Google Groups no longer supports new Usenet posts or subscriptions. Historical content remains viewable.
Dismiss

Demokratie

1 view
Skip to first unread message

RENE ROHRKAMP

unread,
Nov 22, 1998, 3:00:00 AM11/22/98
to
In meinem Proseminar diskutieren wir die Begründungsgrundlage für
Demokratie,können aber jedes Argument stets entkräften.Wer hat DIE
unschlagbare Begründung.
Sowas wie Menschenrechte,Freiheit usw. könnt ihr vergessen.
Es geht nur aus übergeordneten Zusammenhängen hervor.
Vielen Dank
Ciao René


Walter Schmid

unread,
Nov 22, 1998, 3:00:00 AM11/22/98
to
RENE ROHRKAMP schrieb:

>
> In meinem Proseminar diskutieren wir die Begründungsgrundlage für
> Demokratie,können aber jedes Argument stets entkräften.Wer hat DIE
> unschlagbare Begründung.

Es gibt keine bessere Staatsform, d.h. alle anderen sind noch
schlechter (frei nach Winston Churchill).

EINIGE gute Diktatoren/Koenige beweisen nichts, sie sind nicht
verallgemeinerbar. Das ist eine historisch-empirische Tatsache.

Ich bin gespannt auf Eure Widerlegung dieses Arguments;-)

Wenn Du selbst das Zeugs (Talent und viel Geld) zum Diktator
hast, wird Dir diese Widerlegung scheinbar leicht fallen. (Du
wuerdest *Deine* Diktatur als *besser* einstufen.) Es faende sich
aber bestimmt ein Idealist, der Dich mit seiner Pistole
widerlegen wird. Das hoffe ich, als kein potentieller Diktator,
zusammen mit der Mehrheit.

Gruss

Walter

Wolfgang Schwarz

unread,
Nov 22, 1998, 3:00:00 AM11/22/98
to
Moin Rene,

RENE ROHRKAMP wrote:

> In meinem Proseminar diskutieren wir die Begründungsgrundlage für
> Demokratie,können aber jedes Argument stets entkräften.Wer hat DIE
> unschlagbare Begründung.

Vielleicht wuerde es euch helfen, vorher zu klaeren, was ihr denn als
"unschlagbare Begruendung" akzeptieren koenntet, also wie so was
aussehen soll.
Ein Ansatz waere z.B.:
1. Festlegen, was die Aufgaben eines Staates sind,
2. Empirisch untersuchen, welche Regierungsform die Aufgaben am besten
erfuellt. Man koennte noch
3. Seitenbeschraenkungen einfuehren - moralische Verbote, die ein Staat
nie uebertreten darf.
Und so weiter.

> Sowas wie Menschenrechte,Freiheit usw. könnt ihr vergessen.
> Es geht nur aus übergeordneten Zusammenhängen hervor.

Hm?? :-) Was geht nur aus übergeordneten Zusammenhängen hervor?

wo.

PS: Ansonsten schliesse auch ich mich Churchill an: Die Demokratie ist
die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen alle anderen
Regierungsformen.

--
Neue e-mail-Adresse: wsch...@zedat.fu-berlin.de!
Homepage immer noch http://www.wald.org/wolfgang.

Hans Oberberger

unread,
Nov 22, 1998, 3:00:00 AM11/22/98
to
RENE ROHRKAMP wrote:
>
> In meinem Proseminar diskutieren wir die Begründungsgrundlage für
> Demokratie,können aber jedes Argument stets entkräften.Wer hat DIE
> unschlagbare Begründung.

DIE unschlagbare Begründung gibt es nicht. Frei nach Popper gibt es nur
derzeit noch nicht widerlegte Theorien.

Ein ziemlich gutes Argument ist aber, daß alle anderen Staatsformen das
Gemeinwohl a priori festzulegen versuchen. In der Monarchie glaubt ein
König, zu wissen, was das Volk braucht. In der Diktatur ist es der
Diktator. Selbst in einer Technokratie glauben Experten das Gemeinwohl
über selbstdefinierte Ziele zu erfassen.

Die Demokratie ist die einzige Staatsform, in der das Gemeinwohl a
posteriori erfaßt wird. Wie man den Volkswillen in der Praxis allerdings
am besten erfaßt, ist umstritten.

Damit bleibt es also auch bei meiner Argumentation dabei: Die Demokratie
ist die beste Staatsform, mangels besserer Alternativen.

Servus, Hans

JMiddendorf

unread,
Nov 23, 1998, 3:00:00 AM11/23/98
to
RENE ROHRKAMP schrieb in Nachricht <7393fs$aes$1...@nets3.rz.RWTH-Aachen.DE>...

>In meinem Proseminar diskutieren wir die Begründungsgrundlage für
>Demokratie,können aber jedes Argument stets entkräften.Wer hat DIE
>unschlagbare Begründung.
>Sowas wie Menschenrechte,Freiheit usw. könnt ihr vergessen.
>Es geht nur aus übergeordneten Zusammenhängen hervor.
>Vielen Dank
>Ciao René


____________

Hallo René,

die Menscheitsgeschichte. Entscheidend ist doch, unter welcher Staatsform
fühlt sich die Mehrzahl der Bürger am wohlsten. Wenn Du genügend Material
zusammenträgst von glaubhaften Aussagen von Bürgern, wird die Demokratie an
der Spitze stehen. Aber nicht nur die Geschichte, sondern die heutige
Situation. Gibt es heute etwa eine andere Staatsform, wo die Mehrzahl der
Bürger ohne Druck seitens der Staatsregierung glaubhaft versichern können,
daß sie sich wohlfühlen? Die richtige Anwendung der mathematischen Statistik
auf die Menschheitsgeschichte kann Dir eine Begründungsgrundlage für
Demokratie liefern.

Gruss
Jörg

Seek

unread,
Nov 23, 1998, 3:00:00 AM11/23/98
to

JMiddendorf schrieb in Nachricht <73b7c2$53p$1...@news.metronet.de>...
Halloechen Jörg, Hallöchen René,

Tschuldigung das ich meinen eigentlich nicht geforderten Kommentar abgeben
muss, aber
dieses Thema beschaefftigt mich bereits seit langem. Ich versuch über ein
paar Umwege
auf das eigentliche Anliegen zu kommen, also verzeiht die Abschweifungen.

1.Ist die Demokratie die beste Regierungsform?

Diese Frage von mir aufgestellte Frage zu beantworten kommt einem
Drahtseilakt gleich, da man
ja nicht alles sagen kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Daher beginne ich so:
Hauptproblem ist in der heutigen westlichen Welt, nicht die Wahl einer
Regierung, sondern die
Wahl einer kompetenten Regierung.
Dies ist aber nur bei einem kompetenten Wähler vorausgesetzt, der das
Gemeinwohl vor das eigene
Wohl stellen muesste, daher wird eine Lösung dieses Problem nur
Schrittweise, durch das stetige
sammeln von Erfahrungen und die Steigerung des Wissens vorangetrieben.
Die weiterführenden Saetze und die Antwort auf die von mir oben gestellte
Frage musste ich aus
verfassungsrechtlichen Gründen weglassen, sie enthielten jedoch keinerlei
extremistische
Denkansaetze.

2.Was hat das mit der Begründungsgrundlage der Demokratie zu tun ?

Ganz einfach. Diese wird schon allein durch die Tatsache der Evolution, die
ja auch auf
Staatsformen zuzutreffen scheint geliefert. Das Durchleben eines Systems
bildet Erfahrung
und fördert das Wissen, wird diese Erfahrung genutzt um eine
Weiterentwicklung
zu vollführen, dann liegt darin der das Systems betreffende evolutionaere
Sinn.

Grundlegendes Ziel ist daher das Bewirken einer Weiterentwicklung und
Modifizierung des
Systems, dies setzt die Analyse des Ursprungs vorraus, also der
Begründungsgrundlage.
Falsch ist es jedoch an dieser Stelle die Begründungsgrundlage der
Demokratie finden zu
wollen, da diese nur eine Mofifizierung eines vorher herschenden Systems
darstellt.
Als Analysebeginn muesste die "Begündungsgrundlage" des allgemeinen
Staatssystems
gewählt werde.
Diese Entsprechen den Denkmustern der "Begründer" der Demokratie, also
unseren französischen
Nachbarn zu Beginn ihrer Revolution. In deren Theorien findest Du René
wahrscheinlich eher was
Du eigentlich suchst, den Grund den Menschen hatten um sich zu
Gemeinschaften
zusammenzuschliessen.

An dieser Stelle möchte ich abbrechen, da meine Gedanken hierzu zwar noch
umfassender sind,
ich jedoch Wert auf eure Meinung betreffend obige Punkte lege.


CU

___SEEK___


Adrian Suter

unread,
Nov 24, 1998, 3:00:00 AM11/24/98
to
"JMiddendorf" <jmidd...@metronet.de> wrote:

[Begründung für Demokratie]


>die Menscheitsgeschichte. Entscheidend ist doch, unter welcher Staatsform
>fühlt sich die Mehrzahl der Bürger am wohlsten.

Aha, ein (notabene nicht weiter begründetes) Werturteil als
Demokratiebegründung.

>Wenn Du genügend Material
>zusammenträgst von glaubhaften Aussagen von Bürgern, wird die Demokratie an
>der Spitze stehen. Aber nicht nur die Geschichte, sondern die heutige
>Situation. Gibt es heute etwa eine andere Staatsform, wo die Mehrzahl der
>Bürger ohne Druck seitens der Staatsregierung glaubhaft versichern können,
>daß sie sich wohlfühlen? Die richtige Anwendung der mathematischen Statistik
>auf die Menschheitsgeschichte kann Dir eine Begründungsgrundlage für
>Demokratie liefern.

Wahrscheinlich hast du recht, dass bei einer solchen statistischen
Umfrage tatsächlich das herauskommt. Zumindest, wenn Du in
demokratischen Staaten fragst...

Allerdings ist dieses Begründungsverfahren per Statistik der Versuch,
die Demokratie mittels Demokratie zu begründen. Denn warum sollte
gerade jene Staatsform, wo die Mehrzahl der Bürger ohne Druck seitens


der Staatsregierung glaubhaft versichern können, daß sie sich

wohlfühlen", die beste sein? Das ist ja gerade das, was begründet
werden soll: dass die Mehrheit der Bürger das entscheidende Kriterium
ist.

Adrian

Marco Ladermann

unread,
Nov 24, 1998, 3:00:00 AM11/24/98
to
tho...@digicron.com (Thomas) writes:

> ...aber ich frage mich dennoch, warum eine Feststellung
> staatlicher/gesellschaftlicher Ziele a posteriori (wann genau? Erst nach
> Gründung des Staatswesens?) ein Vorteil sein soll?

Weil Irrtümer und Fehlentwicklungen korrigierbar sind.

MfG
Marco
--
Marco Ladermann
keep things as simple as possible, but no simpler
Albert Einstein

Marco Ladermann

unread,
Nov 24, 1998, 3:00:00 AM11/24/98
to
tho...@digicron.com (Thomas) writes:

>
> Marco Ladermann <lade...@no.spam.dpa.de> wrote / schrieb:


> | [Ich,] tho...@digicron.com (Thomas) writes:
> |
> | > ...aber ich frage mich dennoch, warum eine Feststellung
> | > staatlicher/gesellschaftlicher Ziele a posteriori (wann genau? Erst nach
> | > Gründung des Staatswesens?) ein Vorteil sein soll?
> |
> | Weil Irrtümer und Fehlentwicklungen korrigierbar sind.
>

> Überzeugt mich auch nicht. Wenn das ein ernstgemeinter Standpunkt
> ist, solltest Du schon ein wenig luzider argumentieren! :-)

Klang es unernst?

> Warum sollten Fehlentwicklungen in einem Staat mit "a priori
> feststehenden" Grundsätzen (wobei ich, wie gesagt, behaupte, daß
> auch eine Demokratie ein solcher ist) *nicht* korrigierbar sein?
>

Das klingt anderes. Ziele sind etwas anderes als Grundsätze. Bei
Zielen sollte es klar sein, daß eine Korrekturmöglichkeit Vorteile
bringt. Eine Politik zur Erreichung von Zielen kann um so besser
kritisiert werden, je pluralistischer das Meinungsbild sein kann.

Daß ein (beliebiger) Staat in irgendeiner Form Grundsätze hat, ist
auch ein Selbstgänger, versteht man unter Grundsätzen die
Konstituenten einen Staates und seine Organisationsform. Wenn Du es
geeignet formulierst, gehört dann auch Demokratie zu den möglichen
Grundsätzen.

Hans Oberberger

unread,
Nov 24, 1998, 3:00:00 AM11/24/98
to
Thomas wrote:

> | Die Demokratie ist die einzige Staatsform, in der das Gemeinwohl a

> | posteriori erfaßt wird. [...]
>
> Ich halte letzteres für fragwürdig, geht doch selbstverständlich
> auch eine Demokratie von einigen Grundwerten aus, die in ihrer
> Verfassung festgeschrieben sind...

Das stimmt. Dem neopluralistischen Konzept zufolge sind diese Grundwerte
notwendig um das System zu erhalten. Natürlich kannst Du argumentieren:
Wo steht, daß sich ein System nicht selbst zerstören darf?
Selbsterhaltung wird in dieser Argumentation schlicht axiomatisch
vorausgesetzt. Aus diesem Axiom folgen in einer Republik logisch die
demokratischen Grundwerte. Übrigens setzen auch alle anderen Systeme
irgendwelche Grundwerte voraus. Sie begründen sie nur z.T. mit Gott oder
sonst irgendeiner höheren Instanz.

> ...aber ich frage mich dennoch, warum eine Feststellung
> staatlicher/gesellschaftlicher Ziele a posteriori (wann genau? Erst nach
> Gründung des Staatswesens?) ein Vorteil sein soll?

Sie ist insofern ein Vorteil, als alle Systeme des a priori-Festlegens
ein Nachteil wären. Es gibt einfach keine schlüssige Begründung, die
erklären könnte woher jemand a priori das Wissen um das beste Ziel einer
Gesellschaft nehmen könnte. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß das
Ziel nur a posteriori bestimmt werden kann. (a priori und a posteriori
beziehen sich dabei auf den Zeitpunkt der Entscheidung). Und dabei gibt
es wiederum keine Alternative zu einer (irgendwie gearteten)
Mehrheitsregel.

Servus, Hans

Marco Ladermann

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
tho...@digicron.com (Thomas) writes:


> Marco Ladermann <lade...@no.spam.dpa.de> wrote / schrieb:
> | [Ich,] tho...@digicron.com (Thomas) writes:
> | >
> | > Marco Ladermann <lade...@no.spam.dpa.de> wrote / schrieb:
> | > | [Ich,] tho...@digicron.com (Thomas) writes:
> | > |

> | > | > ...aber ich frage mich dennoch, warum eine Feststellung
> | > | > staatlicher/gesellschaftlicher Ziele a posteriori (wann genau? Erst nach
> | > | > Gründung des Staatswesens?) ein Vorteil sein soll?

> | > | Weil Irrtümer und Fehlentwicklungen korrigierbar sind.

> | > Überzeugt mich auch nicht. Wenn das ein ernstgemeinter Standpunkt
> | > ist, solltest Du schon ein wenig luzider argumentieren! :-)

> | Klang es unernst?

> | > Warum sollten Fehlentwicklungen in einem Staat mit "a priori
> | > feststehenden" Grundsätzen (wobei ich, wie gesagt, behaupte, daß
> | > auch eine Demokratie ein solcher ist) *nicht* korrigierbar sein?

> | Das klingt anderes. Ziele sind etwas anderes als Grundsätze. Bei
> | Zielen sollte es klar sein, daß eine Korrekturmöglichkeit Vorteile
> | bringt. Eine Politik zur Erreichung von Zielen kann um so besser
> | kritisiert werden, je pluralistischer das Meinungsbild sein kann.

> | [...]

> Schade, daß Du nicht auf mich eingehst -- das aber konsequent!


Fastzinierende Behauptung! Durch was begründet?

> Es ist ein Spiel, das man sehr lange spielen kann: Person A knüpft
> mit einer Frage über das Problem Y an einen Standpunkt X an; Person
> B antwortet auf A mit einem posting zum Thema Z, X und Y souverän
> ignorierend... Aber es ist ein langweiliges Spiel.


Tut mir leid, wenn Du meinst mißverstanden zu werden. Aber was
erwartest Du? Das ich auf eine Aufforderung "luzider" zu
argumentieren, weil Du nicht überzeugt wärest, eingehe und anfangend
bei Adam und Eva lange Geschichten erzähle?

Wenn ich genau wüßte, was Dein Standpunkt wäre, könnte ich auch darauf
eingehen. Was genau meinst Du mit "a priori" und was mit "a
posteriori" im Zusammenhang mit Grundsätzen (welcher Art?) eines
Staates. Was meinst Du mit "Demokratie als Grundsatz des Staates"? Das
er demokratisch verfaßt ist? Geht es Dir um den Geltungsanspruch von
Verfassungen? Um Artikel einer Verfassung?

Irritiert,

Hans Oberberger

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
Thomas wrote:

> Ich würde Dir zustimmen, hättest Du von Mitteln statt von Zielen
> gesprochen -- oder verwenden wir hier nur Begriffe unterschiedlich?
> Ich scheine dazu zu neigen, "Ziele" eher in Richtung Grundsätze,
> Prinzipien, Ideale zu interpretieren.
>
> So begriffen, wurden wichtige "Ziele" einer Gesellschaft immer schon
> a priori, im voraus definiert; so z.B. in dieser Republik, daß das
> "Gemeinwohl" am besten in einer "sozialen Marktwirtschaft" zu
> fördern sei. (In der Tat gibt es dafür übrigens keine "schlüssige
> Begründung"; gäbe es sie, würden wir auch diese Unterhaltung hier
> nicht führen.) Die Wahl der konkreten Mittel dazu geschieht freilich
> erst a posteriori, und stets auf's neue. *Das* unterscheidet eine
> Demokratie aber in keiner Weise von irgendeinem anderen
> Gesellschaftsmodell.

Nein, wir verwenden die Begriffe schon im gleichen Sinne. Wenn ich von a
posteriori oder a priori gefundenen Zielen rede, meine ich schon
Grundsätze, Prinzipien und Ideale. Der axiomatisch vorausgesetzte
Konsens erstreckt sich dabei lediglich auf das demokratische Verfahren.

Daß eine Demokratie sozial und auch noch eine Marktwirtschaft sein soll,
ist bereits eine a posteriori gefundene Erkenntnis. Sie wird in
Deutschland alle vier Jahre erneut abgestimmt und bisher regelmäßig mit
der Wahl von Parteien, die diese Grundsätze vertreten, bestätigt (Wir
könnten ja etwa auch eine radikalliberale Partei wählen, so etwas wie
eine FDP für Sozialschweine).

Es gibt übrigens sehr wohl gar nicht so blöde Versuche, rational zu
begründen, warum vernünftigerweise eine Demokratie sozial sein soll
(vgl. etwa den modernen Klassiker John Rawls und seine "Theorie der
Gerechtigkeit").

Servus, Hans

Peter Rieger

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
RENE ROHRKAMP wrote:
>
> In meinem Proseminar diskutieren wir die Begründungsgrundlage für
> Demokratie,können aber jedes Argument stets entkräften.Wer hat DIE
> unschlagbare Begründung.
> Sowas wie Menschenrechte,Freiheit usw. könnt ihr vergessen.
> Es geht nur aus übergeordneten Zusammenhängen hervor.
> Vielen Dank
> Ciao René


Hallo René,

ein relativ einfacher Nachweis für die Vorteilhaftigkeit demokratisch
konstituierter Staaten für das Staatsvolk (jedoch keine
Begründungsgrundlage!) ist die Entwicklung der mittleren Körpergröße
der Bevölkerung. Es hat sich gezeigt, daß in Demokratien (nach dem
Abgrenzungskriterium von Popper) über einen längeren Zeitraum eine
Zunahme der Körpergröße zu beobachten ist (in den letzten drei-vier
Spektrum d. Wissenschaft Ausgaben). Zusammen mit der Entwicklung der
mittleren Lebenserwartung scheint damit eine stetige Verbesserung der
allgemeinen Lebensbedingungen, nachweisbar zu sein. Das kann zumindest
keiner Wegdiskutieren.


Gruß Peter

Hans Oberberger

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
Peter Rieger wrote:

> ein relativ einfacher Nachweis für die Vorteilhaftigkeit demokratisch
> konstituierter Staaten für das Staatsvolk (jedoch keine
> Begründungsgrundlage!) ist die Entwicklung der mittleren Körpergröße
> der Bevölkerung. Es hat sich gezeigt, daß in Demokratien (nach dem
> Abgrenzungskriterium von Popper) über einen längeren Zeitraum eine
> Zunahme der Körpergröße zu beobachten ist (in den letzten drei-vier
> Spektrum d. Wissenschaft Ausgaben). Zusammen mit der Entwicklung der
> mittleren Lebenserwartung scheint damit eine stetige Verbesserung der
> allgemeinen Lebensbedingungen, nachweisbar zu sein. Das kann zumindest
> keiner Wegdiskutieren.

Das ist mal ein ganz witziger Ansatz. Stichhaltig ist er allerdings
nicht. Denn Lebensdauer und Körpergröße lassen wohl nur auf
medizinischen Fortschritt tippen. Damit kann, muß aber keine generelle
Steigerung der Wohlfahrt einhergehen. Möglich wäre, daß sich ein
entsprechender Fortschritt in der Medizin auch in anderen Staatsformen
vollzogen hätte. Nun kann man möglicherweise empirisch nachweisen, daß
es eine Korrelation von demokratischer Entwicklung und medizinischem
Fortschritt gibt (Ich nehme an, das wars, was in diesen Artikeln
stand?). Das ist jedoch kein hinlänglicher Beweise dafür, daß es einen
kausalen Zusammenhang gibt.

Servus, Hans (1,74 m)

Peter Rieger

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to

IIRC ging es in dem Artikel eben darum, eine Art Wohlfahrtsmetrik zu
definieren, da Kaufkraftmetriken (und andere mehr oder weniger objektiv
ermittelbare monetäre Kennzahlensysteme) den Nachteil haben, abhängig
vom zeitlichen und lokalen Kontext zu sein (landespezifische Warenkörbe,
Agrarsubventionen, ...). Desweiteren ist medizinischer Fortschritt nicht
gleichzusetzen mit allgemeiner Verfügbarkeit der Errungenschaften. Hier
sind demokratische Systeme eben vorteilhaft, insofern der Souverän
(Folker ;-) die eingesetzte Regierung abwählt, wenn der Fortschritt der
breiten Mehrheit vorenthalten wird.

Gruß von oben, Peter (1,83 m)

Lutz Möller

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to

Warum sollen richtige Entscheidungen von eine Mehrheit erkannt werden?
Richtige Entscheidungen sich sachgerechte Entscheidungen, die demzufolge
von Kundigen erkannt und getroffen werde können.

Wahrheit ist doch nicht an ein Zahl gebunden.

Walter Schmid

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
Lutz Möller schrieb:

Demokratie ist nicht nur Mehrheitsentscheidung, sondern das
Teilnahmerecht ALLER an der Politik.
Die Rede-,(Presse- etc,)freiheit gehoert zwingend dazu. Genau das
fehlte bei Hitler und seinen Plebisziten. Regimes, wie die von
Saddam Hussein und 100 andern auf der Welt sind keine
Demokratien, auch wenn alle 4 Jahre Wahlen stattfinden.

Walter


Hans Oberberger

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
Peter Rieger wrote:

> IIRC ging es in dem Artikel eben darum, eine Art Wohlfahrtsmetrik zu
> definieren, da Kaufkraftmetriken (und andere mehr oder weniger objektiv
> ermittelbare monetäre Kennzahlensysteme) den Nachteil haben, abhängig
> vom zeitlichen und lokalen Kontext zu sein (landespezifische Warenkörbe,
> Agrarsubventionen, ...). Desweiteren ist medizinischer Fortschritt nicht
> gleichzusetzen mit allgemeiner Verfügbarkeit der Errungenschaften. Hier
> sind demokratische Systeme eben vorteilhaft, insofern der Souverän
> (Folker ;-) die eingesetzte Regierung abwählt, wenn der Fortschritt der
> breiten Mehrheit vorenthalten wird.

Es stimmt, daß medizinischer Fortschritt nicht automatisch auch
allgemein verfügbar sein muß. Ich bezweifle jedoch, daß der Grad der
Verfügbarkeit ein Maßstab für den Grad der Demokratisierung ist.
Beispiel: Die Volksrepublik China hatte bereits in den 60er Jahren,
trotz wirtschaftlicher Rückständigkeit und trotz eines sozialistischen
Systems, eine relativ gut ausgebaute medizinische Versorgung (Stichwort:
Barfußärzte). Ein hochentwickeltes Land wie die Vereinigten Staaten
dagegen, verfügt zwar über einen High-Tech-Standard in der medizinischen
Entwicklung, die Verfügbarkeit ist jedoch selbst heute noch ziemlich
beschränkt. Ergo: Der Souverän wird nur dann abgewählt, wenn
medizinische Grundversorgung von der Bevölkerung als wesentliches
Wahlkriterium erkannt wird.

Gruß von unten, Hans

Hans Oberberger

unread,
Nov 25, 1998, 3:00:00 AM11/25/98
to
Thomas wrote:

> | Daß eine Demokratie sozial und auch noch eine Marktwirtschaft sein soll,
> | ist bereits eine a posteriori gefundene Erkenntnis.
>

> Nein, das steckt vielmehr bereits im Grundgesetz drin, ist also a
> priori festgelegt.
> (Wobei natürlich das Grundgesetz, wie jede andere Verfassung, nicht ohne
> vorherige Erkenntnis/Erfahrung entworfen wurde, jedoch vor der
> eigentlichen Existenz der Republik; aber das scheinst Du ja nicht zu
> meinen.)

Doch, genau das meine ich. Das Grundgesetz schreibt zwar unsere
Grundwerte fest. Das heißt aber nicht, daß die Geschichte der deutschen
Demokratie erst mit der vielbeschworenen "Stunde 0" nach dem Krieg quasi
wie aus dem Nichts entstand. Sie ist nur im Kontext einer
Demokratisierungsgeschichte im Europa der letzten 2000 Jahre zu sehen.
Die Bonner Republik ist aber auch ein schlechtes Beispiel, weil wir ja
nach dem Krieg praktisch zwangsdemokratisiert wurden und uns somit der
Entscheidungsprozeß abgenommen wurde.

> | Sie wird in
> | Deutschland alle vier Jahre erneut abgestimmt und bisher regelmäßig mit
> | der Wahl von Parteien, die diese Grundsätze vertreten, bestätigt
>

> Eine Partei, die das "soziale" Element explizit abschaffen wollte,
> wäre verfassungsfeindlich und damit nicht sehr lange zu Wahlen
> zugelassen. Über die grundlegenden "Ziele" dieser Republik, wie oben
> definiert, kann und muß nicht (mehr) abgestimmt werden. Gewählt
> wird, in Verkörperung durch Parteien und Programme, die konkrete
> Ausgestaltung, die Mittel -- auch wenn natürlich hier enormer
> Interpretations- und Gestaltungsspielraum der "Ziele" besteht.

Das Grundgesetz ist, wie oben geschildert, nicht der in unserer
Diskussion gemeinte Grundkonsens, zumindest nicht vollständig. Und ein
großer Teil des GG kann ja auch ohne größere Probleme geändert werden.
Verfassungswidrigkeit ist deshalb kein Kriterium.

Servus, Hans

Paul

unread,
Nov 26, 1998, 3:00:00 AM11/26/98
to

Lutz Möller

> Warum sollen richtige Entscheidungen von eine Mehrheit erkannt werden?
> Richtige Entscheidungen sich sachgerechte Entscheidungen, die demzufolge
> von Kundigen erkannt und getroffen werde können.
> Wahrheit ist doch nicht an ein Zahl gebunden.

Hallo Lutz,

So sagt es übrigens Sokrates
entweder im Laches oder in den
Sophistes.

Aber - bei aller Liebe - ich bin über
30 Jahre und finde die Mehrheitsregel
(mit den vielen anderen Dingen:
Pressefreiheit, Bürgerechte, Sozialstaat,
Gewaltenteilung...) die beste Sache
um das Gemeinwesen zu organisieren.

Gruß
Paul

Marco Ladermann

unread,
Nov 27, 1998, 3:00:00 AM11/27/98
to
tho...@digicron.com (Thomas) writes:

>
> Marco Ladermann <lade...@no.spam.dpa.de> wrote / schrieb:


>
> Warum sollten Irrtümer und Fehlentwicklungen *nur* korrigierbar
> sein, wenn eine Feststellung staatlicher/gesellschaftlicher Ziele
> erst a posteriori erfolgt?
>
> Denn das implizierst Du mit Deiner Antwort, und danach hatte ich schon
> gefragt.
>

Aber ist die Antwort nicht trivial? Wenn Ziele a priori festliegen,
wie können sie dann im Nachhinein (a posteriori) geändert werden? So,
wie ich es sehe, kann man sinnvoll nur solche Ziele als "a priori"
kennzeichnen, die eben "evident", "klar", "unrevidierbar"
usw. sind. Dies schließt eben, die Veränderbarkeit aus. Definiert
sich ein Staat über a priori Regeln ist er von Anfang an erstarrt.

Was natürlich Sinn macht, ist es einzelne Grundsätze mit einem
unterschiedlichen Gewichtung der Änderbarkeit
auszustatten. Steuergesetze müssen häufiger geändert werden als
Menschenrechte.

MfG

0 new messages