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Meyers Taschenlexikon vs. Wikipedia

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Juergen Fenn

unread,
Aug 30, 2006, 5:18:48 AM8/30/06
to
Hallo,

nun stehen sie also zum direkten Vergleich im Netz nebeneinander: die
10. Auflage von "Meyers großem Taschenlexikon" und die Wikipedia.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/77414
http://lexikon.meyers.de/index.php/Meyers-%C3%9Cber_Meyers_Lexikon_online
http://de.wikipedia.org/

Und was liest man dort so?

http://lexikon.meyers.de/index.php/Berufsgenossenschaft

"Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Mitglied der
Berufsgenossenschaft sind alle Unternehmer der
versicherungspflichtigen Betriebe. Die 35 gewerblichen
Berufsgenossenschaften sind nach Wirtschaftszweigen, die 20
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften örtlich gegliedert. ..."

Abgesehen davon, daß nicht nur Unternehmer "versicherungspflichtiger
Betriebe" Mitglieder der BG werden können, denn es gibt auch eine
freiwillige Versicherung und eine Versicherung kraft Satzung, und daß
nicht der Betrieb versicherungspflichtig ist, sondern eben "der
Unternehmer" selbst, ist aber vor allem falsch, daß es 35 gewerbliche
BGen gebe. Das hat sich aber mittlerweile geändert:

http://www.hvbg.de/d/pages/wir/bg/index.html

"Die 26 gewerblichen Berufsgenossenschaften (BGen) - bis zu den
Fusionen im Mai 2005 waren es 35 BGen - sind Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung und nach Branchen gegliedert. ..."

Und so steht es seit damals auch in der Wikipedia (wurde sehr schnell
geändert und seitdem, wie ich sehe, noch ausgebaut):

http://de.wikipedia.org/wiki/Berufsgenossenschaft

"Derzeit gibt es 26 gewerbliche Berufsgenossenschaften. Die bisher
regional gegliederten Metall-Berufsgenossenschaften befinden sich
zurzeit in der Fusionsphase. Die sieben regional gegliederten
Bau-Berufsgenossenschaften und die bundesweit zuständig gewesene
Tiefbau-Berufsgenossenschaft haben die Fusion bereits
vollzogen. Weitere Berufsgenossenschaften wie z.B. die Bergbau- und
die Steinbruchs-BG haben Verwaltungsgemeinschaften gebildet.

Eine weitere Reduzierung der Anzahl der Berufsgenossenschaften ist
von seiten der Politik angestrebt, stößt aber vermehrt auf Gegenwind
bei den Selbstverwaltungsorganen der Berufsgenossenschaften mit
Hinweis auf die Homogenität der Versicherten- und Mitgliedergruppen,
auf die effektive, zielgerichtete und kundenorientierte Prävention
und nicht zuletzt auf das System an sich, das sich - insbesondere im
internationalen Vergleich - bewährt hat. Politische Gegenargumente
beschränken sich bisher im Wesentlichen auf allgemeine
Sparzwänge. ...."

Ich frage mich, warum Brockhaus so etwas unkorrigiert veröffentlicht.
Der Text, der dort freigegeben wurde, ist wahrscheinlich insgesamt auf
dem Stand von vor einem Jahr. Brockhaus zeigt damit, daß der Redaktion
die sozialpolitische Diskussion um die Unfallversicherung völlig
entgangen ist...

Jürgen.

Andreas Pohlke

unread,
Aug 30, 2006, 6:08:40 AM8/30/06
to
Hi,

Juergen Fenn wrote:
> Ich frage mich, warum Brockhaus so etwas unkorrigiert veröffentlicht.
> Der Text, der dort freigegeben wurde, ist wahrscheinlich insgesamt auf
> dem Stand von vor einem Jahr.

ein Jahr? Das ist bei einer gedruckten Enzyklopädie diesen Umfangs
*rasant*.

> Brockhaus zeigt damit, daß der Redaktion
> die sozialpolitische Diskussion um die Unfallversicherung völlig
> entgangen ist...

Ich sehe Tagespolitik nicht gerade als Kernbereich eines Nachschlage-
werks an.

Grüße,
Andreas.

Jukka Höhe

unread,
Aug 30, 2006, 9:08:48 AM8/30/06
to
Juergen Fenn <jf...@gmx.net> wrote:

> Und was liest man dort so?

Hallo,

also ich habe auf der Startseite neben dem Suchfeld "LEXIKON SUCHE"
gelesen. Sehr professionell so was.

Mein erster Suchbegriff war dann "Bindestrich".

In der Wikipedia gibt es im Artikel zu diesem Stichwort auch den Verweis
auf den Lexikonartikel zum Thema "Deppenleerzeichen".

Schönen Gruß,
Jukka

Message has been deleted

T.Schr...@gmx.de

unread,
Aug 30, 2006, 1:46:24 PM8/30/06
to
Hallo LEute,

ich würde den Brockhaus auf jeden Fall vorziehne gegenüber Meyers
Lexikon. Ist meines Erachtens besser. Schaut doch mal hier
www.mitlaut.de
Fande ich gar nicht so schlecht als kleine Übersicht für das Thema
Buch
Salve Torben

Rüdiger Silberer schrieb:

> Am 30.08.2006 schrieb Juergen Fenn:
>
>
> > Ich frage mich, warum Brockhaus so etwas unkorrigiert veröffentlicht.
> > Der Text, der dort freigegeben wurde, ist wahrscheinlich insgesamt auf
> > dem Stand von vor einem Jahr. Brockhaus zeigt damit, daß der Redaktion
> > die sozialpolitische Diskussion um die Unfallversicherung völlig
> > entgangen ist...
>

> Sapperlot, ein Fehler in einem gedruckten Lexikon, jetzt ist es klar die
> Amateurliga ist eindeutig besser.
>
>
> --
> ade Rüdiger
>
> aktuell: Ricarda Huch: Der dreißigjährige Krieg
> zuletzt: Douglas Galbraith: Die große Fahrt der Rising Sun

Klaus Mahler

unread,
Aug 31, 2006, 9:22:53 AM8/31/06
to

Juergen Fenn schrieb:

> nun stehen sie also zum direkten Vergleich im Netz nebeneinander: die
> 10. Auflage von "Meyers großem Taschenlexikon" und die Wikipedia.

Wikipedia hat zum Teil fachlich sehr gute Artikel, bei anderen wiederum
hat eine Laienfraktion mit aus dem Internet zusmmengestückeltem 5%
Wissen das Ruder über die Artikel übernommen, so dass sie sogar jedem
Eintrag in Bertelsmanns Hauslexikon aus den 60er Jahren unterlegen
sind. Das Problem: ein Laie in einem Gebiet, der ja nun vermutlich
Hauptnutzer eines Eintrags sein soll, kann dies nun mal nicht
beurteilen. Ein reguläres, redaktionell geprüftes Lexikon ist da
*insgesamt* verauenswürdiger, wenn auch kein Freibrief des Vertrauens.
Dass Wikipedia bei guten Artikeln Taschenlexikon und Fachlexikon
vereint, kann natürlich nicht geleugnet werden, aber wer kann sagen,
ob das, was man dort serviert bekommt, auch stimmt? Insofern ist hier
(die natürlich selbstverständliche) kritische Haltung gegenüber
Quellen besonders zu pflegen.

Wikipedia ist eine tolle Ergänzung und sicher eine wertvolle
Bereicherung. Ein Ersatz für ein gutes Lexikon (z.B. Brockhaus,
Encyclopaedia Britannica) aber sicher nicht.


Klaus

Joerg Middendorf

unread,
Aug 31, 2006, 9:34:32 AM8/31/06
to
Ist das jetzt der Vergleich zwischen Toilettenpapier und Papyrus?

"Klaus Mahler" <klaus....@gmx.de> schrieb im Newsbeitrag
news:1157030573....@e3g2000cwe.googlegroups.com...


>Wikipedia ist eine tolle Ergänzung und sicher eine wertvolle
>Bereicherung. Ein Ersatz für ein gutes Lexikon (z.B. Brockhaus,
>Encyclopaedia Britannica) aber sicher nicht.

Ich kann mich ärgern, dass ich mir die 24-bändige Brockhaus Enzyklopädie
gekauft habe, damals als Angebot bei Weltbild.
Ich wüsste nicht, was das grossartig drinsteht, was nicht auch in der
Wikipedia steht. Diese Folianten sind zum Erstarren verurteilt. Die
Wikipedia wächst und wächst. Ich gebe dem Brockhaus noch 10 Jahre.

Klaus


Matthias Opatz

unread,
Aug 31, 2006, 9:39:20 AM8/31/06
to
Joerg Middendorf schrieb:

> Ich kann mich ärgern, dass ich mir die 24-bändige Brockhaus Enzyklopädie
> gekauft habe, damals als Angebot bei Weltbild.
> Ich wüsste nicht, was das grossartig drinsteht, was nicht auch in der
> Wikipedia steht.

Schau doch mal rein! ;)

Matthias

--
Marat wurde zwar ermordet, aber er starb vorher an einer Krankheit, die
ihm sogar das Leben raubte. Prof. Galletti
..... Wer zum Kuckuck ist Galletti? => <http://www.galletti.de/> ......
==== Bitte bei Mailantwort Großbuchstaben aus Reply-Adresse löschen. ==

Mark Neis

unread,
Aug 31, 2006, 11:31:16 AM8/31/06
to
Matthias Opatz schrieb:

>Joerg Middendorf schrieb:
>
>> Ich kann mich ärgern, dass ich mir die 24-bändige Brockhaus Enzyklopädie
>> gekauft habe, damals als Angebot bei Weltbild.
>> Ich wüsste nicht, was das grossartig drinsteht, was nicht auch in der
>> Wikipedia steht.
>
>Schau doch mal rein! ;)

ymmd!

Mark

--
Eine geschiedene, kinderlose Ostdeutsche und ein schwuler Liberaler an der
Spitze von Union und FDP - das wäre ohne Rot-Grün nicht möglich gewesen.
[Daniel Cohn-Bendit]

Andreas Kabel

unread,
Aug 31, 2006, 12:27:13 PM8/31/06
to
Joerg Middendorf wrote:
> Ich wüsste nicht, was das grossartig drinsteht, was nicht auch in der
> Wikipedia steht.

> Klaus

Steht denn drin, warum Jörg Klaus heißt?

Juergen Fenn

unread,
Aug 31, 2006, 3:56:42 PM8/31/06
to
"Klaus Mahler" <klaus....@gmx.de> writes:

> Wikipedia hat zum Teil fachlich sehr gute Artikel, bei anderen wiederum
> hat eine Laienfraktion mit aus dem Internet zusmmengestückeltem 5%
> Wissen das Ruder über die Artikel übernommen, so dass sie sogar jedem
> Eintrag in Bertelsmanns Hauslexikon aus den 60er Jahren unterlegen
> sind. Das Problem: ein Laie in einem Gebiet, der ja nun vermutlich
> Hauptnutzer eines Eintrags sein soll, kann dies nun mal nicht
> beurteilen. Ein reguläres, redaktionell geprüftes Lexikon ist da
> *insgesamt* verauenswürdiger, wenn auch kein Freibrief des Vertrauens.
> Dass Wikipedia bei guten Artikeln Taschenlexikon und Fachlexikon
> vereint, kann natürlich nicht geleugnet werden, aber wer kann sagen,
> ob das, was man dort serviert bekommt, auch stimmt? Insofern ist hier
> (die natürlich selbstverständliche) kritische Haltung gegenüber
> Quellen besonders zu pflegen.

Erst der Besserwisser weiß es besser. Der braucht dann aber sowas gar
nicht mehr. Das ist das Dilemma bei allen Lexika.

Was ich im "Meyer" gelesen habe, war so daneben, daß ich es erst nicht
glauben wollte. Das ist nämlich schlicht falsch. Und das liegt ja auch
nicht an der Kürze des Artikels, denn man hätte es ganauso kurz auch
richtig darstellen können. Wer das geschrieben hat, hat es eben auch
nicht richtig verstanden. Und man kann es noch nicht einmal ändern...

Und damit sind wir beim Thema "Vertrauenswürdigkeit". Weder in der
Redaktion eines Lexikonverlags noch bei der Wikipedia arbeiten
diejenigen mit, die sich "wirklich auskennen". Die haben nämlich etwas
Besseres zu tun. Dieses Dilemma ist wahrscheinlich unlösbar.

Eine kritische Distanz zu Quellen scheint auch mir das richtige
Résumé zu sein.

Jürgen.

Patrick Borer

unread,
Aug 31, 2006, 5:56:30 PM8/31/06
to
Juergen Fenn <jf...@gmx.net> schrieb:

(...)


>Was ich im "Meyer" gelesen habe, war so daneben, daß ich es erst nicht
>glauben wollte. Das ist nämlich schlicht falsch. Und das liegt ja auch
>nicht an der Kürze des Artikels, denn man hätte es ganauso kurz auch
>richtig darstellen können. Wer das geschrieben hat, hat es eben auch
>nicht richtig verstanden. Und man kann es noch nicht einmal ändern...
>
>Und damit sind wir beim Thema "Vertrauenswürdigkeit". Weder in der
>Redaktion eines Lexikonverlags noch bei der Wikipedia arbeiten
>diejenigen mit, die sich "wirklich auskennen". Die haben nämlich etwas
>Besseres zu tun. Dieses Dilemma ist wahrscheinlich unlösbar.

So ist es. Sei das Label Meyer, sei's Brockhaus oder die Britannica...
siehe auch <34fuucF...@individual.net>

Patrick Borer

Hendrik van Hees

unread,
Aug 31, 2006, 8:52:52 PM8/31/06
to
Klaus Mahler wrote:


> Wikipedia hat zum Teil fachlich sehr gute Artikel, bei anderen
> wiederum hat eine Laienfraktion mit aus dem Internet
> zusmmengestückeltem 5% Wissen das Ruder über die Artikel übernommen,
> so dass sie sogar jedem Eintrag in Bertelsmanns Hauslexikon aus den
> 60er Jahren unterlegen sind. Das Problem: ein Laie in einem Gebiet,
> der ja nun vermutlich Hauptnutzer eines Eintrags sein soll, kann dies
> nun mal nicht beurteilen. Ein reguläres, redaktionell geprüftes
> Lexikon ist da *insgesamt* verauenswürdiger, wenn auch kein Freibrief
> des Vertrauens. Dass Wikipedia bei guten Artikeln Taschenlexikon und
> Fachlexikon vereint, kann natürlich nicht geleugnet werden, aber wer
> kann sagen, ob das, was man dort serviert bekommt, auch stimmt?
> Insofern ist hier (die natürlich selbstverständliche) kritische
> Haltung gegenüber Quellen besonders zu pflegen.

Das ist leider auch bei professionellen Lexika, und ich denke, die
Encyclopedia Britannica kann man als solches gelten lassen, nicht der
Fall. Die Fachzeitung NATURE hat Fachleute die EB und die Wikipedia
(freilich die englische Ausgabe) testen lassen und ist zu dem
erschütternden Resultat gekommen, daß die Wikipedia und die EB gleich
gut waren!

Ich war immer ein Wikipediakritiker, weil die Physikartikel zum Teil
haarsträubend sind. Die englische Wikipedia ist i.a.
vertrauenserweckender als die deutsche, zumindest was Physik betrifft.

--
Hendrik van Hees Texas A&M University
Phone: +1 979/845-1411 Cyclotron Institute, MS-3366
Fax: +1 979/845-1899 College Station, TX 77843-3366
http://theory.gsi.de/~vanhees/faq mailto:he...@comp.tamu.edu

Marius Fraenzel

unread,
Aug 31, 2006, 9:22:19 PM8/31/06
to
Hendrik van Hees schrieb:

> Fall. Die Fachzeitung NATURE hat Fachleute die EB und die Wikipedia
> (freilich die englische Ausgabe) testen lassen und ist zu dem
> erschütternden Resultat gekommen, daß die Wikipedia und die EB gleich
> gut waren!

Das stimmt für den Bereich der Geisteswissenschaften einfach nicht,
weder für die deutsche noch für die englische Wikipedia.

Mal ganz abgesehen von den alten Auflagen der Britannica etc. Das ist
auch etwas, was in der Diskussion um die Wikipedia kaum einer
ausreichend bedenkt: Gedruckte Enzyklopädien ermöglichen das
Sedimentieren von Wissensständen: Die 6. Auflage des Meyer und die 13.
der EB sind unverzichtbare Arbeitsmittel für den Kulturhistoriker,
genauso der Zedler usw. usf. Selbst wenn man sich entschlösse,
bestimmte Zwischenstände der Wikipedia historisch zu sedimentieren,
würde sich das nie wirklich lohnen, weil die Artikel auf zu
unterschiedlichem Niveau stehen. Historischen Spitzen wie die
zitierten Auflagen würden nie wieder erreicht.

Wenn Wikipedia einmal die gedruckten Lexika zerstört hat, weil niemand
sie mehr kaufen will, weil’s ja ein Lexikon umsonst im Netz gibt, wird
dies ein nie wieder auszugleichender Verlust sein. Aber das wird den
meisten Menschen wohl ohnehin egal sein.

Gruß, Marius


--
www.musagetes.de

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 3:56:13 AM9/1/06
to
Marius Fraenzel <marius....@web.de> schrieb:

>ausreichend bedenkt: Gedruckte Enzyklopädien ermöglichen das
>Sedimentieren von Wissensständen: Die 6. Auflage des Meyer und die 13.
>der EB sind unverzichtbare Arbeitsmittel für den Kulturhistoriker,
>genauso der Zedler usw. usf. Selbst wenn man sich entschlösse,

Das mag ja sein. Aber ein Universallexikon wird nicht für
Kulturhistoriker geschrieben (1).

>Wenn Wikipedia einmal die gedruckten Lexika zerstört hat, weil niemand
>sie mehr kaufen will, weil's ja ein Lexikon umsonst im Netz gibt, wird
>dies ein nie wieder auszugleichender Verlust sein.

Kein Fortschritt ohne ihm immanente "Katastrophe". Man kann nicht
alles haben in dieser Welt. Wenn es keine gedruckten Lexika mehr gibt,
"sedimentieren" die Wissensstände halt auf CDs und DVDs, in
aufgezeichneten Fernseh-Dokus und vor allem in der Fachliteratur, die
wohl nie nur online und metamorph, sondern auch gedruckt bzw. digital
*fixiert* (E-Book) erscheinen wird. Kein Grund IMO, den Untergang des
Abendlandes zu besingen bzw. zu jammern über eine uns entgleitende
virtuelle Welt, mit der wir die Nachwelt nicht sedimentscheibchenweise
begtlücken können.

Für Otto Normalleser mit normaler Brieftasche ist heute ein Lexikon,
für das er wie im Fall des Brockhaus mehr als 2000 Eur auf den Tisch
blättern muß und das nach spätestens 5 Jahren in weiten Teilen
veraltet ist, ein Scherz. Amüsant übrigens, wie www.brockhaus.de das
haptische Vergnügen an seinem Lexikon herausstreicht, das
EuroBuckram-Leinengewebe betont und den "besonderen
Brockhaus-Goldschnitt" und letztlich bemerkt,

|All dies macht jeden Griff zur neuen Brockhaus Enzyklopädie zu einem
|echten Erlebnis. Jahrzehntelang.

Den "Griff" vielleicht, als haptisches Vergnügen. Mich informieren
über die Welt heute würde ich mit einer Ausgabe aus den 70er Jahren
nicht wollen!

Ohne revolutionäres Pathos sei schließlich noch ergänzt, daß Projekte
wie die Wikipedia Wissen *kostenlos* für die Proletarier liefern, die
einfach nicht die Kohle haben, sich ein umfangreiches Lexikon zu
kaufen. Das darf politisch gesehen nicht außer acht gelassen werden.
Aber auch hier wird vermutlich gerne umgekehrt argumentiert: Was
nichts kostet, kann nichts wert sein - eine typisch kapitalistisch
verseuchte Denkart.

(1) ... übrigens auch nicht wirklich für Fachwissenschaftler, denn die
haben ihre Fachlexika, die jemand aus ihren Kreisen verfaßt hat.
Welcher Literaturwissenschaftler schlägt im Brockhaus den
Katharsis-Begriff nach? Bei der Wikipedia habe ich das Gefühl, da
setzen sich Studenten hin und suchen in ihrem Fachgebiet nach Fehlern.
Daß sie fündig werden, ist klar. Aber wie Vergleiche zeigen, würden
sie das auch bei der EB.

Message has been deleted

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 4:16:50 AM9/1/06
to
Werner Hintze <usene...@floridante.de> schrieb:

>Zum Glück haben ja diese Proletarier aller Länder alle einen Laptop
>mit Internetanschluss

Das ist, wie auch Du weißt, billige Polemik. Denn zuerst kommt
bekanntlich das Fressen, dann die Moral (und die Bildung). Aber frage
einmal Arbeitslose in DE und AT, wie viele von denen Internet haben
und nie im Leben 2000 Eur für ein Lexikon ausgeben könnten, schon gar
nicht, wenn's nicht "fürs Leben" ist.

Matthias Opatz

unread,
Sep 1, 2006, 4:23:40 AM9/1/06
to
Marius Fraenzel schrieb:

> Wenn Wikipedia einmal die gedruckten Lexika zerstört hat, weil niemand
> sie mehr kaufen will, weil’s ja ein Lexikon umsonst im Netz gibt, wird
> dies ein nie wieder auszugleichender Verlust sein.

Dam, träfe es ein, wäre so, und doch hat auch die Wikipedia ihren
Wert und ihre Berechtigung. Das meiste Unheil entsteht durch die
Vernachlässigung von

| Insofern ist hier (die natürlich selbstverständliche) kritische Haltung
| gegenüber Quellen besonders zu pflegen.

(Klaus Mahler in diesem Fred)

Junge Menschen Quellenkritik zu lehren, ist aber auch ohne Wiki nötig.

Matthias Opatz

unread,
Sep 1, 2006, 4:27:41 AM9/1/06
to
Marius Fraenzel schrieb:

> Wenn Wikipedia einmal die gedruckten Lexika zerstört hat, weil niemand
> sie mehr kaufen will, weil’s ja ein Lexikon umsonst im Netz gibt, wird
> dies ein nie wieder auszugleichender Verlust sein.

Dem, träfe es ein, wäre so, und doch hat auch die Wikipedia ihren

Wert und ihre Berechtigung. Das meiste Unheil entsteht durch die
Vernachlässigung von

| Insofern ist hier (die natürlich selbstverständliche) kritische Haltung

| gegenüber Quellen besonders zu pflegen.

Petra Hildebrandt

unread,
Sep 1, 2006, 4:31:18 AM9/1/06
to
Am Fri, 01 Sep 2006 10:16:50 +0200
schrieb Werner Tann <wt...@gmx.at>:

mal ganz abgesehen davon dass ich nicht den Platz dafür freischaufeln
möchte, mir so ein paar Meter Bildungskanon ins Regal zu stellen. Eine
gebundene Enzyklopädie ist ja was Feines wenn man eine große
Bibliothek hat, aber wenn ich eine gebundene Enzyklopädie brauche (was
ungefähr alle Jubeljahre mal der Fall ist), gehe ich in die öffentliche
Bibliothek. Meine knappen Regalmeter brauche ich für andere Dinge. Und
wenn ich mir dann noch ausrechne, wie viele Bücher auf meiner (ohnehin
mehrere Lebensalter umfassenden) Liste der noch zu lesenden Werke ich
von den 2000 Euro anschaffen könnte, fällt mir die Entscheidung auch
nicht schwer.

Hinzu kommt, dass die Dinge die ich wirklich benötige im Allgemeinen in
Fachlexika zu finden sind und nicht im Brockhaus. Und ich lese auch
nicht aus reinem Vergnügen eine Enzyklopädie (auch wenn das Wort Klo
drin vorkommt), dafür habe ich schlicht nicht genug Lebenszeit übrig...

Mittels Internet kann man übrigens auch Jobs finden und sich auf welche
bewerben, und zum Beispiel in schnell veraltenden technischen Dingen auf
dem Laufenden bleiben, das dürfte für den zitierten Arbeitslosen sehr
viel wichtiger sein als der Besitz einer großen Enzyklopädie.

Aber das alles entfernt sich gerade gewaltig vom Ausgangsthema! :-)

Habt ein schönes Wochenende,

Petra
--
www.med-blog.de
www.foodfreak.de

Marius Fraenzel

unread,
Sep 1, 2006, 4:36:38 AM9/1/06
to
Werner Tann schrieb:

Ich habe jahrelang einen Brockhaus, eine Britannica, einen Zedler,
einen Pierer, einen Meyer benutzt, ohne mir auch nur ein einziges
dieser Lexika leisten zu können. Die *proletarische* Lösung dieses
Rätsel überlasse ich zu Übungszwecken Dir selbst!

Gruß, Marius


--
www.musagetes.de

Marius Fraenzel

unread,
Sep 1, 2006, 4:41:07 AM9/1/06
to
Werner Tann schrieb:

> *fixiert* (E-Book) erscheinen wird. Kein Grund IMO, den Untergang des
> Abendlandes zu besingen bzw. zu jammern über eine uns entgleitende
> virtuelle Welt, mit der wir die Nachwelt nicht sedimentscheibchenweise
> begtlücken können.

Ich habe weder besungen noch bejammert. Wenn ich was zu bejammern
hätte, würde ich einem wie Dir sicherlich nicht auf die Nase binden.

Gehab Dich wohl, Marius


--
www.musagetes.de

Henning Schlottmann

unread,
Sep 1, 2006, 5:17:41 AM9/1/06
to
Klaus Mahler wrote:
> Juergen Fenn schrieb:
>
> > nun stehen sie also zum direkten Vergleich im Netz nebeneinander: die
> > 10. Auflage von "Meyers großem Taschenlexikon" und die Wikipedia.
>
> Wikipedia hat zum Teil fachlich sehr gute Artikel, bei anderen wiederum
> hat eine Laienfraktion mit aus dem Internet zusmmengestückeltem 5%
> Wissen das Ruder über die Artikel übernommen, so dass sie sogar jedem
> Eintrag in Bertelsmanns Hauslexikon aus den 60er Jahren unterlegen
> sind.

Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.

Ciao Henning

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 5:23:52 AM9/1/06
to
Marius Fraenzel <marius....@web.de> schrieb:

>Ich habe jahrelang einen Brockhaus, eine Britannica, einen Zedler,
>einen Pierer, einen Meyer benutzt, ohne mir auch nur ein einziges
>dieser Lexika leisten zu können. Die *proletarische* Lösung dieses
>Rätsel überlasse ich zu Übungszwecken Dir selbst!

Dein Denkfehler: Du bejammerst das Ende der gedruckten Lexika. Das
Ende wird von *Benutzern*, die nicht kaufen, sondern beim Nachbarn und
in der Bücherei nachschlagen, nicht aufgehalten werden.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 5:23:52 AM9/1/06
to
Marius Fraenzel <marius....@web.de> schrieb:

>Ich habe weder besungen noch bejammert. Wenn ich was zu bejammern
>hätte, würde ich einem wie Dir sicherlich nicht auf die Nase binden.

Ich liebe Deine Emotionalität, mit der Du Zustimmung zu und Ablehnung
von Argumenten davon abhängig machst, von wem sie kommen.

Matthias Opatz

unread,
Sep 1, 2006, 5:25:33 AM9/1/06
to
Henning Schlottmann schrieb:

> Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
> verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.

Das schon, aber die drei sind ja dann beliebig. Gleichwohl bleiben die
abertausend anderen mangelhaften Einträge, die nicht an dieser oder einer
ähnlichen Stelle explizit als mangelhaft herausgestellt werden, noch
lange unverbessert (aber eben nicht unbeachtet). Das wäre nicht so schlimm,
wäre quellenkritische Herangehensweise an Quellen selbstverständlich. Das
ist sie aber nicht. Das hat schon nicht mehr mit Wikipedia zu tun. Was
wird nicht alles für bare Münze genommen, das irgenweiner irgendwann
irgendwo ins Netz gestellt hat. Das Netz ist für so manchen eine höhere
Instanz der Wissensvermittlung als die Schule und das Leben.

Mark Neis

unread,
Sep 1, 2006, 5:30:48 AM9/1/06
to
Marius Fraenzel schrieb:

>Mal ganz abgesehen von den alten Auflagen der Britannica etc. Das ist
>auch etwas, was in der Diskussion um die Wikipedia kaum einer
>ausreichend bedenkt: Gedruckte Enzyklopädien ermöglichen das
>Sedimentieren von Wissensständen: Die 6. Auflage des Meyer und die 13.
>der EB sind unverzichtbare Arbeitsmittel für den Kulturhistoriker,
>genauso der Zedler usw. usf. Selbst wenn man sich entschlösse,
>bestimmte Zwischenstände der Wikipedia historisch zu sedimentieren,
>würde sich das nie wirklich lohnen, weil die Artikel auf zu
>unterschiedlichem Niveau stehen. Historischen Spitzen wie die
>zitierten Auflagen würden nie wieder erreicht.
>
>Wenn Wikipedia einmal die gedruckten Lexika zerstört hat, weil niemand
>sie mehr kaufen will, weil’s ja ein Lexikon umsonst im Netz gibt, wird
>dies ein nie wieder auszugleichender Verlust sein. Aber das wird den
>meisten Menschen wohl ohnehin egal sein.

Du widersprichst dir hier, Marius: Einerseits stellst du die These
auf, die Zerstörung der Restauflage der gedruckten Wikipedia stelle
einen nie wieder auszugleichenden Verlust dar. Andererseits behauptest
du, eine Sicherung der Online-Ausgabe sei nicht lohnend, weil die
Artikel auf zu unterschiedlichem Niveau stehen. Bist du denn sicher,
dass sie das in der gedruckten Ausgabe denn nicht tun?

Ich finde die Archivierung von Webseiten, wie sie vom Wayback-Archive
betrieben wird, gut. Außerdem bin ich der Meinung, dass
Kulturhistoriker sich den veränderten Bedingungen anpassen und in
fünfzig oder hundert Jahren eben diejenigen Quellen heranziehen
werden, die von heute noch verfügbar sind.

Und jetzt komm bloß keiner mit der begrenzten Haltbarkeit von digital
gespeicherten Datenbeständen! Ich sehe keinen Grund, weshalb z.B.
HTML, XML oder ASCII in hundert oder von mir aus dreihundert Jahren
nicht mehr gelesen werden können sollten. Die begrenzte Haltbarkeit
der Medien und entsprechender Lesegeräte kann man leicht durch
Umkopieren der Daten alle fünfzehn Jahre auf die jeweils besten Medien
der Zeit bewerkstelligen.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 5:44:59 AM9/1/06
to
Matthias Opatz <spam-sp...@online.de> schrieb:

>was wird nicht alles für bare Münze genommen, das irgenweiner irgendwann


>irgendwo ins Netz gestellt hat. Das Netz ist für so manchen eine höhere
>Instanz der Wissensvermittlung als die Schule und das Leben.

... weil es immer noch ein relativ neues Medium ist. Das galt früher
auch für Gedrucktes. Was man "schwarz auf weiß" hatte, besaß per se
Wahrheitswert.

Spätestens die nächste oder übernächste Generation wird gegenüber
Websites die gleiche Skepsis an den Tag legen wie gegenüber anderen
Informationsträgern.

Ein essentielleres Problem, dessen Lösung ich so schnell nicht sehe,
ist der oft blinde Glaube an die Experten und die Wissenschaften.
(Wenn die Wissenschaft irgend etwas völlig Revolutionäres verkündet,
glaubt das jeder sofort. Tut die Kunst Gleiches, wird das als abartige
Spinnerei weggewischt.)

Henning Schlottmann

unread,
Sep 1, 2006, 6:04:16 AM9/1/06
to
Werner Tann wrote:
> Matthias Opatz <spam-sp...@online.de> schrieb:
>
> >was wird nicht alles für bare Münze genommen, das irgenweiner irgendwann
> >irgendwo ins Netz gestellt hat. Das Netz ist für so manchen eine höhere
> >Instanz der Wissensvermittlung als die Schule und das Leben.
>
> ... weil es immer noch ein relativ neues Medium ist. Das galt früher
> auch für Gedrucktes. Was man "schwarz auf weiß" hatte, besaß per se
> Wahrheitswert.

Das Problem ist alt. Platon läßt im Phaidros Socrates darüber klagen,
wie die Schrift das Wissen entwerten würde, denn Wissen wäre nur durch
eigenständiges Erinnern von Gehörtem
möglich.

Leider habe ich den Text so schnell online nur auf englisch gefunden:
http://www.gutenberg.org/dirs/etext99/phdrs10.txt - bitte nach dem Wort
"Naucratis" suchen und den gefundenen Absatz lesen.

Ich bin kein großer Fan von Postman, aber er hat ein ganzes Buch[1]
daran aufgehängt.

Ciao Henning

[1] Neil Postman, Das Technopol, 1992, Frankfurt am Main, S. Fischer,
ISBN 3-10-062413-0

Henning Schlottmann

unread,
Sep 1, 2006, 5:56:25 AM9/1/06
to
Matthias Opatz wrote:
> Henning Schlottmann schrieb:
>
> > Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
> > verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.
>
> Das schon, aber die drei sind ja dann beliebig. Gleichwohl bleiben die
> abertausend anderen mangelhaften Einträge, die nicht an dieser oder einer
> ähnlichen Stelle explizit als mangelhaft herausgestellt werden, noch
> lange unverbessert (aber eben nicht unbeachtet).

Aber es ist ein Anfang. Und im Gegensatz zu Printlexika ist es möglich.
Alle in der Nature-Vergleichsutersuchung bemängelten Fehler der
Wikipedia waren kurz nach Veröffentlichung der Detailurteile verbessert.
In der EB bleiben die Mängel bis irgendwann 2009, wenn die nächste
Auflage auf den Markt kommt.

> Das wäre nicht so schlimm,
> wäre quellenkritische Herangehensweise an Quellen selbstverständlich. Das
> ist sie aber nicht. Das hat schon nicht mehr mit Wikipedia zu tun. Was
> wird nicht alles für bare Münze genommen, das irgenweiner irgendwann
> irgendwo ins Netz gestellt hat. Das Netz ist für so manchen eine höhere
> Instanz der Wissensvermittlung als die Schule und das Leben.

Nicht nur im Netz. Alle Medien haben ihre spezifischen Probleme und
Quellenkritik ist als Kulturtechnik unverzichtbar. Wenn die Wikipedia
damit offen umgeht (und das tut sie), dann kann sie wertvollere Beiträge
leisten, als es andere Veröffentlichungen tun, die ihre Grenzen nicht
selbst ansprechen.

Ciao Henning

Joachim Parsch

unread,
Sep 1, 2006, 6:12:57 AM9/1/06
to
Hallo,

Mark Neis schrieb:
> Und jetzt komm bloß keiner mit der begrenzten Haltbarkeit von digital
> gespeicherten Datenbeständen! Ich sehe keinen Grund, weshalb z.B.


> HTML, XML oder ASCII in hundert oder von mir aus dreihundert Jahren

> nicht mehr gelesen werden können sollten.

Ich schon:
- es gibt keine Lesegeräte mehr für die benutzten Speichermedien
- es gibt keine auf den dann vorhandenen Rechnern ablauffähige SW mehr,
die das Datenformat lesen kann

Sicher kann man beides verhindern - die Möglichkeit, daß du in 50
Jahren nicht mehr an die Daten einer CD mit .html-dateien kommst, besteht.

> Die begrenzte Haltbarkeit
> der Medien und entsprechender Lesegeräte kann man leicht durch
> Umkopieren der Daten alle fünfzehn Jahre auf die jeweils besten Medien
> der Zeit bewerkstelligen.

Wenn das nötig ist, sind die Daten so gut wie weg. Wieviel könnten wir
aus dem 17. Jhdt. heute noch lesen, wenn es auch nur alle 50 Jahre
notwendig gewesen wäre, die Aufzeichnungen auf neueres Papier zu kopieren?

Gruß
Joachim

Matthias Opatz

unread,
Sep 1, 2006, 6:30:47 AM9/1/06
to
Joachim Parsch schrieb:

> Sicher kann man beides verhindern - die Möglichkeit, daß du in 50
> Jahren nicht mehr an die Daten einer CD mit .html-dateien kommst, besteht

nicht.

Matthias Opatz

unread,
Sep 1, 2006, 6:34:05 AM9/1/06
to
Joachim Parsch schrieb:

> Sicher kann man beides verhindern - die Möglichkeit, daß du in 50

Joachim Parsch

unread,
Sep 1, 2006, 6:44:03 AM9/1/06
to
Hallo,

Matthias Opatz schrieb:


>
> Joachim Parsch schrieb:
>
> > Sicher kann man beides verhindern - die Möglichkeit, daß du in 50
> > Jahren nicht mehr an die Daten einer CD mit .html-dateien kommst, besteht
>
> nicht.

Und woher weißt du das? Ich glaube auch nicht, daß es so sein wird,
aber was macht dich so sicher?

Es ist jetzt schon schwer, bspw. 5 1/4''-Disketten auszulesen.
Und es ist noch nicht mal 20 Jahre her, daß die Dinger allgemein
üblich waren.

Ein Buch muß erhalten bleiben, damit man es lesen kann. Ein digitales
Medium muß erhalten bleiben *und* decodierbar sein. Die Hürde ist also
prinzipiell höher, egal welche Sicherheitsmaßnahmen man ergreift, um
die Decodierbarkeit zu garantieren.

Gruß
Joachim

Joachim Parsch

unread,
Sep 1, 2006, 6:50:56 AM9/1/06
to
Als Ergänzung noch...

Ich schrieb:


> Ein Buch muß erhalten bleiben, damit man es lesen kann. Ein digitales
> Medium muß erhalten bleiben *und* decodierbar sein. Die Hürde ist also
> prinzipiell höher, egal welche Sicherheitsmaßnahmen man ergreift, um
> die Decodierbarkeit zu garantieren.

Von der prinzipbedingt höheren Fehleranfälligkeit digitaler Speichermedien
ganz zu schweigen.

Gruß
Joachim

Matthias Opatz

unread,
Sep 1, 2006, 7:11:36 AM9/1/06
to
Joachim Parsch schrieb:

> Matthias Opatz schrieb:

>> Joachim Parsch schrieb:
>>
>>> Sicher kann man beides verhindern - die Möglichkeit, daß du in 50
>>> Jahren nicht mehr an die Daten einer CD mit .html-dateien kommst, besteht
>>
>> nicht.
>
> Und woher weißt du das?

Wissenschaftler werden immer über die Mittel verfügen, solche Quellen
zu lesen. Das konnten sie auch bisher schon (selbst Microfishes,
Schellackplatten oder Blechwalzen sind ja nicht der neueste Schrei).

Horst Ruth

unread,
Sep 1, 2006, 7:51:54 AM9/1/06
to
Am 01.09.2006 schrieb Marius Fraenzel:

> Ich habe jahrelang einen Brockhaus, eine Britannica, einen Zedler,
> einen Pierer, einen Meyer benutzt, ohne mir auch nur ein einziges
> dieser Lexika leisten zu können. Die *proletarische* Lösung dieses
> Rätsel überlasse ich zu Übungszwecken Dir selbst!

So wie Wolf Larsen? Respice finem!

Gruß
HR
--
sunt nova grata tria: medicus, meretrix, melodia

Joachim Parsch

unread,
Sep 1, 2006, 7:54:38 AM9/1/06
to
Hallo,

Matthias Opatz schrieb:
>
> Joachim Parsch schrieb:

> > Und woher weißt du das?
>
> Wissenschaftler werden immer über die Mittel verfügen, solche Quellen
> zu lesen. Das konnten sie auch bisher schon (selbst Microfishes,
> Schellackplatten oder Blechwalzen sind ja nicht der neueste Schrei).

Gut, im professionellen Bereich wird man natürlich mehr Möglichkeiten
haben. Dennoch zeigen deine gewählten Beispiele IMHO die Problematik
ganz gut auf:

- als Privatmann sollte man seine Daten lieber klassisch analog
aufbewahren, um im Alter noch Zugriff darauf zu haben. Die Digitalfotos,
die ich jetzt nicht ausdrucke, werden meine Enkel vermutlich nicht ansehen
können.
- analoge Medien sind weniger problematisch. Ein Kratzer im Microfiche
zerstört einen evtl. rekronstruierbaren kleinen Teil der Daten. Ein
falsches Bit im Header einer digitalen Datei kann die ganze Datei unlesbar
machen.

Gruß
Joachim

Tim 'avatar' Bartel

unread,
Sep 1, 2006, 8:38:41 AM9/1/06
to
Werner Hintze schrieb am 01.09.2006 10:01:

> On Fri, 01 Sep 2006 09:56:13 +0200 Werner Tann wrote:
>>Ohne revolutionäres Pathos sei schließlich noch ergänzt, daß Projekte
>>wie die Wikipedia Wissen *kostenlos* für die Proletarier liefern, die
>>einfach nicht die Kohle haben, sich ein umfangreiches Lexikon zu
>>kaufen.
>
> Zum Glück haben ja diese Proletarier aller Länder alle einen Laptop
> mit Internetanschluss (natürlich DSL über WLAN, das ja bekanntlich
> noch in den ärmsten Gebieten der Welt kostenlos verfügbar ist) und
> können darum jederzeit vom Halbwissen der Wikipedia profitieren. Ja,
> ja. Die Welt ist schon in Ordnung, wie sie ist, und durch die
> Digitalisierung wird sie immer in Ordnunger.

Die Haupterrungenschaft der Wikipedia ist nicht die kostenlose
Zurverfuegungstellung von Inhalten, sondern die freie Lizenzierung
derselben. Im Gegensatz zu anderen Werken, deren Urheber eine
("re-medialisierte") Weiterverbreitung in der Regel nicht wuenschen, ist
es moeglich, den Content zu nehmen und auf andere Art und Weise
weiterzuverwenden. So hat ein Grossteil der oftmals in diesem
Zusammenhang erwaehnten armen computerlosen Afrikanern ein Handy - mit
dem er bei Bedarf Wikipedia-Inhalte abrufen kann (vgl. z.B. MobilED [1])

Tschuess, Tim.

[1] http://mobiled.uiah.fi/
--
http://wikipedistik.de

Klaus Mahler

unread,
Sep 1, 2006, 8:41:10 AM9/1/06
to

Marius Fraenzel schrieb:

> Das stimmt für den Bereich der Geisteswissenschaften einfach nicht,
> weder für die deutsche noch für die englische Wikipedia.

Ich habe mir von Kollegen und Freunden sagen lassen, dass das in den
Sozialwissenschaften noch schlimmer ist. Themen aus Politik, Soziologie
und Psychologie sollen größtenteils schon von Laien und Trollen
übernommen worden sein. Leute, die sich in den Gebieten auskennen,
haben wohl längst entnervt aufgegeben, weil zu viele Laien und Trolle
fachlich fundierte Änderungen zurücknehmen oder ihreseits mit ihrem
Halbwissen austauschen. Wikipedia selbst führe dann oft noch
Sperrungen durch, so dass Artikel regelrecht gekapert werden könnten.
Und selbst wenn nicht, so gibt es den Zwang zu "Kompromissen" zwischen
Laieneinträgen und seriösen. Insofern finde sich dort längst mehr
pseudo-wissenschaftliche Information denn irgendwas anderes.


Klaus

Klaus Mahler

unread,
Sep 1, 2006, 8:42:05 AM9/1/06
to

Henning Schlottmann schrieb:


> Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
> verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.


Von wem? Sicher nicht von Fachleuten.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 8:51:40 AM9/1/06
to
Joachim Parsch <s...@bunuel.franken.de> schrieb:

>Es ist jetzt schon schwer, bspw. 5 1/4''-Disketten auszulesen.
>Und es ist noch nicht mal 20 Jahre her, daß die Dinger allgemein
>üblich waren.

Wer wichtige Daten auf 5 1/"4"-Disketten hatte und nicht spätestens
dann, als sein neuer Rechner von Werk kein solches Laufwerk mehr
besaß, Handlungsbedarf sah, dem ist nicht zu helfen.

Abgesehen davon ist es auch für Nichtprofessionelle keine
Unmöglichkeit, das heute noch zu überspielen. Mit Ebay und minimalem
Aufwand.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 8:51:40 AM9/1/06
to
Henning Schlottmann <h.schl...@gmx.net> schrieb:

>Leider habe ich den Text so schnell online nur auf englisch gefunden:

Paßt schon. Waren zehn Sekunden Volltextsuche im Band "Philosophie von
Platon bis Nietzsche". ;-)

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 8:51:40 AM9/1/06
to
Horst Ruth <H.R...@gmx.de> schrieb:

>So wie Wolf Larsen? Respice finem!

:-)
Ich stell' mir grad den Marius vor, wie er meine Postings liest und
dabei mit steinerner Miene rohe Erdäpfel zerquetscht.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 8:55:30 AM9/1/06
to
"Klaus Mahler" <klaus....@gmx.de> schrieb:

>Sozialwissenschaften noch schlimmer ist. Themen aus Politik, Soziologie
>und Psychologie sollen größtenteils schon von Laien und Trollen
>übernommen worden sein.

Aus diesem Bereich bitte 3 Beispiele.

Marius Fraenzel

unread,
Sep 1, 2006, 8:56:34 AM9/1/06
to
Werner Tann schrieb:

Wohl neidisch, was?

Gruß, Marius


--
www.musagetes.de

Tim 'avatar' Bartel

unread,
Sep 1, 2006, 9:01:25 AM9/1/06
to
Werner Tann schrieb am 01.09.2006 14:51:
> Joachim Parsch <s...@bunuel.franken.de> schrieb:
>>Es ist jetzt schon schwer, bspw. 5 1/4''-Disketten auszulesen.
>>Und es ist noch nicht mal 20 Jahre her, daß die Dinger allgemein
>>üblich waren.
>
> Wer wichtige Daten auf 5 1/"4"-Disketten hatte und nicht spätestens
> dann, als sein neuer Rechner von Werk kein solches Laufwerk mehr
> besaß, Handlungsbedarf sah, dem ist nicht zu helfen.

Ja.

> Abgesehen davon ist es auch für Nichtprofessionelle keine
> Unmöglichkeit, das heute noch zu überspielen. Mit Ebay und minimalem
> Aufwand.

Das Problem ist in der Regel nicht das Lesegeraet, sondern das Medium.
Ein grosser Teil meiner 5,25"-Disketten fuer den C=64 sind ebenfalls
nicht mehr lesbar.

Selbst von meinen CD-Rohlingen sind viele aeltere nicht mehr vernuenftig
lesbar.

Tschuess, Tim.

--
http://wikipedistik.de

Mark Neis

unread,
Sep 1, 2006, 9:01:47 AM9/1/06
to
Joachim Parsch schrieb:

>Mark Neis schrieb:
>> Und jetzt komm bloß keiner mit der begrenzten Haltbarkeit von digital
>> gespeicherten Datenbeständen! Ich sehe keinen Grund, weshalb z.B.


>> HTML, XML oder ASCII in hundert oder von mir aus dreihundert Jahren

>> nicht mehr gelesen werden können sollten.

>
>Ich schon:
>- es gibt keine Lesegeräte mehr für die benutzten Speichermedien

Es gibt bereits Überlegungen dazu, die sich tatsächlich auf Umkopieren
der Daten alle ca. 15 Jahre stützen. Leider ist mir die URL entfallen,
aber es waren Konzepte, die auf einem Kongress von Archivaren und
Bibliothekaren in den USA entwickelt wurden, um genau diesem Problem
zu begegnen. Umkopieren lässt sich übrigens weitestgehend
automatisieren und ist vom Aufwand her nicht annähernd vergleichbar
mit dem Umkopieren von Daten, die auf Papier festgehalten sind.

Ich administriere hier u.a. Storage- und Backupsysteme, da stellt sich
ja im Prinzip das gleiche Problem: Wie hebt man Daten sicher für die
geforderten 10 Jahre auf? Eine momentan praktizierte Lösung: Man
verteilt die Daten redundant auf genügend viele Platten. In der Praxis
ist es ein wenig komplexer, wegen Schutz gegen Veränderung,
Zugriffsrechten usw. - aber das Prinzip ist ganz einfach.


>- es gibt keine auf den dann vorhandenen Rechnern ablauffähige SW mehr,
>die das Datenformat lesen kann

Technisch gesehen ist 7-Bit-US-ASCII das einfachste wo gibt. Es gibt
absolut keinen Grund, weshalb ein auch nur rudimentär begabter
Programmierer in der Zukunft das nicht mehr verarbeiten können sollte.

HTML und XML sind nicht wesentlich komplexer. Man wählt natürlich als
Speicherformat für Daten nicht unbedingt Winzigweich Weird.


>Wenn das nötig ist, sind die Daten so gut wie weg. Wieviel könnten wir
>aus dem 17. Jhdt. heute noch lesen, wenn es auch nur alle 50 Jahre
>notwendig gewesen wäre, die Aufzeichnungen auf neueres Papier zu kopieren?

s.o.

Message has been deleted

Mark Neis

unread,
Sep 1, 2006, 9:06:33 AM9/1/06
to
Joachim Parsch schrieb:

>Es ist jetzt schon schwer, bspw. 5 1/4''-Disketten auszulesen.
>Und es ist noch nicht mal 20 Jahre her, daß die Dinger allgemein
>üblich waren.

Die von mir erwähnten 15 Jahre hatten eien Grund. Auf besagtem
Archivarkongress hat man eben auch die technischen Innovationszyklen
betrachtet und kam zu dem Schluss, dass 15 Jahre ein ausreichend guter
Kompromiss sind zwischen technischer Machbarkeit und Häufigkeit (und
damit Kosten) des Kopiervorganges, also zwischen "Noch-Lesen-Können"
und "Möglichst-selten-Umkopieren".


>Ein Buch muß erhalten bleiben, damit man es lesen kann. Ein digitales
>Medium muß erhalten bleiben *und* decodierbar sein. Die Hürde ist also
>prinzipiell höher, egal welche Sicherheitsmaßnahmen man ergreift, um
>die Decodierbarkeit zu garantieren.

Die Dekodierung von Schrift ("Lesen") ist lediglich weiter verbreitet
und ohne zusätzliche technische Mittel machbar. Dekodiert werden muss
es trotzdem.

Message has been deleted

Joachim Parsch

unread,
Sep 1, 2006, 9:25:47 AM9/1/06
to
Hallo,

Werner Tann schrieb:


>
> Joachim Parsch <s...@bunuel.franken.de> schrieb:
>
> >Es ist jetzt schon schwer, bspw. 5 1/4''-Disketten auszulesen.
> >Und es ist noch nicht mal 20 Jahre her, daß die Dinger allgemein
> >üblich waren.
>
> Wer wichtige Daten auf 5 1/"4"-Disketten hatte und nicht spätestens
> dann, als sein neuer Rechner von Werk kein solches Laufwerk mehr
> besaß, Handlungsbedarf sah, dem ist nicht zu helfen.

Es ist nicht so ungewöhnlich, Dinge, die man im Moment nicht
braucht, temporär auf sich beruhen zu lassen. Wenn man dann noch
andernweitig genug zu tun hat und die Disketten bspw. nach einem
Umzug erstmal im Kellerschrank Platz nehmen...
Es ist ziemlich menschlich, so zu handeln. Ein Fotoalbum, das ich
dann nach 10 Jahren doch noch einmal ansehen will, muß ich nur finden.
Die Disketten muß ich finden *und* irgendwie an die Daten herankommen.
Um diesen Zusatzschritt geht es mir doch die ganze Zeit.

> Abgesehen davon ist es auch für Nichtprofessionelle keine
> Unmöglichkeit, das heute noch zu überspielen. Mit Ebay und minimalem
> Aufwand.

Natürlich ist das jetzt noch nicht unmöglich, den letzten Rechner mit
5,25''-Laufwerk habe ich vor weniger als 10 Jahren verschrottet.
Laß uns in 30 Jahren nochmal über 5,25''-Disketten reden ;-)

Gruß
Joachim

Joachim Parsch

unread,
Sep 1, 2006, 9:25:48 AM9/1/06
to
Hallo,

Mark Neis schrieb:


>
> Joachim Parsch schrieb:
>
> >Es ist jetzt schon schwer, bspw. 5 1/4''-Disketten auszulesen.
> >Und es ist noch nicht mal 20 Jahre her, daß die Dinger allgemein
> >üblich waren.
>
> Die von mir erwähnten 15 Jahre hatten eien Grund. Auf besagtem
> Archivarkongress hat man eben auch die technischen Innovationszyklen
> betrachtet und kam zu dem Schluss, dass 15 Jahre ein ausreichend guter
> Kompromiss sind zwischen technischer Machbarkeit und Häufigkeit (und
> damit Kosten) des Kopiervorganges, also zwischen "Noch-Lesen-Können"
> und "Möglichst-selten-Umkopieren".

Nun ja, ich halte "alle 15 Jahre" für so häufig, daß man unwichtigere
Daten vermutlich auch gleich löschen kann, sei es, weil sie beim Kopieren
des Aufwands wegen Übergangen werden, oder weil nicht genügend Sorgfalt
auf Vollständigkeit verwendet wird.
Wenn pro Kopiervorgang 80% aller weniger wichtigen Daten überleben,
sind nach 45 Jahren die Hälfte davon weg.

> >Ein Buch muß erhalten bleiben, damit man es lesen kann. Ein digitales
> >Medium muß erhalten bleiben *und* decodierbar sein. Die Hürde ist also
> >prinzipiell höher, egal welche Sicherheitsmaßnahmen man ergreift, um
> >die Decodierbarkeit zu garantieren.
>
> Die Dekodierung von Schrift ("Lesen") ist lediglich weiter verbreitet
> und ohne zusätzliche technische Mittel machbar. Dekodiert werden muss
> es trotzdem.

Ähm, die Dekodierung eines Textes (vulgo Lesen) muß ja bei einem digitalen
Medium auch noch stattfinden. Es geht mir darum, daß der Zwischenschritt
von Bitmasse zu von Menschen lesbarem ein prinzipbedingter Zusatzschritt
ist, der Risiken birgt.

Gruß
Joachim

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 9:26:53 AM9/1/06
to
Tim 'avatar' Bartel <use...@computerkultur.org> schrieb:

>Das Problem ist in der Regel nicht das Lesegeraet, sondern das Medium.
>Ein grosser Teil meiner 5,25"-Disketten fuer den C=64 sind ebenfalls
>nicht mehr lesbar.

Die Haltbarkeit von Medien ist ein Problem, ja, dem man aber durch
entsprechende Backups auf weiteren Medien beikommen kann. Externe
Festplatten beispielsweise werden immer billiger und haben eigentlich,
gerade wenn sie, weil nur Backuplösung, nicht im Dauerbetrieb sind,
eine relativ hohe Lebenserwartung.

Woran wir uns auch gewöhnen müssen, ist der Umgang mit digitalen
Medien. Von wichtigen Geschäftspapieren macht jedermann Kopien, bei
CD-Rs oder Daten auf der Festplatte denkt man, das sei nicht nötig.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 9:26:52 AM9/1/06
to
Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de> schrieb:

>> Das ist, wie auch Du weißt, billige Polemik. Denn zuerst kommt
>> bekanntlich das Fressen, dann die Moral (und die Bildung). Aber frage
>> einmal Arbeitslose in DE und AT, wie viele von denen Internet haben
>> und nie im Leben 2000 Eur für ein Lexikon ausgeben könnten, schon gar
>> nicht, wenn's nicht "fürs Leben" ist.
>
>Kein bißchen billiger als Deine.

Du findest den Hinweis auf Arbeitslose, die sich keine teuren Lexika
kaufen können, polemisch?

>Aber niemand muß 2.000 Euro für eine
>Enzyklopädie ausgeben. Wirf mal einen Blick nach Ebay, für wie wenig
>Geld, da große Lexika »verramscht« werden.

Beispiel?
Günstig angeboten werden 30 Jahre alte Schinken, und da haben wir das
diskutierte Aktualitätsproblem des Gedruckten. Dazu kommt noch eine
Menge Porto, denn die Wälzer wiegen (der Brockhaus 100 Kilo, schreibt
ein Anbieter).

Abgesehen davon, es wurde schon angesprochen, wohnen Leute mit wenig
Geld auch meist beschränkt und haben gar keinen Platz, sich das Regal
mit einer Enzyklopädie anzufüllen.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 9:32:09 AM9/1/06
to
Mark Neis <use...@neismark.de> schrieb:

>HTML und XML sind nicht wesentlich komplexer. Man wählt natürlich als
>Speicherformat für Daten nicht unbedingt Winzigweich Weird.

Selbst wenn, kannst Du wetten, daß im selben Monat, in dem MS ein
nicht mehr abwärtskompatibles Word auf den Markt bringt (oder Word
eingestellt wird), diverse Konverterprogramme auftauchen werden, um
doc-Files in andere Formate zu übertragen. Analog etwa für PDF.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 9:41:02 AM9/1/06
to
Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de> schrieb:

>> Kein Grund IMO, den Untergang des
>> Abendlandes zu besingen bzw. zu jammern über eine uns entgleitende
>> virtuelle Welt, mit der wir die Nachwelt nicht sedimentscheibchenweise
>> begtlücken können.
>
>Mein Gott, immer diesselbe Leier,

Diese "Leier" war durch das, was nach dem "bzw" kam, differenziert und
daher keine Leier mehr.

Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 9:41:02 AM9/1/06
to
Joachim Parsch <s...@bunuel.franken.de> schrieb:

>Es ist ziemlich menschlich, so zu handeln.

Stimmt schon. Nur finde ich, daß in dem Zusammenhang menschliche
Schwäche kein gutes Argument ist. Wie sagt man zynisch? Wer für seinen
Computer kein Backup hat, hatte keine wichtigen Daten drauf. :-)

Und "menschlich" ist es leider auch, wertvolle alte Bücher sorg- und
gedankenlos im feuchten Keller einzulagern. Wer einmal den Keller
solcher Zeitgenossen ausgeräumt hat, verliert spätestens dann den
Glauben an die Menschheit.

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Werner Tann

unread,
Sep 1, 2006, 10:30:44 AM9/1/06
to
Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de> schrieb:

>> Du findest den Hinweis auf Arbeitslose, die sich keine teuren Lexika
>> kaufen können, polemisch?
>

>Nein, ich meinte Deinen vorherigen Beitrag.

Was drin konkret?

>Nö, angeboten werden aktuelle Brockhaus und Meyer.

[Beispiele]

Abgelaufene Auktionen wären etwas aussagekräftiger.

>15 Bände Meyers Großes Universal-Lexikon, ok von 1983, aber kostet 3
>Stunden vor Ende auch 1,99.

Daran sieht man doch: "Niemand" will ein 23 Jahre altes Lexikon, nicht
mal geschenkt.

>Naja, dann sollen sie es sich halt aufs Klo stellen,

Soviel zur Polemik. Das Klo ist ein Feuchtraum.

>was ist denn das für ein Argument?

Wenn für *Dich* der Platz für Bücher offenbar kein Problem ist,
solltest Du nicht von Dir auf andere schließen.

Petra Hildebrandt

unread,
Sep 1, 2006, 10:30:47 AM9/1/06
to
Am Fri, 1 Sep 2006 16:14:53 +0200
schrieb Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de>:

> > Abgesehen davon, es wurde schon angesprochen, wohnen Leute mit wenig
> > Geld auch meist beschränkt und haben gar keinen Platz, sich das
> > Regal mit einer Enzyklopädie anzufüllen.
>

> Naja, dann sollen sie es sich halt aufs Klo stellen, was ist denn das
> für ein Argument?

und was bitte schön soll eine Enzyklopädie, die sich zum Beispiel bei
mir in einem WC befinden würde, in dem _kein Platz_ aber ein
Feuchtraum (Dusche) vorhanden ist, bringen? Was ist denn _das_ bitte
für ein Argument?

Ist als Toilettenpapier ungeeignet...

Danke dass Ihr mich mit diesem Thread mal wieder dran erinnert warum ich
dem Usenet über ein Jahr fern geblieben bin.

*seufz*

Petra

--
www.foodfreak.de

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Tim 'avatar' Bartel

unread,
Sep 1, 2006, 10:46:10 AM9/1/06
to
Rüdiger Silberer schrieb am 01.09.2006 16:16:
> Am 01.09.2006 schrieb Tim 'avatar' Bartel:
>>Die Haupterrungenschaft der Wikipedia ist nicht die kostenlose
>>Zurverfuegungstellung von Inhalten, sondern die freie Lizenzierung
>>derselben. Im Gegensatz zu anderen Werken, deren Urheber eine
>>("re-medialisierte") Weiterverbreitung in der Regel nicht wuenschen, ist
>>es moeglich, den Content zu nehmen und auf andere Art und Weise
>>weiterzuverwenden. So hat ein Grossteil der oftmals in diesem
>>Zusammenhang erwaehnten armen computerlosen Afrikanern ein Handy - mit
>>dem er bei Bedarf Wikipedia-Inhalte abrufen kann (vgl. z.B. MobilED [1])
>
> Ja, ein ganz toller Vorteil, bei jeder Googlesuche bekommt man hunderte
> Einträge von Wikipediaklonen angeboten.

a) Du suchst den Wikipedia-Eintrag: prima.
b) Du suchst was anderes: fuege ein "-wikipedia" hinzu
(... dann bleiben nur noch die widerrechtlichen Mirrors drin, ok.)

Nein, Spass beiseite - ich verstehe sicherlich dass das aergerlich ist.

Aber ziehst du daraus den Schluss, dass closed content wuenschenswerter
ist, als frei lizenzierter? Wenn ich mir die Vor- und Nachteile
anschaue, dann tendiere ich zumindestens doch deutlich zur freien
Alternative.

Mark Neis

unread,
Sep 1, 2006, 10:48:07 AM9/1/06
to
Joachim Parsch schrieb:

>Mark Neis schrieb:

>> Die von mir erwähnten 15 Jahre hatten eien Grund. Auf besagtem
>> Archivarkongress hat man eben auch die technischen Innovationszyklen
>> betrachtet und kam zu dem Schluss, dass 15 Jahre ein ausreichend guter
>> Kompromiss sind zwischen technischer Machbarkeit und Häufigkeit (und
>> damit Kosten) des Kopiervorganges, also zwischen "Noch-Lesen-Können"
>> und "Möglichst-selten-Umkopieren".
>
>Nun ja, ich halte "alle 15 Jahre" für so häufig, daß man unwichtigere
>Daten vermutlich auch gleich löschen kann, sei es, weil sie beim Kopieren
>des Aufwands wegen Übergangen werden, oder weil nicht genügend Sorgfalt
>auf Vollständigkeit verwendet wird.

Wir haben offenbar unterschiedliche Vorstellungen von der
Vorgehensweise bei so was.

Wenn ich hier unsere Daten umkopieren müsste, die offline gespeichert
sind, dann würde ich einen Stift losschicken: "Befüll mal den
250fach-CD-Wechsler dort drüben mit den CDs aus dem Datensafe XY und
sag mir Bescheid, wenn ich den Kopiervorgang starten kann." Oder:
"Schaff mal bitte die 3000 Bänder aus den Datentresoren a, b und c zu
den Tape-Libraries und befüll die große Library damit, soweit Platz
ist". Anschließend läuft da ein paar Tage oder Wochen (je nach
Datenmenge und Schreibkapazität) ein Job, der den Kram kopiert.

Da wird nichts vergessen oder mangels Sorgfalt nicht mitkopiert. Und
schon gar nicht wird in irgendeiner Form manuell bewertet, welche
Daten denn wert sind, kopiert zu werden. Das hat man bei der Erzeugung
schon festgelegt, indem man den Datenimages eine Aufbewahrungszeit
("Retention") mitgegeben hat. Was aus der Retention rausfällt, kann
gelöscht werden. Dass dann u. U. Daten weg sind, die man noch hätte
haben wollen, ist ein Problem, das sich bei Papier ebenso stellt: Hast
du's weggeschmissen, ist es weg.


>Wenn pro Kopiervorgang 80% aller weniger wichtigen Daten überleben,
>sind nach 45 Jahren die Hälfte davon weg.

Das Problem ist die Haltbarkeit der (bezahlbaren) Medien, nicht die
Sorgfalt beim Kopieren. Auf MOs gabs früher 30 Jahre Garantie, aber
die Dinger sind halt etwas teuer.

>Ähm, die Dekodierung eines Textes (vulgo Lesen) muß ja bei einem digitalen
>Medium auch noch stattfinden. Es geht mir darum, daß der Zwischenschritt
>von Bitmasse zu von Menschen lesbarem ein prinzipbedingter Zusatzschritt
>ist, der Risiken birgt.

Ok, das ist richtig. Aber mit diesem Zusatzschritt werden wir leben
müssen.

Mark Neis

unread,
Sep 1, 2006, 10:50:56 AM9/1/06
to
Werner Tann schrieb:

>Mark Neis schrieb:

Ja, aber proprietäre Formate sind problematisch. HTML und XML sind
offen spezifiziert, das macht die Entwicklung wirklich guter Konverter
wesentlich einfacher.

Mark

--
Microsoft ist offenbar die einzige Firma, die in der Lage ist, ein mit
Office nicht kompatibles Bürosoftwarepaket einzuführen.
[Arnim Sommer in dasr]

Gerald Fix

unread,
Sep 1, 2006, 10:51:35 AM9/1/06
to
On Fri, 1 Sep 2006 16:35:19 +0200, Rüdiger Silberer
<Silberer...@lycos.de> wrote:

>Hier ein Bericht eines Sozialwissenschaftlers:
>http://listserv.aoir.org/pipermail/air-l-aoir.org/2005-December/008908.html

Du weißt aber, dass Thomas König ein ausgesprochener Wikipedia-Hasser
ist?


--
Viele Grüße
Gerald Fix

Harald Gering

unread,
Sep 1, 2006, 11:03:43 AM9/1/06
to
Joachim Parsch <s...@bunuel.franken.de> wrote:

Hi!

>haben. Dennoch zeigen deine gewählten Beispiele IMHO die Problematik
>ganz gut auf:
>
>- als Privatmann sollte man seine Daten lieber klassisch analog
>aufbewahren, um im Alter noch Zugriff darauf zu haben. Die Digitalfotos,
>die ich jetzt nicht ausdrucke, werden meine Enkel vermutlich nicht ansehen
>können.

Hmmmmh, die Fotos von meinem Großvater sind jetzt schon in ziemlich
bedenklichem Zustand und wenn ich sie nicht spätestens, wenn ich sie
von meinen Eltern "erbe", digitalisiere, dann werden sich nicht mehr
viele Generationen daran erfreuen können. Was Deine Digitalfotos
betrifft, solltest Du Dir schon die Mühe machen, sie für Deine Enkel
zu erhalten, falls die Fotos das wert sind. Folgendes Backupkonzept
würde ich empfehlen:

a) Wenn man ein bischen mit der Zeit geht, sollte die Festplatte im
aktullen Rechner eigentlich groß genug sein, um alle Fotos
aufzunehmen.

b) Einmal im Jahr den ganzen Kram auf eine oder mehrere Runde Scheiben
brennen und dabei Qualitätsrohlinge verwenden. Bei mir reicht eine DVD
sogar noch aus. Je nach Sicherheitsbedürfnis vielleicht noch eine
Sicherheitskopie machen, die dann dezentral gelagert wird, falls man
die Bude abbrennt.


>- analoge Medien sind weniger problematisch. Ein Kratzer im Microfiche
>zerstört einen evtl. rekronstruierbaren kleinen Teil der Daten. Ein
>falsches Bit im Header einer digitalen Datei kann die ganze Datei unlesbar
>machen.

S.o., dagegen spricht, dass man digitale Medien beliebig oft (fast
umsonst) vervielfachen kann und sich damit auch gegen Feuer,
Flutwellen, Erdbeben etc. absichern kann, was bei analogen Medien eher
weniger zutrifft. Eine zusätzliche Sicherheit wäre übrigens noch, die
Bilder bei einem der zahlreichen kostenlosen Hostingdienste
hochzuladen. Das erhöht die Sicherheit, falls mal eines Tages das
ganze Frankenland in einer Erdspalte versinkt ;-).


Schöne Grüße,
Harald

P.S.: Heutzutage ist es schon fast ein Erlebnis, wenn jemand seine
Urlaubsfotos auf Papier hat und man sie in geselliger Runde rumreichen
kann. Damit also auf keinen Fall aufhören, auch wenn Du Dich eines
Tages von den Vorteilen digitaler Speicherung überzeugen lassen
solltest...


Mark Neis

unread,
Sep 1, 2006, 11:22:20 AM9/1/06
to
Rüdiger Silberer schrieb:

>Am 01.09.2006 schrieb Mark Neis:
>
>
>> Technisch gesehen ist 7-Bit-US-ASCII das einfachste wo gibt. Es gibt
>> absolut keinen Grund, weshalb ein auch nur rudimentär begabter
>> Programmierer in der Zukunft das nicht mehr verarbeiten können sollte.
>

>Und was machst Du mit den Daten, die nicht in 7-Bit-US-ASCII dargestellt
>werden können. Ich sehe es nicht als großen Fortschritt an, sich auf den
>geringsten Level begeben zu müssen.

Das ist richtig. Ich habe auch nicht gesagt, dass das gut oder
sinnvoll ist. Ich habe das Beispiel gewählt, weil immer noch sehr
viele Daten in dem Format vorliegen und es eben der kleinste
gemeinsame Nenner ist.

Meine privaten Systeme arbeiten mittlerweile alle auf der Basis von
UTF-8. Das ist ein guter Kompromiss zwischen Platzverbrauch und
Zeichenvorrat.


>> HTML und XML sind nicht wesentlich komplexer. Man wählt natürlich als
>> Speicherformat für Daten nicht unbedingt Winzigweich Weird.
>

>Es gibt aber noch anderes als nur Texte zu speichern, Grafiken, Bilder,
>welcher Formate nimmst Du da, die in 50 oder 100 Jahren noch auf jeden
>Fall lesbar sind.

Was sollte die Darstellung von jpeg oder png oder ihre Umwandlung in
der Zukunft verhindern? Bei proprietären Formaten magst du recht haben
- gerade auch wegen des z. T. geringen Angebots an Konvertern oder der
mangelnden Qualität derselben. Aber das ist bloß ein weiteres
Argument, weshalb man nicht auf proprietäre Formate zurückgreifen
sollte.

Ich sehe das Problem schon, nur: Wenn ich mir meine CAD-Daten mit den
Bauplänen des Staudamms nicht als .dxf, sondern als .sonstwie
speichere, bin ich eben auf den Hersteller des Sonstwie-Formates
angewiesen, wenn ich das in 30 Jahren nochmal lesen will. Selbst
schuld.

Henning Schlottmann

unread,
Sep 1, 2006, 2:44:09 PM9/1/06
to
Klaus Mahler wrote:
> Henning Schlottmann schrieb:
>
> > Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
> > verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.
>
> Von wem? Sicher nicht von Fachleuten.

Von erfahrenen Autoren unter Verwendung von Fachliteratur. Was mehr
könntest du dir wünschen?

Ciao Henning

Henning Schlottmann

unread,
Sep 1, 2006, 2:53:03 PM9/1/06
to
Rüdiger Silberer wrote:
> Am 01.09.2006 schrieb Werner Tann:
>
> > Aus diesem Bereich bitte 3 Beispiele.

>
> Hier ein Bericht eines Sozialwissenschaftlers:
> http://listserv.aoir.org/pipermail/air-l-aoir.org/2005-December/008908.html

Erstens ist da kein einziges Beispiel, sondern nur Meinung, und zweitens
ist Dr. Thomas König wohlbekannt. Er ist ein seltenes Exemplar im
Online-Zoo: Ein intelligenter Troll.

Thomas ist in der deutschen Wikipedia sehr aktiv, obwohl er das Projekt
(wie er oftmals gesagt hat) ablehnt. Er schreibt kaum je an Artikeln,
wirft aber in alle möglichen (und viele unwahrscheinliche) Diskussionen
destruktive Meinungen, Prognosen und Erfahrungen ein. Oft hat er recht.

Ich weiss nicht, was ein erfahrerer Psychiater dazu sagen würde, dass
ein formal hochqualifizierter Wissenschaftler seine Freizeit auf diese
Weise füllt. Er ist mir auch ziemlich egal, lästig ist, dass er mit
diesem Verhalten immense Kräfte bei engagierten Mitarbeitern bindet, die
es für erforderlich halten, sich mit seinen Thesen auseinanderzusetzen.
Glücklicherweise geht dieser Effekt langsam zurück.

Ciao Henning

Patrick Borer

unread,
Sep 1, 2006, 3:40:31 PM9/1/06
to
Henning Schlottmann <h.schl...@gmx.net> schrieb:

>Klaus Mahler wrote:

>> Wikipedia hat zum Teil fachlich sehr gute Artikel, bei anderen wiederum
>> hat eine Laienfraktion mit aus dem Internet zusmmengestückeltem 5%
>> Wissen das Ruder über die Artikel übernommen, so dass sie sogar jedem
>> Eintrag in Bertelsmanns Hauslexikon aus den 60er Jahren unterlegen
>> sind.

>
>Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
>verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.

Du hast schon recht: Artikel zu Gegenständen, die man auch in einem
Bertelsmann-Hauslexikon oder anderen gedruckten Konversationslexika
finden kann, sind nicht das Problem und üblicherweise anhand meist
leicht verfügbarer Quellen schnell verbessert; ich gehe davon aus,
dass bis in wenigen Jahren die allermeisten Artikel der Wikipedia, die
eine Entsprechung in Brockhaus, Britannica & Co. haben, diesen
mindestens gleichwertig und oft überlegen sein werden.

Da die Wikipedia aber ein viel weiteres Spektrum abdeckt, zugleich
Allgemein- und Fachenzyklopädie sein will, und selbst mit den
Relevanzkriterien der deutschen Fassung, die zu den strengsten aller
Wikipedias gehören, unaufhaltsam auf einen Umfang von mehreren
Millionen Artikeln zuwächst, liegt das Qualitäts-Hauptproblem meines
Erachtens bei den sehr fachspezifischen Artikeln, deren Inhalte sich
nur anhand entlegener Quellen überprüfen lassen, wenn überhaupt -
besonders wenn die Quellenangaben fehlen.

Beispiele dieser Art finden sich genug, siehe Artikel wie diese (und
die dazugehörigen Diskussionsseiten):

http://de.wikipedia.org/wiki/Mao-tun_Khan
Woher soll ich wissen, was an diesem Artikel dran ist, ob man seinen
Angaben trauen kann? Er wurde ursprünglich von einer anonymen IP
verfasst und, wenn ich das recht sehe, seither inhaltlich u.a. von
einem mittlerweile gesperrten Wikipedia-User ergänzt, dessen Artikel
teilweise als unhaltbar gelöscht wurden - Quellen aber gibt es keine.

Oder wie steht es um http://de.wikipedia.org/wiki/P-keltische_Sprachen
?

Oder http://de.wikipedia.org/wiki/Yanomami ? Da würde es zwar Quellen
geben, der Artikel jedoch ist ein ziemliches Unding, so steht z.B. im
Absatz zur Mythologie "Nach: Chagnon 44ff" - bloss was dieser
"Chagnon" sein soll, findet sich nirgends, er steht nicht unter
"Literatur", ganz abgesehen von den anderen Problemen des Artikels,
der eine tiefgreifende Überarbeitung nötig hätte.

So - *diese* drei Artikel wirst du garantiert nicht in 48 Stunden in
einen befriedigenden Zustand versetzen können. Ich halte es jedenfalls
für äusserst unwahrscheinlich. Solltest du es schaffen, erkläre ich
dich zum unsterblichen Helden der Enzyklopädistik :-)

Patrick Borer

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Andreas Kabel

unread,
Sep 2, 2006, 12:22:24 AM9/2/06
to
> Das ist leider auch bei professionellen Lexika, und ich denke, die
> Encyclopedia Britannica kann man als solches gelten lassen, nicht der
> Fall. Die Fachzeitung NATURE hat Fachleute die EB und die Wikipedia
> (freilich die englische Ausgabe) testen lassen und ist zu dem
> erschütternden Resultat gekommen, daß die Wikipedia und die EB gleich
> gut waren!

Jedem, der Encyclopaedia Britannica und Wikipedia kennt, wird sofort
klar sein, daß diese Studie kompletter Stuß sein muß. Und so ist es denn
auch.

Werner Tann

unread,
Sep 2, 2006, 5:17:31 AM9/2/06
to
Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de> schrieb:

>Und wenn dxf irgenwann einmal veraltet ist, dann sind Deine Pläne auch
>futsch.

Sag, verstehst Du den Unterschied zwischen proprietären und freien
Formaten?

http://de.wikipedia.org/wiki/DXF

Message has been deleted

Dennis Kunz

unread,
Sep 2, 2006, 7:21:22 AM9/2/06
to

Klaus Mahler schrieb:

> Ich habe mir von Kollegen und Freunden sagen lassen, dass das in den
> Sozialwissenschaften noch schlimmer ist. Themen aus Politik, Soziologie
> und Psychologie sollen größtenteils schon von Laien und Trollen
> übernommen worden sein.


Für Psychologie kann ich das voll bestätigen.

Dennis Kunz

unread,
Sep 2, 2006, 7:22:13 AM9/2/06
to

Werner Tann schrieb:

> Aus diesem Bereich bitte 3 Beispiele.


Bei Psychologie kannst Du praktisch jeden Artikel willkürlich
auswählen.

Werner Tann

unread,
Sep 2, 2006, 10:11:11 AM9/2/06
to
"Dennis Kunz" <Kun...@web.de> schrieb:

>> Aus diesem Bereich bitte 3 Beispiele.
>
>Bei Psychologie kannst Du praktisch jeden Artikel willkürlich
>auswählen.

Schön.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_Freud

Habe jetzt den Artikel nur überflogen und den Abschnitt über Ich, Es
und Über-Ich und über den Penisneid genau gelesen. Von "Trollen", die
hier irgend etwas "übernommen" haben, merke ich nichts, sorry. Das
liest sich alles durchaus konventionell, wie es auch im Brockhaus
stehen könnte.

Hendrik van Hees

unread,
Sep 2, 2006, 10:12:57 AM9/2/06
to
Werner Tann wrote:


> Schön.
>
> http://de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_Freud
>
> Habe jetzt den Artikel nur überflogen und den Abschnitt über Ich, Es
> und Über-Ich und über den Penisneid genau gelesen. Von "Trollen", die
> hier irgend etwas "übernommen" haben, merke ich nichts, sorry. Das
> liest sich alles durchaus konventionell, wie es auch im Brockhaus
> stehen könnte.

Hm, aber Freud selbst war doch auch ein Troll, oder etwa nicht?

--
Hendrik van Hees Texas A&M University
Phone: +1 979/845-1411 Cyclotron Institute, MS-3366
Fax: +1 979/845-1899 College Station, TX 77843-3366
http://theory.gsi.de/~vanhees/faq mailto:he...@comp.tamu.edu

Henning Schlottmann

unread,
Sep 2, 2006, 10:13:45 AM9/2/06
to
Patrick Borer wrote:
> Henning Schlottmann <h.schl...@gmx.net> schrieb:

>
> >Nenne doch bitte drei Beispiele für diese Art von Artikeln. Ich
> >verspreche, dass sie in 48 Stunden verbessert sind.
>
> Beispiele dieser Art finden sich genug, siehe Artikel wie diese (und
> die dazugehörigen Diskussionsseiten):
>
> http://de.wikipedia.org/wiki/Mao-tun_Khan
> Woher soll ich wissen, was an diesem Artikel dran ist, ob man seinen
> Angaben trauen kann? Er wurde ursprünglich von einer anonymen IP
> verfasst und, wenn ich das recht sehe, seither inhaltlich u.a. von
> einem mittlerweile gesperrten Wikipedia-User ergänzt, dessen Artikel
> teilweise als unhaltbar gelöscht wurden - Quellen aber gibt es keine.

Ok, den Artikel habe ich mal überarbeitet, nach den (sehr alten)
Quellen, die ich zufällig im Regal griffbereit hatte und den Kollegen
vom Wikiprojekt China Bescheid gesagt, dass ich um eine weitere
Bearbeitung bitte.

Davon habe ich genau gar keine Ahnung und auch keinen Zugang zu
Literatur. Also habe ich einen aktiven Benutzer, der in dem Themenfeld
arbeitet, gebeten sich den Artikel und seinen Schwester-Artikel
Q-keltische_Sprachen anzusehen und entweder mit Quellen zu versehen oder
einen Löschantrag zu stellen.

> Oder http://de.wikipedia.org/wiki/Yanomami ? Da würde es zwar Quellen
> geben, der Artikel jedoch ist ein ziemliches Unding, so steht z.B. im
> Absatz zur Mythologie "Nach: Chagnon 44ff" - bloss was dieser
> "Chagnon" sein soll, findet sich nirgends, er steht nicht unter
> "Literatur", ganz abgesehen von den anderen Problemen des Artikels,
> der eine tiefgreifende Überarbeitung nötig hätte.

Die Quelle Chagnon ließ sich mit einer simplen Suche in
Bibliothekskatalogen identifizieren:
Napoleon A. Chagnon, Yanomamo - the fierce people, Holt, Rinehart and
Winston, New York, 1968, ISBN 0030710707
Das ist das Standartwerk über die Yanomami, die erste große
ethnologische Studie über das Volk, die die Yanomami bekannt gemacht
hat.

Aber der Artikel ist grauslig und kann eine Überarbeitung brauchen,
deshalb habe ich mal einen Wikipedianer, der Ethnologe ist aber sich nur
mit indigenen Völkern Nord-Amerikas befasst, gefragt, ob er jemanden
empfehlen kann, der zu den südamerikanischen Völkern kompetent ist und
sich des Artikels annehmen könnte.

Soviel für den Moment, mal sehen, wie der Stand in 24 Stunden ist.

Ciao Henning

Dennis Kunz

unread,
Sep 2, 2006, 2:52:50 PM9/2/06
to

Hendrik van Hees schrieb:


> Hm, aber Freud selbst war doch auch ein Troll, oder etwa nicht?


Jedenfalls kein Psychologe. Und Psychoanalyse ist nicht Psychologie.
Und da geht der Unsinn ja schon los.

Hendrik van Hees

unread,
Sep 2, 2006, 3:18:08 PM9/2/06
to
Dennis Kunz wrote:

> Jedenfalls kein Psychologe. Und Psychoanalyse ist nicht Psychologie.
> Und da geht der Unsinn ja schon los.

Tja, Freud ist halt mit seinem "Schweinkram" nach wie vor so populär,
daß er geradezu als Erfinder der Psychologie gilt. Sex sells, galt halt
auch schon damals :-).

Werner Tann

unread,
Sep 2, 2006, 3:31:44 PM9/2/06
to
"Dennis Kunz" <Kun...@web.de> schrieb:

>> Hm, aber Freud selbst war doch auch ein Troll, oder etwa nicht?
>
>Jedenfalls kein Psychologe. Und Psychoanalyse ist nicht Psychologie.
>Und da geht der Unsinn ja schon los.

Der Unsinn geht mit Trollen wie Dir los.
Freud gilt allgemein als Begründer der Tiefenpsychologie, und diese
ist Teil der Psychologie.

Im kommenden Semester gibt's an der Uni Wien eine Vorlesung zum Thema
Tiefenpsychologie. Zuständige Fakultät: Psychologie.
http://tinyurl.com/z3qhr

Die hier von manchen als der lexikalischen Weisheit letzter Schluß
angesehene Encyclopedia Britannica schreibt:

|Freud may justly be called the most influential intellectual legislator
|of his age. His creation of psychoanalysis was at once a theory of the
|human psyche, a therapy for the relief of its ills, and an optic for the
|interpretation of culture...
(http://www.britannica.com/eb/article-9109419/Sigmund-Freud)

Wenn Du Freud (nur) für einen Nervenarzt hältst, hast Du Dich zuwenig
mit ihm beschäftigt. Wer eine "Theorie der menschlichen Psyche"
entwirft, darf mit Fug und Recht "Psychologe" genannt werden.

Oliver Jennrich

unread,
Sep 2, 2006, 4:52:23 PM9/2/06
to
Hendrik van Hees <he...@comp.tamu.edu> writes:

> Dennis Kunz wrote:
>
>> Jedenfalls kein Psychologe. Und Psychoanalyse ist nicht Psychologie.
>> Und da geht der Unsinn ja schon los.
>
> Tja, Freud ist halt mit seinem "Schweinkram" nach wie vor so populär,
> daß er geradezu als Erfinder der Psychologie gilt.

Aber nur bei Leuten, die Psychiater für Psychologen, Neurologen für
Neurotiker, Astrologen für Astronomen und Chiropraktiker für
praktizierende Chirurgen halten.

--
Space - The final frontier

Hendrik van Hees

unread,
Sep 2, 2006, 4:59:42 PM9/2/06
to
Oliver Jennrich wrote:

> Aber nur bei Leuten, die Psychiater für Psychologen, Neurologen für
> Neurotiker, Astrologen für Astronomen und Chiropraktiker für
> praktizierende Chirurgen halten.

Was war denn Freud nun eigentlich. Angefangen hat er ja wohl als
Neurologe. Geendet ist er imho als Philosoph oder bestenfalls als
Literat, der eher Fiktion als Fakten beschrieben hat, aber ich bin kein
Psychologieexperte oder läßt sich wissenschaftlich sattelfest
nachweisen, daß seine Psychoanalyse wirklich funktioniert.

Andreas Karrer

unread,
Sep 2, 2006, 5:27:54 PM9/2/06
to
* Hendrik van Hees <he...@comp.tamu.edu>:

> Was war denn Freud nun eigentlich. Angefangen hat er ja wohl als
> Neurologe. Geendet ist er imho als Philosoph oder bestenfalls als
> Literat, der eher Fiktion als Fakten beschrieben hat, aber ich bin kein
> Psychologieexperte oder läßt sich wissenschaftlich sattelfest
> nachweisen, daß seine Psychoanalyse wirklich funktioniert.

Ochje. Manchmal hat man schon den Eindruck, die texanische Sonne habe
dein Gehirn soweit mürbe gemacht, dass du nicht mehr weisst, dass man
in den unexakten Wissenschaften mit Rigor nicht weit kommt.

"Wissenschaftlich sattelfest", jeminee. Definiere im Umfeld der
Psychoanalyse erst mal, was "funktioniert" heisst, dann können wir
anfangen, Nachweismethoden auszutüfteln.


- Andi

Hendrik van Hees

unread,
Sep 2, 2006, 5:36:33 PM9/2/06
to
Andreas Karrer wrote:

> "Wissenschaftlich sattelfest", jeminee. Definiere im Umfeld der
> Psychoanalyse erst mal, was "funktioniert" heisst, dann können wir
> anfangen, Nachweismethoden auszutüfteln.

Die Psychologie ist also keine Wissenschaft. Ich hab's ja kaum gewagt,
das zu schreiben ;-).

Ralf Muschall

unread,
Sep 2, 2006, 7:01:35 PM9/2/06
to
Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de> writes:

> Nicht nur mir geht es halt auf die Nerven, wenn ich nach einer
> Information suche und bekomme zum x-ten Mal den gleichen Text
> vorgesetzt. Welchen Vorteil bietet das nach Deiner Meinung?

Dass Du lernen sollst, ghougle zu bedienen? "-wikipedia" hat Tim
schon genannt. Ärgerlicher sind die Spamseiten, die vernichtet man
mit Suchbegriffen wie

%s -price -preis -shop -ebay -preisliste -laufen -buy -(noch 25 andere)

und speichert sowas als Bookmark.

Ralf
--
GS d->? s:++>+++ a+ C++++ UL+++ UH++ P++ L++ E+++ W- N++ o-- K-
w--- !O M- V- PS+>++ PE Y+>++ PGP+ !t !5 !X !R !tv b+++ DI+++
D? G+ e++++ h+ r? y?

Ralf Muschall

unread,
Sep 2, 2006, 7:13:50 PM9/2/06
to
Rüdiger Silberer <Silberer...@lycos.de> writes:

> Der Grund ist schnell gefunden, es wurde irgendwann in 10 oder 20 Jahren
> ein neues Format erfunden, das hat sich weit durchgesetzt, daß kein
> Programm mehr jpeg lesen kann. Sag nicht, so etwas hätte es nicht schon
> gegeben.

Dann setzt man sich hin, nimmt den veröffentlichten Standard (der
seinerseits in 7-bit-ASCII und daher lesbar ist) und implementiert
sich schnell was zurecht. Da man nur lesen und nicht schreiben will
und nicht alle denkbaren Varianten, sondern nur einige, sollte das
sogar billig gehen.

> Und wenn dxf irgenwann einmal veraltet ist, dann sind Deine Pläne auch
> futsch.

CAD ist ein Sonderfall – die Programme dazu sind so pervers teuer (was
wiederum am Aufwand liegt), dass die offene Welt da noch nicht
nachgezogen hat.

Tibor Strauss

unread,
Sep 2, 2006, 9:29:51 PM9/2/06
to
Joerg Middendorf <jm...@gmx.de> wrote:

> Die Wikipedia wächst und wächst. Ich gebe dem Brockhaus noch 10 Jahre.

Dein Brockhaus wird trotz "neuer Rechtschreibung" noch in 500 Jahren
lesbar sein, die Wikipedia nicht. Da muß nur einer den Stecker ziehen.

Beides ergänzt sich wunderbar, die Wikipedia ist blitzschnell und
praktisch. Für die nachapokalyptische Zeit tut's dann der Brockhaus.

Grüße, Tibor

Joachim Pense

unread,
Sep 3, 2006, 2:34:05 AM9/3/06
to
Am Sun, 3 Sep 2006 03:29:51 +0200 schrieb Tibor Strauss:

> Joerg Middendorf <jm...@gmx.de> wrote:
>
>> Die Wikipedia wächst und wächst. Ich gebe dem Brockhaus noch 10 Jahre.
>
> Dein Brockhaus wird trotz "neuer Rechtschreibung" noch in 500 Jahren
> lesbar sein, die Wikipedia nicht. Da muß nur einer den Stecker ziehen.
>

Sollte in 500 Jahren nicht das ganze Papier zu Staub zerfallen sein?
Oder gilt das nur für Werke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert?


Joachim

Dennis Kunz

unread,
Sep 3, 2006, 5:45:45 AM9/3/06
to

Werner Tann schrieb:


> Der Unsinn geht mit Trollen wie Dir los.
> Freud gilt allgemein als Begründer der Tiefenpsychologie, und diese
> ist Teil der Psychologie.

Ja, sicher. Psychologen schlachten auch Tiere und lesen aus den
Eingeweiden. Und Metaphysik ist Teilgebiet der Physik.


> Im kommenden Semester gibt's an der Uni Wien eine Vorlesung zum Thema
> Tiefenpsychologie. Zuständige Fakultät: Psychologie.
> http://tinyurl.com/z3qhr


200079 VO Tiefenpsychologie
Leiter: Univ.-Prof.Dr.med. Marianne Springer-Kremser
Wst: 2
N-Nummer: 15300
Beginn: Der Beginn wird bekannt gegeben. (KEINE Anmeldung
erforderlich.)
Zeiten: Sa 8.00-12.00 Uhr
Ort: NIG I; NIG Erdgeschoss

Schön. Eine Abteilung für Klinsiche Psychologie bietet eine
2-stündige Vorlesung zu einer *psychotherapeutischen Schule* an,
vorgetragen von einer Medizinerin, an einem Samstag, außerhalb des
Curriculums. Und warum gehört die Psychoanalyse jetzt zur Psychologie?

Es gab kurzzeitig *auch mal* ein psychoanalytisches
Forschungsparadigma, in dem Grundannahmen der Theorien angenommen und
daraufhin die von der Psychoanalyse vorgeschlagenen Modelle des
Erlebens und Verhaltens (sofern möglich) überprüft wurden. Das war
für die Psychologie nur "wenig fruchtbar". Es war nur eine recht kurze
Zeitspanne und war nicht so vorherrschend.

Die Tiefenpsycholgie / Psychoanalyse ist - nach ihrer eigenen
Definition - eine eigene Wissenschaft, andere würden sie hingegen eher
als philosophische Schule bezeichnen, wobei da wiederum Leute wie
Popper entsetzt auf die Barrikaden gesprungen sind.

Es gibt aber in Deutschland durchaus einige wenige (ich glaube derzeit
drei) Profs für Psychologie, die Psychoanalyse im Rahmen der
Psychologieausbildung regulär unterrichten. Das nennt man eben
Freiheit in Forschung und Lehre. Deshalb gehört die Tiefenpsychologie
aber dennoch nicht zur Psychologie. In der Rahmenordnung für die
Psychologenausbildng taucht sie nicht auf, es gibt auch keine
Fachgruppe Tiefenpsychologie in der wissenschaftlichen
Fachgesellschaft.

Viele Psychologiestudenten haben auch Gelegenheit, Veranstaltungen in
Psychiatrie, Psychopathologie, Psychosomatischer und
Psychotherapeutischer Medizin zu belegen, ohne dass diese nun zur
Psychologie gehörten.

Psychologen können auch Tiefenpsychologen / Psychoanaytiker werden und
tun das auch. Deshalb gehört sie trotzdem nicht zur Psychologie.


> Die hier von manchen als der lexikalischen Weisheit letzter Schluß
> angesehene Encyclopedia Britannica schreibt:
>
> |Freud may justly be called the most influential intellectual legislator
> |of his age. His creation of psychoanalysis was at once a theory of the
> |human psyche, a therapy for the relief of its ills, and an optic for the
> |interpretation of culture...
> (http://www.britannica.com/eb/article-9109419/Sigmund-Freud)
>
> Wenn Du Freud (nur) für einen Nervenarzt hältst, hast Du Dich zuwenig
> mit ihm beschäftigt. Wer eine "Theorie der menschlichen Psyche"
> entwirft, darf mit Fug und Recht "Psychologe" genannt werden.


Psychologe ist in Österreich ein gesetzlich geschützter Begriff, in
Deutschland vergleichbar durch Grundsatzurteile der Strafkammer des
Bundesgerichtshofs. Deine Definition taucht dort leider nicht auf,
sorry.

Dennis

Werner Tann

unread,
Sep 3, 2006, 6:29:59 AM9/3/06
to
"Dennis Kunz" <Kun...@web.de> schrieb:

[Endloses über Psychologie und Tiefenpsychologie]

Das ist alles gut und schön. Und daß "Psychologe" eine geschützte
Berufsbezeichnung ist, bedeutet nicht, daß Dritte nicht jemanden als
Psychologen bezeichnen dürfen, schon gar, wenn derjenige in einer Zeit
gelebt hat, als die Bezeichnung noch nicht geschützt war.

Mein Schulbuch "Psychologie" von anno dunnemal (Edith Konecny) enthält
(natürlich) ein Kapitel über "Tiefenpsychologie". Mittlerweile
berschränkt sich die akademische Psychologie in weiten Teilen auf das
sogenannte Empirische und Experimentelle, ohne zu begreifen, daß das,
was sie an Ergebnissen produziert, genauso subjektgebunden und
konstruiert ist wie die als "unwissenschaftlich" und subjektiv
abgetane Psychoanalyse. Dem liegt der Optimismus zugrunde, die Welt
quantifizierend, messend und statistisch - kurz: "objektiv" - erfassen
und daraus Steuerungsmaßnahmen ableiten zu können (Beispiel:
pädagogische Psychologie).

Vielleicht ist das mit dem Ödipuskomplex alles ein Schmarrn.
Aber:
Von Fachleuten gebaute Brücken stürzen ein.
Ernährungswissenschaftler loben erst den Spinat in höchsten Tönen,
dann ist er plötzlich weniger gesund.
Der von psychologischen Gutachtern als geläutert eingestufte
Sexualmörder mordet nach seiner Entlassung wieder.

Das verdeutlicht uns die Bedingtheit *aller* unserer Wissen-schaft,
wobei keine Rolle spielt, ob wir dem jeweiligen Bemühen das Gütesiegel
"Wissenschaft" zugestehen oder nicht.

Thema ist, daß konkrete Belege für trollige Psychologiebeiträge
ausstehen. Aber das war klar: Wäre der Freud-Artikel fehlerhaft
gewesen, wäre Freud selbstverfreilich Psychologe. Da er in Ordnung
ist, heißt's, neeee, das is ja net Thema Psychologie.

Dennis Kunz

unread,
Sep 3, 2006, 10:45:39 AM9/3/06
to

Werner Tann schrieb:

{Typisches uninformiertes, laienhaftes, nutz- und sinnloses,
pseudo-wissenschaftliche Sichtweisen herunterbrabbelndes Blabla auf
typischem "Ditsche-erklärt die Welt" Wikipedia-"Experten &
Fachleute"-Niveau]

EoD.

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