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Gauss'sche Additionslogarithmen feiern 200. Geburtstag

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Hermann Kremer

unread,
Aug 29, 2002, 2:40:09 PM8/29/02
to
... Achtung: langes Posting ...
Hallo,

=======================================================================
Gauß'sche Additionslogarithmen feiern dieses Jahr ihren 200. Geburtstag
=======================================================================

Da die Gauß'schen Logarithmen oder Additionslogarithmen heuer ihren
200-sten Geburtstag feiern können, möchte ich ihnen im folgenden eine
kleine Hommage widmen.
Hoffentlich ist sie zumindest ein wenig interessant für (in dieser
Reihenfolge):

Fans von Logarithmen (und insbesondere deren Tafeln [1]),
Fans der Mathematikgeschichte,
Fans von Carl Friedrich Gauß,
Informatiker (für die kommt ganz am Ende auch was ...)
Sonstige Leser von d.s.m.

[1] Eine sehr ausführliche Geschichte der Logarithmentafeln findet man
z.B. in der Encyclopedia Britannica unter dem Stichwort
"Table, Mathematical". Die Ausgabe von 1911 steht komplett im Netz:
http://1911encyclopedia.org/T/TA/index.htm ,
aber leider ziemlich mies gescannt - um den Schluß des Artikels zu
lesen, muß man auch den Folgeartikel "Table-Turning" (Tischrücken :-)
aufrufen ...

Die Geschichte der Gauß'schen Logarithmen oder Additionslogarithmen begann
im Jahre XI des französischen Revolutionskalenders, d.h. 1802/03, mit einem
von Zecchini Leonelli in Bordeaux veröffentlichten und aus zwei einzelnen
Abhandlungen und einem Anhang bestehenden kleinen Buch

Z. Leonelli: Supplément logarithmique. Théorie des logarithmes
additionels et diductifs.
Bordeaux: Brossier, an XI.

Eine deutsche Übersetzung davon erschien 1806:

LEONELLIs logarithmische Supplemente, als ein Beitrag, Mängel
der gewöhnlichen Logarithmentafeln zu ersetzen.
Aus dem Französischen nebst einigen Zusätzen von GOTTFRIED
WILHELM LEONHARDI, Souslieutenant beim kurfürstl. sächsischen
Feldartilleriecorps.
Walther'sche Hofbuchhandlung Dresden, 1806. 88 S. in Octav

Diese Übersetzung wurde zwei Jahre später von Carl Friedrich Gauß sehr
ausführlich in:

LEONELLI, Logarithmische Supplemente.
Allgemeine Literaturzeitung vom Jahre 1808, Nr. 45, Februar 12.,
S. 353-356. Halle-Leipzig 1808.

rezensiert; die vollständige Rezension kann man in
http://134.76.163.65/agora_docs/136917TABLE_OF_CONTENTS.html --> 121
nachlesen.

Der zweiten Abhandlung des Leonelli'schen Buchs zollt Gauß gebremstes Lob:

... Die andere [zweite Abhandlung] entwickelt die Idee einer
besonderen Tafel, vermittelst welcher die Logarithmen von
Summen oder Differenzen zweier bloss durch ihre Logarithmen
gegebenen Grössen durch eine einzige Operation mit einer
Bequemlichkeit sollen bestimmt werden können, wie sie bei anderen
Verfahrensarten nicht Statt findet; und zwar, des Vfs. Plane
nach, gleichfalls mit einer ungewöhnlich grossen Anzahl von
Decimalen (14); von dieser Tafel ist jedoch nur erst eine Probe
beigefügt. Da das Numerische der Logarithmen und jede sich darauf
beziehende Erleichterung jedem, der viel mit Zahlenrechnungen zu
thun hat, von grosser Wichtigkeit ist: so wird es sich wohl der
Mühe verlohnen, diesen Untersuchungen eine nicht bloss
oberflächliche Aufmerksamkeit zu widmen, um besonders den
praktischen Werth der davon zu hoffenden Vortheile würdigen zu
können. ...
... Bei analytischen Rechnungen ... sind LEONELLIs Tafeln unstreitig
das Brauchbarste und Bequemste, was man zu diesem Behufe anwenden
kann. ...

Weiterhin schrieb Gauß, eingehend auf eine Stellungnahme des Astronomen
Jean Baptiste Delambre und Leonelli's Erwiderung darauf, die beide in dem
Büchlein ebenfalls abgedruckt sind:

... Das Verdienst der eigenen Erfindung und eigenen Berechnung
bleibt also LEONELLI immer ungeschmälert, und es ist billig, dass
wir ihm besonders für letztere den gebührenden Dank zollen. ...
... LEONELLI hat sehr recht, sich zu beschweren, dass man ein
solches [von Delambre vorgeschlagenes] Verfahren dem seinigen an
die Seite setzen wollte.

Betrachten wir jetzt die von Leonelli vorgeschlagene Tafel. Sie besitzt drei
Spalten, und

... um uns kürzer zu fassen, wollen wir, anstatt LEONELLIs
schwerfällige und unnöthige Terminologie zu gebrauchen, die
zusammengehörigen Glieder dieser drei Columnen durch P, Q, R
bezeichnen. ...

Für eine Folge reeller postiver Zahlen m enthält die erste Spalte die
Werte log(m), die zweite Spalte die Werte log(1 + 1/m) und die dritte
Spalte die Werte log(1 + m), d.h. man konstruiert eine Tabelle der Form

+---+------------+------------------+----------------+
| m | P = log(m) | Q = log(1 + 1/m) | R = log(1 + m) |
+---+------------+------------------+----------------+
| | | | |
| | | | |
| | | | |
+---+------------+------------------+----------------+

Um nun den Logarithmus der Summe zweier Zahlen zu berechnen:

log(c) = log(a + b) ,

setzt man m := a/b, d.h. log(m) = log(a) - log(b), und geht damit in die
Spalte P. Es gilt dann:

Algorithmus LADD:
----------------
P := log(m) = log(a) - log(b) = log(a/b)
Q := log(1+1/m) = log(1 + b/a) = log((a + b)/a) = log(a + b) - log(a)
R := log(1+m) = log(1 + a/b) = log((b + a)/b) = log(a + b) - log(b)
-------
log(c) = log(a + b) = log(a) + Q = log(b) + R .
-------

Man sieht, daß der Wert von m = a/b selbst überhaupt nicht gebraucht wird,
sondern daß man nur die Logarithmen von a und b benötigt.

Um jetzt den Logarithmus der Differenz zweier Zahlen zu berechnen:

log(c) = log(a - b) ,

setzt man
e n t w e d e r: 1 + 1/m := a/b, d.h. log(1 + 1/m) = log(a) - log(b),
und geht damit in die Spalte Q. Es gilt dann:

Algorithmus LSUB-Q:
------------------
Q := log(1+1/m) = log(a) - log(b) = log(a/b)
P := log(m) = log(1/(a/b - 1)) = log(b/(a - b) = log(b) - log(a - b)
R := log(1+m) = log(1/(1 - b/a)) = log(a/(a - b) = log(a) - log(a - b)
-------
log(c) = log(a - b) = log(b) - P = log(a) - R
-------

o d e r: 1 + m := a/b, d.h. log(1 + m) = log(a) - log(b), und geht damit
in die Spalte R. Es gilt dann:

Algorithmus LSUB-R:
------------------
R := log(1+m) = log(a) - log(b) = log(a/b)
P := log(m) = log(a/b - 1) = log((a - b)/b) = log(a - b) - log(b)
Q := log(1+1/m) = log(1/(1 - b/a)) = log(a/(a - b) = log(a) - log(a - b)
-------
log(c) = log(a - b) = log(b) + P = log(a) - Q
-------

Hat man einmal eine solche Tabelle berechnet, so kann man in der Tat damit
auch die Logarithmen der Summen oder Differenzen von Zahlen berechnen, von
denen jeweils nur die Logarithmen bekannt sind. Zum nahtlosen Anschluß
solcher Tafeln an die damals gebräuchlichen Logarithmentafeln von Vlacq,
Vega, Lalande u.a. gehen Leonelli, Gauß und auch alle späteren Autoren
stillscheigend von log() als dem Briggs'schen (dekadischen) Logarithmus
aus.
Weiterhin wird stillschweigend vorausgesetzt, daß man numerisch die folgenden
Fälle unterscheidet

a*b -> +(|a|*|b|), -(|a|*|b|)
a/b -> +(|a|/|b|), -(|a|/|b|)
a+b -> +(|a|+|b|), -(|a|+|b|), +(|a|-|b|), -(|a|-|b|)
a-b -> +(|a|-|b|), -(|a|-|b|), +(|a|+|b|), -(|a|+|b|)

und bei einer längeren logarithmischen Rechnung die jeweiligen Vorzeichen der
einzelnen Teilresultate in geeigneter Weise mitführt. Den Rechnern der
damaligen Zeit war dies aber so selbstverständlich, daß sie darüber keine
Worte verloren.

Die erste Abhandlung des Büchleins von Z. Leonelli jedoch, welche die Verfahren
zur Berechnung einer solchen Tafel für beliebig viele Dezimalstellen enthält
und und einen Tafelausschnitt mit 14 Stellen bringt, wird von Gauß ziemlich
verrissen:

... Obgleich wir LEONELLIs Gedanken, durch eine solche Tafel die
logarithmischen Rechnungen zu erleichtern, im Ganzen genommen unsern
Beifall nicht versagen können, sondern vielmehr die wirkliche
Ausführung einer solchen Tafel für wünschenswerth halten: so können
wir doch allem übrigen, was LEONELLI über diesen Gegenstand sagt, nur
wenig Werth beilegen. Seine Entwicklung des Gebrauchs ist für einen
so elementarischen Gegenstand mit unnöthiger Weitläufigkeit vorgetragen.
Auch nur etwas tiefere Untersuchungen ... findet man garnicht, wohl
aber einige bloss hingeworfene, und zum Theil ziemlich verworren
ausgedrückte Äusserungen, aus denen sich schliessen lässt, dass
LEONELLI dergleichen gar nicht, oder doch ganz unrichtig angestellt
hat. ...
... Noch eine Probe, wie oberflächlich LEONELLI seinen Gegenstand
behandelt hat, gibt die S. 60 vorgetragene Formel ...

Vier Jahre später, im November 1812, veröffentlichte dann Gauß selbst in der
Zach'schen Monatlichen Correspondenz, einem astronomischen Mitteilungsblatt,
den Aufsatz

Tafel zur bequemen Berechnung des Logarithmen der Summe oder
Differenz zweier Grössen, welche selbst nur durch ihre
Logarithmen gegeben sind. Von Herrn Prof. GAUSS.
Monatliche Correspondenz, herausg. vom Freih. v. Zach,
No. 26, Nov. 1812, S. 498

Die Einleitung und Gebrauchsanweisung für diese Tafel kann man in
http://134.76.163.65/agora_docs/137412TABLE_OF_CONTENTS.html --> 244
nachlesen, aber leider nicht die komplette Tafel.
Man beachte dabei, daß Gauß die drei Spalten jetzt nicht mehr durch
P, Q, R bezeichnet wie in seiner Rezension des Leonelli'schen Buchs,
sondern durch A, B, C; ich werde aber bei der ursprünglichen Bezeichnung
P, Q, R bleiben.

Die Tafel ist genau so aufgebaut wie oben beschrieben und enthält die
vollständigen 5-stelligen Additionslogarithmen, wobei die erste Spalte
(P-Spalte) eine Auflösung von

0.0 < p <= 2.0 in Schritten von 0.001
2.0 < p <= 3.4 in Schritten von 0.01
3.4 < p <= 5.0 in Schritten von 0.1

besitzt. Gauß gibt dafür als Gebrauchsanweisung an, man solle die Rechnung
so führen, daß unter der stillschweigenden Voraussetzung a, b > 0 in
log(a + b) oder log(a - b) die Zahl a immer die größere sei, d.h.
a/b >= 1 gelte. Für die Summe gilt dann gemäß Algorithmus LADD:

log(a) - log(b) => P
------------------------
log(a + b) = log(a) + Q oder
log(a + b) = log(b) + R .

Für die Differenz solle man für log(a) - log(b) > log(2) = 0.30103 den
Algorithmus LSUB-R verwenden:

log(a) - log(b) => R
------------------------
log(a - b) = log(a) - Q oder
log(a - b) = log(b) + P

und für log(a) - log(b) < log(2) = 0.30103 den Algorithmus LSUB-Q:

log(a) - log(b) => Q
------------------------
log(a - b) = log(a) - R oder
log(a - b) = log(b) - P

Gauß bemerkte noch dazu:

... Es gibt daher bei jeder Aufgabe zwei Auflösungsarten; man thut
aber wohl, sich an eine bestimmte zu gewöhnen ... Mir ist dies bei
der jedesmal zuerst angesetzten Manier am bequemsten gefallen.

Letzteres ist einsichtig, denn dann steht der gesuchte Wert immer in einer
Nachbarspalte der Eingangsspalte.

Weiterhin schrieb Gauß:

... Die Idee dazu hat LEONELLI, so viel ich weiss, zuerst angegeben;
allein seine Meinung war, eine solche Tafel für Rechnungen mit 14
Decimalen zu construiren, und gerade dies kann ich nicht zweckmässig
finden. ... würde fast nie von Nutzen, und immer nur von wenig Nutzen
sein, da so scharfe Rechnungen so selten - in der eigentlichen
practischen Astronomie nie - vorkommen ... Ich habe diese Tafel
zu meinem eigenen Gebrauch für Rechnungen mit 5 Decimalen, die in
der Ausübung die häufigsten sind, schon vor vielen Jahren construirt,
und die, wenn auch jedesmal kleine, doch wenn sie so viele Tausendmale
wiederkehrt, sehr erhebliche Erleichterung, hat mir die darauf
gewandte Mühe bereits reichlich ersetzt.
Es wäre zu wünschen, dass jemand sich der Arbeit unterzöge, eine
ähnliche Tafel in 10 oder 100 mal so grosser Ausdehnung für Rechnungen
mit 7 Decimalen zu construiren, die als ein sehr schätzbares
Supplement den gewöhnlichen Logarithmen-Tafeln beigefügt werden
könnte. ...

Die Gauß'sche Tafel mag etwa folgendermaßen ausgesehen haben, wobei

A = log(m) = P, B = log(1 + 1/m) = Q, C = log(1 + m) = R

bedeutet und die m-Spalte dort fehlt.

+-----------++---------+---------+---------++
| m || A | B | C ||
+-----------++---------+---------+---------++
| 1.000 || 0.00000 | 0.30103 | 0.30103 ||
| 1.002 || 0.00100 | 0.30053 | 0.30153 ||
| 1.005 || 0.00200 | 0.30003 | 0.30203 ||
| 1.007 || 0.00300 | 0.29953 | 0.30253 ||
| 1.009 || 0.00400 | 0.29903 | 0.30304 ||
| 1.012 || 0.00500 | 0.29854 | 0.30354 ||
| 1.014 || 0.00600 | 0.29804 | 0.30404 ||
| 1.016 || 0.00700 | 0.29754 | 0.30455 ||
| 1.019 || 0.00800 | 0.29705 | 0.30505 ||
| 1.021 || 0.00900 | 0.29655 | 0.30555 ||
..............
..............
..............
| 97.949 || 1.99100 | 0.00441 | 1.99541 ||
| 98.175 || 1.99200 | 0.00440 | 1.99640 ||
| 98.401 || 1.99300 | 0.00439 | 1.99739 ||
| 98.628 || 1.99400 | 0.00438 | 1.99838 ||
| 98.855 || 1.99500 | 0.00437 | 1.99937 ||
| 99.083 || 1.99600 | 0.00436 | 2.00036 ||
| 99.312 || 1.99700 | 0.00435 | 2.00135 ||
| 99.541 || 1.99800 | 0.00434 | 2.00234 ||
| 99.770 || 1.99900 | 0.00433 | 2.00333 ||
|
| 100.000 || 2.00000 | 0.00432 | 2.00432 ||
| 102.329 || 2.01000 | 0.00422 | 2.01422 ||
| 104.713 || 2.02000 | 0.00413 | 2.02413 ||
| 107.152 || 2.03000 | 0.00403 | 2.03403 ||
| 109.648 || 2.04000 | 0.00394 | 2.04394 ||
| 112.202 || 2.05000 | 0.00385 | 2.05385 ||
| 114.815 || 2.06000 | 0.00377 | 2.06377 ||
| 117.490 || 2.07000 | 0.00368 | 2.07368 ||
| 120.226 || 2.08000 | 0.00360 | 2.08360 ||
| 123.027 || 2.09000 | 0.00352 | 2.09352 ||
| 125.893 || 2.10000 | 0.00344 | 2.10344 ||
..............
..............
..............
| 2041.738 || 3.31000 | 0.00021 | 3.31021 ||
| 2089.296 || 3.32000 | 0.00021 | 3.32021 ||
| 2137.962 || 3.33000 | 0.00020 | 3.33020 ||
| 2187.762 || 3.34000 | 0.00020 | 3.34020 ||
| 2238.721 || 3.35000 | 0.00019 | 3.35019 ||
| 2290.868 || 3.36000 | 0.00019 | 3.36019 ||
| 2344.229 || 3.37000 | 0.00019 | 3.37019 ||
| 2398.833 || 3.38000 | 0.00018 | 3.38018 ||
| 2454.709 || 3.39000 | 0.00018 | 3.39018 ||
|
| 2511.886 || 3.40000 | 0.00017 | 3.40017 ||
| 3162.278 || 3.50000 | 0.00014 | 3.50014 ||
| 3981.072 || 3.60000 | 0.00011 | 3.60011 ||
| 5011.872 || 3.70000 | 0.00009 | 3.70009 ||
| 6309.573 || 3.80000 | 0.00007 | 3.80007 ||
| 7943.282 || 3.90000 | 0.00005 | 3.90005 ||
| 10000.000 || 4.00000 | 0.00004 | 4.00004 ||
| 12589.254 || 4.10000 | 0.00003 | 4.10003 ||
| 15848.932 || 4.20000 | 0.00003 | 4.20003 ||
| 19952.623 || 4.30000 | 0.00002 | 4.30002 ||
| 25118.864 || 4.40000 | 0.00002 | 4.40002 ||
| 31622.777 || 4.50000 | 0.00001 | 4.50001 ||
| 39810.717 || 4.60000 | 0.00001 | 4.60001 ||
| 50118.723 || 4.70000 | 0.00001 | 4.70001 ||
| 63095.734 || 4.80000 | 0.00001 | 4.80001 ||
| 79432.823 || 4.90000 | 0.00001 | 4.90001 ||
|100000.000 || 5.00000 | 0.00000 | 5.00000 ||
+-----------++---------+---------+---------++

Die Gauß'sche Tafel wurde 1817 von Johann Pasquich, dem Direktor der Sternwarte
in Ofen [heute ein Stadtteil von Budapest], in eine reguläre Logarithmentafel
ungeändert übernommen:

Abgekürzte Logarithmisch-Trigonometrische Tafeln, mit neuen
Zusätzen zur Abkürzung und Erleichterung trigonometrischer
Rechnungen, heraugegeben von JOH. PASQUICH, Director der
Königl. Ofner Sternwarte.
Leipzig: In der Weidmannschen Buchhandlung 1817.
XXXII und 228 Seiten in Octav. (Auch mit Lateinischem Titel.)

Ein Jahr später ging Gauß' Wunsch nach einer 7-stelligen Tafel für die
Additionslogarithmen dann in Erfüllung:

E. A. MATTHIESSEN: Tafel zur bequemen Berechnung des Logarithmus
der Summe oder Differenz zweier Grössen, welche selbst nur durch
ihre Logarithmen gegeben sind.
Altona: Bei J. F. Hammrich 1818.
Einleitung 33 S. Die Tafeln 212 S. in Quart. (Titel und Einleitung
auch in Lateinischer Sprache.)

Beide Tafeln wurden von Gauß in der Zeitschrift

Göttingische gelehrte Anzeigen, 4. October 1817

bzw.

Göttingische gelehrte Anzeigen, 30. Januar 1819

sehr ausführlich und lobend besprochen; die Rezensionen kann man online in
http://134.76.163.65/agora_docs/137412TABLE_OF_CONTENTS.html --> 246, 250
nachlesen.

Offensichtlich reichten die 5- bzw. 7-stelligen Tafeln der Additionslogarithmen
für die damaligen Bedürfnisse aus, denn eine 9-stellige Tafel wurde erst 1891
von Gundelfinger und Nell publiziert, siehe weiter unten unter JFM 23.1255.02 .

Im Jahre 1840 schrieb dann Gauß in der von Vega und Hülse herausgegebenen
"Sammlung mathematischer Tafeln" unter dem Titel

Auflösung quadratischer Gleichungen in der Form, dass nicht die
Coeffizienten der Gleichung selbst, sondern deren Logarithmen
gegeben sind, und dass man auch nicht ihre Wurzeln selbst (oder
eine derselben), sondern vielmehr deren Logarithmen zu anderweitiger
Benutzung nöthig hat

einen kleinen Aufsatz über die Verwendung von Additionslogarithmen bei der
Lösung quadratischer Gleichungen mit reellen Wurzeln, wobei er sich auf eine
ungenannte 5-stellige Tafel mit noch drei zusätzlichen Spalten bezieht;
vermutlich war dies eine um diese Spalten ergänzte Version seiner eigenen
5-stelligen Tafel.
http://134.76.163.65/agora_docs/137412TABLE_OF_CONTENTS.html --> 255
Allerdings gibt er dort nur die fertigen Formeln und ein einfaches Beispiel an
und überläßt die Herleitung dem geneigten Leser als kleine Aufgabe.
Siehe auch weiter unten unter JFM 21.0094.03 .

Ob Gauß selbst noch mehr zu diesem Thema veröffentlicht hat, konnte ich bisher
leider noch nicht feststellen; im Inhaltsverzeichnis seiner 12-bändigen
Gesammelten Werke habe ich jedenfalls nichts sonst darüber finden können -
und die Unzahl von Briefen habe ich nicht alle gelesen ;-))

Es ist aber bemerkenswert, mit welcher Akribie Gauß die im Handel erhältlichen
trigonometrischen und Logarithmentafeln untersucht und rezensiert hat; in
http://134.76.163.65/agora_docs/137412TABLE_OF_CONTENTS.html
findet sich eine ganze Reihe solcher Rezensionen, die nicht nur auf den Inhalt,
sondern auch auf Format, Qualität und Farbe des Papiers, Layout, Schriftfonts,
Anordnung von Trennstrichen u.v.m. sehr ausführlich eingehen und die teilweise
in der "Allgemeinen Literaturzeitung" erschienen sind; offenbar wurden damals
auch Logarithmentafeln zur Literatur gezählt.

[OT on]
Marcell Reich-Ranicki bespricht die neueste Ausgabe des
Bronstein-Semendjajew in der Literaturbeilage der FAZ ...
[OT off]

Die nächste Veröffentlichung zu den Additionslogarithmen, die ich orten konnte,
war eine Neuauflage des Büchleins von Z. Leonelli aus dem Jahre 1875, ebenfalls
in Bordeaux, mit einem Vorwort des Mathematikers Jules Hoüel.

Dann erschienen die folgenden Aufsätze, die hier mit ihren vom

Electronic Research Archive for Mathematics / Jahrbuch Database
Jahrbuch Project: Copyright (c) 2002 European Mathematical Society
http://www.emis.de/cgi-bin/jfmen/MATH/JFM/full.html

herunterladbaren Einträgen zitiert werden (unter "Command Search" und mit der
Suchmaske an=JFM xx.yyyy.zz kann man sie auch online suchen und lesen).

Bei der dort mehrmals genannten "Schlömilch Z." handelt es sich um die von
Oscar Xavier Schlömilch im Jahre 1855 im Teubner-Verlag Leipzig gegründete
und redigierte "Zeitschrift für Mathematik und Physik"; damals war aber wohl
die Bezeichnung "Schlömilch's Zeitschrift" die geläufigere ...

--------------

| JFM 12.0871.01
| Bremiker, C.
| Bremiker's logarithmisch-trigonometrische Tafeln (mit 6 Decimalen), nebst
| einer Tafel der Gauss'schen Logarithmen. Polnische Ausgabe mit Erläuterungen
| von Dr. Daniel Wierzbicki aus Krakau. [x]
| Berlin. Nicolai.
| Published: (1880)
| [ Dickstein, (Warschau) ]
|
| Subject heading: Anhang.

--------------

Leider konnte ich nicht feststellen, ob und wann eine deutsche Ausgabe dieser
Tafel veröffentlicht wurde.

Bemerkenswert ist, daß 1880 (25 Jahre nach Gauß'Tod) die Bezeichnung "Gauß'sche
Logarithmen" anscheinend schon so geläufig war, daß man sie nicht mehr zu
erklären brauchte.
In
Earliest Known Uses of Some of the Words of Mathematics (G)
Last revision: July 30, 2002
http://members.aol.com/jeff570/g.html
findet man dazu den Eintrag:

GAUSSIAN LOGARITHM appears in 1874 in Rep[orts of the] Brit[ish] Assoc[iation
for the Advancement of Science] (1873):
"Gaussian logarithms have for their object to facilitate the finding of
the logarithms of the sum and difference of two numbers whose logarithms
are known, the numbers being themselves unknown"
(Oxford English Dictionary, 2.nd Edition).

--------------

| JFM 21.0094.03
| Zahradník, K.
| Auflösung von quadratischen Gleichungen mit Hülfe der Gaussischen
| Logarithmen. [J]
| Casop. XVIII. 9. (Böhmisch.)
| Published: (1889)
| [ Studnicka, Prof. (Prag) ]
|
| Subject heading: Zweiter Abschnitt. Algebra. Capitel 1. Gleichungen.
| (Allgemeine Theorie. Besondere algebraische und transcendente Gleichungen.)

--------------

In diesem tschechischen Beitrag wird darauf hingewiesen, daß man mittels der
Additionslogarithmen quadratische Gleichungen lösen kann:

Für p*x^2 + q*x + r = 0 sind die (als reell vorausgesetzten) Wurzeln

x_{1,2} = -(q/(2*p)) * (1 +/- sqrt(1-4*p*r/q^2)) =
= -u * (1 +/- sqrt(1-v)) =
= -u * (1 +/- w)

mit

u = q/(2*p) , ---> log(u) = log(q) - log(p) - log(2)
v = r/(p*u^2) ---> log(v) = log(r) - log(p) - 2*log(u)
w = sqrt(1-v) ---> log(w) = 0.5*log(1-v)

und wenn log(v) bekannt ist, dann läßt sich log(1-v) mittels Gauß'scher
Logarithmen berechnen, und ebenso die Logarithmen der beiden Wurzeln:

log(x_1) = log(-u) + log(1 + w)
log(x_2) = log(r) - log (p) - log(x_1)

oder

log(x_2) = log(-u) + log(1 - w)
log(x_1) = log(r) - log (p) - log(x_2)

Eine anderer Rechenweg wurde 9 Jahre später von Rudolf Mehmke angegeben,
siehe JFM 29.0075.06 .

--------------

| JFM 23.1257.05
| Gravelius, H.
| Vierstellige logarithmisch-trigonometrische Tafeln für die Decimalteilung der
| Quadranten, nebst Tafeln der Logarithmen der Zahlen, Antilogarithmen, Tafeln
| der Zahlenwerte der trigonometrischen Functionen, Gauss'schen Logarithmen,
| Quadrattafeln und Logarithmen der Hyperbelfunctionen. [B]
| Berlin. Dümmler's Verlag. 64 S. gr. 8^o.
| Published: (1891)
|
| Subject heading: Anhang. Weitere Litteratur.

--------------

Wegen der nur 4 Stellen dieser Tafel und der darin enthaltenen Quadrattafel
könnte dies eine Ausgabe für den Gebrauch in Schulen / Gewerbeschulen gewesen
sein.

--------------

| JFM 23.1255.02
| Gundelfinger, S.; Nell, A.
| Tafeln zur Berechnung neunstelliger Logarithmen mittels einer neuen
| Interpolationsmethode. Mit erläuterndem Nachwort. [B]
| Darmstadt. A. Bergsträsser. IV + 60 S. gr. Lex. 8^o.
| Published: (1891)
|
| Die Tafel besteht aus zwei Teilen. Tafel I (S. 2-37) enthält die
| neunstelligen Logarithmen aller vierstelligen Zahlen. Tafel II giebt zu
| den Argumenten A gewisse Functionswerte B auf neun Decimalen, wo
| nämlich 10^B = 1 + 10^A; also wenn A gleich log x gesetzt wird, ist
| B = log(x+1). Soll zu einer gegebenen Zahl N der neunstellige
| Logarithmus gesucht werden, so bilde man eine vierstellige Zahl n aus
| den vier ersten Ziffern von N linker Hand und setze p = N-n, suche
| A = log p - log n auf sechs Decimalen, bestimme B aus Tafel II;
| dann ist endlich log N = B + log n. Die genaueren Vorschriften sind in
| dem erläuternden Nachwort gegeben.
| Es ist somit den Verfassern gelungen, durch diese Einrichtung der Tafeln
| die Berechnung neunstelliger Logarithmen auf geringem Raume bequem zu
| ermöglichen.
| Reviewer: Lampe, Prof. (Berlin)

--------------

Mit dieser Tafel tritt, soweit ich feststellen konnte, der zuerst an der
U. Tübingen und seit 1879 an der TH Darmstadt lehrende Mathematiker
Siegmund Gundelfinger erstmalig mit einer Arbeit über Gauß'sche Logarithmen
in Erscheinung. Das Prinzip soll an einem Beispiel verdeutlicht werden:

Sei N = 0.12345678 , dann ist
n = 0.1234 ,
p = 0.00005678 ,
A = log(p/n) = log(0.00005678/0.1234) = log(N/n-1) := log(m) ,

und geht man jetzt mit A in die P-Spalte einer Additionslogarithmentafel,
so liefert die R-Spalte den Wert

B = log(1+m) = log(N/n) = log(N) - log(n) ,

und somit ist

log(N) = B + log(n) .

Da sowohl n als auch p immer höchstens 4 signifikante Ziffern besitzen,
benötigt man nur eine relativ kleine Tafel der gewöhnlichen Logarithmen (mit
rund 9000 Einträgen), und da p/n immer in der Größenordnung von 10^(-4)
ist, braucht man eine zwar genaue, aber ebenfalls nur kleine Tafel von
Additionslogarithmen, und zwar nur die P- und die R-Spalte.

--------------

| JFM 24.1170.02
| Nell, A. M.
| Fünfstellige Logarithmen der Zahlen und der trigonometrischen Functionen,
| nebst den Logarithmen für Summe und Differenz zweier Zahlen, deren Logarithmen
| gegeben sind, sowie einigen anderen Tafeln, mit einer neuen, die Rechnung
| erleichternden Anordnung der Proportionalteile. 7. Aufl. [B]
| Darmstadt. Bergsträsser Verl. XX + 104 S. 8^o.
| Published: (1892)
|
| Subject heading: Anhang. Weitere Litteratur.

--------------

Noch eine Tafel mit Additionslogarithmen, allerdings nur 5-stellig und somit
in der von Gauß berechneten Genauigkeit. Soweit ich feststellen konnte, war
diese Auflage der Nell'schen Tafel die erste, die auch Additionslogarithmen
enthielt.

--------------

| JFM 26.0469.02
| Mehmke, R.
| Additionslogarithmen für complexe Grössen. [J]
| Schlömilch Z. XL. 15-30.
| Published: (1895)
|
| Die Aufgabe: ``Aus den Logarithmen der Moduln und den Amplituden zweier
| complexen Zahlen den Logarithmus des Moduls und die Amplitude der Summe
| jener complexen Zahlen zu bestimmen'', lässt sich mit einer Tafel der
| Additionslogarithmen für complexe Zahlen bequemer als auf die gewöhnliche Art
| lösen. Der Verfasser giebt einen Auszug aus einer solchen Tafel. Dieselbe
| liefert die der fundamentalen Gleichung 10^B (cos b + i sin b) =
| 10^A (cos a + i sin a) + 1 entsprechenden Werte der B und b in ihrer
| Abhängigkeit von den Grössen A und a; jede der beiden Tafeln hat zwei
| Eingänge; die Anordnung ist so getroffen, dass A von Reihe zu Reihe,
| a von Spalte zu Spalte sich ändert.
| Auch einige der wichtigsten Eigenschaften der Grössen B und b als
| Functionen der A und a werden abgeleitet.
| [ Weltzien, Prof. (Zehlendorf) ]
|
| Subject heading: Siebenter Abschnitt. Functionentheorie. Capitel 2. Besondere
| Functionen. A. Elementare Functionen (einschliesslich der Gammafunctionen und
| der hypergeometrischen Reihen).

--------------

Hier tritt der zweite Protagonist der Gauß'schen Logarithmen auf, nämlich
der von 1880-1884 am Polytechnikum Stuttgart, von 1884-1894 an der
TH Darmstadt und von 1894-1934 wieder an der (1890 vom Polytechnikum zur
TH umgewandelten) TH Stuttgart lehrende Mathematiker Rudolf Mehmke.
Während ich über Siemund Gundelfinger außer
http://www.lsus.edu/sc/math/rmabry/math223/gundelfinger.html ;-))
aber praktisch nichts finden konnte, gibt es von Rudolf Mehmke eine sehr
ausführliche akademische Biographie unter
http://www.gnt-verlag.de/programm/15/p263-285_reich.shtml
in der auch S. Gundelfinger als einer der Lehrer (neben u.a. K. Weierstraß)
von R. Mehmke erwähnt ist.

Das Prinzip dürfte klar sein:
Man setzt z1 = r1*exp(i*w1), z2 = r2*exp(i*w2) und

r1*exp(i*w1) + r2*exp(i*w2) = r1*exp(i*w1)*[1 + (r2/r1)*exp(i*(w2-w1))],

geht mit log(A) := log(r2/r1) = log(r2)-log(r1), a := w2-w1 in die
Mehmke'sche Tafel und liest daraus B und b ab; der Logarithmus der
Summe der beiden komplexen Zahlen ist dann gleich

log(z1 + z2) = log(r1) + B + i*(w1 + b) .

Bei der erwähnten Tafel wird r1 > r2 > 0 vorausgesetzt, dann ist immer
r2/r1 < 1 und damit B < log(2) und -pi/2 < b < pi/2.

--------------

| JFM 28.0100.01 Gundelfinger, S.
| Tafeln zur Berechnung der reellen Wurzeln sämtlicher trinomischer
| Gleichungen.
| Hinzugefügt sind vierstellige Additions-, Subtractions- und Briggische
| Logarithmen, sowie eine Interpolationstafel für alle Differenzen unter
| Hundert. [B]
| Leipzig: B. G. Teubner. IV + 15 S. 4^o.
| Published: (1897)
|
| Die den Tafeln zu Grunde liegende Auflösungsmethode ist durch Ausbau der
| Gauss'schen entstanden und unterscheidet sich von letzterer dadurch, dass,
| während Gauss die trinomische Gleichung mit der Identität
| cos^2 theta + sin^2 theta = 1
| vergleicht, Gundelfinger sie auf die Form 1 + 10^A = 10^B bringt. Die
| Benutzung der Tabellen wird an Beispielen ausführlich erläutert.
| Reviewer: Faerber, Dr. (Berlin)

--------------

Was es mit diesen ominösen trinomischen Gleichungen und der Gauß'schen
Auflösungsmethode genau auf sich hat, konnte ich bisher leider noch nicht
feststellen - ich forsche noch ;-)

--------------

| JFM 29.0075.06
| Mehmke, R.
| Hülfstafel zur Auflösung quadratischer Gleichungen mit reellen Wurzeln. [J]
| Schlömilch Z. 43, 80-84.
| Published: (1898)
|
| Die aufzulösende Gleichung
| a*x^2 +- b*x - c = 0 resp. a*x^2 +- b*x + c = 0
| (a, b, c positiv) wird durch die Substitution
| x = +- c/by resp. x = -+ c/by
| auf die Form
| y^2 - y - ac/b^2 = 0 resp. y - y^2 - ac/b^2 = 0
| gebracht.
| Von zwei nach Art der Logarithmentafeln eingerichteten Tabellen
| liefert die eine v = log y als Function von u = log(y^2-y), die andere
| als Function von u = log(y-y^2). Nachdem u durch drei Subtractionen
| bekannter Logarithmen bestimmt ist, findet man v aus der Tabelle und
| sodann durch eine Subtraction log(+- x_1) und durch eine Addition
| log(+- x_2). Die Tafeln sind zunächst auf drei Stellen berechnet.
| [ Faerber, Dr. (Berlin) ]
|
| Subject heading: Zweiter Abschnitt. Algebra. Kapitel 1. Gleichungen.
| (Allgemeine Theorie. Besondere algebraische und transcendente Gleichungen.)

--------------

Die Einrichtung der beiden erwähnten Tabellen dürfte klar sein: Mit

u = log(a) + log(c) - 2*log(b) := log(m)

als Eingang sind dies die beiden Tabellen

v := log(y) = log(1 + sqrt(1 + 4*m)) - log(2)
v := log(y) = log(1 + sqrt(1 - 4*m)) - log(2) ,

und hat man den Wert von v aus der entsprechenden Tabelle abgelesen, dann
folgt

log(|x_1|) = log(c) - log(b) - v
log(|x_2|) = log(b) - log(a) + v .

Die Tabellen selbst lassen sich mittels normaler Additionslogarithmentafeln
problemlos, wenn auch ziemlich mühsam, berechnen.

--------------

| JFM 32.0948.01
| Gundelfinger, S.
| Sechsstellige Gaussische und siebenstellige gemeine Logarithmen. [B]
| Leipzig: Veit u. Co. 31 S. 4^o.
| Published: (1901)
|
| Es sei 10^B = 1 + 10^A, so hat man zur Berechnung von B, resp. A:
|
| B = log 2 + A/2 + {A^2}/{8 M} - {A^4}/{192 M^3} +
| + {A^6}/{45 * 2^6 M^5} - ..., A < pi M,
|
| A = log 1/M + log B + B/2 + {B^2}/{24 M} -
| - {B^4}/{2880 M^3} + ..., B < 2 pi M,
|
| wo M = log e. Nachdem Formeln zur schnellen Berechnung an den
| Grenzen A < 8,00-10; A > 2,00 resp. B < 0,004321; B > 2,004321
| gegeben sind, folgen auf nur acht Seiten sechsstellige Gaussische
| Logarithmen (-2 < A < 2), eine Tabelle zur genaueren Berechnung von
| A bei gegebenem B, wenn B < 0,051047 (auf S. 10), dann auf nur
| 18 Seiten siebenstellige gemeine Logarithmen und schliesslich
| vierstellige Logarithmen der Zahlen 1-1000 zur Verwandlung von
| Produkten und Quotienten dreiziffriger Zahlen in Dezimalbrüche.
| (Vgl. Gundelfinger und Nell, Tafeln zur Berechnung neunstelliger
| Logarithmen, Darmstadt 1891; vgl. F.d.M. 23, 1255, JFM23.1255.02).
| [ Müller, F.; Prof. (Friedenau) ]
|
| Subject heading: Anhang.

--------------

Eine Tafel 6-stelliger Gauß'scher Logarithmen und Reihenentwicklungen.
Mit A und B sind dabei die ganz am Anfang mit P und Q bezeichneten
Spalten der Tafel gemeint.

--------------

| JFM 32.0438.02
| Gundelfinger, S.
| Zur Berechnung der Gauss'schen Logarithmen für kleine Werte von B, resp.
| zugehörige Werte von A. [J]
| J. für reine u. angew. Math. 124, 87-92.
| Published: (1901)
|
| Die Arbeit behandelt die Berechnung von B bei gegebenem A und umgekehrt von
| A bei gegebenem B auf mehr als sechs Dezimalstellen und gibt Hülfstabellen
| dazu.
| Zum Schlusse wird als Beispiel log_{10} 1/2 omega berechnet,
| wo 1/2 omega den Quadranten der Lemniskate bedeutet, und nachgewiesen,
| dass in dem von Gauss gegebenen Werte die neunte Dezimale unrichtig ist;
| an Stelle von 2 muss 4 stehen.
| [ Haussner, Prof. (Karlsruhe) ]
|
| Subject heading: Siebenter Abschnitt. Funktionentheorie. Kapitel 2. Besondere
| Funktionen. A) Elementare Funktionen (einschliesslich der Gammafunktion
| und der hypergeometrischen Reihe).

--------------

Hmm, auch der große Gauß hat offenbar zuweilen falsch gerechnet ;-))

--------------

| JFM 38.0983.03
| Cohn, B.
| Über die verschiedenen Anordnungen der Additions- und
| Substraktions-Logarithmen. [J]
| Zs. f. Math. u. Phys. 55, 138-144.
| Published: (1907)
|
| Einem Gedanken von Leonelli folgend, richtete Gauss die Tafeln der
| Additions- und Substraktionslogarithmen so ein, dass er drei Reihen für resp.
| log x, log(1+x), log(1+1/x) gab. Sieht man die zweite oder die dritte Reihe
| als Argumentenreihe an, so lautet die Zusammenstellung resp.
| log x, log(x-1), log(x/(x-1)) und log x, log(1/(x-1)), log(x/(x-1)).
| Es wird nun untersucht, wann man mit einer einzigen Tafel ausreicht,
| wann man getrennter Tafeln bedarf, und welche von diesen Zusammenstellungen
| den Vorzug verdient.
| [ Müller, F.;Prof. (Weisser Hirsch) ]
|
| Subject heading: Anhang.

--------------

Nach über 100 Jahren mal wieder die Erwähnung von Z. Leonelli ...

--------------

| JFM 40.1032.15
| Cohn, B.
| Tafeln der Additions- und Subtraktions-Logarithmen auf 6 Dezimalen. [B]
| Leipzig: W. Engelmann. IV u. 63 S. gr. 8^o.
| Published: (1909)
|
| Subject heading: Anhang. Weitere Literatur.

--------------

Diese Cohn'sche Tafel erlebte eine ganze Reihe von Auflagen; die jüngste, für
die ich ein Zitat gefunden habe, ist:

B.Cohn: Tables of Addition and Subtraction Logarithms with Six Decimals.
2nd ed., With a preface by L. J. Comrie.
Scientific Comp. Service Ltd, London 1939.

Und dann gibt es noch eine Tafel, für die ich zwar keine bibliographischen
Angaben finden konnte, die aber bei mir im Regal steht:

Fünfstellige vollständige logarithmische und trigonometrische Tafeln
(sexagesimal unterteilte Altgrad).
Bearbeitet von Dr. F. G. Gauß. Herausgegeben von Dr.-Ing. H. H. Gobbin.
381.-390. Auflage.
Stuttgart: Verlag Konrad Wittwer 1957.

Diese Tafel enthält als Tafel V, S.97-108 eine 5-stellige Tafel
"Additions- und Subtraktions-Logarithmen", die in der Eingangsspalte
(d.h. der [hier mit A bezeichneten] P-Spalte) die Auflösung

-5.0 ... -4.1 in Schritten von 0.1
-4.10 ... -2.01 in Schritten von 0.01
-2.000 ... 2.999 in Schritten von 0.001
3.00 ... 4.99 in Schritten von 0.01

besitzt - wir erinnern uns, daß diese Spalte den Logarithmus des Verhältnisses
der zu addierenden oder zu subtrahierenden Zahlen enthält, d.h.
P := log(a/b) = log(a) - log(b), P <= 0 für a/b <= 1, P >= 0 für a/b >= 1.
Die [mit B bezeichnete] Ergebnisspalte entspricht jetzt für
P <= 0 der Q-Spalte log(1 + 10^(-P)) und für P >= 0 der R-Spalte
log(1 + 10^P). Man muß also je nach Zahlenbereich von P mit unterschiedlichen
Formeln arbeiten.

In einer von den gleichen Autoren stammenden vierstelligen gekürzten
Schulausgabe dieser Tafel ohne die Additionslogarithmen (1958) steht im Vorwort,
daß erstere eine Bearbeitung der "großen" 5-stelligen Tafel und erstmalig
im Jahre 1900 aufgelegt worden sei, sodaß die 5-stellige vollständige Tafel
spätestens 1900 erschienen sein muß.
Ob der Bearbeiter Dr. F. G. Gauß mit Carl Friedrich Gauß verwandt ist, kann
ich leider nicht sagen, aber möglich wäre es ... jedoch sicherlich kein Sohn
oder Enkel, denn gemäß der Kurzbiografie in
http://www.math.uni-hamburg.de/math/ign/gauss/gaussbio.html
hatte keiner die Initialen F. G. ...

Damit wären wir fast am Ende, aber nur fast, denn im Dezember 1975 erschien
der Aufsatz

E. E. Swartzlander; A. G. Alexopoulos: The Sign/Logarithm Number System.
IEEE Transactions on Computers 24 (1975), no. 12, pp. 1238-1242

und darin schlugen die Autoren vor, für bestimmte Anwendungen die gebräuchliche
Gleitkomma-Zahlendarstellung eines Computers durch eine logarithmische
Zahlendarstellung zu ersetzen, und erfanden dafür auch gleich die Bezeichnung
LNS = Logarithmic Number System.
Die Addition und Subtraktion in einem solchen LNS erfordert nun genau die
Leonelli-Gauß'schen Additionslogarithmen und damit eine Look-Up-Tabelle.
Das könnte ein interessantes Kuriosum sein, ebenso wie Vorschläge aus jener
Zeit für diverse
XLNS = eXtended Logarithmic Number Systems ,
wenn nicht ...

... among the many topics ... in "M. Kahrs; K. Brandenburg (Eds):
Applications of Digital Signal Processing to Audio and Acoustics.
Kluwer Acad. Publ. 1998, ISBN 0-7923-8130-0" ... is a description
of the 13 bit LNS used in Yamaha music synthesizers during
the 1980's. ...

... the University of Tokyo has been developing custom VLSI that
use LNS to speed up astrophysical calculations. Their GRAPE-5 model
won a Gordon Bell Prize in 1999. ...

... A High Speed Logarithmic Arithmetic Unit ...
Esprit Project 23544 - HSLA, Open LTR - 1st phase, May 1997 ...
Esprit Project 33544 - HSLA, Open LTR - 2nd phase, Jan 1999 ...
... a grant proposal that outlines a three year research project
that is presently underway at the U. of Newcastle upon Tyne to
create a commercial grade LNS microprocessor and LNS ASIC cells ...
http://www.cordis.lu/esprit/src/23544.htm
http://www.cordis.lu/esprit/src/33544.htm

... The European HSLA project has completed the design of its LNS
arithmetic unit and has announced that the design is now [in 2000]
available for evaluation as an FPGA core. ...
http://napier.ncl.ac.uk/HSLA/

... Motorola has patented [May 2000] and fabricated a DSP chip
based on parallel LNS processors (probably for the Iridium satellite
system). ...

Wen das interessiert, der sei darauf hingewiesen, daß sogar eine eigene
Webseite für LNS/XLNS existiert:
http://www.xlnsresearch.com ,
und daß es in
http://www.xlnsresearch.com/articles.htm
eine Bibliographie mit mehr als 350 Arbeiten zu LNS / XLNS gibt
(Stand 20.4.2002) - und darin finden sich auch Z. Leonelli's Büchlein und
einige Arbeiten von S. Gundelfinger und R. Mehmke ;-)

Grüße
Hermann
--

Rainer Rosenthal

unread,
Aug 29, 2002, 5:17:35 PM8/29/02
to

Hermann Kremer wrote

> =======================================================================
> Gauß'sche Additionslogarithmen feiern dieses Jahr ihren 200. Geburtstag
> =======================================================================

> Fans von Carl Friedrich Gauß,


Hallo Hermann,

vielen Dank für die Ausarbeitung. Zum Glück hattest Du
mich zum Probelesen ausgesucht, so dass ich wirklich
alles von A bis Z zumindest zeilenweise durch die
Sehnerven gezogen habe.

Der historische Teil selbst hat interessante Details und
der Bezug zur heutigen Zeit ist spannend. Ganz schön
wäre es ja nun, wenn sich ein d.s.m. Mitleser zu Wort
melden würde, der mit diesen neueren Ideen zu tun hat.
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass David Kastrup
dazu was wüsste. Aber leider hat er uns ja den Rücken
gekehrt :-(

Nochmals allerherzlichsten Dank. Ich habe Deine Arbeit
übrigens bei Gelegenheit des Probelesens als Word-Datei
formatiert. Wer mag, kann sie von mir bekommen.

Gruss,
Rainer
-
Rainer Rosenthal
r.ros...@web.de

Gottfried Helms

unread,
Aug 29, 2002, 5:48:02 PM8/29/02
to
Rainer Rosenthal schrieb:
1)
mee too mee too! (making compliments)
2)
Kannst du sie mir mal schicken?

Herzlich -

Gottfried!

Hermann Kremer

unread,
Aug 29, 2002, 7:04:10 PM8/29/02
to
Rainer Rosenthal schrieb in Nachricht ...

>Hermann Kremer wrote
>
>> =======================================================================
>> Gauß'sche Additionslogarithmen feiern dieses Jahr ihren 200. Geburtstag
>> =======================================================================
>>
>> Fans von Carl Friedrich Gauß,
>
>
>Hallo Hermann,
>
>vielen Dank für die Ausarbeitung. Zum Glück hattest Du
>mich zum Probelesen ausgesucht, so dass ich wirklich
>alles von A bis Z zumindest zeilenweise durch die
>Sehnerven gezogen habe.

Hallo Rainer,
nochmals herzlichsten Dank dafür ... ich hatte leider vergessen,
dem Posting ein Acknowledgement beizufügen, was ich hiermit ganz
offiziell nachholen möchte !

>Der historische Teil selbst hat interessante Details und
>der Bezug zur heutigen Zeit ist spannend. Ganz schön
>wäre es ja nun, wenn sich ein d.s.m. Mitleser zu Wort
>melden würde, der mit diesen neueren Ideen zu tun hat.
>Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass David Kastrup
>dazu was wüsste. Aber leider hat er uns ja den Rücken
>gekehrt :-(

Hmm, vielleicht liest er es ja doch ...

Ansonsten erwarte ich natürlich auch sonst noch einige Reaktionen - nach
der vielen Tipperei ...

Grüße
Hermann
--

Peter Luschny

unread,
Aug 30, 2002, 3:42:31 PM8/30/02
to
Hermann Kremer schrieb:

> =======================================================================
> Gauß'sche Additionslogarithmen feiern dieses Jahr ihren 200. Geburtstag
> =======================================================================

Hallo Hermann,

schreibst du gerade an deiner zweiten Doktorarbeit?
Ich habe jedenfalls mehr ueber Additionslogarithmen
erfahren als ich je wissen wollte ;-)

Vielen Dank fuer die schoene Arbeit. Ich wuerde mir
wuenschen, dass sie im Internet leichter zu finden
waere als ueber Google Groups.

So etwas wie eine web-Site hdsm gibt es wohl nicht.
(hdsm = highlights aus dsm, herausragende Einzelbeitraege)
Da gehoerte sie hin. Hier mal als Anregung, soetwas
einzurichten.

Gruss Peter

P.S. Man könnte sie eventuell auch rms nennen.


Hermann Kremer

unread,
Aug 30, 2002, 7:07:53 PM8/30/02
to
Peter Luschny schrieb in Nachricht ...

>Hermann Kremer schrieb:
>
>> =======================================================================
>> Gauß'sche Additionslogarithmen feiern dieses Jahr ihren 200. Geburtstag
>> =======================================================================

Hallo Peter,


>
>schreibst du gerade an deiner zweiten Doktorarbeit?

Nee, eine reicht ... ich habe nur wieder mal die Rückseiten alter Briefumschläge
sortiert ;-))

>Ich habe jedenfalls mehr ueber Additionslogarithmen
>erfahren als ich je wissen wollte ;-)


Fein, freut mich ... ist doch toll, welche Hilfsmittel die Leute damals zum
numerischen Rechnen erfunden haben.
Der Anlaß für mein Interesse an den Dingern liegt schon einige Jahre zurück,
als mich mal ein Kollege im Auftrag seines Sprößlings - der wohl gerade
Logarithmen in der Schule durchnahm - fragte, warum man denn eigentlich
mit Logarithmen nicht addieren könne. In einer alten Astronomieschwarte
fand ich dann die Additionslogarithmen zwar erwähnt, aber keine Details, und
daraufhin habe ich etwas recherchiert ... und das Posting vorige Woche zur
Addition zweier komplexer Zahlen in Polarform hat mich dann wieder daran
erinnert ...

>Vielen Dank fuer die schoene Arbeit. Ich wuerde mir
>wuenschen, dass sie im Internet leichter zu finden
>waere als ueber Google Groups.
>
>So etwas wie eine web-Site hdsm gibt es wohl nicht.
>(hdsm = highlights aus dsm, herausragende Einzelbeitraege)
>Da gehoerte sie hin. Hier mal als Anregung, soetwas
>einzurichten.

Hmm, würde ich unterstützen ... ich hätte da eventuell noch mehr
Briefumschläge ...

Grüße
Hermann
--

Jutta Gut

unread,
Aug 31, 2002, 2:29:43 PM8/31/02
to
Hallo Rainer!

"Rainer Rosenthal" <r.ros...@web.de> schrieb

> Nochmals allerherzlichsten Dank. Ich habe Deine Arbeit
> übrigens bei Gelegenheit des Probelesens als Word-Datei
> formatiert. Wer mag, kann sie von mir bekommen.

Ich hätte Interesse!

Ich habe jetzt nicht den ganzen Text gelesen. Aber kann mir mal jemand kurz
erklären, warum man mit Logarithmen addieren will, wenn die normale Addition
viel einfacher geht?

Danke im voraus
Jutta


Martin Wohlgemuth

unread,
Aug 31, 2002, 2:57:42 PM8/31/02
to
Jutta Gut wrote:

Die Antwort ist im Text. Hermann schreibt::

> Hat man einmal eine solche Tabelle berechnet, so kann man in der Tat damit
> auch die Logarithmen der Summen oder Differenzen von Zahlen berechnen, von
> denen jeweils nur die Logarithmen bekannt sind.

Wenn Dir das nicht unmittelbar einleuchtet, versetze Dich in die Lage eines
Mathematikers (oder Ingenieurs oder ...) vor den Zeiten des Taschenrechners.

Gruß
Martin

Rainer Rosenthal

unread,
Aug 31, 2002, 4:12:04 PM8/31/02
to

Jutta Gut

> Aber kann mir mal jemand kurz erklären, warum man
> mit Logarithmen addieren will, wenn die normale
> Addition viel einfacher geht?

Hallo Jutta,

es geht nicht darum, mit Logarithmen zu addieren sondern
den Logarithmus der Summe a+b zu bestimmen, indem man
direkt von den Logarithmen A = log(a) und B = log(B)
ausgeht.

Gesucht ist also eine Tabellierung der Funktion

F(A,B) = log(a+b)
wobei A=log(a), B=log(B)

oder z.B. bei Basis 10:

F(A,B) = log(10^A+10^B)

Der Vorteil in der damaligen Zeit muss darin gelegen haben,
dass von einigen Grössen a, b die Logarithmen A, B schon
bekannt waren und man sich die Bestimmung von log(a+b)
mittels 1. Addition a+b und 2. Logarithmus_Rechnen durch
einen einfachen Schritt "Mit A und B in die Tabelle, mit
log(a+b) raus" leichter machen wollte.

Gruss,
Rainer Rosenthal
r.ros...@web.de


Hermann Kremer

unread,
Aug 31, 2002, 5:30:02 PM8/31/02
to
Jutta Gut schrieb in Nachricht ...

>"Rainer Rosenthal" <r.ros...@web.de> schrieb
>
>> Nochmals allerherzlichsten Dank. Ich habe Deine Arbeit
>> übrigens bei Gelegenheit des Probelesens als Word-Datei
>> formatiert. Wer mag, kann sie von mir bekommen.


Hallo Jutta,

>Ich hätte Interesse!
>Ich habe jetzt nicht den ganzen Text gelesen.

Hmm ... ist "jetzt" ein Versprechen, daß Du es später tust? ;-))

>Aber kann mir mal jemand kurz
>erklären, warum man mit Logarithmen addieren will, wenn die normale Addition
>viel einfacher geht?

Das hat historische Gründe und stammt aus der computerlosen Zeit, in
der man noch zu Fuß rechnen mußte, und das mußten insbesondere die
Astronomen bis zum Überdruß bei Bahnberechnungen von Planeten,
Planetoiden - denk nur an Gauß und seine Bahnberechnung der Ceres 1801
http://ods.schule.de/schulen/wfs/pages/Astrometrie/Planetoiden/ceres.html
mittels seiner Methode der kleinsten Quadrate - und Kometen. Das machte
man mittels Logarithmentafeln für log(x) und logsin(alpha) usw., und das
ging auch ganz prima beim Multiplizieren von Zahlen: log(a*b) = log(a) + log(b),
aber bei der Addition mußte man immer die Numeri in der Tafel suchen,
addieren und dann von der Summe wieder den Logarithmus suchen, und da
war eine Tafel für log(a), log(b) -> log(a+b) natürlich hochwillkommen, weil
man damit nur noch eine Tafelsuche benötigte statt drei ... und wenn man
1000 mal addieren mußte, dann hatte man damit 2000 mal das Blättern in
einer Tafel gespart ;-))
Wenn Du mal die Briefwechsel von Gauß mit den damaligen Astronomen
(Olbers, Zach, Bessel, ...) liest, dann wirst Du sehen, daß die immerfort über
die Nachteile der verfügbaren Logarithmentafeln jammerten - und Gauß
hat höchstpersönlich jede neu auf dem Markt erschienene Logarithmentafel
penibel und akribisch daraufhin geprüft, wie gut man bei den ermüdenden
Routinerechnungen damit zurecht kam ...
Die Rechentechnik der Astronomen und Landvermesser (das hat Gauß
übrigens auch gemacht ;-) der damaligen Zeit ist ein ungeheuer spannendes
Kapitel aus der Geschichte der numerischen Mathematik (... wie berechne
ich eine 7-stellige Logarithmentafel ...), das heute leider fast völlig vergessen
ist ...

Grüße + schönes Wochenende
Hermann
--

>
>Danke im voraus
>Jutta

Jutta Gut

unread,
Sep 1, 2002, 3:50:02 AM9/1/02
to
Hallo Hermann!

"Hermann Kremer" <hermann...@online.de> schrieb:

> >Ich habe jetzt nicht den ganzen Text gelesen.
>
> Hmm ... ist "jetzt" ein Versprechen, daß Du es später tust? ;-))

Ja! Ehrenwort!!!

>
> >Aber kann mir mal jemand kurz
> >erklären, warum man mit Logarithmen addieren will, wenn die normale
Addition
> >viel einfacher geht?
>
> Das hat historische Gründe und stammt aus der computerlosen Zeit, in
> der man noch zu Fuß rechnen mußte, und das mußten insbesondere die
> Astronomen bis zum Überdruß bei Bahnberechnungen von Planeten,
> Planetoiden - denk nur an Gauß und seine Bahnberechnung der Ceres 1801
> http://ods.schule.de/schulen/wfs/pages/Astrometrie/Planetoiden/ceres.html
> mittels seiner Methode der kleinsten Quadrate - und Kometen. Das machte
> man mittels Logarithmentafeln für log(x) und logsin(alpha) usw., und
das
> ging auch ganz prima beim Multiplizieren von Zahlen: log(a*b) = log(a) +
log(b),
> aber bei der Addition mußte man immer die Numeri in der Tafel suchen,
> addieren und dann von der Summe wieder den Logarithmus suchen, und da
> war eine Tafel für log(a), log(b) -> log(a+b) natürlich hochwillkommen,
weil
> man damit nur noch eine Tafelsuche benötigte statt drei ... und wenn man
> 1000 mal addieren mußte, dann hatte man damit 2000 mal das Blättern in
> einer Tafel gespart ;-))

Ich hätte halt in meiner Naivität gedacht, dass "Entlogarithmieren -
addieren - logarithmieren" auch nicht viel komplizierter ist als
"Logarithmen subtrahieren - in der Tabelle nachschlagen - Logarithmen
addieren". Aber wahrscheinlich schon, wenn man dabei viel blättern und
vielleicht auch noch interpolieren muss... Okay, ich lass mich ja gern eines
Besseren belehren ;-)

Das erinnert mich an einen Artikel, den ich vor langer Zeit gelesen habe. Es
ging darum, wie man mit dem Rechenschieber addieren kann. (Das muss in
meiner Schulzeit gewesen sein, weil man damals in der Schule noch
Rechenschieber verwendete.)

Das Verfahren beruhte, IIRC, auf der Proportion
a : b : (a+b) = 1 : b/a : (1+b/a)
also wahrscheinlich im Prinzip genauso wie die Additionslogarithmentafeln.


> Die Rechentechnik der Astronomen und Landvermesser (das hat Gauß
> übrigens auch gemacht ;-) der damaligen Zeit ist ein ungeheuer spannendes
> Kapitel aus der Geschichte der numerischen Mathematik (... wie berechne
> ich eine 7-stellige Logarithmentafel ...), das heute leider fast völlig
vergessen
> ist ...

Ja, ich habe hier einmal gefragt, wie man Logarithmen mit der Hand berechnet
hat, und habe von Horst Kraemer und Helmut Kahovec sehr interessante
Antworten bekommen.
Die könnte man auch in eine Sammlung der Highlights aufnehmen (s. Posting
von Peter Luschny).

Gruß
Jutta


Hermann Kremer

unread,
Sep 2, 2002, 1:42:00 PM9/2/02
to
Jutta Gut schrieb in Nachricht ...
>"Hermann Kremer" <hermann...@online.de> schrieb:
>Hallo Hermann!

Hallo Jutta,

>> >Ich habe jetzt nicht den ganzen Text gelesen.
>>
>> Hmm ... ist "jetzt" ein Versprechen, daß Du es später tust? ;-))
>
>Ja! Ehrenwort!!!

Fein, danke, freut mich ...

>Das erinnert mich an einen Artikel, den ich vor langer Zeit gelesen habe. Es
>ging darum, wie man mit dem Rechenschieber addieren kann. (Das muss in
>meiner Schulzeit gewesen sein, weil man damals in der Schule noch
>Rechenschieber verwendete.)
>Das Verfahren beruhte, IIRC, auf der Proportion
> a : b : (a+b) = 1 : b/a : (1+b/a)
>also wahrscheinlich im Prinzip genauso wie die Additionslogarithmentafeln.

Ja. Ich habe auch Hinweise gefunden, daß man tatsächlich Rechenschieber
oder Rechenscheiben für Additionslogarithmen gebaut hat, aber die sind
noch zu diffus ... ich forsche noch ...

>> Die Rechentechnik der Astronomen und Landvermesser (das hat Gauß
>> übrigens auch gemacht ;-) der damaligen Zeit ist ein ungeheuer spannendes
>> Kapitel aus der Geschichte der numerischen Mathematik (... wie berechne
>> ich eine 7-stellige Logarithmentafel ...), das heute leider fast völlig
>> vergessen ist ...
>
>Ja, ich habe hier einmal gefragt, wie man Logarithmen mit der Hand berechnet
>hat,

.... am 12. September 1999 ... google_groups läßt grüßen ;-)

>und habe von Horst Kraemer und Helmut Kahovec sehr interessante
>Antworten bekommen.
>Die könnte man auch in eine Sammlung der Highlights aufnehmen (s. Posting
>von Peter Luschny).

Ja, unbedingt, und ich hätte dazu dann auch noch einige Links auf
Gauß' gesammelte Werke im Göttinger Digitalisierungszentrum.

Grüße
Hermann
--

>
>Gruß
>Jutta
>


Hermann Kremer

unread,
Sep 19, 2002, 1:49:06 PM9/19/02
to
>Hermann Kremer wrote

>> ==================================================================
>> Gauß'sche Additionslogarithmen feiern dieses Jahr ihren 200. Geburtstag
>> ==================================================================


Hallo,
die Arbeit an der versprochenen (oder angedrohten :-) Fortsetzung wird
wegen der Unmenge an Material leider noch einige Tage dauern - aber
vorab der Hinweis auf einen weiteren Gedenktag: In genau einer Woche,
am 26. September 2002, jährt sich zum 200. mal der Todestag des
kaiserlich-österreichischen Artillerieschulen-Mathematikers
Georg Freiherr von Vega (bürgerlich Jurij Veha),
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Vega.html
http://www.ijp.si/DMFA/vega/
der 1794 die 10-stellige Logarithmentafel "Thesaurus logarithmorum ...."

JFM 27.0822.08
Vega, G.
Thesaurus logarithmorum completus, ex Arithmetica logarithmica et ex
Trigonometria artificiali A. Vlacci collectus, plurimis erroribus purgatus, in
novum ordinem redactus. Lipsiae [Leipzig] 1794.
Riproduzione fotozincografica dell' Istituto Geografico Militare. [B]
Firenze [Florenz] 1896. 3 + 29 + 684 S., 4°.

JFM 41.1054.10
Vega, G.
Thesaurus logarithmorum completus. Vollständige Sammlung grösserer
logarithmisch-trigonometrischer Tafeln.
Neudruck. [B]
Mailand 1910. 684 S., 4°.

veröffentlichte, mit deren Hilfe Carl Friedrich Gauß 1808 seine fünfstellige
Tafel der Additionslogarithmen berechnet hat.

Grüße
Hermann
--
PS: Die Fotsetzung wird sich mit der additionslogarithmischen Lösung
trinomischer Gleichungen beschäftigen ...


Uwe Hercksen

unread,
Sep 20, 2002, 6:29:44 AM9/20/02
to

Hermann Kremer schrieb:

>
> vorab der Hinweis auf einen weiteren Gedenktag: In genau einer Woche,
> am 26. September 2002, jährt sich zum 200. mal der Todestag des
> kaiserlich-österreichischen Artillerieschulen-Mathematikers
> Georg Freiherr von Vega (bürgerlich Jurij Veha),
> http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Vega.html
> http://www.ijp.si/DMFA/vega/
> der 1794 die 10-stellige Logarithmentafel "Thesaurus logarithmorum ...."
>
Hallo,

muss schon eine furchtbare Schinderei gewesen sein eine
Logarithmentafel von Hand zu rechnen.

Hat man da wenigstens 3 Rechner daran gesetzt und die
Resultate nur übernommen wenn alle das gleiche Ergebnis
hatten?

Bei einer Tafel der Sonnenfinsternisse soll es so gemacht
worden sein.

Wieviel Mannjahre Arbeit waren das damals so?

Bye

Hermann Kremer

unread,
Sep 20, 2002, 3:50:25 PM9/20/02
to
Uwe Hercksen schrieb in Nachricht <3D8AF898...@mew.uni-erlangen.de>...

>Hermann Kremer schrieb:
>>
>> vorab der Hinweis auf einen weiteren Gedenktag: In genau einer Woche,
>> am 26. September 2002, jährt sich zum 200. mal der Todestag des
>> kaiserlich-österreichischen Artillerieschulen-Mathematikers
>> Georg Freiherr von Vega (bürgerlich Jurij Veha),
>> http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Vega.html
>> http://www.ijp.si/DMFA/vega/
>> der 1794 die 10-stellige Logarithmentafel "Thesaurus logarithmorum ...."
>>
>Hallo,
>
>muss schon eine furchtbare Schinderei gewesen sein eine
>Logarithmentafel von Hand zu rechnen.

Allerdings ... wobei man allerdings nur die Logarithmen der Primzahlen
echt ausrechnen mußte (bei dekadischen [Briggs'schen] Logarithmen):

log(2), log(3), log(5), log(7) -->

log(4) = log(2) + log(2),
log(6) = log(2) + log(3),
log(8) = log(2) + log(4),
log(9) = log(3) + log(3),
usw.

>Hat man da wenigstens 3 Rechner daran gesetzt und die
>Resultate nur übernommen wenn alle das gleiche Ergebnis
>hatten?

Georg Vega hat in der Tat (des Lesens, Schreibens und Rechnens
mächtige :-) Rekruten dazu verwendet und für jeden gefundenen
Fehler dem Finder einen Golddukaten bezahlt ... vermutlich aus
irgendeiner Armeekasse ...

>Bei einer Tafel der Sonnenfinsternisse soll es so gemacht
>worden sein.

Ja, das war allgemein üblich, und gerade für astronomische Rechnungen
gab es regelrechte "Rechenbureaus". Berühmt ist das am 10. Mai 1700
in Berlin gegründete und seit 1945 in Heidelberg ansässige Astronomische
Rechen-Institut (ARI) http://www.ari.uni-heidelberg.de/ .

Es gibt da eine hübsche Geschichte: Da im "Rechensaal" des ARI damals
sehr viele weibliche Wesen mit Tischrechnern arbeiteten, wurde dieser
Rechensaal von den Astronomen auch liebevoll als "Harem" bezeichnet, und
diesem Harem zu Ehren gab der Astronom K. Reinmuth (Heidelberg) dem
von ihm am 31. August 1935 entdeckten Asteroiden Nr. 1372 den Namen
Haremari
... und so heißt er auch heute noch ...
http://www.bdl.fr/Granpub/Promenade/pages5/528.html --> (1372)


>Wieviel Mannjahre Arbeit waren das damals so?

Hmm, das ist außerordentlich schwierig abzuschätzen, da die Autoren
damals ihre Tafeln zum großen Teil aus bereits bestehenden Tafeln
zusammenstellten und nur auf Fehler und Lücken kontrollierten.

G. Vega z.B. übernahm die Logarithmen im wesentlichen aus der von
Adriaan Vlacq 1628 herausgegebenen zweiten Auflage der von Henry
Briggs 1624 in erster Auflage veröffentlichten "Arithmetica Logarithmica".
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Miscellaneous/Briggs/index.html

Da die Vlacq'sche Ausgabe rund 70 000 zehnstellige Logarithmen mehr
enthält als die Briggs'sche, kann A. Vlacq höchstens vier Jahre zu deren
Berechnung gebraucht haben. Allerdings hatte er auch einige Hilfskräfte
beschäftigt ...
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Briggs.html
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Vlacq.html
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Vega.html

Grüße
Hermann
--

>
>Bye


Peter Luschny

unread,
Sep 20, 2002, 4:35:09 PM9/20/02
to
> Hermann Kremer schrieb:
> >Uwe Hercksen schrieb:
> >>Hermann Kremer schrieb:

> >muss schon eine furchtbare Schinderei gewesen sein eine
> >Logarithmentafel von Hand zu rechnen.
>
> Allerdings ... wobei man allerdings nur die Logarithmen der Primzahlen
> echt ausrechnen mußte (bei dekadischen [Briggs'schen] Logarithmen):
>
> log(2), log(3), log(5), log(7) -->

Hermann, sei umarmt. Endlich weiß ich dass diese ewige
Frage ob eine Zahl prim ist oder nicht, bisweilen sogar
einen Sinn hat.

> Georg Vega hat in der Tat (des Lesens, Schreibens und Rechnens
> mächtige :-) Rekruten dazu verwendet und für jeden gefundenen
> Fehler dem Finder einen Golddukaten bezahlt ... vermutlich aus
> irgendeiner Armeekasse ...

Sozusagen ein Vorläufer von D.E. Knuth? Nee, der zahlt ja sogar
aus eigener Tasche.

> diesem Harem zu Ehren gab der Astronom K. Reinmuth (Heidelberg) dem
> von ihm am 31. August 1935 entdeckten Asteroiden Nr. 1372 den Namen
> Haremari
> ... und so heißt er auch heute noch ...

:-)

Gruss Peter

Hermann Kremer

unread,
Sep 20, 2002, 7:49:02 PM9/20/02
to
Peter Luschny schrieb in Nachricht ...
>> Hermann Kremer schrieb:
>> >Uwe Hercksen schrieb:
>> >>Hermann Kremer schrieb:
>
>> >muss schon eine furchtbare Schinderei gewesen sein eine
>> >Logarithmentafel von Hand zu rechnen.
>>
>> Allerdings ... wobei man allerdings nur die Logarithmen der Primzahlen
>> echt ausrechnen mußte (bei dekadischen [Briggs'schen] Logarithmen):
>>
>> log(2), log(3), log(5), log(7) -->
>
>Hermann, sei umarmt. Endlich weiß ich dass diese ewige
>Frage ob eine Zahl prim ist oder nicht, bisweilen sogar
>einen Sinn hat.


Hat sie ... aber ob heute noch jemand weiß, wie man eine 14-stellige
Logarithmentafel zu Fuß berechnet?

>> Georg Vega hat in der Tat (des Lesens, Schreibens und Rechnens
>> mächtige :-) Rekruten dazu verwendet und für jeden gefundenen
>> Fehler dem Finder einen Golddukaten bezahlt ... vermutlich aus
>> irgendeiner Armeekasse ...
>
>Sozusagen ein Vorläufer von D.E. Knuth? Nee, der zahlt ja sogar
>aus eigener Tasche.

Hmm, ich weiß zwar nicht, wieviel Don Knuth schon berappen mußte
und wie erfolgreich er damit war, aber bei Georg Vega war entweder
die kaiserlich-österreichische Kasse ziemlich leer oder seine Soldaten
waren ziemlich besoffen ... Gauß stellte nämlich in
http://134.76.163.65/agora_docs/137412TABLE_OF_CONTENTS.html -> 257
ziemlich erbost fest:

" ... so würden unter den 68038 irrationalen Logarithmen des VEGA'schen
Thesaurus (indem man, wie billig, die Cotangenten nicht mitzählt) nach der
Wahrscheinlichkeit etwa 31983 fehlerhafte sein.
Wahrscheinlich ist aber diese Zahl noch bedeutend zu klein ... "

Oder stammten am Ende die Rekruten alle aus Pisa ....

Grüße
Hermann
--

Peter Niessen

unread,
Sep 20, 2002, 8:25:34 PM9/20/02
to

"Hermann Kremer" <hermann...@online.de> schrieb

> Peter Luschny schrieb in Nachricht ...
> >> Hermann Kremer schrieb:
> >> >Uwe Hercksen schrieb:
> >> >>Hermann Kremer schrieb:
> >
> >> >muss schon eine furchtbare Schinderei gewesen sein eine
> >> >Logarithmentafel von Hand zu rechnen.
> >>
> >> Allerdings ... wobei man allerdings nur die Logarithmen der Primzahlen
> >> echt ausrechnen mußte (bei dekadischen [Briggs'schen] Logarithmen):
> >>
> >> log(2), log(3), log(5), log(7) -->
> >
> >Hermann, sei umarmt. Endlich weiß ich dass diese ewige
> >Frage ob eine Zahl prim ist oder nicht, bisweilen sogar
> >einen Sinn hat.
>
>
> Hat sie ... aber ob heute noch jemand weiß, wie man eine 14-stellige
> Logarithmentafel zu Fuß berechnet?

Erzähl! Ausser Primzahlen und clever Interpolieren
fällt mir da nix ein.
Ausserdem halte ich 14-Stellen für Oversized,
Im Labor hat die 7-Stellige + Interpolieren immer gereicht.
Wieso ist der Beitrag in dsm unsichtbar?(naja vieleicht schläft der Server)
mfg peter

Peter Luschny

unread,
Sep 21, 2002, 4:27:12 AM9/21/02
to
> >> Georg Vega hat in der Tat (des Lesens, Schreibens und Rechnens
> >> mächtige :-) Rekruten dazu verwendet und für jeden gefundenen
> >> Fehler dem Finder einen Golddukaten bezahlt ... vermutlich aus
> >> irgendeiner Armeekasse ...
> >
> >Sozusagen ein Vorläufer von D.E. Knuth? Nee, der zahlt ja sogar
> >aus eigener Tasche.
>
> Hmm, ich weiß zwar nicht, wieviel Don Knuth schon berappen mußte
> und wie erfolgreich er damit war,

Einmal im Jahr beatwortet Don auch solche Fragen. Es
war vor gut einem Jahr in München, zur Zeit
des Oktoberfestes, und hier nachzulesen.

www.ams.org/notices/200203/fea-knuth.pdf

Gruss Peter

P.S. hat nichts direkt damit zu tun, aber da wir
von Don sprechen und historischen Dingen und es in
meinem anderen 'Fenster' gerade aufgeschlagen ist ...
http://www.princeton.edu/~mike/softsci.htm

Paul Ebermann

unread,
Sep 21, 2002, 6:20:22 AM9/21/02
to
"Peter Luschny" skribis:

> > Hmm, ich weiß zwar nicht, wieviel Don Knuth schon berappen mußte
> > und wie erfolgreich er damit war,
>
> Einmal im Jahr beatwortet Don auch solche Fragen. Es
> war vor gut einem Jahr in München, zur Zeit
> des Oktoberfestes, und hier nachzulesen.
>
> www.ams.org/notices/200203/fea-knuth.pdf

Für alle, die nicht selbst suchen wollen:
Es ist die allerletzte Frage.


Paul
f'up2dsm

Hermann Kremer

unread,
Sep 21, 2002, 3:19:20 PM9/21/02
to
Peter Niessen schrieb in Nachricht ...

>"Hermann Kremer" <hermann...@online.de> schrieb
>> Peter Luschny schrieb in Nachricht ...
>> >> Hermann Kremer schrieb:
>> >> >Uwe Hercksen schrieb:
>> >> >>Hermann Kremer schrieb:
>> >
>> >> >muss schon eine furchtbare Schinderei gewesen sein eine
>> >> >Logarithmentafel von Hand zu rechnen.
>> >>
>> >> Allerdings ... wobei man allerdings nur die Logarithmen der Primzahlen
>> >> echt ausrechnen mußte (bei dekadischen [Briggs'schen] Logarithmen):
>> >>
>> >> log(2), log(3), log(5), log(7) -->
>> >
>> >Hermann, sei umarmt. Endlich weiß ich dass diese ewige
>> >Frage ob eine Zahl prim ist oder nicht, bisweilen sogar
>> >einen Sinn hat.
>>
>> Hat sie ... aber ob heute noch jemand weiß, wie man eine 14-stellige
>> Logarithmentafel zu Fuß berechnet?
>
>Erzähl!

Ja, gerne, aber später - ich muß ja erst noch die Fortsetzung(en)
meiner Additionslogarithmengeschichte erzählen ...

> Ausser Primzahlen und clever Interpolieren fällt mir da nix ein.

Nur soviel: Quadratwurzeln konnte man damals ganz prima von Hand
ziehen, und es gab auch schon dicke Wurzeltabellen ... und damit kann
man sich z.B. ziemlich einfach ein Interpolationsgerüst ausrechnen:
log(sqrt(sqrt(10))) = 0.25
log( sqrt(10) ) = 0.50
log(sqrt(sqrt(1000))) = 0.75
log( 10 ) = 1.00
log( sqrt(1000) ) = 1.50
log( 100 ) = 2.00
usw.

Viel interessanter war die Berechnung der Logarithmen der
trigonometrischen Funktionen logsin(x) usw. mit einer Auflösung
von z.B. einer Bogensekunde ...

>Ausserdem halte ich 14-Stellen für Oversized,

Yep, das meinte Gauß auch ...

>Im Labor hat die 7-Stellige + Interpolieren immer gereicht.

... und das übrigens auch ... er rechnete, wenn immer möglich,
sogar mit nur 5-stelligen ...

Grüße
Hermann
--

Hermann Kremer

unread,
Sep 21, 2002, 3:27:04 PM9/21/02
to
Peter Luschny schrieb in Nachricht ...
>> >> Georg Vega hat in der Tat (des Lesens, Schreibens und Rechnens
>> >> mächtige :-) Rekruten dazu verwendet und für jeden gefundenen
>> >> Fehler dem Finder einen Golddukaten bezahlt ... vermutlich aus
>> >> irgendeiner Armeekasse ...
>> >
>> >Sozusagen ein Vorläufer von D.E. Knuth? Nee, der zahlt ja sogar
>> >aus eigener Tasche.
>>
>> Hmm, ich weiß zwar nicht, wieviel Don Knuth schon berappen mußte
>> und wie erfolgreich er damit war,
>
>Einmal im Jahr beatwortet Don auch solche Fragen. Es
>war vor gut einem Jahr in München, zur Zeit
>des Oktoberfestes, und hier nachzulesen.
>
>www.ams.org/notices/200203/fea-knuth.pdf


Au fein, danke für den Link ...

>P.S. hat nichts direkt damit zu tun, aber da wir
>von Don sprechen und historischen Dingen und es in
> meinem anderen 'Fenster' gerade aufgeschlagen ist ...
>http://www.princeton.edu/~mike/softsci.htm


Hmm, dazu fällt mir gerade ein, daß Carl Friedrich auch schon Programme
geschrieben hat ... in einem Brief an einen Astronomen gibt er die genaue
Rechenvorschrift zur Berechnung irgend welcher astronomischer Parameter
in einer Art verbalem Flußdiagramm an ... mal sehen, ob ich den Brief in
seinen 12 Bänden Gesammelter Werke finde (es gibt mehr als 1000 Briefe ;-)

Grüße
Hermann
--

Peter Luschny

unread,
Sep 22, 2002, 5:50:05 AM9/22/02
to
> "Hermann Kremer" schrieb im Newsbeitrag ...

> > Peter Niessen schrieb in Nachricht ...

> >Ausserdem halte ich 14-Stellen für Oversized,

> Yep, das meinte Gauß auch ...

> >Im Labor hat die 7-Stellige + Interpolieren immer gereicht.
>
> ... und das übrigens auch ... er rechnete, wenn immer möglich,
> sogar mit nur 5-stelligen ...

* Der Mangel an mathematischer Bildung
* gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen
* wie durch maßlose Schärfe im Zahlenrechnen.

* Carl Friedrich Gauß

Man könnte das auch das Occamsche Prinzip der Numerik nennen.

Gruss Peter

P.S. Wieder OT, aber weil wir ja hier in der historischen
Abteilung vom Hermann sind, finden sich vielleicht auch
dafür interessierte Leser (mit schönen Bildern :-)).
http://goethe.ira.uka.de/~goerke/abschvorl.pdf
Ich mische es einfach frech dazu...

Uwe Hercksen

unread,
Sep 23, 2002, 10:22:29 AM9/23/02
to

Hermann Kremer schrieb:

>
> Allerdings ... wobei man allerdings nur die Logarithmen der Primzahlen
> echt ausrechnen mußte (bei dekadischen [Briggs'schen] Logarithmen):
>
> log(2), log(3), log(5), log(7) -->
>
> log(4) = log(2) + log(2),
> log(6) = log(2) + log(3),
> log(8) = log(2) + log(4),
> log(9) = log(3) + log(3),
> usw.

Hallo,

ja klar, aber wieso die Einschränkung auf dekadische
Logarithmen?

Bye

Hermann Kremer

unread,
Sep 23, 2002, 2:21:32 PM9/23/02
to
Peter Luschny schrieb in Nachricht ...
>> "Hermann Kremer" schrieb im Newsbeitrag ...
>> > Peter Niessen schrieb in Nachricht ...
>
>> >Ausserdem halte ich 14-Stellen für Oversized,
>
>> Yep, das meinte Gauß auch ...
>
>> >Im Labor hat die 7-Stellige + Interpolieren immer gereicht.
>>
>> ... und das übrigens auch ... er rechnete, wenn immer möglich,
>> sogar mit nur 5-stelligen ...
>
>* Der Mangel an mathematischer Bildung
>* gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen
>* wie durch maßlose Schärfe im Zahlenrechnen.
>
>* Carl Friedrich Gauß
>
>Man könnte das auch das Occamsche Prinzip der Numerik nennen.


Oder auch das KISS-Prinzip: Keep it simple, stupid ;-)

>P.S. Wieder OT, aber weil wir ja hier in der historischen
>Abteilung vom Hermann sind, finden sich vielleicht auch
>dafür interessierte Leser (mit schönen Bildern :-)).
>http://goethe.ira.uka.de/~goerke/abschvorl.pdf
>Ich mische es einfach frech dazu...

He he, nix OT ... au contraire ...
Die Bilder sind wirklich hübsch ... K. Menninger: Zahlwort und Ziffer
... und vor allem die vom Straßburger Münster-Computer ...
Darf ich das durch folgenden Link ergänzen:
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/HistTopics/Zero.html

Hermann Kremer

unread,
Sep 23, 2002, 2:39:01 PM9/23/02
to
Uwe Hercksen schrieb in Nachricht <3D8F23A5...@mew.uni-erlangen.de>...

OK, gilt natürlich für sämtliche Basen ... aber die historischen
Logarithmentafeln waren, bis auf eine Ausnahme, alle dekadisch ...
und die Ausnahme von John Napier [Neper]
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Napier.html
http://www-history.mcs.st-and.ac.uk/~history/Bookpages/Napier10.jpeg
benutzte als Basis eine Zahl ~ 1/e ... er berechnete also n i c h t die
natürlichen Logarithmen ...

Grüße
Hermann
--

>
>Bye


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