Hallo Ralf,
Du schriebst am Thu, 5 Jan 2017 11:24:52 +0100:
> > Jetzt verlier' Dich mal nicht so in den Details, es ging um eine
> > _allgemeine_ Bewertung, und die muß aus einer gewichteten Summe der
...
> Naja, Details sind wichtig. Am Ende muss ja für jedes Auto was
> brauchbares rauskommen.
Sicher sind die Details wichtig. Nur ergibt sich die Gesamtbewertung der
Brauchbarkeit halt aus der _gewichteten_ Summe aller Details. Eine
herausragende Lösung wird halt von einem ansonsten bescheidenen Rest
heruntergezogen, so daß die Bewertung am Ende evtl. trotzdem nur "mäßig"
ausfällt, soweit nicht für jemanden gerade _dieses_ Detail soviel Gewicht
hat, daß es die Gesamtbewertung dominiert. Und dann ist damit zu rechnen,
daß das nicht für alle potentiellen Kunden gilt, und damit eben nicht für
den Durchschnitt. Und schließlich ist die Bedienung der "Nebenfunktionen"
auch nur ein Teil der Bewertung eines Gerätes, insbesondere eines Autos.
> Und etwas, das 20 Jahre mit 10 Tastern ging, geht halt irgendwann so
> nicht mehr auf und man muss sich was neues überlegen. Das wollte ich
> deutlich machen.
"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier". Was 20 Jahre lang mit Tastern ging,
sollte daher auch weiter mit Tastern gehen - wenn 10 nicht mehr reichen,
dann eben 11 oder 12. Sicher leidet damit die Übersichtlichkeit - müssen
das dann 2 Dutzend oder mehr werden, kann/wird ein neues Konzept sinnvoll
sein. Aber dabei müssen halt auch die "Randeinflüsse" wie Ergonomie,
Bediensicherheit, Ablenkpotential oder Fahrsicherheit berücksichtigt werden.
> >>> Kryptische Symbole kenne ich eher von Bildschirmbeschriftungen.
> >>
> >> Ein Patch später kann das weg sein.
> >
> > Oder dazukommen.
>
> Jepp. Glas halbvoll/halbleer.
Eher so, daß da "nachgeschenkt" werden kann (Dein Argument) oder Dir wer
Dein Glas austrinkt oder den - von Dir bezahlten - Restinhalt wegkippt.
Ohne Dein Einverständnis.
> > Software hat halt den ungemeinen "Vorteil" (für den
> > Ersteller), daß ihr "Erscheinungsbild" (falls überhaupt vorhanden) mit
> > ihrer _Funktion_ recht wenig bis praktisch nichts zu tun hat.
...
> Ein UI-Entwickler kann aber darauf wert legen, dass diese Transparenz
> recht gut erhalten bleibt.
Ja, sicher _kann_ er das prinzipiell (nicht jeder bringt das auch fertig),
aber er _kann_ eben auch jeden Jux und jede Tollerei einbauen. (Tesla
bringt doch immer wieder solche "Ostereier" ("Easter Eggs") in seiner
Software unter, "toll( gemeint)e" Funktionen, die mit einer kryptischen
Bedienhandlung auferufen werden.)
> Vergleich mal Bestellen per Telefon im Quelle-Katalog mit Bestellen heute
> per Web bei Amazon. Oder ein Schritt weiter per Amazon Dash Button.
Ohja, eine Bestellung bei Amazon bin ich grade am versuchen, ein paar
Teile, die ich gerne hätte. Bei bisher drei Anläufen, was brauchbares zu
finden, habe ich alles unmögliche unpassende gezeigt bekommen, einmal habe
ich was brauchbares dabei gesehen. Stellt man die Suchkriterien um, bekommt
man auf einmal ganz andere Sachen angezeigt, das vorher mühsam erblätterte
findet sich darunter aber _nicht_ mehr. Die Begriffssuche schränkt nur sehr
schwach ein oder schließt zuviel aus, weil offenbar die Stichworte
miserabel gepflegt sind. Naja, und so weiter, dabei ist der
unübersichtliche Seitenaufbau noch das wenigste - warum muß auf einem
Medium, das keine prinzipielle Längenbegrenzung kennt, dafür aber mehrere
unterschiedlich handhabbare Bereiche verwalten kann, alles auf viele viele
"Seiten" aufgeteilt werden? Hier ist wohl die "altgewohnte" Struktur der
Papierheftchen immer noch nicht überwunden, und gerade hier böte das große
Vorteile...
> "Einfaches Einkaufen" (Kaufverträge per Link Klicken) ist so einigen
> Kunden also richtig was wert.
> Nur deine Wahrnehmung ist so vehement auf die Risiken konzentriert.
Da hast Du was falsch einsortiert - mit den "Kaufverträgen per Link" meinte
ich die Masche, den Nutzern einer Seite was unterzuschieben, was nicht
dargestellt wird (von wegen Entkopplung Aussehen - Funktion). Das ist mit
Software so einfach, und der "Kunde" merkt das erst mit so großer
Verzögerung, daß es eine zeitlang eine große Betrugsmasche war. Inzwischen
haben's die meisten gemerkt, sogar die Justiz, aber es soll wohl noch immer
vorkommen.
> >> Ein Patch später kann das weg sein. Wenn Software eine gewisse Qualität
> >> nicht hat -> naja, nicht kaufen. :-)
> >
> > Geht nicht, "ein Patch später" kann die gekaufte "Qualität" weg sein.
>
> Chance und Risiko nah beieinander. Wie gesagt, im Release Management des
Richtig, und hier nicht nur beim _Kauf_ selber, sondern auch noch danach.
Du kannst Dich nicht darauf _verlassen_, daß die Qualität bestehen bleibt.
> >>>> immer auch UI-Richtlinien
> >>>
> >>> _Das_ geht aber mit physischen Tastern mindestens genauso leicht,
> >>
> >> Nein.
> >
> > Warum nicht? Wer oder was sollte das verhindern?
>
> Die feste Physis, die nicht situationsabhängig sein kann.
Situationsabhängige Bedienung ist beim _Auto_, jedenfalls beim _Fahren_,
eher eine große Gefahr. Ein solches Bedienkonzept braucht entweder ständige
Aufmerksamkeit, was denn jetzt gerade wieder wo wie zu bedienen ist, oder
eine immens lange Lernphase, falls das überhaupt reproduzierbar bedienbar
ist. Letzteres ist nicht sichergestellt, weil oft die Anzeigepositionen der
Bedienelemente von der aktuellen "Zeigerposition" abhängt, die bei
Touchscreens oft garnicht sichtbar ist. Also auch deswegen ist sowas nicht
blindbedienbar, nicht nur wegen der mangelnden Fühlbarkeit.
[Links-/Rechtslenker]
> > Linkslenker- Fahrzeug so große mechanische Unterschiede bestehen
> > könnten, daß eine andere Anordnung von ein paar Bedienknöpfen keinen
> > großen Unterschied mehr macht.
>
> Siehste: Grenze der Physis. Schon für so eine simple Sache.
Aha, welche denn? Sind beim Linkslenker die Elemente dafür geeignet
angebracht, können sie beim Rechtslenker eben dafür passend plaziert sein
- da braucht's keinen Bildschirm, sondern bloß den passenden Tastensatz
und Montagerahmen. Deine Argumentation geht ins Leere.
> Und jetzt nimm mal noch
> * ein Auto in Basis-Ausstattung
> * was dazwischen
> * ein Volle-Hütte-Auto.
>
> Wer da alles dediziert an Tastern genau mit seinen Funktionen verkabelt
> wird ja seinen Lebens an Varianten nicht mehr froh.
Ach geh - das geht doch (heute) alles mit derselben Grundplatine, ggfs. mit
Teilbestückung und Frontblende nach Ausstattung, am Ende läuft doch sowieso
alles über einen "Controller", der den Bus bedient. Das ist dann eher
simpler als ein Touch-Screen, der die hundertfache Prozessorleistung und
entsprechenden Speicher braucht.
Aber genau _das_ ist halt der Grund dafür, daß man in aktuellen Fahrzeugen
die gesamte Bedienung auf ein einziges Element zu konzentrieren zu
versuchen scheint: _dadurch_ wird gespart, weil viele einzelne Teilgeräte
zusammengefasst werden. Daß deswegen für eine simple Betätigung auch mal
ein Durchforsten des halben Menübaums notwendig wird, scheint nicht zu
interessieren. Große Vereinfachung gegenüber ein paar separaten Tastern...
Nur nicht für den späteren Benutzer.
...
> "Bananen" kann man auch mechanisch ausliefern. Also das ist nun kein
> Argument.
Nein, kann man nicht. Ein schlechtes Mechanik-Design _bleibt_ schlecht, ein
gutes kann nicht später verhunzt werden.
> Ob "Banane" oder nicht, ist eine Frage des Qualitätsmanagements und
> Testmanagmenents und Releasemanagements im Unternehmen.
Das ist nur dann der Fall, wenn das erstere schon versagt hat und das
letztere das Übergewicht besitzt. Leider ist das inzwischen wohl der
Normalfall.
...
> Dann erfüll doch vor der Auslieferung mal die Anforderung: soll mit
> geringem Aufwand mit den nächsten 3 iPhone-Versionen kompatibel sein.
Bitte keine Lächerlichkeiten. Genauso könnte jemand verlangen, Deine
Betriebsdatenerfassung muß ab Auslieferung die Daten der nächsten drei
Generationen von Maschinen verarbeiten können.
Du verwechselst hier Vorwärts- und Rückwärts-Kompatibilität. Nur letztere
kann für Fremdprodukte zugesichert werden.
> Es sind doch solche Forderungen nach Flexibilität und Integration, die
> mit der klassischen Welt einer 100%-Spezifikation über Geräte-Lebensdauer
> nicht mehr vereinbar sind. Und wo dann generischere Schnittstellen
> gebraucht werden.
Wie z.B. OBDII - das ist im Grundumfang immer noch voll kompatibel. Aber
obwohl das nur Software ist, ist es trotzdem in viele Richtungen soweit
erweitert worden, daß eben doch inzwischen das meiste "danben vorbei"
läuft, was die Hersteller damit für ihre Zwecke machen.
Das ist ein Dilemma für _jegliche_ allgemeine Spezifikation - irgendwann
muß sie erweitert werden. Und nichtmal das hat was zu tun mit der Existenz
und _Einhaltung_ einer umfassenden Spezifikation für ein spezifisches
Gerät, das diese bereits _bei Eintritt in die Serie_ einhalten soll.
> > Wenn's nur das wäre. Leider hat sich da das Vorgehen so etabliert, daß
> > das, was anfangs ausgeliefert wird, die nötigen Funktionen eher
> > rudimentär bietet und dazu in einer Weise, die die Benutzung zumindest
...
> Das kann sich doch nur dort etablieren, wo Kunden das akzeptieren -
> vielleicht weil sie keine andere Wahl haben.
Eben, weil sie keine andere Wahl haben. Einer hat damit für eine Neuerung
angefangen, andere haben das aufgegriffen und nachgemacht - es _gab nie_
eine andere Möglichkeit. Die Neuerung wurde nach und nach auf alle Modelle
"migriert", und schließlich ist es nicht einmal mehr möglich, sie zu
_vermeiden_.
> Mein Erfahrung ist die, dass Erstwürfe auch deshalb rudimentär und
> schwierig zu bedienen sein, weil vorher von Kundenseite gar nciht klar
> war, was die wirklich wollten.
Das mag stimmen, aber vor allem, weil die Wünsche der Kunden durch einen
Filter müssen (der sich "Marketing" nennt), der nicht vollständig neutral
und frei von Veränderung ist. Dort sitzen Leute, die _Neuigkeiten_ "an den
Mann bringen" wollen, und die die deswegen bevorzugt propagieren, obwohl
damit eben noch keine Erfahrungen vorliegen und nur ihre eigenen
Vorstellungen zur Realisierung existieren.
> > Naja, halt das moderne Erstellungsverfahren "Programming by Debugger".
>
> Das sehe ich als deine Einstellung dazu.
Programmierst Du gelegentlich "ereignisbasiert"? Da ist sowas kaum zu
vermeiden, weil auch die umfangreichste Dokumentation nie jedes
Ausführungsdetail enthalten kann. Aber es soll auch schon vorgekommen
sein, daß Regelalgorithmen so implementiert wurden...
> >> * nötige Reaktionszeit - kann ein Mensch das noch? Braucht er eine
> >> Assistenz oder Automatik?
> >
> > Oder geht das auch einfacher direkt? _Diese_ Frage verschwindet
> > zunehmend aus dem Sichtfeld der Konstrukteure, fürchte ich. (Und
> > scheint so.)
>
> Also: Loch in den Fahrzeugboden, Fuß raushalten für eine
Kannst Du Deine Tendenz zum Lächerlichmachen mal bisserl einbremsen?
(Meinetwegen mach' Dir ein Loch in den Bildschirm und steck da den Finger
rein, wenn das aufkommt.)
(BTW, das "Loch im Fahrzeugboden" war immer schon ein schwacher Witz. Sogar
schon für Kutschen, die hatten schon hebelbediente Klotzbremsen.)
> Ich glaube übrigens in den Entwickler-Teams gibt's schon eine gute
> Mischung aus Leuten der versch. Ansätze und Denkrichtungen, da wo nicht
> nur einer allein eine neue Software entwirft und dann umsetzt. Und es
> gibt auch UI-Leute, die so Nutzbarkeit in den Vordergrund stellen und
> nicht die funktionsverliebte Vielfalt anderer teilen.
Sicher _gibt_ es die. Es fragt sich halt immer, wie die Gewichtung
aussieht. Die "jungen dynamischen" Typen, die alles anders machen wollen,
haben wohl auch gerne mehr Durchsetzungskraft als die, die sich eher über
die möglichen Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten Gedanken machen.