Späte Lehren: zum fehlenden Schädlichkeitsbeweis neuer Technologien

2 views
Skip to first unread message

news.omega

unread,
Nov 1, 2007, 6:01:14 AM11/1/07
to mobilfunk_...@googlegroups.com, partei-...@googlegroups.com

*Privat-Institut für Ganzheitliche Medizin und Gesundheitsförderung *

für

* Bürgerinitiative Omega*

***Späte Lehren - z**um fehlenden Schädlichkeitsbeweis neuer Technologien***

** ?Mobilfunk ist ungefährlich / ein Wirkmodell zur Schädlichkeit fehlt
/ unterhalb der Grenzwerte kann nichts passieren / Nachweise
gesundheitlicher Risiken fehlen / Elektrosensibiltät ist nur Hysterie /
gesetzliche Regelungen werden eingehalten? ? solche Spruchblasen sollen
die Bürger immer wieder beruhigen und das merkantile Feld der
Mobilfunkindustrie von aufkeimenden Irritationen freihalten. Die so
reden und schreiben berufen sich auf die gleiche wissenschaftliche
Basis, auf der auch die Auswirkungen früherer umweltmedizinischer
Prozesse ?wissenschaftlich? als harmlos beurteilt worden sind, bevor sie
sich als Katastrophen entpuppten. Die damaligen Spruchblasen und
Verleumdungen von Kritikern unterscheiden sich kaum von den heutigen.

Daß viele Wissenschaftler, die ihre Forschungsansätze so streng an der
Vorgabe ihrer Geldgeber ausrichten und damals wie heute die
wechselwirkenden Imponderabilien der Realität ausklammern, um ihre
Maxime zu belegen ?es wird bewiesen, was zu beweisen ist?, trotz vieler
wissenschaftsgeschichtlicher Parallelen auch heute noch vom Ergebnis
ihrer eindimensionalen statistischen Berechnungen selbst überzeugt sind
und Kritiker belächeln und beschimpfen, ist erstaunlich. Aber es
bestätigt auch, daß es im alltäglichen wissenschaftlichen Arbeiten nicht
um die Erforschung der Wahrheit geht, sondern um das brave Wiederkäuen
von Glaubenssätzen. Was sagten die Inquisitoren zu Galilei, als er sie
1520 zum Blick durchs Fernrohr aufforderte, um die Realität besser zu
erkennen? Wir wissen, daß die Erde eine Scheibe ist, das ist
wissenschaftlich bewiesen, nach einer anderen Erklärung zu suchen.

Die Europäische Umweltagentur in Kopenhagen (www.eea.eu.int
<http://www.eea.eu.int/>) hat jetzt eine Studie vorgelegt, die den
Umgang mit 12 großen umweltwissenschaftichen Ereignissen untersucht. Es
ist eindrucksvoll, dort das gleiche Verharmlosungsmuster und die
gleichen Argumentationsstrategien seit 1850 bis in die Gegenwart
wiederzufinden, wie sie uns auch heute in der Mobilfunkdebatte wieder
begegnen.

Möge das Erstaunen darüber dazu beitragen, mehr Vernunft und dafür
weniger wissenschaftlicher Gläubigkeit bei der Beurteilung
niederfrequent gepulster Hochfrequenzenergie Raum zu geben. Diese
Hoffnung beflügelt die heutige Ausgabe des Newsletter des
Privatinstituts für ganzheitliche Medizin und Gesundheitsförderung
www.gladiss.de <../../../>

Die historischen Beispiele der dänischen Studie sind folgende: Britische
Fischerei im 19. Jh. / Kalifornische Sardinenfischerei von 1920 bis 1942
/ Röntgenstrahlen / Benzol / Asbest / PCB / Halogenkohlenwasserstoffe /
Ozonschicht / Contergan und andere Schädigung Ungeborener durch
Chemikalien / Antibiotikaresistenzen / Schwefeldioxid / Umkippende
Gewässer 1985 / MTBE als Bleiersatz im Benzin / Chemikalienbelastung
großer Seen / Tributylzinn(TBT)-haltige Farben / Hormone als
Wachstumsförderer / BSE - ?Rinderwahnsinn? 1980 ? 2000

Unser heutiger Newsletter soll Sie über die Existenz dieser Studie und
ihr Themenspektrum informieren. Dafür präsentieren wir Ihnen die
zusammenfassende Präambel. Zugänglich ist die ganze 241-seitige Arbeit
auf englisch in www.eea.eu.int <http://www.eea.eu.int/> und auf deutsch
in www.umweltbundesamt.de <http://www.umweltbundesamt.de/>

Aus der Sicht der Newsletter-Redaktion muß die Auflistung der Studie mit
folgenden weiteren historischen Beispielen ergänzt werden:

Holzschutzmittel / Gentechnik / Trinkwasserproblematik /
Golfkriegssyndrom / Mikrowellenwaffen / Niederfrequent gepulste
Hochfrequenztechnik / Informationstechnologische Überwachung.

Die Präambel und Zusammenfassung der Studie lautet:*

SPÄTE LEHREN** **AUS FRÜHEN WARNUNGEN:** **DAS VORSORGEPRINZIP 1896?2000***

Herausgeber der deutschsprachigen Ausgabe: Umweltbundesamt (UBA)
Postfach 33 00 22 14191 Berlin Telefon: (030) 8903-0 Telefax: (030) 8903
2285 www.umweltbundesamt.de <http://www.umweltbundesamt.de/>

Herausgeber der englischsprachigen Originalausgabe: Europäische
Umweltagentur Kongens Nytorv 6 DK-1050 Kopenhagen K Dänemark Tel: (45)
33 36 71 00 Fax: (45) 33 36 71 99 http://www.eea.eu.int
<http://www.eea.eu.int/>

Februar 2004


In dieser Studie wird untersucht, wie das Konzept der Vorsorge in den
letzten hundert Jahren von politischen Entscheidungsträgern und
-trägerinnen im Umgang mit einer Vielzahl von Risiken angewendet wurde.
Risiken, die Wirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung und die
Umweltsituation in Europa haben.
Die Untersuchung befasst sich mit Fällen, die von der Zerstörung der
Ozonschicht durch FCKW-Chemikalien bis zur ?Rinderwahnsinn?-Epidemie
reichen. Fällen, in denen politische Entscheidungen vor dem Hintergrund
wissenschaftlicher Unsicherheit oder überraschender Entwicklungen
getroffen oder in denen klare Beweise für die Gefährdung der Bevölkerung
und deren Umwelt zunächst ignoriert wurden.
Das Vorsorgeprinzip ist eine der Säulen des Umweltschutzes in
Deutschland. Umweltvorsorge treffen heißt, konkrete Umweltgefahren
abzuwehren, Risiken für die Umwelt zu vermeiden oder wenigstens zu
vermindern sowie vorausschauend auf die Gestaltung unserer Umwelt, die
Entwicklung unserer natürlichen Lebensgrundlagen hinzuwirken. Eine
Umsetzung des Vorsorgeprinzips erfordert, dass die Umweltpolitik immer
wieder neue Erkenntnisse aufnimmt und auf diese reagiert.
Das Umweltbundesamt hat zusammen mit der Europäischen Umwelt-
agentur die Initiative ergriffen, eine deutsche Fassung der Studie
?Späte Lehren aus frühen Warnungen: Das Vorsorgeprinzip 1896?2000?
herauszugeben. Diese bedeutende Arbeit soll der Fachwelt und der
interessierten Öffentlichkeit auch in deutscher Sprache zugänglich
gemacht werden. Der deutschen Ausgabe ist eine Einleitung von Fachleuten
des Umweltbundesamtes und Bundesumweltministeriums vorangestellt. Auch
diese betont ausdrücklich den hohen Stellenwert der Vorsorgepolitik.

Detailliert und sachkundig setzt der vorliegende Bericht die Analyse von
zwölf Fallbeispielen dagegen. Umweltchemikalien, infektiöse Krankheiten,
Ausbeutung natürlicher Ressourcen am Beispiel Fischfang ? so sehr die
Beispiele sich unterscheiden, so ähnlich ist doch das gesellschaftliche
Reaktionsmuster.
Ersten Hinweisen auf Probleme folgt oft jahrzehntelange
wissenschaftliche und gesellschaftliche Diskussion, oftmals begleitet
von politischer Untätigkeit. Zögerlichkeit, Unentschlossenheit und
bereitwillige Nachgiebigkeit gegenüber Lobbyinteressen haben in vielen
Fällen zu hohen Kosten für die Volkswirtschaften geführt. Asbest-Ruinen,
die allenthalben unsere städtischen Landschaften zieren und von denen
der Berliner Palast der Republik die Prominenteste ist, sind sichtbare
Denkmale für versäumte Vorsorgepolitik.
Die daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden sind horrend.
Sie übersteigen die Gewinne bei weitem, die sich Hersteller gefährlicher
Güter bis zum Zeitpunkt des Vermarktungsverbots gutschreiben können. Im
eigentlichen Sinn des Wortes unermesslich sind jedoch die vermeidbaren
Schäden am menschlichen Leben und seiner Gesundheit. Fallstudien zu
Radioaktivität, Benzol und BSE zeigen dies mit bedrückender
Deutlichkeit. Nicht zuletzt die Diskussion über das Leitbild der
Nachhaltigen Entwicklung hat uns gelehrt, alle drei Säulen zu
betrachten, auf denen zukunftsgerechte Entwicklung beruht: Ökologische,
ökonomische und soziale Aspekte von Maßnahmen und Entwicklungen müssen
in ihrer Vernetzung betrachtet werden, wobei die Tragekapazität des
Naturhaushaltes als letzte, unüberwindliche Schranke für alle
menschlichen Aktivitäten akzeptiert werden muss. Die wirtschaftliche und
soziale Entwicklung in Politik- und Handlungskonzepten mit den
Erfordernissen des Umweltschutzes in Übereinstimmung zu bringen, ist die
derzeit wohl größte Herausforderung für die Politik. Schlechte
wirtschaftliche Randbedingungen erschweren diese Aufgabe.

EINE EINLEITUNG ZUR DEUTSCHEN AUSGABE

In der Europäischen Union gehört es inzwischen zur allgemeinen Praxis,
zu allen Maßnahmen des Gesundheits- und Umweltschutzes
Kosten-Nutzen-Analysen durchzuführen. Ziel ist es, die positiven
wirtschaftlichen Wirkungen von Umweltschutzmaßnahmen zu fördern und
negative gering zu halten. Die Kosten unterlassener Maßnahmen bleiben
jedoch in vielen Fällen ungeprüft.

/Risikovorsorge///
bedeutet, auch solche Schadensmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, ?die
sich nur deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen
Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint
werden können und daher insoweit noch keine Gefahr, sondern nur ein
Gefahrenverdacht oder einBesorgnispotential besteht.?

Der /Zukunftsvorsorge /wird am besten dadurch entsprochen, dass
?umweltschonende Produktionsprozesse und Produkte entwickelt werden, die
Emissionen von umweltbelastenden Stoffen erst gar nicht entstehen lassen
oder zumindest so weit wie möglich vermeiden?.
?Späte Lehren aus frühen Warnungen: Das Vorsorgeprinzip 1896?2000?
verdeutlicht den hohen Stellenwert des Vorsorgegedankens. Reparatur und
Nachsorge sind dazu keine Alternative.

Häufig liefern wir Informationen zu Themen, bei denen die Wissenschaft
sich unsicher ist, gerade in solchen Situationen gewinnt das im
Maastrichter Vertrag über die Europäische Union verankerte
Vorsorgeprinzip zunehmend an Bedeutung. Mit der wachsenden
Innovationskraft der Wissenschaft kann offenkundig ihre Fähigkeit, die
Folgen der Anwendung ihrer Erkenntnisse vorherzusagen, nicht Schritt
halten. Demgegenüber
vergrößert sich allerdings mit dem Ausmaß menschlicher Eingriffe in die
Natur die Gefahr, dass sie schwerwiegende und weltweite Folgen nach sich
ziehen. Eine Bestandsaufnahme der bisher gemachten Erfahrungen ist daher
wichtig, denn nur so können wir lernen, wie wir uns den sich
verändernden Gegebenheiten stellen und unsere Aktivitäten, insbesondere
was die Bereitstellung von Informationen und das Erkennen frühzeitiger
Warnungen anbelangt, besser gestalten können.
Im Mittelpunkt des Berichts ?Späte Lehren aus frühen Warnungen? steht
das Sammeln von Informationen über die Risiken der wirtschaftlichen
Aktivitäten des Menschen und die Verwertung dieser Informationen in Form
von Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und zur Gesunderhaltung der Spezies
und Ökosysteme, die auf diese Umwelt angewiesen sind, damit wir mit den
Folgen weiter leben können.
Dem Bericht liegen Fallstudien zugrunde. Die Aufgabenstellung der
Autoren der Fallstudien, allesamt Fachleute auf ihrem Spezialgebiet der
Umweltrisiken, von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit und
Verbraucherschutz, lautete, festzustellen, wann erstmals Warnzeichen
auftraten, zu untersuchen, wie diese Informationen genutzt oder auch
nicht genutzt wurden, um die Gefahren zu verringern, und die aus dieser
Handlungsweise entstandenen Kosten, Nutzen und Lehren für die Zukunft
darzustellen.

Die Lehren, die sie aus ihren Fallgeschichten ableiteten, wurden von der
Redaktion unter Federführung des wissenschaftlichen Beirats der EUA in
zwölf ?späten Lehren? zusammengefasst. In einer gesonderten
Veröffentlichung werden einzelne Implikationen dieser ?späten Lehren?
für den politischen Prozess und die damit verbundenen Informationsflüsse
eingehender beleuchtet.

Dass wir alle auf zahlreichen Gebieten zu spät gehandelt haben, streitet
heute niemand ab. In den kommenden 50 Jahren wird es mit dem
Heranwachsen der Kinder von heute einige Tausend Hautkrebsfälle mehr als
bisher geben, denn sie sind der stärkeren UV-Strahlung ausgesetzt, die
durch das durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und andere
synthetische chemische Stoffe entstandene Loch in der schützenden
Ozonschicht in die Erdatmosphäre eindringt.
Im gleichen Zeitraum werden viele Tausend Europäer an Mesotheliomen
sterben, die durch das Einatmen von Asbeststaub ausgelöst werden, und
die eine der schmerzhaftesten und kaum heilbaren Krebsarten darstellen.
In beiden Fällen wurden wir völlig überrascht: Die Risiken dieser
nützlichen Technologien blieben so lange ?unbekannt?, bis es zu spät
war, ihre unumkehrbaren Folgen zu stoppen. Bei beiden Fällen war die
Latenzzeit zwischen dem ersten Auftreten der Belastung und den
Spätfolgen so lang, dass jahrzehntelang Kettenreaktionen nicht mehr
aufhaltbarer Folgen eintraten, bevor Maßnahmen ergriffen wurden, um eine
weitere Belastung zu unterbinden.
Die ersten Meldungen über Strahlungsschäden reichen bis in das Jahr 1896
zurück (daher auch der Titel des vorliegenden Berichts). Die erste
eindeutige und glaubhafte Warnung vor Asbest folgte zwei Jahre später,
1898. Ein ähnliches Signal zum Handeln in Bezug auf FCKW datiert aus dem
Jahr 1974, wobei argumentiert werden kann, dass es bereits früher
unübersehbare Hinweise gab, die jedoch nicht ernst genommen wurden. Der
Bericht beschreibt elf weitere, allseits bekannte Risiken. Der Leser ist
aufgefordert, sich selbst ein Bild davon zu machen, ob ? wie im Falle
von Asbest und FCKW ? die frühzeitigen Warnzeichen ein zeitigeres
Handeln hätten auslösen können, mit dem die Risiken bei geringeren
Gesamtkosten für die Gesellschaft hätten vermindert werden können.
Die Kosten von Präventionsmaßnahmen sind im Regelfall kalkulierbar,
eindeutig zuzuweisen und fallen häufig nur über einen begrenzten
Zeitraum an, während die Kosten unterlassenen Handelns weniger
kalkulierbar, weniger eindeutig verteilt und im Allgemeinen
längerfristig anfallen und somit die Regierungen vor schwierige Probleme
stellen. Die Abwägung des Für und Wider von Handeln oder Untätigkeit
stellt sich daher, wie die Fallstudien veranschaulichen, als eine
äußerst schwierige Aufgabe dar, bei der sowohl ethische als auch
wirtschaftliche Überlegungen einbezogen werden müssen.
Eine zentrale Frage, die sich aus den Fallstudien ergibt, lautet: Wie
erkennt man und wie reagiert man nicht nur auf wissenschaftliche
Unsicherheit, sondern auch auf Unkenntnis, also den Zustand des
Nichtwissens, einer Quelle wissenschaftlicher Entdeckungen, aber auch
böser ?Überraschungen? wie Ozonlöcher und seltener Krebsarten? Sokrates
formulierte eine Antwort auf diese Frage, als er die Unkenntnis als
Quelle der Weisheit erkannte. Der Bericht zeigt, dass dies eine Lehre
aus der Geschichte ist, die viele Menschen vergessen haben. Die
unangebrachte ?Gewissheit? über das Nichtvorhandensein von Risiken
spielte bei der verspäteten Einleitung von Präventionsmaßnahmen in den
meisten Fallstudien eine entscheidende Rolle. Die Behauptung von Wissen
hat jedoch sicherlich nichts mit Wissenschaft zu tun. Eine solche
?Gewissheit? trägt wenig dazu bei, Unkenntnis zu verringern; notwendig
hierfür sind vielmehr wissenschaftliche Forschung und
Langzeitbeobachtung, um den unbeabsichtigten Folgen menschlichen
Handelns auf die Spur zu kommen.
Hätten wir die Risiken überhaupt frühzeitiger erkennen oder voraussehen
können? Gibt es Möglichkeiten ?es genauer oder besser zu wissen?, die zu
einer Rechtfertigung der Bezeichnung /Homo/ /sapiens /? der wissende
Mensch ? beitragen, die wir uns selbst zuerkannt haben. Wer die in dem
Bericht beschriebenen Fallstudien liest, könnte zu dem Schluss gelangen,
dass noch ein weiter Weg vor uns liegt. Einige der möglichen Richtungen,
die wir dabei einschlagen könnten, zeigt das Kapitel ?Zwölf späte
Lehren? anhand der Erkenntnisse aus den Fallstudien auf.
Ein Phänomen, das Sokrates vermutlich nicht bekannt war, das er aber
wahrscheinlich bereits erahnt hat, ist die Tatsache, dass ?alles
irgendwie zusammenhängt? ? oder dass zumindest so viele Dinge
aufeinander reagieren, dass die einfache Wissenschaft der linearen,
mechanistischen Deutungsansätze dringend um die dynamischen und sich
ständig weiter entwickelnden Eigenschaften der Systemwissenschaft
ergänzt werden sollte. Die potenziellen systemimmanenten Instabilitäten
von so komplexen Phänomenen wie der Klimaänderung oder des Verhaltens
der Gehirnzellen könnten entscheidende und doch nicht vorhersagbare
Determinanten unseres Schicksals sein, gleichgültig, ob es sich dabei
nun um Systeme handelt, die die Stabilität des Golfstroms bestimmen,
oder solche die die ?genomischen Instabilitäten? von strahlenbelasteten
Zellen auslösen.
Wissenschaftliches Schubladendenken, egal wie gelehrt es daherkommt,
stellt eine unzureichende Grundlage für ein Wissen dar, das ausreichen
soll, um die Auswirkungen solch komplexer Systememvorherzusehen oder
abzumildern. Vielmehr ist ein integriertes und ganzheitliches Wissen,
das die Kenntnisse zahlreicher Natur- und Sozialwissenschaften
zusammenführt, Grundvoraussetzung dafür, dass wir uns zu Recht als /Homo
sapiens/ bezeichnen dürfen. Doch genügend zu wissen reicht allein nicht
aus, notwendig ist auch durchdachtes und rechtzeitiges Handeln. Es
gehört zu den Aufgaben der EUA, durch integrierte Beurteilungen zu einer
Erweiterung der Wissensbasis beizutragen und damit die
Entscheidungsträger dabei zu unterstützen, die möglichen Folgen
behördlichen und interessensbestimmten Handelns und Nicht-Handelns
vorherzusehen.
Genug zu wissen und überlegt genug zu handeln, und dies über das gesamte
Spektrum von Umwelt- und damit zusammenhängenden Gesundheitsfragen
hinweg, scheint eine schier nicht zu bewältigende Aufgabe.
Die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Fragen, die Schnelligkeit des
technologischen Wandels, unser eingeschränkter Kenntnisstand und die
Zeit, die vergeht, bis die durch unsere Technologien an den ökologischen
und biologischen Systemen verursachten Schäden sichtbar werden, dies
alles zusammen genommen ergibt schonungslose Rahmenbedingungen. Manche
Menschen befürchten oder vermuten, dass ein stärker auf Vorsorge
ausgerichteter Ansatz, mit dem potenziell irreversiblen Risiken
vorgebeugt werden soll, werde Innovationen ersticken oder die
Wissenschaft in Frage stellen. Doch das Verstehen komplexer und sich
ständig weiter entwickelnder Systeme bei gleichzeitiger Wahrnehmung der
menschlichen Bedürfnisse zu geringeren gesundheitlichen und ökologischen
Kosten bietet unendliche Herausforderungen und auch Möglichkeiten. Viele
der Fallstudien legen den Schluss nahe, dass eine vermehrte Anwendung
des Vorsorgeprinzips auch Anreize für Innovation und Wissenschaft
schaffen und damit dazu beitragen kann, die Techniken und die einfachen
wissenschaftlichen Wahrheiten der ersten industriellen Revolution des
19. Jahrhunderts durch die ?ökologisch effizienten? Technologien und
Systemwissenschaften der dritten industriellen Revolution abzulösen.

Nach der Lektüre der hier geschilderten Fallstudien drängt sich
abschließend die Frage auf: Weshalb wurden nicht nur die frühzeitigen
Warnungen, sondern auch die ?lauten und späten? Warnungen vielfach so
lange ignoriert? Die Beantwortung dieser Frage überlassen wir weitgehend
dem Leser, allerdings nicht ohne die Feststellung, dass das
Nichtvorhandensein eines politischen Handlungswillens zur Verringerung
der Gefahren angesichts einer widersprüchlichen Faktenlage zu Kosten und
Nutzen bei diesen Beispielen eine noch weitaus bedeutendere Rolle spielt
als die Verfügbarkeit verlässlicher Informationen. Doch, wie bereits
Aristoteles feststellt, unser Handeln wird in weiten Teilen davon
bestimmt, wie wir die Welt sehen, und Information spielt für unsere
Weltsicht eine wichtige Rolle. Doch wessen Informationen kommen an? Sind
sie ?wahrheitsgemäß, objektiv und unabhängig?? Und sind sie für die
Politiker und Wirtschaftsführer, die selten Fachleute sind, die aber
dennoch schwierige Entscheidungen treffen müssen, auch verständlich?

Der Bericht stellt die Bedeutung verlässlicher und allen Beteiligten
zugänglicher Informationen für eine effektive Gestaltung der Politik und
für die Mitwirkung der Betroffenen am Entscheidungsprozess heraus ? vor
allem auch in dem bestehenden Kontext von Komplexität, Unkenntnis, hohem
Risiko und der Notwendigkeit von ?kollektiven Lernprozessen?. Wir dürfen
nicht vergessen, dass die EU-Rechtsvorschriften für die
Produktsicherheit solche Produkte als sicher definiert, die bei normaler
und vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung keine nichtvertretbaren
Gefahren bergen. Damit Risiken von der Allgemeinheit akzeptiert werden,
muss die Allgemeinheit an den Entscheidungen, mit denen diese Risiken
geschaffen und gehandhabt werden, beteiligt werden, wobei diese
Beteiligung die Abwägung von Werten, Einstellungen und Gesamtnutzen mit
einschließt. Tragfähige politische Entscheidungen zu Themen, die
wissenschaftliche Fragen betreffen, dürfen daher nicht allein auf
nachweisliche wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt werden, vielmehr
müssen sie auch den ethischen und den wirtschaftlichen Interessenlagen,
um die es dabei geht, Rechnung tragen. Derartige Fragen betreffen nicht
nur Fachleute und Politiker, sondern uns alle. Ich habe daher die
Hoffnung, dass dieser Bericht einen Beitrag dazu leistet, dass mit Blick
auf die Minimierung von Umwelt- und Gesundheitskosten und das Erreichen
eines Maximums an Innovation qualitativ bessere und leichter zugängliche
Informationen mit wissenschaftlicher Grundlage für die Lenkung
wirtschaftlicher Aktivitäten zur Verfügung stehen, und dass die
Betroffenen wirksamer in den Lenkungsprozess einbezogen werden als bisher.

Entscheidungsträger sind nicht nur auf mehr und qualitativ bessere
Informationen angewiesen, sondern sie müssen auch häufiger als bisher
durchdachtes Handeln an den Tag legen, um einen besseren Ausgleich
zwischen dem Nutzen von Innovationen und deren Risiken zu erzielen. Wenn
wir die ?späten Lehren? aus den frühzeitigen Warnungen des vergangenen
Jahrhunderts ernst nehmen und auch umsetzen, dann könnte dies uns allen
dabei helfen, in diesem Jahrhundert zu diesem besseren Ausgleich zu
gelangen.


/Privat-Institut für Ganzheitliche Medizin
Auf dem Vievacker 16
D ? 21407 Deutsch Evern/


Omega Group

unread,
Nov 1, 2007, 6:07:00 AM11/1/07
to Mobilfunk-Newsletter
Reply all
Reply to author
Forward
0 new messages