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Tschernobyltag

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Oldb. STACHEL

ungelesen,
29.04.1998, 03:00:0029.04.98
an

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O l d e n b u r g e r

S T A C H E L

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Politik und Kultur in Oldenburg
und Umgebung Nr. 4/98
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Tschernobyltag

26. April 1986, Tschernobyl. Vor knapp 12 Jahren geriet das vierte der in
Tschernobyl in der Ukraine, nahe an der Grenze zu Belorussland, stehenden
Atomraftwerke ausser Kontrolle. Falsche Bedienung oder im AKW-Betreiberjargon
"menschliches Versagen" war der Ausloeser der folgenden Katastrophe. Das in
jedem Atomreaktor weltweit schlummernde Risiko der Kernschmelze mit
"Freisetzung" seines hochradioaktiven Inhalts wurde in diesem Fall zur
Realitaet. Vor knapp 12 Jahren geriet das vierte der in Tschernobyl in der
Ukraine, nahe an der Grenze zu Belorussland, stehenden Atomraftwerke ausser
Kontrolle. Falsche Bedienung oder im AKW-Betreiberjargon "menschliches
Versagen" war der Ausloeser der folgenden Katastrophe. Das in jedem
Atomreaktor weltweit schlummernde Risiko der Kernschmelze mit "Freisetzung"
seines hochradioaktiven Inhalts wurde in diesem Fall zur Realitaet.

Achtzig Prozent des Reaktorbrennstoffs, insgesamt etwa 160 Tonnen, so der
damals im Krisenstab der UdSSR verantwortliche Physiker Wladimir
Tschernosenko, kamen zur Kernschmelze und 50 bis 70 Mio. Curie langlebiger
Nuklide wurden freigesetzt.

Weltweit ereigneten sich aehnliche AKW-Unfaelle mit Kernschmelze, z. B. im
EBR-1 Reaktor (1955), im Schnellen Brueter Enrico Fermi (1966) und im
Leichtwasserreaktor Harrisburg (1979) - alle USA - und im schweizerischen
Versuchsreaktor Lucens (1979). Im deutschen AKW Biblis A haette es im
Dezember 1978 nach einem Ventilschaden zusammen mit laengerer falscher
Bedienung ebenfalls durch weitere Fehler zu einer Kernschmelze kommen koennen.
Gluecklicherweise wurde das AKW rechtzeitig abgeschaltet - in Block 4 in
Tschernobyl gelang die Abschaltung nicht mehr.

Infolgedessen wurden 2000 Quadratkilometern in Russland, 1500 km2 in der
Ukraine und 7000 km2 in Belorussland, zusammengerechnet knapp ein Viertel
Niedersachsens, so stark radioaktiv verseucht, dass die international als
Grenzwert festgelegten 200000 Becquerel pro Quadratmeter mindestens um das
doppelte ueberschritten werden. Und bei einer Halbwertszeit von 30 Jahren fuer
das am staerksten freigesetzte Caesium 137 wird dies auch noch lange anhalten.
Andrej Serdjuk hat Ende 95 als ukrainischer Gesundheitsminister Zahlen der
Tschernobyl-Opfer genannt: 125000 Menschen seien von 1986 bis 1995 bereits an
Strahlenkrankheiten gestorben. Rund vier Millionen Menschen in mehr als 2000
Staedten und Doerfern wurden verstrahlt, darunter 1,5 Millionen Kinder. Noch
heute lebten in der radioaktiv verseuchten Region mehr als 2,5 Millionen
Menschen, sagte Serdjuk.

Weitere Zahlen liegen fuer Belorussland vor: Die Folge des SuperGAUs sind
400000 strahlengeschaedigte Kinder alleine in Belorussland, 130000
BelorussInnen wurden umgesiedelt. Siebenmal zog die Tschernobylwolke um die
Welt, ein Grossteil der freigewordenen Radioaktivitaet (72%) wurde schon ueber
Belorussland kuenstlich abgeregnet. Eine Flaeche von ca. 48000 km2,
entsprechend etwa der Groesse Niedersachsens, wurde stark verstrahlt. In
diesen 23% des Landes leben heute noch immer zwei Mio. Menschen, darunter
600000 Kinder. Von den 600000 eingesetzten Katastrophenhelfern weiss niemand,
was aus ihnen geworden ist. Die ersten Helfer, die zu Beginn auf dem Dach des
AKW waren, liegen sieben Meter tief auf dem Moskauer Ehrenfriedhof in
Zinksaergen begraben, damit sie die Umgebung nicht verstrahlen. Ein
Atommuellendlager in Moskau.

Die Krebsraten steigen rapide, 37 Krankheiten treten im Durchschnitt
fuenfmal haeufiger als bisher auf, neue Krankheiten wie "Gedaechtniskrebs"
wurden entdeckt. Vom "Tschnernobylaids" sind in der radioaktiv verseuchten
Zone fast alle betroffen. Die Folge ist Mattheit und grosse
Konzentrationsschwaeche. Das Immunsystem ist am Ende, weil der Koerper
staendig von Strahlen bombardiert wird. Leichte Krankheiten wie Erkaeltungen
beuteln gerade Kinder oft wochenlang. So kommt es, dass die Schulstunden oft
nur 30 Minuten dauern, mehr schaffen die Kinder nicht. Das Schlimmste aber
ist, dass damit gerechnet wird, dass die Katastrophe noch 14 Generationen lang
Tod und Elend bringen wird. WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass erst in
20 bis 25 Jahren der Hoehepunkt der tschernobylbedingten Krankheiten erreicht
sein wird.

Um an die Katastrophe, die am 26. 4. 86 in Tschernobyl begann und weltweit
Auswirkungen hatte, zu erinnern und um unseren Protest gegen den
unverantwortlichen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken auch in Deutschland zu
zeigen, ruft der Arbeitskreis Wesermarsch zu einer Demonstration vom
Marktplatz Rodenkirchen zum Atomkraftwerk Esenshamm auf.

Demonstration am 25. 4. 98, Auftaktkundgebung um 11.30 Uhr am Marktplatz
Rodenkirchen. Danach Marsch zum AKW Esenshamm. RednerInnen sind: Prof. Dr.
Inge Schmitz-Feuerhake, Universitaet Bremen; VertreterInnen des Bremer
Anti-Atom-Forums; Joern Roggenkamp, Greenpeace


Richard Meinsen, Hans-Otto Meyer-Ott

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Red.Schluss: 12.5.; Veranstaltungen: 15.5.; Nächstes Heft: 22.5.1998
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