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Suizid / Selbstmord

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Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 2:19:20 AM11/18/02
to
Der Selbsthinrichtungs-thread hat mich jetzt an eine Information
erinnert, die aus gegebenem Anlass in meiner Familie aufgetaucht ist:

Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.

Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
etwas gegen die sinnvolle Erweiterung der deutschsprachigen
Begriffswelt durch Fremdwörter aus jedweder Sprache. In diesem Fall
allerdings fehlt mir die Sinnhaftigkeit.

Es gibt ein deutsches Wort, das von jedem verstanden wird. Die
Begriffsbildung ist also eindeutig. Das sehe ich unabhängig von der
Semantik der einzelnen Stammwörter. Dass hier durch die Semantik von
'Mord' eine juridische Gegebenheit impliziert wird, glaube ich nicht.
Nebenbei wäre ggf. Selbsttötung ein adäquater Ersatz für Selbstmord
und Suizid daher auch nicht nötig.

Wie seht ihr das?

Gruß,
daPeda

Matthias Opatz

unread,
Nov 18, 2002, 4:52:38 AM11/18/02
to
Peter Gruendler schrieb:

> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.

Verschiedenen andere Gruppe legen auf wieder andere Formulierungen
wert.
Kümmere Dich nicht drum. Nimm *Deinen* Maßstab fürs Formulieren und
ändere ihn nur, wenn Dir die Argumente für einen Begriffswechsel
einleuchten, die Verwendung an sich von wievielen anderen auch immer
ist allein noch kein Argument. Es sei denn, Du wirst nicht mehr verstanden.)

Matthias


--
__________________________________________________________
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Till Neumann

unread,
Nov 18, 2002, 5:06:52 AM11/18/02
to
Peter Gruendler schrieb/wrote:

> Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
> etwas gegen die sinnvolle Erweiterung der deutschsprachigen
> Begriffswelt durch Fremdwörter aus jedweder Sprache. In diesem Fall
> allerdings fehlt mir die Sinnhaftigkeit.

Mir auch. Aber möglicherweise ist es bei manchen dieser Gruppen Sinn
der Sache, das Reizwort "Tötung" ganz verschwinden zu lassen, weil sie
mit so abschreckenden Sachen nicht ihr Ziel fördern.

> Dass hier durch die Semantik von
> 'Mord' eine juridische

.. [OT] da sagt der Deutsche aus .de übrigens "juristische" [/OT]...

> Gegebenheit impliziert wird, glaube ich nicht.

Wenn man nicht "Tötung" ganz verschweigen will (s.o.), ist es doch
zumindest eine neutrale Beschreibung des Vorgangs. Eine Tötung kann
schuldlos, fahrlässig oder vorsätzlich sein. Damit wäre dann
jedenfalls nicht automatisch ein Schuldvorwurf impliziert.

Ganz anders bei Mord: Das ist unabhängig von der juristischen
Definition (über "bloßen" Totschlag hinausgehende Schuldmerkmale) auch
in der öffentlichen Meinung etwas gaaaaanz Schlimmes. Bei Leuten, die
sich selbst töten, passt das aber eigentlich nicht. Im Gegenteil
dürften sie in der Mehrzahl der Fälle schuldunfähig sein, so dass man
sie nicht in sprachliche Nähe zu "Mördern" stellen sollte.

Von daher kann ich die Denke derer, die "Selbstmord" abschaffen wollen,
schon verstehen. Aber das Fremdwort muss es deshalb noch lange nicht
sein.

Gruß
Till


--
"And it ain't a fit night out for man nor beast." - Mr. Snavely

Wolf Busch

unread,
Nov 18, 2002, 6:47:16 AM11/18/02
to
Peter Gruendler schrieb:


> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.

Das würde ohnehin nur die Fachsprache betreffen, denn in der
Alltagssprache ist »Selbstmord« schon viel zu lange eingebürgert.
Daß ein Selbstmord kein Mord im juristischen Sinne ist, dürfte wohl
jedem klar sein. Ich habe auch nicht den Eindruck, daß »Selbstmord«
irgendwie abwertend verwendet wird, das ist eben die übliche
Bezeichnung.

Man müßte konsequenterweise auch »Selbstmörder« durch »Suizidant«
ersetzen, was schon sehr hochgestochen klingt.



> Nebenbei wäre ggf. Selbsttötung ein adäquater Ersatz für Selbstmord
> und Suizid daher auch nicht nötig.

Im Duden ist »Selbsttötung« verzeichnet, allerdings erst seit der
20. Aufl. 1991, wenn ich das richtig gesehen habe, obwohl das Wort
natürlich schon viel älter ist, Kant hat es beispielsweise benutzt.
Im Duden wird »Selbsttötung« als »amtssprachlich« bezeichnet.

Schöne Grüße,
Wolf

Mathias Hiller

unread,
Nov 18, 2002, 7:33:19 AM11/18/02
to
On Mon, 18 Nov 2002 12:41:59 +0100, Wolfgang Schwanke
<REMOVE.use...@wschwanke.de> wrote:

>das Fremdwort für "Selbstmord". Dass man es verwenden "muss" ist allerdings
>neu. Naja, muss man ja nicht.

>von mir hatte eine tolle Routine, uns die einzubläuen:
^
Wie steht das zur obigen Aussage?

--
Gruß
Mathias +++ m...@snafu.de +++ http://home.snafu.de/mat/
+++ Disclaimer: My opinions are my own +++ and mine only +++

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 8:09:23 AM11/18/02
to
Martin Gerdes <martin...@gmx.de> schrieb:

>>Es gibt ein deutsches Wort, das von jedem verstanden wird.
>

>Ja, die Wörter "Glühbirne" und "Schraubenzieher" sind auch solche.

Na da wär ich bei letzterem nicht so sicher. Heißt das nicht in weiten
Teilen 'Schraubendreher' (welches wiederum hierorts nicht verstanden
wird).

>Ich habe mit dem Begriff "Selbstmord" kein Problem; ich werd davon nicht
>sorgfältig (Dieses Wort bedeutet doch: Die Stirn voll Sorgenfalten haben
>-- oder etwa nicht?)

Ich auch nicht. Nette Begrifflichkeit übrigens ;-)

Gruß,
daPeda

Reinhard Gonaus

unread,
Nov 18, 2002, 9:05:21 AM11/18/02
to
On Mon, 18 Nov 2002 12:47:16 +0100, Wolf Busch <tei...@web.de> wrote:

>Daß ein Selbstmord kein Mord im juristischen Sinne ist, dürfte wohl
>jedem klar sein. Ich habe auch nicht den Eindruck, daß »Selbstmord«
>irgendwie abwertend verwendet wird, das ist eben die übliche
>Bezeichnung.
>
>Man müßte konsequenterweise auch »Selbstmörder« durch »Suizidant«
>ersetzen, was schon sehr hochgestochen klingt.
>

Ach, weißt du, ...
Ist einer, der sich selbst getötet hat, ein Selbstmörder?
Nein. Ein Toter.
Manche Wörter sind so überflüssig wie ein Kropf.
Es gibt sie trotzdem. Kröpfe gibt's ja auch.
Ich werd im Allgemeinen nicht alles, was so gesagt wird, oder was ich
so sage, auf die Goldwaage legen. Und wenn's im Zusammenhang störend
ist, den Toten mit dem Wort -mord in Zusammenhang zu bringen, wird
sich's irgendwie vermeiden lassen. Normalerweise sag ich sowieso "Er
hot si hamdraht."

Reinhard
--
Dieses, unser Leben, wem kann ich es vergleichen?
Dem Spiegelbild des Mondes in einem Tropfen Tau,
glitzernd am Schnabel der wilden Ente.
(Dogen Zenji)

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 9:21:22 AM11/18/02
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:

>Normalerweise sag ich sowieso "Er hot si hamdraht."

Auch wenn's ein naher Verwandter von dir, z.B. dein Vater, war?


Gruß,
daPeda

Reinhard Gonaus

unread,
Nov 18, 2002, 9:51:39 AM11/18/02
to
On Mon, 18 Nov 2002 15:21:22 +0100, Peter Gruendler <use...@hnet.at>
wrote:

>Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:
>
>>Normalerweise sag ich sowieso "Er hot si hamdraht."
>
>Auch wenn's ein naher Verwandter von dir, z.B. dein Vater, war?
>

Der lebt noch.
Dort, wo man mich versteht, red ich sicher so. Es kommt mir dabei auf
den Wortbestandteil "ham-" an, der soviel wie "heim-" bedeutet und
eine Aussage über das vermutliche Ergebnis gedachten Vorgangs enthält,
neben dem Anklang, dass dessen Einleitung nicht ganz in Ordnung war.
Ich wüsste kein Vokabel, das dies prägnanter ausdrücken könnte.

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 11:11:26 AM11/18/02
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:

>>>Normalerweise sag ich sowieso "Er hot si hamdraht."
>>Auch wenn's ein naher Verwandter von dir, z.B. dein Vater, war?
>Der lebt noch.
>Dort, wo man mich versteht, red ich sicher so.

Ich sag (seit mein vater vor zwei Monaten auf diese Weise starb) eher
'umbrocht', was mir irgendwie etwas respektvoller erscheint
(wahrscheinlich ist es das eh net).

>neben dem Anklang, dass dessen Einleitung nicht ganz in Ordnung war.
>Ich wüsste kein Vokabel, das dies prägnanter ausdrücken könnte.

Du kennst sicher eh dem Neuwirth sein Lied (das mit ummegstondn,
Potschn gstreckt, etc.)!


Gruß,
daPeda

Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 18, 2002, 11:27:23 AM11/18/02
to
Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:

> Der Selbsthinrichtungs-thread hat mich jetzt an eine Information
> erinnert, die aus gegebenem Anlass in meiner Familie aufgetaucht ist:
>
> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.

Diese Auffassung ist mir seit ca. 30 Jahren bekannt.


>
> Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
> etwas gegen die sinnvolle Erweiterung der deutschsprachigen
> Begriffswelt durch Fremdwörter aus jedweder Sprache. In diesem Fall
> allerdings fehlt mir die Sinnhaftigkeit.

Was Dir Probleme bereitet, ist nicht zwingende Alternative
"Selbstmord" -- "Suicid".

Der Gegensatz
"Selbstmord" -- "Selbsttötung"
macht Dir vermutlich weniger Schwierigkeiten.


>
> Es gibt ein deutsches Wort, das von jedem verstanden wird. Die
> Begriffsbildung ist also eindeutig. Das sehe ich unabhängig von der
> Semantik der einzelnen Stammwörter. Dass hier durch die Semantik von
> 'Mord' eine juridische Gegebenheit impliziert wird, glaube ich nicht.
> Nebenbei wäre ggf. Selbsttötung ein adäquater Ersatz für Selbstmord
> und Suizid daher auch nicht nötig.

Die Absicht, nicht mehr von "Mord" zu sprechen, trägt der Überlegung
Rechnung, daß die Selbstötung nicht aus niedrigen Beweggründen geschah.
Man hat aber früher -- und heute mancherorts sicher auch noch -- der
Selbstötung niedrige Beweggründe nachgesagt, was dadurch belegt ist, daß
die "Selbstmörder" nicht auf dem Friedhof bestattet worden sind. Das
sehen halbwegs aufgeklärte Menschen heute anders und wollen nun sagen,
was sie sehen.
Im Wort "Selbstmord" steckt durchaus die Annahme eines Verbrechens,
traditionell sogar ein besonders schweres, das über den Tod hinaus
bestraft werden muß.

Daß man bei der Suche nach einem besseren Wort statt auf "Selbsttötung"
auf "Suicid" verfallen ist, hat damit zu tun, daß der Alternativausdruck
aus Fachsprachen stammt, und die sind nun mal gespickt mit Fremdwörtern.

Neben "Selbsttötung", dem wohl neutralen Ausdruck, der ohne Anleihen ans
Lateinische auskommt, ist noch "Freitod" geläufig. Dieses Wort trifft m.
E. nur bestimmte Fälle, auf keinen Fall aber solche, in denen sich die
Menschen aus Verzweiflung von einem Hochhaus stürzen o. ä.

Eine kurze Überprüfung des Wortgebrauchs bei Alltheweb ergibt:
Selbstmord: 163255
Suizid: 64571
Freitod: 24746
Selbsttötung: 8982
Suicid: 1375 (oft in Zitaten oder Übersetzungen)

Das Ergebnis ist so natürlich nur bedingt aussagekräftig, da unter
"Selbstmord" auch die Seiten mitgerechnet sind, in denen der Begriff
abgelehnt wird.

Ralf

Matthias Opatz

unread,
Nov 18, 2002, 11:52:24 AM11/18/02
to
Ralf Heinrich Arning schrieb:

> Der Gegensatz
> "Selbstmord" -- "Selbsttötung"
> macht Dir vermutlich weniger Schwierigkeiten.

Dieser Unterschied (nicht Gegensatz) hat praktisch wenig Relevanz.
Selbstmord ist für mich, wenn einer seinem Leben absichtlich
(auf welchem Weg auch immer) ein Ende bereitet.
Selbsttötung ist für mich, wenn einer seinem Leben absichtlich
*oder* unabsichtlich ein Ende bereitet.
Da der unabsichtliche Fall unter "Unfall" verbreitet ist und
auch nicht mit "Suizid" gemeint ist, spielt der Unterschied
beider Begriffe - auf den reinen Fakt bezogen - im wirklichen
Leben kaum eine Rolle.
Selbsttötung ist - auf die Bewertung bezogen - aber eine
Abschwächung im Urteil (so überhaupt eines mitschwingt, oft
steht "Selbstmord" im Kontext ohne jeglichen Vorwurf).

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 12:49:38 PM11/18/02
to
Muell...@despammed.com (Ralf Heinrich Arning) schrieb:

>> Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
>

>Was Dir Probleme bereitet, ist nicht zwingende Alternative
>"Selbstmord" -- "Suicid".
>
>Der Gegensatz
>"Selbstmord" -- "Selbsttötung"
>macht Dir vermutlich weniger Schwierigkeiten.

Ich verstehe nicht, was du mit obigen beiden Sätzen aussagen willst.

>Neben "Selbsttötung", dem wohl neutralen Ausdruck, der ohne Anleihen ans
>Lateinische auskommt, ist noch "Freitod" geläufig.

Genau, eigentlich geläufiger als Selbsttötung, wie ja auch deine Suche
ergeben hat.


Gruß,
daPeda

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 12:52:05 PM11/18/02
to
Martin Gerdes <martin...@gmx.de> schrieb:

>Eben. Ein Schraubenzieher ist ein Instrument, mit dem man Schrauben
>andrehen, aber dann auch anziehen kann.
>Es hat mal Zeiten gegeben, als die diesbezügliche Diskussion hierzugroup
>zum Tagesgeschäftnf gehörte.

Ich weiß, hab ich noch mitbekommen.

Übrigens: ein Akronym, dass hier sehr gebräuchlich ist und auf 'nf'
endet:
BANF (= Bestellanforderung).
Wird von manchen auch in verschiedensten Formen verwendet: Banfen,
gebanft, etc.


Gruß,
daPeda

Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 18, 2002, 2:10:03 PM11/18/02
to
Matthias Opatz <use0...@onlinehome.de> wrote:

> Ralf Heinrich Arning schrieb:
>
> > Der Gegensatz
> > "Selbstmord" -- "Selbsttötung"
> > macht Dir vermutlich weniger Schwierigkeiten.
>
> Dieser Unterschied (nicht Gegensatz) hat praktisch wenig Relevanz.
> Selbstmord ist für mich, wenn einer seinem Leben absichtlich
> (auf welchem Weg auch immer) ein Ende bereitet.
> Selbsttötung ist für mich, wenn einer seinem Leben absichtlich
> *oder* unabsichtlich ein Ende bereitet.

Letzteres würde ich nie so ausdrücken. Wer unabsichtlich ums Leben
kommt, hat sich das leben nicht genommen, hat sich nicht getötet.

> Da der unabsichtliche Fall unter "Unfall" verbreitet ist und
> auch nicht mit "Suizid" gemeint ist, spielt der Unterschied
> beider Begriffe - auf den reinen Fakt bezogen - im wirklichen
> Leben kaum eine Rolle.
> Selbsttötung ist - auf die Bewertung bezogen - aber eine
> Abschwächung im Urteil (so überhaupt eines mitschwingt,

Genau, das ist der Punkt. Das Wort ist neutral, so wie auch "Suizid"
neutral sein soll. Diese beiden Wörter halte ich für austauschbar. Man
kann lediglich feststellen, daß "Selbsttötung" weniger verbreitet ist.


>
> oft steht "Selbstmord" im Kontext ohne jeglichen Vorwurf).

Wenn in manchen Fachkreisen, wo mit dem Problem mit Überlegung behandelt
werden muß (s. Ausgangsposting), das Wort "Selbstmord" abgelehnt wird,
dann deshalb, weil es für falsch und unpassend gehalten wird. Der
"Selbstmord" ist keine besondere Art von Mord. Aus dieser Sicht ist die
Verwendung des Wortes ein Fehler, auch wenn in den Alltagszusammenhängen
der Fehler nicht gemacht werden sollte. Aber welcher Fehler wird schon
absichtlich gemacht?

Ralf

Lars Bräsicke

unread,
Nov 18, 2002, 2:12:38 PM11/18/02
to
Martin Gerdes schrieb:
> Wolf Busch <tei...@web.de> schrieb:

>
>> Man müßte konsequenterweise auch »Selbstmörder« durch »Suizidant«
>> ersetzen, was schon sehr hochgestochen klingt.
>
> Und wie müßte man dann einen "selbstmörderischen Fahrstil"
> umformulieren? "Suizidal" paßt ja nicht.

Warum nicht?
ein suizidaler Fahrstil...
Das klingt noch gefährlicher.

Lars


Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 18, 2002, 3:00:38 PM11/18/02
to
Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:

> Muell...@despammed.com (Ralf Heinrich Arning) schrieb:
>
> >> Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
> >
> >Was Dir Probleme bereitet, ist nicht zwingende Alternative

^
die


> >"Selbstmord" -- "Suicid".
> >
> >Der Gegensatz
> >"Selbstmord" -- "Selbsttötung"
> >macht Dir vermutlich weniger Schwierigkeiten.
>
> Ich verstehe nicht, was du mit obigen beiden Sätzen aussagen willst.
>

Im ersten Fall wurde nicht nur das Wort "Selbstmord" ersetzt, sondern
als Ersatz auch noch ein Fremdwort gewählt.

Im zweiten Fall wurde kein Fremdwort gewählt, so daß Du Dich nicht an
einem Fremdwort stoßen mußt und es Dir andererseits deutlicher wird, daß
man nicht mehr "Mord" nennen will, was kein Mord ist.

Ralf

Diedrich Ehlerding

unread,
Nov 18, 2002, 3:32:18 PM11/18/02
to
Peter Gruendler meinte:


> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.
>
> Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
> etwas gegen die sinnvolle Erweiterung der deutschsprachigen
> Begriffswelt durch Fremdwörter aus jedweder Sprache. In diesem Fall
> allerdings fehlt mir die Sinnhaftigkeit.
>
> Es gibt ein deutsches Wort, das von jedem verstanden wird. Die
> Begriffsbildung ist also eindeutig. Das sehe ich unabhängig von der
> Semantik der einzelnen Stammwörter. Dass hier durch die Semantik von
> 'Mord' eine juridische Gegebenheit impliziert wird, glaube ich nicht.
> Nebenbei wäre ggf. Selbsttötung ein adäquater Ersatz für Selbstmord
> und Suizid daher auch nicht nötig.
>
> Wie seht ihr das?

Genauso wie Du, und im übrigen sehe ich den Ersatz von "Selbstmord"
durch "Suizid" als den Versuch, erstens politisch korrekt zu sein oder
zweitens die moralische (Ab)wertung dieser Handlung, die im Begriff
"Mord" angeblich oder tatsächlich steckt, zu vermeiden; also den
versuch, die Semantik zu ändern.

Natürlich ist es legitim, ein anderes Wort zu benutzen, um andere
Bedeutung zu transportieren, und sei es nur in Nuancen andere. Aber
hier scheint es mir darum zu gehen, denjenigen, die den Selbstmord
moralisch verurteilen, die Möglichkeit zu nehmen, diese Ansicht auch
auszudrücken.

Diedrich
--
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Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 4:05:55 PM11/18/02
to
Muell...@despammed.com (Ralf Heinrich Arning) schrieb:

>Im zweiten Fall wurde kein Fremdwort gewählt, so daß Du Dich nicht an


>einem Fremdwort stoßen mußt und es Dir andererseits deutlicher wird, daß
>man nicht mehr "Mord" nennen will, was kein Mord ist.

Dann hatte ich dich doch richtig verstanden. Nun, in meinem OP sagte
ich ja schon, dass ich nichts gegen Fremdwörter habe, und dass ich sie
recht oft verstehe, kannst du als gegeben nehmen ;-)


Gruß,
daPeda

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 4:07:18 PM11/18/02
to
Diedrich Ehlerding <diedrich....@t-online.de> schrieb:

>Aber
>hier scheint es mir darum zu gehen, denjenigen, die den Selbstmord
>moralisch verurteilen, die Möglichkeit zu nehmen, diese Ansicht auch
>auszudrücken.

Wenn dies tatsächlich der Gedanke dahinter ist, kann ich ihn sogar
unterstützen. Danke für diesen klaren Denkansatz!

Gruß,
daPeda

Timo Nentwig

unread,
Nov 18, 2002, 4:10:03 PM11/18/02
to
Peter Gruendler wrote:
> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.
>
> Nun heißt 'Suizid' ja 'Selbsttötung'. Ich habe nicht grundsätzlich
> etwas gegen die sinnvolle Erweiterung der deutschsprachigen
> Begriffswelt durch Fremdwörter aus jedweder Sprache. In diesem Fall
> allerdings fehlt mir die Sinnhaftigkeit.
>
> Es gibt ein deutsches Wort, das von jedem verstanden wird. Die
[...]
> Wie seht ihr das?

Man nimmt inzwischen an, dass es bio-chemische neuronale Faktorem gibt, die
Menschen mehr oder wenigen anfällig für Selbstmord machen, ähnlich
Depressionen. Das Fremdwort Suizid hat man genommen, um diesen Fall klar zu
bezeichnen.

Für einen Psychiater ist Suizid und Selbstmord nicht dasselbe, Suizid ist
ein Fachbegriff.


Diedrich Ehlerding

unread,
Nov 18, 2002, 4:13:22 PM11/18/02
to
Peter Gruendler meinte:


>>Aber
>>hier scheint es mir darum zu gehen, denjenigen, die den Selbstmord
>>moralisch verurteilen, die Möglichkeit zu nehmen, diese Ansicht auch
>>auszudrücken.
>
> Wenn dies tatsächlich der Gedanke dahinter ist, kann ich ihn sogar
> unterstützen. Danke für diesen klaren Denkansatz!

Wobei immer noch "Selbsttötung" dem "Suizid" vorzuziehen wäre.

Und nein, ich kann /diesen/ Ansatz nicht unterstützen. Es mag
"Selbsttötung" verwenden, wer sich eben am "Selbstmord" stört. Aber wie
Du schon sagtest:

> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.

Ich nehme am "nur mehr ... werden möge", also der Vorschrift, nicht nur
anders zu schreiben, sondern auch anders zu denken, durchaus Anstoß.

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 4:33:20 PM11/18/02
to
Diedrich Ehlerding <diedrich....@t-online.de> schrieb:

>>>Aber
>>>hier scheint es mir darum zu gehen, denjenigen, die den Selbstmord
>>>moralisch verurteilen, die Möglichkeit zu nehmen, diese Ansicht auch
>>>auszudrücken.
>>
>> Wenn dies tatsächlich der Gedanke dahinter ist, kann ich ihn sogar
>> unterstützen. Danke für diesen klaren Denkansatz!

s.u.

>
>Wobei immer noch "Selbsttötung" dem "Suizid" vorzuziehen wäre.
>
>Und nein, ich kann /diesen/ Ansatz nicht unterstützen. Es mag
>"Selbsttötung" verwenden, wer sich eben am "Selbstmord" stört. Aber wie
>Du schon sagtest:
>
>> Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
>> darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.
>
>Ich nehme am "nur mehr ... werden möge", also der Vorschrift, nicht nur
>anders zu schreiben, sondern auch anders zu denken, durchaus Anstoß.

Ah! Jetzt verstehe ich deinen hier zuoberst zitierten Satz erst so,
wie du ihn offenbar meintest, nämlich mit der Kernaussage:
"...die Möglichkeit nehmen...", also einer Einschränkung der freien
Ausdrucksmöglichkeit durchaus vorstellbarer und nachvollziehbarer
(wenn auch nicht unbedingt von anderen zu akzeptierender oder gar zu
teilender) Einstellungen oder Emotionen.

Dann nehme ich in diesem Sinne aber auch meine Unterstützung des
Gedankens zurück.

Gruß,
daPeda

Michael Pronay

unread,
Nov 18, 2002, 5:14:51 PM11/18/02
to
Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:

> Selbsttötung ein adäquater Ersatz für Selbstmord
> und Suizid daher auch nicht nötig.

Jean Amery ("Diskurs über den Freitod", ca. 1976, iirc) hat schon vor
einem Vierteljahrhundert den Begriff "Freitod" statt "Selbstmord"
vorgeschlagen.

M.

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 18, 2002, 5:19:12 PM11/18/02
to
Peter Gruendler schrieb:

> Übrigens: ein Akronym, dass hier sehr gebräuchlich ist und auf 'nf'
> endet:
> BANF (= Bestellanforderung).
> Wird von manchen auch in verschiedensten Formen verwendet: Banfen,
> gebanft, etc.

Ah, Walldorfschüler? Aus der Szene gibt's noch ein paar mehr
merkwürdige Wendungen ...

- Sebastian

Peter Gruendler

unread,
Nov 18, 2002, 5:30:28 PM11/18/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

>> BANF (= Bestellanforderung).


>
>Ah, Walldorfschüler? Aus der Szene gibt's noch ein paar mehr
>merkwürdige Wendungen ...

Nein, keineswegs. Gibts hier tatsächlich in jeder größeren Firma. Ich
kam erstmals 1994 in der Sandoz damit in Kontakt.

Gruß,
daPeda

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 18, 2002, 5:33:57 PM11/18/02
to
Ralf Heinrich Arning schrieb:

> Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:
>
>> Es gibt ein deutsches Wort, das von jedem verstanden wird. Die
>> Begriffsbildung ist also eindeutig. Das sehe ich unabhängig von der
>> Semantik der einzelnen Stammwörter. Dass hier durch die Semantik von
>> 'Mord' eine juridische Gegebenheit impliziert wird, glaube ich nicht.
>> Nebenbei wäre ggf. Selbsttötung ein adäquater Ersatz für Selbstmord
>> und Suizid daher auch nicht nötig.
>
> Die Absicht, nicht mehr von "Mord" zu sprechen, trägt der Überlegung
> Rechnung, daß die Selbstötung nicht aus niedrigen Beweggründen geschah.
> Man hat aber früher -- und heute mancherorts sicher auch noch -- der
> Selbstötung niedrige Beweggründe nachgesagt, was dadurch belegt ist, daß
> die "Selbstmörder" nicht auf dem Friedhof bestattet worden sind.

Nein, so ist das nicht. Die Verweigerung einer kirchlichen Bestattung
beruht darauf, daß die Kirchen den Selbstmord ablehnen, und zwar aus
theologischen Gründen: Verstoß gegen das 5. Gebot, Ablehnung des von
Gott gegebenen Geschenk des Lebens oder sowas. Mit "Mordlust,
Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstigen niedrigen
Beweggründen" (den ausreichenden, aber nicht notwendigen Bedingungen
für die Qualifikation als Mörder im Strafgesetzbuch) hat das nichts zu
tun.

Ohnehin entspricht diese sehr eingeschränkte Definition des Mörders,
die nur im Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland vorkommt, kaum
dem umgangssprachlichen Gebrauch.

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 18, 2002, 5:37:33 PM11/18/02
to
Diedrich Ehlerding schrieb:

> Natürlich ist es legitim, ein anderes Wort zu benutzen, um andere
> Bedeutung zu transportieren, und sei es nur in Nuancen andere. Aber
> hier scheint es mir darum zu gehen, denjenigen, die den Selbstmord
> moralisch verurteilen, die Möglichkeit zu nehmen, diese Ansicht auch
> auszudrücken.

Ein sonderlich nobles Unternehmen ist das allerdings kaum. Und
funktionieren wird es auch nicht, man gibt doch den Menschen erst die
Möglichkeit, indem man dem Ausdruck "Selbstmord" eine implizite
moralische Bedeutung unterstellt, die er eigentlich gar nicht hat!

- Sebastian

Holger Pollmann

unread,
Nov 18, 2002, 5:40:41 PM11/18/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

> Mit "Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder
> sonstigen niedrigen Beweggründen" (den ausreichenden, aber nicht
> notwendigen Bedingungen für die Qualifikation als Mörder im
> Strafgesetzbuch) hat das nichts zu tun.

Hmmm... meinst du "nicht notwendig", weil es ja auch noch die zweite und
dritte Gruppe der Mordmerkmale gibt, oder was?

--
( ROT-13 if you want to email me directly: uv...@ervzjrexre.qr )
"Demnächst ist Bundestagswahl, und ganz Deutschland hat Angst, sich zu
verwählen. Denn: als wir uns das letzte Mal verwählt haben, kostete uns
das eine Einheit." -- Thomas Pommer in n-tv: Nachschlag, am 21.06.2002

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 18, 2002, 5:42:45 PM11/18/02
to
Peter Gruendler schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:
>
>>> BANF (= Bestellanforderung).
>>
>>Ah, Walldorfschüler?

Zur Erläuterung: Jemand, der in der Welt der in Walldorf bei
Heidelberg produzierten Software zu Hause ist.

>>Aus der Szene gibt's noch ein paar mehr
>>merkwürdige Wendungen ...
>
> Nein, keineswegs. Gibts hier tatsächlich in jeder größeren Firma.

Ja, SAP hat eben enorme Marktanteile :-)

> Ich kam erstmals 1994 in der Sandoz damit in Kontakt.

Und die hatten kein R/3 o. ä.?

- Sebastian

Matthias Opatz

unread,
Nov 18, 2002, 6:16:39 PM11/18/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

Ich schließe mich an in der Auffassung, dass der tatsächliche Gebrauch
des Wortes - nur darum geht es (wir hatten den Widerspruch von Wortsinn
und Wortgebrauch erst kürzlich mit "antisemitisch" durch) - in aller
Regel bewertungsfrei erfolgt.

Ebenso ist "Jemand hat sich umgebracht" (umbringen = ermorden) idR eine
sachliche Feststellung ohne unmittelbaren Vorwurf.

Mir scheint sogar, dass (gegenüber früheren Jahrhunderten) heute viel
eher zuerst an eine ausweglose Lage als Ursache und/oder ein Unglück
als Auslöser gedacht wird als an Schuldzuweisungen. Das ist aber eine
Vermutung, die ich nicht belegen kann.

Yvonne Steiner

unread,
Nov 18, 2002, 7:56:45 PM11/18/02
to
Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:

> Martin Gerdes <martin...@gmx.de> schrieb:
>
> >Eben. Ein Schraubenzieher ist ein Instrument, mit dem man Schrauben
> >andrehen, aber dann auch anziehen kann.
> >Es hat mal Zeiten gegeben, als die diesbezügliche Diskussion hierzugroup
> >zum Tagesgeschäftnf gehörte.
>
> Ich weiß, hab ich noch mitbekommen.
>
> Übrigens: ein Akronym, dass hier sehr gebräuchlich ist und auf 'nf'
> endet:
> BANF (= Bestellanforderung).

^^^^^^^^^^^^^^^^^^^

Ist das nicht fast wie doppelt gemoppelt?

ys

Yvonne Steiner

unread,
Nov 18, 2002, 7:57:13 PM11/18/02
to
Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:

> Übrigens: ein Akronym, dass hier sehr gebräuchlich ist und auf 'nf'
> endet:
> BANF (= Bestellanforderung).

Peter Gruendler

unread,
Nov 19, 2002, 12:18:09 AM11/19/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

>>>Ah, Walldorfschüler?
>
>Zur Erläuterung: Jemand, der in der Welt der in Walldorf bei
>Heidelberg produzierten Software zu Hause ist.

aha. daher die 'Andersschreibung'.

>> Nein, keineswegs. Gibts hier tatsächlich in jeder größeren Firma.
>Ja, SAP hat eben enorme Marktanteile :-)
>
>> Ich kam erstmals 1994 in der Sandoz damit in Kontakt.
>Und die hatten kein R/3 o. ä.?

Doch, doch. Aber die BANF gab's unabhängig davon schon lange vorher
und auch noch zu SAP-Zeiten als Zettel, weil die Prozesse
(menschlicherweise) nicht an die Software angepasst wurden.
Später kam dann die Umstellung auf BPCS mit vollem Umrühren aller
Prozesse, und nun gehen sie auf SAP zurück mit abermaliger Anpassung
der internen Abläufe.

Jaja, SAP macht die Menschen maschinlich.


Gruß,
daPeda

Peter Gruendler

unread,
Nov 19, 2002, 12:19:16 AM11/19/02
to
y...@swissonline.ch (Yvonne Steiner) schrieb:

Durchaus nicht. Eine BANF ist die gemäß Organisationshandbuch
gezeichnete Anforderung an den internen Einkauf, dass eine bestimmte
Ware zu kaufen sei.


Gruß,
daPeda

Peter Gruendler

unread,
Nov 19, 2002, 12:23:49 AM11/19/02
to
use0...@onlinehome.de (Matthias Opatz) schrieb:

>Ebenso ist "Jemand hat sich umgebracht" (umbringen = ermorden) idR eine
>sachliche Feststellung ohne unmittelbaren Vorwurf.
>
>Mir scheint sogar, dass (gegenüber früheren Jahrhunderten) heute viel
>eher zuerst an eine ausweglose Lage als Ursache und/oder ein Unglück
>als Auslöser gedacht wird als an Schuldzuweisungen. Das ist aber eine
>Vermutung, die ich nicht belegen kann.

Ergänzung: meist eine 'als ausweglos empfundene Lage'. Schwere
endogene Depressionen sind ein Beispiel dafür, andere kennen die
Psychiater sicher zuhauf.

Früher mag manchmnal (siehe den Begriff 'sich selbst gerichtet
habend') auch die Selbsttötung als Flucht vor der (hochnothpeinlichen,
erniedrigenden, langdauernden) gerichtlichen Verfolgung gewählt worden
sein - ein Umstand, dessen Grundlage in unserem europäischen
Rechtssystem gottseidank weitgehend entfallen ist.

Gruß,
daPeda

Michael Scheer

unread,
Nov 19, 2002, 3:08:45 AM11/19/02
to
Till Neumann <spam...@neubrich.de> schrieb:

> Mir auch. Aber möglicherweise ist es bei manchen dieser Gruppen Sinn
> der Sache, das Reizwort "Tötung" ganz verschwinden zu lassen, weil sie
> mit so abschreckenden Sachen nicht ihr Ziel fördern.

Das halte ich auch für ein sehr häufig auftretendes Motiv: Man möchte
sein Produkt, hier wäre es also z.B. die Psychologie, nicht in
schlechtem Licht baden.

Ein klarer, deutschsprachiger Begriff muß weichen und ein Begriff, der
aus unterschiedlichsten Gründen irgend etwas verschleiern soll, wird
hoffähig gemacht.

Viele Grüße
Michael, desd-Consultant.

Lothar Frings

unread,
Nov 19, 2002, 5:56:23 AM11/19/02
to
Wolf Busch tat kund:

> Peter Gruendler schrieb:


>
> > Verschiedene Gruppierungen (Psychologen, Juristen u.a.) legen Wert
> > darauf, dass Selbstmord künftig nur mehr Suizid genannt werden möge.
>

> Das würde ohnehin nur die Fachsprache betreffen, denn in der
> Alltagssprache ist »Selbstmord« schon viel zu lange eingebürgert.
> Daß ein Selbstmord kein Mord im juristischen Sinne ist, dürfte wohl
> jedem klar sein.

Leider sind aber gerade Juristen die einzige Berufsgruppe,
die alle anderen dazu zwingen können, ihre Fachsprache
zu übernehmen. Zum Beispiel im Fall "Soldaten sind Mörder" -
juristisch gesehen sind sie das halt nicht, und der
Slogan wurde dementsprechend "weggeklagt" [1].


-----
[1] Jaja, sogar "zurückgeklagt" habe ich schon gehört.

------------------------------------------------------------------------
Immer auf dem aktuellen Stand mit den Newsgroups von freenet.de:
http://newsgroups.freenet.de


Till Neumann

unread,
Nov 19, 2002, 5:24:20 AM11/19/02
to
Lothar Frings schrieb/wrote:

> Leider sind aber gerade Juristen die einzige Berufsgruppe,
> die alle anderen dazu zwingen können, ihre Fachsprache
> zu übernehmen. Zum Beispiel im Fall "Soldaten sind Mörder" -
> juristisch gesehen sind sie das halt nicht, und der
> Slogan wurde dementsprechend "weggeklagt"

Falsch. Vgl. http://www.uni-wuerzburg.de/dfr/bv093266.html

Gruß
Till
--
"And it ain't a fit night out for man nor beast." - Mr. Snavely

Lothar Frings

unread,
Nov 19, 2002, 6:31:57 AM11/19/02
to
Till Neumann tat kund:

> Lothar Frings schrieb/wrote:
>
> > Leider sind aber gerade Juristen die einzige Berufsgruppe,
> > die alle anderen dazu zwingen können, ihre Fachsprache
> > zu übernehmen. Zum Beispiel im Fall "Soldaten sind Mörder" -
> > juristisch gesehen sind sie das halt nicht, und der
> > Slogan wurde dementsprechend "weggeklagt"
>
> Falsch.

Nein, richtig.
Ich weiß natürlich, daß die Urteile inzwischen aufgehoben
wurden, nichtsdestoweniger wurde der Slogan, wie ich richtig
schrieb, ursprünglich weggeklagt, und zwar aus dem von mir
angeführten Grund.

Ein paar armselige Wichte, die den Kakao unbedingt trinken
mußten, durch den man sie gerade zog, versuchten es
damals sogar zeitweise mal mit "potentielle Mörder".

Till Neumann

unread,
Nov 19, 2002, 5:48:04 AM11/19/02
to
Lothar Frings schrieb/wrote:

>> Falsch.
>
> Nein, richtig.
> Ich weiß natürlich, daß die Urteile inzwischen aufgehoben
> wurden,

Ich sehe schon, dass du ein anderes Verständnis von falsch und richtig
hast als ich. Das liegt vielleicht daran, dass ich Jurist bin. Für
mich zählt das Endergebnis, und das ergibt sich aus dem BVerfG-Urteil,
das die Aussage erlaubt hat.

> nichtsdestoweniger wurde der Slogan, wie ich richtig
> schrieb, ursprünglich weggeklagt, und zwar aus dem von mir
> angeführten Grund.

"Weggeklagt" ist für eine strafrechtliche Verfolgung wie hier auch
nicht ganz passend. Der Grund war in jedem Fall, dass sich die
betroffene Gruppe mit dem Begriff "Mörder" beleidigt fühlt(e), und zwar
m. E. sehr zu Recht, auch wenn ich Tucholsky-Fan bin. Nur fanden die
Karlsruher halt, dass dies in der konkreten politischen
Auseinandersetzung hinzunehmen war.

Wo ist denn da die zwangsweise Übernahme der "Fachsprache"?

Till
--
"Oh, King, eh, very nice. And how d'you get that, eh? By exploiting the
workers! By 'anging on to outdated imperialist dogma which perpetuates
the economic and social differences in our society." - Dennis

Lothar Frings

unread,
Nov 19, 2002, 7:07:33 AM11/19/02
to
Till Neumann tat kund:

> Lothar Frings schrieb/wrote:
>
> >> Falsch.
> >
> > Nein, richtig.
> > Ich weiß natürlich, daß die Urteile inzwischen aufgehoben
> > wurden,
>
> Ich sehe schon, dass du ein anderes Verständnis von falsch und richtig
> hast als ich.

"Falsch" it für mich eine Aussage, die nicht stimmt.
Meine Aussage war, daß dieser Ausspruch von einem
Gericht verboten worden ist.
Falsch oder richtig?

Außerdem hätte damals jemand bestraft werden können,
der gegen das Verbot verstoßen hätte - falsch oder richtig?

> Das liegt vielleicht daran, dass ich Jurist bin.

Ganz bestimmt sogar.

> Für
> mich zählt das Endergebnis, und das ergibt sich aus dem BVerfG-Urteil,
> das die Aussage erlaubt hat.

Das heißt - man kann nicht sagen "das und das ist verboten", solange
das entsprechende Urteil noch nicht beim BVerfG war?
Solange kennt man schließlich das Endergebnis noch nicht.

> Der Grund war in jedem Fall, dass sich die
> betroffene Gruppe mit dem Begriff "Mörder" beleidigt fühlt(e), und
>zwar
> m. E. sehr zu Recht, auch wenn ich Tucholsky-Fan bin.

Ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Mafia-Auftragskiller
und einem Soldaten. Nur mordet der eine auf Befehl und für Geld,
der andere - ähm - auch.

> Wo ist denn da die zwangsweise Übernahme der "Fachsprache"?

S. o. - da ein Soldat juristisch kein Mörder ist, durfte das Wort
auch in der Umgangssprache nicht für ihn verwendet werden.

Till Neumann

unread,
Nov 19, 2002, 7:47:54 AM11/19/02
to
Lothar Frings schrieb/wrote:

> "Falsch" it für mich eine Aussage, die nicht stimmt.
> Meine Aussage war, daß dieser Ausspruch von einem
> Gericht verboten worden ist.
> Falsch oder richtig?

Falsch, weil nicht endgültig bzw. rechtskräftig. Dein Punkt ist
gerade, dass die Juristen die Sprache oktroyieren. Dann musst du dir
schon gefallen lassen, dass die höchste Instanz zählt und nicht
irgendwelche anderen, wenn ich deren Urteile auch durchaus nicht
verkehrt finde.


>
> Das heißt - man kann nicht sagen "das und das ist verboten", solange
> das entsprechende Urteil noch nicht beim BVerfG war?
> Solange kennt man schließlich das Endergebnis noch nicht.

Das kennt man bei Rechtskraft, und das kann - muss aber nicht - schon
nach der ersten Instanz so sein.



>> Der Grund war in jedem Fall, dass sich die
>> betroffene Gruppe mit dem Begriff "Mörder" beleidigt fühlt(e), und
>>zwar
>> m. E. sehr zu Recht, auch wenn ich Tucholsky-Fan bin.
>
> Ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Mafia-Auftragskiller
> und einem Soldaten. Nur mordet der eine auf Befehl und für Geld,
> der andere - ähm - auch.

Darfst du ja finden, sagt das BVerfG.


>
>> Wo ist denn da die zwangsweise Übernahme der "Fachsprache"?
>
> S. o. - da ein Soldat juristisch kein Mörder ist, durfte das Wort
> auch in der Umgangssprache nicht für ihn verwendet werden.

Der "Umgangssprache" war und ist die Entscheidung ziemlich egal. Es
ging ausschließlich darum, ob es öffentlich propagiert werden durfte,
und zwar mit dem Ergebnis, dass es durfte. Dadurch, dass du das Recht
hast, es auf Soldaten anzuwenden oder nicht, ändert sich die Bedeutung
des Wortes "Mörder" überhaupt nicht.

Im übrigen war es gerade das Ziel des Betroffenen (und deines), durch
diese Aussage Soldaten mit jenem Unwerturteil zu versehen, den das Wort
"Mörder" juristisch ausdrückt. Vielleicht bist du da ja den Juristen
auf den Leim gegangen...

Till Neumann

unread,
Nov 19, 2002, 8:23:33 AM11/19/02
to
Lothar Frings schrieb/wrote:

> daß die bisherigen
> Mörder dann "Schlimmtöter" heißen,

Schöne Wortschöpfung... aber so... so... *unjuristisch*!

Lothar Frings

unread,
Nov 19, 2002, 9:19:42 AM11/19/02
to
Till Neumann tat kund:

> Lothar Frings schrieb/wrote:

> > Ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Mafia-Auftragskiller


> > und einem Soldaten. Nur mordet der eine auf Befehl und für Geld,
> > der andere - ähm - auch.
>
> Darfst du ja finden, sagt das BVerfG.

Na, soweit sind wir noch nicht, daß einem irgendwelche
Richter vorschreiben, was man finden darf. Schlimm genug,
daß sie uns vorschreiben, was wir sagen dürfen.

> >
> >> Wo ist denn da die zwangsweise Übernahme der "Fachsprache"?
> >
> > S. o. - da ein Soldat juristisch kein Mörder ist, durfte das Wort
> > auch in der Umgangssprache nicht für ihn verwendet werden.
>
> Der "Umgangssprache" war und ist die Entscheidung ziemlich egal.

Aber nicht mehr, wenn man deswegen Strafe zahlen müßte.

> Im übrigen war es gerade das Ziel des Betroffenen (und deines), durch
> diese Aussage Soldaten mit jenem Unwerturteil zu versehen, den das
>Wort
> "Mörder" juristisch ausdrückt.

Auf keinen Fall. Juristische Dinge sind mir ein Greuel,
und wenn die Juristen nächste Woche beschließen, daß die bisherigen
Mörder dann "Schlimmtöter" heißen, werde ich sie - und Soldaten -
immer noch Mörder nennen.

Wolf Busch

unread,
Nov 19, 2002, 9:09:31 AM11/19/02
to
Ralf Heinrich Arning schrieb:

> Neben "Selbsttötung", dem wohl neutralen Ausdruck, der ohne Anleihen ans
> Lateinische auskommt, ist noch "Freitod" geläufig. Dieses Wort trifft m.
> E. nur bestimmte Fälle, auf keinen Fall aber solche, in denen sich die
> Menschen aus Verzweiflung von einem Hochhaus stürzen o. ä.

»Freitod« ist positiv konnotiert, dieses Wort verwendet man wohl
vor allem dann, wenn man ein gewisses Verständis dafür hat, daß
sich jemand umgebracht hat. Der Tod wird hier als bewußte
Entscheidung eines freien Menschen dargestellt. Man sagt: »er wählte
den Freitod«, nicht etwa »in seiner Verzweiflung flüchtete er sich
in den Freitod«. Außerdem gibt es noch den »Opfertod«: jemand opfert
sein Leben, um andere zu retten. Dieser Tod muß allerdings nicht
zwangsläufig durch eigene Hand geschehen.

> Eine kurze Überprüfung des Wortgebrauchs bei Alltheweb ergibt:
> Selbstmord: 163255
> Suizid: 64571
> Freitod: 24746
> Selbsttötung: 8982
> Suicid: 1375 (oft in Zitaten oder Übersetzungen)

Die »Selbstentleibung« kommt immerhin noch 161mal vor. Früher
wurde im gleichen Sinne auch das einfache »Entleibung« verwendet,
dieses Wort ist sogar noch etwas älter als »Selbstmord«.

Es gibt außerdem noch das Fremdwort »Autochirie«, was bei Alltheweb
allerdings nur einmal gefunden wird. Der Autochir kommt auch nicht
viel häufiger vor.

Schöne Grüße,
Wolf


Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 19, 2002, 9:56:17 AM11/19/02
to
Sebastian Koppehel <ba...@bastisoft.de> wrote:

> Ralf Heinrich Arning schrieb:


> >
> > Die Absicht, nicht mehr von "Mord" zu sprechen, trägt der Überlegung
> > Rechnung, daß die Selbstötung nicht aus niedrigen Beweggründen geschah.
> > Man hat aber früher -- und heute mancherorts sicher auch noch -- der
> > Selbstötung niedrige Beweggründe nachgesagt, was dadurch belegt ist, daß
> > die "Selbstmörder" nicht auf dem Friedhof bestattet worden sind.
>
> Nein, so ist das nicht. Die Verweigerung einer kirchlichen Bestattung
> beruht darauf, daß die Kirchen den Selbstmord ablehnen, und zwar aus
> theologischen Gründen: Verstoß gegen das 5. Gebot, Ablehnung des von
> Gott gegebenen Geschenk des Lebens oder sowas.

Wenn das -- in der Sicht mancher Theologen -- kein niedriger Beweggrund
ist!

> Mit "Mordlust,
> Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstigen niedrigen
> Beweggründen" (den ausreichenden, aber nicht notwendigen Bedingungen
> für die Qualifikation als Mörder im Strafgesetzbuch) hat das nichts zu
> tun.

"Mord" schließt in beiden Vorstellungen schwere Schuld ein. Das ist das
Entscheidende.


>
> Ohnehin entspricht diese sehr eingeschränkte Definition des Mörders,
> die nur im Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland vorkommt, kaum
> dem umgangssprachlichen Gebrauch.

Ist das Strafrecht in diesem Punkt in Österreich und der Schweiz anders?

Was den umgangsprachlichen Gebrauch des Wortes anbelangt, so habe ich
andere Vermutungen. Solche Fragen werden viel zu häufig in den Medien
behandelt, als daß grobe Kenntnisse von Mord, Totschlag, fahrlässiger
Tötung nicht verbreitet wären.

Ralf

Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 19, 2002, 9:56:16 AM11/19/02
to
Peter Gruendler <use...@hnet.at> wrote:

> Muell...@despammed.com (Ralf Heinrich Arning) schrieb:
>
> >Im zweiten Fall wurde kein Fremdwort gewählt, so daß Du Dich nicht an
> >einem Fremdwort stoßen mußt und es Dir andererseits deutlicher wird, daß
> >man nicht mehr "Mord" nennen will, was kein Mord ist.
>
> Dann hatte ich dich doch richtig verstanden. Nun, in meinem OP sagte
> ich ja schon, dass ich nichts gegen Fremdwörter habe, und dass ich sie
> recht oft verstehe, kannst du als gegeben nehmen ;-)

Ich hatte den Eindruck, das Fremdwort schien Dir in diesem Fall nicht
sinnvoll zu sein.

Ralf

Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 19, 2002, 9:56:17 AM11/19/02
to
Michael Pronay <pro...@gmx.at> wrote:

Du erinnerst Dich richtig:
Jean Améry, Hand an sich legen, Diskurs über den Freitod, Stuttgart:
Klett, 1976
(Vielfach neu aufgelegt.)

Das Wort "Freitod könnte aber älter sein.

Ralf

Lothar Frings

unread,
Nov 19, 2002, 11:14:43 AM11/19/02
to
Ralf Heinrich Arning tat kund:

> Sebastian Koppehel <ba...@bastisoft.de> wrote:

> > Nein, so ist das nicht. Die Verweigerung einer kirchlichen Bestattung
> > beruht darauf, daß die Kirchen den Selbstmord ablehnen, und zwar aus
> > theologischen Gründen: Verstoß gegen das 5. Gebot, Ablehnung des von
> > Gott gegebenen Geschenk des Lebens oder sowas.
>
> Wenn das -- in der Sicht mancher Theologen -- kein niedriger Beweggrund
> ist!

Das ist eigentlich der springende Punkt: "Niedrige Beweggründe"
werden je nach Zeit, Ort, Mode und nach dem Status des Tötenden
anders definiert. Wenn ich jemanden umbringe, um an sein
Geld zu kommen, ist das ein niedriger Beweggrund.
Wenn ein Präsident Tausende abschlachten läßt, um wiedergewählt
zu werden, nicht.

Peter Gruendler

unread,
Nov 19, 2002, 11:16:36 AM11/19/02
to
Muell...@despammed.com (Ralf Heinrich Arning) schrieb:

>> Dann hatte ich dich doch richtig verstanden. Nun, in meinem OP sagte


>> ich ja schon, dass ich nichts gegen Fremdwörter habe, und dass ich sie
>> recht oft verstehe, kannst du als gegeben nehmen ;-)
>
>Ich hatte den Eindruck, das Fremdwort schien Dir in diesem Fall nicht
>sinnvoll zu sein.

Das wiederum ist richtig :-)

Gruß,
daPeda

Wolf Busch

unread,
Nov 19, 2002, 11:53:04 AM11/19/02
to
Ralf Heinrich Arning schrieb:


> Jean Améry, Hand an sich legen, Diskurs über den Freitod, Stuttgart:
> Klett, 1976
> (Vielfach neu aufgelegt.)
>
> Das Wort "Freitod könnte aber älter sein.

Ist es auch. Im Paul steht: »1906 Mauthner«; im Pfeifer:
»Ende 19. Jh.«. 1883 verwendete Nietzsche den Ausdruck
»freier Tod« (im Zarathustra).

Im Duden steht »Freitod« seit der 11. Auflage, die erstmals 1934
erschien.

Schöne Grüße,
Wolf

Holger Pollmann

unread,
Nov 19, 2002, 12:39:10 PM11/19/02
to
Lothar Frings <lothar...@freenet.de> schrieb:

>> Wo ist denn da die zwangsweise Übernahme der "Fachsprache"?
>
> S. o. - da ein Soldat juristisch kein Mörder ist, durfte das Wort
> auch in der Umgangssprache nicht für ihn verwendet werden.

Noch mal, um das klar zu stellen: "Soldaten töten böse" oder so wäre
genau dasselbe.

Es kam in diesem Fall NICHT auf die juristische Bedeutung an - wenn ich
mich recht entsinne, haben die Gerichte sogar explizit nicht auf den
juristischen Gehalt, sondern auf den wertenden Gehalt abgestellt, der
sich eben aus dem Gebrauch in der Umgangssprache ergibt.

Reinhard Gonaus

unread,
Nov 19, 2002, 2:26:31 PM11/19/02
to
On Mon, 18 Nov 2002 17:11:26 +0100, Peter Gruendler <use...@hnet.at>
wrote:

>Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:
>
>>>>Normalerweise sag ich sowieso "Er hot si hamdraht."
>>>Auch wenn's ein naher Verwandter von dir, z.B. dein Vater, war?
>>Der lebt noch.
>>Dort, wo man mich versteht, red ich sicher so.
>
>Ich sag (seit mein vater vor zwei Monaten auf diese Weise starb) eher
>'umbrocht', was mir irgendwie etwas respektvoller erscheint
>(wahrscheinlich ist es das eh net).
>
>>neben dem Anklang, dass dessen Einleitung nicht ganz in Ordnung war.
>>Ich wüsste kein Vokabel, das dies prägnanter ausdrücken könnte.
>
>Du kennst sicher eh dem Neuwirth sein Lied (das mit ummegstondn,
>Potschn gstreckt, etc.)!
>
Kenn ich. Für mich haben solche Ausdrücke überhaupt nichts Abwertendes
an sich. Da ich aber weiß, dass das für viele anders ist, verwende ich
sie sehr selektiv. Wenn ichb aber das Gefühl habe, richtig verstanden
zu werden, kann ich ihnen kaum widerstehen.
In solchen Fällen beherrsche ich die Sprache nicht, sondern die
Sprache beherrscht mich.

Reinhard
--
Dieses, unser Leben, wem kann ich es vergleichen?
Dem Spiegelbild des Mondes in einem Tropfen Tau,
glitzernd am Schnabel der wilden Ente.
(Dogen Zenji)

Reinhard Gonaus

unread,
Nov 19, 2002, 2:27:38 PM11/19/02
to
On Mon, 18 Nov 2002 17:11:26 +0100, Peter Gruendler <use...@hnet.at>
wrote:

>Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:
>
>>>>Normalerweise sag ich sowieso "Er hot si hamdraht."
>>>Auch wenn's ein naher Verwandter von dir, z.B. dein Vater, war?
>>Der lebt noch.
>>Dort, wo man mich versteht, red ich sicher so.
>

>Ich sag (seit mein vater vor zwei Monaten auf diese Weise starb) (...)

Beinahe hätt ich's überlesen!
Mein herzliches Beileid!

Reinhard Gonaus

unread,
Nov 19, 2002, 2:28:49 PM11/19/02
to
On Mon, 18 Nov 2002 17:59:54 +0100, Martin Gerdes
<martin...@gmx.de> wrote:

>Wolf Busch <tei...@web.de> schrieb:
>
>>Man müßte konsequenterweise auch »Selbstmörder« durch »Suizidant«
>>ersetzen, was schon sehr hochgestochen klingt.
>
>Und wie müßte man dann einen "selbstmörderischen Fahrstil"
>umformulieren? "Suizidal" paßt ja nicht.
>
Bodenständig: Der foahrt wia a g'sengte Sau!

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 3:04:14 PM11/19/02
to
Peter Gruendler schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:


>
>>> Ich kam erstmals 1994 in der Sandoz damit in Kontakt.
>>Und die hatten kein R/3 o. ä.?
>
> Doch, doch. Aber die BANF gab's unabhängig davon schon lange vorher
> und auch noch zu SAP-Zeiten als Zettel, weil die Prozesse
> (menschlicherweise) nicht an die Software angepasst wurden.

Ah, nun gut. Ich kenne das Wort eigentlich nur aus der SAP-Welt.

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 3:19:43 PM11/19/02
to
Lothar Frings schrieb:

> Wolf Busch tat kund:


>
>> Das würde ohnehin nur die Fachsprache betreffen, denn in der
>> Alltagssprache ist »Selbstmord« schon viel zu lange eingebürgert.
>> Daß ein Selbstmord kein Mord im juristischen Sinne ist, dürfte wohl
>> jedem klar sein.
>
> Leider sind aber gerade Juristen die einzige Berufsgruppe,
> die alle anderen dazu zwingen können, ihre Fachsprache
> zu übernehmen.

Nein, eigentlich können sie das nicht mehr als andere auch.

> Zum Beispiel im Fall "Soldaten sind Mörder" -
> juristisch gesehen sind sie das halt nicht,

Nicht nur juristisch. Auch umgangssprachlich "morden" Soldaten nicht,
wenn sie im Gefecht andere Soldaten töten. Genau darum hat Tucholsky
ja damals diesen Satz geschrieben: "Soldaten sind Mörder." Er hätte
das nicht schreiben müssen, wenn das ohnehin allgemeine Ansicht
gewesen wäre. Zu Tuchsolkys Zeiten entsprach übrigens die
Tötungstätigkeit von Soldaten durchaus dem strafrechtlichen
Mordbegriff (Mord, absichtlich versus Totschlag, unabsichtlich).

Natürlich kann man die juristische Fachsprache nicht außer acht
lassen. Vorwürfe wie "X ist ein Mörder", "X ist ein Betrüger" usw.
sind in einer Gesellschaft, in der Mord und Betrug streng verfolgt und
geahndet werden, natürlich auch juristische Aussagen. Sicherlich tritt
die Umgangssprache, *wenn* es denn wichtige Unterschiede gibt,
dahinter nicht zurück, aber wenn man sich einfach dumm stellt und
sagt, was interessieren mich denn die Ausdrücke der Juristen, macht
man es sich wohl doch ein bißchen zu einfach.

> und der Slogan wurde dementsprechend "weggeklagt" [1].

Nein, er durfte weiterhin verwendet werden.

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 3:36:55 PM11/19/02
to
Holger Pollmann schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:
>

>> Mit "Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder
>> sonstigen niedrigen Beweggründen" (den ausreichenden, aber nicht
>> notwendigen Bedingungen für die Qualifikation als Mörder im
>> Strafgesetzbuch) hat das nichts zu tun.
>

> Hmmm... meinst du "nicht notwendig", weil es ja auch noch die zweite und
> dritte Gruppe der Mordmerkmale gibt, oder was?

Ja. Genauer gesagt heißt es in § 211 StGB ja:

"Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs,
aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder
grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere
Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

Man kann das so interpretieren:

Möglichkeit 1: aus niedrigen Motiven, grausam usw.
Möglichkeit 2: zur Verdeckung einer Straftat

Oder so:

Möglichkeit 1: aus niedrigen Motiven
Möglichkeit 2: grausam usw.
Möglichkeit 3: zur Verdeckung einer Straftat

SWIW ist letzteres der Fall.

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 3:31:46 PM11/19/02
to
Ralf Heinrich Arning schrieb:

> Sebastian Koppehel <ba...@bastisoft.de> wrote:
>> Ralf Heinrich Arning schrieb:
>> >
>> > Die Absicht, nicht mehr von "Mord" zu sprechen, trägt der Überlegung
>> > Rechnung, daß die Selbstötung nicht aus niedrigen Beweggründen geschah.
>> > Man hat aber früher -- und heute mancherorts sicher auch noch -- der
>> > Selbstötung niedrige Beweggründe nachgesagt, was dadurch belegt ist, daß
>> > die "Selbstmörder" nicht auf dem Friedhof bestattet worden sind.
>>
>> Nein, so ist das nicht. Die Verweigerung einer kirchlichen Bestattung
>> beruht darauf, daß die Kirchen den Selbstmord ablehnen, und zwar aus
>> theologischen Gründen: Verstoß gegen das 5. Gebot, Ablehnung des von
>> Gott gegebenen Geschenk des Lebens oder sowas.
>
> Wenn das -- in der Sicht mancher Theologen -- kein niedriger Beweggrund
> ist!

Ich habe doch noch gar keinen Beweggrund genannt. Beide Verurteilungen
(wobei m. W. grob gesagt die erste die katholische, die zweite die
protestantische ist) sind unabhängig von dem Grund, aus dem man sich
umbringt. Da kann man die besten Gründe haben, trotzdem gilt das 5.
Gebot und trotzdem ist das eigene Leben heilig. Deshalb lehnt die
Kirche ja auch ab, freiwillig den Märtyrertod zu suchen -- obwohl das
doch ohne Frage kein niedriges Motiv wäre.

>> Ohnehin entspricht diese sehr eingeschränkte Definition des Mörders,
>> die nur im Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland vorkommt, kaum
>> dem umgangssprachlichen Gebrauch.
>
> Ist das Strafrecht in diesem Punkt in Österreich und der Schweiz anders?

Ja, und in der DDR war es das auch. Und vor 1941 wurde in Deutschland
nur zwischen absichtlicher (Mord) und unabsichtlicher Tötung
(Totschlag) unterschieden.

> Was den umgangsprachlichen Gebrauch des Wortes anbelangt, so habe ich
> andere Vermutungen. Solche Fragen werden viel zu häufig in den Medien
> behandelt, als daß grobe Kenntnisse von Mord, Totschlag, fahrlässiger
> Tötung nicht verbreitet wären.

Grob dürften diese Kenntnisse allerdings sein.

- Sebastian

Ralf Heinrich Arning

unread,
Nov 19, 2002, 4:32:48 PM11/19/02
to
Sebastian Koppehel <ba...@bastisoft.de> wrote:

> Ralf Heinrich Arning schrieb:


>
> > Sebastian Koppehel <ba...@bastisoft.de> wrote:
> >> Nein, so ist das nicht. Die Verweigerung einer kirchlichen Bestattung
> >> beruht darauf, daß die Kirchen den Selbstmord ablehnen, und zwar aus
> >> theologischen Gründen: Verstoß gegen das 5. Gebot, Ablehnung des von
> >> Gott gegebenen Geschenk des Lebens oder sowas.
> >
> > Wenn das -- in der Sicht mancher Theologen -- kein niedriger Beweggrund
> > ist!
>
> Ich habe doch noch gar keinen Beweggrund genannt. Beide Verurteilungen
> (wobei m. W. grob gesagt die erste die katholische, die zweite die
> protestantische ist) sind unabhängig von dem Grund, aus dem man sich
> umbringt.

Analytisch ja, aber nicht sachlich.

> Da kann man die besten Gründe haben, trotzdem gilt das 5.
> Gebot und trotzdem ist das eigene Leben heilig. Deshalb lehnt die
> Kirche ja auch ab, freiwillig den Märtyrertod zu suchen -- obwohl das
> doch ohne Frage kein niedriges Motiv wäre.

Die "Niedrigkeit" besteht in der Abkehr vom fünften -- nach anderer
Zählung sechsten -- Gebot.


>
> >> Ohnehin entspricht diese sehr eingeschränkte Definition des Mörders,
> >> die nur im Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland vorkommt, kaum
> >> dem umgangssprachlichen Gebrauch.
> >
> > Ist das Strafrecht in diesem Punkt in Österreich und der Schweiz anders?
>
> Ja, und in der DDR war es das auch. Und vor 1941 wurde in Deutschland
> nur zwischen absichtlicher (Mord) und unabsichtlicher Tötung
> (Totschlag) unterschieden.

Wie wird denn in Österreich und der Schweiz unterschieden?
Dort wird doch sicherlich nicht jedes Töten gleich geahndet.


>
> > Was den umgangsprachlichen Gebrauch des Wortes anbelangt, so habe ich
> > andere Vermutungen. Solche Fragen werden viel zu häufig in den Medien
> > behandelt, als daß grobe Kenntnisse von Mord, Totschlag, fahrlässiger
> > Tötung nicht verbreitet wären.
>
> Grob dürften diese Kenntnisse allerdings sein.

Aber ausreichend, um von Unterschieden zu wissen. Das genügt.

Ralf

Holger Pollmann

unread,
Nov 19, 2002, 5:04:44 PM11/19/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

>>> Mit "Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder
>>> sonstigen niedrigen Beweggründen" (den ausreichenden, aber nicht
>>> notwendigen Bedingungen für die Qualifikation als Mörder im
>>> Strafgesetzbuch) hat das nichts zu tun.
>>
>> Hmmm... meinst du "nicht notwendig", weil es ja auch noch die
>> zweite und dritte Gruppe der Mordmerkmale gibt, oder was?
>
> Ja. Genauer gesagt heißt es in § 211 StGB ja:

> [...]

<grins> du mußt mir nicht § 211 erklären - das habe ich immerhin im 2.
Semester schon gelernt. Mich verwunderte eben nur deine Formulierung -
ich hätte nämlich von ntowendigen, aber nicht hinreichenden Bedingungen
gesprochen (weil man, wie grds. für alle Taten, nämlich noch Vorsatz
bräuchte).

Holger Pollmann

unread,
Nov 19, 2002, 5:07:29 PM11/19/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

>> Ist das Strafrecht in diesem Punkt in Österreich und der Schweiz
>> anders?
>
> Ja, und in der DDR war es das auch. Und vor 1941 wurde in
> Deutschland nur zwischen absichtlicher (Mord) und unabsichtlicher
> Tötung (Totschlag) unterschieden.

Nein.

Früher galt in Deutschland als Mord die Tötung mit sog. Vorbedacht -
darin steckt mehr als bloßer Vorsatz, sondern eben das Entwickeln eines
Plans. Damit war absichtliche Tötung im Affekt kein Mord, was er heute
durchaus sein kann.

Und m.W. hieß auch damals schon die sonstige, vorsätzliche Tötung
Totschlag, wohingegen die fahrlässige Tötung genau so bezeichnet wurde.
Wobei ich mir da, im Gegensatz zum Mord, nicht sicher bin.

Andreas Karrer

unread,
Nov 19, 2002, 5:16:46 PM11/19/02
to
* Ralf Heinrich Arning <Muell...@despammed.com>:

>> Ja, und in der DDR war es das auch. Und vor 1941 wurde in Deutschland
>> nur zwischen absichtlicher (Mord) und unabsichtlicher Tötung
>> (Totschlag) unterschieden.
>
> Wie wird denn in Österreich und der Schweiz unterschieden?
> Dort wird doch sicherlich nicht jedes Töten gleich geahndet.

In der CH ist, nach Brockhaus, die Rechtslage ähnlich wie in D.

In Ö ist es offenbar ähnlich wie in D vor 1941.

- Andi

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 6:00:39 PM11/19/02
to
Holger Pollmann schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:
>
>>>> Mit "Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder
>>>> sonstigen niedrigen Beweggründen" (den ausreichenden, aber nicht
>>>> notwendigen Bedingungen für die Qualifikation als Mörder im
>>>> Strafgesetzbuch) hat das nichts zu tun.
>>>
>>> Hmmm... meinst du "nicht notwendig", weil es ja auch noch die
>>> zweite und dritte Gruppe der Mordmerkmale gibt, oder was?
>>
>> Ja. Genauer gesagt heißt es in § 211 StGB ja:
>> [...]
>
> <grins> du mußt mir nicht § 211 erklären - das habe ich immerhin im 2.
> Semester schon gelernt.

Wenn ich schon über den Wortlaut spreche, dachte ich mir, zitiere ich
ihn besser auch gleich.

> Mich verwunderte eben nur deine Formulierung -
> ich hätte nämlich von ntowendigen, aber nicht hinreichenden Bedingungen
> gesprochen (weil man, wie grds. für alle Taten, nämlich noch Vorsatz
> bräuchte).

Ich sprach von einer ausreichenden Bedingung für die Qualifikation als
Mörder im Strafgesetzbuch. Und dort steht: "Mörder ist, ..."

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 6:06:53 PM11/19/02
to
Lothar Frings schrieb:

> Das ist eigentlich der springende Punkt: "Niedrige Beweggründe"
> werden je nach Zeit, Ort, Mode und nach dem Status des Tötenden
> anders definiert.

Natürlich spielt das Rechtsempfinden einer Zeit oder einer
Gesellschaft immer mit hinein. Eine Anzahl von Motiven ist allerdings
gleich direkt genannt: Mordlust, Geschlechtstrieb, Habgier.

> Wenn ich jemanden umbringe, um an sein
> Geld zu kommen, ist das ein niedriger Beweggrund.
> Wenn ein Präsident Tausende abschlachten läßt, um wiedergewählt
> zu werden, nicht.

Wer jemanden "abschlachten läßt", kann ohnehin nicht wegen Mordes
verurteilt werden. Aber das weißt du eh.

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 19, 2002, 6:08:01 PM11/19/02
to
Holger Pollmann schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:
>
>>> Ist das Strafrecht in diesem Punkt in Österreich und der Schweiz
>>> anders?
>>
>> Ja, und in der DDR war es das auch. Und vor 1941 wurde in
>> Deutschland nur zwischen absichtlicher (Mord) und unabsichtlicher
>> Tötung (Totschlag) unterschieden.
>
> Nein.
>
> Früher galt in Deutschland als Mord die Tötung mit sog. Vorbedacht -
> darin steckt mehr als bloßer Vorsatz, sondern eben das Entwickeln eines
> Plans. Damit war absichtliche Tötung im Affekt kein Mord, was er heute
> durchaus sein kann.

Ja, da habe ich mich ungenau ausgedrückt. Jedenfalls wurde zwischen
überlegter und unüberlegter Tötung unterschieden, was ja wohl ein sehr
altes Rechtsprinzip ist.

- Sebastian

Peter Gruendler

unread,
Nov 20, 2002, 1:39:14 AM11/20/02
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:

>Kenn ich. Für mich haben solche Ausdrücke überhaupt nichts Abwertendes
>an sich. Da ich aber weiß, dass das für viele anders ist, verwende ich
>sie sehr selektiv. Wenn ichb aber das Gefühl habe, richtig verstanden
>zu werden, kann ich ihnen kaum widerstehen.
>In solchen Fällen beherrsche ich die Sprache nicht, sondern die
>Sprache beherrscht mich.

geht mir ganz genauso!

Gruß,
daPeda

Peter Gruendler

unread,
Nov 20, 2002, 1:39:25 AM11/20/02
to
Reinhard Gonaus <er...@aon.at> schrieb:

>Mein herzliches Beileid!

Danke!

Lothar Frings

unread,
Nov 20, 2002, 4:27:24 AM11/20/02
to
Sebastian Koppehel tat kund:

> Lothar Frings schrieb:

> > Wenn ich jemanden umbringe, um an sein
> > Geld zu kommen, ist das ein niedriger Beweggrund.
> > Wenn ein Präsident Tausende abschlachten läßt, um wiedergewählt
> > zu werden, nicht.
>
> Wer jemanden "abschlachten läßt", kann ohnehin nicht wegen Mordes
> verurteilt werden. Aber das weißt du eh.

Das ist hier nicht das entscheidende.


Aber das weißt du eh.

------------------------------------------------------------------------

Lothar Frings

unread,
Nov 20, 2002, 4:39:04 AM11/20/02
to
Sebastian Koppehel tat kund:

> Lothar Frings schrieb:

> Natürlich kann man die juristische Fachsprache nicht außer acht


> lassen. Vorwürfe wie "X ist ein Mörder", "X ist ein Betrüger" usw.
> sind in einer Gesellschaft, in der Mord und Betrug streng verfolgt und
> geahndet werden, natürlich auch juristische Aussagen.

In einer Gesellschaft, die extrem "durchjuristisiert" ist, ja.

Ist Schröder ein Betrüger? Juristisch wohl nicht.
Hat man jemandem eine Idee gestohlen? Juristisch nicht.

Die Juristen nehmen sich normale Wörter der Umgangssprache,
geben ihnen eine definierte Bedeutung und verlangen dann,
daß man sie nur noch in dieser Bedeutung verwendet.
Das tut keine andere Berufsgruppe.

Uwe Schickedanz

unread,
Nov 20, 2002, 5:21:10 AM11/20/02
to
In <d6gera...@bastisoft.de> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel)
schrieb:

>Wer jemanden "abschlachten läßt", kann ohnehin nicht wegen Mordes
>verurteilt werden. Aber das weißt du eh.

Sicher? Ich dachte, genau dafür wurde der Int. Gerichtshof geschaffen?

Gruß Uwe

--
http://www.mc-kw-meerane.de
http://www.mc-kw-meerane.de/privat/index.html
In einer Zeit, in der Britney Spears 'I Love Rock'n'Roll' covert, muss man als rechtschaffener Mensch aufstehen und gegen das Übel in der Welt vorgehen! J.B.O. - Du bringst mich um

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 20, 2002, 6:37:10 AM11/20/02
to
Uwe Schickedanz schrieb:

> In <d6gera...@bastisoft.de> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel)
> schrieb:
>
>>Wer jemanden "abschlachten läßt", kann ohnehin nicht wegen Mordes
>>verurteilt werden. Aber das weißt du eh.
>
> Sicher? Ich dachte, genau dafür wurde der Int. Gerichtshof geschaffen?

Das ist gar nicht mal so falsch. Hat aber nichts mit dem StGB zu tun.

- Sebastian

Uwe Schickedanz

unread,
Nov 20, 2002, 9:56:47 AM11/20/02
to
In <65sfra...@bastisoft.de> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel)
schrieb:

>Das ist gar nicht mal so falsch. Hat aber nichts mit dem StGB zu tun.

Lothar wollte die unterschiedliche, offizielle Beurteilungsweise von
Tötungen herausstellen (Mord - Massenmord). Darauf schreibst Du: "Wer


jemanden "abschlachten läßt", kann ohnehin nicht wegen Mordes

verurteilt werden. ". Vom StGB stand da nichts.

Holger Pollmann

unread,
Nov 20, 2002, 11:46:44 AM11/20/02
to
Ralf Kusmierz <m...@privacy.net> schrieb:

> Als Nichtjurist muß ich auch mal feststellen, daß der §211 des
> (dt.) StGB sprachlich ein bißchen schwierig ist, wie andere
> Vorschriften darin, z. B. "Nötigung", übrigens auch. Was bedeutet
> denn bitte "heimtückisch"

Heimtückisch handelt jemand, der die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers
ausnutzt. Arglos ist das Opfer, wenn es nicht mit einem Angriff
rechnet; wehrlos dann, wenn es gerade aufgrund der Arglosigkeit nicht
in der Lage ist, sich gegen den Angriff zu verteidigen. Teilweise wird
auch noch verlangt, daß eine Ausnutzung einer besonderen
Vertrauensstellung zwischen Täter und Opfer vorliegt.

> oder "grausam"?

Grausam tötet, wer dem Opfer in gefühlloser unbarmherziger Gesinnung
Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach
Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen

Aber das meintest du jetzt wahrscheinlich nicht ;-)

Holger Pollmann

unread,
Nov 20, 2002, 11:47:20 AM11/20/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb:

>> Mich verwunderte eben nur deine Formulierung -
>> ich hätte nämlich von ntowendigen, aber nicht hinreichenden
>> Bedingungen gesprochen (weil man, wie grds. für alle Taten,
>> nämlich noch Vorsatz bräuchte).
>
> Ich sprach von einer ausreichenden Bedingung für die Qualifikation
> als Mörder im Strafgesetzbuch. Und dort steht: "Mörder ist, ..."

Ja, das nahm ich auch an - ich wollte nut sichergehen.

Till Neumann

unread,
Nov 20, 2002, 11:59:42 AM11/20/02
to
Holger Pollmann schrieb/wrote:

> Grausam tötet, wer dem Opfer in gefühlloser unbarmherziger Gesinnung
> Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach
> Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen

Langsam outen (sic) sich die Kollegen...

Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag entspringt offenbar dem
Gedanken, dass es halt schlimmere und weniger schlimme Tötungen gibt,
was den Grad der Schuld des Täters angeht. Nicht überall ist wie im
Deutschen der Begriff dafür ein anderer. Aber immerhin kennen auch
andere Rechtsordnungen Unterschiede: Murder One (First Degree) und
Murder Two, z. B. Die Abgrenzung muss nicht dieselbe sein, aber das
Prinzip ist es trotzdem.

Gruß
Till

--
"There's no reason to become alarmed, and we hope you'll enjoy the rest
of your flight. By the way, is there anyone on board who knows how to
fly a plane?" - Elaine Dickinson

Till Neumann

unread,
Nov 20, 2002, 12:03:40 PM11/20/02
to
Holger Pollmann schrieb/wrote:

>> Ich sprach von einer ausreichenden Bedingung für die Qualifikation
>> als Mörder im Strafgesetzbuch. Und dort steht: "Mörder ist, ..."
>
> Ja, das nahm ich auch an - ich wollte nut sichergehen.

Wobei diese Konzentration auf die Person des Täters ("Mörder ist,
wer...") den sonstigen Prinzipien des StGB eigentlich widerspricht und
nur deshalb dem Unwerturteil als Nazi-Vorschrift entgeht, weil auch
eine tatbezogene Defintion nichts am Ergebnis ändern würde. Trotzdem
ist es eine Ausnahme: Seht her, hier ist ein Mörder. Einen
definierten Dieb, Betrüger, Hehler etc. als Person gibt es hingegen
nicht.

Peter Gruendler

unread,
Nov 20, 2002, 4:54:40 PM11/20/02
to
Ralf Kusmierz <m...@privacy.net> schrieb:

>>>>> Normalerweise sag ich sowieso "Er hot si hamdraht."

>> 'umbrocht', was mir irgendwie etwas respektvoller erscheint

>> Du kennst sicher eh dem Neuwirth sein Lied (das mit ummegstondn,
>> Potschn gstreckt, etc.)!
>

>Euch ist schon klar, daß Ihr auf dem besten Weg zu d.e.s.d.at seid?

wer macht den RfD?

>"hamdraht" - man weiß nur nie so recht,
> was und wie sie's gerade gemeint haben).

Ach, da haben die Kameraden (?) kein Problem damit.
>
>Zum Subjekt:
>Du hast natürlich eigentlich kein sprachliches Problem,

davon geh ich in der Regel aus *g* + ;-) + SCNR

zum Rest: war sehr interessant zu lesen.


Gruß,
daPeda

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 20, 2002, 5:44:35 PM11/20/02
to
Uwe Schickedanz schrieb:

> In <65sfra...@bastisoft.de> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel)
> schrieb:
>
>>Das ist gar nicht mal so falsch. Hat aber nichts mit dem StGB zu tun.
>
> Lothar wollte die unterschiedliche, offizielle Beurteilungsweise von
> Tötungen herausstellen (Mord - Massenmord).

In erster Linie wollte er wohl ein wenig politisieren, wie er das
gerne gelegentlich tut. Was soll man denn auf so eine Bemerkung
entgegnen, wenn man sich nicht zum Schweigen entschließt? Soll ich aus
vagen Andeutungen einen politischen Standpunkt rekonstruieren und dazu
meine politische Meinung abgeben? Das wäre off-topic, hätte nichts mit
dem Thread zu tun, und im übrigen hatte ich dazu keine Lust. Also kann
ich ganz sachlich im juristischen Sinne auf die Behauptung eingehen,
und da scheitert die Verurteilung wegen Mordes, wie gesagt, schon
daran, daß ein Mörder nur jemand sein kann, der einen anderen tötet.

Beim internationalen Strafgerichtshof geht man davon aus, daß
Verbrechen wie Mord auch systematisch begangen werden können (was ja
vermutlich der Fall ist, wenn ein Vorsitzender Tausende abschlachten
läßt). (Man muß aber berücksichtigen, daß es dabei nicht um Mord i. S.
v. § 211 StGB der BRD geht.) Wer für so einen systematischen
Massenmord verantwortlich ist, begeht ebenfalls ein Verbrechen, zwar
keinen Mord i. e. S., aber ein sog. "Verbrechen gegen die
Menschlichkeit". Und über sowas verhandelt der internationale
Strafgerichtshof.

Davon abgesehen glaube ich, daß es einfach nicht stimmt, daß Machtgier
nicht als niedriges Motiv gelten würde. Wenn Johannes Rau nächstens
mit der Kalaschnikow durch die Bundesversammlung zöge, dann könnte er
auch wegen Mordes angeklagt werden (vorausgesetzt, der Bundestag höbe
seine Immunität auf), und dem Staatsanwalt bliebe dann der Nachweis
niedriger Motive vorbehalten. Eine Verurteilung wegen Totschlags wäre
bei sicherer Beweislage wohl mindestens drin.

Allerdings sind auch schon deutsche Politiker wegen Verbrechen gegen
die Menschlichkeit verurteilt worden - aber das dürfte ja allgemein
bekannt sein.

> Darauf schreibst Du: "Wer jemanden "abschlachten läßt", kann ohnehin
> nicht wegen Mordes verurteilt werden. ". Vom StGB stand da nichts.

Worüber diskutieren wir denn hier? Über "sonstige niedrige Motive"
oder nicht?

- Sebastian

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 20, 2002, 5:40:57 PM11/20/02
to
Till Neumann schrieb:

> Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag entspringt offenbar dem
> Gedanken, dass es halt schlimmere und weniger schlimme Tötungen gibt,
> was den Grad der Schuld des Täters angeht.

Ja, und es wird noch weiter differenziert: Minder schwerer Fall des
Totschlags, Tötung auf Verlangen, Schwangerschaftsabbruch, Aussetzung,
fahrlässige Tötung.

Nebenbei, es fordern ja immer wieder Leute die Abschaffung von § 218.
Würde der tatsächlich ersatzlos gestrichen, so griffe nach meinem
unmaßgeblichen Rechtsverständnis § 212, d. h. Totschlag -> mindestens
5 Jahre. Aber das meinen die Leute vermutlich nicht so ...

- Sebastian

Andreas Kabel

unread,
Nov 20, 2002, 6:18:31 PM11/20/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:

Dein Rechtsverstaendnis taeuscht Dich. Vor Beginn der Geburt hat man
es nicht mit einem Menschen im Sinne des StGB zu tun hat.

Uwe Schickedanz

unread,
Nov 20, 2002, 6:27:17 PM11/20/02
to
In <j83hra...@bastisoft.de> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel)
schrieb:

[mehr oder weniger meiner Meinung entsprechendes]


>Worüber diskutieren wir denn hier? Über "sonstige niedrige Motive"
>oder nicht?

Ursprünglich gings wohl mal um Leute, die sich entleiben.
Meine Ansichten bezgl. Weltpolitik und - in dem Zusammenhang
vielleicht interessant - Todesstrafe lassen sich nachgooglen. Es gab
da mal eine heftige Diskussion in dafddr. Wenn wir das aber vertiefen
wollen, sollten wir in eine geeignete Gruppe verlegen.

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 20, 2002, 8:03:16 PM11/20/02
to
Andreas Kabel schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:
>
>> Nebenbei, es fordern ja immer wieder Leute die Abschaffung von § 218.
>> Würde der tatsächlich ersatzlos gestrichen, so griffe nach meinem
>> unmaßgeblichen Rechtsverständnis § 212, d. h. Totschlag -> mindestens
>> 5 Jahre.
>
> Dein Rechtsverstaendnis taeuscht Dich. Vor Beginn der Geburt hat man
> es nicht mit einem Menschen im Sinne des StGB zu tun hat.

Ich glaube nicht, daß es einen "Menschen im Sinne des StGB" gibt. Was
es aber mal gab, war ein § 217, nach dem Mütter bestraft wurden, die
ihr Kind während oder gleich nach der Geburt töteten. Daraus folgte,
daß Schwangerschaftsabbruch nur bis zum Beginn der Geburt stattfinden
konnte - und daher auch jetzt, nach Wegfall des § 217, nur kann. Was
wäre aber, wenn § 218 wegfiele?

Im Web habe ich noch eine andere Definition gefunden:

| Eine Leibesfrucht kann auch dann, wenn sie vorzeitig zur Welt kommt,
| ein Mensch im Sinne des § 212 StGB sein. Ob sie es ist, hängt davon
| ab, ob sie unabhängig vom Leben der Mutter in menschlicher Weise
| lebt, sei es auch nur kurze Zeit (RG DR 1939, 365 Nr 13).

http://www.alpmann-schmidt.de/urteile/skript-strafrbt2/stra30tq.htm

(Die Tathergangsbeschreibung dort ist recht unschön, nur daß keiner
sagt, ich hätte ihn nicht gewarnt :-))

Mir will das aber nicht recht in den Sinn.

- Sebastian

Andreas Kabel

unread,
Nov 20, 2002, 8:42:49 PM11/20/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:

> Andreas Kabel schrieb:
>
>> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:
>>
>>> Nebenbei, es fordern ja immer wieder Leute die Abschaffung von § 218.
>>> Würde der tatsächlich ersatzlos gestrichen, so griffe nach meinem
>>> unmaßgeblichen Rechtsverständnis § 212, d. h. Totschlag -> mindestens
>>> 5 Jahre.
>>
>> Dein Rechtsverstaendnis taeuscht Dich. Vor Beginn der Geburt hat man
>> es nicht mit einem Menschen im Sinne des StGB zu tun hat.
>
> Ich glaube nicht, daß es einen "Menschen im Sinne des StGB" gibt.


> Was
> es aber mal gab, war ein § 217, nach dem Mütter bestraft wurden, die
> ihr Kind während oder gleich nach der Geburt töteten.

Das war eine lex specialis, die einer in der heutigen Lebenswelt wohl
kaum mehr vorkommenden (unehelich gebaerende Dienstmagd ist in einer
seelischen Ausnahmesituation) Situation Rechnung tragen sollte.

> Daraus folgte,
> daß Schwangerschaftsabbruch nur bis zum Beginn der Geburt stattfinden
> konnte - und daher auch jetzt, nach Wegfall des § 217, nur kann. Was
> wäre aber, wenn § 218 wegfiele?

Nix folgt daraus. Der Kindstoetungsparagraph war konsistent mit dem
auch sonst angenommenen Beginn des Menschseins mit dem Beginn der
Geburt; das heisst nicht, dass er sich mit dem Wegfall aendern wuerde.

> Im Web habe ich noch eine andere Definition gefunden:
>
> | Eine Leibesfrucht kann auch dann, wenn sie vorzeitig zur Welt kommt,
> | ein Mensch im Sinne des § 212 StGB sein.

"...zur Welt kommt".


Till Neumann

unread,
Nov 21, 2002, 4:54:21 AM11/21/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) schrieb/wrote:

> Ja, da habe ich mich ungenau ausgedrückt. Jedenfalls wurde zwischen
> überlegter und unüberlegter Tötung unterschieden, was ja wohl ein sehr
> altes Rechtsprinzip ist.

Das ist dann das, wo im Fernsehen immer von "vorsätzlichem Mord" die
Rede ist, als ob es auch anderen gäbe.

Till

--
"But being as this is a .44 Magnum, ... you've got to ask yourself one
question: Do I feel lucky? Well, do ya punk?" - Harry Callahan

Reinhard Gonaus

unread,
Nov 21, 2002, 2:59:46 PM11/21/02
to
On Wed, 20 Nov 2002 22:44:10 +0100, Ralf Kusmierz <m...@privacy.net>
wrote:

>>> neben dem Anklang, dass dessen Einleitung nicht ganz in Ordnung war.
>>> Ich wüsste kein Vokabel, das dies prägnanter ausdrücken könnte.


>> Du kennst sicher eh dem Neuwirth sein Lied (das mit ummegstondn,
>> Potschn gstreckt, etc.)!

>> Gruß,
>> daPeda


>
>Euch ist schon klar, daß Ihr auf dem besten Weg zu d.e.s.d.at seid?
>

Jo. Ist aber nicht machbar. Dazu ist das Sprachfeld denn doch zu klein
und zu stark in sich gegliedert. Dabrauchert mer ja eine group für die
Kärntner, die Nord- und die Osttiroler, die Waldviertler, die Wiener,
die Burgenländer, ... Und die Vorarlberger fallerten aus sämtlichen
Rahmen.

>"Umbrocht" versteht man noch so einigermaßen, "hamdraht" ist mir nicht mehr
>so ganz zugänglich, da verstehe ich die affektive Konnotation nämlich nicht
>(nicht, daß man die Kameraden akustisch nicht verstünde - das geht schon -


>man weiß nur nie so recht, was und wie sie's gerade gemeint haben).
>

Tja. So ist das mit Dialekten und Regiolekten. Dafür gibt's dann ja
die Standardsprache.

>Zum Subjekt:
>
>Du hast natürlich eigentlich kein sprachliches Problem, es sei denn, (...)
>
Also, ich hab da eigentlich überhaupt kein Problem. Ich red einfach
so, wie ich glaub, dass ich verstanden werde. Und wenn mein Gegenüber
die Nuancen meines Dialektes versteht, geb ich dem den Vorzug (Dem
Dialekt, nicht dem Gegenüber).

>Deshalb will ich mich auch nicht zu platten und deshalb nichtssagenden und
>eher formellen und hilflosen Beileidsbekundungen hinreißen lassen. Nach
>einem Todesfall in meiner Familie schrieb mir eine gute Freundin ganz
>ehrlich, daß sie in dieser Situation nicht die passenden Worte finden
>würde. Das ist auch ganz natürlich: es gibt sie nicht, nur Floskeln, und
>"mein Beileid" ist eine solche Floskel, vor allem deswegen, weil jemand, um
>"Beileid" zu empfinden (wie sollte er es denn sonst ausdrücken können?)
>eine Nähe zu den "Leidtragenden" haben muß, die der Fremde eben nicht hat.
>
Richtig. Eben dafür sind Floskeln da. Sie ermöglichen es, in einer
Situation, die sich sprachlichem Ausdruck an und für sich entzieht,
verbalen Kontakt aufzunehmen. Würden alle sagen, dass sie die
passenden Worte nicht finden können, wär das in kürzester Frist auch
eine Floskel. Ich bin erst vor einem Monat am offenen Grab meiner
Schwiegermutter gestanden und hab Beileidsfloskeln entgegengenommen.
Das ist in dieser Lage vollkommen angepasst und erleichtert die
Begräbnisteilnehmer. "Mein Beileid!" - "Danke" Ich stell mir vor, ich
müsste mich da mit um Worte Ringenden abgeben und selber um Worte
ringen.

Nein. Floskeln können ein Segen sein!

Reinhard
--
Dieses, unser Leben, wem kann ich es vergleichen?
Dem Spiegelbild des Mondes in einem Tropfen Tau,
glitzernd am Schnabel der wilden Ente.
(Dogen Zenji)

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 22, 2002, 5:15:46 PM11/22/02
to
Andreas Kabel schrieb:

> ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:
>>
>> Daraus folgte,
>> daß Schwangerschaftsabbruch nur bis zum Beginn der Geburt stattfinden
>> konnte - und daher auch jetzt, nach Wegfall des § 217, nur kann. Was
>> wäre aber, wenn § 218 wegfiele?
>
> Nix folgt daraus. Der Kindstoetungsparagraph war konsistent mit dem
> auch sonst angenommenen Beginn des Menschseins mit dem Beginn der
> Geburt; das heisst nicht, dass er sich mit dem Wegfall aendern wuerde.

Wo steht so etwas? Wie wird das begründet?

- Sebastian

Andreas Kabel

unread,
Nov 22, 2002, 5:26:25 PM11/22/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:

Wie wird *was* begruendet? Dass es sich bei Empryonen und Foeten nicht
um Menschen, wie sie in den Toetungsdeliktparagraphen des StGB
vorkommen, handelt, oder dass dies nicht durch den
Kindstoetungsparagraphen etabliert wurde?

Sebastian Koppehel

unread,
Nov 23, 2002, 7:05:58 PM11/23/02
to
Andreas Kabel schrieb:

> Wie wird *was* begruendet? Dass es sich bei Empryonen und Foeten nicht
> um Menschen, wie sie in den Toetungsdeliktparagraphen des StGB
> vorkommen, handelt,

Das. Und vor allem, wo? Es ist ja vielleicht nachvollziehbar, aber
nicht direkt intuitiv ersichtlich.

- Sebastian

Andreas Kabel

unread,
Nov 24, 2002, 3:13:47 AM11/24/02
to
ba...@bastisoft.de (Sebastian Koppehel) writes:

In einem Strafrechtskommentar, nehme ich an. -- Warum, uebrigens,
braeuchte man sonst ein Embryonenschutzgesetz?

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