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Merkw�rdige Fantasie-Version von Bachs Pr�ludium Nr 1

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H.-P. Schulz

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Oct 15, 2014, 5:53:24 AM10/15/14
to
Das Gehirn ist ein seltsamer Kasten ...

Ich selbst spiele nicht Klavier, habe aber einige Kenntnisse in Musik.

Jahrzehntelang war f�r mich klar, wie das Pr�ludium No.1 (WTC) geht,
so habe ich es immer gesummt oder "innerlich" geh�rt, n�mlich ...

im 6/4-Takt !!

und jede Phrase wird einmal wiederholt, d.h. immer zwei Halbtakte sind
gleich.

Die Vier-Sechzehntel-Gruppe, die ich in jeder Phrase dazugedacht
hatte, repetieren im wesentlichen die vier Sechzehntel davor - evtl.
manchmal eine Dreiklangsumkehrung oder Lagen�nderung.

Statt 6/4 ist auch 3/4 Takt m�glich, dann w�re die Phrasenwiederholung
ein extra Takt.

Ich hatte mich Jahrzehnte nicht ums WTC gek�mmert, und als ich es dann
vor einiger Zeit wieder zu Ohren bekam - das Pr�ludium No1
insbesondere -, dachte ich zuerst, ich h�re nicht recht!
Na ja, habe mich inzwischen �berzeugt, dass es tats�chlich *nicht* so
ist, wie ich es einst gewusst und "geh�rt" habe.

Es ist schon seltsam, wenn eine "Fehlschaltung" im Gehirn so krass
offenbar wird!
Nebenbei: Ich f�nde die 6/4-Version *viel* sch�ner! Das Alla-Breve
leiert! Vielleicht habe ich das schon damals unbewusst "korrigiert" -
aber seltsam ist es doch. Zumal ich mich in Werkanalyse schon doch
recht intensiv mit dem St�ckchen zu befassen hatte!
Na, lang ist's her!
Kennt jemand einen �hnlichen Fall von verkehrter musikalischer
Erinnerung, die erst nach Jahrzehnten aufgekl�rt wurde?

Walter Schmid

unread,
Oct 15, 2014, 8:45:43 AM10/15/14
to
Am 15.10.2014 um 11:53 schrieb H.-P. Schulz:
> Das Gehirn ist ein seltsamer Kasten ...
>
> Ich selbst spiele nicht Klavier, habe aber einige Kenntnisse in Musik.
>
> Jahrzehntelang war für mich klar, wie das Präludium No.1 (WTC) geht,
> so habe ich es immer gesummt oder "innerlich" gehört, nämlich ...
>
> im 6/4-Takt !!

Verstehe ich Dich richtig, dass 1/4 für Dich vier schnelle Noten
sind, also Sechzehntel?

Es sind 4/4 notiert, also 16 gleichlange Noten pro Takt.

> Kennt jemand einen ähnlichen Fall von verkehrter musikalischer
> Erinnerung, die erst nach Jahrzehnten aufgeklärt wurde?

Nur vom Hören kenne ich solches nicht, ich hatte aber in meiner
Frühzeit Takte oft ganz falsch eingeteilt beim Selbstspielen,
weil ich nach ungenauem Einmalhören am Radio spielte, statt nach
Noten und Taktstrichen.

Bachs erstes Präludium ist ja etwas ganz Besonderes. Bach
variiert ja sonst immer, so dass kaum zwei Takte identisch sind,
während hier immer zwei Halbtakte identisch sind (ausser der Coda
natürlich). Der Mensch ist nun so veranlagt, dass er
Wiederholungen zusammenfassen /muss/, das geschieht sogar, wenn
ein Computer 1000 identische Trommelschläge produziert. Dass Du
also falsch zusammenfasstest, könnte auch daran liegen, dass es
Dir falsch zusammengefasst vorgetragen wurde - oder allzu
maschinenhaft regelmässig.

---

Etwas Aehnliches habe ich aber zufällig vor wenigen Tagen
erstmals erlebt, bei der Orgelsinfonie von Saint-Saens, deren
Noten ich zuvor nicht kannte:

http://conquest.imslp.info/files/imglnks/usimg/b/b5/IMSLP84213-PMLP50421-Saint-Saens_SymfoniNr3.pdf

Hier auf Seite 2 nach dem Doppelstrich hörte ich die Sechzehntel
bisher nie auftaktig, sondern /im/ Takt, also alles um ein
Sechzehntel nach rückwärts verschoben, d.h. die erste 1/16-Pause
habe ich nie gehört. (Cziffra spielte übrigens die erste
Chopin-Etude Op. 10,1 so, wie wenn sie derart notiert wäre.) Ich
hatte also SSs Partitur gehörmassig vereinfacht. Bei dem
schnellen Tempo scheint mir das unvermeidlich. Es würde mich
interessieren, wie das andere hören?

Gruss

Walter

--
Geschichtslehrer: James Cook umrundete die Erde dreimal per
Schiff. Auf einer seiner Reisen starb er. Auf welcher?
Schüler: Ich hab's gewusst, aber jetzt fällt es mir gerade nicht ein.

H.-P. Schulz

unread,
Oct 15, 2014, 9:23:24 AM10/15/14
to
Am Wed, 15 Oct 2014 14:45:48 +0200 schrieb Walter Schmid
<paulwalt...@vtxmail.ch>:

>Am 15.10.2014 um 11:53 schrieb H.-P. Schulz:
>> Das Gehirn ist ein seltsamer Kasten ...
>>
>> Ich selbst spiele nicht Klavier, habe aber einige Kenntnisse in Musik.
>>
>> Jahrzehntelang war für mich klar, wie das Präludium No.1 (WTC) geht,
>> so habe ich es immer gesummt oder "innerlich" gehört, nämlich ...
>>
>> im 6/4-Takt !!
>
>Verstehe ich Dich richtig, dass 1/4 für Dich vier schnelle Noten
>sind, also Sechzehntel?
>
>Es sind 4/4 notiert, also 16 gleichlange Noten pro Takt.

Es ist weniger das Metrum, um das es mir geht (das ist eine
Notationsfrage), als vielmehr darum, dass ich etwas *hinzugefügt*
habe. Eine Phrase umfasst bei "meiner" Version nicht acht (wie bei
Bach), sondern *zwölf* Sechzehntel! Diese zwölf Sechzehntel lasse ich
metrisch drei Viertel sein; da die Phrase wiederholt wird, kommen also
nochmal zwölf Sechzehntel (also drei Viertel) hinzu. Macht zusammen
sechs Viertel, also 6/4-Takt.

>
>> Kennt jemand einen ähnlichen Fall von verkehrter musikalischer
>> Erinnerung, die erst nach Jahrzehnten aufgeklärt wurde?
>
>Nur vom Hören kenne ich solches nicht, ich hatte aber in meiner
>Frühzeit Takte oft ganz falsch eingeteilt beim Selbstspielen,
>weil ich nach ungenauem Einmalhören am Radio spielte, statt nach
>Noten und Taktstrichen.

Ich habe seit je her Sachen nach Gehör notiert, rein der Übung wegen.
Habe dann oft den tatsächlichen Notentext verglichen, und gefunden,
dass Übung da wirklich was bewirkt. Später habe ich kaum noch etwas
anders notiert als das Original. (Es ging dabei freilich stets um
Melodielinien oder einfachen vierstimmigen Satz, nicht um
komplizierten Kontrapunkt!)
>
>Bachs erstes Präludium ist ja etwas ganz Besonderes. Bach
>variiert ja sonst immer, so dass kaum zwei Takte identisch sind,
>während hier immer zwei Halbtakte identisch sind (ausser der Coda
>natürlich). Der Mensch ist nun so veranlagt, dass er
>Wiederholungen zusammenfassen /muss/, das geschieht sogar, wenn
>ein Computer 1000 identische Trommelschläge produziert. Dass Du
>also falsch zusammenfasstest, könnte auch daran liegen, dass es
>Dir falsch zusammengefasst vorgetragen wurde - oder allzu
>maschinenhaft regelmässig.
>
>---
>
>Etwas Aehnliches habe ich aber zufällig vor wenigen Tagen
>erstmals erlebt, bei der Orgelsinfonie von Saint-Saens, deren
>Noten ich zuvor nicht kannte:
>
>http://conquest.imslp.info/files/imglnks/usimg/b/b5/IMSLP84213-PMLP50421-Saint-Saens_SymfoniNr3.pdf
>
>Hier auf Seite 2 nach dem Doppelstrich hörte ich die Sechzehntel
>bisher nie auftaktig, sondern /im/ Takt, also alles um ein
>Sechzehntel nach rückwärts verschoben, d.h. die erste 1/16-Pause
>habe ich nie gehört.

Och das ist ganz übliche romantische Metrumverschleierung. :)

Bei mir war die Schwierigkeit, das Metrum rauszukriegen, im
Schlusssatz, Buchstabe S (S.65ff), viel größer.
Das sind acht Viertel, die gespielt werden (eine wunderschöne Stelle
übrigens, mit den Klavieren dazu! Viel eindrucksvoller als das selbe
nochmal im Tutti hinterher!), aber das Metrum ist 9/4!! Also ein
Viertel "Abtakt" oder wie man das nennen will.

Walter Schmid

unread,
Oct 15, 2014, 10:53:56 AM10/15/14
to
Am 15.10.2014 um 15:23 schrieb H.-P. Schulz:
> Am Wed, 15 Oct 2014 14:45:48 +0200 schrieb Walter Schmid
> <paulwalt...@vtxmail.ch>:
>
>> Am 15.10.2014 um 11:53 schrieb H.-P. Schulz:
>>> Das Gehirn ist ein seltsamer Kasten ...
>>>
>>> Ich selbst spiele nicht Klavier, habe aber einige Kenntnisse in Musik.
>>>
>>> Jahrzehntelang war für mich klar, wie das Präludium No.1 (WTC) geht,
>>> so habe ich es immer gesummt oder "innerlich" gehört, nämlich ...
>>>
>>> im 6/4-Takt !!
>>
>> Verstehe ich Dich richtig, dass 1/4 für Dich vier schnelle Noten
>> sind, also Sechzehntel?
>>
>> Es sind 4/4 notiert, also 16 gleichlange Noten pro Takt.
>
> Es ist weniger das Metrum, um das es mir geht (das ist eine
> Notationsfrage), als vielmehr darum, dass ich etwas *hinzugefügt*
> habe. Eine Phrase umfasst bei "meiner" Version nicht acht (wie bei
> Bach), sondern *zwölf* Sechzehntel! Diese zwölf Sechzehntel lasse ich
> metrisch drei Viertel sein; da die Phrase wiederholt wird, kommen also
> nochmal zwölf Sechzehntel (also drei Viertel) hinzu. Macht zusammen
> sechs Viertel, also 6/4-Takt.

Ich muss gestehen, dass ich das nicht nachvollziehen kann. Aber
ich könnte es auf Wunsch natürlich auch so spielen. :-)
>
>>
>>> Kennt jemand einen ähnlichen Fall von verkehrter musikalischer
>>> Erinnerung, die erst nach Jahrzehnten aufgeklärt wurde?

Ich habe noch 3 Beispiele:

In der dis-moll-Fuge von WTK I fasste ich das erste Viertel als
Auftakt, also als 4. Viertel auf. Beim 2. Einsatz (Takt 3) ist es
dann das 3. Viertel, d.h. Bach selbst weiss nicht, wohin mit dem
Thema im 4/4-Metrum.

In Beethovens Op. 109, hatte ich am Beginn die ersten zwei
Sechzehntel als Auftakt gespielt und gleichzeitig den ganzen
Auftakt (das erste Viertel des Werks) als Haupttakt.

Im 2. Stück des "Albums für die Jugend" von Schumann
"Soldatenmarsch" spielt wohl jeder den Rhythmus um 1/4
verschoben, dem der Lehrer nicht zuvor das Gegeneteil eingebläut hat.
Das Metrum wechselt zwischen 6/4 und 9/4. Ich höre da einfach
ganz problemlos 3/4. Ja, es ist die schönste Stelle. :-)

Walter Schmid

unread,
Oct 15, 2014, 10:57:24 AM10/15/14
to
Am 15.10.2014 um 16:53 schrieb Walter Schmid:
> Am 15.10.2014 um 15:23 schrieb H.-P. Schulz:
>> Am Wed, 15 Oct 2014 14:45:48 +0200 schrieb Walter Schmid
>> <paulwalt...@vtxmail.ch>:

Nachtrag: Lange gedauert hatte der Fehler aber nie - nur bis zur
nächsten Klavierstunde.

H.-P. Schulz

unread,
Oct 15, 2014, 1:43:25 PM10/15/14
to
Am Wed, 15 Oct 2014 16:53:56 +0200 schrieb Walter Schmid
<paulwalt...@vtxmail.ch>:

>Am 15.10.2014 um 15:23 schrieb H.-P. Schulz:
>> Am Wed, 15 Oct 2014 14:45:48 +0200 schrieb Walter Schmid
>> <paulwalt...@vtxmail.ch>:
>>
>>> Am 15.10.2014 um 11:53 schrieb H.-P. Schulz:
>>>> Das Gehirn ist ein seltsamer Kasten ...
>>>>
>>>> Ich selbst spiele nicht Klavier, habe aber einige Kenntnisse in Musik.
>>>>
>>>> Jahrzehntelang war f�r mich klar, wie das Pr�ludium No.1 (WTC) geht,
>>>> so habe ich es immer gesummt oder "innerlich" geh�rt, n�mlich ...
>>>>
>>>> im 6/4-Takt !!
>>>
>>> Verstehe ich Dich richtig, dass 1/4 f�r Dich vier schnelle Noten
>>> sind, also Sechzehntel?
>>>
>>> Es sind 4/4 notiert, also 16 gleichlange Noten pro Takt.
>>
>> Es ist weniger das Metrum, um das es mir geht (das ist eine
>> Notationsfrage), als vielmehr darum, dass ich etwas *hinzugef�gt*
>> habe. Eine Phrase umfasst bei "meiner" Version nicht acht (wie bei
>> Bach), sondern *zw�lf* Sechzehntel! Diese zw�lf Sechzehntel lasse ich
>> metrisch drei Viertel sein; da die Phrase wiederholt wird, kommen also
>> nochmal zw�lf Sechzehntel (also drei Viertel) hinzu. Macht zusammen
>> sechs Viertel, also 6/4-Takt.
>
>Ich muss gestehen, dass ich das nicht nachvollziehen kann.

Darum geht es mir ja gerade! Ich (mein krankes Hirn) habe da etwas
hinzu gebastelt, und zwar mit einer solchen Deutlichkeit und innerer
Logik, dass ich ganz tief unten immer noch nicht �berzeugt bin, das
Pr�ludium No.1 nicht *doch* in *dieser* Form kennen gelernt zu haben -
lang ist's her!
Andererseits *wei�* ich nat�rlich, dass das nicht sein *kann*!

Vielleicht ist das eher ein Fall f�r de.rec.gehirnmauke als einer f�r
drmk.

> Aber
>ich k�nnte es auf Wunsch nat�rlich auch so spielen. :-)

Kannstes ja mal probieren und dann sagen, ob es nicht tats�chlich die
*bessere* Version w�re.

>> Bei mir war die Schwierigkeit, das Metrum rauszukriegen, im
>> Schlusssatz, Buchstabe S (S.65ff), viel gr��er.
>> Das sind acht Viertel, die gespielt werden (eine wundersch�ne Stelle
>> �brigens, mit den Klavieren dazu! Viel eindrucksvoller als das selbe
>> nochmal im Tutti hinterher!), aber das Metrum ist 9/4!! Also ein
>> Viertel "Abtakt" oder wie man das nennen will.
>
>Das Metrum wechselt zwischen 6/4 und 9/4. Ich h�re da einfach
>ganz problemlos 3/4. Ja, es ist die sch�nste Stelle. :-)

Na ja, ich finde immer, der gute S.-S. hat in der Dritten der Sch�nen
- um nicht zu sagen Sch�nsten - Stellen fast zu viele komponiert.
Aber, okay, das St�ck *ist* auf Effekt und Glanz disponiert wie kaum
eines noch, da lassen wir dann mal "alles erlaubt" sein! ;-))

Arno Schuh

unread,
Oct 15, 2014, 1:49:41 PM10/15/14
to
Hi,

etwas �hnliches ist mir damals passiert, als ich "Jesus bleibet meine
Freude" aus der Kantate BWV 147 "Herz und Mund und Tat und Leben" in der
ersten Aufnahme mit Nikolaus Harnoncourt h�rte.
Das ist, glaube ich, im 9/12 Takt. In dieser Aufnahme h�rte ich zum
erstenmal die 12tel hintereinander weg. In den anderen Aufnahmen waren sie
immer mehr oder weniger gruppiert.

Und wo mir solche Dinge auch immer wieder auffallen sind einerseits beim
H�ren wenn Anf�nger ein St�ck spielen bzw. Leute, die ein St�ck noch nie
zuvor, also in der Interpretation eines anderen, geh�rt haben. Hier
Letzteres insbesondere, wenn z. B. Interpreten klassischer Musik (als Zugabe
etc.) Pop-Musik, Film-Musik usw. spielen. Sie spielen dann oft sklavisch das
Arrangement - das sich wiederum so anh�rt, als ob der Arrangeur das St�ck
auch noch nie geh�rt, sondern nur von den Noten her bearbeitet hat.
Au�erdem fallen mir solche Dinge h�ufig beim H�ren von MIDI-Dateien auf. Da
laufen, falls die MIDI nicht intensiv bearbeitet wurde, auch alle Noten
gleich, mit gleicher Intensit�t, gleicher Geschwindigkeit usw. ab. Das wirft
oft ein ganz anderes Bild auf eine Komposition, entlarvt ihre St�rken oder
Schw�chen bzw. die St�rken und Schw�chen eines lebendigen Interpreten des
gleichen St�ks.

Freundliche Gr��e

Arno

H.-P. Schulz

unread,
Oct 15, 2014, 2:52:08 PM10/15/14
to
Am Wed, 15 Oct 2014 19:49:41 +0200 schrieb "Arno Schuh"
<arno....@in-trier.de>:

>etwas �hnliches ist mir damals passiert, als ich "Jesus bleibet meine
>Freude" aus der Kantate BWV 147 "Herz und Mund und Tat und Leben" in der
>ersten Aufnahme mit Nikolaus Harnoncourt h�rte.
>Das ist, glaube ich, im 9/12 Takt.

Du meinst 9/8. Sowas wie 9/12 gibt es (zumindest in der
abendl�ndischen Musik) nicht. ;-)

> In dieser Aufnahme h�rte ich zum
>erstenmal die 12tel hintereinander weg. In den anderen Aufnahmen waren sie
>immer mehr oder weniger gruppiert.

Also, Bach schreibt "3/4" vor, und dann sind das Achteltriolen.
Besser h�tte er es als 9/8 ("tactus perf. cum prolat. perfect." nach
der alten Mensur) gesetzt. Aber es gab wahrscheinlich praktische
Gr�nde (Bach war ja immer sehr praxisorientiert), es 3/4 sein zu
lassen.

Das mit der Gruppierung ist von Interpret zu Interpret
unterschiedlich. Ich pers�nlich bin auch kein Freund allzu deutlicher
Gruppierung, zumal bei Bach und Fr�heren. Aus der Melodie ergibt sich
schon Gruppierung genug, da muss nicht auch noch so doll geklopft
werden. Das kommt sonst ins Leiern, wo es ohne eine freundliche,
wallige Flie�bewegung ist.

Walter Schmid

unread,
Oct 15, 2014, 3:31:51 PM10/15/14
to
Am 15.10.2014 um 19:43 schrieb H.-P. Schulz:
> Am Wed, 15 Oct 2014 16:53:56 +0200 schrieb Walter Schmid
> <paulwalt...@vtxmail.ch>:

> Darum geht es mir ja gerade! Ich (mein krankes Hirn) habe da etwas
> hinzu gebastelt, und zwar mit einer solchen Deutlichkeit und innerer
> Logik, dass ich ganz tief unten immer noch nicht überzeugt bin, das
> Präludium No.1 nicht *doch* in *dieser* Form kennen gelernt zu haben -
> lang ist's her!
> Andererseits *weiß* ich natürlich, dass das nicht sein *kann*!

Theoretisch kann es schon sein. Zufällig hörte ich gerade heute
Morgen am Radio dieses Präludium, gespielt von Till Fellner. Er
spielte es so regelmässig, dass man jedes beliebige Metrum hätte
hineinhören können. Wie ich schon sagte: ohne zu gruppieren
können wir regelmässige Klänge gar nicht hören. Falsch zu
gruppieren ist deshalb nicht so absurd, wie es zuerst erscheint.

>
> Vielleicht ist das eher ein Fall für de.rec.gehirnmauke als einer für
> drmk.
>
>> Aber
>> ich könnte es auf Wunsch natürlich auch so spielen. :-)
>
> Kannstes ja mal probieren und dann sagen, ob es nicht tatsächlich die
> *bessere* Version wäre.

Ich habe es jetzt mal probiert. Das geht ganz gut.

Dazu fällt mir noch etwas anderes ein: Ich spielte meinem Vater
einmal ein Stück mit Sechzehnteln im 6/8-Takt in Triolen im 2/4
Takt vor, und fragte ihn dann, ob er einen Unterschied gehört
habe. Er verneinte. Ich hatte das Metrum natürlich nicht speziell
betont, eher nur gedacht. Man muss ein Metrum also betonen, damit
es garantiert nicht falsch aufgefasst wird.

Sam Sung

unread,
Oct 16, 2014, 8:26:23 PM10/16/14
to
Arno Schuh schrieb:

> Hi,
>
> etwas �hnliches ist mir damals passiert, als ich "Jesus bleibet meine
> Freude" aus der Kantate BWV 147 "Herz und Mund und Tat und Leben" in der
> ersten Aufnahme mit Nikolaus Harnoncourt h�rte.
> Das ist, glaube ich, im 9/12 Takt. In dieser Aufnahme h�rte ich zum
> erstenmal die 12tel hintereinander weg. In den anderen Aufnahmen waren sie
> immer mehr oder weniger gruppiert.

Das ist noch besser als wenn man dann Schumanns Unvollendete rhythmisch
verstehen kann - nach Noten - nicht nur nach Dirigent ;)

> Und wo mir solche Dinge auch immer wieder auffallen sind einerseits beim
> H�ren wenn Anf�nger ein St�ck spielen bzw. Leute, die ein St�ck noch nie
> zuvor, also in der Interpretation eines anderen, geh�rt haben. Hier
> Letzteres insbesondere, wenn z. B. Interpreten klassischer Musik (als Zugabe
> etc.) Pop-Musik, Film-Musik usw. spielen. Sie spielen dann oft sklavisch das
> Arrangement - das sich wiederum so anh�rt, als ob der Arrangeur das St�ck
> auch noch nie geh�rt, sondern nur von den Noten her bearbeitet hat.

Na klar, Leben, also Erfahrung sammeln, braucht Zeit und braucht dazu auch
noch gelegentlich ausreichend gut funktionierenden Kontakt zur Umwelt...

> Au�erdem fallen mir solche Dinge h�ufig beim H�ren von MIDI-Dateien auf. Da
> laufen, falls die MIDI nicht intensiv bearbeitet wurde, auch alle Noten
> gleich, mit gleicher Intensit�t, gleicher Geschwindigkeit usw. ab. Das wirft
> oft ein ganz anderes Bild auf eine Komposition, entlarvt ihre St�rken oder
> Schw�chen bzw. die St�rken und Schw�chen eines lebendigen Interpreten des
> gleichen St�ks.
>
> Freundliche Gr��e
>
> Arno

Das l�uft vielleicht alles auf Befreiung hinaus - heute sagt man einfach,
dass die Spezies eben kein echtes Multitasking kann. Aber es gibt eben
daneben auch Leute, die richtig gut Orgel spielen k�nnen...

Gottseidank, irknwas geht dann doch immer noch mal ;)

Arno Schuh

unread,
Oct 17, 2014, 10:33:18 AM10/17/14
to
Sam Sung <n...@mail.invalid> wrote:
man
> einfach, dass die Spezies eben kein echtes Multitasking kann. Aber es
> gibt eben daneben auch Leute, die richtig gut Orgel spielen können...
>

In dem Zusammenhang und abgesehen von MIDI: Das Spielen von Stücken auf
anderen als den gewohnten Instrumenten wirft auch oft ein ganz anderes Licht
auf eine Komposition.
Ich hätte nie gedacht, dass so etwas wie Chopins Etüden auf Orgel
funktionieren könnten. Die Überraschung war groß, als ich so was das
erstemal hörte, gespielt von Marie-Madeleine Durufle. Die Ähnlichkeit mit
den typischen französischen Orgel-Toccaten ist verblüffend.
Aber auch andere romantische Klavierstücke, Schumann, Grieg usw., wo ich
zuvor gedacht habe, so etwas klingt nur auf dem Klavier und seinen
Möglichkeiten, funktionieren auf der Orgel - und werfen ein ganz anderes
Licht auf die Komposition.
Bei Bach ist das nicht so verwunderlich, obwohl auch hier z. B. im WTK
einige Präludien und Fugen sich so anhören, als ob sie eher für Orgel als
für Cembalo oder Clavichord geschrieben wurden.

Freundliche Grüße

Arno

Sam Sung

unread,
May 20, 2015, 6:37:25 PM5/20/15
to
Arno Schuh schrieb:
Danke

> Arno

Gruss
https://www.youtube.com/watch?v=unMEv4UVa4M

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