Platz eingenommen". Außerdem war das Wort
> 'Nachfolge' gequotet !

In Ordnung, dann habe ich Dich falsch interpretiert, entschuldige. Denen zu
begegnen, die diese Meinung vertreten, sollte doch nicht schwer fallen,
oder? Das hebelt man doch mit zwei, drei Sätzen aus. Die Pop-Musik ist der
"Nachfolger" von "O du lieber Augustin", die Nachfolger der "Klassik" sind
die heute komponierenden Komponisten (die leider kaum einer kennt ;-) aber
das war zu Lebzeiten der "großen Meister" ja nicht anders.

> > > nämlich als die profane sich von der sakralen Musik zu trennen begann.

[...]

> > Oder willst Du tatsächlich die Musik eines, Ockeghem, eines Dufait
> > oder eines Monteverdis als "profan" bezeichnen?
>
> Ich bin mir nicht sicher, ob du weißt, was profan in diesem Zusammenhang
> bedeutet.

Sag Du es mir, kläre mich auf, Du Mensch des großen Musikverständnisses ;-))
Vielleicht solltest Du bezüglich der von Dir gewählten Adjektive wie etwa
auch "proletarisch" ein wenig genauer vorgehen ... dann bestünde auch nicht
andauernd die Gefahr, daß ich daneben liege, in Ordnung?
Zumindest wäre mir der Topos "profane Musik" als musikwissenschaftlicher
Begriff neu. Aber man lernt ja nie aus ...

[Carmina Burana]

> Carlf Orff ? Kann sein, daß der Texte von Burana vertont hat,
> aber sie hat selbst auch Musik geschrieben.

Das hat ja bereits Arnd-Matthias richtig gestellt. Eine Komponistin Carmina
Burana kann es nicht gegeben haben. Es handelt sich dabei um eine Sammlung
mittelalterliche Gedichte und GEschichten, die nach Jahrhunderten in
besagtem Kloster in Benediktbeuren aufgefunden und in den 1940er Jahren von
dem Münchner Komponisten Carl Orff vertont wurden. Und das ist wohl eines
der meistgespielten Werke des 20. Jahrhunderts - wenn man ihm leider auch
meist nur in Webespots in Kurzausschnitten begegnet.

> > Und weshalb sollten "Liebe, Schmerz und andere Gefühle"
> > schlecht sein.
>
> Habe ich nie behauptet.

Ich las diese Conclusio aus dem Zusammenhang. Denn das hast Du der von Dir
verteufelten Musik vorgehalten.

[Sprechgesang]

> > > der heutigen Musik, ist knapp 800 Jahre alt !
> >
> > Das stimmt nun auch wieder nicht. Du verwechselst das wahrscheinlich mit
> dem
> > gregorianischen Gesangsstil anfänglicher Prägung, der kaum große
> Tonschritte
>
> Eigentlich meinte ich nicht die Gregorianik, sondern die Frührenaissance.

Und die war vor 800 Jahren? Ich dachte immer, die Renaissance wäre 15.
Jahrhundert?

> > [...] daß Sprechgesang alles andere als profan oder sonstwas ist,


sondern
> > eine ganz bestimmte Ausdrucksform, die weit mehr
>
> Du verstehst mich falsch. Ich habe nicht behauptet, daß Sprechgesang an
sich
> schlecht ist, sondern nur, daß es nichts neues darstellt.

Damit kann ich Dir endlich einmal ohne Vorbehalte zustimmen, danke. Möchte
aber trotzdem noch anfügen ;-), daß die Art, wie er in der Rapmusik
verwendet wurde und teilweise noch immer verwendet wird und vor allem der
Grund, warum er verwendet wurde, "neu" war. Aber das ist nicht sonderlich
wichtig bzw. führt zu nichts ...

> > Spielarten zuläßt, als etwa der klassische Ariengesang (z. B. Schreien,
> > Heulen, Keuchen), und somit viel eher das Gefüge unserer eigenen Zeit
> > trifft, als das Besingen von antiken Gottheiten, die heute keiner mehr
> > kennt und kennen will.
>
> Wie würdest du das Gefüge unserer Zeit beschreiben ?

Sieh Dich um. In punkto Musik haben die meisten Menschen Schwierigkeiten,
den Zusammenhang zwischen Kunst und Zeit(geist) auszumachen, da wir in der
Musik die perverse Situation haben (wie kaum in einem anderen Kunstzweig!),
daß bezüglich der anspruchsvollen Musik, über die es sich lohnt, eingehender
zu diskutieren, diejenige die meistgehörte ist, die viele, viele Jahre vor
unserer Zeit aktuell war.
Das hat jetzt nichts damit zu tun, daß etwa eine Matthäus-Passion nicht mehr
zeitgemäß wäre, aber man sollte dabei nicht verschweigen, daß Bach damals
andere Dinge umtrieben, als uns heute Menschen.
Und deshalb sollte eine heute entstehende Musik (ich meine damit *nicht* die
Pop-Musik) auch so klingen, wie die Zeit ist, weil sie sonst "unwahr" im
Sinne Adornos wird.

[Schade, daß Du an dieser Stelle hier wieder alles übergangen hast.]

> > Und letztlich solltest Du nicht vergessen, wie populär es gerade in der
> > Epoche der Wiener Klassik war, Melodien des Volkes, Traditionals etc.
> > aufzunehmen und in die eigenen Arbeiten einzubauen. Diese Tradition des
> > "Verkunstens" von Populärmusik reichte im Grunde bis in die 1920er
Jahre -
> > und jetzt beginnt Rieu von Neuem und macht damit Millionen.
>
> Ja, bis 1920 !

Und? Du hast doch das Populäre mit "ist nicht Musik" bezeichnet bzw. deren
Hörer als welche mit degeneriertem Musikverständnis ausgemacht. Wie kann es
dann sein, daß Talentierte wie Mozart, eben solches Populäre aufnahmen, sich
damit also dafür interessierten (ich erinnere z. B. an die Janitscharenmusik
in Mozarts "Entführung aus dem Serail")?

> Und dieser Herr Rieu ist wohl eher eine einzige Lachnummer.

Mein vollstes Einverständnis.

> Sein "Verkunsten" besteht darin, "an der schönen blauen donau" und andere
> Walzer-Schinken auf und ab zu spielen.

Mein vollstes Unverständnis. Wenn Du die Walzer von Strauß als "Schinken"
bezeichnest, möchte ich fast vermuten, daß Du zuviel Rieu gehört hast. Oder
hattest Du schlechte Erfahrungen im Tanzkurs machen müssen? Johann Strauß
zählt - wie viele andere im Laufe der Jahrhunderte - zu den armen
"Verkannten", die man so gerne in den (nicht klar definierbaren aber
trotzdem gerne herangezogenen) Bereich der "U-Musik" packt. Das ist, was man
daraus macht. Aus der Partitur lese ich etwas anderes als "Schinken".

> > Du solltest einmal von Deinem hohen Roß steigen, sorry. Wenn Du
> > die ach so überlegene Musik hörst ... weshalb erkenne ich diese
> > Überlegenheit dann nicht im Umgang mit den Meinungen anderer
> > Menschen? Hat Dich das die klassische Musik gelehrt?
>
> Wieso solle man diese Überlegenheit am Umgang mit den anderen Menschen
> Meinung erkennen ?

Na ja, weshalb schafft ein Künstler Kunst? Weshalb packt ein Künstler
Utopien von Humanismus etc. in seine Kunstwerke (Beethoven)? Weshalb wird
die anspruchsvolle Musik immer als so besonders herausgehoben, wenn der
Hörer davon nicht partizipieren kann?
Zumindest hat mich die Auseinandersetzung mit sehr unterschiedlicher Musik
dazu gebracht, ein wenig Toleranz zu üben, wenn es darum geht, daß sich die
eigene Ansicht über ... z. B. Musik ... nicht mit der des anderen deckt.

[Geist oder Materie]

> Erstens stammt dies aus einem völlig anderen Beitrag

Ja, ich wollte es zusammenfassen, weil es hierher gehört.

> und zweitens ging es dabei um ein Bild, das optisch unästhetisch
> war.

Für Dich ... denn was bitte schön ist "optisch unästhetisch"? Wer gibt das
vor? Du? Oder ich? Glaube ich wohl kaum. Und damit sind wir wieder am
Anfang: "Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters". Was für Dich
unästhetisch ist, muß es nicht für mich sein. Ich hoffe, das gestehst Du mir
zu.

> > > Beides ist wahrnehmbar. Zeit spielt hier keine Rolle.
> >

[...]

> Ok, ohne Zeit keine Kunst und keine Musik. Das wußte ich auch schon
> vorher.

Schön für Dich, aber warum schreibst Du dann nur ein Posting davor genau das
Gegenteil (siehe oben)?

> > Nun ja, bisher hast Du mir noch nicht beweißen können, daß Du den von
Dir
> > als "degeneriert" bezeichneten Hörern etwas voraus hast. Dein
Verständnis
> > von Musik hielt ich eigentlich seit bereits einem Jahrhundert für
> > ausgestorben. Die Romantik ist zu Ende, Klaus, bitte aufwachen!
>
> Tja, falsch gedacht :-) Die Musik verliert doch aufgrund ihres Alters
nicht
> an Wert.

Tja, falsch gelesen ;-) Es ging mir nicht darum zu sagen, die Musik der
Romantik sei heute, nachdem die (Epoche der) Romantik beendet ist, nichts
mehr wert sei. Es ging um Kunstverständnis, um die Frage, wie Kunst und
Künstler versteht. Und Deine Form schmeckt sehr nach dem Geniekult, der eben
im 19. Jahrhundert, in der Zeit der Romantik, vorherrschend war. Und den
hielt ich eben für beendet und wollte Dir das mitteilen ;-) Von der Musik an
sich war bei obiger Aussage von mir nicht die Rede, sorry.

> > > Musik ist nur in begrenzter Weise eine Geschmacksfrage ! Wenn
> > > jemand lieber Brahms statt Beethoven hört, dann ist das eine
> > > Sache des Geschmacks.

[...]

> > Was soll man dazu sagen? Am besten: Nein! Denn ich höre z. B. weit
> > lieber Beethoven als Brahms, aber nicht, weil mir Beethovens Musik
> > besser schmeckt,
>
> Deswegen sagte ich ja, Geschmackssache.
>
> > sondern weil ich den ästhetischen Background "einer absoluten Musik" im
> > Mittel- bis Spätwerk von Brahms einfach nicht abkann. Musik, die sich
> > selbst genügt, interessiert mich nicht. Da kann sie technisch noch so
> > herausragend komponiert sein. Und das ist Brahms' Musik natürlich ohne
> > Zweifel.

Ich habe das einmal am Stück gelassen, damit Du vielleicht den Zusammenhang
besser siehst. Denn Dein Satz: "Deswegen sagte ich ja, Geschmackssache" haut
ja ganz genau daneben. Ich habe Dir - vielleicht hast Du es überlesen,
zumindest hast Du es nicht weiter kommentiert - ausdrücklich geschrieben,
daß meine persönliche Aversion gegen Brahm'sche Musik eben *nicht*
geschmacklich, sondern musikästhetisch begründet ist. Ich mag keine Musik
ohne "außermusikalisches Programm", um es einmal so verkürzt und einfach zu
umschreiben. Das hat mit Geschmack nicht viel zu tun. Bitte verdrehe nicht
immer alles!

> > Ob man nun Techno oder Mozart hört, ist natürlich (auch)
> > Geschmackssache - und zudem eine Frage, welchen Anspruch
> > man an Musikhören im ALlgemeinen hat.
>
> Bei Techno wahrscheinlich keinen.

Und wieder einer dieser Kurzsätze in Dampfwalzenmanier. Was heißt das? Bist
Du in der Lage genauer zu werden? Denkst Du der Satz trifft auf jegliche
Techno-Musik bzw. Techno-ähnliche Musik generell und überhaupt und weltweit
zu? Was ist mit all den Künstlern, die Techno als Stilmittel unserer Zeit in
ihren Arbeiten verwenden, sie mit barocker Kontrapunktik kombinieren usw.
usf.? Man kann nicht einfach "TEchno" sagen und damit die paar Nummern
meinen, die man irgendwann einmal in Auszügen "genießen" mußte. So geht das
nicht.

> > Wenn ich mich morgens mit Bahn und U-Bahn in die Arbeit bewege, werde
> > ich sicherlich nicht auf die Idee kommen, auf meinem portablen Mini-
> > Disc-Player Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für einen jungen Dichter"
> > zu lauschen. Da tut es dann ganz "profan" und "degeneriert" die aktuelle
> > Madonna-Scheibe.
>
> Den Morgen schon mit solch einem primitiven Lärm beginnen ?! Könnte ich
> nicht.

So doof zu argumentieren wie Du und alles niederbügeln, ohne auch nur ein
einziges Argument bringen zu können, das mit diesem Thema zu tun hat, könnte
ich auch nicht. Wenn Du das Brüllen der Affen im Amazonasdschungel als
primitiven Lärm bezeichnen würdest, könnte ich das noch annährend
nachvollziehen (wobei natürlich auch die Ausdrucksformen nur von unserer
Warte aus als primitiv erscheinen mögen) ... aber so?
Noch einmal meine Bitte: Wenn Du keinen Bock hast, ernsthaft über das Thema
zu reden, dann sage mir bitte bescheid. Schließlich sollte das für Dich als
einen, der kein "degeneriertes Musikverständnis" hat, ein Leichtes sein!

> > > Na und ?! Nur weil es vielleicht vielen Leute gefällt, muss das noch
> > > nichts heißen !
> >
> > Natürlich heißt das gar nichts. Aber zumindest heißt das, daß Dein
Urteil
> > von dem "degenerierten Musikverständnis" ziemlich daneben ist.
>
> Warum ? Ein Einzelner kann falsch liegen, aber die Menge hat zwangsläufig
> recht ?

Verstehst Du mich mit Absicht falsch? Dann im Klartext: "Ich finde es
ziemlich daneben, verwegen, arrogant, anmassend und beleidigend, Millionen
von Hörern und "Machern" in dieser pauschelen Weise und ohne besseres Wissen
ein "degeneriertes Musikverständnis" zu attestieren, nur weil sie Musik
hören bzw. produzieren, die Dir nicht gefällt.
War das verständlich?

> > Das nennst Du Argumentation? Dieses bösartige, kulturkonservative und
> > überhebliche Pauschalverurteilen soll treffend sein, geschweige denn
sich
> > auch nur annähernd mit der Realität decken? Wo lebst Du denn?
>
> Hast du schon mal den Videoclip zu dem einen oder anderen Hiphopsong
gesehen
> ? Wahrscheinlich nicht.

Wahrscheinlich weit mehr als Du, weil ich Rap bereits als Jugendlicher
Anfang der 80er Jahre gehört habe und damals die Videoclips erst so richtig
populär wurden.
Außerdem bitte ich zwischen Hip Hop und Rap Music zu unterscheiden - das ist
genauso verschieden wie Barock und Klassik.

> > Vielleicht solltest Du Dich einmal mit der Geschichte der
> > Rap-Musik ein wenig genauer befassen. Dann könntest Du sehr
> > leicht feststellen, daß es ab
>
> Wieso, macht es die Musik besser ???

Für Dich sicherlich nicht. Aber vielleicht macht Dich das etwas toleranter
oder stimmt Dich zumindest ein wenig milder, womit schon sehr viel erreicht
wäre.

> > Es war vielmehr politischer Protest der afro-amerikanischen Jugend,
> > die die Popularität und Verbreitung der Musik nutzten, um sich so ein
> > Sprachrohr zu verschaffen und ihre Anliegen auch außerhalb der eigenen
> > Szene zu Gehör zu bringen.
>
> Hätten sie sich lieber ein anderes Sprachrohr ausgesucht, denn Musik
> schreiben können sie nicht. Was tut die Entstehungsgeschichte zur Sache,
> wenn die Musik am Ende trotzdem minderwertig ist.

"Minderwertig" ist in diesem Zusammenhang - zumal es hier um einen zentralen
Punkt der afro-amerikanischen Kultur geht! - etwas unappetitlich, wie ich
finde. Sie steht in der Anwendung technischer und formaler Mittel natürlich
weiter unter klassischer Musik ... aber das sollte keinen wundern. Das ist
auch gar nicht ihr Anspruch. Die Leute, die diese Musik machten/machen,
wollten möglichst viele Menschen (vor allem der unteren Schichten!)
politisch erreichen und wären auf verlorenem Posten gewesen, hätten sie sich
der Mittel anspruchsvoller Musik bedient (noch mal zur Erinnerung: ca. 7%
Marktanteil).
Und mit "Musik schreiben können sie nicht" hast Du bezüglich vieler Rapper
sicherlich recht. Aber warum müssen sie das auch können? Sie wollen ja keine
4sätzige Symphonie schreiben, sondern einen Song mit einer politischen
Message, der möglichst schnell und einfach möglichst viele erreicht. Ihnen
das vorzuwerfen bzw. gegen ihre Musik vorzubringen, halte ich für billig.

> > Ich frage mich schon, wer Dir das Recht gibt, so über Menschen zu
> > urteilen, die Du nicht kennst und deren kultruellen Background Du

> > nicht kennst (zumalso mancher anfangs einiges riskiert hat, um eine


> > solche Musik überhaupt vertreiben zu können). Sehr, sehr ärgerlich.
>
> Ich urteile nicht über die Menschen. Ich urteile über die Musik.

Jetzt Moment einmal. Daß Du meine Aussagen mißverstehst und verkehrst, sei
Dir zugestanden. Das passiert jedem einmal mehr oder weniger. Aber daß Du
jetzt von Deinen eigenen Aussagen nichts mehr wissen willst ... oder hast Du
diejenigen, die Rap-Musik produzieren, etwa nicht als "Halbstarke"
bezeichnet, die "stumpfsinniges Gelaber" und "urwaldartiger" Klänge
hervorbringen?!? Ist das etwa kein Urteil über Menschen?

Ich wundere mich immer mehr ... und befürchte, daß ich wieder nur ein paar
Sätze als Antwort bekomme ...

CU.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 10, 2000, 3:00:00 AM11/10/00
to
Hallo Arnd-Matthias!

> erlaube, daß ich mich einmische.

Immer gerne ;-)

> > "Musik ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".
>
> Freilich.

Vorweg: Es ist mir schon klar, daß diese Einfachstdefinition den wenigsten
schmeckt, das bin ich gewohnt ;-) Allerdings bin ich bisher keiner anderen
Definition begegnet, die a) aller möglichen Epochen, b) aller möglichen
Genres und c) aller möglichen (technisch wie ästhetischen) Macharten
erfasst. Hast Du eine bessere?

> So wie Literatur alles ist, was auf Papier gedruckt und zwischen
> Buchdeckel gepreßt wird. Dennoch erlaubt sich die Literaturwissenschaft
> den Begriff der Trivialliteratur.

Den kennt die Musikwissenschaft natürlich auch. Es geht dabei aber nicht um
hoch - tief, sondern darum, was gehört dazu, was gehört nicht dazu. Wenn
draußen auf der Straße ein Bauarbeiter seinen Preßlufthammer bedient, sind
die daraus resultierenden Töne (oder besser: Geräusche) keine Musik, weil
die Beziehungen und Verbindungen innerhalb der Geräusche und untereinander
völlig willkürlich und ohne bestimmten Willen des "Produzierenden"
erklingen. Verwende ich einen Preßlufthammer in einer (wie auch immer
gerarteten) Konzertsituation in einer bestimmten, vorher festgelegten Art
und Weise, ist es Musik ... auch wenn Dir das nicht gefällt ;-)

> Viele Werke der Neutöner empfinde ich just so. Willkürliche
> Geräuschteppiche.

Was Du beim Hören zeitgenössischer Musik empfindest, ist Dir ja belassen.
Ein jeder nach seiner Fason ... es ändert aber nichts daran, daß der
Künstler aus bestimmten Gründen es aus diesen oder jenen Gründen eben genau
so festgelegt hat ("Neutöner" als Betitelung finde ich in diesem
Zusammenhang BTW ein wenig schwierig, weil der BEgriff erstens antiquiert
ist und zweitens vor allem von den Nazis zu Zwecken der Denunziation
("entartete Kunst") gegenüber Komponisten wie etwa Hindemith verwendet
wurde.)
Auf jeden Fall hat das nichts mit Willkür zu tun, dessen sei versichert (zu
was sollte man sich dann auch die Mühe mit der ausformulierung einer
möglichst genauen Partitur machen?)

> >Daß diese Dir nicht gefallen wird, ...
>
> Sagen wir, mir fehlt jeder Zugang dazu, folglich auch jede
> Möglichkeit einer adäquaten Bewertung.

Das ist doch in Ordnung, finde ich ok. Mir fehlten als ollen
"Beethoven-Fanatiker" ca. 5 Jahre der Zugang, bis mir durch ein besonderes
Erlebnis ein Licht aufging und ich neugierig wurde. Danach kamen dann einige
Jahre in Sachen "Hörerfahrung", denn die gehören sicherlich dazu, um
bestimmte Arten von Musik schätzen zu können (vor allem aufgrund der
Übermacht der - einfach ausgedrückt - "tonalen Musik" in unserer
Hemisphere).
Ich finde halt nur, daß man nur das im positiven wie negativen bewerten
sollte, das man kennt.

> > ... aber das dürfte keinen verwundern, weil Pop-Musik primär
> > der Unterhaltung dient. Das tat die klassische Musik zwar
> > in gewissem Sinne auch ...
>
> Nur in gewissem Sinne?
> Was ist klassische Musik für Dich? Für mich ist sie
> Unterhaltungsmusik im besten Sinne.

Für mich auch - zudem auf allerhöchstem Niveau. Einer der Gründe, weshalb
ich sie so liebe. Aber ich hoffe trotzdem, daß Du den Komponisten (vor allem
nach etwa 1750) nachträglich zugestehst, daß sie die meisten ihrer Werke
*nicht* zum Zwecke der Unterhaltung geschrieben haben.

> Ich höre sie, um sie zu genießen, mich dabei zu
> entspannen oder mich von ihr anregen zu lassen.

Nichts (oder sagen wir: kaum) etwas anderes habe ich im Sinn.

> Mit Vorstellungen, daß man sich den Zugang zu Musik
> per intellektueller Anstrengung (oder unter schweren
> Strapazen seiner Hörgewohnheiten) zu erarbeiten habe,
> konnte ich nie viel anfangen. Kunst ist für mich untrennbar
> mit dem Begriff "Genuß" verbunden.

Das ist ein altes Mißverständnis. Was spricht dagegen, daß sich Genuß und
intellektuelle BEschäftigung gut vertragen können? In der Regel ist es doch
so: Man begegnet einer Musik, die einen emotional berührt (Genuß). Wenn
diese Berührung entsprechend stark ausfällt und man sich an sich stark für
Musik interessiert, wird man diesen Genuß vielleicht auch gerne durch
Zusätzliches untermauern oder vielleicht sogar verstärken wollen, indem man
z. B. etwas über den betreffenden Komponisten liest oder sogar anhand der
Partitur versucht, Näheres zu ergründen.
Daß das kein "Muss" ist, ist klar. Genauso wenig sollte man aber solch
anspruchsvolle Musik auf den reinen Hörgenuß reduzieren, denn da steckt weit
mehr drin.

> > Daß die Musik ausdruckslos sei, läßt sich wohl maximal auf den Teil der
> > Charthits anwenden, die wie Massenware produziert und verkauft werden.
>
> "Stumpfsinnig geradlinig" trifft es IMHO schon.

Teilweise durchaus. Pauschalisieren möchte ich es einfach nicht, weil es so
viele Zwischenstufen und Schattierungen gibt, die ein solches Urteil
unmöglich machen (denke zum Beispiel einmal an die "pop art", die es
natürlich auch im Bereich der sog. E-Musik gibt).

> Während bei klassischer Musik der Genuß erst mit dem
> letzten Takt endet, weiß man bei der "Egerländer Blasmusik"
> bereits nach fünf Takten, was einen bis zum Ende des Stücks
> erwartet, bei Techno weiß man es bereits nach dem ersten.

Natürlich oder so in etwa ;-) Aber was heißt das? Doch wohl kaum diese
Pauschalverurteilung der Hörer solcher Musik, die Klaus hier proklamiert,
oder? Bin ich denn ein besserer Mensch, wenn ich Klassik höre? Bzw. wo darf
ich mich dann einordnen, der ich sowohl als auch höre?

> Wumm...Wumm...Wumm.... ad infinitum, ad nauseam

Unter anderem. Aber da gäbe es noch weit mehr ;-) Allerdings hört man
solcherlei "weit mehr" nicht im Radio oder den Diskotheken, das gebe ich zu.

> Eben der Unterschied zwischen einem liebevoll "durchkomponierten"
> Menü in fünf Gängen mit passenden Weinen am liebevoll geteckten
> Tisch und einem Pappteller "Pommes mit Majo" und einer Cola.

Natürlich, ich gebe Dir vollkommen recht. Aber daraus zu stricken,
derjenige, der die Pommes mit Majo bevorzugt, leide an GEschmacksverirrung,
halte ich für unfein. Und nur deshalb habe ich mich hier aufgeregt.
Ich würde ein italienischen Milchkalbsbraten nebst entsprechendem Brunello
jederzeit einem Pappteller Fast Food vorziehen ... aber es kann ja auch mal
Situationen geben, vor allem für andere Leute, wo es schnell gehen muß, man
nicht genügend Geld hat, keinen sonderlichen Appetit, man mit viel zu vielen
Leuten unterwegs ist, um sich in ein kleines Restaurant zu zwängen usw., in
denen sich Fast food anbietet.

Und letztlich bleibt es jedem selbst überlassen, was er wählt.

> Das erstere ist ein Genuß bis zuletzt, beim zweiten ist
> nach dem ersten Bissen und dem ersten Schluck "alles gesagt".

Selbstverständlich. Aber das ist doch eines der Geheimnisse des Erfolgs von
Pop-Musik: Sie ist schnell und ohne sonderlich Anstrengung rezipierbar. Sie
läuft (zumindest in aller Regel) einfach ab und man hat sofort Zugriff
(gerade beim kollektiven Tanzen). Aber das kann ich ihr doch beim besten
Willen nicht vorwerfen, weil eine Portition Pommes gar kein Rinderfilet sein
will!

> > Ansonsten würde sich jeder Musiker über Dein Urteil bedanken,
> > für den seine Arbeit sehr wohl Ausdruck seiner selbst ist -
>
> Nicht jeder, der sich berufen fühlt, muß allein deswegen
> schon etwas (gehaltvolles) zu sagen haben oder über
> die Stilmittel verfügen ihm eine ansprechende Form zu
> verleihen.

Sowohl als auch, auch hier müßte man konkret nachsehen, bevor man es in
einem Aufwasch beschließt. Wenn ein Musiker das Statement "Ich finde Krieg
scheiße" musikalisch loswerden will, kann er das auch in einem schönen
Divertimento für Piano solo tun ... aber wieso sollte er es nicht auch
anders tun bzw. in der Weise tun, die er für sich wählt? Wer möchte ihm die
Stilmittel vorschreiben?

> > Daß die [Pop, Hip Hop, Rap, Techno ...] Musik im Vergleich zur
> > Kunstmusik "geradlinig" im Sinne von "einfach gestrickt" ist,
> > erklärt sich aus ihrer "Anwendung".
>
> Unterhaltung?

Eher "fast ausschließlich Unterhaltung" ;-) Auf jeden Fall hat sie nicht den
Anspruch, etwas anderes zu sein, als Pop-Musik. Und die ist, aufgrund der an
visierten Zielgruppe "Volk", wie sie ist (und immer war): Einfach(st). Der
Traum von der ausschließlich anspruchsvolle Musik hörenden Gesellschaft ist
eben nur ein Traum. Anspruchsvolle Musik wird immer eine Musik für eine
kleine Minderheit sein, weil sie einfach mehr verlangt (gegenüber der
Pommes). Das war in früheren Zeiten nicht anders bzw. sogar noch weit
"schlimmer", weil in früheren Zeiten nur die Oberschicht in der Lage war,
Musik dieser Art zu genießen. Für das Volk blieben dann immer nur einzelne
Arien, die zu Gassenhauern (Pop-Songs!) wurden, wie etwa die Arie des
Papageno aus der Zauberflöte, die damals auf den Straßen Wiens sehr beliebt
war, obwohl sie die wenigstens wirklich aus einer Opernaufführung kannten.

> Diese "Anwendung" hat klassische Musik zumindest bei mir
> ebenfalls. Nur fühle ich mich dort wesentlich "gekonnter"
> unterhalten.

Da hast Du mich falsch verstanden. Natürlich unterhält klassische Musik
auch, das ist doch keine Frage (BTW für mich auch keine Frage, daß mich
zeigenössische Musik sehr unterhält). Weshalb sollte ich sonst ein Konzert
besuchen oder mir eine CD-Einspielung für teuer Geld besorgen? Die Frage ist
doch nur, ganz einfach und primitiv gesagt: Weshalb schreibt einer eine
Symphonie? Und wenn da am Schluß als Antwort "Unterhaltung" stünde, würde
man einen großen Teil dieses Antriebs aussparen ... und leider macht man das
auch sehr gerne, um die Musik konsumierbarer zu machen. Man schneidet ihr
die Stacheln ab, die sie hat und läßt sie dann von fröhlichen Geigern wie
Rieu oder abgehalfterten Ex-Tenören unters Volk für teuer Geld jubeln.
Deshalb bin ich immer ein wenig vorsichtig, wenn versucht wird, die Klassik
auf den reinen Unterhaltungswert zu reduzieren. Denn da ließen sich
unzählige Werke anführen, die bei genauerem Hinsehen sehr schnell zeigen,
daß es dem Komponisten um weit mehr ging.

> >Sie hat nicht den Anspruch, den ein Künstler an sein
> >Publikum stellt ...
>
> ???
> Ich stelle Ansprüche an den _Künstler_, ob und ggf.
> welche Ansprüche der an mich stellt, ist mir herzlich
> egal.

Na bravo, dann solltest Du DIch aufs Pop-Musik-Hören verlegen ;-)))
Natürlich stellt Beethoven Ansprüche an Dich, wenn er Dir seine späten
Streichquartette präsentiert. Daß Du diesem Anspruch nicht FOlge zu leisten
hast, ist klar. Trotzdem bedarf es des aufmerksamen Hörers, damit sich die
Musik so zeigt, wie sie der Künstler (höchstwahrscheinlich!) angelegt hat.
Weil sonst endet das Ganze bei Klassik-Radio und das ist 1:1 das selbe wie
die von vielen verdammte MTV- und VIVA-Kultur mit anderen Vorzeichen:
Häppchen für den schnellen Genuß und dann weg und was Neues und immer
weiter. Auf der einen Seite rein, auf der anderen Seite raus. Während es mir
herzlich wenig schert, daß Madonna-Songs als KLangkulisse im Hintergrund
dienen, bin ich ziemlich allergisch, wenn auch Werke der Klassik in dieser
Weise als Klangtapete konsumierbar gemacht werden.

> >Ich kann mir kaum vorstellen, daß die zig Millionen Pop-Musik-Hörer
> >weltweit alle in ihrer Wahrnehmung abgestumpft wären.
>
> Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, mag mich da aber täuschen,
> daß der typische Techno-Fan ein Ohr für feinere Nuancen und
> komplexere Strukturen hat, sonst könnte er dieses geistlose
> (wortwörtlich, da oft ohne viel menschliches Zutun von geistlosem
> technischen Computer- und Sound-Sampler-Gerät "komponierte")
> Gewummer kaum lange ertragen.

Das mag so sein, ich kann es weder bestätigen noch widerlegen, da ich davon
einfach zu wenig Ahnung habe. Sicherlich wundere auch ich mich, wo der Spaß
sein soll, stundenlang zu relativ aggressiver Musik eintönig zu tanzen. Aber
dazu zwingt mich ja keiner. Wem es Spaß macht ... bitte sehr, darüber muß
ich nicht urteilen.

["Klassik-Events" in Verona, Bayreuth oder Wien]

> Es soll auch Leute geben, die sich ledergebundene Ausgaben
> der literarischen Klassiker (ungelesen) ins Bücherregal stellen,
> nur weil sie meinen, sie könnten/müßten damit "Bildungsbürgertum"
> demonstrieren. ;-)

Oh ja, die gibt es auch ;-)

> Zudem ist gute Musik nicht unbedingt mit großen Events
> korreliert.

Natürlich überhaupt nicht. Ich habe VErona und andere angeführt, weil ich da
keinen großen Unterschied der Fans solcher Veranstaltungen zu den
Discogängern sehe: Es geht um Spaß, Zusammenkommen, sich selbst feiern
lassen usw. usf. Deshalb kann man meiner Meinung nach eben nicht von der
Musik, die einer hört, auf die hörende Person schließen, und das war ja
Ausgang der Diskussion. Denn bei Stoiber oder Mooshammer in Bayreuth auf der
einen und einem zugesnieft abtanzenden Techno-Freak im Disco-Tempel auf der
anderen Seite möchte ich eigentlich nicht die Hand umdrehen ;-)

> > Ob man nun Techno oder Mozart hört, ist natürlich (auch)
> > Geschmackssache - und zudem eine Frage, welchen Anspruch
> > man an Musikhören im ALlgemeinen hat.
>
> De gustibus non est disputandum.

In der Tat - ein oller Spruch zwar, der aber noch immer zu 100% zutrifft.

> Es läßt sich aber ohne geschmäcklerische Beliebigkeit
> feststellen, daß das eine Angebot _sehr_ viel einfacher
> gestrickt ist, als das andere.

Unbedingt, das wollte ich auch nie bestreiten. Mich störte einfach die
konstruierte Argumentationskette "Hören einfacher Musik -> Hörer ist
einfachen Geistes" usw.

> >Wenn ich mich morgens mit Bahn und U-Bahn in die Arbeit bewege,
> >werde ich sicherlich nicht auf die Idee kommen, auf meinem portablen
> >Mini-Disc-Player Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für
> > einen jungen Dichter" zu lauschen. Da tut es dann ganz "profan" und
> > "degeneriert" die aktuelle Madonna-Scheibe.
>
> So what? Auch ein Gourmet ißt gelegentlich eine "Currywurst mit
> Pommes", auch ein Liebhaber guter Literatur liest im Flieger oder
> während der Bahnfahrt vielleicht gern einen Krimi.

Na also, wir verstehen uns. Nichts anderes wollte ich behauptet haben.

> Schade ist es nur, wenn jemandes Lieraturkenntnisse sich auf
> Kriminalromane oder sein kulinarischer Horizont auf fast food
> beschränkt. Das hat nichts mit "degeneriert" zu tun, sondern
> IMO mit eingeschränkter Erlebnis- und Genußfähigkeit.

Das ist in der Tat sehr schade ... weshalb man, als einer der es vielleicht
anders oder gar besser weiß, nicht müde werden sollte, den Fast
food-Anhängern Angebote zu unterbreiten. Damit habe ich schon so manchen von
Musik überzeugen können, die er davor zum Kotzen fand.
Ihn herunterbügeln, wie es hier im Forum geschah, kann definitiv nicht die
richtige Herangehensweise sein.

Beste Grüße.

Arnd-Matthias Langner

unread,
Nov 10, 2000, 3:00:00 AM11/10/00
to

"Andreas Heck (at work)" <ah...@webfair.com> schrieb im Newsbeitrag
news:8ugo7u$1ljsr$1...@ID-59725.news.dfncis.de...


Hallo Andreas!

[Definitionsfragen]


> > > "Musik ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".

....


> Vorweg: Es ist mir schon klar, daß diese Einfachstdefinition den wenigsten
> schmeckt, das bin ich gewohnt ;-) Allerdings bin ich bisher keiner anderen
> Definition begegnet, die a) aller möglichen Epochen, b) aller möglichen
> Genres und c) aller möglichen (technisch wie ästhetischen) Macharten
> erfasst. Hast Du eine bessere?

Deine Definition ist mir zu allgemein (zumal "Musikalisches" dann vermutlich
alles wäre, was sich auf Musik bezieht <eg>), aber eine präzisere
habe ich auch nicht zu bieten.
...


> Den kennt die Musikwissenschaft natürlich auch. Es geht dabei aber nicht
um
> hoch - tief, sondern darum, was gehört dazu, was gehört nicht dazu. Wenn
> draußen auf der Straße ein Bauarbeiter seinen Preßlufthammer bedient, sind
> die daraus resultierenden Töne (oder besser: Geräusche) keine Musik, weil
> die Beziehungen und Verbindungen innerhalb der Geräusche und untereinander
> völlig willkürlich und ohne bestimmten Willen des "Produzierenden"
> erklingen. Verwende ich einen Preßlufthammer in einer (wie auch immer
> gerarteten) Konzertsituation in einer bestimmten, vorher festgelegten Art
> und Weise, ist es Musik ... auch wenn Dir das nicht gefällt ;-)

Also ist Kunst gekennzeichnet durch den bestimmenden Willen
des Produzierenden, ebensolche zu produzieren. Diese Definition
treibt ja im Bereich der bildenden Kunst die bekannten Happening-Blüten,
aber eine schärfere Definition verlangte objektive Kunstkriterien. Wo die
herkommen sollen, weiß ich allerdings nicht.

>
> > Viele Werke der Neutöner empfinde ich just so. Willkürliche
> > Geräuschteppiche.
>
> Was Du beim Hören zeitgenössischer Musik empfindest, ist
>Dir ja belassen. Ein jeder nach seiner Fason ... es ändert aber
>nichts daran, daß der Künstler aus bestimmten Gründen es aus
>diesen oder jenen Gründen eben genau
> so festgelegt hat

Ich schrieb "empfinde ich" und brachte damit m.E. die Subjektivität
meiner Auffassung deutlich zum Ausdruck. Auch eine chinesisch geführte
Unterhaltung empfände ich als "willkürliche Geräuschfolge", da ich
die chinesische Sprache nicht beherrsche und folglich dem Gesagten
keinen Informationsgehalt entnehmen kann. Ein Chinese wird zu
einer anderen Auffassung gelangen.

>"Neutöner" als Betitelung finde ich in diesem Zusammenhang BTW ein

>wenig schwierig, weil der Begriff ... vor allem von den Nazis zu Zwecken


>der Denunziation ("entartete Kunst") gegenüber Komponisten wie etwa

>Hindemith verwendet > wurde....

War definitiv nicht in diesem Sinne gemeint. Da ich selbst keine objektiven
Kunstkriterien anbieten kann und auch nicht der Meinung bin, daß jemand
anderes über welche verfügt, verbietet sich eine Begrifflichkeit wie
"degeneriert" oder gar "entartet" IMO von selbst.

> Auf jeden Fall hat das nichts mit Willkür zu tun, dessen sei versichert
(zu
> was sollte man sich dann auch die Mühe mit der ausformulierung einer
> möglichst genauen Partitur machen?

Ich war neulich in einem Konzert, in dem ganz trickreich in die Mitte
des Programms ein Schönberg eingebaut war, (Meine Einstellung zu
dieser Sorte Musik ist mit dem Wort "Ratlosigkeit" vermutlich besser
gekennzeichnet als mit dem Begriff "Ablehnung"). In der Pause habe
ich lästernd zu meiner Frau gesagt: "Demnächst komponiere ich ein
Stück für drei binominalverteilte Zufallszahlengeneratoren und einen
weißen Rauschprozeß." Wenn man solche Zufallsprozesse aufzeichnete,
hätte man - rein formal - ebenfalls eine "Partitur". Weshalb sich jemand
mit etwas Mühe machen sollte, dafür kann es eine Reihe von Gründen
geben, es könnte ihm ja auch der Schalk im Genick sitzen und er will
mal abtesten, ob das Publikum sein Kuckucksei als solches erkennt.
(Nein, Schönberg unterstelle ich das sicher nicht.)

[neue Musik]


> > Sagen wir, mir fehlt jeder Zugang dazu, folglich auch jede
> > Möglichkeit einer adäquaten Bewertung.
>
> Das ist doch in Ordnung, finde ich ok. Mir fehlten als ollen
> "Beethoven-Fanatiker" ca. 5 Jahre der Zugang, bis mir durch ein besonderes
> Erlebnis ein Licht aufging und ich neugierig wurde. Danach kamen dann
einige

> Jahre in Sachen "Hörerfahrung", ...

Nun, ich bin der Meinung, man sollte sich zu Dingen, denen man
nichts abgewinnen kann, nicht zwingen, sondern sie zurück-
stellen. Vielleicht kommt die Zeit, in der man sie schätzen lernt,
später, vielleicht nie.

> Ich finde halt nur, daß man nur das im positiven wie negativen bewerten
> sollte, das man kennt.

Einverstanden.

[Klassik als Unterhaltungsmusik]


> Für mich auch - zudem auf allerhöchstem Niveau. Einer der Gründe, weshalb
> ich sie so liebe. Aber ich hoffe trotzdem, daß Du den Komponisten (vor
allem
> nach etwa 1750) nachträglich zugestehst, daß sie die meisten ihrer Werke
> *nicht* zum Zwecke der Unterhaltung geschrieben haben.

Das gestehe ich zu, auch für viele frühere Komponisten, das ändert
letztendlich aber nichts an meiner Haltung, sie als hochwertige
Unterhaltungs-
musik (Unterhaltung aus meiner Sicht, nicht der des Künstlers) zu hören. Die
Intention des Komponisten muß ja nicht die des Rezipienten sein.

Bach würde sich ebenfalls im Grabe herumdrehen, wüßte er,
daß ich manche seiner geistlichen Werke zum profanen Zwecke
des herrlich entspannenden Musikgenusses höre. Nur: Ich
war nie ein religiöser Mensch und in die Glaubenswelt des
barocken Menschen (besonders seiner Hoffnungen und Ängste)
kann ich mich zumindest _emotional_ erst recht nicht hinein-
versetzen. Der große Johann Sebastian möge mir verzeihen,
ich genieße seine Musik trotzdem.

[Musikgenuß versus Intellekt]


> Das ist ein altes Mißverständnis. Was spricht dagegen, daß sich Genuß und
> intellektuelle BEschäftigung gut vertragen können?

...


> Daß das kein "Muss" ist, ist klar. Genauso wenig sollte man aber solch
> anspruchsvolle Musik auf den reinen Hörgenuß reduzieren, denn da steckt
weit
> mehr drin.

Dazu fehlen mir die theoretischen Grundlagen. Ein Notenblatt
(geschweige denn eine Partitur) ist für mich ein Stück Kryptographie.
Ich habe neulich in der Straßenbahn eine Frau gesehen, die während
der Fahrt ein Notenheft las und dabei anscheinend wirklich im Kopf
"Musik hörte". Das sind Fähigkeiten, die mir z.B. völlig abgehen
und über die ich nur staunen kann.
...


> > Während bei klassischer Musik der Genuß erst mit dem
> > letzten Takt endet, weiß man bei der "Egerländer Blasmusik"
> > bereits nach fünf Takten, was einen bis zum Ende des Stücks
> > erwartet, bei Techno weiß man es bereits nach dem ersten.
>
> Natürlich oder so in etwa ;-) Aber was heißt das? Doch wohl kaum diese
> Pauschalverurteilung der Hörer solcher Musik, die Klaus hier proklamiert,
> oder?

Nein. Niemand muß sich für seine Vorlieben rechtfertigen. Schon
gar nicht bei mir. Nur: Toleranz heißt für mich nicht, daß ich alles
unterschiedslos gut oder gleichwertig finden muß. Ich erlaube mir
da durchaus sehr dezidierte Meinungen. Ich habe nur zu akzeptieren,
daß meine Meinung nicht im Gewande des Universalgeltungs-
anspruchs daherkommen darf, sondern gleichrangig neben anderen
(abweichenden) Meinungen steht. Meine Meinung ist eben nur
meine Meinung, aber nicht "die Wahrheit" (TM).

>Bin ich denn ein besserer Mensch, wenn ich Klassik höre?
>Bzw. wo darf ich mich dann einordnen, der ich sowohl als
>auch höre?

Na, halt mal ein Edelmensch, mal ein wenig "degeneriert" ?
;-)

BTW hat ja auch die Popmusik durchaus ihre Perlen
(Ich "gestehe" gern, daß ich gestern abend eine CD
mit Songs von Janis Joplin gehört habe ;-) ) , nur daß
ich den subjektiven Eindruck habe, daß es in diesem
Genre früher besseres gab und die letzten 5-10 Jahre
fast nur noch unsäglicher Schrott auf den Markt geschmissen
wurde, mag natürlich auch eine Altersfrage sein.

[Techno, Hip Hop]


> > Wumm...Wumm...Wumm.... ad infinitum, ad nauseam
>
> Unter anderem. Aber da gäbe es noch weit mehr ;-) Allerdings hört man
> solcherlei "weit mehr" nicht im Radio oder den Diskotheken, das gebe ich
zu.

Meine rudimentären Kenntnisse dieser Musikstile stammen
eben nur aus den einschlägigen Radioprogrammen und dem
dort verbreiteten Mainstream, mag sein, daß das eine
schmale Basis ist, aber ich zweifle, daß ich dem Rest mehr
abgewinnen könnte.
...


> Selbstverständlich. Aber das ist doch eines der Geheimnisse des Erfolgs
von
> Pop-Musik: Sie ist schnell und ohne sonderlich Anstrengung rezipierbar.
Sie
> läuft (zumindest in aller Regel) einfach ab und man hat sofort Zugriff

Halt unkomplizierte Hintergrundmusik. Das, was ich z.B. auf
langen Autofahrten gern höre. da würde mich Klassik entweder
zu stark vom Verkehrsgeschehen ablenken, oder der Verkehr
von der Musik.

...

> Eher "fast ausschließlich Unterhaltung" ;-) Auf jeden Fall hat
> sie nicht den Anspruch, etwas anderes zu sein, als Pop-Musik.
> Und die ist, aufgrund der an visierten Zielgruppe "Volk", wie sie
> ist (und immer war): Einfach(st). Der Traum von der ausschließlich
> anspruchsvolle Musik hörenden Gesellschaft ist eben nur ein Traum.

Mein Traum wäre das noch nicht mal. Eine Welt, in der jeder meinen
Geschmack hätte, wäre vielleicht eher ein Alptraum. Mit wem sollte
ich streiten? ;-)

Soll doch jeder die Musik hören, die er mag. Ich gewinne oder
verliere dadurch nichts. Ich erlaube mir zwar, bestimmte Musikstile
mit Etiketten wie "einfach gestrickt" oder gar "stumpfsinnig" zu belegen,
füge aber im Bezug auf andere gern ein "IMHO" hinzu.

>...weil in früheren Zeiten nur die Oberschicht in der Lage war,


> Musik dieser Art zu genießen.

Da hat die Schallplatte und später die CD wirklich eine
Demokratisierung der Musik eingeleitet. Schade daß die
allgemeine und preiswerte Verfügbarkeit guter Musik ihr
nicht zu größerer Verbreitung verholfen hat, als die von
Dir gegenüber Klaus genannten 7%.

[Pop hat im Gegensatz zu Klassik]
> > >.... nicht den Anspruch, den ein Künstler an sein


> > >Publikum stellt ...
> >
> > ???
> > Ich stelle Ansprüche an den _Künstler_, ob und ggf.
> > welche Ansprüche der an mich stellt, ist mir herzlich
> > egal.
>
> Na bravo, dann solltest Du DIch aufs Pop-Musik-Hören verlegen ;-)))

War so arrogant, wie es sich zugegebenermaßen liest,
eigentlich nicht gemeint.

Siehe meine Bemerkungen weiter oben zu Bachs
geistlicher Musik. Um seinen Ansprüchen und Intentionen
gerecht zu werden, die er (vermutlich) beim Komponieren
hatte, fehlt mir schlicht die weltanschauliche Grundlage.

> Natürlich stellt Beethoven Ansprüche an Dich, wenn er Dir seine späten
> Streichquartette präsentiert. Daß Du diesem Anspruch nicht FOlge zu
leisten
> hast, ist klar. Trotzdem bedarf es des aufmerksamen Hörers, damit sich die
> Musik so zeigt, wie sie der Künstler (höchstwahrscheinlich!) angelegt hat.

Des aufmerksamen Hörers bedarf es sicher. Dennoch mag es
sein - und das finde ich völlig in Ordnung - daß ein Hörer die
Musik aus Gründen schätzt, die mit den Intentionen des
Komponisten wenig zu tun haben.

> Während es mir herzlich wenig schert, daß Madonna-Songs als
> KLangkulisse im Hintergrund dienen, bin ich ziemlich allergisch,
> wenn auch Werke der Klassik in dieser Weise als Klangtapete
> konsumierbar gemacht werden.

D'accord. Vor allem: Man hat ja nichts davon, da sich die Musik
dem "mit einem halben Ohr" zuhörenden nicht erschließt.
das Hören klasischer Musik schließt andere Tätigkeiten IMO
aus, die Musik verlangt die Aufmerksamkeit des Hörers.
...


> Das mag so sein, ich kann es weder bestätigen noch widerlegen, da ich
davon
> einfach zu wenig Ahnung habe. Sicherlich wundere auch ich mich, wo der
Spaß
> sein soll, stundenlang zu relativ aggressiver Musik eintönig zu tanzen.
Aber
> dazu zwingt mich ja keiner. Wem es Spaß macht ... bitte sehr, darüber muß
> ich nicht urteilen.

Auch hier: Einverstanden

>
> ["Klassik-Events" in Verona, Bayreuth oder Wien]

> > Zudem ist gute Musik nicht unbedingt mit großen Events


> > korreliert.
>
> Natürlich überhaupt nicht. Ich habe VErona und andere angeführt, weil ich
da
> keinen großen Unterschied der Fans solcher Veranstaltungen zu den
> Discogängern sehe: Es geht um Spaß, Zusammenkommen, sich selbst feiern
> lassen usw. usf.

Oft schlimmer: Sehen und gesehen werden, sich als "kultivierter
Zeitgenosse" präsentieren. Selbst wenn Wagners Musik mein
Fall wäre (ist sie definitiv nicht), brächten mich keine 10 Pferde
nach Bayreuth.

>Denn bei Stoiber oder Mooshammer in Bayreuth auf der
> einen und einem zugesnieft abtanzenden Techno-Freak im
>Disco-Tempel auf der anderen Seite möchte ich eigentlich
>nicht die Hand umdrehen ;-)

ROTFL

> > Es läßt sich aber ohne geschmäcklerische Beliebigkeit
> > feststellen, daß das eine Angebot _sehr_ viel einfacher
> > gestrickt ist, als das andere.
>
> Unbedingt, das wollte ich auch nie bestreiten. Mich störte einfach die
> konstruierte Argumentationskette "Hören einfacher Musik -> Hörer ist
> einfachen Geistes" usw.

Wir sind uns einig, daß dieser Schluß keineswegs zwingend ist.

Gruß
Arnd-Matthias

Klaus Viertel

unread,
Nov 10, 2000, 3:00:00 AM11/10/00
to
Da es wenig Sinn macht, auf jeden Gedanken deines Beitrags einzugehen, schon
allein deswegen, weil Wiederholungen fast unvermeidbar wären und daneben
noch die Übersichtlichkeit schwindet, hab ich mich auf den folgenden
Textausschnitt beschränkt.

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:

8ugjna$1rubi$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
> Schade, schade, Klaus.
>
[......]


> Verstehst Du mich mit Absicht falsch? Dann im Klartext: "Ich finde es
> ziemlich daneben, verwegen, arrogant, anmassend und beleidigend, Millionen
> von Hörern und "Machern" in dieser pauschelen Weise und ohne besseres
Wissen
> ein "degeneriertes Musikverständnis" zu attestieren, nur weil sie Musik
> hören bzw. produzieren, die Dir nicht gefällt.

Ich bin froh, daß du endlich deine Sichweise auf den Punkt zu bringen, aber
auch weniger froh, über das Mißverständis, daß sich dadurch nur noch stärker
offenbart.

Ihre Musik gefällt mir aus gutem Grund nicht und ich halte ihr
Musikverständis deshalb für falsch, weil ihre Musik minderwertig gegenüber
der klassischen ist, egal welchen Ursprung sie hat, ob sie nun aus
politischen Protest, sozialer Unterdrückung, Gesellschaftskritik oder
einfach aus Spaß an der vermeintlichen Musik hervorging, welche Anspruch sie
erhebt, zu welchen Anlässen und Situationen sie gedacht war. Es ist egal, ob
der Urheber die Musik absichtlich simpel strickte, um sie für diese oder
jene Situation passender zu gestalten oder sie für das breite Volk
zugänglich zu machen. So oder so ist jede Art von Popmusik nur
Unterhaltungsmusik.
Es geht nur um die Musik an sich, um nichts anderes. Erst in zweiter Instanz
folgt die Intention des Künstlers. Da nun die Popmusik den Platz der
gesamten Musik des vorletzten und allen dahinterliegenden Jahrhunderten bis
zur Renaissance eingenommen hat, so muss sie sowohl den Vergleich mit
zeitgenössischen Liedern als auch, und dies ist sehr viel wichtiger, den
Vergleich mit den Werken der großen Komponisten standhalten. Wer z.B.
eine Sinfonie von Mozart oder Schumann, ein Klavierkonzert von Beethoven,
eine Oper von Wagner mit irgendeinem Stück der heutigen Musik vergleicht und
genaustens betrachtet und dann behauptet, ihm würde letzteres besser
gefallen, mehr zusagen, der besitzt einen falsches Verständis von Musik,
entweder, weil er trotzalledem Vorurteile hat und so sein Urteil getrübt
wird, oder, weil der Intellekt nicht ausreicht, um die klassische Musik zu
verstehen. Hier kann man sich nicht mit der Intention des Machers und dem
Verwendungszweck herrauswinden.
Ich kann es eigentlich nicht verstehen, warum Leute, die den Wert der "alten
Musik" erkennen, immer noch an dem Wert der neuen festhalten, wenn der
Vergleich möglich oder besser, notwendig ist.

Ich hoffe, das dir diese Antwort nun genügt.

Gruß,
Klaus Viertel

Thorsten Reimann

unread,
Nov 10, 2000, 3:00:00 AM11/10/00
to
On Fri, 10 Nov 2000 18:36:45 +0100, "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de>
wrote:


>Ihre Musik gefällt mir aus gutem Grund nicht und ich halte ihr
>Musikverständis deshalb für falsch, weil ihre Musik minderwertig gegenüber
>der klassischen ist,

*gähn*... noch so einer, der immer noch an einen objektiven Wert von
Musik zu glauben scheint und diesen benutzt, um seinen eigenen
Geschmack zu rechtfertigen.

>Da nun die Popmusik den Platz der
>gesamten Musik des vorletzten und allen dahinterliegenden Jahrhunderten bis
>zur Renaissance eingenommen hat, so muss sie sowohl den Vergleich mit
>zeitgenössischen Liedern als auch, und dies ist sehr viel wichtiger, den
>Vergleich mit den Werken der großen Komponisten standhalten.

Da kann man ihr ja nur viel Glück wünschen.

> Wer z.B.
>eine Sinfonie von Mozart oder Schumann, ein Klavierkonzert von Beethoven,
>eine Oper von Wagner mit irgendeinem Stück der heutigen Musik vergleicht und
>genaustens betrachtet und dann behauptet, ihm würde letzteres besser
>gefallen, mehr zusagen, der besitzt einen falsches Verständis von Musik,
>entweder, weil er trotzalledem Vorurteile hat und so sein Urteil getrübt
>wird, oder, weil der Intellekt nicht ausreicht, um die klassische Musik zu
>verstehen.

Wie ist das denn so? Gibst Du Dein Geschmacksurteil immer erst ab,
wenn Du die Musik genauestens betrachtet hast?
Um mal von mir zu sprechen: Ich ziehe den ersten drei
Schumann-Symphonien (um bei Deinem Beispiel zu bleiben) jeden
Metallica-Song (der ersten fünf Alben) vor. Nicht jedoch der Vierten.
Deiner Behauptung zufolge besitzen diese drei Symphonien also einen
intelektuellen Mehrwert gegenüber op. 120, den zu fassen ich nicht
imstande bin (bitte zeige ihn mir auf), oder ich habe (mir nicht
bewußte) Vorurteile, die den sich eher an Beethoven orientierenden
Symphoniker Schumann dem Schumann in Kenntnis der Großen C-Dur
Schubert gegenüber, wahrscheinlich irrational, abwerten.

>Ich kann es eigentlich nicht verstehen, warum Leute, die den Wert der "alten
>Musik" erkennen, immer noch an dem Wert der neuen festhalten, wenn der
>Vergleich möglich oder besser, notwendig ist.
>

Das kannst Du auch nicht verstehen. Erstens ist der Vergleich so
notwendig wie der zwischen Angela Merkel und Holly Mc Guire, zweitens
scheint Dein Musikgeschmack zu sehr auf Strukturbewertung
eingeschossen zu sein, als das Du das Kunstvolle der Pop- und
Rockmusik, nämlich die Klanggestaltung, neudeutsch Sounddesign,
wahrnehmen könntest.


>Ich hoffe, das dir diese Antwort nun genügt.
>

Genau.

>Gruß,
>Klaus Viertel

Grüße,
Thorsten

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 14, 2000, 3:00:00 AM11/14/00
to
Hallo Arnd-Matthias Langner,

ich bin etwas verspätet, entschuldige ...

[Definitionsfragen]
> > > > "Musik ist alles, was sich auf Musikalisches bezieht".
> ....

> > bin ich bisher keiner anderen Definition begegnet, die a)
> > aller möglichen Epochen, b) aller möglichen Genres und c)
> > aller möglichen (technisch wie ästhetischen) Macharten
> > erfasst. Hast Du eine bessere?
>
> Deine Definition ist mir zu allgemein (zumal "Musikalisches"
> dann vermutlich alles wäre, was sich auf Musik bezieht <eg>),

Genau das ist Kern des Definitionsversuchs ("Definition" traue ich es mir
schon gar nicht mehr zu nennen). Natürlich sind wir gewohnt, daß Musik mit
klassischen oder modernen (meist elektronischen) Instrumenten oder der
menschlichen Stimme hervorgebracht wird. Aber das ist eben die Gewohnheit.
Wo steht, daß es nicht auch anders gehen *darf* und kann?

> aber eine präzisere habe ich auch nicht zu bieten.

Ich vermute einfach, daß es keine präzisere Definition geben kann, weil ein
objektiver Blick auf Musik sicherlich nicht möglich ist. Dazu spielt der
eigene Geschmack und die eigene musikalische Ausrichtung (und vieles mehr)
viel zu sehr mit in die Bewertung hinein.

> Also ist Kunst gekennzeichnet durch den bestimmenden Willen
> des Produzierenden, ebensolche zu produzieren. Diese Definition
> treibt ja im Bereich der bildenden Kunst die bekannten Happening-

> Blüten, aber eine schärfere Definition verlangte objektive


> Kunstkriterien. Wo die herkommen sollen, weiß ich allerdings nicht.

Die gibt es nicht ;-)
Am leichtesten tue ich mir persönlich, indem ich einfach versuche
herauszufinden, was der "Produzent" dazu sagt. Für mich geht es nicht um die
Frage "ist es Kunst - ist es keine Kunst" - das habe ich noch nie
verstanden, warum so viele so viel Spaß daran haben, sich bei eigenem
Nichtgefallen dadurch zu rächen, indem sie einem Bild, einer Installation,
einer Musik etc. einfach das Etikett "Kunst" absprechen -, sondern
meinetwegen ist für mich alles Kunst. Die entscheidende Frage demgegenüber
ist doch: "Ist es gelungen - ist es nicht gelungen?"
Und um diese, zugegegeben schwierige Frage zu beantworten, muß ich mir
möglichst objektiver Kriterien bedienen. Annähernd objektiv können sie aber
nur dann sein, wenn sie zum Objekt des Betrachtens auch kompatibel sind.
Wenn ich also Popmusik mit Kriterien frühklassischer Musik versuche zu
bewerten, bekomme ich ein schiefes Ergebnis. Im selben Maße daneben liege
ich, wenn ich versuche, eine Bach'sche Kantate mit Kriterien der Rockmusik
zu bewerten.
Und ganz extrem wird es, wenn wir uns in den Bereich der modernen Kunst
begeben. Der werde ich nur gerecht bzw. hier finde ich nur eine Antwort auf
die Frage "ist es gelungen - ist es nicht gelungen", wenn ich Kriterien
anwende, die dazu angetan sind, den Kern solcher Arbeiten auch beschreiben
zu können.

> > es ändert aber nichts daran, daß der Künstler aus bestimmten
> > Gründen es aus diesen oder jenen Gründen eben genau so festgelegt
> > hat
>
> Ich schrieb "empfinde ich" und brachte damit m.E. die Subjektivität
> meiner Auffassung deutlich zum Ausdruck.

Natürlich, das hatte ich durchaus so verstanden. Ich wollte das eher
allgemein gesagt haben, weil es doch sehr beliebt ist - jetzt vielleicht
nicht bei Dir, dazu weiß ich von Dir viel zu wenig bis gar nichts -, etwas
minder zu bewerten, das man nicht mag oder nicht kennt.

[...]

["Neutöner"]

> War definitiv nicht in diesem Sinne gemeint.

Das war mir durchaus klar und ich wollte Dich damit in keinster Weise
kritisieren. Ich finde es nur wichtig, daß man immer wieder auf
Begrifflichkeiten hinweist, die geschichtlich belastet sind. Und solch einer
ist für mich "Neutöner", zumal auch hier immer am Werk an sich überprüft
werden müßte, ob es denn wirklich so "neu tönt", oder ob nur der jeweilige
Hörer die Töne als neu erachtet.

> Da ich selbst keine objektiven Kunstkriterien anbieten kann und
> auch nicht der Meinung bin, daß jemand anderes über welche verfügt,

Völlig Deiner Meinung, ein jeder wird das für sich festlegen müssen. Und die
Literatur zu dieser Thematik ist ja bestes Abbild dafür, daß die Meinungen
über Kunst so vielfältig sind, wie die Kunst an sich.

> verbietet sich eine Begrifflichkeit wie
> "degeneriert" oder gar "entartet" IMO von selbst.

Auch da sind wir uns vollkommen einig, das ist schön.

> Ich war neulich in einem Konzert, in dem ganz trickreich in
> die Mitte des Programms ein Schönberg eingebaut war,

Das kann positiv wie negativ sein. Zum einen finde ich es billig von
Konzertveranstaltern, quasi die eigene Quote mit moderner Musik dadurch zu
erfüllen, daß man irgendein - meist sehr bekanntes (zumindest für den
Bereich Moderne bekannt) - Stück in ein ansonsten "harmloses"
Konzertprogramm packt; vor allem dann, wenn diese Herausforderung nicht
durch irgendwelche Unterstützungen in Form von guten Programmhefttexten oder
Erläuterungen durch den Dirigenten etc. flankiert werden. Zum anderen bin
ich schon der Meinung, daß man es *dem* Publikum nicht allzu leicht machen
darf. Denn eine Konzertlandschaft a la "KLassik Radio" wäre mir dann schon
ein Graus. Und daß man sein Publikum auch in kontinuierlicher Arbeit
heranführen kann, zeigen Städte wie etwa Hamburg, Köln oder Stuttgart.

> (Meine Einstellung zu dieser Sorte Musik ist mit dem Wort
> "Ratlosigkeit" vermutlich besser gekennzeichnet als mit dem
> Begriff "Ablehnung").

Ich finde es sehr angenehm, daß Du zu jener seltenen Spezies von Musikhören
zu zählen scheinst, die die Schwierigkeiten mit einer bestimmten Musik bei
sich belassen. Denn das ist es doch: Wenn mir eine bestimmte Musik nicht
gefällt, nichts sagt, zu anstrengend ist oder was weiß ich noch, hat das in
erster Linie mit mir zu tun und sollte nicht automatisch der betreffenden
Musik angelastet werden.
Aber sei versichert: Wie bei allem (auch außerhalb der Musik) bedarf es
eines (völlig unanstrengenden) Lern- und Gewöhnungsprozesses. Wir sind in
unserer Kultur quasi von Geburt an so dermaßen auf die gängigen
funktionsharmonischen Zusammenhänge getrimmt, daß die ersten Begegnungen mit
"anders gearteter" Musik wie die Schönbergs schon beinahe zu unfeinen
Begegnungen werden müssen. Mit der Zeit und mit dem aufmerksamen Hören
klingt es dann gar nicht mehr fremd und man beginnt, die Zusammenhänge in
ähnlicher Weise zu hören, wie bei gängiger Musik.

> In der Pause habe ich lästernd zu meiner Frau gesagt: "Demnächst
> komponiere ich ein Stück für drei binominalverteilte
> Zufallszahlengeneratoren und einen weißen Rauschprozeß."

;-) Warum nicht - wobei das natürlich ein alter Hut ist ;-) Abgesehen von
der modernen Technik, wurde so etwas schon in den 60er Jahren gemacht.

> Wenn man solche Zufallsprozesse aufzeichnete, hätte man -
> rein formal - ebenfalls eine "Partitur". Weshalb sich jemand
> mit etwas Mühe machen sollte, dafür kann es eine Reihe von
> Gründen geben, es könnte ihm ja auch der Schalk im Genick sitzen
> und er will mal abtesten, ob das Publikum sein Kuckucksei als
> solches erkennt.

Auch so etwas hat es gegeben. Warum nicht? Könnte ja auch einmal angebracht
sein ... zumindest wenn man zugesteht, daß Kunst nicht *nur* der
Unterhaltung dient, sondern noch ein wenig mehr zu bieten hat.

> (Nein, Schönberg unterstelle ich das sicher nicht.)

Mit Schönberg würdest Du auch den falschen Komponisten treffen. Es mag sein,
daß sich Schönberg'sche Musik für den im Hören solcher Musik Ungeübten nach
Zufall anhört ... aber gerade seine Musik ist extrem formal und in vielen
Teilen strikt. Das war BTW eine Besonderheit der Schönberg'schen "Erfindung"
von der Zwölftontechnik. Während man ihn heute als den Buhmann hinstellt,
der die schöne, harmonische Musik zerstört haben soll, ging es ihm damals in
der Tat darum, diese Musik zu retten, indem er den immer weiter
fortschreitenden Ausuferungen (freitonal, polytonal etc.) neue, feste Regeln
aufzusetzen versuchte. Daß er damit scheiterte war ein Glück ;-)

Wenn Dich "Musik und Zufall" interessiert - was ich nicht glaube ;-) -,
solltest Du Dich eher an Komponisten wie John Cage halten. Aber auch er
bediente sich nicht deshalb zufälliger Prozesse, weil er das Publikum
verarschen wollte, sondern ihm ging es darum, sich als Komponist möglichst
weit aus dem Klang herauszuhalten. Hört sich kompliziert an, ist es auch ;-)

[neue Musik]

> Nun, ich bin der Meinung, man sollte sich zu Dingen, denen man
> nichts abgewinnen kann, nicht zwingen, sondern sie zurück-
> stellen. Vielleicht kommt die Zeit, in der man sie schätzen lernt,
> später, vielleicht nie.

Ganz genau, nur so geht es.

[Klassik als Unterhaltungsmusik]

> Das gestehe ich zu, auch für viele frühere Komponisten, das ändert
> letztendlich aber nichts an meiner Haltung, sie als hochwertige

> Unterhaltungsmusik (Unterhaltung aus meiner Sicht, nicht der des


> Künstlers) zu hören. Die Intention des Komponisten muß ja nicht
> die des Rezipienten sein.

Vielleicht hatte ich mich da zu strikt ausgedrückt. Es bleibt Dir völlig
überlassen, wie und warum Du welche Musik hörst. Das ist doch völlig klar.
Und wenn Du Bachs h-moll-Messe zu Deinem Vergnügen hörst ... wer sollte Dir
das übel nehmen? Doch wohl keiner. Um was es mir geht: Man sollte (und damit
meine ich nicht Dich) jedoch von seiner eigenen Entscheidung, vom
Komponisten aus bestimmten Gründen angelegte Musik zur eigenen Unterhaltung
zu hören, nicht darauf schließen, daß nicht mehr zu holen ist. Ganz krass
zeigt sich, was ich in diesem halsbrecherischen Satzkonstruktion versucht
habe zu erklären, wenn es z. B. um die Opern Mozarts geht: Es ist in
Ordnung, wenn man Don Giovanni rein genießt - ohne sich dabei etwas zu
denken. Und trotzdem ist Don Giovanni weit mehr als eine hochwertige
Unterhaltungsmusik ... weit mehr!

> Bach würde sich ebenfalls im Grabe herumdrehen, wüßte er,
> daß ich manche seiner geistlichen Werke zum profanen Zwecke
> des herrlich entspannenden Musikgenusses höre. Nur: Ich
> war nie ein religiöser Mensch und in die Glaubenswelt des
> barocken Menschen (besonders seiner Hoffnungen und Ängste)
> kann ich mich zumindest _emotional_ erst recht nicht hinein-
> versetzen. Der große Johann Sebastian möge mir verzeihen,
> ich genieße seine Musik trotzdem.

Das ist doch auch eine schöne Geschichte. Denn es ist doch auch dies: Ich
bin zwar ein religiöser Mensch, kann mich aber trotzdem in keinster Weise in
Bachs Glaubenswelt hineindenken. Denn ich bin ein gläubiger Mensch im Jahre
2000 und nicht im Jahre 1710. Das geht nicht.
Das ist die selbe Unmöglichkeit, die Opernregisseuren vorgehalten werden:
Man solle sich an Wagner halte und Wagner so aufführen, wie er es gewollt
hat. Und wer weiß es denn wirklich, wie er es gewollt hat? Vielleicht hat er
Flügelhelme und Pappfelsen für sein Rheingold gewollt ... vielleicht hatte
er damals aber gar keine anderen technischen Möglichkeiten ... vielleicht
hat er sich aber auch gar nichts gezüglich fester Bühnenausstattung gedacht.
Der Regisseur kann das Rheingold eben auch nur mit seinen Augen und seinen
Ohren wahrnehmen und sein Bild präsentieren. Eine Opernaufführung ist kein
genaues Abbild eines wie auch immer gearteten Originals, sondern wie ein
Konzert eine Interpretation des Ganzen.

[Musikgenuß versus Intellekt]

> > Daß das kein "Muss" ist, ist klar. Genauso wenig sollte man
> > aber solch anspruchsvolle Musik auf den reinen Hörgenuß reduzieren,
> > denn da steckt weit mehr drin.
>
> Dazu fehlen mir die theoretischen Grundlagen. Ein Notenblatt
> (geschweige denn eine Partitur) ist für mich ein Stück Kryptographie.

Man muß nicht unbedingt Notenlesen können, um ein wenig mehr herauszulesen.
Oftmals genügt es völlig, seine Hörerfahrung einfach durch ein wenig Lesen
zu flankieren (in Biographien, Werktexten usw.) Natürlich ist das kein
"Muß", dazu muß man auch Lust verspüren bzw. Interesse haben zu erfahren,
was in dem Werk stecken *könnte* usw.

> Ich habe neulich in der Straßenbahn eine Frau gesehen, die
> während der Fahrt ein Notenheft las und dabei anscheinend
> wirklich im Kopf "Musik hörte". Das sind Fähigkeiten, die mir
> z.B. völlig abgehen und über die ich nur staunen kann.

Wobei es da wirklich nichts zu Staunen gibt, das ist alles eine Frage der
Übung. Wie Du ein Theaterstück lesen kannst und Dir dabei die Bilder im Kopf
entstehen (weil Du die Schrift beherrscht), entsteht bei der Frau die Musik
im Kopf (weil sie die Notenschrift beherrscht). Muß man nur lernen, dazu
bedarf es keiner speziellen Begabung.

> Nein. Niemand muß sich für seine Vorlieben rechtfertigen.
> Schon gar nicht bei mir. Nur: Toleranz heißt für mich nicht,
> daß ich alles unterschiedslos gut oder gleichwertig finden muß.
> Ich erlaube mir da durchaus sehr dezidierte Meinungen.

Das ist völlig in Ordnung. Mir geht es eben nicht darum, etwas *gut* zu
finden. Um was es mir geht: Ich sträube mich generell gegen diese Bewertung
"gut / schlecht", denn es geht um "anders". Popmusik ist in nahezu allem
anders als etwa klassische Musik. Da hat "gut / schlecht" nichts zu suchen.
Um eine Frage nach "gut / schlecht" bewerten zu können, muß ich dies an
einem einzelnen Werk exemplarisch durchführen. Nur dann bin ich, viel Übung
und Erfahrung vorausgesetzt, tatsächlich zu sagen, ob eine Musik "gut" oder
"schlecht" ist; und selbst da nur in Bezug auf etwas ganz konretes.
Alles andere ist nämlich "finde ich gut / finde ich schlecht" und das sagt
mir nur etwas über den eigenen Geschmack - nicht aber über die besprochene
Musik.
Und noch "falscher" wird es, wenn man das ganze steigert und ein "besser /
schlechter" versucht, denn das wir *immer* schief: "Mozart ist besser als
Beethoven", "Oper ist besser als Operette", "Klassik ist besser als Pop" ...
all das bringt keine bzw. falsche Antworten. Die einzige mögliche Antwort
bei solchen Fragestellungen ist: "es ist anders".

> Ich habe nur zu akzeptieren, daß meine Meinung nicht im

> Gewande des Universalgeltungsanspruchs daherkommen darf,


> sondern gleichrangig neben anderen (abweichenden) Meinungen
> steht. Meine Meinung ist eben nur meine Meinung, aber nicht
> "die Wahrheit" (TM).

Das eben nenne ich Toleranz.

> >Bin ich denn ein besserer Mensch, wenn ich Klassik höre?
> >Bzw. wo darf ich mich dann einordnen, der ich sowohl als
> >auch höre?
>
> Na, halt mal ein Edelmensch, mal ein wenig "degeneriert" ?
> ;-)

Danke, jetzt sehe ich endlich klar ;-)

> BTW hat ja auch die Popmusik durchaus ihre Perlen
> (Ich "gestehe" gern, daß ich gestern abend eine CD
> mit Songs von Janis Joplin gehört habe ;-) ) , nur daß
> ich den subjektiven Eindruck habe, daß es in diesem
> Genre früher besseres gab und die letzten 5-10 Jahre
> fast nur noch unsäglicher Schrott auf den Markt geschmissen
> wurde, mag natürlich auch eine Altersfrage sein.

Das mag sein, ist für mich aber gar nicht die Frage. Ich mag auch Popmusik,
die ich nicht als Perlen bezeichnen würde. Aber die höre ich auch aus völlig
anderen Gründen, wie etwa klassische oder moderne Musik. Und da muß ich dann
in keinster Weise werten, da geht es dann nur um die Frage, ob mir die Musik
(aus welchen Gründen auch immer) gefällt oder nicht.

[Techno, Hip Hop]

> > Allerdings hört man solcherlei "weit mehr" nicht im
> > Radio oder den Diskotheken, das gebe ich zu.
>
> Meine rudimentären Kenntnisse dieser Musikstile stammen
> eben nur aus den einschlägigen Radioprogrammen und dem
> dort verbreiteten Mainstream, mag sein, daß das eine
> schmale Basis ist, aber ich zweifle, daß ich dem Rest mehr
> abgewinnen könnte.

Mußt Du ja auch nicht. Ich wollte damit nur sagen, daß es auch Musiken gibt,
die mehr als "wumm ... wumm" sind ;-)

> > Selbstverständlich. Aber das ist doch eines der Geheimnisse
> > des Erfolgs von Pop-Musik: Sie ist schnell und ohne sonderlich
> > Anstrengung rezipierbar. Sie läuft (zumindest in aller Regel)
> > einfach ab und man hat sofort Zugriff
>
> Halt unkomplizierte Hintergrundmusik. Das, was ich z.B. auf
> langen Autofahrten gern höre. da würde mich Klassik entweder
> zu stark vom Verkehrsgeschehen ablenken, oder der Verkehr
> von der Musik.

Ganz genau. Und eines wurde bisher noch gar nicht erwähnt: Die Pop-Musik hat
gegenüber klassische Musik sogar noch einen "Vorteil", der mit der
Soziologie zu tun hat: Sie bringt Menschen (meist in großer Zahl) zusammen
und ist somit schon irgendwie auch "Volks"musik. Da hat Madonna ganz recht,
wenn sie in ihrem aktuellen Song singt: "Music makes the people come
together."

> > Der Traum von der ausschließlich anspruchsvolle Musik hörenden
> > Gesellschaft ist eben nur ein Traum.
>
> Mein Traum wäre das noch nicht mal.

Manche scheinen diesen Traum aber zu hegen, weil sie immer wieder darauf
pochen, daß der Klassik-Musik-Hörende wie auch immer über einem
Pop-Musik-Hörer steht.

> Eine Welt, in der jeder meinen Geschmack hätte, wäre
> vielleicht eher ein Alptraum. Mit wem sollte
> ich streiten? ;-)

Für mich wäre es definitiv ein Alptraum, weil ich an Musik
unterschiedlichster Art (aus unterschiedlichsten Gründen) interessiert bin.

> Soll doch jeder die Musik hören, die er mag. Ich gewinne oder
> verliere dadurch nichts. Ich erlaube mir zwar, bestimmte Musikstile
> mit Etiketten wie "einfach gestrickt" oder gar "stumpfsinnig" zu belegen,
> füge aber im Bezug auf andere gern ein "IMHO" hinzu.

Und damit kann ich Dir nicht gegen den Karren fahren ;-)

> > ...weil in früheren Zeiten nur die Oberschicht in der
> > Lage war, Musik dieser Art zu genießen.
>
> Da hat die Schallplatte und später die CD wirklich eine
> Demokratisierung der Musik eingeleitet. Schade daß die
> allgemeine und preiswerte Verfügbarkeit guter Musik ihr
> nicht zu größerer Verbreitung verholfen hat, als die von
> Dir gegenüber Klaus genannten 7%.

Das ist sehr schade, in der Tat. Da sollte man mal ein wenig die
Plattenbosse am Kragen packen und scharf nachfragen. Zumindest bin ich über
die Entwicklung in Sachen Napster nicht unbedingt unglücklich. Denn ich
stelle mir schon die Frage, in wieweit die Industrie Musikgeschmack schürt
und pflegt. Denn solche Phänomene wie die unzähligen Boygroups oder auf der
anderen Seite Schmalzbubis wie Helmut Lotti und Andre Rieu kann ich mir nur
durch das gigantische Pushen der Plattenindustrie erklären.

[Pop hat im Gegensatz zu Klassik]

> > > Ich stelle Ansprüche an den _Künstler_, ob und ggf.


> > > welche Ansprüche der an mich stellt, ist mir herzlich
> > > egal.
> >
> > Na bravo, dann solltest Du DIch aufs Pop-Musik-Hören
> > verlegen ;-)))
>
> War so arrogant, wie es sich zugegebenermaßen liest,
> eigentlich nicht gemeint.

Das dachte ich mir. Du brauchst Dich auch gar nicht rechtfertigen,
schließlich wählst Du nach Deinem Anspruch bestimmte Musik und das ist
völlig in Ordnung.
Nur bitte nicht vergessen, daß den Komponisten beim Komponieren weit mehr
umgetrieben hat, als die Frage, wie er nun am besten am meisten Leute
unterhält. Da zeigt sich eben einer der Unterschiede zur Pop-Musik.

> Siehe meine Bemerkungen weiter oben zu Bachs
> geistlicher Musik. Um seinen Ansprüchen und Intentionen
> gerecht zu werden, die er (vermutlich) beim Komponieren
> hatte, fehlt mir schlicht die weltanschauliche Grundlage.

Die Du auch gar nicht benötigst, wenn Du die Musik hören willst. Das ist
immer ein "kann".

> > Trotzdem bedarf es des aufmerksamen Hörers, damit sich die
> > Musik so zeigt, wie sie der Künstler (höchstwahrscheinlich!)
> > angelegt hat.
>
> Des aufmerksamen Hörers bedarf es sicher. Dennoch mag es
> sein - und das finde ich völlig in Ordnung - daß ein Hörer die
> Musik aus Gründen schätzt, die mit den Intentionen des
> Komponisten wenig zu tun haben.

Finde ich völlig in Ordnung, natürlich.

[Klangtapeten]

> D'accord. Vor allem: Man hat ja nichts davon, da sich die
> Musik dem "mit einem halben Ohr" zuhörenden nicht erschließt.
> das Hören klasischer Musik schließt andere Tätigkeiten IMO
> aus, die Musik verlangt die Aufmerksamkeit des Hörers.

Das sehe ich auch so.

[...]

["Klassik-Events" in Verona, Bayreuth oder Wien]

> > Natürlich überhaupt nicht. Ich habe VErona und andere angeführt,


> > weil ich da keinen großen Unterschied der Fans solcher Veranstaltungen
> > zu den Discogängern sehe: Es geht um Spaß, Zusammenkommen, sich selbst
> > feiern lassen usw. usf.
>
> Oft schlimmer: Sehen und gesehen werden, sich als "kultivierter
> Zeitgenosse" präsentieren. Selbst wenn Wagners Musik mein
> Fall wäre (ist sie definitiv nicht), brächten mich keine 10 Pferde
> nach Bayreuth.

Ich mag zwar Wagners Musik - trotz aller Unappettitlichkeiten, die seine
Biographie bereithält -, würde aber trotzdem nie auf den Grünen Hügel
pilgern, weil mir das einfach eine viel zu biedere Unterhaltungsshow wäre.
Die Nachfahren scheinen zu vergessen, was für eine revolutionärer Typ (vor
allem gezüglich Musiktheater!) ihr Vorfahre war. Das ist traurig.

[Den Rest wegen Einverständnis gesnippt]

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 14, 2000, 3:00:00 AM11/14/00
to
Hallo Klaus!

> Da es wenig Sinn macht, auf jeden Gedanken deines Beitrags
> einzugehen, schon allein deswegen, weil Wiederholungen fast
> unvermeidbar wären und daneben noch die Übersichtlichkeit
> schwindet, hab ich mich auf den folgenden Textausschnitt
> beschränkt.

Finde ich, wie Du Dir denken kannst, etwas schade ;-) Die Übersichtlichkeit
ist mir relativ "wurscht"; viel wichtiger wäre mir, daß es annähernd den
Punkt trifft. Daß das im Usenet nicht geht, weil man aufgrund des Formats
natürlich verkürzen muß, ist mir völlig klar. Aber ein wenig mehr wäre schön
gewesen. Aber sei's drum ... wenn Du das alles als sinnlos ansiehst und Dich
sagenhaft überlegen fühlst ...

> > "Ich finde es ziemlich daneben, verwegen, arrogant, anmassend und
> > beleidigend, Millionen von Hörern und "Machern" in dieser pauschelen
> > Weise und ohne besseres Wissen ein "degeneriertes Musikverständnis"
> > zu attestieren, nur weil sie Musik hören bzw. produzieren, die Dir
> > nicht gefällt.
>

> Ich bin froh, daß du endlich deine Sichweise auf den Punkt zu bringen,
> aber auch weniger froh, über das Mißverständis, daß sich dadurch nur
> noch stärker offenbart.

Dann laß mal hören ;-)

> Ihre Musik gefällt mir aus gutem Grund nicht und ich halte ihr
> Musikverständis deshalb für falsch, weil ihre Musik minderwertig
> gegenüber der klassischen ist,

Und genau da sitzt doch der "Fehler": Ein musiktechnischer Vergleich
zwischen Pop-Musik und klassischer Musik ist so unnötig wie ein Kropf. Zu
sagen, der Smart sei ein schlechtes oder gar minderwertiges Auto gegenüber
dem Mercedes S-Klasse, geht völlig daneben, weil der Smartfahrer an ein Auto
ganz andere Kriterien anlegt, als ein Mercedes-Fahrer. Der Smart ist
*anders* und damit weder besser noch schlechter. Er erfüllt einen ganz
anderen "Zweck", wird von einem anderen Klientel gefahren usw. usf. Das sind
zwei paar Stiefel und wer das in einen Topf wirft, bekommt keine Antwort
außer einer falschen (in diesem Falle: extrem subjektiven).

> egal welchen Ursprung sie hat, ob sie nun aus politischen Protest,
> sozialer Unterdrückung, Gesellschaftskritik oder einfach aus Spaß
> an der vermeintlichen Musik hervorging, welche Anspruch sie
> erhebt, zu welchen Anlässen und Situationen sie gedacht war.

Wenn Du das egal findest, ist das Deine Sache. Macht man sich aber die Mühe,
genauer hinzusehen, wird es auf einmal alles andere als egal. Du vergißt
nämlich den Faktor der "gesellschaftlichen Relevanz", der musiksoziologisch
durchaus seine Wichtigkeit besitzt.

> Es ist egal, ob der Urheber die Musik absichtlich simpel strickte,
> um sie für diese oder jene Situation passender zu gestalten oder
> sie für das breite Volk zugänglich zu machen. So oder so ist jede
> Art von Popmusik nur Unterhaltungsmusik.

Einverstanden. Aber was daran ist das Problem? Genau das verstehe ich nicht!
Ich kann doch nicht sagen, die Unterhaltungsmusik sei minder als die
Kunstmusik, denn sie ist in erster Linie anders bzw. aus ganz anderen
Gründen produziert. Und erst recht schlimm wird es, wenn Du von diesem
konstruierten Prädikat dann auf die Hörer derselbigen schließt. Zumal: Was
ist mit Musiken, die irgendwie dazwischen "hängen"? Mit Gershwin z. B., oder
Weill, Bernstein usw.? Deren Musik ist musiktechnisch sehr "hochwertig". Und
nun? Oder denke gar an all die verkannten mit dem prominenten Beispiel
Gustav Mahler, dem man jahrzehntelang wenig bis kein Talent attestiert hat
... und es teilweise in sagenhaft konservativer und ignoranter Weise noch
immer tut.

> Es geht nur um die Musik an sich, um nichts anderes. Erst in
> zweiter Instanz folgt die Intention des Künstlers.

Moment. Die Musik ist doch nur so, wie sie ist, weil der Künstler sie so
angelegt hat. Das ist die Frage nach Henne oder Ei. Du verwechselst Deine
Hörprädisposition mit dem Eigentlichen.

> Da nun die Popmusik den Platz der gesamten Musik des vorletzten
> und allen dahinterliegenden Jahrhunderten bis zur Renaissance
> eingenommen hat,

Hat sie nicht, das ist musikhistorisch eklatant falsch. Die "Trennung"
zwischen Kunst- und Gebrauchsmusik (zu der ich einmal der Einfachheit halber
die Unterhaltungsmusik zählen möchte, um es nicht noch weiter zu
verkomplizieren) ist so alt, wie die Musik an sich bzw. besteht zumindest
seit dem Mittelalter.
Der Anteil an Kunstmusik ist im Vergleich zu früheren Jahrhunderten aufgrund
vieler Faktoren sogar extrem gestiegen. Zu Zeiten Mozarts kamen zumindest
keine 7% der Gesamtbevölkerungen in den Genuß der Werke Haydns, Salieris
oder Mozarts. Und die Omnipräsenz populärer Musik hat hauptsächlich damit zu
tun, daß eine solche Popularisierung durch Tonträger und Medien erst möglich
wurde. In früheren Zeiten bestand die Möglichkeit nicht, da wurden
"Popsongs" (Volkslieder) in der Regel mündlich tradiert und waren meist mit
bestimmten Anlässen verknüpft.

> so muss sie sowohl den Vergleich mit zeitgenössischen Liedern als
> auch, und dies ist sehr viel wichtiger, den Vergleich mit den Werken
> der großen Komponisten standhalten.

Tut mir leid: Quatsch mit Soße.
Selbst der Vergleich einer Symphonie Mahlers mit einer Symphonie Haydns
bringt kein vernünftiges Ergebnis - zumal, wenn sich alle Vergleiche auf ein
"besser / schlechter" reduzieren, wie Du es hier ohne Unterbrechung tust.
Solch ein Vergleich ist immer falsch - egal, welches Vergleichspaar man
damit unterscheiden will.

> Wer z.B. eine Sinfonie von Mozart oder Schumann, ein Klavierkonzert
> von Beethoven, eine Oper von Wagner mit irgendeinem Stück der heutigen
> Musik vergleicht und genaustens betrachtet und dann behauptet, ihm
> würde letzteres besser gefallen, mehr zusagen, der besitzt einen
> falsches Verständis von Musik, entweder, weil er trotzalledem
> Vorurteile hat und so sein Urteil getrübt wird, oder, weil der
> Intellekt nicht ausreicht, um die klassische Musik zu verstehen.

> Hier kann man sich nicht mit der Intention des Machers und dem
> Verwendungszweck herrauswinden.

Jetzt werde ich in der Tat langsam sauer - vor allem als Hörer von
Kunstmusik. Dein "Hoch - Tief" ist überheblich, zumal Du von ganz falschen
Voraussetzungen ausgehst. Denn Du schreibst oben selbst "besser gefallen".
Du kannst doch nicht ernsthaft die Intelligenz eines Hörers anzweifeln, wenn
er trotz der technischen und inhaltlichen "Reichhaltigkeit" der E-Musik
lieber die weniger reichhaltige Pop-Musik hört?! Oder verurteilst Du einen
Currywurst-Esser aufgrund seiner Wahl und bezweifelst Du, daß er intelligent
genug ist, ein Carpacchio di Manzo zu verspeisen?
Es wird wohl keiner bestreiten, daß die anspruchsvolle Musik gegenüber der
populären technisch wie auch in aller Regel inhaltlich weit überlegen ist -
bzw. wenn er das bestreiten würde, hat er keine sonderliche Ahnung von Musik
(was etwas völlig anderes als "degeneriertes/falsches Musikverständnis"
ist!) Aber darum geht es nicht, wenn es um Pop-Musik geht, denn die ist
populär und muß daher zumindest technisch einfachst und für möglichst viele
rezipierbar sein. Oder kennst Du die Bedeutung von "populär" nicht?
Selbst wenn man rein im Bereich der sog. klassischen Musik bleibt, machen
Vergleiche innerhalb seltenst Sinn. Ein Vergleich: "War Mozart der bessere
Symphoniker oder Beethoven?" ist Quark bzw. Zeitverschwendung. Man könnte z.
B. fragen: "Inwieweit erkennt man an Beethovens symphonischen Schaffen die
Beeinflussung durch Mozarts und Haydns Symphonien?" Das ist eine
musikspezifische Frage, die Sinn macht.
Alles andere ist doch nicht der Mühe wert ... und läßt auf keinen Fall
irgendwelche Rückschlüsse auf den Hörer zu.

> Ich kann es eigentlich nicht verstehen, warum Leute, die den
> Wert der "alten Musik" erkennen, immer noch an dem Wert der
> neuen festhalten, wenn der Vergleich möglich oder besser, notwendig
> ist.

Ist er nicht, es sei denn, Du vergleichst generell Äpfel mit Birnen und
hälst das Ergebnis dieses Vergleichs für eine Antwort.
Außerdem hat das nichts mit Wertigkeit zu tun. Hier verwechselst Du den Wert
einer Musik für jede einzelne Person mit musikhistorischer Bedeutung. Den
Wert, den eine Musik für mich hat, vergebe ich noch immer selbst.

> Ich hoffe, das dir diese Antwort nun genügt.

Nun ja, sagen wir so: Ich bin bedient :-(

Grüße.

Klaus Viertel

unread,
Nov 14, 2000, 3:00:00 AM11/14/00
to

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8ur1gs$2qgj8$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
> Hallo Klaus!
[...]

> >
> > Ihre Musik gefällt mir aus gutem Grund nicht und ich halte ihr
> > Musikverständis deshalb für falsch, weil ihre Musik minderwertig
> > gegenüber der klassischen ist,
>
> Und genau da sitzt doch der "Fehler": Ein musiktechnischer Vergleich
> zwischen Pop-Musik und klassischer Musik ist so unnötig wie ein Kropf. Zu
> sagen, der Smart sei ein schlechtes oder gar minderwertiges Auto gegenüber
> dem Mercedes S-Klasse, geht völlig daneben, weil der Smartfahrer an ein
Auto
> ganz andere Kriterien anlegt, als ein Mercedes-Fahrer. Der Smart ist
> *anders* und damit weder besser noch schlechter. Er erfüllt einen ganz
> anderen "Zweck", wird von einem anderen Klientel gefahren usw. usf. Das
sind

Beides sind Autos, also kann man sie auch vergleichen. Allerdings muss ich
sagen, daß das Beispiel 'Auto' doch nicht so gut auf die Musik zu übertragen
ist.

> zwei paar Stiefel und wer das in einen Topf wirft, bekommt keine Antwort
> außer einer falschen (in diesem Falle: extrem subjektiven).
>

[...]


> > Wer z.B. eine Sinfonie von Mozart oder Schumann, ein Klavierkonzert
> > von Beethoven, eine Oper von Wagner mit irgendeinem Stück der heutigen
> > Musik vergleicht und genaustens betrachtet und dann behauptet, ihm
> > würde letzteres besser gefallen, mehr zusagen, der besitzt einen
> > falsches Verständis von Musik, entweder, weil er trotzalledem
> > Vorurteile hat und so sein Urteil getrübt wird, oder, weil der
> > Intellekt nicht ausreicht, um die klassische Musik zu verstehen.
> > Hier kann man sich nicht mit der Intention des Machers und dem
> > Verwendungszweck herrauswinden.
>
> Jetzt werde ich in der Tat langsam sauer - vor allem als Hörer von
> Kunstmusik. Dein "Hoch - Tief" ist überheblich, zumal Du von ganz falschen
> Voraussetzungen ausgehst. Denn Du schreibst oben selbst "besser gefallen".

Aus Sicht desjenigen, der das falsche Musikverständis besitzt, ist es ein
"gefallen" oder eben "nicht gefallen".

> Du kannst doch nicht ernsthaft die Intelligenz eines Hörers anzweifeln,
wenn
> er trotz der technischen und inhaltlichen "Reichhaltigkeit" der E-Musik
> lieber die weniger reichhaltige Pop-Musik hört?! Oder verurteilst Du einen
> Currywurst-Esser aufgrund seiner Wahl und bezweifelst Du, daß er
intelligent
> genug ist, ein Carpacchio di Manzo zu verspeisen?

An dieser Stelle musst du merken, daß das Beispiel mit dem Essen hier nicht
passt, aber trotzdem bleibe ich mal dabei. Warum Curry-Würstchen essen, wenn
man Hummer haben kann. Warum Pommes frites mit Ketchup, wenn es Rehsalat
gibt ? Warum sich "dum dum dum my heart beats like a drum"-georgel anhören,
wenn es auch die Musik von Bach, Mozart und Co. sein kann ?

> Es wird wohl keiner bestreiten, daß die anspruchsvolle Musik gegenüber der
> populären technisch wie auch in aller Regel inhaltlich weit überlegen
ist -
> bzw. wenn er das bestreiten würde, hat er keine sonderliche Ahnung von
Musik
> (was etwas völlig anderes als "degeneriertes/falsches Musikverständnis"
> ist!) Aber darum geht es nicht, wenn es um Pop-Musik geht, denn die ist
> populär und muß daher zumindest technisch einfachst und für möglichst
viele
> rezipierbar sein. Oder kennst Du die Bedeutung von "populär" nicht?
> Selbst wenn man rein im Bereich der sog. klassischen Musik bleibt, machen
> Vergleiche innerhalb seltenst Sinn. Ein Vergleich: "War Mozart der bessere
> Symphoniker oder Beethoven?" ist Quark bzw. Zeitverschwendung.

Wieso soll man nicht Vergleichen können ? Wenn man klassische Musik von der
Gregorianik bis zum 20. Jahrhundert hört, so vergleicht man ständig. Wenn
ich Sinfonien von Haydn und Mozart höre, vergleiche ich, wenn ich ein
Klavierstück von Schubert und eins von Beethoven höre, vergleiche ich auch
und läßt sich durchaus sagen, daß dieser oder jenes Werk schlechter ist als
ein anderes.

> Man könnte z.B. fragen: "Inwieweit erkennt man an Beethovens symphonischen


Schaffen die
> Beeinflussung durch Mozarts und Haydns Symphonien?" Das ist eine
> musikspezifische Frage, die Sinn macht.

Sicher macht sie das, aber der direkte Vergleich ihrer Werk ja wohl auch. Es
sind schließlich beides Sinfonien, also kann man sie vergleichen.

> Alles andere ist doch nicht der Mühe wert ... und läßt auf keinen Fall
> irgendwelche Rückschlüsse auf den Hörer zu.
>
> > Ich kann es eigentlich nicht verstehen, warum Leute, die den
> > Wert der "alten Musik" erkennen, immer noch an dem Wert der
> > neuen festhalten, wenn der Vergleich möglich oder besser, notwendig
> > ist.
>
> Ist er nicht, es sei denn, Du vergleichst generell Äpfel mit Birnen und
> hälst das Ergebnis dieses Vergleichs für eine Antwort.

Äpfel und Birnen gehören wohl beide zum Obst, oder ?

> Außerdem hat das nichts mit Wertigkeit zu tun. Hier verwechselst Du den
Wert
> einer Musik für jede einzelne Person mit musikhistorischer Bedeutung. Den
> Wert, den eine Musik für mich hat, vergebe ich noch immer selbst.
>

[...]

Gruß,
Klaus V.


Inan Vural

unread,
Nov 14, 2000, 3:00:00 AM11/14/00
to
Guten Tag,

ich wollte zu der Diskussion von euch beiden anmerken, dass ich sicher
bin, dass, hätte ein Genie wie Bach heute gelebt, seine Musik anders
klingen würde. Er würde sich sicherlich den vielfältigen Möglichkeiten
der Elektronik bedient und sich für sein Schaffen nicht bloß auf
akustische Instrumente beschränkt haben. Dadurch wäre seine Musik der
modernen heutigen in der Klangfarbe sicher nähergekommen. Zu dem
pauschalen Urteil, dass die moderne Musik nur aus Pop besteht, gibt es
unendlich viele Gegenbeispiele. Heutezutage schaffen elektronische
Soundtüftler wie z.B. Aphex Twin Dinge zu denen keine Bach fähig wäre
und auch keiner von uns Laien. Diese Musik klingt natürlich anders,
verrückt, verschoben, aber sie ist hochwertig, weil kreativ und
durchdacht. Noch dazu muss ich sagen, dass klassische Musik einfach
nicht mein Empfinden direkt anspricht. Ich denke dann an Walküren und
Wälder und Flüsse und Kirchen und das Leiden Jesu und Könige und Kriege,
aber es hat nichts mit dem Gefühl einer verregneten Grossstadt zu tun,
in der ich lebe. Dieses Gefühl drückt auf wunderschöne Weise eine Band
wie Massive Attack aus, und was die für Musik schaffen, ist alles andere
als profan, sondern komplex und anspruchsvoll.

Tschüss
Inan Vural

Arnd-Matthias Langner

unread,
Nov 15, 2000, 3:00:00 AM11/15/00
to

"Inan Vural" <Firma...@t-online.de> schrieb im Newsbeitrag
news:3A119D2B...@t-online.de...

Hallo Inan,

> ich wollte zu der Diskussion von euch beiden anmerken, dass ich sicher
> bin, dass, hätte ein Genie wie Bach heute gelebt, seine Musik anders
> klingen würde.

Sicher würde er als heutiger nicht im Stile von vor 300 Jahren
komponieren. Er würde aber sicher auch nicht epigonenhaft in
einem der Stile des 20 Jahrhunderts komponieren, sondern
- heute wie damals - stilprägend wirken.

> Er würde sich sicherlich den vielfältigen Möglichkeiten
> der Elektronik bedient und sich für sein Schaffen nicht
>bloß auf akustische Instrumente beschränkt haben.

Das "bloß" klingt mir ein wenig despektierlich.
"Unplugged" spielbare Musik ist - auch heute -
sehr oft die künstlerisch anspruchsvollere.

Selbstverständlich gibt es Beispiele anspruchsvoller
elektronischer Musik und es ist sicher falsch, wenn
jemand meint,

>dass die moderne Musik nur aus Pop besteht,

Aber gerade dort wird die Elektronik häufig nicht
als kreatives Stilmittel eingesetzt, sondern als
Produktionsmittel für die Fließbandproduktion
musikalischer convenience products mit kurzem
Verfallsdatum. (Es gibt ja auch kaum ein Konzert
einer Rock-Band, wo in der Ankündigung nicht
an hervorgehobener Stelle erwähnt wird, wieviel
Kilowatt Soundleistung aufgeboten werden, als
ob musikalische Qualität in dB meßbar wäre.)

>Heutezutage schaffen elektronische Soundtüftler wie
>z.B. Aphex Twin Dinge zu denen keine Bach fähig wäre

Ich kenne den Herrn nicht, kann also nicht beurteilen,
ob er auf künstlerisch-kreativem Gebiet Dinge tut, zu
denen Bach nicht fähig wäre.

Falls Du aber seine "überlegenen" technischen Mittel
meinst, wäre Deine Aussage trivial. Bach war als Kind
seiner Zeit auch nicht fähig, Auto zu fahren oder einen
PC zu bedienen. ;-)

>Noch dazu muss ich sagen, dass klassische Musik einfach
> nicht mein Empfinden direkt anspricht.

Sei Dir unbenommen, nicht alles spricht jeden an.

>Ich denke dann an Walküren und Wälder und Flüsse
>und Kirchen und das Leiden Jesu und Könige und Kriege,

Neben dem Ring des Nibelungen, der Moldau, der Matthäuspassion,
der Feuerwerksmusik oder der Ouvertüre 1812 gibt es
noch eine Reihe anderes.... ;-)

> aber es hat nichts mit dem Gefühl einer verregneten Grossstadt zu tun,

Muß es das? Ist doch IMHO auch eher ein tristes Gefühl,
das, wenn schon kein Urlaub in Sicht ist, wenigstens bei
mir den Wunsch nach ein wenig musikalischem Eskapismus
weckt.

> Dieses Gefühl drückt auf wunderschöne Weise eine Band
> wie Massive Attack aus, und was die für Musik schaffen,
>ist alles andere als profan, sondern komplex und anspruchsvoll.

Kenne ich nicht, aber wenn die Musik so aggressiv klingt
wie der Name der Band, wäre es sicher nichts für mich.
(Adrenalin- und Magensäureproduktion hoch, Entspannung
runter.)

Bei meteorologisch-klimatisch bedingter Großstadttristesse
brauche ich nicht auch noch eine massive attack auf meine
innersekretorischen Drüsen, da ist eher festlich-sinnenfrohe
Barockmusik für mich das "Mittel der Wahl".

Aber wie sagte schon Friedrich der Große so schön:
"Es möge ein jeder nach seiner Façon selig werden."

> Tschüss
> Inan Vural

Gruß

Arnd-Matthias

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 17, 2000, 3:00:00 AM11/17/00
to
Hallo Klaus!

Je länger das hier geht, desto kürzer wird es (inhaltlich) und gleichzeitig
wird es länger (umfänglich) ;-)

Es geht um Unterscheidungen:

> > Und genau da sitzt doch der "Fehler": Ein musiktechnischer
> > Vergleich zwischen Pop-Musik und klassischer Musik ist so
> > unnötig wie ein Kropf. Zu sagen, der Smart sei ein schlechtes
> > oder gar minderwertiges Auto gegenüber dem Mercedes S-Klasse,
> > geht völlig daneben, weil der Smartfahrer an ein Auto ganz
> > andere Kriterien anlegt, als ein Mercedes-Fahrer. Der Smart ist
> > *anders* und damit weder besser noch schlechter. Er erfüllt
> > einen ganz anderen "Zweck", wird von einem anderen Klientel
> > gefahren usw. usf. Das sind
>
> Beides sind Autos, also kann man sie auch vergleichen. Allerdings
> muss ich sagen, daß das Beispiel 'Auto' doch nicht so gut auf die
> Musik zu übertragen ist.

Weil Dir das in den argumentativen Kram paßt? ;-) Nein, das Beispiel ist
vielleicht wirklich nicht gut, ich dachte aber, daß Du damit erkennst, um
was es mir geht: Sicherlich gehören klassische Musik wie Pop-Musik in das
gemeinsame Feld "Musik". Beide Musikrichtungen sind aber in so vielen
Punkten völlig verschieden, daß ein direkter Vergleich in der Form "besser /
schlechter" nicht funktioniert. "Klassik" (ich nenne das einfach einmal so
verkürzt) entstand in einer anderen Zeit, aus anderen Beweggründen, für ein
anderes Publikum, unter anderen wirtschaftlichen Nebenbedingungen, mit
anderen musikalischen Gesetzen usw. usf. Und ergo ist der Auto-Vergleich
doch nicht so schlecht, denn beide Autos wurden aus anderen Beweggründen,
für ein anderes Publikum, unter anderen wirtschaftlichen Nebenbedingungen,
mit anderen ingenieurstechnischen "Gesetzen" usw. entwickelt. Ein Vergleich
zwischen beiden kann maximal das Ergebnis "Beides sind Autos." bringen,
nicht aber, welches von beiden besser ist. Denn für dieses "besser" bedürfte
es weiterer Spezifikationen, wie z. B. "für wen besser", "für welche
finanzielle Lage besser", "für welche verkehrstechnische Situation besser"
usw. usf. Für eine 24jährige Studentin, die das Auto hauptsächlich für die
FAhrt von ihrer Stadtwohnung zur Universität benötigt, wäre aus vielerlei
Gründen ein Mercedes der S-Klasse unsinnig und somit "schlechter". Und weil
ich gerade beim Vergleichen bin: Für eine Gruppe junger Menschen, die sich
in einer Discothek zum gemeinsamen Tanz und Spaßhaben treffen, weil sie nach
10 Stunden harter Arbeit einfach nur abspannen wollen, wäre klassische Musik
"schlecht".
Ich hoffe, ich konnte Dir vermitteln, weshalb ein direkter Vergleich keinen
Sinn macht.

> > > Wer z.B. eine Sinfonie von Mozart oder Schumann, ein Klavierkonzert
> > > von Beethoven, eine Oper von Wagner mit irgendeinem Stück der heutigen
> > > Musik vergleicht und genaustens betrachtet und dann behauptet, ihm
> > > würde letzteres besser gefallen, mehr zusagen, der besitzt einen
> > > falsches Verständis von Musik, entweder, weil er trotzalledem
> > > Vorurteile hat und so sein Urteil getrübt wird, oder, weil der
> > > Intellekt nicht ausreicht, um die klassische Musik zu verstehen.
> > > Hier kann man sich nicht mit der Intention des Machers und dem
> > > Verwendungszweck herrauswinden.
> >
> > Jetzt werde ich in der Tat langsam sauer - vor allem als Hörer von
> > Kunstmusik. Dein "Hoch - Tief" ist überheblich, zumal Du von ganz
falschen
> > Voraussetzungen ausgehst. Denn Du schreibst oben selbst "besser
gefallen".
>
> Aus Sicht desjenigen, der das falsche Musikverständis besitzt, ist es ein
> "gefallen" oder eben "nicht gefallen".

Du hast mir bisher noch keine Argumente geliefert, die zeigen, daß Deine
Fürsprache für klassische Musik *nicht* mit "besser gefallen" zu tun hat.
Die technische Kompliziertheit vorzubringen, trifft völlig ins Leere, weil
Popmusik *absichtlich* und mit Grund technisch viel einfacher gehalten ist
... denn sonst wäre es ja keine Popmusik!!!

> An dieser Stelle musst du merken, daß das Beispiel mit dem Essen hier
nicht
> passt, aber trotzdem bleibe ich mal dabei.

Dafür meinen Dank.

> Warum Curry-Würstchen essen, wenn man Hummer haben kann. Warum Pommes
> frites mit Ketchup, wenn es Rehsalat gibt ? Warum sich "dum dum dum my
> heart beats like a drum"-georgel anhören, wenn es auch die Musik von Bach,
> Mozart und Co. sein kann ?

Weil ich es so will? <vorsichtigfrag> ... Du bist eigentlich schon auf der
richtigen Spur, ohne es anscheinend zu entdecken. Wenn ich zwischen
Arbeitsende und Zugabfahrt Richtung Heimstätte nur noch 20 Minuten habe,
jedoch eklatanten Nahrungsbedarf verspüren, der sich nicht länger
aufschieben läßt, werde ich mich wohl kaum in ein Lokal begeben und für
teuer Geld einen Hummer verspeisen. Nein, da renne ich auf dem Weg zum
Bahnhof bei McDonalds oder ähnlichen Fastfood-Ketten vorbei, und kaufe mir
für ein paar Mark irgend etwas, was a) schnell greifbar und verzehrbar und
b) billig zu haben ist.
Das ändert natürlich gar nichts dran, daß der Hummer die qualitativ
hochwertigere Speise ist ... aber von Fall zu Fall ist ein "besser"
unangebracht.

Es scheint mir langsam so, als würdest Du annehmen, ich wäre mit Dir
bezüglich der Feststellung "klassische Musik ist musiktechnisch hochwertiger
wie Popmusik" uneins. Im Gegenteil, da bin ich völlig Deiner Meinung. Ich
bin aber nicht der Meinung, daß man aufgrund dieser FEststellung
Rückschlüsse auf die Menschen und deren Charakter oder gar Intelligenz
ziehen kann (um zum Ausgang unserer Auseinandersetzung zurückzukommen), denn
da spielen ganz andere Faktoren mit. So hat der Uniprofessor, der populäre
Musik lehrt und privat am liebsten Deep Purple hört, gegenüber Dir kein
degeneriertes Musikverständnis, sondern schlicht einen anderen musikalischen
Geschmack.

> Wieso soll man nicht Vergleichen können ? Wenn man klassische Musik von
der
> Gregorianik bis zum 20. Jahrhundert hört, so vergleicht man ständig.

Und erhält welches *musikalische* [!] Ergebnis?

> Wenn ich Sinfonien von Haydn und Mozart höre, vergleiche ich, wenn
> ich ein Klavierstück von Schubert und eins von Beethoven höre, vergleiche
> ich auch und läßt sich durchaus sagen, daß dieser oder jenes Werk
schlechter
> ist als ein anderes.

Dafür bitte einen Beleg, z. B., um es einfacher zu machen, ein Vergleich
zwischen Mozarts KV 268 und Beethovens op. 19. Welches ist da jetzt
"schlechter"?
Nein, keine Sorge, ich erwarte jetzt dazu nicht wirklich eine Antwort von
Dir ... zumal es dazu keine Antwort geben kann. Du kannst mir sagen, welches
Dir von beiden besser gefällt, aber wenn Du eines von beiden als
"schlechter" bezeichnen würdest, ließen sich zig Experten und Nicht-Experten
finden, die Dir entweder widersprechen oder Dir zustimmen.

> > Man könnte z.B. fragen: "Inwieweit erkennt man an Beethovens
> > symphonischen Schaffen die Beeinflussung durch Mozarts und
> > Haydns Symphonien?" Das ist eine musikspezifische Frage,
> > die Sinn macht.
>
> Sicher macht sie das, aber der direkte Vergleich ihrer Werk ja wohl
> auch. Es sind schließlich beides Sinfonien, also kann man sie
> vergleichen.

Das schon. Aber doch nicht auf Hinblick, welche von beiden "schlechter" ist.
Was soll "schlecht" denn für ein musikalisches Kriterium sein? "Schlecht" im
Hinblick auf was? Bei der Behauptung Beethovens 8. Symphonie sei
"schlechter" als seine 3., würde ich erst einmal nach dem "wieso" fragen ...
und sicherlich keine Antwort erhalten bzw. zumindest keine Antwort, die
etwas mit Musik zu tun hat, sondern immer nur mit dem Betreffenden, der die
Aussage tätigte.

> > Ist er nicht, es sei denn, Du vergleichst generell Äpfel mit
> > Birnen und hälst das Ergebnis dieses Vergleichs für eine Antwort.
>
> Äpfel und Birnen gehören wohl beide zum Obst, oder ?

Hmmmm, bin mir nicht sicher ;-)) Und sonst noch? Aussehen, Farbe, Geschmack,
Duft, Blütezeit, Reife, Erntezeit, zugehöriger Baum, bevorzugte Region usw.
usw. usw.

Besten Gruß.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 17, 2000, 3:00:00 AM11/17/00
to
Hallo Inan!

Bezüglich Aphex Twin stimme ich Dir voll und ganz zu, das sind in der Tat
geniale Soundmagier und passen so gar nicht zu dem ansonsten gefälligen Pop,
der sich leicht ans Ohr anschmiegt. Das ist Musik mit Ecken und Kanten und
sie abschätzig zu qualifizieren heißt, sie nicht gebührend zu betrachten.

Aber trotzdem ist ein Vergleich gegenüber Bach unnötig. Es läßt sich leicht
denken, daß Bach, würde er heute leben (was an sich schon eine müßige
Fragestellung ist), wie selbstverständlich die modernen Möglichkeiten
musikalischer Tonerzeugung genutzt hätte. Nun, hat er aber nicht ;-) Deshalb
würde ich da keinen Vergleich anstellen.

> Er würde sich sicherlich den vielfältigen Möglichkeiten der
> Elektronik bedient und sich für sein Schaffen nicht bloß auf

> akustische Instrumente beschränkt haben. Dadurch wäre seine Musik
> der modernen heutigen in der Klangfarbe sicher nähergekommen.

Man sollte nicht aus den Augen lassen, und zwar ganz unabhängig davon, wie
es nun tatsächlich klingt, daß Bach kompositionstechnisch an nichts verloren
hat. Noch heute beschäftigt er mit seinen irrwitzigen Zahlenspielen und
Werkkonstruktionen eine ganze Legion von zeitgenössischen Komponisten, die
nicht glauben können, was er vor mehr als 250 Jahren erfunden hat. Und
zwangsläufig weist alles Heutige (nicht in der Popmusik, aber in der
zeitgenössischen Kunstmusik) irgendwie auf ihn zurück oder hat in dem Sinne
mit ihm zu tun, als sie ihn völlig negieren muß, um einen anderen Weg zu
finden.

> Zu dem pauschalen Urteil, dass die moderne Musik nur aus Pop


> besteht, gibt es unendlich viele Gegenbeispiele.

Wahrscheinlich sind die Gegenbeispiele "endlich", aber es sind sicherlich
einige Hundertausend.

> Noch dazu muss ich sagen, dass klassische Musik einfach nicht
> mein Empfinden direkt anspricht.

Und genau das ist doch der Punkt: Einem Hörer vorzuschreiben, er müsse diese
oder jene Musik hören, weil sie faktisch "besser" sei, halte ich für
ziemlich unappettitlich und wird gerne in diktatorischen Systemen (siehe
Nazimusik, sozialistischer Realismus etc.) durchgezogen.
Nö, ein jeder soll nach seiner Facon glücklich werden. Durch diese
individuelle Wahl läßt sich keinerlei Aussage über auch nur irgend etwas
machen, außer den persönlichen Geschmack. Und der macht ja nicht allein den
Charakter eines Menschen aus, um zur Ausgangsfrage zurückzukommen.

> Ich denke dann an Walküren und Wälder und Flüsse und Kirchen und

> das Leiden Jesu und Könige und Kriege, aber es hat nichts mit dem
> Gefühl einer verregneten Grossstadt zu tun, in der ich lebe.

Das ist eine "Schwierigkeit", die sich bei barocker, klassischer,
romantischer etc. Musik einstellen kann mit Betonung auf "kann". Musik hat
immer - auch und vor allem in der Kunst - mit der jeweiligen Zeit zu tun.
Deshalb finde ich es auch so traurig, daß man z. B. der Musik Schönbergs
vorwirft, sie klänge so "häßlich", ohne zu bedenken, in welcher Zeit sie
stattfand. Aber egal ... Wenn Musik bei Dir wie bei vielen (auch bei mir bis
zu einem gewissen Grade) emotional mit Bildern verknüpft ist, dann hilft
nur, sich andere Bilder zu suchen ;-) oder eben eine andere Musik. Für die
verregnete Großstadt würde ich da z. B. Heiner Goebbels "Surrogate Cities"
empfehlen.

> Dieses Gefühl drückt auf wunderschöne Weise eine Band
> wie Massive Attack aus, und was die für Musik schaffen,
> ist alles andere als profan, sondern komplex und anspruchsvoll.

Da gebe ich Dir wiederum recht ... allerdings mit einem ganz kleinen "na
ja". Die Komplexität dürfte bei Massive Attack nicht das Problem sein, viel
eher sehe ich - und das ist somit meine ganz persönliche Ansincht - das
Problem des programmatischen Bezugs. Soll heißen: "Was wollen mir die Leute
von Massive Attack damit sagen?" Keine Sorge, sie müssen mir auch gar nichts
sagen, aber mich persönlich interessiert vor allem Musik, die mir eine Frage
stellt oder mögliche Antworten auf bestehende Fragen anbietet. Deshalb ist
mir Bach näher als Madonna, gleichzeitig aber auch John Cage näher als Bach.
Aber das nur am Rande ...

Beste Grüße.

Jan Heidbrink

unread,
Nov 23, 2000, 3:00:00 AM11/23/00
to
On Thu, 9 Nov 2000 10:22:15 +0100, "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de>
wrote:

>Es muss im Vorfeld etwas zur Musik gesagt werden, und zwar warum das, was


>heute als Musik gilt, gerade keine ist.

Und das in einer Philosophie-Newsgroup...


>Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal musiktechnisch
>nicht im geringsten an die klassische heran.

Und deshalb ist es keine Musik?


>Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas ist
>ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
>"Lebensgefühl" zu vermitteln:
>
>Ihre Musik ist ausdruckslos,

Das ist ganz einfach falsch.


>stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch.

Hast du damit ein Problem?
Es zwingt dich niemand, diese Musik zu hören. Ich persönlich finde es
auch traurig, wenn die Fliessbandproduktionen von Vengaboys, Alex und
Co. wieder die Charts stürmen, deshalb gehe ich aber noch nicht
soweit, das ganze nicht als Musik zu bezeichnen.

An einer anderen Stelle behauptest du, Leute, die Hip-Hop etc. gut
finden, hätten ein degeneriertes Musikverständnis - warum muss man
Musik verstehen, warum kann man sie nicht einfach gut finden?

Wer Hip-Hop mag, stellt an Musik ganz andere Ansprüche als
beispielsweise ein Metal-Fan oder jemand, der Klassik mag. Hip-Hop mag
wesentlich anspruchsloser als beispielsweise Klassik sein, trotzdem
würde ich Hip-Hop Fans nie ein degeneriertes Musikverständnis
unterstellen.

Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks. Wer
behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht" einteilen,
scheint seinen eigenen Geschmack als _das_ Maß der Dinge zu sehen, was
ich für arrogant und - insbesondere in einer Philosophie NG -
unangemessen halte.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 24, 2000, 3:00:00 AM11/24/00
to
Hallo Jan,

nur ein kurzes Schulterklopfen ...

> Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks.
> Wer behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht"
> einteilen, scheint seinen eigenen Geschmack als _das_ Maß der
> Dinge zu sehen, was ich für arrogant und - insbesondere in einer
> Philosophie NG - unangemessen halte.

Und da in ich absolut Deiner Meinung, sehe ich auch so.

Klaus Viertel

unread,
Nov 24, 2000, 11:45:31 AM11/24/00
to

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:
8vl7v0$4oc4j$1...@ID-59725.news.dfncis.de...

> Hallo Jan,
>
> nur ein kurzes Schulterklopfen ...
>
> > Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks.
> > Wer behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht"
> > einteilen, scheint seinen eigenen Geschmack als _das_ Maß der
> > Dinge zu sehen, was ich für arrogant und - insbesondere in einer
> > Philosophie NG - unangemessen halte.
>
> Und da in ich absolut Deiner Meinung, sehe ich auch so.

Kurz gesagt: Ich kann euch nicht verstehen, wie ihr einseits zugebt, die
Klassische Musik ist anspruchsvoller und technisch fortgeschrittener,
gleichzeiter aber eine Wertung für abwegig hält.

Klaus Viertel

unread,
Nov 24, 2000, 11:21:53 AM11/24/00
to
Im Grunde steht hier dasselbe, was Herrn Heck bereits lang und breit
ausführte.

Jan Heidbrink <jan.he...@gmx.net> schrieb in im Newsbeitrag:
8vjpid$4sn27$2...@ID-32383.news.dfncis.de...


> On Thu, 9 Nov 2000 10:22:15 +0100, "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de>
> wrote:
>
> >Es muss im Vorfeld etwas zur Musik gesagt werden, und zwar warum das, was
> >heute als Musik gilt, gerade keine ist.
>
> Und das in einer Philosophie-Newsgroup...
>
>
> >Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal musiktechnisch
> >nicht im geringsten an die klassische heran.
>
> Und deshalb ist es keine Musik?

Ich wiederhole mich jetzt....: Streng genommen ist es natürlich Musik, aber
im Vergleich zur Klassischen ist es ein Witz.

>
>
> >Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas ist
> >ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> >"Lebensgefühl" zu vermitteln:
> >
> >Ihre Musik ist ausdruckslos,
>
> Das ist ganz einfach falsch.
>
>
> >stumpfsinnig-geradlinig und gerade zu proletarisch.
>
> Hast du damit ein Problem?

> Es zwingt dich niemand, diese Musik zu hören.

LOL Wäre ja auch noch schöner.

> Ich persönlich finde es
> auch traurig, wenn die Fliessbandproduktionen von Vengaboys, Alex und
> Co. wieder die Charts stürmen, deshalb gehe ich aber noch nicht
> soweit, das ganze nicht als Musik zu bezeichnen.
>
> An einer anderen Stelle behauptest du, Leute, die Hip-Hop etc. gut
> finden, hätten ein degeneriertes Musikverständnis - warum muss man
> Musik verstehen, warum kann man sie nicht einfach gut finden?
> Wer Hip-Hop mag, stellt an Musik ganz andere Ansprüche als
> beispielsweise ein Metal-Fan oder jemand, der Klassik mag.
> Hip-Hop mag wesentlich anspruchsloser als beispielsweise Klassik sein,

Da haben wir's. Popmusik ist im Vergleich zur Klassik um einiges
anspruchsloser. Darum ging es mir wesentlich.

> trotzdem würde ich Hip-Hop Fans nie ein degeneriertes Musikverständnis
> unterstellen.

Ihr müßt euch nicht so sehr an meine Begrifflichkeit anlehnen! Die Wortwahl
"degeneriertes Musikverständis" war als Provokation gedacht und darf nicht
ganz so ernst genommen werden

>
> Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks. Wer
> behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht" einteilen,

Du hast bereits eingestehen müssen, daß Popmusik anspruchsloser ist. Von da
her läßt sich auch sagen, was gut und was schlechter ist.

> scheint seinen eigenen Geschmack als _das_ Maß der Dinge zu sehen, was
> ich für arrogant und - insbesondere in einer Philosophie NG -
> unangemessen halte.


Im Grunde war diese ganze ausartende Diskussion hier nicht angemessen,
bringt uns aber jetzt auch nichts mehr.


Klaus Viertel

unread,
Nov 24, 2000, 12:30:05 PM11/24/00
to
Hallo,

Die Curry-Wurst oder die Pommes frites haben sicherlich in bestimmten
Situationen, in denen man keine Zeit für ein ausgiebiges Mahl hat (auf der
Durchreise etc.), ihre Berechtigung. Ein Smart hat für einen Alleinstehenden
in der Großstadt auch seine Berechtigung und man würde hier einen langen,
sperrigen Passat (weniger Parkplatzmöglichkeiten usw.) eher außen vor
lassen. Welches der beiden Autos nun besser ist, läßt sich nicht sagen, da
beide für andere Gegebenheiten konzipiert wurden. So weit, so gut, aber das
läßt sich nicht auf die Musik übertragen.

Warum eine musikalische Curry-Wurst auch wenn mir die Zeit für Hummer fehlt
? Da warte ich doch lieber, bis ich ausreichend Zeit habe, und geniese dann
richtig, anstatt mir den Appetit durch ein "billiges" Würstchen vergehen zu
lassen ;-) Man kann hier wiedersprechen, und sagen, es gibt Situationen, in
denen Popmusik angebracht und erwünscht ist. Und es gibt sie, nämlich in
z.B. in Discotheken. Es wäre auch unsinnig dort Klassische zu hören. Sie
würde hier nur stören. Sie bietet nur ein gewisses Ambiente, übt eine
stimulierende Wirkung auf das Publikum aus und soll die Masse dazu anregen,
mit einander durch Tanz in Kontakt zu treten. Sie soll die Partnersuche mit
Hilfe von rythmischen Klängen und eingängigen Melodien untermalen etc.
Niemand hört sich dort die Musik genau an, sondern bewegt sich vielmehr
einfach zu den Rythmen.

Popmusik ist also nur zur Tanzmusik zu gebrauchen und sollte auch nur als
solche angesehen werden. Denn in jeder anderen Situation würde ich einen
Hummer oder einen Ferrari vorziehen ;-)

Andreas Heck (at work) <ah...@webfair.com> schrieb in im Newsbeitrag:

8v2ubt$344j3$1...@ID-59725.news.dfncis.de...
[...]


>
> Es scheint mir langsam so, als würdest Du annehmen, ich wäre mit Dir
> bezüglich der Feststellung "klassische Musik ist musiktechnisch
hochwertiger
> wie Popmusik" uneins. Im Gegenteil, da bin ich völlig Deiner Meinung.

[...]

"musiktechnisch hochwertiger" ! Die klassische Musik ist "hochwertig"er als
die Popmusik. Na bitte. Da wäre die Diskussion eigentlich erledigt ;-)

Gruß,
Klaus Viertel

Jan Heidbrink

unread,
Nov 25, 2000, 3:00:00 AM11/25/00
to
On Fri, 24 Nov 2000 18:30:05 +0100, "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de>
wrote:

>"musiktechnisch hochwertiger" ! Die klassische Musik ist "hochwertig"er als


>die Popmusik. Na bitte. Da wäre die Diskussion eigentlich erledigt ;-)

Nein. Du darfst das "musiktechnisch" nicht einfach weglassen.

Jan Heidbrink

unread,
Nov 25, 2000, 3:00:00 AM11/25/00
to
On Fri, 24 Nov 2000 17:21:53 +0100, "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de>
wrote:

>> Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks. Wer


>> behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht" einteilen,
>
>Du hast bereits eingestehen müssen, daß Popmusik anspruchsloser ist. Von da
>her läßt sich auch sagen, was gut und was schlechter ist.

Und genau diese Meinung teile ich nicht. "Anspruchsvoll" ist nicht
gleichzusetzen mit "gut". Für jemanden, der anspruchsvolle Musik
schätzt, ist anspruchsvolle Musik eben besser als das derzeitige
Chart-gedudel, für jemanden, der sich die Nächte in Discos um die
Ohren schlägt, kommt es darauf nicht so sehr an.

Für mich ist "gute" Musik die Musik, die man gerne hört. Da das
Empfinden von Musik subjektiv ist, glaube ich nicht daran, dass sie
sich objektiv in "gut" und "schlecht" einteilen lässt.
In "anspruchsvoll" und "niveaulos" kannst du sie gerne einteilen, dass
bedeutet aber noch längst nicht "gut" und "schlecht".
Ob Musik gut oder schlecht ist, muss jeder Konsument für sich selbst
entscheiden.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 27, 2000, 3:00:00 AM11/27/00
to
Hallo Klaus!

> Kurz gesagt: Ich kann euch nicht verstehen, wie ihr einseits zugebt,
> die Klassische Musik ist anspruchsvoller und technisch fortgeschrittener,
> gleichzeiter aber eine Wertung für abwegig hält.

Das hatte ich versucht, Dir zu erklären. Ich bin wohl kläglich gescheitert
;-)
Wenn ich schon aufgrund der "Fakten" sehe, daß die sog. Klassische Musik
musiktechnisch mehr hergibt, müßte sich doch schon zeigen, daß der direkte
Vergleich mit Pop-Musik nur zu Ungunsten letzterer Ausfallen kann. Und das
dann gegen sie vorzubringen halte ich für falsch, weil sie den Anspruch
nicht erhebt, mit Klassischer Musik - erneut: musiktechnisch - zu
konkurrieren.

Besten Gruß.

Andreas Heck (at work)

unread,
Nov 27, 2000, 3:00:00 AM11/27/00
to
Hallo Klaus!

> Die Curry-Wurst oder die Pommes frites haben sicherlich in
> bestimmten Situationen, in denen man keine Zeit für ein
> ausgiebiges Mahl hat (auf der Durchreise etc.), ihre
> Berechtigung. Ein Smart hat für einen Alleinstehenden in
> der Großstadt auch seine Berechtigung und man würde hier
> einen langen, sperrigen Passat (weniger Parkplatzmöglichkeiten
> usw.) eher außen vor lassen. Welches der beiden Autos nun
> besser ist, läßt sich nicht sagen, da beide für andere
> Gegebenheiten konzipiert wurden. So weit, so gut, aber das
> läßt sich nicht auf die Musik übertragen.

Doch, aber ganz genau, Du leitest es doch selber her und verweigerst die
Schlußfolgerung doch, weil Du Dich damit letztendlich selber widerlegt
hättest? Im selben Maße, wie Du oben sagst, daß man aufgrund der Konzeption
für verschiedene Gegebenheiten nicht schließen könne, ob nun der Smart oder
der Passat besser sei, kann man auch nicht sagen, ob nun Pop-Musik oder
Klassik besser ist. Denn das entscheidet doch jeder für sich selbst. Das
eine ist Unterhaltung, das andere ist Kunst. Und ein jeder entscheidet für
sich, was er haben will - oder entscheidet sich eben, je nach Situation, für
sowohl als auch, wie in meinem Falle.

> Warum eine musikalische Curry-Wurst auch wenn mir die Zeit für

> Hummer fehlt? Da warte ich doch lieber, bis ich ausreichend Zeit


> habe, und geniese dann richtig, anstatt mir den Appetit durch
> ein "billiges" Würstchen vergehen zu lassen ;-)

Das ist doch auch völlig in Ordnung, die Entscheidung triffst doch Du
alleine.

> Man kann hier wiedersprechen, und sagen, es gibt Situationen, in
> denen Popmusik angebracht und erwünscht ist. Und es gibt sie,
> nämlich in z.B. in Discotheken. Es wäre auch unsinnig dort
> Klassische zu hören. Sie würde hier nur stören. Sie bietet nur
> ein gewisses Ambiente, übt eine stimulierende Wirkung auf das
> Publikum aus und soll die Masse dazu anregen, mit einander
> durch Tanz in Kontakt zu treten. Sie soll die Partnersuche mit
> Hilfe von rythmischen Klängen und eingängigen Melodien untermalen
> etc. Niemand hört sich dort die Musik genau an, sondern bewegt
> sich vielmehr einfach zu den Rythmen.

Na also, ist doch wunderbar. Weshalb haben dann die Leute, die diese Musik
genau zu diesen "Zwecken" hören, ein degeneriertes Musikverständnis?

> Popmusik ist also nur zur Tanzmusik zu gebrauchen

... ist *auch* zur Tanzmusik zu gebrauchen ... finde ich hier besser bzw.
trifft es genauer.

> und sollte auch nur als solche angesehen werden. Denn in
> jeder anderen Situation würde ich einen Hummer oder einen
> Ferrari vorziehen ;-)

Das ist ja schön, aber Du solltest doch nicht von Dir auf andere schließen.
Wenn Dir der Hummer lieber ist, ist das in Ordnung.

> "musiktechnisch hochwertiger" ! Die klassische Musik ist "hochwertig"er
> als die Popmusik. Na bitte. Da wäre die Diskussion eigentlich erledigt ;-)

Nicht so schnell, sie ist *musiktechnisch* hochwertiger, bitte mir nicht
Worte in den Mund legen, die ich so nicht gesagt habe. Zumal das ja nie
Streitpunkt war. Natürlich ist Klassische Musik aus musikalischer Sicht
anspruchsvoller, sie verlangt daher auch vom Hörer mehr. Aber darum geht es
doch gar nicht. Es geht doch darum, daß Du eine Argumentationskette
aufbaust, die so nicht stimmt:

Klassik = musiktechnisch hochwertiger als Pop => besser als Pop =>
Klassikhörer besser als Pophörer.

Denn das ist Käse.

Grüße.

Lothar Buchholz

unread,
Dec 7, 2000, 3:00:00 AM12/7/00
to

"Klaus Viertel" <4t...@freenet.de> schrieb im Newsbeitrag
news:8vm8dq$4uh03$1...@ID-11361.news.dfncis.de...

> > >...
> > >Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal musiktechnisch
> > >nicht im geringsten an die klassische heran.
> >
> > Und deshalb ist es keine Musik?
>
> Ich wiederhole mich jetzt....: Streng genommen ist es natürlich Musik,
aber
> im Vergleich zur Klassischen ist es ein Witz.
>
Warum? Definieren wir doch mal "musiktechnisch". Ist es allein die Anzahl
der Noten,
Anzahl der Instrument, oder beides? Oder das Arragement, das Zusammenspiel
der
Instrumente, die Akkorde, ober aber alles Zusammen?

Wie dem auch sein: heutige Popmusik kann durchaus mit Klassischer mithalten
(Wir reden jetzt aber nicht von Venga Boy oder Alex). Es gibt durchaus
heutige
Musikbands die ähnliche Arragemnets und Instrumente in ihren Liedern
verwenden,
wie klassische Komponisten. Einige Beispiele hierfür sind sicherlich U2 oder
Metallica.
Auch Ricki Martins "She Bangs" weist eine Vielzahl von Instrumenten und ein
aufwendiges Arragement auf.

> > >Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas ist
> > >ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> > >"Lebensgefühl" zu vermitteln:
> > >
> > >Ihre Musik ist ausdruckslos,
> >
> > Das ist ganz einfach falsch.

Jipp, da hat er recht.

> > ...


> > An einer anderen Stelle behauptest du, Leute, die Hip-Hop etc. gut
> > finden, hätten ein degeneriertes Musikverständnis - warum muss man
> > Musik verstehen, warum kann man sie nicht einfach gut finden?
> > Wer Hip-Hop mag, stellt an Musik ganz andere Ansprüche als
> > beispielsweise ein Metal-Fan oder jemand, der Klassik mag.
> > Hip-Hop mag wesentlich anspruchsloser als beispielsweise Klassik sein,
>
> Da haben wir's. Popmusik ist im Vergleich zur Klassik um einiges
> anspruchsloser. Darum ging es mir wesentlich.
>

Was macht eingentlich KV wenn ein Popstück mit Hilfe eines Orchestras in ein
klassisches "umgewandelt" wird? Steigt dadurch der Anspruch, werden die
sonstigen
Fans dieser Musik dadurch anspruchsvoller, gehobener, ergo intelligenter?
(aktueller Anlass: Herbert Grönemeyer "Stand der Dinge", oder Metallica.
ok, schlechtes bsp.)

Verschiedene Lebensgefühle können zu verschiedenen Musikgeschmäckern
führen (Annahme). Dadurch ändern sich auch die Ansprüche an seine
Lieblingsmusikrichtung. Popmusik kann ader genau so viele oder inhaltlich
_dieselben_ Ansprüche aufweisen wie die Klassik, nur in einer andern
Form /Hülle verpackt.

Denn seien wir ehrlich: in Opern und modernen Popliedern geht es doch
meistens
immer nur um das eine: Liebe und alles was damit zusammenhängt. Mit dem
Unterschied das Opern ein ganzer Abend Zeit zu Verfügung steht, modernen
Popsongs im Schnitt nur 3,5 min (aus verkaufstechnischen Gründen). Es gibt
jedoch auch Ausnahmen, wie Peter Maffays modernes Musical Tabaluga zeigt.

>
> > trotzdem würde ich Hip-Hop Fans nie ein degeneriertes Musikverständnis
> > unterstellen.
>
> Ihr müßt euch nicht so sehr an meine Begrifflichkeit anlehnen! Die
Wortwahl
> "degeneriertes Musikverständis" war als Provokation gedacht und darf nicht
> ganz so ernst genommen werden
>

Hiphop war lange Zeit die Musik von Underdogs oder Lowerclass, was die
Verbindung nahelegt, Hiphop werde nur von interlektuell Armen gehört. Dies
war
jedoch nur so, weil Hiphop das Lebensgefühl dieser Leute traf. Heute hat
sich
die Fangemeinde enorm ausgeweitet und wird auch von Leuten der Upperclass
gehört. Wenn diese leute deiner Meinung nach auch über ein degeneriertes
Musikverständnis verfügen, so folgt daraus, dass alle Menschen in
irgendeiner
Weise ein degeneriertes Musikverständnis haben.

> >
> > Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks. Wer
> > behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht" einteilen,
>
> Du hast bereits eingestehen müssen, daß Popmusik anspruchsloser ist. Von
da
> her läßt sich auch sagen, was gut und was schlechter ist.
>
> > scheint seinen eigenen Geschmack als _das_ Maß der Dinge zu sehen, was
> > ich für arrogant und - insbesondere in einer Philosophie NG -
> > unangemessen halte.
>
> Im Grunde war diese ganze ausartende Diskussion hier nicht angemessen,
> bringt uns aber jetzt auch nichts mehr.

Die Ansprüche und Lebensgefühle anderer an sich selbst zu messen, kann ich
dir nicht verbieten, ist aber nicht legitim. Es ist Anmassung darüber
öffentlich
zu urteilen, bestenfalls ignorant.

Um zum Schluss zu kommen: wenn du diese anspruchslose Musik nicht mags,
ist es ok, aber beschwer' dich nicht. Über Geschmack lässt sich schliesslich
vortrefflich streiten, oder wie unser interlektueller Leithammel Big
Brother-Jürgen
sagen würde: "Jeder Jeck is anners!" ;-)


Klaus Viertel

unread,
Dec 30, 2000, 12:11:44 PM12/30/00
to

Lothar Buchholz <lothar....@gmx.net> schrieb in im Newsbeitrag:
90osfk$v68$02$1...@news.t-online.com...

>
> "Klaus Viertel" <4t...@freenet.de> schrieb im Newsbeitrag
> news:8vm8dq$4uh03$1...@ID-11361.news.dfncis.de...
> > > >...
> > > >Das, was heute als Musik gehandelt wird, kommt erstmal musiktechnisch
> > > >nicht im geringsten an die klassische heran.
> > >
> > > Und deshalb ist es keine Musik?
> >
> > Ich wiederhole mich jetzt....: Streng genommen ist es natürlich Musik,
> aber
> > im Vergleich zur Klassischen ist es ein Witz.
> >
> Warum? Definieren wir doch mal "musiktechnisch". Ist es allein die Anzahl
> der Noten,
> Anzahl der Instrument, oder beides? Oder das Arragement, das Zusammenspiel
> der
> Instrumente, die Akkorde, ober aber alles Zusammen?

>
> Wie dem auch sein: heutige Popmusik kann durchaus mit Klassischer
mithalten
> (Wir reden jetzt aber nicht von Venga Boy oder Alex). Es gibt durchaus
> heutige
> Musikbands die ähnliche Arragemnets und Instrumente in ihren Liedern
> verwenden,
> wie klassische Komponisten. Einige Beispiele hierfür sind sicherlich U2
oder
> Metallica.

Das macht es doch nicht gleichwertig ! Ob Metallica bei ihrem Lärmen nun von
einem oder zwei Orchester begleitet werden, macht keinen Unterschied. Es
geht darum, wie gut man die Möglichkeiten der Mediums nutzt.

> Auch Ricki Martins "She Bangs" weist eine Vielzahl von Instrumenten und
ein
> aufwendiges Arragement auf.

Stimmt! Ein dutzend Trommeln, viel Licht und Schall. Na wenn das nicht mit
Klassik mithalten kann, dann weiß ich's auch nicht.

>
> > > >Sei es nun HipHop, Pop, Rock und wie sie alle heißen mögen, etwas ist
> > > >ihnen allen gemeinsam, auch wenn sie alle vorgeben ein anderes
> > > >"Lebensgefühl" zu vermitteln:
> > > >
> > > >Ihre Musik ist ausdruckslos,
> > >
> > > Das ist ganz einfach falsch.
>
> Jipp, da hat er recht.

Im Verhältnis... !

>
> > > ...
> > > An einer anderen Stelle behauptest du, Leute, die Hip-Hop etc. gut
> > > finden, hätten ein degeneriertes Musikverständnis - warum muss man
> > > Musik verstehen, warum kann man sie nicht einfach gut finden?
> > > Wer Hip-Hop mag, stellt an Musik ganz andere Ansprüche als
> > > beispielsweise ein Metal-Fan oder jemand, der Klassik mag.
> > > Hip-Hop mag wesentlich anspruchsloser als beispielsweise Klassik sein,
> >
> > Da haben wir's. Popmusik ist im Vergleich zur Klassik um einiges
> > anspruchsloser. Darum ging es mir wesentlich.
> >
> Was macht eingentlich KV wenn ein Popstück mit Hilfe eines Orchestras in
ein
> klassisches "umgewandelt" wird?

Solch eine *Umwandlung* will ich erstmal sehen bzw. hören !

> Steigt dadurch der Anspruch, werden die
> sonstigen
> Fans dieser Musik dadurch anspruchsvoller, gehobener, ergo intelligenter?

Natürlich ! Was dachtest du denn ;-)

> (aktueller Anlass: Herbert Grönemeyer "Stand der Dinge", oder Metallica.
> ok, schlechtes bsp.)

Das soll eine *Umwandlung* sein ! *Klassische* Umwandlung ? Ich kann -
ehrlich gesagt - nicht genau sagen, wann Grönemeyers Musik widerwertiger und
abstoßender klang, vor oder nach ihrer strahlenden Umwandlung.

>
> Verschiedene Lebensgefühle können zu verschiedenen Musikgeschmäckern
> führen (Annahme).

Oder zu keinem !

> Dadurch ändern sich auch die Ansprüche an seine
> Lieblingsmusikrichtung.

Daß sich die Ansprüche verändert hätten, ist nicht genau genug. Die
Ansprüche wurden niedriger !

> Popmusik kann ader genau so viele oder inhaltlich
> _dieselben_ Ansprüche aufweisen wie die Klassik, nur in einer andern
> Form /Hülle verpackt.

In einer anderen Form und Hülle :-)) Richtiger: In einer mickrigen,
jämmerlichen, verächtlichen "Form". Ansonsten eine nette Untertreibung.

>
> Denn seien wir ehrlich: in Opern und modernen Popliedern geht es doch
> meistens
> immer nur um das eine: Liebe und alles was damit zusammenhängt.

Weiß ich !

> Mit dem Unterschied das Opern ein ganzer Abend Zeit zu Verfügung steht,
modernen
> Popsongs im Schnitt nur 3,5 min (aus verkaufstechnischen Gründen).

Und ? Soll ich dann einfach über die Stumpfsinnigkeit der Popmusik
hinwegsehen, nur weil ihr "die Zeit fehlt" es besser zu machen.

> Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wie Peter Maffays modernes Musical Tabaluga
zeigt.

Das sicher wirklich "Ausnahmen" ! Ausnahmen des gesunden Geschmacks.

>
> >
> > > trotzdem würde ich Hip-Hop Fans nie ein degeneriertes Musikverständnis
> > > unterstellen.
> >
> > Ihr müßt euch nicht so sehr an meine Begrifflichkeit anlehnen! Die
> Wortwahl
> > "degeneriertes Musikverständis" war als Provokation gedacht und darf
nicht
> > ganz so ernst genommen werden
> >
>
> Hiphop war lange Zeit die Musik von Underdogs oder Lowerclass, was die
> Verbindung nahelegt, Hiphop werde nur von interlektuell Armen gehört. Dies
> war
> jedoch nur so, weil Hiphop das Lebensgefühl dieser Leute traf. Heute hat
> sich
> die Fangemeinde enorm ausgeweitet und wird auch von Leuten der Upperclass
> gehört. Wenn diese leute deiner Meinung nach auch über ein degeneriertes
> Musikverständnis verfügen, so folgt daraus, dass alle Menschen in
> irgendeiner
> Weise ein degeneriertes Musikverständnis haben.
>

Ich sagte ausdrücklich, daß die Formulierung "degeneriertes
Musikverständnis" eine Provokation war und nicht zu ernst genommen werden
darf, und was machst du ? Schreibst drauf los, als hätte ich es nie
geschrieben. Hast du's nicht gelesen ?

> > >
> > > Für mich ist Musik ausserdem sehr wohl eine Frage des Geschmacks. Wer
> > > behauptet, man könne Musik objektiv in "gut" und "schlecht" einteilen,
> >
> > Du hast bereits eingestehen müssen, daß Popmusik anspruchsloser ist. Von
> da
> > her läßt sich auch sagen, was gut und was schlechter ist.
> >
> > > scheint seinen eigenen Geschmack als _das_ Maß der Dinge zu sehen, was
> > > ich für arrogant und - insbesondere in einer Philosophie NG -
> > > unangemessen halte.
> >
> > Im Grunde war diese ganze ausartende Diskussion hier nicht angemessen,
> > bringt uns aber jetzt auch nichts mehr.
>
> Die Ansprüche und Lebensgefühle anderer an sich selbst zu messen, kann ich
> dir nicht verbieten, ist aber nicht legitim. Es ist Anmassung darüber
> öffentlich
> zu urteilen, bestenfalls ignorant.
>

Schreibst du eigentlich nur von deinem Vorgänger ab, oder hast du noch was
anderes zu bieten, als diese üblichen Phrasen ?

> Um zum Schluss zu kommen: wenn du diese anspruchslose Musik nicht mags,
> ist es ok, aber beschwer' dich nicht.

Inwiefern beschweren ?

> Über Geschmack lässt sich schliesslich vortrefflich streiten,

Sicher läßt sich darüber streiten, aber es handelt sich hier nicht über eine
Frage des Geschmacks.

> oder wie unser interlektueller Leithammel Big
> Brother-Jürgen
> sagen würde: "Jeder Jeck is anners!" ;-)
>

Gruß,
Klaus Viertel


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