Am 28.04.2012 21:00, schrieb Horst Leps:
> Am 28.04.2012 um 18:04 schrieb Monika Förster:
> Ich bin mühselig dabei zu lernen, dass Deine Fragen nicht etwa
> provokativ dumm sind, sondern dass Du sie tatsächlich ernst meinst.
Ich hinterfrage.
Man kann auf diese Fragen inhaltlich eingehen, oder sie mit einer
arroganten Handbewegung vom Tisch zu wischen suchen, so wie Du.
Jemand, der nichts zu verbergen hat, sollte mit einer direkten
Beantwortung allerdings eigentlich kein Problem haben. So hinterhältig
sind meine Fragen nicht gestellt, als daß offen bliebe, worauf sie abzielen.
>> Offenbar wurde die rechte Demo zugelassen, Du schreibst ja selbst, daß
>> die Polizei sie sogar schützen wird.
>
> Demos werden in D nicht zugelassen. Sie werden angemeldet. Und sind
> damit schon genehmigt. Außer, es gibt Sicherheitsprobleme.
Meine Güte, dann ist die Demo eben nicht zugelassen, sondern angemeldet
und genehmigt, nachdem sie offenbar kein Sicherheitsproblem darstellt.
Ist diese Haarspalterei jetzt irgendwie wichtig?
>> Wenn Anhänger der multikulturellen Gesellschaft eine behördlich
>> genehmigte Demonstration von Andersdenkenden nicht *unwidersprochen*
>> "hinnehmen" können oder wollen, sollten sie das in ihren Aufrufen auch
>> präzise ausgedrückt publizieren, statt so zu tun, als sprächen sie für
>> *alle* Hamburger, oder als sei jeder automatisch "braun" (= Nazi!),
>> der sowas gelassen toleriert:
>>> In unserer weltoffenen Stadt können wir das nicht hinnehmen und
>>> zeigen: Hamburg ist bunt – nicht braun!
>
> Alle Fraktionen der Bürgerschaft sind dabei, CDU, FDP, SPD, Grüne,
> LINKe, das allein ist schon fast ein historisches Ereignis: Die CDU
> widersetzt sich nicht, wenn die LINKE dabei ist.
*Die* sprechen für sich und eben nicht für *alle* Hamburger.
Piraten sehe ich z.B. nicht auf der Liste, obwohl deren Umfragewerte
derzeit bei 10% (Allensbach) bis 13% (Forsa) liegen:
http://www.focus.de/politik/deutschland/forsa-umfrage-piraten-im-aufwind-fdp-stabilisiert-sich_aid_739194.html
Mal abgesehen davon, daß es jede Menge Politikverdrossene gibt, denen
seit Jahren aber wirklich *alle* Parteien am Allerwertesten vorbeigehen.
>> Sowas ist plumpe Demagogie und wehrhafter Demokraten unwürdig.
>
> Keineswegs, ein Aufruf ist kein ziselierter Essay.
Man kann auch seriöse Aufrufe starten, die keine Dummheit bei ihren
Lesern voraussetzen, wie es hier offensichtlich der (insoweit
beleidigende) Fall ist.
>> Wenn derlei Polit-Propagandisten sich dann auch noch einen Satz weiter
>> eine Monopolstellung für "Demokratie, Toleranz, Vielfalt, Zivilcourage
>> und einen respektvollen Umgang miteinander" anmaßen, erinnert ihr
>> Mobilisierungsschreiben schon gleich im ersten Absatz an orwellsches
>> Newsspeak, aber sicher nicht an eine seriöse Aktion, der man sich
>> getrost anschließen mag.
>
> Diese Parteien haben einen Konsens darüber, wie bei allem Streit
> miteinander umgegangen wird. Und die anderen gehören nicht dazu.
Sie haben dennoch nicht die Monopolstellung, die ihr Aufruf hier
suggeriert. Daran ändert auch ihr Konsens nichts: Also sich das
einzubilden, bzw. in gemeinsamen Aufrufen so zu tun, als sei dem so.
Davon ab: 1933 kam es bei den Vorläufern dieser Parteien auch zu einem
Konsens (SPD und Kommunisten ausgenommen) - nämlich zu Selbstauflösungen
bzw. Kooperationen mit der aufstrebenden NSDAP.
Parteien haben letztlich nur ein Ziel: An die Macht zu kommen und sich
dort zu halten.
Damals waren und heute sind sie bereit, dafür Bündnisse zu schmieden,
bzw. einen Konsens zu finden - vor allem, wenn es darum geht, gemeinsame
Gegner auszuschalten. Siehe Österreich, Stichwort: FPÖ + ÖVP. (Wobei ich
die FPÖ allerdings anders einschätze als die deutsche NPD. Aber für Dich
sind Rechtskonservative ja automatisch "braun", insofern...)
Schon allein deshalb kann es für "Demokratie, Toleranz, Vielfalt,
Zivilcourage und einen respektvollen Umgang miteinander" gar keine
Monopolstellung geben. Unter Parteien schon gleich gar nicht.
Da hilft nur eigenes Denken und kritische Distanz gegenüber
selbsternannten Autoritäten und jeglicher Form von Gruppenhysterie, wie
sie hier schon im Aufruf durchschimmert, dessen Autoren in ihrer
künstlichen Aufregung sämtliche Teilnehmer der rechten Demonstration
pauschal in einen Topf mit den 3 (!) Mitgliedern der NSU werfen.
Mit derselben Logik hätte man dann auch rote oder grüne Demonstranten
einst in einen Topf mit der RAF oder den chinesischen Sozialisten werfen
können (die so manchem Sponti als Vorbild dienten, auch wenn sie das
wesentlich bequemere Leben in der westdeutschen Bohème einem
Bauerndasein in China dann letztlich eben doch vorzogen). Geschah
mitunter ja auch - ich habe das damals schon abgelehnt.
Bleib mir bloß vom Hals mit derlei naiver Ehrfurcht vor Parteibonzen und
deren taktischer Bündnispolitik. Wenn die EU erst mal pleite und die Not
allgegenwärtig ist, wird sich zeigen, was von derlei "Konsens" im
Augenblick der Wahrheit noch an Solidarität übrig bleibt...
>> Warum bleibt "Ihr" nicht einfach auf der Sachebene und schreibt, daß
>> "Ihr" die rechte Demo zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen
>> toleriert, aber mit einem "bunten" Programmabend eine friedliche
>> Gegenveranstaltung plant, um jedem Bürger Gelegenheit zu geben, durch
>> Anwesenheit bei der einen oder anderen Aktion - vielleicht aber auch
>> durch schlichtes Fernbleiben von beidem - seiner ganz persönlichen
>> Haltung Ausdruck zu verleihen?
>
> Just das wird (auch) gesagt.
Für mich liest sich das erheblich aggressiver und anmaßender. Sonst
hätte ich wohl kaum darauf reagiert.
Ich gehe normalerweise nicht in Dönerbuden, aber nach dem 09/11 war ich
mehrmals ganz demonstrativ beim Türken nebenan essen, einfach um zu
unterstreichen, daß es Leute gibt, die sich nicht von der allgemeinen
Panikmache (gegen Moslems in der "offenen" Gesellschaft) infizieren lassen.
Das würde ich auch jederzeit wieder tun, wobei ich allerdings kaum auf
die Idee käme, mich wegen so etwas Selbstverständlichem dermaßen zum
Hüter von Gesetz und Anstand aufzublasen, wie Deine Funktionäre hier,
mit ihrer Rathausplatzfete (wie finanziert die sich eigentlich?).
Matthäus 6.1 4 erscheint mir nach wie vor inspirierender als diese
Selbstdarsteller, von denen ich vermute, daß sie hart erarbeitete
Steuern (Dritter) beanspruchen dafür.
Einem derart orwellsch formulierten Aufruf hingegen würde ich aus
Prinzip nicht folgen - nichts ist mir verhaßter als derlei künstliche
Aufgeregtheit, eine derart demagogische Rhetorik; das Ganze nicht mal
getragen von eigenem Denken, innerer Überzeugung und persönlicher
Zivilcourage, sondern durch den machtgeilen Konsens geltungssüchtiger
Kader, begleitet von ständigen änglichen Blicken in die Runde, ob man
sich damit auch wirklich in "bester" Gesellschaft befindet und bloß
nicht etwa allein gegen den Mainstream anschwimmt.
Grausig.
>> Aber nein! Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. "Ihr" nähert "Euch"
>> dem Publikum - an der Stelle - nicht minder radikal als jene, gegen
>> die "Ihr" die deutsche Öffentlichkeit aufbringen und mobilisieren
>> wollt.
>
> Politik ist Kampf und nicht Deckchen häkeln.
Man kann auch fair kämpfen und dabei Respekt vor dem Gegner wahren,
statt Verleumdungskampagnen zu initiieren und Panik vor gerade mal 120
(!) Andersdenkenden zu schüren, die lediglich ihr verfassungsmäßig
geschützes Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrnehmen, noch dazu in
friedlicher Form.
>> Daß es zwischen "Neonazis" und "bunt" aber auch jede Menge grauer
>> Zwischentöne gibt, davon wollt weder "Ihr" ebensowenig etwas wissen
>> wie jene, denen "Ihr" u.a. - und in der Umkehrung "Eurer" Worte -
>> fehlende Zivilcourage vorwerft.
>>
>> Dabei gehört derzeit erheblich mehr Mut dazu, sich auf eine rechte
>> Demo zu begeben und damit handfeste soziale Sanktionen zu riskieren,
>> als sich am Sonnabend auf dem Hamburger Rathausmarkt von einem
>> "bunten" Mainstreamprogramm bespaßen zu lassen. Gerade Dir sollte das
>> eigentlich bestens bewußt sein.
>>
>> Schon vor diesem Hintergrund finde ich "Euren" Aufruf - in dieser Form
>> jedenfalls - einfach nur peinlich, denn "Ihr" geriert Euch hier aus
>> einer Mehrheitsposition ("WIR" sind Hamburg!) heraus zu
>> Widerständlern, wohingegen der *Mut* zur freien Meinungsäußerung hier
>> auf Seiten der rechten Demonstranten liegt - was auch für den Dümmsten
>> im Lande klar erkennbar ist und bleibt.
>
> Die Mörder des NSU waren auch mutig: Sie haben für ihren Unsinn ihr
> Leben weggeworfen.
>
> Und, ist das ein Kriterium für wahr oder falsch?
Nein, aber für Standfestigkeit im Glauben.
> Ach was: Was "rechts" sein wollte, das schlüpfte bei den
> Christdemokraten unter, die sich noch nicht mal "konservativ"
> nannten. Und das "deutsche Volk" interessierte in den Zeiten, in denen
> sich BRD und DDR weit auseinander gelebt hatten, nur noch Willy Brandt
> und Egon Bahr.
Kannst Du den letzten Satz belegen?
> Ach, ich besudele mein Amt, wenn ich derselben Meinung bin wie mein
> Bügermeister, der Vorsitzende der Fraktion meiner Partei in der
> Bürgerschaft und die Vorsitzenden der Oppositionsfraktionen, die
> Bischöfin meiner Kirche, der Chef meiner Gewerkschaft....
>
> Irgendwie scheinst Du mir etwas unsortiert....
Ist das denn ein Kriterium für wahr oder falsch, daß ausgerechnet diese
Leute Deine Meinung ebenfalls vertreten?
Ich bin sicher, Georg Elser stand seinerzeit mit *seiner* Meinung ebenso
allein, wie mit seinem Bombenattentat. Für das NS-Regime war er damit
ein "Terrorist", ebenso wie Andreas Baader für die Bundesrepublik
Deutschland.
War seine Haltung deshalb etwa "falsch", bzw. würde man das
retrospektive über sein Handeln sagen?
(Nein! Ich will Georg Elser keineswegs mit der NSU oder den
NPD-Demonstranten gleichsetzen!)