On 2015-12-15 10:00, Martin Gerdes wrote:
> Heinz Schmitz <
HeinzS...@gmx.net> schrieb:
>
[...]
>> Bei den hier ggf relevanten Büchern, die ich so fand, war
>> - der Zweck der Projekte oft nicht so spannend,
>> - die Teile speziell und mussten zugekauft werden, wenn sie denn
>> überhaupt (noch) erreichbar waren,
>> - die Software nicht für das OS, das ich auf dem PC hatte,
>> - viel mehr Mechanik zu tun als Elektronik,
>
> Tja, das war wohl damals schon so. Man dachte immer, man hätte die
> Hauptsache schon geschafft, wenn die Schaltung lief. Das war aber nicht
> der Fall. Der Gehäusebau erwies sich in aller Regel als erheblich
> aufwendiger als der Bau der Schaltung selbst.
>
Ich habe als Teenager gelernt, dass es sinnvoll ist, zuerst das Gehaeuse
zu bauen und dann die Elektronik. Mache ich heute noch so. Es ist wie
beim Essen. Salat mag ich nicht immer besonders gern und esse den meist
schnell auf, um danach ungestoert die leckeren Rouladen geniessen zu
koennen.
>> Viele Bücher haben auch den Nachteil, dass kaum je erläutert wird,
>> warum gerade DIESE Teile für die Schaltung nötig sind und durch
>> welche man sie ggf ersetzen könnte.
>
> Dafür ließen sich Bücher damals seitenlang über die Halbleiterphysik
> aus, obwohl in dem Stadium eine modellhafte Beschreibung der Funktion
> von Dioden und Transistoren vollauf genügt hätte.
>
>> Die Betonung liegt dann auf (subalternem) Nachbau statt auf
>> Verstehen, und die Anregung zu weiteren eigenen Experimenten ist
>> nur gering.
>
> War das damals fundamental anders?
>
Beim ARRL Handbook war das fundamental anders. Ob es immer noch so ist,
weiss ich nicht, habe lange keines gekauft.
Die Erklaerungen zum Verstehen waren manchmal wonnig. "The back button
is the I-did-not-mean-to-press-that-button button". Oder wenn sie
erklaerten, wie man in der Kueche nach Teilen sucht, mit denen man eine
Hochspannungs-Chose hindengeln kann.
> Welches damalige Buch hat explizit gesagt: "Wenn Du keinen Widerstand
> von 100 kOhm hast, kannst Du auch einen von 82 kOhm verwenden.
> Allenfalls stand da: "der Wert ist unkritisch". Hast Du Dir als
> 12jähriger darunter etwas vorstellen können?
>
Klar.
>> Bei LTSpice ist alles drin (auch die Batterie), und man kann völlig
>> ohne Sägen und Bohren, Theorie und Mathe schon was hinkriegen - aber
>> die Türen nach weiter oben sind voll offen.
>
> Unser Physiklehrer hat so etwas immer als "Kreidephysik" bezeichnet.
> Eine echte kleine Schaltung mit drei Transistoren und zwei Leuchtdioden,
> deren eine in der Dunkelheit hell ist und in der Helle aus, dürfte ein
> Kind erheblich mehr fesseln als jede Simulation.
>
Ich habe heute morgen virtuell 1000V mit einem BSS123 geschaltet und es
hat nicht geballert :-)
Doch es ist schon erstaunlich, sowas ging frueher kaum. Man entwickelt
eine Schaltung mit LTSpice und nachher sieht alles auf dem Scope so aus,
als haette man die Plots abgepaust. Vieles geht hier LTSPice -> Eagle ->
Vorserienproduktion. Ohne eine Minute am Labortisch. Wobei ich letzteres
irgendwie vermisse.