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Alte E-Orgel digitalisieren

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Holger Ringle

unread,
Oct 5, 2003, 6:09:26 AM10/5/03
to
Hallo,

wer hat denn dieses Teil von Doepfner schon mal nachgerüstet,
welches in Jörn Haenschs Thread weiter oben erwähnt wurde ?

Ich habe eine Johannus Opus 230 hier im Zimmer und würde den
Klang gerne etwas den heutigen Möglichkeiten anpassen.

Würde mich sehr interessieren !


Holger

Jörn Hänsch

unread,
Oct 5, 2003, 5:41:44 PM10/5/03
to
Holger Ringle <Holger...@gmx.de> wrote:

>Ich habe eine Johannus Opus 230 hier im Zimmer und würde den
>Klang gerne etwas den heutigen Möglichkeiten anpassen.

Ich habe mich in den letzten Tagen noch mal detaliert kundig gemacht
und kann dir nur raten: Wenn dir dein Spieltisch gefällt und du kommst
damit gut klar: _unbedingt_ midifizieren!
Du kannst dir dann für echt wenig Geld sehr viel Klang holen und hälst
dir damit auch für die Kuhzunft viele Optionen offen ;-)))
(Wenn nicht: Ich kaufe dir die Orgel gerne ab!!!1 *vbg*)


Die Ahlborn-Studioline (II/20, momentan mit einer der kleinsten und
preiswertesten ernstzunehmenden Digitalorgeln!) kostet schon in der
Gundaustattung(!) ca. 4,5k EUR. Der vergleichbare
Ahlborn-Hardware-Expander (II/20) kostet nur ca. 1,5k (es gibt
allerdings auch noch kleinere Versionen andere Hersteller) . Da kannst
du dir ausrechnen, daß alleine 3000 EUR (!) bei der Orgel nur für den
Spieltisch draufgehen :-(( Ein MIDI-Pedal kostet übrigens neu gute 1k
EUR, ein Manual 550 EUR (im Blockgehäuse, allerdings schon
midifiziert).

Gegenüber einer Neuanschaffung hättest du mit Midifizierung und
Hardware-Expander immerhin schon mal locker 2500 EUR gespart ;-))
Ich würde bei der "Hardwarelösung" bei der Midifizierung anstatt des
Döpfers eher auf www.wira-electronic.de zurückgreifen - ist zwar ein
bißchen aufwendiger und teurer, aber anscheinend in der Behandlung der
Spielhilfen, Register etc. besser für eine reine Hardwarelösung
konfigurierbar bzw. geignet. Das Ergebnis läßt sich natürlich nicht
mit einer luxeriösen Rodgers (10k aufwärts!) vergleichen, dürfte aber
schon ziemlich akzeptabel sein - eine solide "Mittelklassenorgel" eben
;-))
Die Erweiterungmöglichkeiten sind auch klar: Der Expander kann
jederzeit getauscht oder duch einen zweiten ergänzt werden. (was dann
immerhin 40 "echte" Register ergibt!)


Das ist aber noch nicht die "Minimallösung": Ausgerechnet in der
Kirchenmusikmailingliste (www.kirchenmusikliste.de) habe ich den
Softwaretip "Hauptwerk" (www.hauptwerk.co.uk) bekommen. Das ist quasi
ein Softwaresampler, der auf Samples realer Orgeln aufbaut. Ich finde
es (gute HIFI-Anlage vorausgesetzt! *g*) klanglich _sehr_ überzeugend
- und gegenüber Hardwareexpandern ist dieses Teil auch noch _sehr_
viel individueller (inkl. Spielhilfen und Disposition!) handle- und
konfigurierbar.
In der Grundaustattung (ca. 70 EUR, für kirchlichen und schulischen
Gebrauch kostenlos erhältlich!) sind auch schon diverse fiktive und
reale Orgeln vorhanden - das reicht von der fiktiven
6-Register-Hausorgel mit angehängtem Pedal bis zur "echten" II/26.
Mittlerweile sind auch (kostenpflichtige!) Orgeln von Drittanbietern
(u.a. die Silbermannorgel aus Reinhardtsgrimma) erhältlich ...
Natürlich kann man sich auch seine "persönliche" Orgel
zusammenbasteln!

Nachteil ist vor allem das Latency-Problem: Mit meiner
08/15-Soundkarte, 1,4 Athlon, 170MB freien Speicher und meiner
PSR-Tischhupe kann ich grade mal "echte" 3-4 Register in Mono
angemessen bedienen - mit Oktavkoppeln und Multiplexverfahren ist da
allerdings auch noch mehr drin! Für die größte Orgel des Pakets- eine
romantische II/26 - wird die Hardwareanforderung für Stereo-Betrieb
mit mindestens (!) 2 GHz und 1GB freien(!) Ram angegeben ...
Bei momentan permanent stark sinkenden Hardwarepreisen wäre also
durchaus zu überlegen, ob man anstatt in einen Hardwarexpander nicht
doch eher in einen speziallisierten PC (evt. auch mit Einbau in das
Orgelgehäuse?) investiert. Ein entsprechender PC sollte für ca. die
Hälfte eines Hardware-Expanders zu bekommen sein.


Es gibt auch noch eine "Mittlere" Lösung: Hierzu wird ein PC und der
Roland "Sound canvas" (SCPOP heißt das Projekt!) ) benötigt. Klanglich
auch ziemlich gut, für mich allerdings nicht wirklich überzeugend, da
Registrierungen "vorgegeben" werden und man nicht wirklich eingreifen
kann.


Es gibt wohl auch noch eine "Samplingreihe" für den Giga-Sampler - da
habe ich mich allerdings überhaupt nicht mehr drum gekümmert :o)


Jörn

--
www.dooferorganist.de -> private Selbstdarstellungsseite
www.kirchenmugge.de -> die Seite zum ultimativen drmm-Treffen!
www.drm-machen.de -> FAQ von drmm

Holger Ringle

unread,
Oct 6, 2003, 3:33:36 PM10/6/03
to
Vielen Dank, Jörn,

für die ausführliche Meinung und die Tipps zur Digitalisierung.
da hab ich wohl einen Spezialisten geweckt ...
das druck ich mir jetzt erst mal aus und legs unters
Kopfkissen ;-)

Aber ganz im Ernst: solche Postings wünschte ich mir
öfter hier im Forum.

Holger


Jörn Hänsch schrieb:

Jörn Hänsch

unread,
Oct 8, 2003, 2:20:05 PM10/8/03
to
Holger Ringle <Holger...@gmx.de> wrote:

>für die ausführliche Meinung und die Tipps zur Digitalisierung.
>da hab ich wohl einen Spezialisten geweckt ...

Ich bin da keineswegs ein "Spezialist" - aber die kalte Jahreszeit
kommt, und ich habe keine Lust, mir in der Kiche den A**** abzufrieren
;-)

Wilhelm Wiegert

unread,
Oct 10, 2003, 11:53:51 AM10/10/03
to
Jörn Hänsch meinte:

> Ich bin da keineswegs ein "Spezialist" - aber die kalte Jahreszeit
> kommt, und ich habe keine Lust, mir in der Kiche den A**** abzufrieren

Seit die Gemeinde in der Stadtmitte den neuen Kantor hat,
wird die Kirche auch nur noch zu Veranstaltungen geheizt.
Der alte Kantor, der ein ständiges Halten der Temperatur
auf 18°C durchgesetzt und sich u.a. damit an vielen Stellen
unbeliebt gemacht hatte, meint, die Orgel würde wegen der
wechselnden Temperatur verstimmen und wegen der mit dem
Temperaturwechsel verbundenen schwankenden relativen
Luftfeuchte (besonders beim Abkühlen nach den
Veranstaltungen) Schaden nehmen, so dass ein ständiges
moderates Heizen auf die Dauer billiger käme. Hast Du
Erfahrungen damit?

Viele Grüße
Wilhelm

Raimund Huemmer

unread,
Oct 10, 2003, 3:13:46 PM10/10/03
to
Wilhelm Wiegert <Wilhelm...@t-online.de> writes:

> Seit die Gemeinde in der Stadtmitte den neuen Kantor hat,
> wird die Kirche auch nur noch zu Veranstaltungen geheizt.
> Der alte Kantor, der ein ständiges Halten der Temperatur
> auf 18°C durchgesetzt und sich u.a. damit an vielen Stellen
> unbeliebt gemacht hatte, meint, die Orgel würde wegen der
> wechselnden Temperatur verstimmen und wegen der mit dem
> Temperaturwechsel verbundenen schwankenden relativen
> Luftfeuchte (besonders beim Abkühlen nach den
> Veranstaltungen) Schaden nehmen, so dass ein ständiges
> moderates Heizen auf die Dauer billiger käme.

Das hängt IMHO sehr vom Alter und Zustand des Instruments ab. Je nach
verbauten Hölzern und anderen Materialien verhalten sie sich mehr oder
weniger empfindlich. Ich habe hier in unserer Gemeinde mit drei
Orgeln zu tun, die ich das Jahr über regelmässig spiele und jede
ist da anders. Im Winter hatte ich auch bei kaum beheizten Kirchen
bisher am wenigsten Probleme. Am schlimmsten ist die Trockenheit und
fehlende Luftfeuchtigkeit im Sommer. In diesem Sommer war es eigentlich
überall katastrophal. Die Orgeln waren reihenweise unbespielbar.

Ein Orgelbauer, der eigentlich jetzt im Herbst eine bereits länger
geplante Renovierung an unserer Orgel durchführen sollte, bat um
Terminverschiebung auf nächstes Frühjahr, da er zur Zeit "wegen
dem Chaos, dass der heisse Sommer unter den Orgeln angerichtet hat"
täglich 16 Stunden arbeitet um die Instrumente wieder halbwegs
herzurichten.

Gruss
Raimund

--
Life's too short to read boring signatures

Jörn Hänsch

unread,
Oct 10, 2003, 4:45:23 PM10/10/03
to
Raimund Huemmer <rai...@baumann-online.net> wrote:

>Ich habe hier in unserer Gemeinde mit drei
>Orgeln zu tun, die ich das Jahr über regelmässig spiele und jede
>ist da anders. Im Winter hatte ich auch bei kaum beheizten Kirchen
>bisher am wenigsten Probleme. Am schlimmsten ist die Trockenheit und
>fehlende Luftfeuchtigkeit im Sommer. In diesem Sommer war es eigentlich
>überall katastrophal. Die Orgeln waren reihenweise unbespielbar.

Temperaturunterschiede sind tatsächlich weniger das Problem - sobald
die Änderung nicht zu schnell (ca. 1Grad/h ist akzeptabel!) passieren.
Eine gute Orgel in solider Verarbeitung sollte das _locker_ wegstecken
können - auch wenn Holz ein "arbeitenes Material" ist.
(Mindesttemperatur liegt IMHO bei ca. 12 Grad?)

Übrigens: Temperaturunterschiede verändern zwar die Stimmung (ca.
1cent/Grad) aber nicht das Stimmungsverhältnis!
Die Ursachen für Verstimmungen sind meistens ganz andere: Dreck in der
Pfeife, heruntergefallender Deckel oder Stimmrolle etc; und vor allem:
Wind in anderer Temperatur als im Raum.
(Ich lasse vor Konzerten die Orgel immer 2 Stunden "warmlaufen", weil
selbst der Orgelmotor die Temperatur des Windes beeinflußt!)

Problem ist eher die Luftfeuchtigkeit - nicht nur in diesem Sommer;
sondern auch jetzt, wenn die "Heizsaison" wieder anfängt.
Grade, wenn man die Luft künstlich erwärmt, nimmt die Luftfeuchtigkeit
ab (wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen), wenn man nicht
künstlich nachbefeuchtet.

Als "Normalwert" sagt man etwa 70-80% (wie in Wohnräumen auch!); unter
50% verweigert eigentlich jeder Orgelbauer Garantieleistungen ;-)
Zum Vergleich: Diesen Sommer hatten wir stellenweise wochenlang
Luftfeuchtigkeiten unter 45%, davon tageweise sogar bis zu 35% runter.
Die Gefahr ist dabei, daß das Holz Risse bekommt - und an Teilen wie
der Windlade kann das schon fast ein "Kapitalschaden" werden ...
In meiner Kirche liegt die Feuchtigkeit bei beheizten Gottediensten
bei ca. 60%.

Wilhelm Wiegert

unread,
Oct 12, 2003, 11:31:09 AM10/12/03
to
Jörn Hänsch meinte:

> Übrigens: Temperaturunterschiede verändern zwar die Stimmung (ca.
> 1cent/Grad) aber nicht das Stimmungsverhältnis!

Wie ich schon auf Raimund antwortete: Vielleicht ist bei
uns auch das unterschiedliche Pfeifenmaterial (Kupfer und
Blei-Zink) das Problem.

> Die Ursachen für Verstimmungen sind meistens ganz andere: Dreck in der
> Pfeife, heruntergefallender Deckel oder Stimmrolle etc; und vor allem:
> Wind in anderer Temperatur als im Raum.
> (Ich lasse vor Konzerten die Orgel immer 2 Stunden "warmlaufen", weil
> selbst der Orgelmotor die Temperatur des Windes beeinflußt!)

Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet; wieder was gelernt.


>
> Problem ist eher die Luftfeuchtigkeit - nicht nur in diesem Sommer;
> sondern auch jetzt, wenn die "Heizsaison" wieder anfängt.
> Grade, wenn man die Luft künstlich erwärmt, nimmt die Luftfeuchtigkeit
> ab (wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen), wenn man nicht
> künstlich nachbefeuchtet.

Bei uns soll die Gefahr darin liegen, dass während einer
Veranstaltung das Publikum/die Gemeinde die Luft
befeuchtet, so dass beim Abkühlen der Feuchteunterschied
zur Aufheizphase besonders krass ausfällt.


>
> Als "Normalwert" sagt man etwa 70-80% (wie in Wohnräumen auch!); unter

Bist Du sicher? Diesen Wert erreiche ich zu Hause nur im
Badezimmer.

> 50% verweigert eigentlich jeder Orgelbauer Garantieleistungen ;-)
> Zum Vergleich: Diesen Sommer hatten wir stellenweise wochenlang
> Luftfeuchtigkeiten unter 45%, davon tageweise sogar bis zu 35% runter.

Du kennst ja die Oberste Stadtkirche; auch im Sommer war
sie im Vergleich zur Umgebung recht kühl, so dass
vermutlich bei Abkühlung der eingetretenen Luft die
relative Feuchte nicht so extrem niedrig war, wie du oben
schreibst.

> Die Gefahr ist dabei, daß das Holz Risse bekommt - und an Teilen wie
> der Windlade kann das schon fast ein "Kapitalschaden" werden ...

Eben, das meinte ich ja (s.o.). Ich hatte nebenbei vor ein
paar Tagen die Gelegenheit, in die Orgel zu kriechen. Stell
Dir vor, woraus der Windkanal (nicht die Lade) besteht: Aus
Kunstoff-Abwasserrohren! Mit so profanen Bauteilen hätte
ich nicht gerechnet. :-)

Viele Grüße
Wilhelm

Wilhelm Wiegert

unread,
Oct 12, 2003, 11:31:08 AM10/12/03
to
Raimund Huemmer meinte:

>
> Das hängt IMHO sehr vom Alter und Zustand des Instruments ab. Je nach
> verbauten Hölzern und anderen Materialien verhalten sie sich mehr oder
> weniger empfindlich.

Hier steht eine 30 Jahre alte Schuke-Orgel, in der viel
Metall im Innenleben (bes. bei den Abstrakten) verbaut
wurde. Die Labiale sind dabei weniger ein Problem als die
Zungen, die bei Temperaturschwankungen wohl anders
reagieren als die Labiale. Vielleicht liegt es auch daran,
dass ein Teil der Zungen im Gegensatz zu den Labialen aus
Kupfer ist, während sonst Blei-Zink-Legierungen verbaut
wurden. Das Instrument ist in einem recht gepflegten
Zustand.

[...]


> bisher am wenigsten Probleme. Am schlimmsten ist die Trockenheit und
> fehlende Luftfeuchtigkeit im Sommer. In diesem Sommer war es eigentlich
> überall katastrophal. Die Orgeln waren reihenweise unbespielbar.

So extrem kann ich das jetzt aus unserem Raum nicht
bestätigen. Allerdings hatte die alte Schulze-Orgel aus dem
Jahre 1847 Probleme. Unser ehemaliger Kantor fürchtet nur
bei der durch die Temperatur beinflussten Feuchteschwankung
im Winter um die Haltbarkeit der Holzbestandteile der
Schuke-Orgel.

Viele Grüße
Wilhelm

Margit Suess

unread,
Oct 12, 2003, 12:11:07 PM10/12/03
to
Wilhelm Wiegert <Wilhelm...@t-online.de> wrote:

> Bei uns soll die Gefahr darin liegen, dass während einer
> Veranstaltung das Publikum/die Gemeinde die Luft
> befeuchtet, so dass beim Abkühlen der Feuchteunterschied
> zur Aufheizphase besonders krass ausfällt.

LOL

Gruss, Margit, die sich gerade vorstellt, wie das Publikum waehrend des
Konzertes nur in kleinen Gruppen und auch nur luftanhaltenderweise
eingelassen wird

Erhard Schwenk

unread,
Oct 12, 2003, 12:48:21 PM10/12/03
to
Wilhelm Wiegert wrote:


> Der alte Kantor, der ein ständiges Halten der Temperatur
> auf 18°C durchgesetzt und sich u.a. damit an vielen Stellen
> unbeliebt gemacht hatte, meint, die Orgel würde wegen der
> wechselnden Temperatur verstimmen und wegen der mit dem
> Temperaturwechsel verbundenen schwankenden relativen
> Luftfeuchte (besonders beim Abkühlen nach den
> Veranstaltungen) Schaden nehmen, so dass ein ständiges
> moderates Heizen auf die Dauer billiger käme. Hast Du
> Erfahrungen damit?

Also erstmal ist es IMHO ein böser Trugschluß, zu glauben, wenn man das
Gebäude auskühlen läßt und dann für jede Benutzung wieder mühsam auf
Temperatur bringen muß, spart man Heizkosten. Durch das Hochheizen
werden immense Mengen an Heizmaterial (egal ob das nun Öl, Gas, Holz,
Kohle oder Strom ist) verbraten. Viel mehr als dafür, ein einmal warmes
Gebäude auch warm zu halten - schon wenn man das Gebäude 2x in der Woche
braucht, würde ich eine nennenswerte Einsparung bezweifeln.

Dazu kommt, daß das dem gesamten Inventar überhaupt nicht gut tut.
Jegliches Holz-Inventar wird anfangen zu arbeiten, wenn Luftfeuchtigkeit
und Temperatur ständig schwanken. Das führt zu knarzenden Dielen,
klemmenden oder quietschenden Türen an allen möglichen Schränken usw.
Auch einer Orgel *kann* das IMHO überhaupt nicht gut tun, ebenso im
Gebäude befindlichen Gemälden oder Fresken an Wänden und Decke (wobei
Letztere der Tortur sicher am längsten widerstehen werden). Metallteilen
tut es auch nicht gut, wenn sie klamm werden bzw. sich auf ihnen
Kondenswasser niederschlägt.

Wer Energie sparen will, sollte woanders ansetzen, z.B. bei Lüftung und
Wärmedämmung, und da ist auch in alten Kirchen durchaus einiges möglich,
ohne daß man die schönen Kirchenfenster austauschen oder die Fresken von
den Wänden schlagen muß. Durch herunterkühlen zu sparen ist "gut
gemeint", was nicht selten das exakte Gegenteil von "gut" ist.


--
Erhard Schwenk

Akkordeonjugend Baden-Württemberg - http://www.akkordeonjugend.de
K-ITX Webhosting - http://webhosting.k-itx.net

Jörn Hänsch

unread,
Oct 12, 2003, 4:31:40 PM10/12/03
to
Erhard Schwenk <esch...@fto.de> wrote:

>Also erstmal ist es IMHO ein böser Trugschluß, zu glauben, wenn man das
>Gebäude auskühlen läßt und dann für jede Benutzung wieder mühsam auf
>Temperatur bringen muß, spart man Heizkosten. Durch das Hochheizen
>werden immense Mengen an Heizmaterial (egal ob das nun Öl, Gas, Holz,
>Kohle oder Strom ist) verbraten. Viel mehr als dafür, ein einmal warmes
>Gebäude auch warm zu halten - schon wenn man das Gebäude 2x in der Woche
>braucht, würde ich eine nennenswerte Einsparung bezweifeln.

Das wäre wahrscheinlich einfach mal ein Rechenensempel wert ;-)

Fakt ist, daß die meisten (alten) Kirchen alleine schon aus
Denkmalschutzgründen mindestens 10-12 Grad(?) haben müssen - ein
"komplettes" Aufheizen, wie man es daheim nach dem Lüften hat, gibt es
in Kichen also estmal nicht.
Ich kann mir ehlich gesagt auch nicht vorstellen, daß ein temporäres
Aufheizen von z.B. 6 Grad wirklich teuer sein soll als ein permanentes
Halten von 17 Grad. Davon ab: In vielen Kirchen ist die Heizung eben
grade aus Denkmalschutz eh nach oben begrenzt!
In meiner Heimatgemeinde darf z.B. wegen teilhistorischer Orgel und
anderen Schätzen nicht meh als 15 Grad(!) geheizt werden. Viele
moderne Heizungen haben übigens auch einen "Feuchtigkeitsbegrenzer" -
wenns beim Heizen zu trocken wird, ist auch da schnell Schluss ;-)


Und noch was anderes zum Thema Heizen: Meine Gemeinde hat das
tatsächlich mal durchgerechnet und prompt die bisherige "Winterkirche"
im Januar/Februar wieder eingestampft:

1.) Es war keine signifikante Einsparungen an den Heizkosten erkennbar
2.) Konsequent müsste man auch alle Veranstaltungen im
November/Dezember ins Gemeindehaus legen (geht aus Platzgründen nicht)

Netschiedenes Argument war aber wohl die imense Mehrarbeit des Küsters
....

Jörn Hänsch

unread,
Oct 12, 2003, 4:40:04 PM10/12/03
to
Wilhelm Wiegert <Wilhelm...@t-online.de> wrote:

>Hier steht eine 30 Jahre alte Schuke-Orgel, in der viel
>Metall im Innenleben (bes. bei den Abstrakten) verbaut
>wurde.

Ich habe auch so eine "Märklin-Bausatz-Orgel" :-/
Vorteil: Wenn mal bei derr Traktur ne Schraube wegfliegt, kann man das
super mit Lüsterklemmen (sp?) repaieren ;->>

Und von "Tropenfest" (laut Erbauer!) kann leider auch keine Rede sein
:-((

>Die Labiale sind dabei weniger ein Problem als die
>Zungen, die bei Temperaturschwankungen wohl anders
>reagieren als die Labiale. Vielleicht liegt es auch daran,
>dass ein Teil der Zungen im Gegensatz zu den Labialen aus
>Kupfer ist, während sonst Blei-Zink-Legierungen verbaut
>wurden.

Zungen sind insofern kritisch, zumal Zunge, Kehle und Krücke aus
Metall (und das teilweise auch noch aus verschiedenen!) sind. Und wer
schon mal versucht hat ne Zunge intionieren, weiß, was das für eine
Frickelarbeit ist ;-)
Wenn also grade da das Metall zu arbeiten anfängt, wirkt sich das
sofort auf Intonation, Stimmung und Anspache aus.
Labiale sind da weit unempfindlicher!

>Das Instrument ist in einem recht gepflegten
>Zustand.

Dann sind es ja noch 10 Jahre bis zu ersten goßen Renovieungsmaßnahme
:-D

Andreas Pilat

unread,
Oct 12, 2003, 7:36:55 PM10/12/03
to

"> >Die Labiale sind dabei weniger ein Problem als die
> >Zungen, die bei Temperaturschwankungen wohl anders
> >reagieren als die Labiale. Vielleicht liegt es auch daran,
> >dass ein Teil der Zungen im Gegensatz zu den Labialen aus
> >Kupfer ist, während sonst Blei-Zink-Legierungen verbaut
> >wurden.
>
> Zungen sind insofern kritisch, zumal Zunge, Kehle und Krücke aus
> Metall (und das teilweise auch noch aus verschiedenen!) sind. Und wer
> schon mal versucht hat ne Zunge intionieren, weiß, was das für eine
> Frickelarbeit ist ;-)
> Wenn also grade da das Metall zu arbeiten anfängt, wirkt sich das
> sofort auf Intonation, Stimmung und Anspache aus.
> Labiale sind da weit unempfindlicher!

Ich denke das Problem ist das unterschiedliche Prinzip.
Bei Labialpfeiffen bestimmt die Rohrlänge die Tonhöhe, mit steigender
Temperatur (und sich daraus resultierend ändernder Schallgeschwindigkeit)
wird die Pfeiffe höher, da sie akkustisch (auf die Schallgeschwindigkeit
bezogen) höher wird. Die Ausdehnung des Materials mach da ziemlich sicher
nichts aus.
Bei Zungen wird die Tonhöhe bestimmt durch die Zunge selbst, die ist aus
Metall, die Schallgeschwindigkeit in der Luft ist da eher schnuppe.
Das Metall dehnt sich aus (die Zunge wird länger) und es wird weicher, d.h.
eine Zungenpfeife sollte (nach meiner Theorie) eher tiefer werden, wenn die
Temperatur hochgeht.
Zungenpfeifen und Labialpfeifen driften in entgegengesetzte Richtung, das
Ergebniss klingt dann eher nicht so toll.
Soweit meine Meinung zum Orgeltemperaturstimmungsproblem.

Gruß
Andreas, der alles was mehr wie vier Knöpfe hat nur mit Vorsicht anfasst.

Andreas Pilat

unread,
Oct 12, 2003, 7:40:40 PM10/12/03
to
Korrektur eines ärgerliches Fehlers meinerseits:

> Bei Labialpfeiffen bestimmt die Rohrlänge die Tonhöhe, mit steigender
> Temperatur (und sich daraus resultierend ändernder Schallgeschwindigkeit)
> wird die Pfeiffe höher, da sie akkustisch (auf die Schallgeschwindigkeit

> bezogen) _höher_ wird.

Es muss natürlich "kürzer" heissen.

Gruß
Andreas

Volker Gringmuth

unread,
Oct 13, 2003, 2:29:16 AM10/13/03
to
Andreas Pilat (pi...@gmx.de) wrote:

>> Bei Labialpfeiffen bestimmt die Rohrlänge die Tonhöhe, mit
>> steigender Temperatur (und sich daraus resultierend ändernder
>> Schallgeschwindigkeit) wird die Pfeiffe höher, da sie akkustisch
>> (auf die Schallgeschwindigkeit bezogen) _höher_ wird.
>
> Es muss natürlich "kürzer" heissen.

Ja, und du hast recht.

Aus dem gleichen Grund bläst man möglichst niemals mit dem Mund in eine
Orgelpfeife, oder nur ganz kurz zu Kontrollzwecken - bis sie sich
wieder abgekühlt hat, ist sie zu hoch, weil das Metall auch den aus der
Lade einströmenden kühlen Wind erwärmt.


vG

PS: <feuerzangenbowle> Pfeiffe mit drei "f"? </feuerzangenbowle>

--
~~~~~~ Volker Gringmuth ~~~~~~~~~~~ http://einklich.net/ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Im Vatikan gibt es zwei Päpste pro Quadratkilometer.

Andreas Pilat

unread,
Oct 14, 2003, 7:45:33 PM10/14/03
to
> >> Bei Labialpfeiffen bestimmt die Rohrlänge die Tonhöhe, mit
> >> steigender Temperatur (und sich daraus resultierend ändernder
> >> Schallgeschwindigkeit) wird die Pfeiffe höher, da sie akkustisch
> >> (auf die Schallgeschwindigkeit bezogen) _höher_ wird.
> >
> > Es muss natürlich "kürzer" heissen.
>
> Ja, und du hast recht.
>
> Aus dem gleichen Grund bläst man möglichst niemals mit dem Mund in eine
> Orgelpfeife, oder nur ganz kurz zu Kontrollzwecken - bis sie sich
> wieder abgekühlt hat, ist sie zu hoch, weil das Metall auch den aus der
> Lade einströmenden kühlen Wind erwärmt.

Ebensowenig wie man eine vom Löten noch heisse Trompete anspielen sollte, da
sie in kalten Zustand sicher viel zu tief ist.
Iss meinem Instrumentenbauer wohl mal (in der Ausbildung) so gegangen.

Gruß
Andreas

Hans-Joachim Röhrs

unread,
Oct 15, 2003, 6:32:27 AM10/15/03
to
LIebe Poster,

so ganz glücklich bin ich mit euren Einlassungen in dieser Frage nicht. Die
Temperaturschwankung betrifft zunächst einmal die longitudinale
Schallgeschwindigkeit im Schwingungsmedium und das ist hier halt die Luft, der
"Orgelwind". Die Längenänderung durch die Ausdehnung des Pfeifenmateriales (bei
Labialen) ist marginal. Wenn die Schallgeschwindigkeit steigt, steigt auch die
Tonhöhe der Labialen.
Zungen verhalten sich da als recht brutale Klangerzeuger anders. Bei ihnen
bestimmt lediglich die Länge des schwingenden Blattes auf der Kehle die Tonhöhe,
der sonstige Klapperatismus drumherum (Becherformen, Aufsätze etc.) dient nur
der Formung des dabei entstehenden -ziemlich rechteckförmigen-
Schwingungssignales zum musikalisch reizvollen Ton.
Bei Temperaturänderungen verbleiben die Zungen auf der alten Tonhöhe, die
Labialen sacken ab bzw. steigen, wobei da je nach Temperatur im Werk auch
erhebliche Unteschiede aufreten können, namentlich wenn man die therodynamischen
Verhaltensweisen eines Raumes beim Heizen betrachtet. (Hitzestaus unter Decken
etc. pp., in die Oberwerke hineinragen; da wird viel gesündigt).
Ob ein 'Warmlaufen' einer Orgel etwas bringt, kann man nur anhand der örtlichen
Verhältnisse entscheiden. Die Wärme des Motors ist's nicht. Meine obigen
Einlassungen legen nahe, dass ein Instrument über seine aktuelle Nutzung hin mit
Wind (auch) konstanter Temperatur versorgt werden soll, damit es stimmungsmäßig
während des Gebrauches intakt bleibt. Darauf hat der Orgelbauer bezüglich des
Windeinlasses zu achten, also auch auf eine Ansaugstelle in dem Raum, in dem die
Orgel steht. Da sündigten unsere "Vorfahrer" mit Leidenschaft, weil die des
Lärmes einer mechanischen Windversorgung wegen diese gemeinhin auf
Kirchendachböden verlegten, mit den kuriosesten Folgen für die Werke übrigens
(z. B. Stumm-Orgel von St. Kastor/Traben-Trarbach)

Luftfeuchtigkeit betrifft/belastet die Stimmung eigentlich nicht; Änderungen im
Feuchtigkeitshaushalt einer Kirche -egal nun ob wie in diesem Sommer das
natürliche Klima, die weiß Gott üble Heizerei (da spricht auch der
Kunsthistoriker in mir) oder aber eine Restaurierungsaktivität verantwortlich
ist- belasten immer die ja traditionell (eigentlich) artgerecht mit Warmleim
'gekittete' "Gigantische Prothese" (G. Ligeti). Feuchtigkeits- und
Temperaturschwankungen gehen der Orgel an ihre ja 'hölzerne Statik' (Laden,
Traktur, Tragwerk) . Dabei sind die Änderungen das Problem, wie ich als Kind
(länger her) in Hamburg-Neuenfelde erfuhr, wo die Trockenlegung unserer Tage der
über Jahrhunderte sehr feuchten Kirche dem partiell erhaltenen Werk Arpen
Schnitgers doch etwas zusetzten.

Lang, ich weiß, aber wahr....

Hans-Joachim

Thomas Wiedemeier

unread,
Oct 15, 2003, 7:11:29 AM10/15/03
to
Hallo,

Hans-Joachim Röhrs schrieb

.....


> Zungen verhalten sich da als recht brutale Klangerzeuger anders. Bei ihnen
> bestimmt lediglich die Länge des schwingenden Blattes auf der Kehle die Tonhöhe,

.....

> Bei Temperaturänderungen verbleiben die Zungen auf der alten Tonhöhe,

<sic> ach wenn's doch nur so wäre. Der Bass meiner Cornemuse, im Prinzip
eine Orgelpfeife mit Aufschlagzunge, wandert in der ersten Viertelstunde
um ca. 20 bis 30 cent nach oben. Je nach dem wie kalt sie gelegen hat.
Die Pfeife ist aus Kirsche, die Zunge aus Bronze oder Messing.

Gruß

Thomas

Volker Gringmuth

unread,
Oct 15, 2003, 7:27:12 AM10/15/03
to
Andreas Pilat (pi...@gmx.de) wrote:

> Ebensowenig wie man eine vom Löten noch heisse Trompete anspielen
> sollte, da sie in kalten Zustand sicher viel zu tief ist.

Wir merken uns:

Wer erst lötet
und gleich trötet,
schnell errötet.


vG

--
~~~~~~ Volker Gringmuth ~~~~~~~~~~~ http://einklich.net/ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

"Man sollte keine Dummheit zwei Mal begehen; die Auswahl ist groß genug."
(Jean Paul Sartre)

Andreas Pilat

unread,
Oct 16, 2003, 6:16:05 PM10/16/03
to
> > Ebensowenig wie man eine vom Löten noch heisse Trompete anspielen
> > sollte, da sie in kalten Zustand sicher viel zu tief ist.
>
> Wir merken uns:
>
> Wer erst lötet
> und gleich trötet,
> schnell errötet.

Dass ist schön, werd ich morgen gleich meinem Instrumentenbauer erzählen.

Gruß
Andreas

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