Am 23.05.2016 um 13:11 schrieb Andy Angerer:
> Karl-Heinz Rekittke formulierte aufs eloquenteste:
>
>> Im Prinzip sehe ich das genauso, wie Thomas Einzel ...
>
> Es hat, ganz ehrlich, auch viel mit persönlicher Sympathie zu tun.
> Den Aufwand für die liebenswerte Möwe damals, den hätt ich mir für zB
> eine Taube vermutlich gespart.
Wobei es sich doch gerade bei den Möwen um ausgesprochene Raubtiere
handelt und bei Tauben um ausgewiesene Vögel des Friedens. OK, der
Mensch beurteilt natürlich in erster Linie die Menge der Fäkalien, die
bei den beiden anfällt. ;-)
Vor etwa 14 Tagen rief mich unsere Älteste ganz aufgeregt, weil sie auf
dem Teich eine Blaumeise gesehen hatte, die kränklich wirkte ... damit
ich diese gefälligst rette.
Zuvor hatte ich hier des öfteren kranke, aufgeplusterte Blaumeisen
gesehen, aber die Zahl an zumeist gesunden Blaumeisen erschien mir auch
exorbitant hoch, sodass die Seuchengefahr nicht verwunderlich war.
Konkrete Hinweise auf grassierende Blaumeisenseuchen, wie es sie etwa
für Grünfinken und Amseln gab, fand ich im Internet nicht, wohl aber
Einzelfälle, die von besorgten Hobby-Ornithologen vorgetragen wurden.
Meine beiden Teiche mit dem Bachlauf, der als Vogeltränke dient, mochte
ich nicht komplett leeren, um die Seuchengefahr zu minimieren. So
beschränkte ich mich darauf, die Winterfütterung so lange einzustellen,
bis der Großteil der Blaumeisen abgezogen war. Vogelkundige
Tierarztpraxen gibt es in Münster leider nicht. In meiner Heimatstadt
Nordhorn gibt es eine, aber 80km-Fahrt x 2 erschienen mir unangemessen.
Ich weise darauf hin, weil im Internet von einer "Wunderheilung" durch
einen Tierarzt berichtet wurde, der einer Blaumeise ein Antibiotikum gab.
Die ansässige Meise hingegen saß tatsächlich, wie Jesus auf dem Wasser
und wollte nicht untergehen. Ich kann leider auch in solchen
Notsituationen Tiere nicht töten und mir ist auch klar, dass das mein
Defizit ist. Mit der Schaufel konnte ich sie zumindest vom Teich auf den
Weg befördern und sie schien nur noch in Ruhe sterben zu wollen.
In den nächsten vier Stunden schaute ich immer mal wieder nach ihr. Bei
der letzten Kontrolle (es war schon stockdunkel) hatte sie sich bis ganz
vor die Haustür vorgearbeitet und Kira, Nachbars Katze, lag etwa einen
Meter hinter ihr, um sie zu beobachten, offensichtlich aber nicht, um
mir die Arbeit abzunehmen und sie zu erlösen. Entweder hatte sie eine
Ansteckungsgefahr erkannt oder es lag unter der Würde der alten Dame,
ein wehrloses Opfer zu meucheln.
Wie mich der kleine Vogel so anschaute, fiel mir wieder die Geschichte
mit dem Antibiotika ein und zufällig hatte unsere Älteste gerade
Antibiotika verschrieben bekommen. Von einer dieser Tabletten schabten
wir eine winzige Menge in einen Mörser und vermischten das gemörserte
Mehl mit etwas Wasser. Ein gesäubertes Liquidfläschchen von meiner
E-Zigarette diente dazu, das Gemisch aufzusaugen und mit demselben
Fläschchen träufelte ich der Meise einige Tropfen davon - gegen ihren
Widerstand - ein.
Der Widerstand zeigte mir, dass noch Leben in ihr steckte und ich hatte
zumindest das Gefühl, mit jedem Tropfen käme neues Leben hinzu. Ich
setzte sie behutsam unter einen Strauch, vergewisserte mich, dass Kira
den Heimweg gefunden hatte und ging mit gemischten Gefühlen ins Haus.
Die nächste Kontrolle erfolgte bereits nach 10 Minuten ... und wer nicht
mehr unter dem Strauch saß, war meine Meise.
Keinesfalls will ich jetzt behaupten, dass ich den Vogel mit der
Behandlung gerettet hätte und wenn es so wäre, die Chancen dafür stehen
nach meiner Einschätzung bei fifty:fifty, wäre es nicht sicher, dass das
eine gute Tat gewesen wäre, denn der dann gesunde Vogel könnte die
Erreger weiter verbreiten ... aber eins weiß ich ganz sicher: Es fühlte
sich saugut an!
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Gruß,
Kalle
- Vögel und andere Viecher -
Terrasse II 2013-03-27 DSCI0434 2:
https://youtu.be/QpmC6wOEVVI