Eine Bekannte von mir (30 J.) hat seit einigen Tagen weißlichen
Ausfluß aus dem Nabel zusammen mit ausstrahlenden Schmerzen.
Konsultierte Ärzte (Internist, Chirurg, Frauenarzt) wider-
sprechen sich, und sprechen sich auch gegenseitig die
Behandlungskompetenz ab. Die von mir konsultierten Lexika
geben auch keine Antwort. Ein Nabelbruch scheint bislang
nicht vorzuliegen.
Hat jemand Erfahrung mit so etwas?
Franz
Vielen Dank fuer die Information. Das hörte sich wirklich
gut an, und ich habe die Meldung gleich weitergereicht.
Der Internist meinte jedoch, er hätte diese Möglichkeit
bedacht und ausgeschlossen: Der Ultraschallbefund zeigte
nichts.
Das Rätseln geht also vorerst weiter.
Franz
Neben einer Urachus Fistel kann es sich auch mal um einen persistierenden
Ductus omphaloentericus handeln (einfach gesagt, der Verbindung zwischen
Darm und Nabel, der anfangs offen ist und sich nicht immer vollständig
verschließt). In der Tat lassen sich derlei Dinge durch Ultraschall
normalerweise gut darstellen. Diese Diagnosen sind demnach recht
unwahrscheinlich.
Für weit wahrscheinlicher halte ich es, daß es sich um ein Atherom handelt.
Auch im Bauchnabel kommen gelegentlich Hautdrüsen vor, die Talg produzieren,
allerdings sind die Abflußverhältnisse vor allem bei tiefliegendem Nabel
schlecht. Unter Umständen bildet sich eine kleine Art von "Geschwulst" (im
Prinzip völlig harmloser Natur), die sich durch das zurückgehaltene Sekret,
zerfallende Zellen und Wachstum der Drüsendeckzellschicht entzünden und in
die Tiefe eindringen kann. Im Extremfall kann dabei das Bacuhfell
mitentzündet sein. Ich würde annehmen, daß dies hier der Fall ist, es würde
die ausstrahlenden Schmerzen erklären.
Die genannten anderen Diagnosen würden normalerweise nicht zu Schmerzen
führen.
Die Therapie ist chirurgisch: Ausschneiden und plastische Rekonstruktion des
Nabels. Bei der Operation wird die Diagnose gesichert.
Einen Fistelgang (Ductus omphaloentericus oder Urachus) kann man durch
Einspritzen von Kontrastmittel mittels einer Sonde durch ein Röntgenbild
darstellen. Beim Atherom wird man sich dagegen schwertun, überhaupt einen
sondierbaren Gang zu finden.
Beim Urachus entleert sich normalerweise Urin (das ist eigentlich ziemlich
eindeutig), beim D. o. Stuhl (auch das ist eigentlich ziemlich eindeutig,
allerdings kann bei starker Zersetzung entzündlichen Materials auch beim
Atherom eine recht ähnlich ausschauende Sekretion zustandekommen).
Mein Tip:
Gegebenenfalls erst mal zum Radiologen, ansonsten zum Chirurgen. (´humorige
Anmenrkung: das 4. Loeb´sche Gesetz für Internisten (zu denen ich gehöre):
".. and never let the surgeon get your patient!" hat in solch einem Fall
eine Ausnahme...)
Gruß,
Dr. Michael Merger
[...]
Vielen Dank für die ausführliche und überaus kompetente
Antwort. de.sci.medizin at its best :-)
Franz
> Ich würde annehmen, daß dies hier der Fall ist, es würde
> die ausstrahlenden Schmerzen erklären.
> Die genannten anderen Diagnosen würden normalerweise nicht zu Schmerzen
> führen.
Ich bin kein Mediziner und will auch keinem meine
Urachus-Fistel aufdraengen, aber die Sache hat ziemlich
wehgetan, weil sich da offenbar auch was entzuendet hatte:
kam auch ordentlich Eiter raus.
> Beim Urachus entleert sich normalerweise Urin (das ist eigentlich ziemlich
> eindeutig),
Naja, sagen wir mal, es roch eindeutig, die Optik war aber
schon etwas anders. Vielleicht war ich ja auch untypisch,
denn natuerlich fuehle ich mich jetzt nicht mehr "offen"
(die Blase muesste ja sonst beim Kopfstand auslaufen),
sondern es scheint irgendwie wieder halb verwachsen zu sein,
und ich kam ohne OP davon. Allerdings mit dem Hinweis, ein
Auge drauf zu haben, falls es wieder losgeht. Da das Ganze
jetzt schon so etwa 8 Jahre her ist und ich seitdem nichts
gespuert habe, fuehle ich mich eigentlich ziemlich sicher
damit. Ist das naiv?
Schoene Gruesse
Claudia
FG> Eine Bekannte von mir (30 J.) hat seit einigen Tagen weißlichen
FG> Ausfluß aus dem Nabel zusammen mit ausstrahlenden Schmerzen.
Zum Thema Bauchnabel fällt mir eine (für mich) interessante Frage ein: Wie
sieht ein Bauchnabel eigentlich von innen aus? Also wenn man sozusagen im
Bauch sitzt und von innen draufguckt? Welchen Verbindungen bestehen da im
Mutterleib und was passiert nach der Geburt damit?
KrazyKat C=;-)
Der Foetus steht über die Nabelvene und die 2 Nabelarterien mit der Placenta
in Verbindung. Über diese Verbindung kann er Nährstoffe aufnehmen &
Stoffwechsel-Endprodukte ausscheiden.
Nach der Geburt verlieren diese 3 Gefässe ihre Funktion, veröden & werden zu
3 bindegewebigen Strängen (Ligamenta umbilicalia).
Wenn man von innen draufguckt, sieht man 3 Falten in der Bauchwand. Je eine
kommt von links/rechts unten & eine verläuft in der Mitte bis sie sich
"unter" dem Nabel treffen. Der Nabel selbst wird - durch eine Narbenplatte
und das Zusammenwachsen der Sehnen der Bauchmuskulatur - im Verlauf von 1-2
Jahren immer fester verschlossen.
Bei Säuglingen sind Nabelhernien (Nabelbrüche) nicht unüblich, bei
Erwachsenen sollten alle Nabelbrüche, die grösser als kirschengross sind,
operiert werden.
Ich hoffe, dass diese Ausführungen weder zu langatmig noch zu medizinisch
waren...
Coni
Die Gefäße usw. innerhalb des Nabels veröden normalerweise. Zurück bleibt
Bindegewebe, das zur Leber Zieht und ein "Band" bildet, das "Ligamentum
teres hepatis" (teres = rund). Es bildet den Oberrand des Ligamentaum
falciforme hepatic (falx=Sichel), das den rechten Leberlappen unterteilt.
Dr. Michael Merger