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Wie allgemein gelten diese Aussagen zu ggT und relativ prim?

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floria...@gmx.at

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Jul 11, 2016, 6:02:12 PM7/11/16
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Liebe (Mathe)freunde!

Ich bin neu hier und hoffe, dass ich mit dieser langen Frage nicht gleich ins Fettnäpfchen trete. Allerdings dient das allermeiste nur der Klärung von (leider immer mehrdeutigen) Begriffen. Die eigentlichen Fragen habe ich mit GROßBUCHSTABEN hervorgehoben.
Mich beschäftigt eine Frage mit der ich nicht zu Rande komme. Eigentlich sind es drei, die allerdings zusammenhängen weswegen ich sie nicht getrennt stellen wollte.
Es handelt sich um "elementare" Aussagen über ggT und relativ prim, von denen ich mich frage wie allgemein sie gelten. Zunächst einige Definitionen (die sich ja leider immer in Nuancen unterscheiden), damit genau klar ist wovon ich rede:

Def 1: Ein Integritätsbereich ist ein Ring, nicht der Nullring, der kommutativ und nullteilerfrei ist.
Achtung: Gemäß dieser Def. braucht ein Int.bereich kein Einselement zu besitzen!

Def 2: Zwei Elemente a,b eines kommutativen Rings R besitzen einen (oder mehrere!) größten gemeinsamen Teiler (ggT) g, wenn g∣a,b und falls t∣a,b, so t∣g.

Def 3: Zwei Elemente a,b eines kommutativen Rings R mit Einselement e heißen teilerfremd oder relativ prim, wenn jeder gemeinsame Teiler eine Einheit ist.

Def 3ʹ: Zwei Elemente a,b eines kommutativen Rings R mit Einselement e heißen teilerfremd oder relativ prim, wenn jeder ggT eine Einheit ist.

Falls die Elemente a,b eines kommutativen Rings R mit Einselement e einen ggT besitzen sind die Definitionen 3 und 3' klarerweise äquivalent.

FRAGE 1: Wie wird relativ prim definiert wenn nicht gewährleistet ist, dass je zwei Elemente einen ggT haben? Ich vermute mal man nimmt dann Def. 3 (und nicht Def. 3') oder?

Def 4: Ein Integritätsring mit Einselement heißt ggT-Ring, wenn zu je zwei Elemente ein ggT existiert.

Def 5: Ein Integritätsring mit Einselement heißt ZPE-Ring (oder Ring mit eindeutiger Primfaktorzerlegung), wenn jedes Element ungleich 0, keine Einheit, als Produkt von irreduziblen Elementen darstellbar ist und diese Darstellung bis auf Reihenfolge und Multiplikation mit Einheiten eindeutig ist.

Def 6: Ein Integritätsring R mit Einselement heißt Bezout-Ring, wenn das Lemma von Bezout gilt, d.h. wenn jeder ggT(a,b) als Linearkombination r⋅a+s⋅b für gewisse r,s∈R darstellbar ist.

FRAGE 2: In meinem Algebrabuch (Kowol Mitsch Algebra 1, S.106) stehen die beiden (Standard-)Behauptungen:
1) Sind a,b relativ prim und ist a∣bc dann gilt a∣c
und
2) Sind a,b relativ prim, dann ist das von {a,b} erzeugte Ideal der ganze Ring R.
Und zwar steht im Buch das gelte für allgemeine Integritätsringe mit Einselement e.
Ich schaffe beim besten Willen nicht diese Aussagen zu beweisen und vermute einen Fehler im Buch. Für Hauptidealringe ist die Sache klar. In ZPE-Ringen gilt es denk ich auch, aber da müsste ich noch drüber nachdenken. Auch in Bezout-Ringen (siehe Def. 6) ist die Sache für mich klar.
Klar ist ebenfalls, dass 1) aus 2) folgt. Aber in allgeinen Integritätsringen komme ich nicht weiter. Im Buch steht bloß, dass das eine Folgerung aus einem Korollar wäre. Im Korollar wird aber ein Hauptidealring verwendet und da hat man freilich ganz andere Möglichkeiten.
Speziell wichtig für mich ist ob 1) in ggT-Ringen gilt (siehe Def. 4) gilt, denn dort möchte ich die Aussage verwenden.

FRAGE 3: Ich frage mich auch wie allgemein folgende (Standard-)Aussage gilt, d.h. was man außerdem noch vom Ring fordern muss:
Seien a,b zwei Elemente (nicht beide 0) eines Integritäsbereiches R mit Einselmement e und g ein ggT von a und b. Dann sind ag und bg relativ prim.
Bemerkung: In Integritätsringen kann man ja Brüche verwenden (d.h. sie liefern ein eindeutiges Ergebnis), sofern der "Nenner" den "Zähler" teilt (und nicht beides 0 ist).
Auch diese Aussage möchte ich in einem ggT-Ring verwenden und frage mich insbesondere ob sie dort gilt.

Puh, das ist lang geworden. Dafür steht aber alles hoffentlich eindeutig und vollständig da - getreu dem Motto: "Mehr ist weniger".

Ich wäre total dankbar für jede Hilfe. Auch natürlich von einzelnen Fragen.

Liebe Grüße, Florian

Detlef Müller

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Jul 12, 2016, 6:05:33 AM7/12/16
to
Hallo, Florian,

Ich picke mir mal eine Frage heraus.

Am 12.07.2016 um 00:02 schrieb floria...@gmx.at:
[...]
> Def 1: Ein Integritätsbereich ist ein Ring, nicht der Nullring, der
> kommutativ und nullteilerfrei ist. Achtung: Gemäß dieser Def. braucht
> ein Int.bereich kein Einselement zu besitzen!

> Def 2: Zwei Elemente a,b eines kommutativen Rings R besitzen einen
> (oder mehrere!) größten gemeinsamen Teiler (ggT) g, wenn g∣a,b und
> falls t∣a,b, so t∣g.

> Def 3: Zwei Elemente a,b eines kommutativen Rings R mit Einselement e
> heißen teilerfremd oder relativ prim, wenn jeder gemeinsame Teiler
> eine Einheit ist.

> Def 3ʹ: Zwei Elemente a,b eines kommutativen Rings R mit Einselement
> e heißen teilerfremd oder relativ prim, wenn jeder ggT eine Einheit
> ist..

> Falls die Elemente a,b eines kommutativen Rings R mit Einselement e
> einen ggT besitzen sind die Definitionen 3 und 3' klarerweise
> äquivalent.

> FRAGE 1: Wie wird relativ prim definiert wenn nicht gewährleistet
> ist, dass je zwei Elemente einen ggT haben? Ich vermute mal man nimmt
> dann Def. 3 (und nicht Def. 3') oder?

Bleibt ja nichts anderes übrig.

> Def 4: Ein Integritätsring mit Einselement heißt ggT-Ring, wenn zu je
> zwei Elemente ein ggT existiert.

> Def 5: Ein Integritätsring mit Einselement heißt ZPE-Ring [...]

> Def 6: Ein Integritätsring R mit Einselement heißt Bezout-Ring,[...]

> FRAGE 2: In meinem Algebrabuch (Kowol Mitsch Algebra 1, S.106) stehen
> die beiden (Standard-)Behauptungen: 1) Sind a,b relativ prim und ist
> a∣bc dann gilt a∣c [...]

> Ich schaffe
> beim besten Willen nicht diese Aussagen zu beweisen und vermute einen
> Fehler im Buch. Für Hauptidealringe ist die Sache klar.

Natürlich ist es immer so eine Sache, wenn man einen Fehler in
einem Buch vermutet - aber dann kann man ja versuchen, ein konkretes
Gegenbeispiel anzugeben ... übrigens ist das oft hilfreich, wenn einem
der Beweis für eine Aussage einfach nicht gelingen will. Entweder findet
man ein Gegenbeispiel, oder bei der Suche danach gewinnt man
Erkenntnisse, die einen einem Beweis näher bringen.

Zur Aussage aus dem Buch:
Da es für HI-Ringe garantiert geht, muss das Gegenbeispiel in einem
nicht-HI-Ring "leben".
Der Klassische Ring ohne eindeutige Zerlegung in primitive Elemente
ist R= Z[i sqrt 5], also die Zahlen der Gestalt

x = a + b*w mit a, b ganze Zahlen und w^2 = -5

im Folgenden seinen a,b stets ganze Zahlen.

Zur Untersuchung der Teilbarkeit in diesem Ring ist die Abbildung

N(a + b*w) := a^2 + 5 b^2 von R in die Natürlichen Zahlen

hilfreich, die multiplikativ ist N(x*y)=N(x)*N(y) und daher impliziert:
x,y aus R mit x|y => N(x)|N(y).
Weil man in den Natürlichen Zahlen viel über Teilbarkeit weiss, ist
diese Abbildung so nützlich.

Man kann sich (leicht) überlegen, dass a^2 + 5 b^2 niemals den Wert 3
annehmen kann: Sobald der w-Part b nicht 0 ist, ist es schon zu groß,
aber 3 ist auch keine Quadratzahl.
Weiter ist für Einheiten e aus R stets N(e)=1, was hier nur auf
1 und -1 aus R zutrifft.

Nun zur Mehrdeutigkeit: In diesem Ring hat man (nachrechnen)

3*(1+w) = (1-w) * (-2 + w) (*)

Wir wählen nun A = 3, B = 1-w und C = -2 + w.

Wegen N(A)=9, N(B)=6 und N(C)=9 sind dies keine Einheiten.

Wir testen die Definition 3:
gelte x| A und x|B, dann folgt N(x)|9 und N(x)|6, da N(x)
eine natürliche Zahl ist, folgt damit N(x)|3, weil N(x)=3 für
kein x aus R gilt, bleibt nur N(x)=1 also ist x eine Einheit.

Somit sind A und B relativ prim.
Würde die Behauptung aus dem Buch stimmen, hätten wir wegen

A|B*C => A|C, d.h. 3|(-2+w) bzw. 3 = (-2+w)*x für ein x aus R.

Dann gilt: 9=N(3)=N(-2+w)*N(x)=9*N(x), also ist N(x)=1.
Das bedeutet x=1 oder x=-1, aber offensichtlich ist
3 <> (-2+w) und auch 3 <> -(-2+w): Widerspruch.

Gruß,
Detlef

--
Dr. Detlef Müller,
http://www.mathe-doktor.de oder http://mathe-doktor.de

Detlef Müller

unread,
Jul 12, 2016, 6:11:07 AM7/12/16
to
Am 12.07.2016 um 12:05 schrieb Detlef Müller:
> Hallo, Florian,

[...]

> A|B*C => A|C, d.h. 3|(-2+w) bzw. 3 = (-2+w)*x für ein x aus R.

Natürlich umgekehrt: (-2+w)=3*x, was an der Überlegung
aber nichts ändert.

Carlos Naplos

unread,
Jul 12, 2016, 7:25:14 AM7/12/16
to


Am 12.07.2016 um 00:02 schrieb floria...@gmx.at:
Ja, d.h. also: wenn sie keinen echten gemeinsamen Teiler haben.
Aus "Commutative Algebra" von Zariski/Samuel übersetze ich:
Definition. Ein Integritätsbereich R (hier definitionsgemäß mit Eins)
ist ZPE, wenn er folgenden Bedingungen genügt:
ZP1. Jede Nicht-Einheit von R ist endliches Produkt irreduzibler
Faktoren.
ZP2. Diese Faktorisierung ist bis Reihenfolge und Multiplikation mit
Einheiten (unit factors) eindeutig.

(Null, da selbst irreduzibel, muss nicht ausgenommen werden.)

Dann kommt:
Theorem 4. Für Integritätsbereiche R, die der Bedingung ZP1 genügen, ist
ZP2 äquivalent zu
ZP3. Wenn p ein irreduziebles Element in R ist und p ein Produkt ab
teilt, dann teilt es mindestens einen der Faktoren a, b.

ZP3 ist äquivalent zu Deiner (Standard-)Behauptung 1). Oder?
Dann gilt also für spezielle Integritätsbereiche R (die mit ZP1), dass
ZP3 nur gilt, wenn R schon ZPE ist.

In ggT-Ringen folgt ZP2 aus ZP1. (z.B. Zahlentheorie von Heinz Lüneburg)

>
> FRAGE 3: Ich frage mich auch wie allgemein folgende
> (Standard-)Aussage gilt, d.h. was man außerdem noch vom Ring fordern
> muss: Seien a,b zwei Elemente (nicht beide 0) eines
> Integritäsbereiches R mit Einselmement e und g ein ggT von a und b.
> Dann sind ag und bg relativ prim. Bemerkung: In Integritätsringen
> kann man ja Brüche verwenden (d.h. sie liefern ein eindeutiges
> Ergebnis), sofern der "Nenner" den "Zähler" teilt (und nicht beides 0
> ist). Auch diese Aussage möchte ich in einem ggT-Ring verwenden und
> frage mich insbesondere ob sie dort gilt.
>
> Puh, das ist lang geworden. Dafür steht aber alles hoffentlich
> eindeutig und vollständig da - getreu dem Motto: "Mehr ist weniger".
>
> Ich wäre total dankbar für jede Hilfe. Auch natürlich von einzelnen
> Fragen.
>
> Liebe Grüße, Florian
>

Gruß
CN

Detlef Müller

unread,
Jul 12, 2016, 10:21:45 AM7/12/16
to
Am 12.07.2016 um 13:25 schrieb Carlos Naplos:
[...]

> Aus "Commutative Algebra" von Zariski/Samuel übersetze ich:
> Definition. Ein Integritätsbereich R (hier definitionsgemäß mit Eins)
> ist ZPE, wenn er folgenden Bedingungen genügt:
> ZP1. Jede Nicht-Einheit von R ist endliches Produkt irreduzibler
> Faktoren.
> ZP2. Diese Faktorisierung ist bis Reihenfolge und Multiplikation mit
> Einheiten (unit factors) eindeutig.

> (Null, da selbst irreduzibel, muss nicht ausgenommen werden.)

In den mir gerade zugänglichen Quellen wird in der Definition
eines irreduziblen Elements die 0 (sowie Einheiten) explizit
ausgenommen.
(Fischer/Sacher, Einführung in die Algebra, Meyberg, Algebra,
indirekt auch in der Wikipedia).

Wegen 0 = 0*0 kann 0 auch offenbar als Produkt von nicht-Einheiten
dargestellt werden.

Um Faktorielle Ringe (also ZPE-Ringe) zu definieren werden dort
nur Bedingungen für Nichteinheiten aus R\{0} gestellt.

Gruß,
Detlef

floria...@gmx.at

unread,
Jul 12, 2016, 12:22:04 PM7/12/16
to
Vielen Dank an Detlev und CN!

Ihr habt mir sehr geholfen. Ich habe auch das eine oder andere ausprobiert. Aber nachdem nichts Rechtes dabei herausgekommen ist habe ich meine kläglichen Versuche nicht mitgepostet - mein Text war ohnehin schon lang genug.

LG und schönen Tag,
Florian

Carlos Naplos

unread,
Jul 12, 2016, 12:40:15 PM7/12/16
to


Am 12.07.2016 um 16:21 schrieb Detlef Müller:
> Am 12.07.2016 um 13:25 schrieb Carlos Naplos:
> [...]
>
>> Aus "Commutative Algebra" von Zariski/Samuel übersetze ich:
>> Definition. Ein Integritätsbereich R (hier definitionsgemäß mit Eins)
>> ist ZPE, wenn er folgenden Bedingungen genügt:
>> ZP1. Jede Nicht-Einheit von R ist endliches Produkt irreduzibler
>> Faktoren.
>> ZP2. Diese Faktorisierung ist bis Reihenfolge und Multiplikation mit
>> Einheiten (unit factors) eindeutig.
>
>> (Null, da selbst irreduzibel, muss nicht ausgenommen werden.)
>
> In den mir gerade zugänglichen Quellen wird in der Definition
> eines irreduziblen Elements die 0 (sowie Einheiten) explizit
> ausgenommen.
> (Fischer/Sacher, Einführung in die Algebra, Meyberg, Algebra,
> indirekt auch in der Wikipedia).

Wie gesagt, tun es Zariski/Samuel in ihrer "Commutative Algebra" nicht:
"An element a is called irreducible if it is not a unit and if every
divisor of a is improper."

Aber das kommt vermutlich auf dasselbe heraus: dann ist 0 selbst ein
(entartetes) Produkt (mit einem Faktor) und muss bei der Definition von
ZPE nicht ausgenommen werden.

Die Originalausgabe von Zariski/Samuel ist von 1958 - ich habe die
zweite Auflage von 1979. Wahrscheinlich ist es heute eher üblich (z.B.
auch Gerhard Frey, Elementare Zahlentheorie), Null nicht als irreduzibel
zu betrachten.
>
> Wegen 0 = 0*0 kann 0 auch offenbar als Produkt von nicht-Einheiten
> dargestellt werden.
>
> Um Faktorielle Ringe (also ZPE-Ringe) zu definieren werden dort
> nur Bedingungen für Nichteinheiten aus R\{0} gestellt.
>
> Gruß,
> Detlef
>

Gruß
CN

Detlef Müller

unread,
Jul 12, 2016, 2:06:49 PM7/12/16
to
[wieder mal sorry wegen PM]

Am 12.07.2016 um 18:40 schrieb Carlos Naplos:

[...]

>>> (Null, da selbst irreduzibel, muss nicht ausgenommen werden.)

>> In den mir gerade zugänglichen Quellen wird in der Definition
>> eines irreduziblen Elements die 0 (sowie Einheiten) explizit
>> ausgenommen.
>> (Fischer/Sacher, Einführung in die Algebra, Meyberg, Algebra,
>> indirekt auch in der Wikipedia).

> Wie gesagt, tun es Zariski/Samuel in ihrer "Commutative Algebra"
> nicht:
> "An element a is called irreducible if it is not a unit and if every
> divisor of a is improper."

Demnach ist 0 nicht irreduzibel, sofern unser Ring kein
Körper ist und alle anderen Elemente Einheiten sind.

Denn jedes Ringelement ist ein Teiler von 0.

Carlos Naplos

unread,
Jul 12, 2016, 8:03:39 PM7/12/16
to
o.k. Ich hätte den ganzen Paragrafen lesen sollen. Ganz am Anfang steht
da: "The zero element of R is excluded from the considerations which
follow below."

thx
cn
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