On Wed, 20 Aug 2014 13:19:07 +0200, Christoph Maercker wrote:
> Markus Luft wrote:
>> Die Logik der Behörden "Viel Auto --> Viel Gefahr" kommt natürlich zu
>> verkehrsärmeren Zeiten ins Schwanken. Allerdings haben sie rechtlich
>> nicht, so wie bei einigen Verkehrsbeschränkungen für KFZ, die
>> Möglichkeit das Fahrbahnverbot zeitlich zu beschränken.
>> Und genau deshalb verpflichtet das Behörden zu einem besonders
>> behutsamen Umgang mit Verkehrsbeschränkungen. Das Fahrbahnverbot gilt
>> dann ja schließlich 24/7/365 und nicht nur 4/5/340.
>> Das scheint bislang aber noch kein Richter gemerkt zu haben, auch
>> nicht,
>> daß sich die "besonderen, örtlichen Gefahren" zu einem dichten Netz
>> zusammen fügen. ;)
>
> Zu einem "Radverkehrsnetz". :-\
>
Die Stadt Kiel hat bei ihrem Online-Stadtplan mittlerweile ein
RVA-Layer, welches man sich einblenden lassen kann. Da die meisten
RVA benutzungspflichtig sind, ist die ganze Stadt nur, mit Ausnahme
der T-30-Zonen, eine besondere, örtliche Gefahr.
Und damit machen die auch noch Werbung!
>>> Umgekehrt werden Fahrbahnen mit zunehmender Kfz-Dichte immer
>>> unattraktiver, insbesondere dann, wenn vor lauter Autos kein
>>> Durchkommen mehr ist.
>>>
>> Wenn die Blechkisten nur rumstehen, geht von ihnen auch nur noch eine
>> geringe Unfall-Gefahr aus.
>
> Die Phase, bevor sie endgültig zum Stehen kommen, also Zähflüssigkeit,
> ist aber nicht ohne. Für Radfahrer unattraktiv, wegen des
> unterschiedlichen Beschleunigungs-/Bremsverhaltens von Kfz und
> Fahrrädern und wahrscheinlich eine der Situationen, in der am häufigsten
> Auffahrunfälle (meist zwischen Autos) passieren.
>
Auf Autobahnen geht AFAIR in dieser Phase die Unfallhäufigkeit schon
wieder rapide in den Keller. Gefährlich ist eher die Phase, wo trotz
dichten Verkehrs noch hohe Geschwindigkeiten erreicht werden können.
Ich könnte mir übrigens vorstellen, daß regelmäßiger Radverkehr auf
Fahrbahnen die Unfallhäufigkeit des KFZ-Verkehrs senkt, weil die
den Verkehr auflockern und nicht mehr alle wie in einer Perlenkette
aneinander kleben.
>> Meines Erachtens brauchen die nicht mal relativ viel Verkehr
>> aufzuweisen, regelmäßiger Verkehr reicht schon. Die Hauptgefahr sehe
>> ich im auf diesen Straßen gehäuft auftretenden unaufmerksamen
>> Parkverkehr und querenden Verkehr, der die Vorfahrtregel nicht
>> beherrscht,
>
> ... bzw. meint, er würde es noch schaffen, rüberzukommen ...
>
Diese Art Konflikt habe ich nach dem "Einfahren in den fließenden
Verkehr" tatsächlich am häufigsten. Auf Hauptstraßen sind es dann aber
wegen der Ampelregelung aber Linksabbieger.
Vielleicht müssen die sich noch daran gewöhnen, daß Radfahrer auch mit
30 oder mehr Km/h unterwegs sein können?
>> bei letzteren sind dann auch vermehrt RF dazuzuzählen. Herrscht dann
>> noch relativ viel KFZ-Verkehr, wird es zusätzlich noch unangenehm wegen
>> zu dichten Überholens und riskanten Überholens in unklaren Situationen
>> (Gegenverkehr) und das schätze ich dann auch als gefährlich ein.
>
> Statistisch sind Überholfunfälle mit Radfahrerbeteiligung dennoch
> unauffällig ebenso wie Auffahrunfälle, sie rangieren gewöhnlich unter
> "sonstige". Deshalb schätze ich sie vor allem als sehr unangenehm und
> weniger als gefährlich ein. Hinzu kommt, dass dort, wo die Ursache
> "Fehler beim Überholen" überhaupt mal explizit auftaucht, regelmäßig
> unterschlagen wird, wer wen überholen wollte. Es ist also sehr
> wahrscheinlich, dass zig missratene Überholmanöver auf zu schmalen
> "Radwegen" enthalten sind.
>
Um mein persönliches Risiko abschätzen zu können, nützt mir der
Verkehrssicherheitsbericht für die Stadt Kiel rein gar nichts, denn
ich fahre völlig anders als ~98% der Radfahrer. Die "Fehler beim
Abbiegen", hier natürlich auch unangefochtener Platz 1 der
Unfallursachen, kommen in meiner Erfahrungswelt so gut wie gar nicht
vor.
Die Statistik krankt eben daran, daß sie Fahrbahnunfälle nicht von
Radwegunfällen trennt.
Die "sonstige Fehler beim Überholen (z.B.Seitenabstand)" kommen hier
übrigens fast so häufig vor wie "Fehler beim Ein- u. Aussteigen",
welche ja fast 50% der Fahrbahnunfälle ausmachen sollen.
Meine persönliche Rangliste kritischer Konflikte auf der Fahrbahn
sieht eher so aus:
1. Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr (inkl. Wenden)
2. Vorfahrtmißachtung
3. Fehler beim Überholen
Die "Fehler beim Ein- u. Aussteigen" kommen in meiner persönlichen
Erfahrungswelt merkwürdigerweise gar nicht vor, obwohl ich vor
Dooring echt Schiß habe.
Wenn für mich kritische Fehler beim Überholen gemacht werden,
dann wird interessanterweise auch gleich richtig auf die Kacke
gehauen und bei nahendem Gegenverkehr mit anschließendem
Abbdrängen überholt. Einfaches, sehr enges Überholen kommt kaum
vor.
Aussagen über das Unfallgeschehen von Radfahrern untereinander
auf Radwegen läßt der Verkehrssicherheitsbericht gar nicht zu.
Vielleicht noch "nicht angepasste Geschwindigkeit", das rangiert
bei dem Hauptursachen der Radfahrer noch vor "Alkohol" auf Platz
1.
Wenn ich mal auf Radwegen fahre, empfinde ich das Überholen
anderer Radfahrer als sehr kritisch, zumal plötzlicher
Seitenwechsel keine Seltenheit ist und vernünftige Überholabstände
auf dem Radweg unmöglich sind.
>>> Auf üblichen Radwegen ist es dafür zustands- und führungsbedingt
>>> wesentlich unangenehmer zu fahren und bringt *obendrein* keinen Gewinn
>>> für die Sicherheit.
>
>> Hochbordradwege gehören komplett verboten.
>> Hier feiern sie wieder eine Art Renaissance, allerdings werden sie in
>> Kreuzungsbereichen auf Fahrbahnniveau abgesenkt, da erkennt man schon,
>> daß die Konstrukteure keine praktische Erfahrung mit dem Radfahren
>> haben und lediglich den Rechtsabbiegerunfall vermindern wollen. Und der
>> Auftraggeber ignoriert weiterhin die Rechtslage.
>
> Dito hierzustädt. Einziger Vorteil von Radwegen ist, ihre
> Benutzungspflicht lässt sich in etlichen Fällen knicken und
> Fahrbahnfahren ist danach einfacher möglich als neben Streifen.
>
Hier wollen sie freiwillig und großflächig auf Benutzungspflichten
verzichten. Gemerkt habe ich davon bisher wenig.
>> Sie sind jedenfalls nicht für Radfahrer konstuiert, die einfach,
>> bequem,
>> schnell und sicher an ihr Ziel gelangen wollen.
>
> Es sind Notwege für die seltenen Fälle, wo Fahrbahnen blockiert sind.
> Das sollte man den Verkehrsteilnehmern bitte auch so vermitteln.
>
Da sind Umweltspuren aber wesentlich sinnvoller.
Der einzige Sinn von Radwegen, insbesondere Hochbordradwege, ist doch
Autofahrer nicht mit Radfahrern zu belästigen.
>>> In der Tabelle der FGSV-Hinweise [1] standen höhere Grenzwerte für
>>> mehrspurige Straßen als für zweispurige, sonst wäre einer meiner
>>> Wiedersprüche abgelehnt worden. Aus dieser Tabelle wurden die
>>> Diagramme in den ERA2010 abgeleitet und ich kann mich nicht erinnern,
>>> dass die *qualitativ* etwas anderes aussagen als die frühere Tabelle.
>
>>> [1]Korrektur: im Parallelposting an Dietmar Kettler hatte ich
>>> versehentlich die ERA95 als Quelle genannt.
>
>> Natürlich sind die Grenzbereiche höher angesiedelt, denn der
>> KFZ-Verkehr teilt sich ja auf mehrere Fahrspuren auf. Für Radfahrer ist
>> aber insbesondere der rechteste Fahrstreifen interessant.
>> Für meinen "geliebten" Westring wäre nach ERA da noch locker ein
>> Radfahrstreifen drin, dennoch besteht die Stadt auf
>> benutzungspflichtige Zweirichtungshochbordradwege. Die tun einfach so,
>> als wären RVA untereinander gleichwertig.
>
> Im Falle von Zweirichtungsradwegen sind sie es garantiert nicht. Für die
> haben die VwV-StVO zusätzliche Hürden parat. Sie sind Ausnahme der
> Ausnahme!
>
Das hat hier in Kiel bislang noch Keinen interessiert.
Zu schmal, zu viele Knotenpunkte und "tolle" Sichthindernisse.
Hier haben sie gerade mal wieder ein Teilstückchen umgebaut, immerhin
ist das Wegelchen jetzt nicht mehr viel zu schmal und sie haben
asphaltiert und nicht wieder Rumpelsteinchen verlegt.
Ich bin dennoch der Meinung dort gar nicht fahren zu müssen, denn ich
kann nicht gleichzeitig auf der rechten und der linken Seite der
Straße fahren. ;)
>>> Zum dritten scheint es generell wenig bis keine Untersuchungen zum
>>> Zusammenhang zwischen Verkehrsdichte und Unfallrate zu geben.
>
>> Die haben sich das frei aus den Fingern gesogen.
>
> Im Prinzip ja: die von der FGSV übernommenen Werte tauchen in der
> Auswertung von BASt 009 buchstäblich aus dem Nichts auf.
Das, was sie an realen Daten haben, spricht eher gegen Radwege.