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Die besten Filme der Nachkriegszeit

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Andreas Heck

unread,
May 20, 2002, 12:37:04 PM5/20/02
to
Liebe Freunde des gepflegten Streifens!

Ich bin mir darüber im Klaren, dass die Frage ein dümmliche ist, hoffe
aber dennoch, nicht nur entsprechend dumme Antworten zu erhalten :-)

Ich suche eine Site, eine Übersicht, in der - relativ objektiv, durch
Fachmeinungen fundiert, also nicht reine Usermeinung - die besten
Filme der letzten 50 Jahre aufgelistet werden (eher sogar die Zeit
1945 - 1990). Dabei interessieren mich vor allem Filme des - ich nenne
das einfach einmal so - Kunstkinos, vornehmlich Europa: Visconti,
Fellini, Rossellini, Zulawski, Sautet etc., also weniger die
Hollywood-Schinken.

Würde mich freuen, wenn mich einer mit der Nase in die richtige
Richtung stossen könnte.

Grüße, Andreas.

--
Toleranz ist gut. Aber nicht gegenüber Intoleranten. [Wilhelm Busch]
Wir müssen wieder http://www.mehr-demokratie-wagen.de !

Enrico Bauer

unread,
May 23, 2002, 4:11:31 AM5/23/02
to
Hallo Andreas!

20.05 2002, Andreas Heck:


> Liebe Freunde des gepflegten Streifens!

In Zeiten der DVD muss dass wohl eigentlich "gepflegte Spirale" (oder
sind das konzentrische Ringe?) heißen. Die Raubkopierer sind dann
"Freunde der ungepflegten Cluster".

> Ich bin mir darüber im Klaren, dass die Frage ein dümmliche ist,
> hoffe aber dennoch, nicht nur entsprechend dumme Antworten zu
> erhalten :-)

Stattdessen bekamst Du gar keine... ;-)

> Ich suche eine Site, eine Übersicht, in der - relativ objektiv,
> durch Fachmeinungen fundiert, also nicht reine Usermeinung - die
> besten Filme der letzten 50 Jahre aufgelistet werden (eher sogar
> die Zeit 1945 - 1990).

Gibt es nicht.[1]

> Dabei interessieren mich vor allem Filme des - ich nenne das einfach
> einmal so - Kunstkinos, vornehmlich Europa: Visconti, Fellini,
> Rossellini, Zulawski, Sautet etc., also weniger die
> Hollywood-Schinken.

Du könntest Dich zunächst durch die Sieger von Cannes gucken. Auch wenn
sicher nicht alle Entscheidungen heute ebenso Bestand hätten, kann man
leicht eine schlechtere Filmauswahl treffen (lassen).

http://www.festival-cannes.org/archives/index.php?langue=6002

Ansonsten wirst Du wohl doch auf User wie uns angewiesen sein, die Dir
Tipps geben. Vielleicht kommt ja einiges Zusammen.

Ich fange einfach mal mit dem Cineastenquatsch für Möchtegern-Pseudo-
Intellektuelle an:

Italienischer Neorealismus (Ich sehe den Italiener in Dir juchzen.)
==========================

Luchino Visconti

# Ossessione (1943)
# Senso (1954)

Luigi Zampa

# Americano in vacanza, Un (1946)
# Vivere in pace (1947)
# Onorevole Angelina, L' (1947)
# Anni difficili (1948)

Vittorio De Sica

# Ladri di biciclette (1948)
# Miracolo a Milano (1951)
# Umberto D (1952)

Roberto Rossellini

# Roma, città aperta (1946)
# Paisà (1946)
# Germania anno zero (1947)
# Amore, L' (1948)
# Stromboli (1949)
# Europa '51 (1951)


Von denen kenne ich ungefähr die Hälfte. (Ich sehe ernsthafte
Beschaffungsprobleme auf Dich zukommen. Bitte über jeden Erfolg
informieren.)
Meine besondere Empfehlung spreche ich für "Ladri di biciclette" und
"Roma, città aperta" aus.

Kann jetzt mal jemand die Nouvelle Vague übernehmen? ;-)

Grüße
Enrico

Fußnoten:
=========
[1] Diese Aussage ergibt sich direkt aus: Kenn ich nicht.

--
"I've got a slug." - "Does it talk?"

Andreas Heck

unread,
May 23, 2002, 11:57:38 AM5/23/02
to
Enrico Bauer (23.05.2002, 10:11) schrieb:

> In Zeiten der DVD muss dass wohl eigentlich "gepflegte Spirale" (oder
> sind das konzentrische Ringe?) heißen. Die Raubkopierer sind dann
> "Freunde der ungepflegten Cluster".

Eher "Freunde des vollen Esels" :-)



> > Ich bin mir darüber im Klaren, dass die Frage ein dümmliche ist,
> > hoffe aber dennoch, nicht nur entsprechend dumme Antworten zu
> > erhalten :-)
>
> Stattdessen bekamst Du gar keine... ;-)

Eben, ich hatte mich schon gewundert. War die Frage so abwegig? Oder
interessiert sich keiner für die Filme, um die es mir ging? Hollywood
rules?

> Gibt es nicht.[1]

Na bravo, die Antwort wollte ich eigentlich nicht :-) Aber ich möchte
mich nicht beschweren.



> Du könntest Dich zunächst durch die Sieger von Cannes gucken. Auch wenn
> sicher nicht alle Entscheidungen heute ebenso Bestand hätten, kann man
> leicht eine schlechtere Filmauswahl treffen (lassen).

Das ist eine sehr gute Idee, vielen Dank. Na also, geht doch :-)



> Ansonsten wirst Du wohl doch auf User wie uns angewiesen sein, die Dir
> Tipps geben. Vielleicht kommt ja einiges Zusammen.

Nur her damit, ich bin für alles offen!



> Ich fange einfach mal mit dem Cineastenquatsch für Möchtegern-Pseudo-
> Intellektuelle an:

Och, das klingt jetzt aber despektierlich. Soll heissen?



> Italienischer Neorealismus (Ich sehe den Italiener in Dir juchzen.)

Natürlich, ich bin bekennender Rossellini-Fan, wohl der Erfinder des
Neorealismus. Wie passend: Heute Abend der zweite Teil des
arte-Themenabends:

http://www.arte-tv.com/programme/index.jsp?date=23.05.2002&pos=4

Scorsese plaudert über das italienische Kino der Nachkriegszeit. Und
wenn ich ehrlich bin, war der erste Teil letzten Donnerstag der
Auslöser für meine Frage.

[...ellenlange Filmliste...]

Vielen Dank dafür, da bin ich doch schon einmal ein ganzes Stück
weiter und möchte die anderen mitlesenden animieren, es dem fleissigen
Enrico nachzutun, wenn es schon keine konkrete Site zum Thema gibt.

> Luchino Visconti
>
> # Ossessione (1943)
> # Senso (1954)
>
> Luigi Zampa
>
> # Americano in vacanza, Un (1946)
> # Vivere in pace (1947)
> # Onorevole Angelina, L' (1947)
> # Anni difficili (1948)
>
> Vittorio De Sica
>
> # Ladri di biciclette (1948)
> # Miracolo a Milano (1951)
> # Umberto D (1952)
>
> Roberto Rossellini
>
> # Roma, città aperta (1946)
> # Paisà (1946)
> # Germania anno zero (1947)
> # Amore, L' (1948)
> # Stromboli (1949)
> # Europa '51 (1951)
>

> Von denen kenne ich ungefähr die Hälfte.

Von den Rossellini-Filmen kenn ich wohl alle genannten. Beim Rest
sieht es eher "mau" aus.

BTW gleich eine Zusatzfrage, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen. Ich
durfte vor einigen Monaten des Nachts auf einem Regionalprogramm
Benignis köstliche Komödie "Il Mostro" [1] von 1994 sehen. Es war
herrlich! Kennst Du oder kennt einer der mitlesenden Filme, die man
vom Humor als ähnlich bezeichnen könnte? Mir selbst fielen da die
frühen Woody Allen ein, etwa "Everything you always wanted to know
about sex" oder "Love and Death" (auf Deutsch: "Die letzte Nacht des
Boris Gruschenko").
Was gäbe es da noch?

Überhaupt: Was sollte sich von und mit Begnini zusätzlich nicht
entgehen lassen (ja, ja, "La vita e bella" habe ich natürlich gesehen
und sehr genossen)?

> (Ich sehe ernsthafte Beschaffungsprobleme auf Dich zukommen. Bitte
> über jeden Erfolg informieren.)

Gerne, wenn ich wüsste, wo hernehmen, ohne zu stehlen (= Tausch-
börsen)?

> Meine besondere Empfehlung spreche ich für "Ladri di biciclette" und
> "Roma, città aperta" aus.

Letzteren kenne ich und habe ich erst letzte Woche noch einmal auf
arte gesehen - leider nur zum Teil, weil wir Gäste hatten :-(



> Kann jetzt mal jemand die Nouvelle Vague übernehmen? ;-)

Shit, jetzt lässt er den Cineasten raushängen :-) Wie nennt man
eigentlich die Filmschule, zu der Claude Sautet gehört?

So viele Fragen! Aber mit Dir habe ich ja schon einmal einen
Kompetenten. Da sieht man 30 Jahre Film und merkt erst nach all den
Jahren, dass man eigentlich gar keine Ahnung hat :-)

Grüße, Andreas.


Footnotes:
[1] http://german.imdb.com/Title?0110570

--
Am patriotischsten verhält sich, wer seinem Land Bescheid sagt, wenn es
sich ehrlos, dumm und böse verhält. [Julian Barnes]

Manfred Polak

unread,
May 23, 2002, 3:49:48 PM5/23/02
to
Andreas Heck schrieb:

>Eben, ich hatte mich schon gewundert. War die Frage so abwegig?

Ja.

>Oder interessiert sich keiner für die Filme, um die es mir ging? Hollywood
>rules?

Unsinn. Aber was erwartest Du, wenn Du ein halbes Jahrhundert
behandelt haben willst? Eine Liste mit hunderten von Filmen? Wo
soll man da anfangen? Natürlich kann man so wie Enrico auf gut
Glück einen winzigen thematischen oder zeitlichen Ausschnitt
herausgreifen...

>> Ansonsten wirst Du wohl doch auf User wie uns angewiesen sein, die Dir
>> Tipps geben. Vielleicht kommt ja einiges Zusammen.
>
>Nur her damit, ich bin für alles offen!

Nenn doch mal ein paar Themen, die dich näher interessieren.
Nouvelle vague, Free Cinema, Trümmerfilm? Irgendwas anderes?



>> Italienischer Neorealismus (Ich sehe den Italiener in Dir juchzen.)
>
>Natürlich, ich bin bekennender Rossellini-Fan, wohl der Erfinder des
>Neorealismus.

Na das ist doch schon was. Als erster Film im neorealistischen Stil gilt
aber AFAIK Viscontis "Ossessione".

>Vielen Dank dafür, da bin ich doch schon einmal ein ganzes Stück
>weiter und möchte die anderen mitlesenden animieren, es dem fleissigen
>Enrico nachzutun, wenn es schon keine konkrete Site zum Thema gibt.
>
>> Luchino Visconti
>>
>> # Ossessione (1943)
>> # Senso (1954)

Von Visconti muss man auf alle Fälle "Rocco und seine Brüder" (Rocco
e i suoi fratelli) gesehen haben. Ein gewaltiges Opus. Seine späteren
hyperästhetisierenden Werke sind eher Geschmackssache.

>> Vittorio De Sica
>>
>> # Ladri di biciclette (1948)
>> # Miracolo a Milano (1951)

Das Mailänder Wunder markiert schon De Sicas Abkehr vom Neorealismus,
ist aber trotzdem sehenswert. Ein Klassiker des Genres ist dagegen noch
"Bitterer Reis" (Riso amaro) von Giuseppe De Santis.

Fellini kam nach dem Neorealismus, aber zumindest "La strada" und "La
dolce vita" sollte man gesehen haben. Letzteren aber *nicht* wegen
Anita Ekberg im Brunnen.

Nicht jedermanns Sache, aber IMHO sehr gelungen sind die Filme von
Michelangelo Antonioni aus den frühen 60ern ("L'avventura", "La notte",
"L'eclisse", "Il deserto rosso"). Selten wurde die Trostlosigkeit ver-
korkster zwischenmenschlicher Beziehungen unerbittlicher gezeigt.

>Shit, jetzt lässt er den Cineasten raushängen :-) Wie nennt man
>eigentlich die Filmschule, zu der Claude Sautet gehört?

Der hat eigentlich keiner speziellen Schule angehört. Er hat ja auch
nur 15 Filme gedreht, über einen sehr langen Zeitraum verteilt.

Manfred

Joachim Parsch

unread,
May 24, 2002, 1:42:27 AM5/24/02
to
Hallo,

Enrico Bauer schrieb:


> Luchino Visconti
>
> # Ossessione (1943)
> # Senso (1954)

Im Zusammenhang mit Visconti und dem Neorealismus würde ich nun
eher "Rocco und seine Brüder" empfehlen. Ganz abgesehen davon,
daß "Senso" nicht unbedingt neorealistisch ist, ist er außerdem
meiner Ansicht nach einer der schwächeren Filme Viscontis.
Eine Fingerübung für die späteren Kostümdramen, ich fand ihn
etwas zäh. Stattdessen würde ich in dieser Richtung den
großartigen "Il Gattopardo" empfehlen. Und daß "Morte a Venezia"
über jeden noch so geringen Zweifel erhaben ist, ist ja wohl
klar ;-)

Schöne Grüße
Joachim

Joachim Parsch

unread,
May 24, 2002, 1:53:52 AM5/24/02
to
Hallo,

Manfred Polak schrieb:


> Von Visconti muss man auf alle Fälle "Rocco und seine Brüder" (Rocco
> e i suoi fratelli) gesehen haben. Ein gewaltiges Opus. Seine späteren
> hyperästhetisierenden Werke sind eher Geschmackssache.

Du willst sagen, die sind nur für einen guten Geschmack ;-)
"Der Tod in Venedig" ist einfach grandios, man sollte ihn
aber im Kino sehen.

> Fellini kam nach dem Neorealismus, aber zumindest "La strada" und "La
> dolce vita" sollte man gesehen haben. Letzteren aber *nicht* wegen
> Anita Ekberg im Brunnen.

Nun ja, sowohl "Die Müßiggänger" als auch "Der Schwindler" ("Il bidone",
aka "Fellinis Gauner") sind schon noch neorealistisch angehaucht.
"Otto e mezzo" gehört wohl auch zu den "Pflichtfellinis", obwohl mir
der Film nicht so zusagt. Ich fand dagegen "Giulietta degli spiriti"
sehr schön.

> Nicht jedermanns Sache, aber IMHO sehr gelungen sind die Filme von
> Michelangelo Antonioni aus den frühen 60ern ("L'avventura", "La notte",
> "L'eclisse", "Il deserto rosso"). Selten wurde die Trostlosigkeit ver-
> korkster zwischenmenschlicher Beziehungen unerbittlicher gezeigt.

Ja, auch "Die Freundinnen" ist nicht zu verachten. Aber die Filme,
die Du genannt hast, sind sicher noch besser.

Schöne Grüße
Joachim

Enrico Bauer

unread,
May 24, 2002, 1:01:13 PM5/24/02
to
Hallo Joachim!

24.05 2002, Joachim Parsch:


>> Luchino Visconti
>> # Ossessione (1943)
>> # Senso (1954)
> Im Zusammenhang mit Visconti und dem Neorealismus würde ich nun
> eher "Rocco und seine Brüder" empfehlen.

Vollständigkeit hab ich ja nie reklamiert... :-)

> Ganz abgesehen davon, daß "Senso" nicht unbedingt neorealistisch
> ist,

Ich hab die beiden genommen, weil sie mehr oder weniger Anfang und Ende
des italienischen Neorealismus darstellen.

> ist er außerdem meiner Ansicht nach einer der schwächeren Filme
> Viscontis.

Für Visconti...

Grüße
Enrico

--
"As black as the moon on a starless night." - "That`s pretty black."
Twin Peaks - Pete und Agent Cooper beim Kaffeetrinken

Manfred Polak

unread,
May 24, 2002, 3:34:59 PM5/24/02
to
Joachim Parsch schrieb:

>> Fellini kam nach dem Neorealismus, aber zumindest "La strada" und "La
>> dolce vita" sollte man gesehen haben. Letzteren aber *nicht* wegen
>> Anita Ekberg im Brunnen.
>
>Nun ja, sowohl "Die Müßiggänger" als auch "Der Schwindler" ("Il bidone",
>aka "Fellinis Gauner") sind schon noch neorealistisch angehaucht.

Ja, ich meinte mehr, dass seine große Zeit danach kam. Fellini war
ja z.B. einer der diversen Drehbuchautoren bei "Paisà" und "Roma,
città aperta". Er wurzelt also auch im Neorealismus.

Manfred

Enrico Bauer

unread,
May 25, 2002, 6:38:01 AM5/25/02
to
Hallo Andreas!

23.05 2002, Andreas Heck:


>> Du könntest Dich zunächst durch die Sieger von Cannes gucken.

> Das ist eine sehr gute Idee, vielen Dank. Na also, geht doch :-)

Es gibt da natürlich noch Venedig, Locarno, Berlin und evtl., für
Neueres, auch Sundance - und sicher noch viele Festivals mehr...

>> Ich fange einfach mal mit dem Cineastenquatsch für
>> Möchtegern-Pseudo- Intellektuelle an:
> Och, das klingt jetzt aber despektierlich. Soll heissen?

War ein Gedächtniszitat. So kann man genannt werden, wenn man
"Gladiator" für langweilige Stangenware hält. ;-)

Grüße
Enrico

--
"For a moment, nothing happened. Then, after a second or so, nothing continued
to happen. "
The Hitchhiker's guide to the Galaxy - Douglas Adams

Andreas Heck

unread,
May 28, 2002, 5:18:10 PM5/28/02
to
Puh, ich bin leidlich spät, mein "Sorry" an alle, die noch
warten. Aber ich habe doch Urlaub :-)

Enrico Bauer (25.05.2002, 12:38) schrieb:

> Es gibt da natürlich noch Venedig, Locarno, Berlin und evtl., für
> Neueres, auch Sundance - und sicher noch viele Festivals mehr...

Danke, danke, ich will keine wissenschaftliche Abhandlung verfassen,
sondern wollte mir einen ersten Überblick verschaffen und
unverzeihliche Lücken schliessen.

[Cineastenquatsch für Möchtegern-Pseudo-Intellektuelle]

> War ein Gedächtniszitat. So kann man genannt werden, wenn man
> "Gladiator" für langweilige Stangenware hält. ;-)

Oh, dann bin ich ein Möchtegern-Pseudo-Intellektueller :-)

Grüße, Andreas.

--
Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur,
bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen. [Albert Schweitzer]

Andreas Heck

unread,
May 28, 2002, 5:52:32 PM5/28/02
to
Manfred Polak (23.05.2002, 21:49) schrieb:

> > War die Frage so abwegig?
>
> Ja.

Oh :-)



> Unsinn. Aber was erwartest Du, wenn Du ein halbes Jahrhundert
> behandelt haben willst? Eine Liste mit hunderten von Filmen?

Nein, dann hatte ich mich falsch ausgedrückt. Mir war vor allem an
einer Übersicht gelegen - filmische Richtungen - Hauptvertreten -
etwas in der Kragenbreite.

> Wo soll man da anfangen?

Z. B., wenn man will, bei den wichtigsten Film"schulen". Der
Neorealismus der Italiener war mir bekannt, Enrico brachte die
Nouvelle vague ins Spiel und Du hast weiter unten noch Free Cinema und
Trümmerfilm genannt.
Da wäre doch für einen wie mich, der jahrelang (und oft auch heute
noch) nur Entertainment erwartet hat, interessant, welches die
künstlerischen "Ziele" der betreffenden Filmemacher waren, welches die
Unterschiede zwischen den Richtungen und wer die Hauptvertretern
waren.

Spannend :-)

[...]

> Nenn doch mal ein paar Themen, die dich näher interessieren.
> Nouvelle vague, Free Cinema, Trümmerfilm? Irgendwas anderes?

Alles :-) Siehe oben: Einen ersten Überblick, von dem ausgehend man
sich weiter vorwärts arbeiten kann.



> >Natürlich, ich bin bekennender Rossellini-Fan, wohl der Erfinder des
> >Neorealismus.
>
> Na das ist doch schon was. Als erster Film im neorealistischen Stil gilt
> aber AFAIK Viscontis "Ossessione".

Das stimmt wohl, so hörte ich zumindest Scorsese im zweiten Teil
besagter Doku über den italienischen Nachkriegsfilm.

[Visconti]

> Von Visconti muss man auf alle Fälle "Rocco und seine Brüder" (Rocco
> e i suoi fratelli) gesehen haben. Ein gewaltiges Opus. Seine späteren
> hyperästhetisierenden Werke sind eher Geschmackssache.

Das stimmt, mein Geschmack ist es eher nicht.

[...]

> Fellini kam nach dem Neorealismus, aber zumindest "La strada" und "La
> dolce vita" sollte man gesehen haben. Letzteren aber *nicht* wegen
> Anita Ekberg im Brunnen.

Nein, sondern wegen dem Brunnen - der Fontana di Trevi ist einfach
unschlagbar :-) "La strada" und "La dolce vita" kenne ich
beide. Ansonsten habe ich bei Fellini aber noch ziemlich Lücken, mich
würde - nach der Scorsese-Doku - vor allem "Die Müssiggänger"
interessieren.



> Nicht jedermanns Sache, aber IMHO sehr gelungen sind die Filme von
> Michelangelo Antonioni aus den frühen 60ern ("L'avventura", "La notte",
> "L'eclisse", "Il deserto rosso"). Selten wurde die Trostlosigkeit ver-
> korkster zwischenmenschlicher Beziehungen unerbittlicher gezeigt.

Atonioni-Filme stehen bei mir im Moment ganz oben auf der Liste, vor
allem "L'avventura".



> > Wie nennt man > >eigentlich die Filmschule, zu der Claude Sautet
> > gehört?
>
> Der hat eigentlich keiner speziellen Schule angehört. Er hat ja auch
> nur 15 Filme gedreht, über einen sehr langen Zeitraum verteilt.

Da fangen die Schwierigkeiten schon wieder an - ist er ein "Großer",
muss man seine Filme kennen, wenn ja welchen? (Ich kenne nur "Les
Choses de la vie" (Dinge des Lebens), der meines Wissens am Donnerstag
im ZDF läuft.)

Danke für all Deine Hinweise.

Grüße, Andreas.

--
Mit der Zulassung von Sondergerichten und Schnellverfahren benimmt
sich der Staat wie ein Tier, das man in die Enge getrieben hat.
[Fancois Conod: Der Sommer der Fische]

Andreas Heck

unread,
May 28, 2002, 5:55:40 PM5/28/02
to
Joachim Parsch (24.05.2002, 07:42) schrieb:

> Im Zusammenhang mit Visconti und dem Neorealismus würde ich nun
> eher "Rocco und seine Brüder" empfehlen. Ganz abgesehen davon,
> daß "Senso" nicht unbedingt neorealistisch ist, ist er außerdem
> meiner Ansicht nach einer der schwächeren Filme Viscontis.
> Eine Fingerübung für die späteren Kostümdramen, ich fand ihn
> etwas zäh.

Mir hat er recht gefallen, als ich ihn letzten Donnerstag auf arte
gesehen habe.
Aber gleich zu diesem Film: Der Filmzeitung entnahm ich den nicht sehr
aussagefreudigen Hinweis, dass der Film zensiert wurde und arte die
rekonstruierte Fassung gezeigt hat.
Weshalb wurde der Film zensiert? Scorsese sprach das in der
anschliessenden Dokumentation kurz an und meinte, die Schlachtszenen
hätten die Zensoren damals zu sehr an die Partisanenbewegung erinnert,
was wohl als zu politisch galt. Mich hat diese Erklärung aber
irgendwie nicht befrieden können.

> Stattdessen würde ich in dieser Richtung den großartigen "Il
> Gattopardo" empfehlen. Und daß "Morte a Venezia" über jeden noch so
> geringen Zweifel erhaben ist, ist ja wohl klar ;-)

Einspruch, aber dafür kann Visconti schlicht nichts, Thomas Mann - und
vor allem sein "Tod in Venedig" - gehören für mich zu meinen
Lebensärgernissen - da rettet den Film auch nicht das wundervolle
Adagietto Mahlers.

Grüße, Andreas.

--
Nagt an euren Knochen, soviel ihr wollt, aber laßt mich meine Flügel
ausbreiten. [Henri-Frederic Blanc]

Manfred Polak

unread,
May 29, 2002, 6:20:46 PM5/29/02
to
Andreas Heck schrieb:

>Nein, dann hatte ich mich falsch ausgedrückt. Mir war vor allem an
>einer Übersicht gelegen - filmische Richtungen - Hauptvertreten -
>etwas in der Kragenbreite.

Bei dem Zeitraum, den Du ursprünglich ins Auge gefasst hattest, ist
das immer noch ein ziemlich bodenloses Unterfangen. Ich begrenze
das jetzt mal eigenmächtig auf 1945 bis irgendwann in den 60ern... ;-Þ

Es ist ja eher die Ausnahme, dass geschlossene Richtungen oder
"Schulen" auftraten, die man gemeinsam abhandeln könnte. Es wäre
schon sehr bemüht, wenn man Leute wie Hitchcock, Bergman, Bunuel
oder Kurosawa da irgendwo "einordnen" würde. Und diese Liste liese
sich jetzt endlos fortsetzen.

>> Wo soll man da anfangen?
>
>Z. B., wenn man will, bei den wichtigsten Film"schulen". Der
>Neorealismus der Italiener war mir bekannt, Enrico brachte die
>Nouvelle vague ins Spiel und Du hast weiter unten noch Free Cinema und
>Trümmerfilm genannt.

Schön, dann überantworte ich die Nouvelle vague hiermit Enrico... <g>

Und ich schreib dann mal eine kleine Abhandlung über das Free Cinema.
Trümmerfilm hebe ich mir für morgen auf.

>Atonioni-Filme stehen bei mir im Moment ganz oben auf der Liste, vor
>allem "L'avventura".

Wenn dir diese Filme zusagen, dann wahrscheinlich auch die von Alain
Resnais aus dieser Zeit ("Hiroshima mon amour", "L'année dernière à
Marienbad", "La guerre est finie").

[Sautet]


>Da fangen die Schwierigkeiten schon wieder an - ist er ein "Großer",
>muss man seine Filme kennen, wenn ja welchen? (Ich kenne nur "Les
>Choses de la vie" (Dinge des Lebens), der meines Wissens am Donnerstag
>im ZDF läuft.)

Na ja, einer der *ganz* Großen ist er eher nicht. Keiner, der wirklich
neue Akzente gesetzt hätte. Am bekanntesten sind wohl seine "Starfilme"
mit Leuten wie Yves Montand, Michel Piccoli und Romy Schneider ("César
et Rosalie", "Vincent, François, Paul... et les autres", "Mado").

"Les choses..." bildet den Auftakt dieser Serie, die seine große Zeit
markiert. Keinen davon *muss* man kennen, aber den einen oder
anderen sollte man schon gesehen haben. Kommen ja auch immer
wieder im Fernsehen.

So, dann woll'n wir mal. Das Free Cinema war sozusagen das britische
Gegenstück zur Nouvelle vague, entstand aber unabhängig davon.
Die wichtigsten Regisseure waren Tony Richardson (1928 - 91), Lindsay
Anderson (1923 - 94) und der gebürtige Tscheche Karel Reisz (geb. 1926).

So wie die NV ihr Zentralorgan in den "Cahiers du cinéma" hatten, theo-
retisierten die späteren Protagonisten des FC zunächst einmal in der
Zeitschrift "Sequence", die von Anderson und Reisz herausgegeben
wurde. Inspiriert vom Neorealismus, forderte man sozialen Realismus
und eine Abkehr vom behäbig-elitären Unterhaltungskino sowie allgemein
eine Abkehr vom starren englischen Klassensystem.

Anfang bis Ende der 50er Jahre schritt man dann zur Tat und drehte
zunächst kurze Dokumentarfilme, ab der zweiten Hälfte der 50er dann
auch Spielfilme. So gut wie alle Filme wurden in s/w gedreht, um den
dokumentarischen Anspruch zu unterstreichen. Es wurde möglichst
nicht nur im Studio, sondern auch an Originalschauplätzen gedreht.
Auf Stars wurde weitgehend verzichtet, einige der damaligen Jung-
schauspieler wurden dann aber selbst welche (Richard Burton, Albert
Finney).

So gelang es, die oft tristen Lebensverhältnisse der Unterschicht,
von sozial auffälligen Jugendlichen etc. einzufangen. Trotzdem waren
die Filme optisch keine Langweiler, sondern durchaus ansprechend,
was auch an fähigen Kameraleuten wie etwa Walter Lassally lag. So
gibt es etwa in "The Loneliness of the Long Distance Runner" eine
äußerst eindrucksvoll gefilmte Saalschlacht der aufsässigen Jugend-
lichen.

Eng verzahnt war das FC mit der literarischen Bewegung der "Angry
Young Men". Viele Filme entstanden nach Stoffen der zornigen jungen
Männer (John Osborne, Harold Pinter, Alan Sillitoe etc.), die gelegent-
lich auch selbst an den Drehbüchern schrieben. 1958 gründeten Osborne
und Richardson die Woodfall Film Productions, die einige der Werke
produzierte.

Die bekanntesten Filme aus der großen Zeit des FC sind Tony Richard-
sons "Look Back in Anger" (Blick zurück im Zorn), "The Entertainer" (Der
Komödiant), "A Taste of Honey" (Bitterer Honig) und "The Loneliness of
the Long Distance Runner" (Die Einsamkeit des Langstreckenläufers);
Lindsay Andersons "This Sporting Life" (Lockender Lorbeer); Karel Reisz'
"Saturday Night and Sunday Morning" (Samstagnacht bis Sonntagmorgen).

Komödien waren im FC naturgemäß unterrepräsentiert. Der bekannteste
Vertreter ist Richard Lesters "The Knack" (Der gewisse Kniff).

Der produktivste Kopf des Free Cinema war sicher Richardson. Als er
1963 das opulente Kostümdrama "Tom Jones" drehte und sich damit
von den Grundsätzen des FC abwandte, war die Bewegung zwar nicht
tot, aber es ging doch langsam die Luft aus. Trotzdem folgten noch
einige sehr schöne Filme, etwa Desmond Davis' "I Was Happy Here"
(Hier war ich glücklich), nach einer Geschichte von Edna O'Brien.

Daneben gab es noch eine Reihe von Filmen, die stilistisch irgendwo
in der Mitte zwischen FC und konventionellem Unterhaltungskino
standen, etwa Jack Claytons "The Pumpkin Eater" (gräßlicher dt. Titel
"Schlafzimmerstreit") oder Jack Cardiffs "Sons and Lovers" (Söhne
und Liebhaber).

So, das reicht erst mal.

Manfred

Enrico Bauer

unread,
May 30, 2002, 6:19:22 AM5/30/02
to
30.05 2002, Manfred Polak:

> Schön, dann überantworte ich die Nouvelle vague hiermit Enrico... <g>

Menno, ich war schon!

Joachim, Du bist dran!

--
"Don't be afraid, Sailor." - "But I'm wild at heart." -
"If you're truly wild at heart, you'll fight for your dreams."
Wild at Heart

Manfred Polak

unread,
Aug 2, 2002, 2:30:27 PM8/2/02
to
Ich schrieb am 30. 5. 2002:

[Free Cinema]


>Die bekanntesten Filme aus der großen Zeit des FC sind Tony Richard-
>sons "Look Back in Anger" (Blick zurück im Zorn), "The Entertainer" (Der
>Komödiant), "A Taste of Honey" (Bitterer Honig) und "The Loneliness of
>the Long Distance Runner" (Die Einsamkeit des Langstreckenläufers);
>

>Trotzdem folgten noch
>einige sehr schöne Filme, etwa Desmond Davis' "I Was Happy Here"
>(Hier war ich glücklich), nach einer Geschichte von Edna O'Brien.

Falls es jemanden interessiert: "I Was Happy Here" kommt heute nacht
im ZDF, "The Loneliness of the Long Distance Runner" am 12. 8. in
3SAT und "A Taste of Honey" am 16. 8. ebenfalls in 3SAT.

Manfred

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