Faust, der Komödie erster Teil - 18 - Valentin bricht ein und sein Bein
Walter Anger
Firma, Mephistos Büro.
Zwei Computer. Gretchen sitzt an ihrem. Sie sucht verzweifelt nach
Dateien.
Valentin schleicht sich halb rein.
Valentin: (laut flüsternd) Gretchen!
Gretchen: (schaut auf) Ach, du!
Valentin kommt ganz rein.
Valentin: Der Portier wollt mich nicht reinlassen. Also bin ich über'n
Zaun.
Gretchen: Das hast du davon!
Valentin: Wovon!
Gretchen: Wovon, wovon! - wie oft haben wir deswegen schon gestritten!
- deine krankhafte Eifersucht macht alle krank. Mich auch! Jetzt hab
ich die Daten unabsichtlich gelöscht.
Valentin: (schaut auf den Bildschirm) Hol's aus dem Papierkorb! du
dumme Düse!
Gretchen: (leicht verzweifelnd) Den hab ich auch geleert!
Valentin: Macht hier keine Backups? Was ist das für ein Saftladen?!
Gretchen: Die Bänder wurden schon geholt; außerdem sind Kopien im
Computer vom Professor. Aber ich mag keinen fragen, mir ist in letzter
Zeit schon so viel daneben gegangen.
Valentin: Geh halt heimlich rein.
Gretchen: Ich hab kein Kennwort.
Valentin: (kramt eine Disc hervor) Das ist nun wirklich kein Problem!
Der Lump von Welt hat immer eine Crack-Disc bei sich. (gibt sie
Gretchen) Reinstecken, starten -
Mephisto kommt rein. Gretchen verbirgt flink die Disc.
Mephisto sieht Valentin gierig grinsend an, nähert sich.
Gretchen: ... Der Valentin -
Mephisto: (unterbricht, prophetisch) Und es sind stinkende Kakerlaken!
(beschnüffelt Valentin gierig) ... Die Bosheit quillt selbst aus den
Ohren.
Valentin: (piepsig) Ich geh dann! (eilt fort)
Mephisto: (prophetisch) Und sie fallen in den Abgrund!
Ein Schrei, ein Plumps. (Michaela hat Valentin aus dem Fenster geworfen)
Ortswechsel, Zeitsprung: Valentin liegt unter dem Fenster, ein Bein
schmerzt. Mephisto, Gretchen und Michaela schauen hinunter.
Gretchen: (ruft) Geht's dir auch gut, Valentin?!
Valentin: (schreit) Nein!
Gretchen: (ruft) Tut dir was weh?!
Valentin: (schreit) Ja!
Mephisto: (höhnisch) Das kommt vom heimlich rumschleichen!
Michaela: (höhnisch) Und vom weit rauslehnen!
Valentin: (schreit) Ich werd euch verklagen!
Ortswechsel, Zeitsprung: Krankenhaus, Krankenzimmer
Valentin liegt in einem Bett. Ein Rechtsanwalt ist bei ihm.
Rechtsanwalt: (entsetzt, furchtsam) _Wen_ wollen Sie verklagen?!
Valentin: (giftig) Ich spreche laut und deutlich! ich wiederhole mich
nicht!
Rechtsanwalt: Professore ... Lucien ...
Valentin: (giftig) - Mephistopheles! Ja! Sind Sie nun Anwalt oder
nicht?! Es wird ja wohl nicht unmöglich sein!
Rechtsanwalt: Nun, nicht gerade unmöglich, aber ... sagen wir mal ...
in Juristenkreisen ist er allgemein bekannt als ... (schluckt)
Valentin: Als was?!
Rechtsanwalt: Ich kann Ihnen leider nicht helfen.
Der Rechtsanwalt flüchtet angstschwitzend.
Krankenschwester: (breit und sadistisch lachend) Jetzt bekommen wir
eine Spritze!
Zeitsprung: Gretchen und Vicky kommen Valentin besuchen. Er ist groggy.
Gretchen: Valentin! <goethe>Welche Höllenpein!</goethe>
Valentin murmelt etwas Unverständliches.
Vicky: Der ist voll zugedröhnt.
Valentin: (groggy, zu Vicky) <goethe>Könnt ich dir nur an den /fetten/
Leib, du schändlich kupplerisches Weib!</goethe>
Vicky: (streicht sich über die Seiten) Na ja...
Valentin: (groggy, zu Gretchen) <goethe>Mein Gretchen. / ich sag dir's
im Vertrauen nur: du bist nun doch einmal eine Hur.</goethe>
Gretchen: (empört) Wie nennst du mich?! du Kretin!
Valentin: (groggy, die Augen gen Himmel) <goethe>Ich gehe durch den
Todesschlaf zu Gott ein als Soldat und brav.</goethe>
Gretchen: Der ist wirklich gaga.
Vicky: So leicht entkommt er uns nicht.
Vicky greift Valentins Bein, dort wo es schmerzt, und drückt zu.
Valentin schreit.
Valentin ist wieder da.
Gretchen: Wie geht's dir?
Valentin: (emotional) Ich hasse diese Frage!
Gretchen: Heinrich tut es ja so leid.
Valentin: Und damit der arme Heinrich nicht vor Mitleid zerfließt,
setzt du dich auf seinen Schoß und tröstest ihn!
Gretchen: (schimpft) Du wirst noch mal als grünäugiger, rothaariger
Quälteufel in der Hölle enden!
Valentin: Quälteufel in der Hölle? Ja, das wär mein's?
Gretchen: Außerdem bin ich nicht mehr bei Heinrich, sondern beim
Professor.
Valentin: Bei dem Angeber! dem wandelnden Egotrip! setzt du dich nun
auf _seinen_ Schoß?
Gretchen: Valentin, der einzige, auf dessen Schoß ich mich setze, der
bist doch du.
Gretchen schmeißt sich auf Valentins Schoß. Valentin brüllt.
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Walter Anger