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Solidarität

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Werner Pentz

unread,
Feb 14, 2008, 4:50:58 PM2/14/08
to

Solidarität


"Du musst dich solidarisieren, ganz einfach!", sagte sie wieder einmal.

Wir waren gerade auf der Heimreise von Berlin und irgendwo in Ostthüringen
von der Autobahn heruntergefahren, um einen kleinen Imbiss einzunehmen. Ich
hatte sie begleitet bei ihrer Fahrt dorthin, wo sie in die derzeitigen
Bundestarifkommission der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes
hingeschickt worden war. Es ging um 5 Prozent mehr Lohnsteigerung.

"Klar würde ich mich gern solidarisieren, nämlich bei Euch!"

"Hm!"

"Bei den Arbeitslosen gibt es keine Solidarität. Da kämpft praktisch jeder
für sich!"

"Tja. Das ist ein schwerwiegender Fehler."

"Aber wie willst du denn schon kämpfen, wenn du keinen müden Euro in der
Tasche hast?"

Ich hatte gerade von einem dieser Angestellten des öffentlichen Dienstes,
für den sie als gewerkschaftliche Vertreterin mehr Geld herausschlagen
wollte, meine Existenzgrundlage versagt bekommen. Das war der Grund, dass
ich jetzt hungerte.

"Ach was. Freilich habt ihr doch auch Einkommen!"

"Einkommen, nennst du das? Womit man nicht einmal sein Auskommen bestreiten
kann!"

Aus vermeintlichen Mangel an Mitarbeit hatte man mir die Arbeitslosenhilfe
gestrichen. Aber Restlos!

"Man muss halt auf etwas verzichten, um etwas zu erreichen!"

Ich hatte nicht einmal so viel, um für meine Interessen etwas investieren zu
können. Nicht einmal für ein Bier reichte es mehr.

"Du meinst, man muss etwas investieren, damit ein Ertrag dabei herausschaut!
Wie die Kapitalisten in der freien Marktwirtschaft!"

Sie lachte ihr Lachen: strahlenlos. Ein wissendes Lachen einfach, kein
herzliches. Mir war ja auch nicht zu herzhaften Lachen zumute. Die Sonne
strahlte vom Himmel herab. Trotzdem war es noch bitterkalt zu dieser
Jahreszeit im Winter. Es war Februar.

"So gesehen, ja!"

"Dabei habe ich jetzt nicht einmal mehr so viel Geld, mir etwas zum Essen zu
kaufen!"

Ich ließ mir grad ein Schnitzel an der Imbissbude reichen, das sie
gönnerhaft bezahlte. In meiner Situation war sie großzügig genug, mich
auszuhalten, wenn auch nicht aus selbstlosen Gründen. Ich pflegte dafür
ihren kleinen Garten. Eine Hand wäscht die andere.

"Aber du, was wir hier machen: nennt man das nicht Schwarzarbeit!"

"Was?"

"Na, dass du mich für etwas bezahlst, steuerfrei."

"Du meinst wegen dem bisschen Gartenarbeit!"

"Genau!"

"Das rangiert unter Nachbarschaftshilfe!"

"Hm. Wirklich?"

Ich dachte nach.

"Ja. Mensch, wenn man nur wüsste, wo Schwarzarbeit anfängt und
Nachbarschaftshilfe aufhört?"

Wieder ihr Lachen. Der Himmel war stahlblau. Herrlich, diese Sonne im
Winter. Nichts schöneres als das. Ich ließ mich geschlossenen Auges
bestrahlen, während ich an meinem wärmen Schnitzel kaute. Plötzlich lachte
ich: herzhaft.


Werner Pentz

unread,
Feb 14, 2008, 4:56:17 PM2/14/08
to
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Werner Pentz

unread,
Feb 15, 2008, 1:04:17 PM2/15/08
to

> Hi Werner,
>
> ich nehme mal dieses Posting mit den Leerzeilen. Es liest es sich
> bequemer, weil viel Dialog vorkommt.
> Vorab. Das gefällt mir von allen Sachen, die ich bisher von Dir
> gelesen habe am besten. Es liest sich weg, sozusagen. Ich will auch
> gar nicht ellenlang Erbsen um Kommata etc. zählen, aber über etwas bin
> ich doch extrem gestolpert:
>
> "Werner Pentz" <pen...@t-online.de> schrieb:
>
> [snip]

>>"Klar würde ich mich gern solidarisieren, nämlich bei Euch!"
>
> Soweit ich weiß, heißt es solidarisieren _mit_.
> Jetzt könntest Du natürlich entgegnen, das Ich darf das so sagen, weil
> es das nicht besser weiß. Aber da die Überschrift ja "Solidarität"
> lautet, erwarte ich als LeserIn, dass es richtig sein sollte.
>
> Gruß
> Barbara

danke barbara,
strenggenommen hast du recht, aber...im kontext und in der intention kann
man es stehen lassen. denn der held will sich ja auch nicht solidarisieren
mit wen auch immer.
aber ich habe mir eh überlegt, ob ich nicht am ende den satz schreiben soll
nach seinem herzhaften lachen: Gelobt sei die Sonnidarisierung!
gruß
werner

>
>
.de


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