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Kriegsmilch

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Pillerie Freygesang

ungelesen,
23.06.2002, 13:30:3123.06.02
an
Der Südzipfel des Traums
schweigt noch der Farben nicht
der Trosse
Geblasen zur Ruh geblichen
flackerlos dicht
Genosse

Da soll ich dir nicht zutrinken?

Und zehn kleine Tilgerlein
überpurzeln Rock um Schoß
die Sprosse
Gepfähl stand jüngst am Apfelhain
Das Blut schlürfte
Geschosse


23.06.02/Pi
http://pillerie.piranho.com/

Manfred Keitel

ungelesen,
24.06.2002, 08:21:1524.06.02
an
Hallo Pillerie, Deine Ergüsse sind ja immer reichlich seltsam,

das

> Der Südzipfel des Traums
> flackerlos dicht
> Genosse

> Und zehn kleine Tilgerlein
> überpurzeln Rock um Schoß

> Das Blut schlürfte
> Geschosse

gefällt mir von den Formulierungen besonders. Hey, so kann ich ja fast
einen Sinn drin erkennen. ;-)

Grüße
Manfred


--
http://www.texthoelle.de/ ==> wildes Lyrikding
was ich an diesem scheissland liebe ist eigentlich genau das was die
nazis daran hassen. [mohawk in dasp]

Iris Hoth

ungelesen,
24.06.2002, 13:15:5924.06.02
an
On Sun, 23 Jun 2002 19:30:31 +0200, "Pillerie Freygesang"
<Pillerie....@gmx.net> wrote:

hi pi,

ich versuchs mal wieder :-)

>Der Südzipfel des Traums

möglicherweise der schönwetterausläufer des traums. vielleicht aber
auch einfach nur der zipfel, der nach unten hängt.

>schweigt noch der Farben nicht

doppeldeutig: er schweigt noch der/(von) farben, oder gerade noch
nicht. es wird entweder noch bunt, oder es ist gerade eben noch bunt.

>der Trosse

gepäckwagen? seile?

die 3 zeilen zusammen gelesen könnte bedeuten: der träumer ist noch
nicht zum schönen und lebendigen teil des traums vorgedrungen. er
befindet sich noch in einer beladenen/bedrückenden "schwertraumphase".

es könnte aber auch heißen, dass dieser nach unten hängende
traumzipfel... wobei das nach unten hängen vielleicht auf alter
verweist (das leben ist ein traum :-)... weder die farben, noch die
trosse verschweigt. dieser träumer weiß über beides bescheid.

>Geblasen zur Ruh geblichen

umkehrung des militärischen "zum angriff blasen", im gegenteil: hier
zur ruh. "geblichen" (immerhin nicht "verblichen") meint vielleicht
das geblase (das demnach nicht sehr erfolgreich ausgefallen wäre). ich
tendiere jedoch dazu, "geblichen" auf den genossen zu beziehen. der
ist demnach farblos geworden.

>flackerlos dicht
>Genosse

steht wie eine eins, wankt nicht. zudem scheint des genossen
unterkunft einer gruft zu ähneln, in der kein windzug eine flamme zum
flackern bringen könnte.

>Da soll ich dir nicht zutrinken?

warum auch immer.

>Und zehn kleine Tilgerlein

"tilgerlein" ist niedlich :-).

>überpurzeln Rock um Schoß
>die Sprosse

die zeilen sind auch niedlich. erinnert mich (wie naheliegend) an
einen haufen kleiner kätzchen. aber das niedliche bild mag täuschen.
zehn kleine tilgerlein (was hätten sie wohl zu tilgen?), die analog
den zehn kleinen negerlein dem erfolglosen untergang geweiht sind.

diese drei zeilen könnten bedeuten: zehn (erfolglose)
entschuldigungen/wiedergutmachungsversuche werden angebracht.
"sprosse" vielleicht im sinne der leiter... und die entschuldigungen
erreichen gerade mal die sprosse. vielleicht aber auch neue sprießende
sprosse... wobei man sich dann fragen kann, wie die es wohl finden,
von zehn kleinen tilgerlein überpurzelt zu werden... ob das dem
wachstum zuträglich ist? oder eher die jungen sprossen kaputt macht?

>Gepfähl stand jüngst am Apfelhain

gepfähl(t)... wie unangenehm! der "apfelhain" könnte für den
heimischen garten stehen (und der wiederum für heimat).

>Das Blut schlürfte
>Geschosse

oha!... eine hinrichtung.

mir ist bewusst, dass sich das zeile für zeile auch ganz anders deuten
lässt. aber so viel zeit hab ich jetzt nicht. also gebe ich deinem
gedicht nun folgenden sinn:

ein "träumer", der sich des lebens mit seinen schattierungen bewusst
ist und also mitten drin steht. er wurde zur ruhe gerufen (oder rief
sich selbst oder auch einen anderen oder ein anderer ihn zur ruhe)...
zu einer unversöhnlichen, starren ruhe. diesem bedauernswerten kann
man in der tat auch mal zutrinken.
vielleicht versuchte man nun, indem man 10 kleine tilgerlein
losschickte, den so erstarrten zur milde zu bewegen. unwahrscheinlich
aber möglich: vielleicht sind aber auch die kleinen tilgerlein alles
schuld (und sie tilgen nicht etwa schuld, sie tilgen... z.b. den traum
o.ä.).
ein glückliches ende hat die geschichte jedenfalls nicht. eine
hinrichtung findet statt.
wer da erschossen wird bleibt unklar. wie überhaupt unklar bleibt,
wieviele personen in diesem stück mitspielen (und wer welche rolle).
ich tippe auf drei.

hübsche interpretation, nicht? :-)

gruß
iris

--
hot)-(spot - www.hothspot.de

Pillerie Freygesang

ungelesen,
25.06.2002, 04:21:4025.06.02
an
Manfred Keitel <killer...@hotmail.com> wrote in message news:<af741i$bvrra$3...@ID-97794.news.dfncis.de>...

> Hallo Pillerie, Deine Ergüsse sind ja immer reichlich seltsam,
>
> das
>[Ausschnitt]

> gefällt mir von den Formulierungen besonders. Hey, so kann ich ja fast
> einen Sinn drin erkennen. ;-)

Hulder Manfred,

fast fühle ich mich durch deine Antwort inspiriert zur Schaffung eines
lyrischen Baukastensystems, in dem je und je durch Zufügung,
Weglassung, Trennung oder Verknüpfelung Gedicht sich Patchwork
schafft. So seltsam wiederum dies wäre :-)

Grüßerlich
Pi

Pillerie Freygesang

ungelesen,
25.06.2002, 04:29:0425.06.02
an
Iris Hoth <ho...@hothspot.de> wrote in message news:<qciehuc4850ct5vbi...@4ax.com>...

> hübsche interpretation, nicht? :-)

Hulde Iris,

Pi ist tiefst entzückt. Um nicht zu sagen baff ob deines
Sinnverleihens. Hatte doch dies Gedicht Sinn? Nun getauft!
Weiter Hand inspirierten dein (1) bis (4) Entstehung, wollte jedoch
Zugedenk nicht fließen. So sei zweifach gedankt für Funke und Rikscha.

Grüßerlich
Pi

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