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Typisch Psychiatrie: Totschlag durch Missachtung

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Werner-Fuss-Zentrum

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Aug 12, 2008, 5:10:50 AM8/12/08
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Der "Spiegel" vom 28.07.2008, berichtet auf Seite 60 ausführlich über
eine typisch psychiatrische Form menschenverachtender Missachtung in
einer Psychiatrie in New York:
http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument-druck.html?id=58485889&top=SPIEGEL

Zitate daraus:
Eine Frau sitzt im Wartezimmer eines New Yorker Krankenhauses, 24
Stunden lang, unbeachtet, dann fällt sie vom Stuhl, bleibt liegen,
stirbt...

Sie kannte das Krankenhaus, das sie "Killer County" nennen in
Brooklyn,...

Esmin Elizabeth Green, 49 Jahre alt, ältestes von zwölf Geschwistern,
sechsfache Mutter, Jamaikanerin, eingewandert in die Vereinigten
Staaten, um sich und den auf Jamaika gebliebenen Kindern ein besseres
Leben zu erarbeiten, geht am 18. Juni durch die Pforte des Kings
County Medical Center, Station G, Psychiatrische Notaufnahme, um 6.50
Uhr. Alles, was sie tut in den nächsten 24 Stunden, wird von Kameras
festgehalten, und doch verlaufen diese Stunden so, als hätte kein
Mensch Esmin Green gesehen. Sie geht gebückt. Sie sieht links die
Schließfächer für das Personal und vor sich zwei Stühle und das
Fenster der Anmeldung, das Glas kugelsicher....

Und Esmin Green sitzt still da. Andere Patienten stehen auf, gehen,
kommen zurück, und draußen die Nacht. Hier drinnen kein Wasser, kein
Essen, kein Wort, nichts. 22 Stunden lang sitzt Esmin Green auf der
Stelle, es wird wieder Morgen, 5.30 Uhr. Draußen ist es noch dunkel,
sie hat die Füße übereinandergelegt, die Hände verschränkt, über ihr
laufen Nachrichten. Ihre Hände reiben aneinander, streichen durch das
Gesicht....

5.32 Uhr: Esmin Green kniet in der Ecke des Warteraums, ihr rechtes
Bein wischt über den Boden. Versucht sie aufzustehen? Sie sackt
zusammen, auf den Bauch, zwischen zwei Stuhlreihen liegt sie nun,
seltsam nach rechts verdreht.

5.33 Uhr: Patienten treten auf und wieder ab, manche schleichen im
Kreis durch den Raum, als überlegten sie, ob sie etwas tun sollen,
dann biegen sie weg. Minuten vergehen, Esmin Green zuckt, versucht
hochzukommen, schafft es nicht. Sie liegt jetzt breitbeinig da, ihr
Kittel hochgeschoben.

5.53 Uhr: Der Wachmann Eyuen Wong kommt, lehnt sich an die Wand,
stemmt die Hände in die Hüften, steckt die Hände in die Taschen, guckt
in den Raum. Er trägt eine schwarze Uniform, am linken Handgelenk eine
silberne Uhr, sein Haar lichtet sich. Eyuen Wong bleibt 20 Sekunden
lang stehen und verschwindet. Ein paar Minuten später tritt Wong noch
einmal ins Bild, es sieht aus, als überlege er, ob doch etwas zu tun
sei, ganz konzentriert blickt er zu Esmin Green, dann geht er.

6.00 Uhr: Esmin liegt reglos da. Um 6 Uhr, so werden die Schwestern in
ihrem Bericht lügen, war die Patientin "wach und spazierte herum", sie
"ging zur Toilette".

Das Kings County Hospital, gegründet vor 175 Jahren, 627 Betten,
feiert sich auf der eigenen Website als "patientenzentriert" und sehr
modern. Als vor ziemlich genau einem Jahr eine Klage gegen die
Psychiatrie von Kings County eingereicht wurde und auch gegen die
Betreibergesellschaft, die New York City Health and Hospitals
Corporation, da sagte deren Präsident Alan Aviles, die Vorwürfe seien
"übertrieben" und seine Ärzte und Schwestern liebevolle Kräfte,
allesamt.

Die Klageschrift liest sich anders. Sie liest sich wie ein Brief aus
den letzten Tagen der Zivilisation, in denen es keine Empathie mehr
gibt, nur noch Ekel.Zuerst fällt der linke Arm. Dann neigt sich der
Körper und kippt. Hart, ungebremst sackt Esmin nach links und zu
Boden; auf den Knien kann sie sich halten, den Kopf zur Wand gewandt
und den Rücken zur Kamera 2, mindestens drei Menschen sind noch im
Raum, sehen zu und hinter dem Fenster die Schwestern. Vier Kameras
übertragen, was im Warteraum geschieht, auch die Sicherheitsleute
sehen es....

Das "G-Gebäude" sei "eine Kammer des Unrats, der Verwesung, der
Gleichgültigkeit und der Gefahr", so steht das da, überfüllt und
brutal, weil "körperlicher Missbrauch und unnötige und strafende
Injektionen von bewusstseinsverändernden Drogen" üblich seien. [Das
ist in jeder Abteilung der Zwangspsychiatrie weltweit so - deshalb ist
es ja auch systematische Folter, WFZ] Wer nach einem Bett, einem
Handtuch, Nahrung oder Kleidung verlange, gelte als schwierig und
werde angekettet oder geschlagen....

Esmin Greens letzter Kampf beginnt um 6.02 Uhr. Sie zuckt. Sie rollt
sich auf die rechte Seite. Dreht sich auf den Rücken. Windet sich.
Streckt die Füße in die Luft, sie entleert sich. Um 6.07 Uhr regt sie
sich nicht mehr, sie liegt da wie tot.

Ist sie tot? Wen kümmert es?

Links sitzt eine Patientin, und wenn die Bilder nicht trügen,
telefoniert die Dame seit 30 Minuten neben einer Sterbenden. 32
Patienten warten an diesem Morgen auf ein Bett oder einen Arzt, sie
laufen durchs Bild, gehen an Esmin Green vorbei, Ärzte oder Schwestern
sind nicht zu sehen.

Schwester Cabildo, im blauen Kittel, tut nichts. Schwester Price, im
gelben Kittel, stupst später mit dem Fuß gegen Miss Green.
Krankenschwestern werden gesucht in New York, sie verdienen nicht
schlecht, rund 50 000 Dollar im Jahr. Vor dem Monitor sitzt Arminia
Forester, sie kann die Live-Übertragung vom Sterben der Esmin Green
aus vier Perspektiven verfolgen; Francis Bowe hat die Oberaufsicht;
und auch die Wächter Eyuen Wong und Alfonso Angus tun lieber mal
nichts. ...

Es ist 6.10 Uhr am 19. Juni, draußen wird es hell, als der Wachmann
Alfonso Angus heranfährt, auf einem Drehstuhl mit fünf Rollen. Er
stößt sich mit den Händen an der Wand ab, kommt zum Stehen, sieht sich
den Raum und die fremde Frau dort am Boden an. 40 Sekunden lang sitzt
Alfonso so da, dann rollert er wieder weg, er holt nun mit den Füßen
Schwung.

6.20 Uhr: Esmin Green regt sich nicht mehr. Sie liegt auf dem Bauch,
die Beine gespreizt. Um 6.20 Uhr, das notieren die Schwestern in ihrem
gefälschten Bericht, "saß sie ruhig im Wartezimmer. Blutdruck 100 zu
70, Puls 100".

Es wird 6.35 Uhr an jenem 19. Juni, als eine Frau in beigefarbenem
Kleid, die mehrmals schon herein- und hinausgegangen war, Pfleger und
Schwestern anspricht. Schwester Price betritt den Raum. Sie tritt
Esmin Green, dann lupft sie mit ihrem Fuß Esmin Greens linkes Bein in
die Höhe und lässt es fallen. Noch immer hat niemand die Tote
angefasst, niemand hat versucht, den Puls zu messen, "wenn so etwas
auf der Straße passiert wäre, man würde es begreifen, aber das ist
doch ein Krankenhaus", sagt Tecia, die Tochter....

6.45 Uhr. Esmin Green liegt auf dem Boden des Wartezimmers der
Notaufnahme, tot vermutlich seit einer halben Stunde, als zwei
Schwestern und zwei Sicherheitsbeamte mit einer Art Erster Hilfe
beginnen. Sie ziehen sich Handschuhe an, drehen die Tote, drücken auf
der Brust herum, packen ein Stethoskop aus, beatmen eine Leiche. Man
sieht Blut auf dem Fußboden.

Um 7.09 Uhr decken sie den Körper zu, dann fälschen sie ihren Bericht,
dann ist Schichtwechsel....

Es gibt ehemalige Patienten, die erzählen von Regeln der Station G von
Kings County, die dort "10 Gebote" heißen:
"1. Wenn du ein Bett hast, geh niemals zum Klo, denn wenn du
zurückkommst, liegt ein anderer in deinem Bett.
2. Sprich die Ärzte nicht an, denn sie sehen dich als Feind und
stellen dich ruhig, sobald du ihnen auf die Nerven gehst.
3. Verschwende keine Energie, denn du bekommst nichts zu essen.
4. Warte nicht auf Therapie, es gibt keine.
5. Warte nicht auf Seife, Handtücher, Bettwäsche oder
Toilettenpapier.
6. Suche nicht nach Büchern oder Zeitschriften. Sieh fern, und sei
still.
7. Störe die Schwestern nicht.
8. Warte nicht auf Besuch.
9. Zähle nicht die Tage, denn du kommst nur frei, wenn die Ärzte dich
gehen lassen.
10. Hilf niemandem, denn wer hilft dir?"
Esmin Green ist an einer Lungenembolie gestorben, das ergibt die
Obduktion, es begann mit einer Thrombose, das Blutgerinnsel wanderte
vom Bein bis zur Lunge. Wahrscheinlich hätte ein Spaziergang sie
gerettet, vermutlich ein Glas Wasser, vielleicht eine freundliche
Schwester, ganz sicher ein Bett....

Ein Hinweis des
Werner-Fuss-Zenturm
im Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Str. 4
10405 Berlin
http://www.psychiatrie-erfahrene.de

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