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Kunstpausen - Frescobaldi-Box von Billiant

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Arno Schuh

unread,
Sep 12, 2011, 12:05:32 PM9/12/11
to
Hi,

vor kurzem kaufte ich mir bei Zweitausendeins die Frescobaldi-Box von
Brilliant Classics. Gefällt mir persönlich sehr gut.
Was mich allerdings etwas stutzig gemacht hat ist die Interpretation von
Roberto Loreggian in einigen der Werke für Tasteninstrumente.
In der bemerkenswerten Toccata 7 von Michelangelo Rossi hatte ich diese
Kunstpausen zum ersten Male gehört, und da unterschiedliche Interpreten
an der gleichen Stelle diese Pause einfügen, dachte ich - kenne die
Noten nicht -, diese pause sei explizit komponiert.
Roberto Loreggian benutzt diese Kunstpausen hier in der Aufnahme relativ
häufig.

Beruht diese Praxis auf neuen Erkenntnissen der HIP?
Falls jemand diese Aufnahme von Brilliant Classics auch kennt, etwas
erhellendes dazu schreiben könnte, wäre ich dankbar.

Freundliche Grüße

Arno

Thomas Richter

unread,
Sep 23, 2011, 6:15:29 AM9/23/11
to
"Arno Schuh" schrieb:


Hiho!

>Was mich allerdings etwas stutzig gemacht hat ist die Interpretation von

>Roberto Loreggian in einigen der Werke f�r Tasteninstrumente.

Wieso - das ist doch wunderbar, wie er spielt!
... Ghilhelmi ist ebenso fantastisch!

>Beruht diese Praxis auf neuen Erkenntnissen der HIP?

Nein. Die Noten sind nur ein Skelett. Frescobaldi
war ein grandioser Improvisator - die Toccaten
m�ssen absolut frei und fantasievoll gespielt werden.

Barockmusik mu� man zwischen den Zeilen spielen.

>Falls jemand diese Aufnahme von Brilliant Classics auch kennt, etwas

>erhellendes dazu schreiben k�nnte, w�re ich dankbar.

s.o.

"Non senza fatiga si giunge al fine" (Toccata IX, Lib.II)

Thomas

(der Frescobaldi auch nicht so spielt,
wie notiert, was ja auch nicht gedacht ist)

Arno Schuh

unread,
Sep 23, 2011, 4:39:54 PM9/23/11
to
Thomas Richter <TKB.R...@gmx.de> wrote:
> "Arno Schuh" schrieb:
>
>> Was mich allerdings etwas stutzig gemacht hat ist die Interpretation
>> von Roberto Loreggian in einigen der Werke für Tasteninstrumente.
>
> Wieso - das ist doch wunderbar, wie er spielt!

Grundsätzlich schon, das schrieb ich ja auch. Stutzig machen mich
allerdings die Kunstpausen.
>
>> Beruht diese Praxis auf neuen Erkenntnissen der HIP?
>
> Nein. Die Noten sind nur ein Skelett.

Das ist bekannt und nicht das Problem. Vor langer Zeit sprach ich hier
in der NG auch einmal die Praxis an, dass z. B. Les Arts Florissant
unter Christie auf einmal in Charpentiers Te Deum den lateinischen Text
französisch aussprachen. Also anstatt te deum laudamus te deüm lodamüs
sangen. Dies wurde damit begründet, dass man zu Charpentiers Zeiten
tatsächlich so machte. Nicht schön, aber halt eine begründete Praxis
aufgrund von aufführungspraktischen Recherchen.
Ebenso sprach ich hier in der nG auch einmal an, dass plötzlich einige
Interpreten der HIP beim Blockflöte spielen die Töne seltsam absacken
lassen. Auch dies scheint auf Recherchen zurückzuführen zu sein.

> Frescobaldi
> war ein grandioser Improvisator - die Toccaten
> müssen absolut frei und fantasievoll gespielt werden.

Das stelle ich gar nicht in Frage. Nur wenn die Pausen schlicht und
ergreifen von Roberto Loreggian plaziert wurden, quasi aus einer laune
heraus, ohne historischen Backround, erachte ich das eher als eine -
entschuldigung - macke, denn ein wirkliches Stilmittel.
Gustaf Leonhardt hatte auch so eine "Macke". Er hielt den ersten Ton
immer eine Idee länger, eine hörbare Idee länger, als die restlichen
Töne. Schön zu hören in seiner Aufnahme des Wohl Temperierten Klaviers,
gleich im ersten Präludium. Und das ist garantiert nicht historisch
begründbar, und afaIk. eine Macke des Interpreten.

> Barockmusik muß man zwischen den Zeilen spielen.
>
>> Falls jemand diese Aufnahme von Brilliant Classics auch kennt, etwas
>> erhellendes dazu schreiben könnte, wäre ich dankbar.
>
> s.o.

Da war leider nicht viel erhellendes dabei. Jedenfalls keine für mich
einleuchtende Begründung für die Pausen.

Freundliche Grüße

Arno

Thomas Richter

unread,
Sep 25, 2011, 2:40:15 PM9/25/11
to
"Arno Schuh" <arno....@in-trier.de> schrieb:


Hallo!

>> Frescobaldi war ein grandioser Improvisator - die Toccaten
>> müssen absolut frei und fantasievoll gespielt werden.

>Das stelle ich gar nicht in Frage. Nur wenn die Pausen schlicht und
>ergreifen von Roberto Loreggian plaziert wurden, quasi aus einer laune
>heraus,

Genau das ist es: Frescobaldis Musik ist eine Musik aus der Laune
heraus - jedenfalls die freien Werke!

Ich spielte im Sommer die Toccata IX aus Lib.2.
Was verrückteres gibt es kaum! Und der Text ist nur
die halbe Miete.

(Manche Verzierungen Loreggians stehen da auch nicht!).

>ohne historischen Backround, erachte ich das eher als eine -
>entschuldigung - macke, denn ein wirkliches Stilmittel.

Wo steht denn, daß man unverzüglich weiterspielen muß?
Ein Gedanke muß auch einmal in den Raum gestellt werden dürfen
und nachwirken (in Maßen, bzw. wenn es die Akustik erfordert).

BTW: Bist Du Spieler oder Hörer?

>Gustaf Leonhardt hatte auch so eine "Macke". Er hielt den ersten Ton
>immer eine Idee länger, eine hörbare Idee länger, als die restlichen
>Töne. Schön zu hören in seiner Aufnahme des Wohl Temperierten Klaviers,
>gleich im ersten Präludium. Und das ist garantiert nicht historisch
>begründbar, und afaIk. eine Macke des Interpreten.

Kann sein. Ein Arpeggiando wird nicht metronomisch gespielt!

Eine Dehnung des ersten Tones im Takt ist sowieso
nicht verboten - wenns allzu manieristisch wird: schade.

Barockmusik wird heuer nie gerade gespielt:
"Il Giardino Armonico" spielen wunderschön anders.

>Da war leider nicht viel erhellendes dabei. Jedenfalls keine für mich
>einleuchtende Begründung für die Pausen.

Wenn Du nicht lesen willst ... und falls Du kein Spieler
bist, dann kann ichs Dir auch nicht erhellen.

Wenn doch: setzte einmal Pausen!
Gerade in den Toccaten wirkt das Wunder.

Gruß
Thomas
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