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Re: Vorsicht, ab Freitag verschärfte Redegesetze

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Peter Veith

unread,
Aug 3, 2005, 4:33:08 PM8/3/05
to
Ich schrieb vor einiger Zeit (9 Mar 2005 19:47:06 +0100)

> "Hans Bolte" schrieb:
> > Es ist ein Verkäufertrick den Käufer unter Zeitdruck zu setzen, so
> > daß er nicht weit überlegen kann.
>
> Das jemand Nazis ist, bedeutet leider nicht automatisch, daß er
> unrecht hat: http://dip.bundestag.de/btd/15/048/1504832.pdf
>
> Dort heißt es in der Drucksache 15/4832: "Mit Freiheitsstrafe bis zu
> fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ... öffentlich oder
> in einer Versammlung eine Handlung ... die unter einer anderen Gewalt-
> und Willkürherrschaft begangen wurde, soweit die Handlung durch die
> rechtskräftige Entscheidung eines internationalen Gerichts, dessen
> Zuständigkeit die Bundesrepublik Deutschland anerkannt hat,
> festgestellt ist, billigt, rechtfertigt, leugnet oder gröblich
> verharmlost."
>
> Aus der Begründung: "§ 130 Abs. 3 Nr. 2 StGB (neu) ergänzt die
> bisherige Strafvorschrift und stellt auch das Billigen, Rechtfertigen,
> Leugnen oder Verharmlosen entsprechender Handlungen anderer
> Gewalt- und Willkürherrschaften unter Strafe. Mit der Einschränkung,
> dass die Handlungen durch die rechtskräftige Entscheidung eines
> internationalen Gerichts festgestellt wurden, soll nur das Billigen,
> Leugnen oder Verharmlosen von als geschichtlich gesichert
> anerkannten Tatsachen unter Strafe gestellt werden. Die
> entsprechende Vorgabe von Artikel 6 Abs. 1 des Zusatzprotokolls
> wurde daher in die Strafbestimmung in § 130 Abs. 3
> Nr. 2 StGB (neu) übernommen."
>
> http://www.jungewelt.de/2005/03-09/002.php :
> "Das kann auf einen selbst ausgefertigten Persilschein für den
> Jugoslawienkrieg von 1999 hinauslaufen, der in offizieller Version
> einen laufenden Völkermord unterband. Das internationale Gericht
> dafür hat man sich ebenso per NATO wie seinerzeit das Mandat
> zum Überfall geschaffen.
> Wer imperialistische Kriege führt, schöpft das Recht."

»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«

Ich habe mir zum Thema mal den konkreten Gang der Gesetzgebung -
http://dip.bundestag.de/gesta/15/B059.pdf - angeschaut, wobei es mir
ausschließlich um den Passus zur geplanten extremen Ausweitung der
"Volksverhetzung" ging, d.h. wann und warum diese Änderung aus dem
Gesetzentwurf flog:

BT Drs. 15/4832 vom 15.2.2005
. 1. Beratung am 18.2.2005, PlPr 15/158: An InnenA(f) und RechtsA
überwiesen
. Beschlussempfehlung und Bericht des InnenA: Drs. 15/5051 vom 9.3.2005
mit Änderungsvorschlägen
. 2. und 3. Beratung am 11.3.2005, PlPr 15/164: Ann. gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP
BR Drs. 120/05 vom 11.3.2005: Zuweisung an InnenA(f) und RechtsA
. PlPr 809 vom 18.3.2005: Kein Antrag auf Einberufung des VermA
Gesetz vom 24.3.2005, verkündet am 31.3.2005, BGBl I, Nr. 20, S. 969,
Inkrafttreten am 1.4.2005

Während in der 1. Beratung am 18.2.2005, PlPr 15/158, der Passus noch
drin stand, war er in der Beschlussempfehlung und Bericht des InnenA:
Drs. 15/5051, nicht mehr drin, d.h. der Innenausschuß hat gecancelt.

Inm Begründungsteil findet sich dazu (nur) folgender Hinweis: "Die in
Artikel 2 des Gesetzentwurfs vorgesehene Umsetzung von Vorgaben aus
Artikel 6 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über
Computerkriminalität mittels Computersystemen begangener Handlungen
rassistischer und fremdenfeindlicher Art in innerstaatliches Recht wird
zurückgestellt, da der luxemburgische EUVorsitz die Beratungen zu dem
Entwurf eines EU Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung von Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit wieder aufgenommen hat. Dieser Entwurf beinhaltet
Strafbestimmungen, die von der Zielsetzung her den Strafbestimmungen
entsprechen, die das Erste Zusatzprotokoll zum Cybercrime-Übereinkommen
enthält, welches mit der geplanten Änderung von § 130 Abs. 3 StGB
umgesetzt werden sollte. Die Umsetzung des Ersten Zusatzprotokolls soll
zurückgestellt werden, bis das Beratungsergebnis zu dem
EU-Rahmenbeschluss vorliegt, der dann gleichzeitig mit dem Ersten
Zusatzprotokoll umgesetzt werden sollte."

Und tatsächlich wurde der Passus im Gesetzentwurf wie folgt begründet:
"Artikel 2 setzt die Vorgaben aus Artikel 6 Abs. 1 des Zusatzprotokolls
zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die
Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen
rassistischer und fremdenfeindlicher Art in innerstaatliches Recht um.
Die Bestimmung verpflichtet in ihrem Absatz 1 die Vertragsstaaten, das
Verbreiten oder "Öffentlich-Verfügbar-Machen" von Material unter Strafe
zu stellen, das Handlungen leugnet, grob verharmlost, billigt oder
rechtfertigt, die den Tatbestand des Völkermordes oder von Verbrechen
gegen die Menschlichkeit erfüllen, die im Völkerrecht als solche
definiert sind und als solche anerkannt wurden durch die rechtskräftige
Entscheidung des Nürnberger Militärgerichtshofs oder eines
internationalen Gerichts, das durch einschlägige internationale
Übereinkünfte errichtet wurde und dessen Zuständigkeit Deutschland
anerkannt hat."

Und wie heißt es so schön im 7. BERICHT DER BUNDESREGIERUNG ÜBER IHRE
MENSCHENRECHTSPOLITIK IN DEN AUSWÄRTIGEN BEZIEHUNGEN UND IN ANDEREN
POLITIKBEREICHEN -
http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/info...tionen/mrb7.pdf - "So hat
sich Deutschland aktiv an den Beratungen des Ersten Zusatzprotokolls zum
Übereinkommen über Computerkriminalität des Europarats (Cybercrime
Convention) ... im Internet beteiligt." (S. 110) Weiter "Das
Zusatzprotokoll ist bislang international noch nicht in Kraft getreten.
Seine Ratifikation durch Deutschland wird sich an die Ratifikation des
Mutterübereinkommens über Computerkriminalität (...) anschließen (S.
302).

Mal abgesehen davon, dass ich den Passus niemals aus der Cybercrime
Convention abgeleitet hätte, sieht man mal wieder: Aufgeschoben ist
nicht aufgehoben und die Tage meiner Webseiten sind gezählt. Wenn ich
sie dann stehen lasse, ist es mit Verweis auf diesen Beitrag auch noch
Vorsatz <_<

Veith
--
Strukturen, Geschichte(n) & Bilder der LSK/LV
http://www.DDR-LUFTWAFFE.de

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